Ich finde es so schön, wie Schwester Schröder und Bruder Klink das auch einleiten. Ich freue mich auch über die Gemeinschaft mit Ihnen. Sie haben ja heute einen tollen Tag gehabt, und ich darf das mitgenießen – das schöne Wetter, das Ihnen zunächst gilt.
Es ist doch ideal gewesen, morgen noch einmal so einen schönen Sonnentag in den herrlichen Wäldern hier zu erleben.
Wir haben heute Abend ein schwieriges Thema: die Anfechtung. Es geht um Armut und Reichtum. Der Jesus, Leute! Den Schatz in irdenen Gefäßen, denn im Alltag ist das eine ganz besondere Not. So viele Lasten und Anfechtungen liegen auf uns, bedrücken und beschweren uns.
In den vergangenen Tagen hatten wir auch manche Bekümmerungen. Meine Frau sagt, ich hätte heute Nacht gar nicht mehr geschlafen, wenn die Sorgen uns so erdrücken wollen. Man kann immer noch beten, und doch bekommt man nicht den Frieden, weil gewisse Dinge so viel Not machen. Das kennen Sie alle.
Da haben wir die Not von Mose, als er das Volk Israel durch die Wüste führen sollte. Dann passiert das Schreckliche: Das Volk macht ein goldenes Kalb. Sie rennen herum und beten dieses goldene Kalb an.
Als Mose vom Berg kommt, sieht er diesen schrecklichen Götzendienst und ist erschüttert. Dann sagt Mose: „Jetzt ist es aus, jetzt mache ich nicht mehr weiter.“ Kennen Sie das? Haben Sie auch schwache Stunden?
Das kennen wir ja auch von Elija, der plötzlich in der Wüste liegt, unter dem Wacholderbusch, und sagt: „Jetzt ist genug, Herr, ich möchte sterben, ich kann nicht mehr.“ Das passiert, nachdem er den ganzen Kampf auf dem Karmel durchgestanden hat.
Ganz ähnlich geht es hier Mose. Auch große Frauen und Männer Gottes haben solche schweren Stunden, in denen sie ermüden und nicht mehr können.
Wir lesen von Vers 12 bis Vers 23.
Mose sprach zu dem Herrn: „Siehe, du sprichst und befiehlst mir, das Volk hinaufzuführen, doch du lässt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst. Dabei hast du doch gesagt: ‚Ich kenne dich mit Namen‘, und du hast Gnade vor meinen Augen gefunden.“ Beides waren Zusagen Gottes an Mose.
Mose fuhr fort: „Aber wenn ich keinen habe, auf den ich mich stützen kann, habe ich doch gar keinen Mut mehr. Wenn ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, lass mich deinen Weg wissen, damit ich dich erkenne und weiterhin Gnade vor deinen Augen finde. Sieh doch, dass dieses Volk dein Volk ist.“
Gott antwortete: „Mein Angesicht soll vorangehen, und ich will dich zur Ruhe leiten.“
Mose aber sagte zu Gott: „Wenn nicht dein Angesicht vorangeht, führe uns nicht von hier hinauf. Denn woran soll erkannt werden, dass ich und dein Volk Gnade vor deinen Augen gefunden haben, wenn nicht daran, dass du mit uns gehst? So sollen ich und dein Volk vor allen Völkern, die auf dem Erdboden sind, erhoben werden.“
Der Herr sprach zu Mose: „Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun, denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.“
Mose bat: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen.“
Gott antwortete: „Ich will vor deinem Angesicht alle meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des Herrn: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.“
Er sagte weiter: „Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.“
Der Herr fuhr fort: „Siehe, es ist ein Raum bei mir; dort sollst du auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felsluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir nehmen, und du darfst hinter mir hersehen. Aber mein Angesicht kann man nicht sehen.“
Wenn Mose müde wurde, wie viel mehr dann wir? Mose war doch ein Mann großen Glaubens, wie im Hebräerbrief steht. Er hielt sich an den, den man nicht sah, als sähe er ihn.
Es heißt weiter, dass er keine Furcht vor dem Zorn des Königs hatte. Er war mutig, ein Mann des Glaubens. Hätten Sie es gewagt, das Volk Israel aus der Herrschaft des Pharao zu führen? Mose hat es gewagt, weil Gott es ihm befohlen hatte.
Gott hatte ihn zuvor gedemütigt. Oft scheiterte Mose und wurde vom Pharao abgewiesen. Dann standen sie am Schilfmeer. Sie kennen die Szene: Hinter ihnen waren die Streitwagen der Ägypter, das Volk schrie. Rechts und links ragten Felsen empor, vor ihnen lag das Meer. Es gab keinen Ausweg mehr.
Das Volk sagte: „Mose, du hast uns in eine Sackgasse geführt.“ Doch Mose antwortete: „Der Herr wird für euch streiten.“ In jeder Lage, auch in aussichtslosen Situationen, triumphiert der Glaube an den Herrn. Mose sagte: „Der Herr wird für euch streiten, ihr werdet still sein.“
Dann teilt sich das Meer. Gibt es so etwas? Mose, der große Mann des Glaubens!
Doch auch Mose hatte schwache Stunden. Er brach ein. Im Jakobusbrief steht: „Selig ist der Mann, der die Anfechtungen überwindet.“ Aber wenn Menschen ihre Anfechtungen haben, wissen sie, wie das ist: Man hat keine Zuversicht mehr, fühlt sich müde und verzagt.
Darüber müssen wir sprechen, denn das gehört zum Leben der Gotteskinder, der Jesusnachfolger. Sie erleben diese Stunden der Anfechtung und des Verzagtseins. Sie vertrauen immer auf den Herrn, doch es gibt auch Zeiten, in denen man nichts mehr kann.
Und jetzt war Mose eingebrochen.
Also merkte das Volk Israel, dass es ein böses Herz hatte und sich von Gott abwandte. Was sollte man da tun? Alle Erziehungsmethoden scheitern daran, das böse Herz schon von Jugend auf zu verändern. Die Menschen wollen sich nicht von Gott leiten lassen.
Doch diese Aufgabe war Mose von Gott anvertraut worden; sie war nicht von ihm selbst gesucht. Solche Situationen kennen Sie sicher. Wie viele Tränen werden vergossen – um Enkelkinder zum Beispiel. Ich habe es erlebt bei einer Großmutter, die noch auf dem Sterbebett immer wieder den Namen einer Enkelin rief. In großer Not betete sie: Herr, du darfst sie doch nicht fallen lassen. Ich habe sie doch dir anvertraut.
Sie kennen auch die vielen Nöte und Schwierigkeiten in ihren Gemeinden. Vorher sagte mir jemand: „Ach, es gibt überall in unseren Gemeinden solche Krisen und Spannungen.“ „Ach Herr, ich bin müde.“ „Ich schaffe das nicht mehr.“ „Herr, dann musst du mir einen Begleiter schicken, denn ich kann es nicht mehr allein tragen, ich bin zu schwach.“
Es gibt immer wieder Menschen, die sich im Dienst für unseren Herrn Jesus viel zutrauen. Doch wir wissen: Bis zu unserem Tod sind wir aktiv im Dienst für unseren Herrn. Als Beter sind wir im Dienst, als Mittragende. Und das ist sehr schwer, wenn man sagt: „Ich weiß gar nicht mehr, wie der Herr das lösen soll. Es ist alles so verwickelt.“
Da müssen Sie erleben, wie Ihre Kinder sich plötzlich scheiden lassen, wie eine Ehe auseinanderbricht. Sie sehen finanzielle Nöte und große Herausforderungen auf sich zukommen und wissen nicht, wie man das bewältigen soll. Es scheint eine unlösbare Aufgabe zu sein, dieses störrische Volk zu führen. Und dann sagen Sie: „Herr, ich kann es einfach nicht. Ich möchte es aufgeben.“
Aber das Ermutigende ist: Mose betet. Das war das Erste, was wir von ihm lernen können – er betet. Armut und Reichtum der Jesusleute.
Das Beten – natürlich ist das eine Art von Armut. Ich weiß selbst oft nicht mehr weiter. Luther sagt einmal, das Gebet habe seine größte Stunde, wenn man keine Lösung mehr weiß, wenn man Gott auch gar nichts mehr vorschlägt, wenn man ganz am Ende ist. Das ist eine tolle Stunde. Gott weiß: Herr, du hast auch diese Situation in deiner Hand.
Ich habe das oft in der Dritten Welt erlebt, wenn man unterwegs war. Es hat mich immer beeindruckt, wie viel direkter und unmittelbarer die Menschen dort mit Gott leben. Bei diesen langen Autofahrten, bei denen unterwegs gar keine Reparaturmöglichkeiten sind, drehen sie vor dem Start den Zündschlüssel um und sagen: „Herr Jesus, jetzt stellen wir uns in deine Gegenwart.“
Das wäre eigentlich auch bei uns gut – wir sollten das wieder so machen. Die ganz normalen Dinge unseres Lebens könnten so beginnen. Wir haben das einmal in Äthiopien erlebt: Ein Reifen ist geplatzt, der Pastor steigt aus, der Fahrer steigt aus, sie wechseln den Reifen. Nach vier Kilometern platzt der zweite Reifen, und wir haben keinen Ersatzreifen mehr.
Das war ganz unten in den wüsten Gegenden Südäthiopiens. Da steigt der Mann aus und sagt: „Halleluja, Herr, du hast auch diese Situation in deiner Hand.“ Ein paar Minuten später kommt ein Lastwagen vorbei. Stundenlang war kein Auto unterwegs. Der Fahrer sagt: „Ihr habt Glück, sieben Kilometer weiter ist eine Tankstelle.“
Was? Hier, in dieser Einöde, gibt es eine Tankstelle, und dort kann man Reifen reparieren. Wenn man sagt: Herr, wir müssen uns das Beten angewöhnen, das ist die Tür. Und der Herr Jesus hat seine Verheißung daraufgelegt: „Rufe mich an in der Not.“ Das hat mir das Herz abgeschnürt.
Einkel hat sich sehr auf das Studium gefreut. Es gibt jetzt allerdings ein Problem, weil zwei Jahrgänge bei uns gleichzeitig Abitur machen: die G8- und die G9-Schüler. Er wollte Sportlehrer werden, Mathematik und Sport unterrichten.
Plötzlich hieß es, dass er in Stuttgart an der Hochschule um ein paar Plätze nicht angenommen wurde. Was macht man da als junger Mensch? So ein junger Kerl, ein gläubiger Christ, sagte: „Jetzt höre ich ganz auf. Ich mache nichts mehr in Mathe, wenn es mit dem Sport nicht klappt. Ich gebe auf.“
Ich sagte zu ihm: „Mach doch mal weiter, wir wollen sehen, wie es läuft.“ Dann hatte ich noch einen Gottesdienst, und danach sprach ich mit Markus. Ich sagte: „Heute habe ich für dich gepredigt, über die Verheißungen Gottes.“ Er antwortete: „Ich weiß, aber wie soll es denn noch gehen?“
Ein paar Tage später kam ein Brief: Es gab eine Nachrückerregelung, weil doch noch ein paar Plätze frei waren. Er konnte tatsächlich noch studieren. Leider hatte er in der Zwischenzeit aus Resignation seine Mathematikprüfungen nicht mehr gemacht. Mittlerweile hat er sie aber alle nachgeholt.
Es ist mir so wichtig, dass junge Leute erleben, dass Gott wirklich hört, auch in ausweglosen Situationen. Wenn man älter wird, merkt man, dass Gott nicht immer sofort hilft. Er lässt uns warten, man muss ausharren. Man kann sich innerlich aufregen und sagen: „Ich bete schon so lange, und noch ist nichts sichtbar.“
Aber man muss wissen: Gott hört dein Gebet! Es ist ganz unmöglich, dass dein Gebet unbeantwortet bleibt.
Bei Mose war das etwas Besonderes: Er redete mit Gott wie mit einem Freund. Für uns ist das eine große Bereicherung und ein Reichtum der Jesusleute. Wir dürfen mit Gott reden. Schüttet euer Herz vor ihm aus, liebe Leute, schüttet es aus und wisst, dass ich es in seine Fürsorge lege.
So machte es Mose auch. Er trat für die Sündigen ein und sprach dazwischen: „Herr, nimm mich weg, aber lass deine Gnade über dein gottloses Volk bleiben.“ Manchmal wollen auch wir über unseren Städten beten und sagen: „Herr Jesus, du kannst die Menschen doch nicht einfach in die Verdammnis gehen lassen.“
Es muss wieder einen Aufbruch geben, damit ein Wort gehört wird. So wie Mose in den Zwischenraum trat und sagte: „Herr, ich will Mittler sein. Ich will für diese sündige Welt beten.“ Es ist ganz wunderbar, dass wir beten dürfen. Das ist ein erster Reichtum und eine große Armut der Jesusleute in den Anfechtungen und Nöten.
Zweitens ringt Mose um Gewissheit. Und Sie kennen das sicher auch: Zweifel sind etwas sehr Belastendes. Es gibt keinen unter uns, der nicht mit Zweifeln kämpft. Dabei sind es nicht die Zweifel der Gottlosen, die uns beschäftigen. Denn die Frage „Gibt es Gott?“ ist für uns beantwortet.
Vielmehr sind es Zweifel wie: Hat er mich vielleicht vergessen? Ist er wirklich da? Hat er alles unter Kontrolle? Führt Gott wirklich die Hände des Chirurgen, dem ich mich anvertraue?
Dann kommt oft der Teufel ins Spiel und sagt: „Du warst doch da und dort ungehorsam, du hast gesündigt.“ Er hält uns all die schlimmen Dinge vor. Und dann kehren die Zweifel zurück. Sie kennen sie: „Darf ich denn wirklich…?“
Das Wissen, dass Gott mich dennoch liebt und dass diese Zweifel nicht wahr sind, führt zur entscheidenden Frage: „Lass mich deine Herrlichkeit sehen. Ich will das wissen. Ich will es ganz fest von dir wissen.“
Das ist für uns sehr wichtig. Die Heilsgewissheit ist die Krone des Glaubens, ganz gewiss. Es gibt Menschen, die sagen, man könne nie ganz sicher sein. Doch Paulus sagt: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben mich scheiden kann.“
Wie kann ich gewiss sein? Paulus antwortet: „Nun weiß und glaube ich’s feste, ich rühme es auch ohne Scheu, dass Gott der Höchste und Beste mein Freund und Vater sei.“ Gerade in den Stunden der Anfechtung will ich diese Gewissheit haben.
Dabei haben auch Sie einen ganz wichtigen Dienst – auch bei den Menschen, die Sie betreuen und besuchen, um die Sie sich kümmern. Es ist sehr wichtig, ihnen diese Gewissheit zu vermitteln.
Wie kann man das tun? Nicht mit Worten wie: „Ach, du bist doch so gut, und Gott ist doch…“ oder „Du hast doch so viel für den Herrn getan.“ Das nützt in der Anfechtung nichts. Stattdessen heißt es: „Herr, lass mich deine Herrlichkeit sehen.“
Das ist natürlich ein Wunsch, den Mose hat: „Herr, ich will doch dich einmal sehen.“ Aber wir können Gott nicht sehen. Das hat Gott ganz deutlich verwehrt. Niemand wird leben, der mich sieht.
Paul Gerd sagte: „Ich müsste stracks vergehen wie Wachs im Feuer, wenn man Gott sehen könnte.“ Das kann ich als Mensch gar nicht. Mose hat sein Angesicht verhüllt, als er auf dem Berg Gott gegenübertrat, auf dem Berg Sinai. Trotzdem hat sein Angesicht noch gestrahlt aus diesem Gottesbeginn – das kommt ja später.
Aber er kann Gott nicht sehen. Und wir hätten gerne ein Bild: „Herr, lass mich doch einmal deine Herrlichkeit sehen.“ Was ist das? Das ist ein Ausdruck, den wir aus der Weihnachtsgeschichte kennen: Die Herrlichkeit des Herrn erschien den Hirten auf dem Feld. Die Herrlichkeit des Herrn ist oft in der Bibel ein Ausdruck für die Gegenwart Gottes, unaussprechlich, dieser Lichtglanz, der Gott in der Ewigkeit umgibt. Für uns mit unseren irdischen Augen ist das gar nicht zu fassen.
Dann kommt fünfmal das Wort „Gnade“. Du hast gesagt zu mir: „Ich kenne dich mit Namen, du hast Gnade gefunden.“ Ich will doch, habe ich Gnade gefunden. Und dann kommt immer wieder: „Lass doch mich deine Gnade sehen.“ Das ist der Grund. Denn auf Werke kann ich mit Gott überhaupt nicht rechnen. Da kommt ja die Anfechtung her: Wir waren doch so oft untreu, wir haben doch so oft sein Gebot übertreten, wir haben doch Jesus gar nicht geliebt. Wie können wir denn jetzt erwarten, dass er uns durch diese Krisen durchwirft?
Und jetzt kommt es: Wo ist denn die Gnade sichtbar? Sie ist nur sichtbar im Opfertod von Jesus am Kreuz. Da hat er seine Gnade offenbart. Und da sehen wir ihm ins Gesicht, wie er mich liebt: „Vater, vergib ihnen!“ Auch den Lästernden unter dem Kreuz, den Spottern, dem Hohnenden. „Vater, vergib!“ Wo er sagt, der Verlorenste soll meine Liebe fassen.
Darum können wir hoffen. Das ist unser Triumph, dass ich da selig werden kann, weil die Verlorensten nicht verloren sind. Weil Jesus sie sucht und weil Jesus gerade uns sucht – um dieser großen Gnade willen.
Und das ist ganz herrlich, dass das hier kommt. Da bin ich jetzt noch einmal bei Philipp Friederich Hiller. Die Gnade sei mit dir! Es gibt doch viele Verse, neun Verse darüber, die wir nachher gesungen hätten. Aber es gibt zwei Melodien dazu. Diejenige, die im grünen Buch steht, kenne ich nicht, und manche von Ihnen auch nicht. Andere wiederum kennen die Melodie aus dem grünen Buch. Es ist manchmal schon wie eine babylonische Verwirrung mit den Melodien.
Aber es ist ein ganz wunderbares Lied: Die Gnade, die dich durchträgt. Und genau diese Gnade ist es, die für meine Stunden des Verzagtseins, der Verzweiflung, der Müdigkeit und der wunderbaren Anfechtung wichtig ist. Herr, nur auf deine Gnade hin!
Dieses Jahr haben wir ja diese wunderbare Jahreslosung. Ich sage immer noch: Der große Missionar Paulus war ein so gigantischer Mann. Er wirkte mit einer Hingabe, die kaum zu fassen ist. Doch dann lässt ihm der Herr einen Pfahl im Fleisch – nicht nur einen Spreißel, sondern einen Pfahl. Satans Engel, der ihn mit Fäusten schlägt.
Stellen Sie sich das einmal vor! Das war eine große Anfechtung. Und der Herr hat gesagt: Lass das mal so, du brauchst nicht mehr zu beten, denn meine Gnade vollendet sich in deiner Schwachheit. Nicht in den Schwachen, sondern genau in deiner Schwachheit.
Der Herr kommt erst im Zufall zu dir und sagt: Herr, ich kann mich nur deiner Gnade überlassen. Ich kann nichts mehr von mir rühmen, sondern ich kann nur noch darauf rechnen, dass du mich durchträgst.
Ich denke, viele von Ihnen stecken selbst in solchen Situationen, wenn Sie hier zur Seniorenfreizeit fahren. Im Blick auf viele Dinge Ihres Lebens, die noch vor Ihnen liegen, und um sich herum haben Sie eine ganze Reihe von Menschen, die angefochten und müde sind.
Da muss ich Ihnen sagen: In der ganzen Weltmission – wie sind denn die Leute zum Glauben gekommen? Nicht durch interessante Predigten, nicht durch die Lieder, nicht durch die Gestalten der Missionare. Es war immer die Passionsgeschichte.
Am schwierigsten war es bei den Eskimos. Die waschen sich den ganzen Winter nicht, nur reiben sie sich mit Tran ein. Da stinkt es in den Iglus. Und als Hans Egede, der erste Herrnhuter Missionar dort, hinkam, war es furchtbar schwer. Die Eskimos sind so hart, sie haben keinen fremden Akzent akzeptiert. Jahrelang waren sie dort.
Dann passiert es bei Hans Egede: Er liest einem Eskimo die Geschichte vom Kampf Jesu in Gethsemane vor. Und plötzlich weint der Eskimo und fragt: Ist das wirklich wahr? Hat Jesus das für mich getan?
Da weiß man: Die Gnade trägt dich durch. Und da darfst du so gewiss sein, weil der Herr Jesus das verbürgt hat. Mit seinem Tod am Kreuz hat er es verbürgt für alle, die an ihn glauben und auf ihn sehen. Du darfst von dieser Gnade schöpfen.
Dann holen sie all die Worte aus der Bibel hervor, in denen Jesus sagt: „Berge können wackeln, Hügel können hinfallen.“ Es können der Welt ganz schlimme Katastrophen passieren. Aber meine Gnade kann nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen.
Darin darfst du dich bergen und wissen: Das gilt auch mir, wenn mein Herz wackelt und bebt.
Wir haben morgen schon darüber gesprochen, wie die Angst mit Adrenalin zusammenhängt. Dieses Adrenalin wirkt in unserem Körper und führt dazu, dass wir alle in Spannung sind. Das kann man kaum steuern, weil wir keinen Einfluss darauf haben – es sind reine Körperreaktionen.
Dann sagen sie es laut oder schreiben es auf einen Zettel: „Deine Gnade kann nicht von mir weichen.“ Das ist auch so schön, wenn man solche Worte weitergibt. In der Schweiz gibt es einen Mann namens Heinz Hütli, einen älteren Herrn, der diese ganz wichtigen Worte ohne viel Schnickschnack auf kleine Kartons geschrieben hat. Das war mir immer wichtig bei Krankenbesuchen. Man braucht keine teuren Postkarten. Stattdessen kann man es mit der Hand schreiben oder einem Menschen geben, von dem man weiß, dass er durch eine große Dunkelheit geht.
„Niemand kann dich aus der Hand von Jesus reißen.“ Das ist das Entscheidende. Als Mose sagte, dass er gern den Herrn geschaut hätte, da hat Gott ihm seine Gnade offenbart. Er kennt mich mit Namen. Er kennt mich – und das war für Mose in diesem Moment ganz, ganz wichtig. Er wusste, dass Gott ihn in seiner Hand hält. Und ich darf das wissen: „Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.“
Das ist der Triumph des Glaubens. Nur so kann ich durch die dunklen Stunden der Anfechtung hindurchgehen. Wir wissen, dass der Teufel uns gerade in der Schwachheit des Alters bedrängen kann. Ich wundere mich jetzt schon, in meinem Alter, wie viele Dinge aus der Vergangenheit und meiner Jugend mir wieder einfallen. Das hatte ich gar nicht mehr gewusst. Plötzlich sieht man sich noch einmal mit vielen Versäumnissen und bösen Dingen konfrontiert.
Doch die Gnade heilt alles und deckt alles zu – alle Versäumnisse. Dann ist es weg, versenkt im Meer, und man braucht es nicht mehr hervorzuholen. Was vergeben ist durch das Blut Jesu, das Blut von Jesus, dem Sohn Gottes, macht mich rein von allen Sünden – ganz rein. Und das ist fortan weg.
Dann weiß ich: Auf diese Gnade darf ich mein Leben bauen, auf diese Gnade darf ich hoffen, auf diese Gnade darf ich mich freuen und fröhlich sein.
Und jetzt geht es weiter mit der Zusprache Gottes an Mose, wie er nochmals sagt: „Aber Herr, lass mich doch deine Herrlichkeit sehen, lass mich deine Herrlichkeit sehen.“
Da ist ein wunderbarer Moment. In meinem kleinen Zimmer, in unserer Wohnung, hat meine Frau mir ein Bild von Jelien gelassen. Er war früher ein Kunstmaler, der diese Szene immer wieder gemalt hat. Es könnte auch Elija auf dem Horeb sein. Mose ist in der Felsenluft geborgen, in diesem Felsmassiv. Das Bild ist ziemlich dunkel. Mancher Besucher, der in mein Zimmer kommt, fragt: „Warum hängt dieses komische Bild hier?“ Für mich ist es aber sehr tröstlich.
Dort, in der Felsenluft, steht Mose. Er kann nicht mehr sehen als nur, dass die Hand Gottes auf ihm liegt. Dann sagt Gott zu ihm: „Ich will meine ganze Güte an dir vorüberziehen lassen.“ Wie können Sie das erleben? Lesen Sie doch im Evangelium, wie die Güte des Herrn Ihnen zugesprochen ist – den Schwachen, den Gescheiterten, den Ohnmächtigen und denen, die durch den Todestag gehen. Sie sollen es wissen: In allen Krankheiten hat der Herr das zugesagt. Er kann mich doch nicht täuschen, er will mich doch nicht foppen.
„Er will mich doch nicht reinlegen, er hat doch in seinem Wort zugesagt.“ Halten Sie sich an das Wort Gottes! Das ist eine große Kraft, denn das Wort Gottes ist voller Geist und Leben. Dieses Wort schafft Glauben. Denn Glauben haben Sie nicht einfach so, und den Glauben bekommen Sie auch nicht, indem Sie stundenlang über Glaubensfragen diskutieren. Der Glaube wird geweckt aus dem zugesprochenen Wort.
Aus der Predigt, aus dem zugesagten Wort, weil das Wort voll heiligem geistlichem Licht ist. Es gilt ja mir, dass ich es fassen kann und mich freuen darf. Es sagt: Ja, die Güte des Herrn ist für mich da. In den Stunden der Anfechtung darf ich das glauben und wissen. Ich kann die Herrlichkeit Gottes hier in dieser Welt nicht sehen.
Fanny Crosby, die uns so schöne Lieder geschenkt hat, hat ihr Augenlicht als Baby durch die Ungeschicklichkeit einer Pflegerin verloren. Wir kennen ihre bewegende Lebensgeschichte. Sie gehört auch zu den Frauen, deren Lieder wir beschrieben haben. Einmal wurde sie gefragt, ob sie sich nicht wünschen würde, einmal sehen zu können. Sie antwortete: „Nein. Das Erste, was ich sehen will, ist Jesus in seiner Herrlichkeit.“
So lange sind wir auf das Wort Gottes angewiesen, aber das Wort Gottes ist der allergrößte Trost. Sie haben es vielleicht selbst erlebt, wenn Sie auf der Intensivstation lagen und jemand kam herein und rief Ihnen Gottes Wort zu. Plötzlich waren alle finsteren Gedanken verscheucht. Sie dürfen wissen: Das ist die ganz große Kraft, die Gott gegeben hat. Sein Wort ist wirksam, es durchdringt und dringt selbst in das Innerste unseres Herzens ein.
Ganz wunderbar ist es auch, wenn wir Gottes Worte mit Liedversen weitergeben und das in unserem Innersten wirkt. Dann wird der Glaube geweckt, weil der Geist, der edle Führer, uns in seinem Wort gegeben wird. Im Lied heißt es: „Gott gibt mir den Heiligen Geist.“ Das Wort Gottes im Zuspruch schenkt mir einen neuen Blick.
Er wird mein Regierer vom Weltreich zum Himmelreich und erleuchtet mein Herz. Es ist ganz herrlich, dass plötzlich finstere Gedanken überwunden werden durch das Bibellesen. Die größte Not heute in unseren Gemeinden ist, dass die Bibelstunden absterben.
Lassen Sie das bitte in Ihrem Leben nicht zu! Sagen Sie stattdessen: Ich möchte mit seinen Anfechtungen und Beschwerden in den Tag hineingehen – mit dem Wort Gottes, denn nur so kann ich sie überwinden. Dann leuchtet das Glaubenslicht bei mir richtig hell. Wenn ich die Güte des Herrn vor Augen habe, kann ich all die dunklen Dinge ertragen, weil das Größere da ist, das der Herr in seiner Güte mir zugesagt hat.
Er hatte eine große Arbeit, war aber sehr von Schwermut geplagt. Ein Grund dafür war, dass ein Kind von ihm mit sieben Jahren gestorben war. Danach starb auch seine Frau, und er war völlig am Boden zerstört. Schließlich blieb ihm nur noch die Nervenklinik.
Eine Frau sagte ihm dort, dass Christen auch solche Zeiten durchmachen müssen. Der eine auf diese Weise, der andere anders. Es war beeindruckend, wenn er später über diese Zeit sprach, seine schweren Anfechtungen. Er war ein bekannter Prediger und hatte viele Gemeinden gegründet. Wenn er darüber sprach, sagte er, dass er in dieser großen Not erlebt habe, wie ihn nur die Hand Gottes gehalten hat. Wie er bewahrt wurde und wie die Liebe Gottes ihn durch diese finsteren Tage hindurchgetragen hat.
Das müssen wir wissen: Auch Christen haben viele schwere Wege zu gehen. Kauper, der uns das Lied „Es ist ein Ros’ entsprungen“ geschenkt hat, war in der größten Depression so verzweifelt, dass er versuchte, sich das Leben zu nehmen. Doch dann entstand das Lied „Es ist ein Ros’ entsprungen, aus einer Wurzel zart“. Wir können es nicht anders sagen, als immer wieder an dieser Stelle: Das hält uns wieder oben!
Es ist so wichtig, sich klarzumachen, dass der Herr seine Güte an uns vorüberziehen lässt. Er freut sich an all den großen Zusagen, die im Alten und Neuen Testament stehen. Zum Beispiel: „Wenn du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass die Ströme dich nicht ertränken.“ Streichen Sie diese Worte in Ihrer Bibel an, damit Sie für Ihre dunklen Stunden eine Stütze haben.
Armut und Reichtum der Jesusleute, der Schatz in irdenen Gefäßen – ja, da sind wir. Das ist kein äußerer Glanz, und wir sollten nicht so tun, als ob Christen anders wären als andere Menschen. Im Glauben sind wir anders, weil wir Zuversicht haben, weil wir dieses helle Glaubenslicht besitzen.
Das ist so schön an diesem Wort: „Es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen.“ Ich habe einmal ein Pfarrerehepaar kennengelernt, als ich noch ganz jung war. Sie hatten diesen Satz als Trautext gewählt. Es ist ein wunderbares Wort: Da ist ein Plätzchen, wo Gott uns auf festem Boden stehen lässt.
Freuen Sie sich doch, dass Gott für Sie einen Platz hat, wo Sie auf dem Felsen stehen können – auch wenn unter Ihnen alles wackelt und ungewiss ist. Sie dürfen ihm danken und loben und dann noch die herrlichen Lieder singen: „Stark ist meines Jesu Hand, und er wird mich ewig fassen. Er hat so viel an mich gewandt, um mich wieder loszulassen.“ Er hält mich und seine Hand ist über mir.
Ich kann ihn nicht sehen, doch darf ich wissen, dass er jetzt ganz besonders da ist – auch in den Anfechtungen.
Es ist interessant, dass diese Geschichte von Mose fast nahtlos übergeht in die große Anfechtung, die dann der starke Gottesmann Elija erlebte. Auch er durchlebte eine schwere Zeit am Horeb. Dort durfte er erneut erfahren, wie der Herr seine Hand über ihn hält und zu ihm spricht: „Du kannst mir nur von hinten nachsehen, nachher.“
Kannst du sehen, wie alles weiterging? Im Rückblick, so wie wir es gestern Abend vom Bruder Krise gehört haben, zeigt sich, wie ein Leben sich entwickelt, wenn man auf die schweren Stunden zurückblickt. Heute hat er mir gesagt: „Ich habe noch einen Splitter, den sie gerade entdeckt haben. Davon wusste ich nicht, dass er noch in meinem Leib steckt.“ Man kann nur staunen, was Gott in seiner Güte getan hat, ohne dass das Rückgrat gelähmt wurde.
Was hat Gott in seiner Güte alles bewirkt! Man staunt immer erst im Rückblick. Deshalb sollten wir unseren Blick nicht auf das richten, was uns immer wieder vor Augen tritt und uns ängstigt. Vielmehr ist es wichtig, die richtige Perspektive zu haben: Das Erbarmen Gottes geht mit dir mit.
Gott sagt zu mir: „Du sollst auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felsluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Danach kannst du sehen, wie es war, wo ich bei dir war und dich wunderbar getragen habe.“
Es ist sehr schwer, nicht vom Sehen her zu leben. Aber das Sehen hat uns der Herr in dieser Weltzeit noch nicht gegeben. Selig sind die, die nicht sehen und doch glauben. Das ist die einzige Stütze unseres Glaubens. Es ist nicht unser Verstand oder unser Kopf, denn das ist ein Irrtum.
Unser Verstand und das Wort Gottes stehen oft im Gegensatz. Doch Gott bricht sein Wort nicht. Denken Sie einmal daran: Dieses Wort ist ein mächtiges, kräftiges Wort, das schaffend durchbricht. Es kann nicht leer zurückkommen, heißt es in Jesaja 55.
Es wird etwas bewirken und Frucht bringen. Das wünschen wir uns immer wieder, wenn wir jemandem eine Karte schicken, ein Wort zusprechen oder am Telefon jemanden aufrichten. Dieses Wort Gottes, seine Gegenwart und seine Güte – darin hat sich Gott so festgelegt. Daran darf ich mich bergen, in diesem Zuspruch, in dem ich ganz fröhlich sein darf.
Jetzt wünsche ich Ihnen, dass Sie diese herrliche Glaubenserfahrung auch in Ihren dunklen Stunden weitertragen können, die noch kommen werden. Die Finsternis kommt oft plötzlich, und dann werden wir wieder hineingeführt. Besonders im Alter sind wir gefährdet, von dieser Dunkelheit überwältigt zu werden.
In solchen Zeiten haben Sie einen Auftrag für andere. Sie dürfen selbst die Freude des Glaubens leben und nur dorthin blicken, wo die Güte des Herrn offenbar ist. Er kennt Sie mit Namen, und das weiß ich, weil der Name Gottes in Jesus offenbart ist.
Der Name Jesus sagt uns, dass er niemanden hinausstößt, der zu ihm kommt. Stattdessen erfüllt er die Menschen mit seinem großen Frieden. Das ist ganz wunderbar.
Wir wollen noch beten: Lieber Herr, wir danken dir heute Abend für diesen Zuspruch, den wir so dringend brauchen. Wir wissen um deine Herrlichkeit und Gnade. Nicht mit den Augen wollen wir sehen, aber mit den Ohren können wir es immer wieder hören in dem herrlichen Evangelium. Du bist nahe bei denen, die zerbrochene Herzen haben, und hilfst denen, die ein zerschlagenes Gemüt besitzen.
Herr, wir brauchen so oft diese Gnade, die uns wieder herausholt aus den Tiefen und uns aufrichtet und ermutigt. Ganz herzlichen Dank, lieber Herr, dass wir das in deinem Wort immer wieder finden dürfen.
Herr, bewahre uns davor, dass die Dunkelheit uns überwältigt. Du willst uns erleuchten mit deinem Licht. Ganz herzlichen Dank dafür. Amen.