Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 590: Lazarus und der reiche Mann, Teil 2
Begegnung im Jenseits: Zwei Schicksale nach dem Tod
Zwei Männer sterben und öffnen im Totenreich wieder ihre Augen.
Der eine, ein armer Mann namens Lazarus, findet sich im Schoß Abrahams wieder. Der andere, ein reicher Mann, dessen Leben von Prunk und Fröhlichkeit geprägt war, befindet sich an einem Ort der Qual.
Es folgt ein Gespräch zwischen dem reichen Mann und Abraham.
In Lukas 16, Verse 23 und 24 heißt es:
„Und als er im Hades seine Augen aufschlug und in Qualen war, sah er Abraham von weitem und Lazarus in seinem Schoß. Er rief und sprach: ‚Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser taucht und meine Zunge kühlt, denn ich leide Pein in dieser Flamme.‘“
Die Bitte des reichen Mannes und ihre Bedeutung
In seiner Not wendet sich der reiche Mann an Abraham. Und was wünscht er sich? Dass der Mann, der ihm selbst ein Leben lang egal war – Lazarus heißt er –, dass dieser ihm hilft. Im Leben war Lazarus ihm egal, doch jetzt, wo er ihn braucht, erkennt er ihn plötzlich.
Aber merkt ihr: Selbst jetzt noch behandelt er Lazarus wie einen Diener. Er soll die Spitze seines Fingers ins Wasser tauchen, herüberkommen und seine Zunge kühlen. Lazarus bleibt für ihn der Diener. Er spricht ihn nicht direkt an, sondern sieht ihn nur als jemanden, den man senden kann.
Wisst ihr, was ich hier sehr interessant finde? Der reiche Mann bittet Abraham nicht darum, ihn aus den Flammen zu retten. Er wünscht sich Kühlung, aber nicht Rettung. Warum bittet er nicht darum, wie Lazarus in Abrahams Schoß sein zu dürfen? Er will Erleichterung seiner Umstände, aber keine Rettung oder Vergebung. Warum?
Charakter und Konsequenzen: Die Entscheidung vor dem Tod
Die Antwort hat mit dem Charakter des reichen Mannes zu tun und mit der Möglichkeit, nach dem Tod noch zu glauben.
Beginnen wir mit dem Charakter. Diese Beispielgeschichte zeigt, dass die Entscheidung für oder gegen Gott vor dem Tod getroffen wird. Der damit verbundene Charakter verfestigt sich im Tod.
Deshalb finden wir bei dem reichen Mann keinen Hinweis auf Reue. Seine Bitte um Wasser ist keine Bitte um Gnade, sondern um mildernde Umstände. Er ist sich seiner Schuld entweder nicht bewusst oder will sie nicht anerkennen. Beides sind starke Indizien für eine zutiefst selbstgerechte Einstellung, die es ihm unmöglich macht, um Rettung zu bitten.
Damit wird klar, dass das Totenreich kein reformpädagogischer Ort ist. Die Pein dient nicht der Läuterung. Sie beschreibt vielmehr die endgültige Konsequenz menschlicher Wahlfreiheit. Sie ist das folgerichtige Ergebnis eines falsch gelebten Lebens.
Die Bedeutung der Lebensentscheidungen für das ewige Schicksal
Das irdische Leben dient dazu, dass wir eine Entscheidung treffen. Aus der Vogelperspektive betrachtet, ist es eine Entscheidung für oder gegen Gott. Im Detail geht es jedoch darum, wer wir sein wollen.
Jede einzelne Entscheidung unseres Lebens sollte hoffentlich unseren Glauben an Gott widerspiegeln und auf unseren Christuscharakter einzahlen. Deshalb kann Jesus im Blick auf den Umgang mit Feinden Folgendes formulieren:
In Lukas 6, Verse 36-38 heißt es: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden. Gebt, und es wird euch gegeben werden. Ein gutes, gedrücktes, gerütteltes und überlaufendes Maß wird man in euren Schoß geben. Denn mit demselben Maß, mit dem ihr messt, wird euch wieder gemessen werden.
Charakterbildung durch Liebe oder Lieblosigkeit
Unser Schicksal ist eng mit unserem Charakter verbunden. Wenn wir lieben, wie Gott uns geliebt hat, und zwar weil wir Gott vertrauen und den Herrn Jesus lieben, dann handeln wir liebevoll gegenüber anderen Menschen. Auf diese Weise werden auch wir selbst liebevoll. Genau das ist es, was Gott sich für uns wünscht: dass Christus in uns Gestalt gewinnt. Dies geschieht als logische Folge unseres Glaubens und unserer geistlichen Verbindung mit Gott durch den Heiligen Geist.
Leider gilt auch das Gegenteil. Wenn wir nicht lieben, sind wir geistlich tot. Das bedeutet, wir haben Gott nicht erkannt, und jeder Dienst für Gott wird wertlos. Dann wandeln wir nicht im Geist. In einem solchen Fall müssen wir damit rechnen, dass Gott uns für unsere Lieblosigkeit richten wird.
Ein Beispiel für Lieblosigkeit finden wir in Lukas 16, in der Geschichte vom reichen Mann. Tag für Tag sieht er Lazarus vor der Eingangspforte liegen, doch er hilft ihm nicht. Es wäre ihm leicht gewesen, doch er tut es nicht. So wie Liebe uns immer mehr in das Bild Christi verwandelt, so verändert uns auch Lieblosigkeit.
Ein Leben, das sich dem Ego hingibt, das in Luxus und Prunk lebt, formt ebenfalls unseren Charakter. Wenn wir dann sterben, nehmen wir diesen deformierten Charakter mit in die Ewigkeit. Wir bleiben also, wer wir sind.
Die Unumkehrbarkeit des Schicksals nach dem Tod
Und deshalb mag es im Totenreich Weinen und Zähneknirschen geben, auch die ein oder andere Bitte um Milderung der Umstände, vielleicht sogar ein Erschrecken vor den Konsequenzen. Aber es gibt keine Reue, keine Buße und eben auch keine Vergebung.
Ja, aber müsste nicht jeder, der in dieser Vorhölle ist, instinktiv um Vergebung bitten, um den Flammen zu entgehen? Gute Frage! Vielleicht überrascht dich meine Antwort, aber die Ewigkeit mit Gott ist nicht für die, die nicht in die Hölle wollen.
Natürlich kann es sein, dass die Furcht vor dem Jüngsten Gericht Menschen dazu bringt, sich zu bekehren. Aber eine Bekehrung ist im Kern keine Bekehrung weg von der Strafe. Wer sich bekehrt, um nicht bestraft zu werden, hat nicht verstanden, worum es bei Buße wirklich geht.
Eine Bekehrung ist immer eine Bekehrung hin zu Gott. Im Kern geht es um die Beziehung zum Schöpfer und um ein Leben für ihn. Es geht um Selbstverleugnung und um Nachfolge. Es geht darum, Gott mit meinem ganzen Sein zu lieben.
Warum Bekehrung nach dem Tod nicht mehr möglich ist
So verstehen wir nun, warum eine Bekehrung im Totenreich nicht mehr möglich ist. Eine Bekehrung ist nicht mehr möglich, weil Glaube nicht mehr möglich ist.
Echter, rettender Glaube ist seinem Wesen nach ein Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht (Hebräer 11). Jesus sagt zu Thomas: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Nun zum Problem des reichen Mannes: Im postmortalen Zustand, also nach dem Tod, sieht der Mensch die Realität Gottes. Er sieht Gottes Heiligkeit und erfährt sein Gericht. Gerade dieses Sehen macht das Glauben unmöglich.
Ein Glaube im Angesicht des Gerichts ist kein rettender Glaube. So glauben, sagt Jakobus, die Dämonen. Es ist ein Anerkennen der Realität, aber nicht mehr.
Ein solcher Glaube rettet nicht, weil er keine freie Selbsthingabe an Gott beinhaltet. Er ist nur ein inneres Einknicken unter dem Druck der Realität.
Jedes Knie wird sich einmal auf diese Weise vor Jesus beugen und bekennen, dass Jesus Christus Herr ist. Aber damit wird nicht jeder Mensch gerettet.
Persönliche Reflexion und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Frag dich einmal, woran andere Menschen erkennen können, dass du Gott liebst.
Das war's für heute.
Diese Woche stelle ich dir eine berufsbegleitende theologische Ausbildung vor: die Bta Dual Ost. Ich bin dort der Dozent für den Unterricht „Praxis geistlichen Lebens“. Im Skript findest du den Link zu einem Info-Video.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
