Kein grosser Erfolg

Lukas 17,11-19
Jürg Birnstiel
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Schriftlesung: Lukas 17,11-19

Einleitende Gedanken

Als wir in Polen in der Fussgängerzone von Lodz mit Liedern, Pantomime und Verteilschriften das Evangelium weitergaben, kam es mir vor, wie wenn wir in Zürich am Stauffacher stehen. Der einzige Unterschied bestand darin, dass wir in Lodz auf der Strasse mit Verstärkeranlage singen und sprechen durften. Das ist bei uns verboten. Sie hatten jedoch einen schlechten Verstärker. Wir hätten gute Verstärker, dürfen sie aber auf der Strasse nicht verwenden. Jedenfalls dachte ich, das ist ja wie bei uns. Die Menschen interessieren sich nicht für das, was wir hier machen. Wie sinnvoll ist das überhaupt? Sollen wir das wiederholen oder sollen wir es gleich lassen. Wir sagen, wir waren auf einem Missionseinsatz, aber ich weiss von keinem Menschen, der sich bis jetzt durch unsere Anstrengungen bekehrt hätte. Nochmals: Lohnt sich der ganze Aufwand? Sollen wir uns weiterhin darum bemühen, den Menschen das Evangelium zu bringen? Diese Gedanken lenkten mich auf eine Begebenheit im Leben von Jesus. Eigentlich wollte ich für unser Team dort eine Andacht über diese Begebenheit machen, was nicht möglich war, weil das Programm anders gelaufen ist. So mache ich das heute Morgen. Es wird auch für die interessant sein, die nicht in Polen waren, denn dieselben Fragen müssen uns auch hier in Zürich beschäftigen. „Auf seinem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa.“ (Lukas 17, 11) „Kurz vor einem Dorf kamen ihm zehn Aussätzige entgegen; sie blieben in einigem Abstand stehen“(Lukas 17, 12) „und riefen laut: »Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!«“ (Lukas 17, 13) „Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: »Geht und zeigt euch den Priestern!« Auf dem Weg dorthin wurden sie gesund.“ (Lukas 17, 14) „Einer von ihnen kam zurück, als er sah, dass er geheilt war. Er pries Gott mit lauter Stimme,“ (Lukas 17, 15) „warf sich vor Jesu Füßen nieder und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner.“ (Lukas 17, 16) „Jesus aber sagte: »Sind denn nicht alle zehn gesund geworden? Wo sind die anderen neun?“ (Lukas 17, 17) „Ist es keinem außer diesem Fremden in den Sinn gekommen, zurückzukehren und Gott die Ehre zu geben?«“ (Lukas 17, 18) „Dann sagte er zu dem Mann: »Steh auf, du kannst gehen! Dein Glaube hat dich gerettet.«“ (Lukas 17, 19)

I. Zehn Männer werden geheilt

Zuerst mal eine kleine Quizfrage: In welchem Ort wohnte Jesus, als er öffentlich wirkte? Kapernaum (Matthäus 4, 13) Diese Stadt liegt im Gebiet von Galiläa. Wollte Jesus von Galiläa nach Jerusalem reisen musste er durch Samaria reisen. Doch Samaria wurde von den Juden geächtet. Nicht nur das Land, sondern vor allem die Samariter selbst. Von daher ist auch das Erstaunen der Samariterin zu verstehen, von der Jesus Wasser erbat. „Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten? Du bist doch ein Jude, und ich bin eine Samaritanerin!“ (Johannes 4, 9) Die Samariter waren eben keine Juden, sie lebten im Land, das ursprünglich den Juden gehörte. Das kam so: 720 v.Chr. wurde das Nordreich Israel von den Assyrern besiegt und die Juden mussten das Land verlassen und wurden in anderen Ländern angesiedelt. Der assyrische König wollte vermeiden, dass das Land verödet oder sich andere Juden dort erneut niederlassen. Im Buch der Könige wird über seine Massnahme folgendes berichtet: „Anstelle der weggeführten Israeliten siedelte der König von Assyrien Fremde in Samarien an. Er liess Leute aus den Städten Babylon, Kuta, Awa, Hamat und Sefarwajim kommen; die nahmen das Land in Besitz und wohnten in seinen Städten.“ 2. Könige 17, 24 Diese Menschen brachten ihre eigene Religion mit. Sie verehrten verschiedene Götter. Doch bald wurde das Land von einer Plage heimgesucht und man deutete das als Strafe des Gottes Israels. Man holte israelitische Priester nach Samaria, die das Volk lehren sollten, wie man den Gott Israels ehrt. (2. Könige 17, 25-32) Das Resultat war folgendes: „So dienten sie gleichzeitig dem Gott Israels und ihren eigenen Göttern; denn sie hielten an den Bräuchen fest, die sie aus ihren Heimatländern mitgebracht hatten.“ 2. Könige 17, 33 So waren die Samariter von ihrer Herkunft keine Juden. Sie verehrten normalerweise nicht den Gott Israels, kannten sich jedoch im Gesetz des Mose aus. Sie wussten, dass die Juden auf ihren Erlöser warteten. Jesus musste also durch dieses Gebiet reisen und die Begegnung mit den aussätzigen Männer fand im Grenzgebiet von Samaria und Galiäa statt. Aussatz war eine schlimme Krankheit, die nicht nur körperliche, sondern auch soziale Folgen hatte. Aussätzige mussten in speziellen Gebieten leben. Hätte ich Aussatz, könnte ich nicht mehr in meiner Familie leben. Wie das damals war, zeigen uns die Anweisungen im 3. Mose „Alle, die von Aussatz befallen sind, müssen zerrissene Kleider tragen und ihr Haar frei hängen lassen; Männer müssen den Bart verhüllen. Sie müssen andere, die in ihre Nähe kommen, mit dem Ruf »Unrein, unrein!« warnen.“ Lev 13, 45 „Solange der Zustand anhält, bleiben sie unrein. Sie müssen abgesondert leben und sich außerhalb des Lagers aufhalten.“ Lev 13, 46 Kein Wunder, dass diese Männer laut schrieen, als sie Jesus sahen. Wenn ihnen jemand helfen konnte, war es Jesus, denn es hat sich herumgesprochen, dass er schon viele kranke Menschen heilte. Sie schreien was das Zeug hält: „Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!“ (Lukas 17, 13) Es ist typisch für Jesus, dass er sich Zeit für diese Menschen nimmt. Es ist typisch, dass sein Herz bewegt wird, wenn er diese Not sieht. Jesus geht auf diese Männer zu und gibt ihnen eine einfache Anweisung: „Geht und zeigt euch den Priestern!“ (Lukas 17, 14) Das war eine Anweisung, die schon Mose gegeben hatte, dass Aussätzige, die meinen, sie seien vom Aussatz geheilt, sich das von einem Priester bestätigen lassen müssen. Tatsächlich, diese Männer machen sich auf den Weg zu den Priestern! Wohlbemerkt, sie waren noch nicht geheilt. Immer noch waren sie vom Aussatz befallen. Sie vertrauten so auf das, was Jesus sagte, dass sie seine Anweisungen einfach befolgten. Auf dem Weg geschah das unglaubliche Wunder! „Auf dem Weg dorthin wurden sie gesund.“ (Lukas 17, 14) Die Freude, die diese Männer haben mussten, kann sich nur jemand vorstellen, der selber einmal so eine Heilung erlebt hat. Diese Männer hatten einfach nur das getan, was Jesus sagte und sie erlebten ein grosses Wunder. Diese Aussätzigen können uns hier ein gutes Beispiel sein. Wir sollten uns diese Männer zum Vorbild nehmen. Wir sollten einfach das tun, was uns Gott auf’s Herz legt, ob wir das im Moment alles durchschauen oder nicht. Ob wir den Erfolg schon sehen oder nicht. Jedenfalls würden wir dann bestimmt Wunder erleben. Diese zehn Männer wurden geheilt!

Bibelstellen zum Nachschlagen: 3. Mose 13, 45-46; 3. Mose 14, 2-32; 2. Könige 17, 24-41; Matthäus 4, 13; 9, 1; Lukas 5,5.14

II. Ein Mann wird gerettet

Wir können davon ausgehen, dass sie zu den Priestern gelaufen sind und diese die Heilung bestätigten. Und dann, könnte man annehmen, dass sich diese Männer noch für den interessieren, der sie geheilt hat. Aber das war nicht so. Nur einer von diesen 10 Männern suchte so schnell wie möglich Jesus. „Einer von ihnen kam zurück, als er sah, dass er geheilt war. Er pries Gott mit lauter Stimme, warf sich vor Jesu Füssen nieder und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner.“ (Lukas 17, 15-16) Tatsächlich kam nur einer auf die Idee, Jesus zu danken. Und was war das für ein Mann? „Dieser Mann war ein Samaritaner.“ (Lukas 17, 16) Also einer dieser unreinen Menschen, mit denen die Juden nichts zu tun haben wollten. Jesus ist darüber sichtlich enttäuscht. Nicht darüber, dass dieser Mann ein Samariter war, sondern darüber, dass die anderen neun Männer, die vermutlich alle jüdischer Abstammung waren, nicht gekommen sind. Jesus sagt: „Sind denn nicht alle zehn gesund geworden? Wo sind die anderen neun?“ (Lukas 17, 17) „Ist es keinem ausser diesem Fremden in den Sinn gekommen, zurückzukehren und Gott die Ehre zu geben?“ (Lukas 17, 18) Keiner von den neun Geheilten hat den Weg zurück gefunden. Weshalb denn nicht? Vermutlich sahen diese neun Männer in Jesus lediglich einen Wundertäter, wobei man sich auch bei einem Wundertäter bedanken könnte. Der Samariter hingegen sah in Jesus nicht den Wundertäter. Dem Samariter war klar, dass ihm in Jesus Gott begegnet ist. Jesus sagt es klar: „Ist es keinem ausser diesem Fremden in den Sinn gekommen, zurückzukehren und Gott die Ehre zu geben?“ (Lukas 17, 18) Dieser Samariter erkannte, dass Jesus Gott ist. Gerade ein Samariter, von dem man es nicht erwarten würde. Jesus musste erneut die schmerzliche Erfahrung machen, die ihn sein ganzes Leben begleitete. „Er kam zu seinem Volk, aber sein Volk wollte nichts von ihm wissen.“ (Johannes 1, 11) Jesus litt unter diesem Verhalten der Juden ihm gegenüber. Matthäus berichtet. „Jesus ging mit den Städten ins Gericht, in denen er die meisten Wunder getan hatte. Er klagte sie an, weil sie nicht zu Gott umgekehrt waren.“ (Matthäus 11, 20) Verhalten wir uns nicht manchmal so wie diese neun Männer? Wir erbitten von Gott Dinge und wenn sie eintreffen vergessen wir zu danken und Gott die Ehre dafür zu geben? Steht unser Jammern und Bitten vor Gott in einem gesunden Verhältnis zu unserem Dank? Sind wir dankbar für unsere Erlösung oder wollen wir einfach das Jesus uns hilft, dass es uns besser geht? Dieser Samariter steht als hervorragendes Beispiel vor uns. Er war nicht zu stolz, umzukehren und Jesus zu danken und somit Gott die Ehre zu geben. Nun sagt Jesus zu ihm: “Steh auf, du kannst gehen! Dein Glaube hat dich gerettet.“ (Lukas 17, 19) Jesus hatte ihn bereits geheilt. Es geht hier nicht mehr um körperliche Heilung, sondern es geht hier um die Rettung für Zeit und Ewigkeit. Der Samariter hat verstanden, dass Jesus der Sohn Gottes ist und er hat ihm die Ehre erwiesen. Es geht nicht um den Glauben, dass Jesus heilen kann, das glaubten auch die anderen 9, erst recht, nachdem sie gesund wurden. Nein, es war der Glaube an den Sohn Gottes. Wie es im Johannes heisst: „Der Heilige Geist wird den Menschen zeigen, worin ihre Sünde besteht: darin, dass sie nicht an mich glauben.“ (Johannes 16, 9) Der Samariter glaubte an Jesus und Jesus rettete ihn. Jetzt kann sich dieser Samariter auf den Himmel freuen. Diese Rettung ist weit mehr wert, als eine Heilung. Denn eine Heilung ist vergänglich, die Rettung ist unvergänglich. Bist Du gerettet? Das Ergebnis, das Jesus mit dieser Heilung erzielte, also gewissermassen der Erfolg, war nicht sehr gross: 10 Aussätzige hat er geheilt und nur einer kam zum Glauben und wurde gerettet und das war erst noch ein Samariter. Bibelstellen zum Nachschlagen: Psalm 50,22-23; Matthäus 11,20; 16,24-26; Johannes 1,11; 16,9; Römer 1,21; 1.Petrus 1,8-9

Schlussgedanke

Vielleicht habt ihr jetzt gemerkt, warum mir in Lodz diese Geschichte in den Sinn gekommen ist. Ja, ich hab gedacht, Jesus hat viel mehr unternommen, um die Menschen zu retten und der Erfolg war verhältnismässig klein. Trotzdem hatte er nicht aufgehört. Es ist eben so, wie Jesus in der Bergpredigt sagt: „Geht durch das enge Tor! Denn das weite Tor und der breite Weg führen ins Verderben, und viele sind auf diesem Weg.“ (Matthäus 7, 13) „Doch das enge Tor und der schmale Weg führen ins Leben, und nur wenige finden diesen Weg.“ (Matthäus 7, 14) Sind wir bereit in Zürich den Auftrag weiter zu erfüllen, den uns Jesus gegeben hat? Sind wir bereit aktive Zeugen von Jesus zu sein? Zeit und Geld dafür zu investieren, selbst wenn der Erfolg nicht so gross ist?

Bibelstellen zum Nachschlagen: Matthäus 7,13-14