Einführung in das dritte Psalmbuch und seine Autoren
Guten Abend. Heute beschäftigen wir uns mit dem dritten Psalmbuch. Gestern haben wir das zweite Psalmbuch durchgesehen und festgestellt, dass das Elend des Königtums darin begründet lag, dass der König gesündigt hatte. Dadurch sündigte auch das Volk. Doch der König tat Buße. Wenn man Buße tut, ist der Weg frei, dass Gott das Heil ermöglicht.
In Psalm 72 haben wir den Blick auf den Sohn Davids, den universalen König, gerichtet. Man könnte meinen, jetzt sei alles wunderbar, und man könnte das Liederbuch mit Psalm 72 abschließen. Am Ende von Psalm 72 heißt es: „Zu Ende sind die Gebete Davids, des Sohnes Isai“ (Psalm 72,20). Fertig, zu Ende.
Tatsächlich befinden sich die meisten Davidpsalmen in den ersten beiden Büchern. Aber es gibt ein drittes Buch in diesem großen Liederbuch, das von Psalm 73 bis Psalm 89 reicht. Das sind siebzehn Psalmen.
Schauen wir uns zuerst an, von wem diese Psalmen stammen. Psalm 73 ist von Asaph, ebenso Psalm 74, 75, 76, 77, 78, 79, 81, 82 und 83. Das sind elf Psalmen von Asaph, von Psalm 73 bis 83.
Psalm 84 und 85 stammen von den Söhnen Korachs. Psalm 86 ist ein Davidpsalm. Psalm 87 und 88 gehören ebenfalls den Söhnen Korachs. Psalm 89 wurde von Ethan, dem Esrachiter, verfasst.
Sehr interessant: Wir haben elf Psalmen von Asaph, dann zwei Korachpsalmen, einen Davidpsalm in der Mitte, zwei weitere Korachpsalmen und schließlich den Höhepunkt der ganzen Geschichte, den Psalm von Ethan, Psalm 89.
Die Gliederung ist leicht und viel einfacher als im ersten Buch. Es gibt fünf Gruppen: zuerst die Asaph-Gruppe, dann eine Zweiergruppe, den einzigen Davidpsalm, eine weitere Zweiergruppe und schließlich den Psalm von Ethan.
Wer war dieser Asaph? Asaph war ein Dichter zur Zeit Davids. Gott hat ihn manchmal auch als Propheten benutzt, vor allem in Psalm 81, auf den wir vielleicht noch eingehen. Asaph schrieb Lieder, die die Geschichte Israels behandelten, als könnte er in die Zukunft schauen. So hat er beispielsweise in Psalm 74 von der Zerstörung Jerusalems geschrieben.
Psalm 73: Die Frage nach dem Wohlergehen der Gottlosen
Psalm 73 kennen wir bereits; wir haben ihn uns schon einmal kurz angeschaut. Es ist der Psalm, der mit der Frage beginnt, warum es den Gottlosen so gut geht.
Der Psalm beginnt mit den Worten: „Fürwahr, Gott ist Israel gut, denen, die reinen Herzens sind.“ Ein wenig fehlte, und ich wäre fehlgegangen, meine Füße wären beinahe ins Stolpern gekommen. Denn ich beneidete die Vermessenen, als ich das Wohlergehen der Frevler, der Gottlosen, sah.
Immer wieder fragt sich der Psalmist: Warum geht es den Gottlosen so gut, während es uns Frommen nicht gut geht? Bis ich ins Heiligtum Gottes ging, heißt es dann in Vers 17, und achtgab auf ihr Ende.
Im zweiten Teil des Psalms, von Vers 18 bis 28, wird die Antwort gegeben: „Fürwahr, du stellst sie auf schlüpfrigen Grund, du lässt sie fallen zu Trümmern. Sie werden so plötzlich verwüstet, sie schwinden dahin, sie nehmen ein Ende mit Schrecken.“
In Vers 23 heißt es weiter: „Doch ich, ich bin stets bei dir, du hast meine Hand gefasst, in deinem Ratschluss leitest du mich, und nachher in Herrlichkeit nimmst du mich auf.“
Der Psalmist fragt: „Wen habe ich im Himmel? Bei dir habe ich an nichts Lust. Auf der Erde vergehen auch mein Fleisch und mein Herz, der Fels meines Herzens und mein Teil ist Gott ewiglich.“
Denn siehe, die Ferne sind von dir gekommen, du vertilgtest alle, die böswillig weggehen von dir. Aber ich, die Nähe Gottes ist mir gut. Ich habe Jahwe, meinen Herrn, mir zur Zuflucht gemacht, um zu erzählen alle deine Taten.
So endet der Psalm gut. Er besteht aus zwei Teilen, und jeder Teil hat eine Mitte. Der erste Teil geht bis Vers 17, und die Mitte ist Vers 9. Der zweite Teil reicht von Vers 18 bis 28, und die Mitte ist Vers 23: „Doch ich bin stets bei dir. Du hast meine rechte Hand gefasst, ich bleibe bei dir und ich bin bei dir.“
Der Psalmist spricht hier über sich persönlich, über einen persönlichen Tiefpunkt. Doch er geht ins Heiligtum, in die Nähe Gottes. Dort erkennt er, dass die Gottlosen einmal ein Ende haben.
Es ist gut, daran zu denken: Jeder hat ein Ende. Und wenn ich jetzt bei Gott bin, dann ist mein Ende ein wunderbares Ende.
Psalm 74: Die Klage des Volkes über Gottes Verlassenheit
Psalm 74 beginnt mit der Frage: Gott, warum hast du uns verstossen? Hier spricht Asaf für das ganze Volk. Bereits im Psalm 73 wurde die Frage gestellt: Warum geht es den Gottlosen so gut?
Im Psalm 74 steht nun die Frage des Volkes im Mittelpunkt: Warum hast du uns verstossen? Und warum raucht dein Zorn gegen die Herde deiner Weide? Die Israeliten werden hier mit einer Schafherde verglichen. Es wird deutlich: Was ist los? Was ist geschehen?
In Vers 7 heißt es: Da kamen die Feinde, sie steckten dein Heiligtum in Brand, den Tempel haben sie angezündet. Sie entweihten die Wohnung deines Namens bis auf den Grund. Sie sagten in ihrem Herzen: Wir drücken sie alle nieder. Sie verbrannten alle Begegnungsstätten Gottes im Land.
Das Volk beklagt: Unsere Zeichen sehen wir nicht, kein Prophet ist mehr da, und keiner ist bei uns. Wer weiß, bis wann das noch so bleiben soll? Wie lange soll das andauern?
In Vers 10 wird die Frage erneut gestellt: Bis wann, Gott, sollen die Höhnen der Bedränger und der Feind deinen Namen verachten? Immerfort? Warum ziehst du deine Hand zurück und deine Rechte? Ziehe sie hervor aus deinem Gewand, mache ein Ende!
Diese Fragen nach dem Warum zeigen, dass die Situation sehr bedrückend ist und es nicht gut aussieht.
Das Königtum Davids in der Krise
Wo ist eigentlich David? David ist nicht da. Asaph, Asaph, Asaph, Asaph, Asaph, Asaph, Chora. Erst in Psalm 96 taucht David kurz auf und verschwindet wieder. Dann folgt Psalm 86, danach kommt wieder Chora, und anschließend der Psalm Ethans.
Wo ist eigentlich das Königtum Davids? Das Buch der Psalmen ist ein Liederbuch über den Bund Gottes mit David. Man fragt sich: Wo ist denn David? Im Psalm 72 sieht es noch gut aus, doch jetzt erleben wir einen Tiefpunkt. David ist fast verschwunden.
Wie ändert sich dieses Buch? Es ändert sich mit derselben Frage: Warum? So heißt es im Psalm 74: Warum hast du uns verlassen? Und dann folgt Psalm 89.
Psalm 89: Die Verheißung und die Krise des davidischen Königtums
Lesen wir Psalm 89 miteinander. Er ist ein langer Psalm, aber sehr wichtig. Beachten wir das dritte Buch, den mittleren Teil des Liederbuches. Dieser Teil ist der wichtigste. Immer ist die Mitte das Wichtigste – in jedem Psalm und im ganzen Psalmbuch, das aus fünf Büchern besteht. Das Mittlere führt zu einem Höhepunkt, von einem Tiefpunkt zu einem gedanklichen Höhepunkt.
Psalm 89 hat eine ganz wichtige Aussage, die wir uns heute anschauen wollen. Es ist ein Psalm Ethans, des Esrachiters.
„Die Gnaden des Herrn will ich besingen auf ewig, von Geschlecht zu Geschlecht deine Treue. Ich will kundmachen mit meinem Munde, denn ich sage: Auf ewig wird die Gnade gebaut.“
Hier geht es um die Gnade Gottes. Die Gnade Gottes wird etwas Ewiges errichten. Wenn Gott in Gnaden handelt, dann schafft er etwas Dauerhaftes.
Worum geht es genau? Vers 4: „Einen Bund habe ich geschlossen, mit meinem Erwählten, ich habe David, meinem Knecht, geschworen: Auf ewig werde ich fest gründen deinen Samen und auf alle Geschlechter hin bauen deinen Thron.“
Hier sind wir wieder bei der berühmten Verheißung Gottes an König David. In 2. Samuel 7 steht es geschrieben: Gott sagt zu David, dass er ihm ein Haus bauen wird und seinen Thron für ewig festigen wird. So wird in aller Ewigkeit ein Nachkomme Davids auf seinem Thron sitzen.
Auf ewig hat Gott in seiner Gnade einen Bund mit David geschlossen. Dieser ewige Bund besagt, dass der Thron Davids für alle Zeiten von einem Nachkommen Davids beherrscht wird.
„Auf ewig werde ich fest gründen deinen Samen“, das heißt, deine Nachkommenschaft. „Und auf alle Geschlechter hin werde ich bauen deinen Thron“, das heißt, dein Thron wird so fest sein, dass er ewig bestehen bleibt.
Das ist eine kostbare Verheißung, deren Größe man kaum ermessen kann. Als David das hörte, setzte er sich nieder vor dem Herrn. Er konnte kaum stehen bleiben, so überwältigend war diese Verheißung.
Vers 6: „Und die Himmel bekennen dir Lob für deine Wundertaten, Herr, und für deine Treue in den Versammlungen der Heiligen. Denn wer im Himmel ist mit dem Herrn zu vergleichen? Wer ist dem Herrn gleich unter den Göttersöhnen?“
„Der Mächtige ist zu fürchten im Ratskreis der Heiligen und furchtgebietend über alle rings um ihn her.“
Gott ist groß.
Wir haben hier eine Strophe von Vers 2 bis Vers 5, dann eine weitere von Vers 6 bis Vers 8, die ich gerade gelesen habe. Danach folgt eine längere Strophe von Vers 9 bis Vers 19.
„Jahwe, Gott der Heere, wer ist ein Starker wie du, Jahwe, und deine Treue umgibt dich? Du waltest über das ungestüme Meer. Erheben sich seine Wogen, so stillst du sie. Du hast Rahab zertreten wie einen Erschlagenen. Mit deinem starken Arm hast du deine Feinde zerstreut.“
Wer ist Rahab? Das ist ein Deckname für Ägypten, ein Meeresungeheuer. Hier steht das Meeresungeheuer für Ägypten. „Du hast Rahab zertreten wie einen Erschlagenen“, also hast du Ägypten besiegt. Mit deinem starken Arm hast du deine Feinde zerstreut.
„Dein sind die Himmel und dein ist die Erde, die Welt und ihre Fülle. Du hast sie gegründet, Norden und Süden. Du hast sie erschaffen. Tabor und Hermon jubeln ob deines Namens.“
Tabor und Hermon sind große Berge in Israel. „Du hast einen Arm voll Heldenkraft, deine Hand ist stark, deine Rechte erhoben. Gerechtigkeit und Recht sind die Grundfeste deines Thrones. Gnade und Wahrheit gehen vor deinem Angesicht her.“
„Selig ist das Volk, das den Ruf der Freude kennt. Sie werden wandeln, Jahwe, im Lichte deines Angesichts. Ob deines Namens jubeln sie täglich, und durch deine Gerechtigkeit werden sie erhöht. Denn die Zierde ihrer Stärke bist du, und durch deine Gunst wird erhöht unser Horn.“
„Denn des Herrn ist unser Schild und des heiligen Israels unser König.“
Worum geht es hier? Das ist ein Lied über den König. Zuerst ein Lied über die Stärke Gottes. Gott war stark, als er die Israeliten aus Ägypten herausgeführt hat.
Vers 14: „Deine Hand ist stark, Gerechtigkeit und Recht sind die Grundfeste deines Thrones.“
Gott ist ein König, der auf einem Thron sitzt. Er ist stark. Glücklich ist das Volk, das sich freuen kann. Sie leben mit Gott, sie jubeln täglich und so weiter.
Dann heißt es in Vers 19: „Des Herrn ist unser Schild.“ Was bedeutet das? Das ist ein Lied auf den König. Der König ist von Gott eingesetzt und er ist wie ein Schild für das Volk. Er wacht schützend über das Volk. „Des Heiligen Israels ist unser König.“ Das ist ein Parallelvers zu „Des Herrn ist unser Schild“. Es wird zweimal dasselbe ausgesagt.
Unser König – die Israeliten hatten immer wieder einen König, der auf dem Thron Davids saß. Zur Zeit von Etam, dem Esrachiter, gab es auch noch Könige auf dem Thron Davids. Der letzte König hieß Jojachin. Er wurde schließlich in die Gefangenschaft geführt.
Hier ist ein Lied über den König. Nun folgt die nächste, eine lange Strophe von Vers 20 bis Vers 38. Das ist der Mittelteil des Psalms, also der wichtigste Teil.
„Damals sprachest du in einem Gesicht zu deinem Frommen und sagtest: Ich gewährte Beistand einem Helden, ich erhöhte einen Erwählten aus dem Volk. Ich habe David gefunden, meinen Knecht, ich habe ihn mit meinem heiligen Öl gesalbt, dass meine Hand fest bei ihm sei, mein Arm ihn auch Stärke.“
Hier wird daran erinnert, dass Gott David zum König gemacht hat. Gott hat ihn gesalbt und mit Kraft ausgerüstet.
Vers 23: „Nicht soll ihn betören der Feind, und ein Sohn der Falschheit soll ihn nicht bedrücken. Denn seine Bedränger zerschlage ich vor ihm, und seine Hasser stoße ich nieder.“
Niemand sollte David antasten. David ist Gottes König.
Vers 25: „Und meine Treue und meine Gnade sind mit ihm, und durch meinen Namen wird sein Horn hoch sein.“
Jetzt muss ich etwas erklären: In der Bibel wird oft Bildersprache verwendet. Wenn von einem König gesagt wird, er habe ein Horn, soll man sich nicht vorstellen, dass der König tatsächlich ein Horn wie ein Tier hat. Das ist eine Bildersprache.
Wofür steht das Horn?
In der Schweiz gibt es viele Kühe. Wenn Kühe keine Hörner haben, sieht das lustig aus. Kühe ohne Hörner können einem nichts tun. Bauern entfernen oft die Hörner, damit sich die Tiere nicht verletzen. Aber ein Stier mit Hörnern ist gefährlich. Das Horn steht für Macht, Kraft und Stärke.
Wenn in der Bibel von einem König mit Horn die Rede ist, bedeutet das, dass der König Macht besitzt.
Vers 25: „Meine Treue und meine Güte und meine Gnade sind mit ihm, und durch meinen Namen wird sein Horn hoch.“
Das heißt, seine Macht wird groß sein. Dieser König wird stark sein.
Vers 26: „Und ich werde seine Hand an das Meer legen und seine Rechte an die Ströme.“
Das bedeutet, Gott wird ihm seine Hand reichen und sagen: „Komm, gib mir die Hand. Leg deine Hand auf das Meer, das gehört jetzt dir. Dann leg deine Hand auf den großen Fluss, den Euphrat, das gehört jetzt dir.“
Vom Westen bis zum Euphrat gehört alles dem König – ein riesiges Reich.
Vers 27: „Er wird mir zurufen: Mein Vater bist du, mein Mächtiger und der Fels meines Heils. Ja, und ich werde ihn zum Erstgeborenen machen, zum Höchsten über die Könige der Erde.“
Gott sagt: „Ich werde das Königtum Davids mächtig machen. Ich werde ihn zum Erstgeborenen machen.“
Erstgeborener ist ein Ausdruck für den Größten. In einer Familie ist der Erstgeborene der Ranghöchste. So ist es auch hier gemeint: Er wird der Größte sein, der Höchste über alle Könige der Erde. Er wird alle Könige beherrschen.
Vers 28: „Auf ewig bewahre ich ihm meine Gnade.“
Wenn David stirbt, bekommt sein Sohn den Thron. Wenn der Sohn stirbt, sitzt sein Sohn auf dem Thron. So geht es weiter, weiter, weiter, bis in Ewigkeit wird immer einer auf dem Thron Davids sitzen.
Das ist eine herrliche Verheißung!
„Auf ewig bewahre ich ihm meine Gnade, und mein Bund soll ihm festbleiben. Ich setze seinen Samen ein für immer, seine Nachkommen für immer, und seinen Thron setze ich ein wie die Tage der Himmel.“
Das heißt: Für immer wird einer auf dem Thron Davids sitzen.
„Wenn seine Söhne meine Weisung verlassen und nicht wandeln in meinen Verordnungen, wenn sie meine Satzungen entweihen und meine Gebote nicht halten, werde ich ihre Übertretung mit der Rute heimsuchen und ihre Ungerechtigkeit mit Schlägen. Aber meine Gnade werde ich nicht von ihm wenden.“
Wenn ein Sohn Davids König wird und nicht richtig nach Gottes Wegen lebt, wird Gott ihn züchtigen. Er wird ihn mit der Rute strafen. Aber seine Gnade wird er nicht von ihm wenden.
„Ich habe eine Verheißung gegeben und versprochen, und was ich versprochen habe, werde ich halten. Meine Gnade werde ich nicht von ihm wenden und nicht verleugnen meine Treue.“
Vers 35: „Und ich werde nicht entweihen meinen Bund und nicht ändern den Ausbruch meiner Lippen. Einmal habe ich geschworen bei meiner Heiligkeit: Sollte ich dem David je lügen?“
Gott hat geschworen, dass es immer Nachkommen auf dem Thron Davids geben wird, für alle Ewigkeit. Er hat es versprochen und wird es halten. Gott wird nicht lügen.
Vers 37: „Sein Same wird ewiglich bleiben.“
David wird für alle Ewigkeit Nachkommen haben. „Und sein Thron wie die Sonne.“ Die Sonne geht auf und unter, aber immer wieder auf. So wird der Thron ewig bestehen.
„Sein Thron wird wie die Sonne vor mir stehen und wie der Mond soll er ewiglich bestehen.“
Der Mond ist da, morgen ist er wieder da. Auch wenn man ihn manchmal nicht sieht, kommt er immer wieder. So wie der Mond treu ist, so werden auch die Nachkommen Davids ewig bestehen.
Das war die mittlere Strophe, der wichtigste Teil des Psalms.
Nun folgen wieder drei kurze Strophen: Vers 39 bis 46, eine Strophe; Vers 47 bis 49, eine Strophe; und Vers 50 bis 52, eine Strophe.
Psalm 89: Die Klage über den Verfall des Königtums
Aber du, du hast verworfen und verstoßen. Du bist sehr zornig geworden gegen deinen Gesalbten. Du gabst den Bund deines Knechtes preis, entweihtest seine Krone und warfst sie zu Boden.
Was ist jetzt geschehen? Gott hat versprochen, dass es immer einen König auf dem Thron Davids geben wird. Und jetzt? Aber du hast ihn verworfen, hast ihn verstoßen, bist zornig geworden. Wen? Gegen den Gesalbten.
Der Gesalbte war der König. David war schon längst gestorben, als dieser Psalm geschrieben wurde. Der König, der damals regierte, war König Joachim. Er war der Gesalbte, und Gott war zornig auf ihn.
Du gabst den Bund deines Knechtes preis, entweihtest seine Krone und warfst sie zu Boden. Gott hat die Krone des Königs genommen und auf den Boden geschmissen. Jetzt bist du nicht mehr König.
Du hast alle seine Mauern eingerissen und seine Bergfeste in Trümmern gelegt. Die Davidsburg ist zerstört worden. Die Krone liegt am Boden, die Mauern von Jerusalem sind kaputt.
Es plündern ihn alle, die des Weges vorübergehen. Er wurde seinen Nachbarn zum Hohn. Du hast die rechte Hand deiner Bedränger erhöht. Die Feinde sind stark geworden. Der König Nebukadnezar wurde stark, die babylonischen Feinde haben die Israeliten niedergemacht.
Du erfreutest alle seine Feinde (Vers 44). Auch wandtest du die Schärfe seines Schwertes zurück und ließest ihn nicht bestehen im Streit. Also hat er im Kampf, im Krieg verloren (Vers 45).
Du hast ein Ende gesetzt seinem Glanz und seinen Thron zur Erde gestürzt. Du hast die Tage seiner Jugend verkürzt und ihn mit Schmach bedeckt. Dieser König hat gar nicht lange gelebt.
Jetzt kommt eine Frage: Bis wann, Yahweh, willst du dich ständig verbergen? Bis wann soll wie Feuer brennen dein Grimm?
Gedenke, wie vergänglich ich bin. Zu welcher Nichtigkeit hast du doch alle Söhne der Menschen erschaffen? Wer ist der Mann, der lebt und den Tod nicht sehen muss, der seine Seele rettet aus der Gewalt des Totenreiches?
Wo sind deine früheren Gnaden, mein Herr? Das heißt, wo ist deine Verheißung, die du David in Gnade geschworen hast, mein Herr? Wo?
Du hast doch gesagt, dass die Könige immer regieren werden und dass immer ein Sohn Davids auf dem Thron sitzen wird. Wo sind jetzt die Könige? Alles ist kaputt. Israel ist in die Gefangenschaft geschickt worden, nach Babylon, und der König ist weggebracht worden.
Wo sind deine früheren Gnaden, mein Herr? Also deine Versprechungen, die du David in deiner Treue geschworen hast? Gedenke, mein Herr, der Verhöhnung deiner Knechte, die ich in meiner Brust trage.
Das Höhnen aller der vielen Völker, womit deine Feinde höhnen, Yahweh, womit sie höhnen die Fußspuren deines Gesalbten. Die Feinde spotten und lachen. Die Könige von Israel sind gar nichts, sie sind weg.
Der Gesalbte, der König von Israel, hat nur noch ein paar Spuren hinterlassen. Und wo sind die jetzt? Sie spotten nur noch über die Spuren des Königs.
So endet dieses Psalmbuch mit einer großen Frage. Die Frage ist die nach der Erfüllung der Verheißung Gottes an David. Es wird der Zeitpunkt eingenommen, an dem Israel in die babylonische Gefangenschaft weggeführt wurde.
Das war für Israel eine furchtbar schwere Zeit. Da sind auch Lieder entstanden. Es gab auch Lieder von früher. Asaph hat prophetisch von der Zerstörung Jerusalems gesprochen. Er hat schon zur Zeit Davids geschrieben, aber so, als ob er zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft leben würde.
Psalm 74 stellt die Frage: Warum hast du uns verlassen? Und Psalm 89 stellt die Frage: Warum hast du uns verlassen? Wo sind jetzt deine Verheißungen, wo sind deine Versprechungen?
Eine furchtbare Situation. Das Königtum ist ganz tief am Boden.
Zusammenfassung der Psalmen im dritten Buch und die zentrale Frage
Hier haben wir noch einmal die Zusammenfassung: Wir haben elf Asaf-Psalmen, zwei Korach-Psalmen, einmal den Kult, den David im Psalm 86 beschreibt, dann wieder zwei Korach-Psalmen und einen Ethan-Psalm.
Die Grossheit liegt darin, dass am Beginn von Psalm 73 die Frage nach dem Wohlergehen der Gottlosen gestellt wird. In Psalm 74 wird gefragt: „Warum hast du uns verlassen?“ Am Ende des Psalmbuches, in Psalm 89, geht es um die Verwüstung und den Verstoß Israels und seines gesalbten Königs Joachims.
Der Gesalbte ist verworfen, und die Frage lautet: Warum? Wie passt das zusammen mit der Verheißung Gottes an David? Das war eine grosse Frage für Israel. Ein Israelit, der die Bibel kennt, weiss, dass Gott David eine ewige Herrschaft versprochen hat. Doch jetzt liegt Israel am Boden, so tief wie nie zuvor. Das Königreich ist am Ende.
Die Frage lautet: Wie lange? Bis wann? (Psalm 89,47). Eine zweite Frage ist: Wo sind die unverbrüchlichen Verheißungen? Wo sind die versprochenen gnadenvollen Verheißungen, die Gott in seiner Gnade gegeben hat?
Die Not des Königtums von David im dritten Buch ist grösser als je zuvor. Im ersten Buch rebellierte Absalom gegen den König, und der König musste aus Jerusalem fliehen. Damals war das messianische Königtum von innen angefochten. Jetzt aber ist das Königtum von aussen nicht nur angefochten, sondern vernichtet. Man fragt sich: Was ist jetzt los?
Wir haben gelesen: „Dir gehört der König“ (Psalm 89,19). Der Herr ist unser König. Wenn es dem König schlecht geht, geht es dem ganzen Volk schlecht, haben wir gestern schon festgestellt. Wenn der gesalbte König weggeführt ist, wie kann das Volk Gottes überhaupt leben? Es ist tot, wenn kein König existiert. Wie kann dann jemals die göttliche Verheißung an David in Erfüllung gehen?
Das ist eine ganz grosse Frage. Am Ende von Buch drei, dem wichtigsten Buch im ganzen Psalmbuch, ist das Königtum völlig am Ende – ein grosses Fragezeichen. Wie soll es jetzt weitergehen?
Mit diesen Fragezeichen wollen wir jetzt einmal kurz unterbrechen, ein Lied singen und dann schauen, ob es eine Lösung in Buch vier gibt.
Überblick über das vierte Psalmbuch: Yahweh als König
Wir hatten also in Buch eins das Elend und die Bedrückung des Königtums von David. In Buch zwei wurde die Ursache für dieses Elend behandelt, nämlich die Sünde des Königs und des Volkes. Im dritten Buch sehen wir die Vernichtung des davidischen Königtums und die Frage nach seiner Wiederherstellung. Gibt es überhaupt eine Wiederherstellung? Warum geschieht das alles? Bis wann wird das andauern? Und gibt es überhaupt noch Hoffnung für das Königtum Davids?
Mit diesen großen Fragen werden wir in das vierte Buch geführt, das die Psalmen 90 bis 106 umfasst. Schauen wir uns an, was wir dort finden. Zuerst gibt es einen Psalm von Mose in Psalm 90, den Psalm von Mose, dem Mann Gottes. Die Psalmen 91 und 92 stammen von unbekannten Verfassern, es steht nicht dabei, von wem sie sind. Ebenso sind die Psalmen 93 und 94 von Unbekannt, und auch Psalm 95 ist von einem unbekannten Autor.
Dort heißt es: "Kommt, lasst uns dem Herrn zujubeln!" Und so geht es weiter mit vielen unbekannten Psalmen. Besonders interessant für uns ist Psalm 96: "Singet dem Herrn ein neues Lied, singet dem Herrn, alle Erde! Singet dem Herrn, lobt seinen Namen!" Dreimal wird hier der Name Jahwe besungen.
In Vers 7 heißt es: "Bringt dem Herrn die Sippen der Völker, bringt dem Herrn Herrlichkeit und Stärke! Bringt dem Herrn die Herrlichkeit seines Namens." Im Hebräischen lautet es: "Bringt dem Jahwe die Herrlichkeit seines Namens."
Vers 9 fordert auf: "Huldigt Jahwe in heiliger Pracht, erzittert vor ihm, alle Erde! Sagt unter den Völkern: Jahwe herrscht als König!" Die Welt steht fest und wird nicht wanken. Er wird die Völker mit Recht richten.
In Vers 15 heißt es: "Vor dem Herrn, denn er kommt, er kommt, die Erde zu richten. Er wird die Welt in Gerechtigkeit richten und die Völker nach seiner Treue."
Psalm 97 beginnt mit: "Jahwe herrscht als König, die Erde freue sich, die vielen Küstenländer sollen sich freuen." In Vers 2 steht in der Mitte: "Gerechtigkeit und Recht sind die Säulen seines Thrones."
Vers 7 sagt: "Alle Diener der Bilder, die sich rühmen, werden zu Schanden. Huldigt ihm, alle Mächtigen!"
Psalm 98 beginnt ähnlich wie Psalm 96: "Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er hat Wunderbares getan." In Vers 4 heißt es: "Ruft Jahwe laut zu, alle Erde! Brecht den Jubel aus, jubelt, singt und spielt! Singt Jahwe mit der Laute, singt mit der Laute und der Stimme klangvollen Gesanges! Mit Trompeten und dem Schall des Horns ruft laut vor dem König Jahwe!"
Weiter heißt es: "Denn er kommt, die Erde zu richten. Er wird die Welt in Gerechtigkeit richten und die Völker mit Recht."
Psalm 99 beschreibt: "Jahwe herrscht als König, es zittern die Völker. Er thront über den Cheruben, die Erde wankt. Jahwe ist groß in Zion."
Vers 3 fordert: "Deinen Namen sollen sie loben, groß und furchtgebietend, heilig ist er."
Vers 4 erklärt: "Die Stärke des Königs ist, dass er das Recht liebt. Du bist es, der die Rechtsordnung fest gegründet hat. Du bist es, der Recht und Gerechtigkeit in Jakob vollzogen hat."
Es heißt weiter: "Erhebt Jahwe, unseren Gott, und fallt nieder vor dem Schemel seiner Füße! Heilig ist er!"
In Vers 6 werden Mose und Aaron genannt, ebenso viele andere.
Vers 8 beschreibt Jahwe als unseren Gott, der ihnen antwortete, als vergebender Gott und Richter ihrer Taten.
Es wird nochmals gesagt: "Erhebt Jahwe, unseren Gott, und fallt nieder zum Berge seiner Heiligkeit, denn heilig ist Jahwe, unser Gott." Dreimal wird hier betont: "Heilig ist er."
Man merkt: Psalm 96 fordert zum neuen Lied auf, Psalm 97 sagt, Jahwe ist König, Psalm 98 beginnt wieder mit "Singet dem Herrn ein neues Lied", Psalm 99 erklärt erneut, dass Jahwe König ist.
Dieses Muster wiederholt sich: neues Lied, Jahwe ist König, neues Lied, Jahwe ist König.
In der Mitte dieses vierten Buches findet sich eine interessante Antwort auf die Frage: Wo ist das Königtum Davids? Es scheint verschwunden zu sein. Hat Israel also keinen König mehr? Ist es zu Ende mit Israel?
Doch hier heißt es immer wieder: Jahwe ist König, Jahwe ist König. Der Herr ist König – das steht im Zentrum dieses Buches.
Psalm 100 ruft zum Jubel auf. Übrigens umrahmen die Psalmen 95 und 100 die Psalmen 96 bis 99, in denen immer wieder betont wird: Jahwe ist König.
Psalm 95 beginnt mit "Kommt und jubelt! Er ist ein großer König." Psalm 100 ruft: "Kommt mit Jubel, wir sind sein Volk! Kommt und jubelt, der Herr ist König! Kommt und jubelt, wir sind sein Volk."
Das bedeutet: Jahwe ist der König über sein Volk. Er übernimmt die Rolle von David und die Stellung Davids.
Psalmen 90-102: Die Vergänglichkeit und die Bitte um Erbarmen
Psalm 101 und 102 stellen wieder die Frage „Wann?“, ähnlich wie in den Psalmen 93 und 94, wo die Frage „Bis wann?“ gestellt wird. Darauf kann ich jetzt nicht näher eingehen, aber es fällt auf, dass die Psalmen, die um die Aussage „Yahweh ist König“ herum angeordnet sind, ganz bewusst gesetzt wurden. Sie stehen parallel zueinander. Die Psalmen 93 und 94 sind parallel zu den Psalmen 101 und 102.
Zum Schluss folgen dann einige Lobepsalmen, beginnend mit Psalm 103 bis Psalm 106. Am Anfang dieser Psalmen heißt es immer wieder: „Lobe den Herrn, meine Seele“ (Psalm 103, Psalm 104), „Danket dem Herrn und ruft seinen Namen aus“ (Psalm 105). Sie enden mit „Halleluja“ – so auch Psalm 106, das mit den Worten „Halleluja, danket dem Herrn, denn er ist gut“ abschließt.
In Psalm 106, ganz am Ende, steht ebenfalls ein „Halleluja“. Fast am Schluss des Psalms, in Vers 47, findet sich eine Fürbitte. Ich lese ein paar Verse früher, ab Vers 45:
„Er gedachte ihnen zu gut seines Bundes, er ließ sich’s gereuen in der Fülle seiner Gnaden, er ließ sie Erbarmen finden vor allen, die sie gefangen weggeführt hatten. Rette uns, Yahweh, unser Gott, und sammle uns aus den Völkern, dass wir loben deinen heiligen Namen, dass wir uns rühmen deines Lobes.“
Das ganze vierte Psalmbuch endet also mit einer Bitte, einer Fürbitte an Gott: „Sammle uns, rette uns! Erbarme dich über uns!“
Nun kehren wir zurück zum Anfang des vierten Psalmbuchs, zu Psalm 90. Dort tritt Mose auf, der als großer Fürbitter des Volkes Israel bekannt ist. Er erinnert das Volk daran, dass wir alle sterben müssen, dass unser Leben vergänglich ist. Am Ende von Psalm 90, in Vers 13, betet Mose:
„Kehre doch zurück, Yahweh, bis wann, wie lange? Lass dich’s gereuen, hab Erbarmen über deine Knechte, sättige uns am Morgen mit deiner Gnade, dann werden wir jubeln und uns freuen in all unseren Tagen. Tage erfreue uns gemäß des Tages, da du uns beugtest, gemäß den Jahren, da wir Übles sahen. Lass deinen Knechten dein Wirken sichtbar werden und deine Pracht über ihre Söhne. Die Lieblichkeit unseres Herrn, unseres Gottes, sei über uns, und das Werk unserer Hände befestige du über uns.“
Ja, „das Werk unserer Hände wollest du befestigen“ – das ist eine Bitte des großen Beters Mose, der für das Volk betet. Der Psalm wurde zwar schon früh geschrieben, zur Zeit Mose, passt aber genau zur Situation der Gefangenschaft. Deshalb wurde dieses Lied, dieser Psalm, an diese Stelle gesetzt.
Das Volk befindet sich in der Gefangenschaft, es ist am Boden, es gibt keinen David. Haben Sie bemerkt, wie selten David im fünften Psalmbuch vorkommt? Von allen siebzehn Psalmen wird David nur zweimal erwähnt – fast gar nicht. Im dritten Psalmbuch kommt er nur einmal vor, in Psalm 84. Hier, im vierten Buch, ist David nur in Psalm 101 und Psalm 103 zu finden. Sonst erscheint David überhaupt nicht mehr; er ist fast verschwunden.
In der Mitte dieses Psalmbuchs stehen die Königspsalmen. Die Botschaft lautet: Yahweh ist König, er steht im Mittelpunkt, nicht ein Mensch. Die Israeliten könnten jetzt nach einem Menschen, nach einem Sohn Davids Ausschau halten, aber sie finden niemanden. Sie sind in der babylonischen Gefangenschaft. Diese Lücke wird hier im vierten Psalmbuch gefüllt. Es wird deutlich gesagt: Yahweh ist König.
Psalm 90 und die Vergänglichkeit des Lebens
Psalm 90 greift zurück auf Psalm 89. Psalm 90 spricht über die Vergänglichkeit des Lebens. Haben Sie noch in Erinnerung, wie Psalm 89 aufgehört hat? Dort sprach der Psalmist von der Vergänglichkeit des Lebens.
Ich lese noch einmal den Vers: Psalm 89, Vers 48: „Gedenke, wie gar vergänglich ich bin. Zu welcher Nichtigkeit hast du die Söhne der Menschen erschaffen?“ Am Ende von Psalm 89 spricht er also von der Vergänglichkeit des Lebens. Er sieht: Alles ist vergänglich.
Und nun kommt Psalm 90, verfasst von Mose. Er spricht ebenfalls von der Vergänglichkeit des Lebens. Alles ist vergänglich. Unsere Tage sind kurz, unsere Jahre – Vers 9 – alle unsere Tage schwinden dahin.
Die Frage wird gestellt: Warum, warum müssen wir sterben? Vers 7: „Denn wir vergehen durch deinen Zorn, durch deinen Grimm sind wir bestürzt. Du hast unsere Ungerechtigkeiten vor dich gestellt, unser Verborgenes vor das Licht deines Angesichts.“
Warum müssen wir sterben? Wegen unserer Ungerechtigkeiten, wegen Adam, da hat es begonnen. Wir sind Adam, jeder von uns ist Adam. Wieso? Wir waren alle in Adam drinnen, ob wir es glauben oder nicht. Als Adam sündigte, waren wir in ihm dabei. In seinen Lenden waren wir, wie es in der Bibel so schön heißt.
Wir Menschen, das ist unser Geschlecht, und das Haupt unseres Geschlechtes hieß Adam. Er hat gesündigt. Die Strafe ist, dass wir Menschen alle sterben müssen. Alles ist vergänglich geworden, unser Leben ist vergänglich. Alle unsere Tage schwinden dahin durch deinen Grimm.
Vers 10: „Wir bringen unsere Jahre zu wie einen Seufzer. Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und wenn es hochkommt, achtzig Jahre. Und ihr Stolz ist Unheil und Übel, denn schnell eilen sie vorüber, und wir fliegen dahin.“
Wer erkennt die Stärke deines Zorns, wie du zu fürchten bist, deinen Grimm? Unsere Tage zu zählen, das lehre uns recht, dass wir ein weises Herz gewinnen.
Doch Mose hört nicht auf zu beten. Vers 12 ist nicht das Ende des Psalms. Das Ende des Psalms ist noch nicht erreicht. In Vers 12 kommt Mose mit einer demütigen Bitte: „Herr, kehre zurück! Wie lange noch, wie lange müssen wir warten? Kehre zurück, lasse es dich gereuen über deine Knechte!“
Hier nimmt Mose die Stellung eines Fürbitters ein, der für sein Volk betet. Das Volk Israel ist in der Gefangenschaft wegen der Sünde, wegen der Sünde des Volkes und auch wegen der Sünde des Königs. Das Volk ist in Gefangenschaft.
Und jetzt stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt noch Hoffnung, dass die große Verheißung, die Gott David gegeben hat – dass einer ewig auf dem Thron sitzen wird – jemals erfüllt wird?
Was sagt das vierte Buch der Psalmen? „Yahweh ist König, Yahweh ist König, singt ein neues Lied, Yahweh ist König.“ Das ist neu. Da kommt ein neuer Satz für die Israeliten: Ein neues Lied, „Yahweh ist König“.
Wie haben wir vorher gelesen? „Kommt, jubelt, er ist ein großer König!“ Psalm 95, Vers 3: „Ein großer König, ein großer Gott ist Yahweh, ein großer König über alle Mächtigen.“
Vers 6: „Kommt, lasst uns anbeten, lasst uns niederbeugen, lasst uns niederknien vor Yahweh, der uns gemacht hat; denn er ist unser Gott, und wir sind das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand.“
Psalm 100, ein Parallelpsalm zu Psalm 95, ruft: „Jubelt Yahweh laut zu, alle Erde! Dient Yahweh mit Freude, kommt vor sein Angesicht mit Jubel!“
„Erkenne, dass er Yahweh ist, Gott, und er hat uns gemacht, nicht wir selbst, zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.“
Psalm 95 und Psalm 100 sind Parallelpsalmen mit gleicher Aussage: „Geht zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben, dankt ihm, lobt seinen Namen! Denn Yahweh ist gut, seine Gnade währt ewiglich, seine Treue von Geschlecht zu Geschlecht.“
Deshalb sollen wir jetzt zu Yahweh kommen. Die ganze Hoffnung Israels liegt in Yahweh. Und von uns? Die ganze Hoffnung des Volkes Gottes liegt in dem König Yahweh.
Ja, und jetzt stellt sich die nächste Frage: Was ist aus David geworden? Was ist aus David? Hier greife ich vor auf das fünfte Buch.
Das fünfte Psalmbuch: Die Erfüllung der Davidverheißung in Christus
Das fünfte Psalmbuch gibt uns eine Antwort. Es spricht von einem Nachkommen Davids, der sich dorthin setzt, wo Yahweh regiert. Yahweh sagt zu dem Herrn von David: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“
In welchem Psalm steht das? Wisst ihr das? Setze dich zu meiner Rechten – weiß es jemand? Diesen Psalm solltet ihr euch merken. Wenn ihr euch heute Abend nur einen Psalm merken solltet, dann ist es dieser, in dem steht: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“
Es ist leicht zu merken: Psalm 110. Im fünften Buch kommt die Antwort, ein Hinweis darauf, wie das davidische Königtum bestehen wird. Wie kann jemals der Thron Davids wieder aufblühen? Nach der babylonischen Gefangenschaft kamen die Israeliten zurück. Hatten sie einen König? Nein. Zerubbabel kam, aber er war kein König. Danach gab es 500 Jahre lang keinen König über Israel.
Wo ist nun die Davidverheißung? Wie wird sie für das Volk Israel erfüllt? Wie kommt Israel zu dem König auf dem Thron Davids? Ein Kind wurde in Bethlehem geboren. Die Weisen kamen und fragten: „Wo ist der neugeborene König der Juden?“ Sie kamen, um ihm zu huldigen.
Der Herr Jesus sprach: Was war sein großes Thema, als er in Israel verkündigte? Sein Thema war: „Das Königreich Gottes ist nahe herbeigekommen.“ Als er nach Jerusalem kam, wurde er als König empfangen. Die Menschen legten Palmenzweige auf den Weg und sangen: „Hosanna, die Sonne Davids! Hosanna, hilf uns, Herr!“ Das heißt: „Hilf uns, rette uns, du bist unsere Rettung.“ Das ist ein Königsruf.
Als er in Jerusalem ankam, ging er in den Tempel. Dort merkte er, dass der Tempel zu einer Räuberhöhle geworden war, voller geldgieriger Verkäufer. Man erwartete, dass Jerusalem seinen König annimmt. Doch Jerusalem kreuzigte seinen König.
Nach dem Kreuz stand der König von den Toten auf und setzte sich auf den Thron Davids. Gott sagte zu ihm: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße gelegt habe.“
Jetzt sitzt der Messias auf dem Thron Davids, aber nicht in Jerusalem, sondern zur Rechten Gottes. Das ganze Königreich Israels wird in den Himmel gehoben. Im Himmel sagt er: „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt.“ Wäre mein Königreich von dieser Welt, dann hätten meine Engel für mich gekämpft. Aber mein Königreich ist nicht von hier, hat er zu Pilatus gesagt.
Dort setzte er sich auf den Thron Davids und begann als guter Hirte, seine Schäflein zu sammeln. Psalm 106, Vers 47, das vierte Psalmbuch endet mit einer großen Bitte: „Hilf uns, Herr, unser Gott, sammle uns aus den Völkern, dass wir lobend deinen heiligen Namen preisen und uns rühmen eines Lobes.“
Gott begann, sein Volk zu sammeln, als sie aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkamen. Doch das war nicht die Vollendung der Sammlung. Dann kam der Herr Jesus und sagte: „Ich sammle meine Schafe.“ Ein Blindgeborener kam zu ihm und sagte: „Ich komme heraus, bei dir finde ich Weide.“ So begann Jesus, seine Schafe zu sammeln.
Er sagte auch: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht von diesem Hof sind. Ich habe noch viele in der Welt, die ich auch sammeln muss.“ So sammelte Jesus alle Israeliten, wo immer sie verstreut waren, zu sich. Wie hat er das gemacht? Er schickte Paulus aus. Paulus ging überall hin und verkündigte das Evangelium von dem guten Hirten, der seine Schafe sammelt – den Juden zuerst, überall, wo er hinkam.
Dort wurden die Schafe gesammelt. Hat Israel wieder seinen König? Hat Israel einen König, der ewig regiert? Wo ist die Davidverheißung erfüllt? Wo ist die Erfüllung der Verheißung, die Gott David gegeben hat, dass er auf ewig einen Nachkommen Davids auf dem Thron setzen wird?
Der Nachkomme Jesus Christus, der Sohn Davids, sitzt auf dem Thron. Er sitzt dort ewig. Sein Reich wird kein Ende haben. Die ganze Frage wird erfüllt, die ganze Sache wird erfüllt in dem Herrn Jesus Christus.
Im Psalmbuch steht nur Psalm 110: „Setze dich zu meiner Rechten.“ Die Juden, die das gelesen haben, verstanden es nicht. Für sie war Psalm 110 ein Fragezeichen. Aber als der Herr Jesus im Neuen Testament kam, wurde alles klar.
Psalm 132: Die endgültige Verheißung an David
Zum Schluss schließe ich mit Psalm 132, der ebenfalls im fünften Psalmbuch zu finden ist. Dort heißt es: „Gedenke dem David, Jahwe, all seiner Mühsal, der dem Herrn schwor, ein Gelübde tat dem starken Jakob.“
Dann spricht der Psalm von der Bundeslade und weiteren Themen. In Vers 11 steht: „Jahwe hat David geschworen in Wahrheit, Jahwe hat David geschworen in Wahrheit: Er wird nicht davon abweichen. Von der Frucht deines Leibes will ich auf deinen Thron setzen.“
Weiter heißt es: „Wenn deine Söhne meinen Bund bewahren und meine Zeugnisse, die ich ihnen lehren werde, dann sollen auch ihre Söhne auf deinem Thron sitzen auf ewig.“ Denn der Herr hat Zion erwählt, er hat ihn begehrt zu seiner Wohnstätte.
In Vers 14 heißt es: „Dieser ist meine Ruhestadt, der Berg Zion, der Königsberg. Dieser ist meine Ruhestadt für immer, hier will ich wohnen, denn ich habe ihn begehrt.“
Vers 17 beschreibt: „Dort lasse ich dem David ein Horn hervorsprossen.“ Jetzt wächst dem David ein Horn, ein großes Horn. Was bedeutet das? Das Horn steht für Macht. „Dort lasse ich dem David ein Horn hervorsprossen und richte meinem Gesalbten, meinem König, eine Leuchte zu.“
„Seine Feinde werde ich kleiden in Schande, und auf ihm wird seine Krone blühen.“ Wenn die Krone blüht, wird sie nicht alt, sondern bleibt beständig. Das bedeutet, seine Regierung bleibt ewig bestehen.
Das ist die Antwort: Es wird einer kommen, der auf dem Thron Davids sitzen wird. Gott selbst, Gott selbst wird Mensch und setzt sich als Mensch auf den Thron Davids. Gott selbst ist die Antwort.
Der Herr ist König, Jahwe ist König. Und jetzt kommt dieser Jahwe auf die Erde als Sohn Davids, wird Mensch und setzt sich auf den Thron Davids. Welch herrliche Erfüllung!
Das ist das große Thema, wohin es im Buch der Psalmen geht. Es beginnt mit Psalm 2: „Ich habe meinen König auf dem Berge, den Zion, eingesetzt, meinen Herrn, König, meinen Sohn. Heute, du bist mein Sohn, heute habe ich dich geboren, zum König geboren.“
Das war nach der Auferstehung Jesu Christi, als der Herr Jesus sich in den Himmel hinsetzte, auf den Thron.
Wir schließen hier. Heute sind wir mit einem Flugzeug über die ganzen Psalmen fast bis zum Schluss geflogen. Morgen schauen wir uns noch ein paar Psalmen etwas näher an.
Wir stehen auf zum Gebet.
