
Wer von euch weiß noch, was das hier für ein Gerät ist? Ich glaube, die meisten von euch wissen das noch. Ob eure Kinder das irgendwann wissen werden, ist eine andere Frage.
Das ist ein Radio – und zwar kein digitales, sondern ein richtiges, bei dem man den Sender manuell verstellen muss. Ich habe diesen Gegenstand mitgebracht, weil das Radio meine Kindheit geprägt hat.
Ich war bereits mit zehn Jahren begeisterter Fußballfan. Zuhause hatten wir keinen Fernseher, was ich eigentlich gar nicht so schlecht finde. Mein Bruder und ich hingen deshalb immer samstags um 15:30 Uhr vor so einem Radio.
Das Dumme war, dass man erst mal den richtigen Sender suchen musste. Auf dem Weg dorthin haben wir ganz viele verschiedene Stimmen gehört. Auf einem Sender lief Musik, auf dem Nachbarsender Werbung, auf einem anderen Sender Nachrichten.
Dabei waren wir die ganze Zeit nur auf der Suche nach dem WDR 2 Bundesliga-Sender.
Ich dachte mir, vielleicht entspricht das ein bisschen unserer Situation heute Abend. Wir bewegen uns in einem Raum, in einer Welt mit ganz vielen verschiedenen Stimmen. Vielleicht bist du aber eigentlich nur auf der Suche nach einem Sender. Du stellst dir die Frage: Was sagt Gott? Das ist das Eigentliche, was ich hören möchte.
Tausend Stimmen – was sagt Gott? Das ist das Thema des heutigen Abends. Das Thema wurde mir vorgegeben. Es ist kein leichtes Thema, sondern ein ziemlich komplexes, wenn man es ausführlich behandeln möchte. Ich habe aber nur vierzig Minuten.
Diese Frage „Tausend Stimmen, was sagt Gott?“ setzt bereits zwei Dinge voraus: Erstens, dass es Gott gibt, und zweitens, dass er redet. Vielleicht sitzt du heute hier und sagst: Da bin ich noch nicht einmal. Das ist ein bisschen dick aufgetragen, wenn ihr jetzt einfach mal davon ausgeht, dass es Gott gibt und dass er redet.
Ich habe ehrlich gesagt noch ganz andere Fragen. Eine viel grundlegendere Frage lautet: Gibt es überhaupt einen Gott? Und wenn ja, kann man mit ihm reden? Wenn du diese Fragen hast, möchte ich von vornherein sagen: Komm gerne nach diesem Abend auf mich zu, und wir können über diese grundlegenderen Fragen sprechen.
Denn die Thematik des heutigen Abends setzt das voraus, und deswegen werde ich es auch voraussetzen. Ich werde heute Abend vor allem zu Christen sprechen, die diesen Gott in ihrem Leben erlebt haben und ihn als redenden Gott erfahren haben. Sie finden sich jetzt aber in einer Welt voller Stimmen wieder und stellen sich die Frage: Wie kann ich genau auf Gottes Stimme hören?
Ich möchte zu Beginn auf die Vielzahl der verschiedenen Stimmen eingehen. Wovon sprechen wir hier eigentlich?
Zunächst einmal müssen wir festhalten: Seit Jahrhunderten und Jahrtausenden versuchen viele unterschiedliche Stimmen, junge Menschen zu beeinflussen. Das ist kein neues Phänomen.
Welche Stimmen sind das? Eltern waren schon immer eine wichtige Stimme, ebenso Freunde und Lehrer. Diese sind sogar dazu da, um in einer guten Weise zu beeinflussen. Hinzu kommen Politiker und Arbeitskollegen. Seit der Erfindung des Buchdrucks, die bereits einige hundert Jahre zurückliegt, kommen auch Autoren hinzu.
Ich möchte damit sagen, dass die Fragestellung an sich nicht völlig neu ist. Die Frage „Was sagt Gott?“ mussten sich Christen schon immer stellen, weil es immer auch andere Stimmen gab.
Was aber neu ist – und was das Thema umso heikler und wichtiger für einen Abend wie heute macht – ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit der Erfindung des Internets, der Smartphones und der sozialen Medien die Anzahl der Stimmen sich explosionsartig erhöht hat. Und ich meine wirklich explosionsartig.
Nehmen wir zum Beispiel Instagram oder YouTube. Wie viele Inhalte werden dort tagtäglich gepostet? Das sind alles Stimmen, die wir hören, manchmal sogar unfreiwillig. Oft werden wir mit Stimmen konfrontiert, die wir gar nicht hören wollen. Das ist Wahnsinn.
Wir leben in einer Zeit, in der so viele Informationen auf uns einprasseln, wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Das müssen wir uns bewusst machen. Heute spricht man regelrecht von einer Informationsüberflutung.
Das hat an sich gewisse Vorteile, wenn man ganz schnell an viele Informationen kommt, oder? Das ist ja auch eine Chance, müssen wir fairerweise sagen – es ist nicht alles schlecht. Man kann sich viel fundierter eine Meinung bilden, kommt viel schneller an Wissen heran, kann Meinungen vergleichen und dadurch zu einer fundierteren, eigenen Meinung gelangen. Das ist definitiv ein Vorteil.
Aber so viele verschiedene Meinungen – und gerade das, was in der Audio schon angesprochen wurde, nämlich innerhalb der christlichen Welt so viele unterschiedliche Ansichten zu verschiedenen Fragen des Glaubens – das hat auch eine Kehrseite. Es kann unglaublich verwirren.
Vielleicht sitzt du heute Abend hier und bist deswegen gekommen, weil du momentan etwas verwirrt bist, was Fragen des Glaubens und der Ethik, also der christlichen Verhaltensweise, angeht. Ich hoffe, dir da ein Stück weit etwas mit auf den Weg geben zu können.
Grundsätzlich müssen wir festhalten: Verschiedene christliche Meinungen gab es auch schon immer. Seit 2000 Jahren waren Christen unterschiedlicher Meinung. Und auch schon im Alten Testament gab es teilweise unterschiedliche Auffassungen. Das ist also grundsätzlich nichts Neues.
Was aber neu ist, ist die Tatsache, dass wir heute mit so vielen verschiedenen Meinungen auf einmal konfrontiert werden. Das ist das Neue daran.
Früher musste man in eine andere Gemeinde gehen, um eine andere – meist wesentlich andere – Meinung zu hören. Denn in der eigenen Gemeinde herrschte im Wesentlichen Konsens.
Heutzutage hat so ziemlich jede Gemeinde einen Internetauftritt – was aus meiner Sicht auch sinnvoll ist. Viele Gemeinden bieten Livestreams an, fast jede Gemeinde mit einer Webseite stellt Predigten zum Download bereit. Predigten werden über YouTube und zahlreiche Podcasts angeboten.
Das heißt, wir haben die Möglichkeit – und das hat ja an sich viele Vorteile –, von jetzt auf gleich sehr viele verschiedene christliche Meinungen zu hören.
Die Kehrseite ist, dass wir manchmal verwirrt werden, weil es so viele unterschiedliche Auffassungen gibt.
Und daraus ergibt sich die Frage: Was sagt Gott eigentlich? Was denkt Gott darüber? Das ist die Frage, die uns eigentlich beschäftigen sollte.
Und ich möchte dir heute auch sagen: Das Ganze ist ja nicht nur eine intellektuelle Fragestellung. Wir beschäftigen uns heute Abend nicht mit etwas rein Intellektuellem, und wir wollen auch nicht nur ein bisschen philosophieren am Grüntisch.
Weißt du, wenn du krank bist – und das erlebst du im Pastorenalltag –, dass du zu Leuten gehst, die krank sind und sich existenzielle Fragen stellen. Dann gibt es Christen, die haben immer sofort eine Meinung zur Krankheit. Sie kommen zu der Person und sagen: „Du hast die Krankheit, weil du gesündigt hast. Du musst Buße tun. Du musst nach einer Sünde in deinem Leben suchen, irgendwo ist sie.“
Dann kommen andere Christen, auch Christinnen, die sagen: „Gott will nicht, dass du krank bist. Du musst nur fest genug glauben und dir einreden, dass du gesund wirst. Wenn du fest genug glaubst, dann wird Gott dich hundertprozentig heilen.“ Das bedeutet extremen Druck auf die kranke Person: „Ich muss glauben, damit ich geheilt werde.“
Und dann gibt es Christen, die sagen: „Nein, grundsätzlich lässt Gott so etwas zu in unserem Leben, aber er möchte mit dir da durchgehen. Er liebt dich und er geht mit dir durch das Leid.“
Schaut mal, das macht einen Riesenunterschied, oder? Drei Meinungen von drei verschiedenen Christen, drei verschiedene Stimmen. Und das macht einen Unterschied, ganz praktisch, nicht nur intellektuell.
Wenn du verheiratet bist – wir wollen nicht hoffen, dass dein Ehepartner sich scheidet, aber denk mal in diese Situation hinein: Dein Ehepartner verlässt dich. Da stellt sich die Frage: Darf ich irgendwann wieder heiraten oder nicht?
Da gibt es Gemeinden, die sagen: „Darfst du nicht.“ Und es gibt andere Gemeinden, die sagen: „Darfst du.“ Das macht einen Riesenunterschied für dein Leben, ob du den Rest deines Lebens Single bleibst oder noch einmal heiratest.
Deswegen möchte ich einfach mal deutlich machen: Das ist nicht nur eine intellektuelle Frage, mit der wir uns heute beschäftigen. Das kann ganz persönlich werden für dein Leben. Was sagt Gott?
Und deswegen ist mir die Frage so wichtig. Ich möchte ganz offen reden. Ich trage heute eine echt große Last mit mir, weil ich das Thema so entscheidend finde. Ich habe einen Wunsch, dass eine Sache heute Abend rüberkommt, und ich hoffe, dass das gelingt, was ich machen möchte.
Ich möchte heute Abend nicht auf sämtliche verschiedenen Streitfragen eingehen und erklären, wie man sie zu verstehen hat. Das schaffen wir aus zeitlichen Gründen nicht. Außerdem wäre es eine Anmaßung von mir, weil ich nicht zu allem eine Antwort habe.
Was ich machen möchte, ist, euch ein paar Ratschläge an die Hand zu geben, anhand derer ihr prüfen könnt – oder besser gesagt, anhand derer ihr Gottes Stimme hören könnt. Das möchte ich euch mit auf den Weg geben, weil sich für jeden von euch andere Fragen stellen als für mich.
Zunächst möchte ich eine absolute Grundlage schaffen. Das ist mein zweiter Punkt: Die Bibel als primäre Offenbarungsquelle. Die Antwort darauf ist eigentlich ganz kurz. Wenn wir uns die Frage stellen: „Tausend Stimmen – was sagt Gott?“ wäre meine Antwort, und das meine ich vollkommen ernst: Gott sagt das, was in der Bibel steht. Punkt. Amen. Wir könnten gehen.
Vielleicht sagst du jetzt: „Das ist aber ein bisschen basic.“ Ja, genau, das ist basic. Basic bedeutet grundlegend, und wir müssen hier erst einmal eine Grundlage schaffen. Gott sagt das, was in der Bibel steht. Punkt.
Du sagst: „Ja, aber die verschiedenen Auslegungen dazu?“ Dazu komme ich auch noch heute. So leicht will ich es mir dann doch nicht machen. Aber seine primäre Offenbarungsquelle ist sein geschriebenes Wort. Das heißt, wenn du dir die Frage stellst: „Was sagt Gott?“, musst du die Bibel öffnen. Du kannst nicht anders erfassen, was Gott sagt.
Deshalb ist es mein Ziel, dass du heute wieder neu erkennst: Die Bibel muss das Sagen haben in meinem Leben – die Bibel allein. Darauf will ich bauen. Das ist mein Wunsch für heute Abend. Es liegt mir sehr am Herzen, weil ich den Eindruck habe, dass viele junge Leute – und wahrscheinlich auch viele von euch – die Bibel nicht mehr wirklich ernst nehmen.
Diese Aussage ist eine steile Behauptung, die ich an zwei Punkten begründen möchte. Erstens ist es offensichtlich: Bibelschullehrer und Bibelschulleiter, mit denen ich im Kontakt stehe, beklagen, dass junge Leute, die an die Bibelschule kommen, viel weniger Bibelwissen haben als früher.
Zweitens gibt es eine Statistik. Vielleicht habt ihr von dem Buch „Generation Lobpreis“ von Tobias Feix gehört. Er hat über mehrere Jahre hinweg ganz verschiedene Jugendliche aus unterschiedlichen Denominationen – evangelische Landeskirchen und Freikirchen – befragt. Es waren über dreitausend Jugendliche, also ist es in gewisser Weise repräsentativ.
Dabei kam heraus, dass junge Leute heutzutage statistisch gesehen die Bibel gar nicht mehr so wichtig finden. Dementsprechend hat auch eine christliche Zeitschrift die Idee aufgegriffen und titelte: „Die Generation Lobpreis ist keine Bibelgeneration.“
In diesem Buch hat Tobias Feix jungen Leuten, eben über dreitausend, die Frage gestellt: „Woraus schöpfst du deinen Glauben?“ An erster Stelle stand der Lobpreis, und erst an sechster Stelle die Bibel. Das heißt, vielleicht gehörst du nicht zu denen, und ich will euch kein Unrecht tun. Aber wenn die Statistik stimmt, sitzen einige von euch hier, die ihr Glaubensleben nicht primär aus der Bibel speist.
Ich finde Lobpreis total wichtig, ich höre gerne Lobpreis. Versteht mich nicht falsch, ich bin da nicht jemand, der das ablehnt. Aber mir ist es einfach total wichtig, dass wir heute auch wieder neu erkennen, dass die Bibel Gottes primäre Offenbarungsquelle ist.
Im Psalm 119 sagt der Psalmist: „Dein Wort ist ein Licht auf meinem Weg.“ Das heißt, wenn ich im Dunkeln bin, wenn ich nicht mehr sehe – vor lauter Stimmen, könnte man auch sagen: „Was ist denn jetzt Gottes Wille?“ – dann ist dein Wort ein Licht auf meinem Weg. Dadurch wird es hell.
Anfang Ende Januar war ich auf einer Konferenz in Florida, einer Pastorenkonferenz. Anschließend hatten wir noch ein paar Urlaubstage, und da sind wir runter nach Miami gefahren. Dort gibt es die Florida Keys. Von dort aus sind wir mit dem Boot zu einem Korallenriff gefahren. Das Florida Reef ist das drittgrößte Korallenriff der Welt. Das größte ist das Great Barrier Reef.
Ich habe mir die Korallen angeschaut. Abgesehen von den Fischen sieht so ein Korallenriff nicht wirklich lebendig aus. Wir sind mit dem Boot rübergefahren. Das Boot hatte einen Glasboden, sodass man das ganze Riff wunderbar sehen konnte. Ich finde es krass, es sieht aus, als wäre es tot. Korallen sehen ja nicht unbedingt lebendig aus, aber sie leben dennoch.
So ähnlich ist das mit der Bibel. Wenn du die Bibel in die Hand nimmst, sieht sie zunächst einmal aus wie ganz normale Buchstaben. Wenn du anfängst zu lesen, stellst du fest: Dieses Buch lebt. In diesem Buch redet Gott persönlich wirklich zu dir. Das ist genau das, was in Hebräer 4,12 steht. Dort heißt es: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch, bis es scheidet, sowohl Seele als auch Geist, sowohl Mark als auch Bein, und es ist ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“
Das Wort Gottes ist lebendig, und da redet Gott tatsächlich zu dir. Er möchte zu dir reden, weil er dich liebt und eine Beziehung zu dir haben möchte. Deswegen ist die Bibel so etwas wie Gottes Liebesbrief an uns.
Unter allen Stimmen, die wir heute hören, ist es besonders wichtig, auf das zu setzen, was Gott in seinem Wort sagt. Das sage nicht ich, das sagt die Bibel selbst über sich. Die Bibel sagt über sich selbst, dass sie das Sagen haben will.
In Jeremia 23,28-29 steht: „Ein Prophet, der einen Traum hatte, mag einen Traum erzählen. Wer aber mein Wort hat, richte mein Wort zuverlässig aus. Spreu hat doch nichts mit Weizen zu tun, spricht Jahwe. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht Jahwe, wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt?“
Manchmal tun Christen so, als seien andere Offenbarungen total spektakulär: „Gott hat in einem Traum zu mir gesprochen.“ Die Bibel sagt: Wenn du einen Traum hast, dann erzähl ihn. Aber wenn du das Wort hast, dann bau darauf. Das ist die Botschaft der Bibel über sich selbst.
Eine noch eindrücklichere Begebenheit finden wir im Neuen Testament. Ein reicher Mann befindet sich in der Hölle, während der arme Lazarus im Himmel ist. Der reiche Mann wird gequält und entwickelt plötzlich ein Anliegen für seine Familie.
In Lukas 16,27-31 heißt es: Der reiche Mann sagt zu Abraham: „Schick doch Lazarus bitte zur Familie meines Vaters. Ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit sie nicht auch an diesen Ort der Qual kommen.“ Abraham entgegnet: „Sie haben Mose und die Propheten“, das heißt, sie haben die Bibel, das Alte Testament. Auf sie sollen sie hören.
Der reiche Mann denkt, Abraham versteht das nicht. Doch Abraham antwortet: „Es müsse einer von den Toten zu ihnen kommen, dann würden sie umkehren.“ Daraufhin sagt Abraham: „Wenn sie nicht Mose und die Propheten hören, würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“
Manchmal denken wir, es müsse etwas Spektakuläres passieren, damit ganz deutlich wird, dass Gott redet. Die Bibel selbst sagt, dass selbst eine Totenauferstehung nicht überzeugen würde, wenn man nicht auf das Wort Gottes hört. Die Bibel hat wesentlich mehr Vollmacht als eine Totenauferstehung oder ein Wunder.
Das heißt: Die Bibel sagt das nicht ich über die Bibel, sonst wäre sie nur eine weitere Stimme, die du heute hörst. Die Bibel sagt über sich selbst, dass sie das absolute Sagen haben will in allen Fragen unseres Lebens.
Ich möchte heute mit einer gewissen Eindringlichkeit sagen: Wenn du dein Christsein nicht voll und ganz auf der Bibel aufbaust, wirst du früher oder später entweder Schiffbruch im Glauben erleiden oder dich zumindest ungesund als Christ entwickeln.
Jetzt möchte ich auch auf innere Stimmen zu sprechen kommen, und dabei gehen wir ins Eingemachte. Stimmen, die wir hören – und damit meine ich insgesamt alle Stimmen –, wirken immer im Inneren nach. Wir verarbeiten sie manchmal nachts im Traum, manchmal gedanklich, manchmal durch Gefühle. Unser innerer Mensch ist ziemlich komplex.
Ich möchte zudem darauf eingehen, dass Gott durchaus auch durch andere Kanäle zu uns sprechen kann. Gott spricht nicht nur durch die Bibel, sondern kann auch auf andere Weise zu uns reden. Die Bibel ist jedoch die primäre Offenbarungsquelle.
Wie ist das mit Eindrücken? Ich glaube, Gott redet manchmal durch Eindrücke zu uns. Als Jugendlicher hatte ich einmal einen etwas größeren Autounfall. Als ich zu Hause angerufen habe, war meine Mutter schon wach. Sie war aufgewacht und hatte den Eindruck, dass sie für andere beten muss. Wenig später kam mein Anruf. Ich glaube, dass Gott ihr das gezeigt hat.
Ich bin überzeugt, dass Gott durch Eindrücke redet. Die Gefahr dabei ist, dass wir jeden Eindruck, den wir haben, als Stimme Gottes ansehen. Das ist eine große Gefahr. Deshalb müssen auch Eindrücke, die wir haben, an der Bibel geprüft werden.
Wie sieht es aus mit Gefühlen und Emotionen? Jetzt geht es ins Eingemachte.
Was die Studie von Tobias Feix auch deutlich macht, ist, dass wir heutzutage – und das ist noch nicht einmal wertend gemeint, sondern einfach eine Feststellung – ein total emotionalisiertes Glaubensleben führen. Das müssen wir festhalten.
Ich würde mich als Gefühlsmensch bezeichnen. Häufig passiert es mir beim Predigen, dass mir während der Predigt die Tränen kommen, weil ich gefühlsmäßig überwältigt bin. Ich bin ein Gefühlsmensch, das muss ich mir eingestehen.
Trotzdem weiß ich und muss mir immer wieder sagen: Gefühle können mich täuschen. Gefühle sind ein guter Diener, aber ein schlechter Herr.
Ich liebe es, wenn ich morgens starte und den Herrn spüre. Wenn ich zur Arbeit fahre, den Sonnenuntergang sehe und mich dem Herrn so nah fühle. Aber es gibt auch Tage, da fühle ich das alles nicht.
Worauf baue ich dann? Baue ich auf meine Gefühle oder baue ich auf sein geschriebenes Wort?
Ich glaube, dass heutzutage ganz viele junge Menschen vor allem auf Gefühle bauen, anstatt auf die Bibel. Und ich will davor warnen, denn das kann dich glaubensmäßig völlig aus den Socken hauen, wenn du zu stark auf Gefühle baust.
Gefühle spielen eine große Rolle, aber sie sind nicht das Wichtigste.
Ich möchte jetzt etwas ganz Persönliches erzählen. Ich habe das noch nicht vielen erzählt, aber ich habe mich doch dazu entschlossen, es heute zu teilen.
Im Februar hatte ich eine sehr schwere Zeit – persönlich. Plötzlich kamen heftige Zweifel auf, ob ich wirklich gerettet bin. Vielleicht wundert ihr euch, dass so etwas auch im Leben eines Pastors vorkommt? Ja, heftige Zweifel, und zwar richtig starke. Ich habe in meinem ganzen Leben als Christ noch nie so eine intensive Anfechtung erlebt wie in diesem Februar.
Ich fühlte mich überhaupt nicht mehr errettet, weil ich dachte, ich hätte den Herrn nicht. Ich habe mit meiner Frau darüber gesprochen. Sie sagte: „André, wenn jemand Christ ist, dann du.“ Das war in dem Moment irgendwie ermutigend. Aber dann kam sofort das Gefühl: Was, wenn sie sich täuscht?
Auch mit einem anderen Pastor habe ich darüber gesprochen. Er sagte zu mir: „André, manchmal musst du auch einfach auf die Meinung anderer bauen. Wir sprechen es dir zu: Natürlich bist du errettet.“
Meine Gefühle haben mich jedoch in eine völlig andere Richtung getrieben. Wisst ihr, was ich dann gemacht habe? Verzweifelt habe ich die Bibel aufgeschlagen und mich neu damit beschäftigt: Was sagt die Bibel darüber, wer ein echter Christ ist?
Ein echter Christ lebt im Licht, heißt es bei Johannes. Lebe ich im Licht? Ja, ich bekenne meine Sünden, auch anderen Menschen. Okay, Haken dran. Worin zeigt sich noch ein Christ? Ein Christ liebt seinen Nächsten. Ja, ich liebe meinen Nächsten. Haken dran. Ein Christ wird vom Heiligen Geist getrieben. Auf jeden Fall! Der Heilige Geist ist in mir. Er hat mir in der Vergangenheit oft gezeigt, wo ich Zeugnis sein kann und so weiter. Er leitet mich. Haken dran.
Ich habe mich also nur auf die Fakten gestützt, die in der Bibel stehen – nicht auf das, was ich gefühlt habe. Einfach nur aufgrund der Fakten habe ich einen Strich darunter gemacht und geschrieben: Ja, ich bin errettet. Ich habe das zugegeben und daran festgehalten. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nichts gefühlt. Die Gefühle kamen erst später. Aber genau das ist Glauben.
Glauben ist das, was in der Bibel steht. Und das Tolle daran ist: Es steht so schwarz auf weiß da, egal ob wir es fühlen oder nicht. Ich finde das so befreiend, dass die Wahrheit nicht von meinen Gefühlen abhängig ist. Denn manchmal fühle ich mich erst nach dem dritten Kaffee am Morgen wie ein Christ.
Gefühle können uns überall hintreiben. Das Ganze hat ja auch Konsequenzen für die Ethik. Manchmal fühlen sich Dinge richtig an, aber was sich richtig anfühlt, muss lange nicht richtig sein. Woher wissen wir das? Es steht hier drin, was richtig ist und was nicht.
So möchte ich dich wirklich ermutigen: Baue nicht auf deine Gefühle, sondern auf das Wort. Die Gefühle kommen dann von selbst.
Erfahrungen und die Bibel sind ein ganz anderes Thema. Wir machen im Leben verschiedene Erfahrungen, und manchmal schenkt sie uns Gott. Doch auch Erfahrungen müssen wir immer im richtigen Licht deuten.
Vor einiger Zeit, letztes Jahr, erhielt ich eine sehr entmutigende Nachricht von einer jungen Frau, die sich hier in der Gemeinde bekehrt hatte. Ich glaube, ich habe sie sogar in diesem Taufbecken getauft. Plötzlich schrieb sie mir völlig unerwartet, dass sie die Schahada gebetet habe und nun zum Islam konvertiert sei.
Ich war völlig überrascht. Wie konnte das passieren? Wir hatten sie hier getauft, und jetzt war sie zum Islam übergetreten – und das als Frau. Wie kam es dazu? Ich sprach mit ihr darüber, und sie erzählte mir, dass sie in eine Moschee hier in Köln gegangen sei. Plötzlich habe sie eine Erfahrung gemacht, die sie überwältigte.
Weißt du, Satan ist der Vater der Lüge. Wenn du auf Erfahrungen baust, schenkt er dir gerne eine Erfahrung. Was wir erfahren, müssen wir immer anhand der Bibel prüfen. Alles muss an der Bibel gemessen werden.
Das ist mein Hauptanliegen für den heutigen Abend.
Aber wie gesagt, ich will es mir nicht zu leicht machen. Dennoch stellst du dir jetzt die Frage: Es gibt ja viele, die sich auf die Bibel berufen und trotzdem zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Wie gehen wir mit den verschiedenen christlichen Stimmen um? Darauf möchte ich eingehen.
Vorab: Wir reden jetzt nicht über Geschmäcker. In einigen Gemeinden läuft die Musik lauter als in anderen – das ist eine Geschmacksfrage. Ja, auch der Musikstil ist eine Geschmacksfrage. Es gibt Gemeinden, die treffen sich im Kino, es gibt Gemeinden, die treffen sich im Wohnzimmer, und es gibt Gemeinden, die treffen sich im Gemeindehaus. Aus meiner Sicht ist alles legitim. Das ist der Rahmen, und es hat auch zum Teil mit der Zielgruppe zu tun, wie eine Gemeinde das für sich handhabt.
Darüber rede ich nicht, über diese Unterschiede, sondern heute soll es um inhaltliche Unterschiede gehen. Da möchte ich von vornherein einmal klarstellen: Das Problem liegt nicht bei der Bibel. Wenn es so viele unterschiedliche Meinungen gibt, könnte man zu dem Ergebnis kommen: Ja gut, dann ist die Bibel halt nicht klar.
Leider kommen ganz viele junge Menschen zu diesem Ergebnis. Auch hier berufe ich mich wieder auf diese Studie. In der Umfrage zu der Aussage „Ich denke, dass es in Glaubensfragen keine Gewissheit gibt“, also dass wir letztendlich nicht ganz genau wissen können, wie wir unseren Glauben gestalten sollen, haben mehr als ein Drittel aller Hochreligiösen – ich teile hier ein zwischen religiösen Jugendlichen und hochreligiösen Jugendlichen – von den hochreligiösen Jugendlichen hat ein Drittel dieser Aussage zugestimmt.
Das heißt, wenn wir heute hier 300 wären – wir sind es glaube ich nicht ganz –, dann würden 100 Anwesende der Meinung sein, dass es letztendlich keine Gewissheit in Glaubensfragen gibt. Und das zeigt für mich: Das ist eine Resignation. Wenn es so viele verschiedene Meinungen gibt, na ja, okay, dann kann man halt nicht wissen, was Gott sagt.
Ich möchte heute sagen: Doch, du kannst wissen, was Gott sagt. Es gibt Gewissheit. Das Problem liegt nicht an der Bibel. Und auch das möchte ich biblisch begründen.
Die Bibel selbst geht davon aus, klar zu sein. Jesus hatte einige Streitgespräche, da kamen die Theologen zu ihm und haben gefragt: „Wie ist das denn mit der Scheidung?“ Den Text haben wir auch an der Wand, ich lese ihn jetzt nicht am Stück vor aus Zeitgründen. Jesus antwortet nicht: „Ja, komplizierte Frage, muss man differenziert sehen. Da kann man die Bibel unterschiedlich auslegen.“ Jesus sagt: „Habt ihr nicht gelesen? Da steht es.“ Das heißt, Jesus geht davon aus, dass die Bibel klar ist.
Das zeigt auch eine andere Begebenheit mit den Sadduzäern. Die fragten: „Wie ist das, wenn eine Frau mehrere Männer hatte hier auf der Erde, der eine ist gestorben, dann hat sie den nächsten geheiratet, der ist gestorben – wie ist das eigentlich im Himmel?“ Jesus sagt: „Interessant, ihr bringt da ja noch mal eine neue Perspektive rein und so weiter. Ihr kennt die Bibel nicht.“ Das ist seine Antwort.
Das heißt, Jesus ist völlig davon überzeugt, dass die Bibel klar ist.
Paulus schreibt die Briefe, die wir in der Bibel finden. Er schreibt sie nicht an Theologen, sondern an, ich sage mal, ganz normale Christen. Christen, die auch gerade erst zum Glauben gekommen sind. Und er geht davon aus, dass sie verstehen, was er sagt, und dass es ihnen hilft.
Johannes schreibt im ersten Johannesbrief: „Ich schreibe euch das, damit ihr wisst.“ Also die Bibel behauptet von sich selbst, klar zu sein. Und das ist mir total wichtig, dass wir das heute erst einmal festhalten:
Wenn wir über verschiedene christliche Meinungen sprechen, liegt das Problem nicht an der Bibel. Es gibt zwar Stellen, die schwer zu verstehen sind, aber das Problem liegt nicht an der Bibel selbst. Das Problem liegt bei uns. Und darüber möchte ich jetzt noch einmal etwas ausführlicher sprechen.
Einmal gibt es ganz grundsätzliche Probleme. Ein grundlegendes Problem ist der Unglaube. Die Bibel sagt im 1. Korinther 2, dass jemand, der den Geist Gottes nicht hat, geistliche Dinge nicht verstehen kann. Das heißt: Jemand, der mit dem Glauben eigentlich nichts zu tun hat, der kein Christ ist, kann die Bibel nicht verstehen. Ihm fehlt die Antenne – und diese Antenne ist der Heilige Geist, der uns in die Wahrheit führt.
Jetzt ist es aber so, dass viele Leute behaupten, Christen zu sein, und Dinge veröffentlichen, obwohl sie gar nicht den Heiligen Geist haben. Natürlich kann ein Theologieprofessor erkennen, dass es im Griechischen ein Aorist ist und so weiter. Aber er kann die Tiefe des Evangeliums nicht erfassen, weil er den Heiligen Geist nicht hat. Somit kann er etwas erzählen, das nicht wirklich wahr ist.
Dann gibt es auch bei uns Christen ein grundsätzlicheres Problem: unsere begrenzte Erkenntnis. Das sollte uns zu Demut führen. In 1. Korinther 13,9-10 heißt es: "Denn wir erkennen stückweise und wir weissagen stückweise. Wenn aber einmal das Vollkommene da ist, dann wird das Stückweise, das Stückwerk, weggetan." Das Vollkommene ist der Himmel. Erst dort werden wir alles verstehen.
Hier auf der Erde ist unsere Erkenntnis also Stückwerk. Weil das so ist, habe ich nicht alles erkannt, und du hast nicht alles erkannt. Wenn du über den Glauben sprichst und ich über den Glauben spreche, hat das immer auch einen Charakter des Stückwerks. Deshalb habe ich einige Dinge nicht so erkannt wie du, vielleicht hast du an anderen Stellen mehr erkannt. Das ist auch ein Grund für unterschiedliche christliche Positionen.
Unsere Erkenntnis ist einfach begrenzt. Das erinnert uns daran, dass wir nicht Gott sind. Wir sind eben nur Menschen – begrenzt.
Dann gibt es aber auch Probleme bei der Bibelauslegung. Einmal möchte ich das als fehlende Mühe bezeichnen. Heutzutage kann so ziemlich jeder Sachen veröffentlichen. Du kannst ein Buch im Eigenverlag über Amazon herausgeben, über deinen Instagram-Account Dinge posten oder einen eigenen YouTube-Kanal betreiben und dort veröffentlichen.
Das heißt, heute wird sehr viel veröffentlicht. Wenn man sehr viel veröffentlicht, hat man meistens nicht die Zeit, sich gründlich mit dem Thema zu befassen, bevor man es rausschickt. So haben wir viel im Netz, das nicht wirklich durchdacht oder sauber reflektiert ist. Mal ganz schnell eine Aussage, und dann steht sie da.
Es gibt Leute, die sind anderer Meinung, weil du dich an dieser Stelle nicht gründlich mit dem Text befasst hast. Deshalb kommt er zu einem anderen Ergebnis, weil er sich gründlich mit dem Text beschäftigt hat. Das kann ein Grund sein.
Ein anderer Grund ist, dass man den Zusammenhang nicht beachtet – den Gesamtzusammenhang. Manchmal werden Bibelstellen aus dem Kontext gerissen, und darauf wird etwas aufgebaut. Aber man sollte doch den Zusammenhang lesen. Die Bibel möchte im Zusammenhang verstanden werden.
Einige Denominationen berücksichtigen an einer Kernwahrheit den Zusammenhang vielleicht weniger als andere. So entstehen unterschiedliche Schwerpunkte. Das ist ein Grund.
Was ganz häufig vorkommt und im Trend liegt, nenne ich die "Jesus-Entführung". Das heißt, man sagt: "Jesus hat nichts zu diesem Thema gesagt, deswegen ist das in Ordnung." Ich greife hier mal ein heißes Eisen auf, auch wenn es eigentlich nicht das Thema des heutigen Abends ist.
Christen, die behaupten, dass praktizierte Homosexualität vollkommen in Ordnung ist, machen das meistens mit der Jesus-Begründung: Jesus hat nie etwas gegen Homosexualität gesagt. Das stimmt, er hat es nicht. Aber diese Argumentation ist aus meiner Sicht unzulänglich, denn Jesus hat auch nie etwas über Sex mit Tieren gesagt.
Wir müssen den Gesamtzusammenhang sehen. Es ist nicht so, dass das, was Jesus sagt, Gottes Wort ist, und das, was die anderen Briefe sagen – Paulus usw. – nicht Gottes Wort ist. Wir müssen die ganze Bibel sehen und verstehen, was sie zu gewissen Themen sagt.
Es gibt Leute, die das nicht machen. Sie kommen dann zu anderen Ergebnissen.
Ganz konkret: Ich saß vor einiger Zeit mit Kölner Pastoren bei einem Allianztreffen zusammen. Da kam das Thema Homosexualität auf. Ich habe mich etwas zurückgehalten. Einer argumentierte mit der Bibel, ein anderer aus evangelischen Kreisen sagte: "Der Punkt ist, ich glaube nicht an die Bibel, ich glaube an Jesus."
Diese Aussage musste ich erst einmal verdauen. Dann stellte sich mir die Frage: An welchen Jesus glaubst du? Woher weißt du, wie Jesus ist? Woher weißt du, dass Jesus von den Toten auferstanden ist? Woher weißt du, dass Jesus Wunder getan hat? Das weißt du doch alles nur, weil es in der Bibel steht.
Wir dürfen Jesus und die Bibel nicht trennen. Aber genau das wird gemacht, und das ist ein weiterer Grund, warum es verschiedene Auslegungen und unterschiedliche christliche Überzeugungen gibt.
Ein weiterer Punkt ist die Brille der eigenen Prägung und der eigenen Tradition. Das ist eine ernüchternde Sache, aber wir müssen uns dessen bewusst sein: Jeder von uns liest die Bibel ein Stück weit mit seiner eigenen Brille. Und die Farbe dieser Brille ist unterschiedlich.
Deshalb kommen wir zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wir treten von unterschiedlichen Blickwinkeln an den Text heran. Zum Beispiel der Vers: "Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich meine Gemeinde bauen." Jeder Katholik liest diesen Vers und sagt: "Ja klar, das ist die Begründung des Papsttums." Du als Freikirchler liest den Text und fragst: "Wo ist da das Papsttum drin?"
Man liest seine Tradition mit hinein, und das machen wir an anderen Stellen auch.
Die Lösung ist einfach: Wir müssen uns bewusst machen, dass wir mit einer gewissen Voraussetzung und Prägung an den Text herangehen. Dann sollten wir einen Schritt zurückgehen und fragen: "Moment, was will der Text wirklich sagen?"
Das ist das Kennzeichen von Bibeltreue. Bibeltreue heißt nicht, immer die Brille der Tradition aufzusetzen und dann die Bibeltexte zu suchen, die das Ergebnis bestätigen. Bibeltreue heißt, immer wieder offen an den Text heranzugehen und sich zu fragen, was der Text wirklich sagen will.
Unterschiedliche Prägungen führen zu unterschiedlichen Auffassungen bei verschiedenen Themen. Deshalb sind wir gut beraten, auch mal selbstkritisch zu hinterfragen.
Ich komme zum vorletzten Punkt: problematische Motive, die ebenfalls eine Rolle spielen.
Zum einen ist da die Rebellion. Es gibt Menschen, die aus einem sehr, ich sage mal, traditionell konservativen Umfeld kommen und damit nichts mehr zu tun haben wollen. Sie schlagen dann ins andere Extrem aus. Eigentlich ist das Rebellion. Sie wollen, dass die Bibel freier ausgelegt wird. Dabei suchen sie sich einen Befürworter, der diese Ansicht teilt, und finden auch irgendwo jemanden.
Die Herzenshaltung dahinter ist jedoch falsch. Es geht nicht darum, was Gott sagt, sondern darum, dass man nicht will, dass Gott etwas sagt. Stattdessen möchte man, dass Gott etwas sagt, weil man in der Kindheit negative Erfahrungen gemacht hat, beispielsweise ein Kindheitstrauma. Das ist Rebellion.
Viel verbreiteter ist meiner Ansicht nach das Motiv der Menschenfurcht und des Geltungsdrangs. Ich bin überzeugt, dass Gemeinden gewisse biblische Wahrheiten über Bord werfen, um gesellschaftsfähig zu bleiben. In ihnen steckt die Furcht vor den Menschen. Sie denken: Wenn wir das so lehren, wie es eigentlich steht, kommen wir schlecht an.
Ich habe das persönlich erlebt. Ich musste einmal in einer anderen Gemeinde predigen. Der Pastor hatte mich eingeladen. Ich schickte ihm einige Texte, über die ich predigen könnte. Er wählte einen aus. Erst danach sagte er mir schlau: „Übrigens, an diesem Sonntag ist eine CDU-Abgeordnete bei uns im Gottesdienst und auch der Vertreter des muslimischen Immigrationsrates ist dabei.“
Als ich mir die Predigt ansah, die er ausgesucht hatte, dachte ich nur: „Uh, das wird heikel, richtig heikel, wenn ich das jetzt dort predige.“ Und wisst ihr, wobei ich mich ertappt habe? Ich habe die Predigt noch einmal durchgelesen und einige Stellen ein wenig umformuliert.
Darüber musste ich Buße tun und mir sagen: „Völlig egal, meine Aufgabe ist es, das Wort Gottes zu predigen. Ich will nur Gott fürchten, nicht die Menschen. Es ist völlig egal, ob die Menschen mögen, was ich sage oder nicht. Ich will Gott gefallen, und deswegen tue ich das.“
Ich erzähle das nur, weil es eine Versuchung ist – auch für Prediger und für Gemeinden insgesamt. Wir neigen dazu, Dinge zu sagen, die gut ankommen. Dafür sind wir bereit, manchmal auch alternative Aussagen zu treffen. Aber das ist ein Kompromiss mit der Wahrheit.
Was machen wir jetzt damit? Wenn ich das bisher Gesagte zusammenfasse – den Vortrag, das Thema – dann haben wir festgehalten: Wir sind Tausenden Stimmen ausgesetzt, mehr als je zuvor. Gott redet. Die Frage ist: Was sagt Gott? Gott sagt primär das, was in der Bibel steht.
Wir sind auf die inneren Stimmen eingegangen und haben besprochen, wie diese im Verhältnis zur Bibel stehen. Dabei habe ich versucht, einen Überblick zu geben. Ich bin mir bewusst, dass das nicht allumfassend war. In der kurzen Zeit kann ich nur einige Aspekte anreißen, zum Beispiel warum es unterschiedliche Auslegungen gibt.
Jetzt möchte ich dir etwas Praktisches mitgeben. Vielleicht sitzt du hier und denkst: „Das war ganz interessant, aber was mache ich jetzt persönlich damit?“ Genau darum geht es beim letzten Punkt. Ich möchte dir fünf praktische Ratschläge geben, wie du jetzt damit umgehen kannst.
Zunächst will ich dich ermutigen, dich noch viel mehr mit der Bibel zu beschäftigen. Manchmal haben wir den Eindruck, nur Pastoren, Bibelschüler oder Theologen können die Bibel richtig verstehen. Ich möchte dich ermutigen: Du kannst selbst anhand deiner persönlichen Bibel herausfinden, was Gott sagt. Denn du hast den Heiligen Geist, und die Bibel ist klar.
Deshalb geh raus, geh in den Wald oder in die Natur, nimm deine Bibel mit, bete, dass der Heilige Geist dich leitet, lies und lass Gott zu dir reden. Du kannst seine Wahrheit erfassen – das ist definitiv möglich.
Ich möchte euch auch ermutigen, vielleicht Rechenschaftsbeziehungen einzugehen. Ich habe das vor einiger Zeit mit meiner Frau gemacht. Wir haben zwar keinen gemeinsamen Bibelleseplan entwickelt, aber regelmäßig zusammen gelesen. Das kann super hilfreich sein.
Zweitens: Beschäftige dich mit den Prinzipien der Bibelauslegung. Ich möchte dir zwei Bücher empfehlen. Bibelauslegung ist sehr wichtig. Wenn du mehr darüber wissen möchtest, wie du an die Bibel herangehst und wie du sie effektiv studieren kannst, sind diese beiden Bücher absolut hilfreich.
Drittens: Halte fest, was absolut klar ist. Ja, es gibt Stellen, die man nicht versteht – ich verstehe auch manches nicht. Aber die Bibel ist im Wesentlichen klar. Wenn in Johannes 14,6 steht: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, dann ist Jesus der einzige Weg. Das ist klar.
Natürlich wird es immer Menschen geben, die alternative Auslegungen anbieten und fragen, ob Jesus das wirklich so gemeint hat. Halte für dich fest, was klar ist, weil es klar ist. Wir müssen auch wieder Mut zum Absoluten haben. Es ist gut, Dinge differenziert zu betrachten, aber wir sind heute postmodern geprägt und sehen alles zu differenziert. Wir brauchen Mut zum Absoluten.
Wenn Dinge klar sind, dann sind sie klar, und daran halten wir fest. Wir brauchen Überzeugungen, für die wir einstehen. Das brauchen wir, glaube ich, mehr denn je.
Viertens: Prüfe alles, was du hörst – wirklich alles. Nicht nur die Prediger, bei denen du skeptisch bist, sondern auch die, die du immer gerne hörst und für absolut zuverlässig hältst. Das, was ich heute sage, prüfe alles.
Paulus kam einmal nach Beröa, und die Beröer prüften erst einmal, ob das, was Paulus sagte, auch in der Bibel stand. Ich finde das total gut. Paulus wurde geprüft – da sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Wenn Paulus geprüft wird, dann sollten wir erst recht alles prüfen, was wir hören.
Fünftens und zuletzt: Wähle deine Lieblingsprediger und Autoren weise aus. In 2. Timotheus 4,3 heißt es: „Denn es kommt eine Zeit, da werden die Menschen der gesunden Lehre des Evangeliums kein Gehör mehr schenken. Stattdessen werden sie sich Lehrer aussuchen, die ihren eigenen Vorstellungen entsprechen und ihnen das sagen, was sie hören möchten.“
Vermeide es, dir nur Predigten anzuhören, bei denen du dich danach richtig gut fühlst. Wir brauchen auch Predigten, die uns herausfordern, uns zerbrechen und zur Buße führen, weil Gott zu uns spricht.
Generell zu diesem Thema Prediger, Bücher usw.: Ich würde sagen, lege den Schwerpunkt immer primär auf das Wort Gottes selbst. Lies mehr in der Bibel, als dass du Predigten hörst oder christliche Bücher liest. Denn alles andere ist immer aus zweiter Hand, die Bibel ist aus erster Hand.
Hole die Informationen aus erster Hand, lies schwerpunktmäßig die Bibel. Wähle deine Prediger und Autoren weise aus. Es kann auch hilfreich sein, deinen Pastor oder andere reife Christen zu fragen: „Wie denkst du darüber? Ist das hier gut? Was hältst du von diesem Prediger? Könntest du mir dieses Buch empfehlen?“ So vermeidest du, fehlgeleitet zu werden. Heute gibt es ja alles Mögliche auf YouTube.
Tausend Stimmen – was sagt Gott? Ein großes Thema, das ich hier nur angerissen habe. Ich bin kein Prophet, aber ich glaube, es gibt eine einzige Frage, die die Christenheit in den nächsten Jahren und gerade eure Generation am meisten beschäftigen wird.
Die Frage ist nicht: Hat die Bibel Recht? Ich glaube, das ist für uns als Christen im Wesentlichen klar. Viel wichtiger wird in den nächsten Jahren die Frage sein: Hat die Bibel auch das Sagen? Ist das wahr, was da steht, oder ist das wahr, was ich fühle?
Ich möchte dich ermutigen, dich auf die Bibel allein zu stützen und Gott darum zu bitten, dass er dich leitet. Amen.