Stimmt, also ich sage das noch einmal: Prediger sind faul. Deshalb, wenn man irgendwo mal ein gutes Buch in die Hand bekommt – mir geht das zumindest so, wie bei diesem Buch „Love or Die“ – dann liest man es und denkt sich, da müssen wir mal drüber predigen. Und wenn man dann die Möglichkeit sieht, meistens sieht man sie auch schon, dann denkt man, da wäre das mal gut.
Also, wann immer ihr von mir eine Predigtreihe hört, wird wahrscheinlich im Hintergrund irgendein gutes Buch stehen, das ich schon immer mal lesen oder durcharbeiten wollte. Dann möchte ich meine angestrichenen Notizen in der Predigt umsetzen. Das ist ganz oft so.
Von daher: Die nächsten Male wird es um „Love or Die“ gehen. Das ist das Buch von Alexander Strauch. Und warum diese Reihe? Nun ja, irgendwie, weil mich das Buch sehr persönlich angesprochen hat. Als ich das Buch las, dachte ich: „Oh Backe, ist das nicht ein Stück weit unsere Geschichte?“ Ich weiß nicht, ob ihr das kennt. Man liest ein Buch oder einen Artikel oder hört ein Zeugnis von vorne, und plötzlich ist das nicht mehr nur das, was jemand geschrieben oder erlebt hat, sondern es macht „plopp“ und man denkt sich: „Könnte Gott mich meinen?“ So ging es mir hier.
Ich habe das Buch so ein bisschen durchgearbeitet. Alexander Strauch ist jemand, den wir kennen. Er hat einen Kurs über Ältestenschaft geschrieben und tingelt gerade ein bisschen durch die europäische evangelikale Szene mit seinen Vorträgen über Liebe. Er ist im Missionshaus Bibelschule Wiedenest, bei der KfG-Konferenz und überall unterwegs.
Ich dachte mir: „Ach, liest du das halt mal“ und habe mir nicht so viel dabei gedacht. Man fängt dann einfach an zu lesen, und nach der dritten Seite – dankeschön – merkt man: „Jürgen, sei ehrlich!“ Das berührt etwas in dir. Es ist so eine Seite in mir, die zum Klingen gebracht wird. Und ich frage mich: Woher kommt diese Resonanz? Warum klingelt da etwas?
Das ist der Moment, in dem ich anfange, darüber nachzudenken, ob es nicht gut wäre, die Gedanken, die hier stehen, mit euch zu teilen. Das war der Grund, warum ich in der Ältestenschaft gesagt habe: „Ich würde gerne über dieses Thema ‚Love or Die‘ eine Reihe machen, die in den nächsten Wochen stattfinden wird.“
Ich glaube, das ist ein Thema, das uns wirklich angeht. Ich möchte euch auf diese Reise mitnehmen und euch diese Gedanken vorstellen. Die meisten Gedanken werden euch bekannt sein, aber ich möchte euch mitnehmen und euch dahin bringen, selbst darüber nachzudenken: Ist das Thema Liebe in unserer Gemeinde wirklich präsent?
Ich werde nicht die Spandauer Reihe – wer sie kennt – wiederholen. Darum geht es mir überhaupt nicht.
Ist das Thema Liebe in unserer Gemeinde ein Thema, über das wir uns mehr Gedanken machen müssen?
Ich weiß nicht, wer von euch Google Earth kennt. Google Earth ist ein Programm, bei dem man einen Erdball sieht – eine blaue Murmel vor schwarzem Hintergrund. Links oben kann man eine Adresse eingeben.
Ich habe das vor meinem Neuseelandurlaub gemacht, um mir anzuschauen, wo die Unterkünfte sind. Dann gibt man zum Beispiel Auckland ein und die Straße, in der das Bavaria B&B, ein kleines Bed-and-Breakfast-Hotel, liegt. Man drückt auf „Go“ und die riesige Kugel beginnt sich zu drehen. Sie zoomt erst auf die andere Seite der Erde, dann nach unten auf Neuseeland, immer tiefer, bis man schließlich das Haus von oben sieht – das Dach von oben.
Wenn du das zum ersten Mal machst und nicht viele Adressen im Kopf hast, gibst du meistens als nächstes die Großbärenstraße ein. Ja, logisch, Großbärenstraße, 12277. Google ist schlau, „Go“. Die Kugel dreht sich wieder zurück, kommt von oben auf Berlin, genauer gesagt auf Trabrenner. Und plötzlich siehst du genau – du siehst Volkers Auto, weil das aktuelle Bild an einem Sonntag gemacht wurde. Das heißt, du kannst da oben draufklicken und sagen: „Den roten Wagen kenne ich“ oder „Da ist dein schwarzer, da ist Salomo.de.“ Das ist total witzig.
Du hast diesen Blick von oben auf eine Gemeinde. Du siehst unser Dach, du siehst das Dach dort. Aber was du nicht sehen kannst, ist, was hier drinnen passiert. Du kannst nicht sehen, wie wir Gottesdienst feiern. Du kannst nicht sehen, was in unseren Herzen ist, wie es uns als Gemeinde tatsächlich geht. Das kannst du nicht sehen, trotz aller Technologie, die wir haben, um mit einem Mausklick über die ganze Welt zu fahren.
Das Spannende ist: Es gibt einen, der genau das kann. Und der macht das seit über zweitausend Jahren. Er geht zwischen den einzelnen Gemeinden hin und her – die Bibel sagt: Er wandelt unter den Gemeinden. Er schaut sich die Gemeinden nicht nur von oben an, nach dem Motto: „Da liegt sie, die CGMG.“
Gott schaut durch dieses Dach hindurch. Er schaut auf uns als Persönlichkeiten, er schaut auf uns als Gemeinde, er schaut in das Herz dieser Gemeinde hinein.
Gegen Ende des ersten Jahrhunderts richtet Jesus seinen Blick besonders auf sieben Gemeinden, die damals in der Region lagen, die heute zur Türkei gehört. Diese Gemeinden gibt es heute nicht mehr. Jesus hat sich dort nicht nur die äußeren Umstände angesehen, sondern er hat in die Herzen der Menschen hineingeblickt. Das, was er dabei gesehen hat, hat er aufschreiben lassen. Diese Aufzeichnungen sind die Sendschreiben am Anfang der Offenbarung.
Jesus hat uns damit ein Stück seiner Gedanken und Prioritäten zum Thema Gemeinde und Gemeindearbeit mitgegeben. Ich möchte mit euch die Kritik, die wir dort lesen, im ersten Jahrhundert anschauen. Diese Kritik ist besonders wichtig, denn wenn irgendeine Kritik für eine Gemeinde zählt, dann ist es die Kritik von Jesus. Er ist unser Haupt, unser Gründer und auch einmal unser Richter.
Schauen wir dazu in Offenbarung Kapitel 2. Dort heißt es in Vers 1: „Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe: Dies sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält und inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt.“ Das Bild der goldenen Leuchter steht für Gemeinden. Wenn Jesus sagt, er wandelt zwischen den sieben goldenen Leuchtern, möchte er zum Ausdruck bringen, dass er ständig unterwegs ist, um zu sehen, wie es den einzelnen Gemeinden geht.
Er sagt also: „Dies sagt der, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt.“ Spannend ist, dass er am Anfang an den Engel der Gemeinde schreibt. Dieser Engel ist der Empfänger des Briefes in der Gemeinde. Doch was dann folgt, richtet sich nicht nur an diesen Engel, sondern, wie ihr gleich sehen werdet, an die ganze Gemeinde.
Das ist ein Gedanke, der uns heute vielleicht fremd ist. Gott sieht Gemeinde als eine Einheit, als eine Größe, die vor ihm zählt. In schwierigen Zeiten ist es leicht zu denken: „Was geht mich die Gemeinde an?“ Es ist einfach, sich aus dem Gemeindeverband herauszudenken, als wäre die Gemeinde keine Größe, die vor Gott zählt. Stattdessen denkt man: „Es geht eigentlich nur um mich. Ich lebe meinen Glauben einfach, weil die Gemeinde schwierig geworden ist. Ich suche mir die Veranstaltungen heraus, bei denen ich mich als Christ verwirklichen kann.“
Dieser Gedanke steckt tief in uns, weil wir in einer individualistischen Welt leben. Wir leben in einer Welt, in der Individualismus oft wie ein Gott verehrt wird. Man meint, man müsse anders sein, sich abheben, besonders sein. Niemand soll merken, dass es einen gibt. Deshalb braucht man eine andere Basecap als alle anderen, einen anderen Aufkleber auf dem Auto. Man will originell und einzigartig sein.
Dieses Denken führt dazu, dass man meint, in jedem Lebensbereich tun zu können, was man will, um man selbst zu sein. Doch das ist völliger Unsinn. Es ist Unsinn, weil du nie nur du bist. Du bist immer eingebunden in ein Beziehungsgeflecht. Du gehörst immer irgendwo dazu. Diese Verbindlichkeiten hören nicht auf, nur weil du die anderen nicht so gut kennst wie dich selbst.
Wenn dir zum Beispiel der Magen weh tut, merkst du das sofort. Wenn es Johnny schlecht geht, musst du ihn fragen. Das ist ein Unterschied, keine Frage. Aber Johnny gehört trotzdem zu der Gemeinde, zu der du gehörst.
Unser Denken ist oft auf das Ich gerichtet. Gott sagt: Wenn ich Christen anschaue, sehe ich jeden Einzelnen. Aber hier geht Gott noch weiter. Für ihn ist Gemeinde die Gruppe der Gläubigen, die sich am Sonntag trifft, die zusammengehört und ein verbindliches Ja zueinander hat. In seinen Worten: Sie spielen als Team zusammen.
Für Gott ist Gemeinde eine Größe, die wirklich wichtig ist. Man kann sie nicht einfach ausblenden mit dem Gedanken: „Was geht mich die Gemeinde an?“ Gott sieht nicht nur den Einzelnen, seinen Glauben, sein Gebetsleben und seine Hoffnung. Er sieht dich auch als Teil einer größeren Gemeinschaft. Und er beurteilt diese Gemeinschaft tatsächlich.
Der Brief richtet sich hier an eine Gemeinde. Es steht nicht: „Schreibe dem Engel der Gemeinde, dass Harry, Felix, Tamara, Ralf, Knarf und Helen dies oder das tun sollen.“ Nein, es steht: „Ich schaue mir die ganze Gemeinde an.“ Und zu dem Gesamtbild der Gemeinde trägt jeder von uns bei.
Ansgar hat das sehr schön vorletzte Woche am Beispiel von Daniel 9 herausgearbeitet. Dort geht es um Buße. Daniel tut Buße für die Sünden seines Volkes. Man könnte sagen: „Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt?“ Die Buße, die Daniel tut, bezieht sich auf eine Zeit, die durch die babylonische Gefangenschaft gerichtet wurde. Daniel war damals noch ein Teenager, und die Sünden selbst lagen zweihundert Jahre zurück.
Trotzdem stellt sich Daniel hin, weil er ein klares Verständnis hat: „Ich gehöre zu diesem Volk und kann nicht einfach sagen, das geht mich nichts an.“ Das gilt auch für uns. Ich spreche heute über Gemeinde, aber ich könnte genauso gut über unsere Zugehörigkeit zum deutschen Volk sprechen.
Wenn in Deutschland jährlich ein bis zweihunderttausend Kinder abgetrieben werden und ich sage: „Das geht mich gar nichts an“, dann habe ich nichts verstanden. Es schadet uns nicht, regelmäßig darüber traurig zu sein, Buße zu tun und zu sagen: „Vater im Himmel, ich kann im Moment nichts ändern, aber ich möchte ehrlich bekennen: Ich bin Teil dieses Volkes und trage eine Mitschuld.“
Nicht die Schuld an dem Prozess, das ist klar, aber ich bin nicht völlig außen vor, nicht ganz weit weg. Ich gehöre dazu. Das drücke ich auch regelmäßig aus, indem ich wählen gehe. Auch wenn du nicht wählst, drückst du das aus, denn der Staat schreibt dich an und sagt dir, dass du dazugehörst. Er schickt dir einen Wahlschein. Du gehörst also dazu.
Wenn wir unser Leben anschauen, sind das konzentrische Kreise, in denen wir dazugehören, Teil einer Gemeinschaft sind. Gott sagt nicht: „Ich sehe immer nur dich und dein Herz.“ Er sieht dich und dein Herz in einem größeren Zusammenhang.
Darum geht es hier in der Offenbarung: Jesus beurteilt ganze Gemeinden. Das tut er schon immer. Der Text hier ist zweitausend Jahre alt. Er beurteilt ihre Erfolge und ihre Niederlagen. Er macht die ganze Gemeinde für ihre Entwicklung verantwortlich, sowohl für das Gute als auch für die Schwächen.
Wenn es gut läuft, freut sich Jesus über die ganze Gemeinde. Läuft es nicht gut, dann nicht. Wir gewinnen oder verlieren als Gemeinde immer als Team. Aus göttlicher Perspektive ist es nie der Einzelne allein.
Lesen wir die Verse zwei bis sechs, um die es heute geht. Dort heißt es:
„Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren, und dass du das Böse nicht erträgst. Du hast die geprüft, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner erkannt. Du hast Ausharren gezeigt und vieles getragen um meines Namens willen und bist nicht müde geworden. Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Denk nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke. Wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust.“
Wenn wir uns Ephesus im ersten Jahrhundert nach Christus vorstellen, war das ein wirklich schwieriger Ort für eine Gemeinde. Es war eine Brutstätte von Aberglauben und falscher Religion. Dort gab es den riesigen Tempel der Artemis, eines der sieben Weltwunder. Dieser Tempel überragte die Stadt und prägte auch das Denken der Einwohner.
Es ist kein Wunder, dass Paulus gerade in Ephesus auf Widerstand stieß. Dort war er besonders persona non grata, jemand, den man nicht haben wollte. Die Stadt war reich und wollte reich bleiben. Sie hatte einen Hafen mit dem dazugehörigen Rotlichtviertel, Prostitution und vielen anderen unmoralischen Dingen. Da passten die Christen einfach nicht hinein.
Und dennoch gab es mitten in dieser Stadt eine Gemeinde. Deshalb sagt Jesus hier auch ganz lobenswert: „Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren.“ Jesus schaut genau hin. Er ist nicht jemand, der einfach alles schlechtredet. Das ist nicht Jesus. Er erkennt die guten Seiten an und sagt, dass er die Werke, die Mühe und das Ausharren kennt. Das ist es, worüber er sich freut und was lobenswert ist.
Ich möchte von euch jetzt fünf Dinge wissen, über die ihr euch als Gemeinde freuen könnt. Wenn Jesus uns heute diesen Brief schreiben würde und wir wären am Anfang, was würde er bei uns reinschreiben? Überlegt mal, was euch einfällt, worüber ihr euch wirklich freut. Nicht nur, was ihr noch machen möchtet, sondern was schon da ist.
Nicht jetzt, was könnte ich noch mehr tun, sondern wenn Jesus uns heute den Brief schreiben würde, würde er den ersten Teil nicht weglassen mit dem Gedanken: „Da habe ich nichts gefunden, das tut mir leid.“ Ich glaube nicht, dass das so ist. Ich glaube, dass es viel Gutes in dieser Gemeinde gibt. Und ich glaube, es ist wichtig für uns, uns immer wieder vor Augen zu halten, wer wir in Christus sind und was Gott uns geschenkt hat.
Deshalb fängt Gebet im Allgemeinen ja auch mit Danksagung an, indem man erst einmal sagt: Danke, denn wir sind beschenkte Menschen. Was sind also Dinge, die euch einfallen?
Interessant, dass du sagst, wenn du hier in der Gemeinde bist, findest du Leute, die dir helfen wollen. Weiter. Du genießt die Ehrlichkeit, dass man die Wahrheit sagt. Spannend! Du sagst, wenn du auf die Gemeinde schaust, siehst du Menschen, die demütig sind. Gut! Die Liebe zum Wort Gottes ist etwas, was uns wirklich auszeichnet.
Ich genieße im Moment unsere Jugendarbeit. Da blubbert es so ein bisschen. Das werdet ihr nächsten Sonntag merken. Dieses Blubbern ist nicht immer da, es blubbert auch manchmal heraus, aber auf eine gute Weise, finde ich.
Was habt ihr noch? Gebt mir noch zwei, drei Sachen. Johnny, gib mir noch eine Sache. Haha, Elch war schneller. Barbara. Das Dienen in der Gemeinde, dass die Musiker immer da sind, dass Hansi und Andrea die Einleitung machen. Das Dienen, das geleistet wird. Gemeinschaft an sich.
Wie bitte? Ich will, dass die Anteiler das doch dafür leben. Richtig, wir haben Ansagen, ja, und ich bin mir sicher, das geht nicht einfach nur bis zur Zimmerdecke, bleibt da oben hängen und alle haben es vergessen. Ich kann das jetzt nicht ausmehren, aber wenn wir anfangen würden, über diese Gemeinde nachzudenken, dann würden wir viele Dinge aufschreiben. Es würde nicht losgehen mit: „Es fällt mir gar nichts ein, was ihr Gutes tut.“ Sondern wir haben eine ganze Menge Sachen, die in der Gemeinde schön sind.
Deshalb, wenn Jesus uns einen Brief schreiben würde, würde er uns genauso loben wie die Gemeinde in Ephesus. Die Gemeinde in Ephesus ist eine starke Gemeinde. Sie kann, steht hier zum Beispiel, das Böse nicht ertragen.
Da kommen Leute in die Gemeinde und sagen: „Haha, ich bin ein Apostel.“ Und die Gemeinde sagt nicht: „Boah, das ist toll, willst du nicht mal eine Predigtreihe machen?“ Sondern sie sagt: „Halt, stopp, lass uns mal schauen, ob das wahr ist.“
Das ist übel. Stell dir vor, du hast so jemanden, der charismatisch stark auftritt und sagt: „Haha, halt, halt, wir wollen erst mal prüfen, ob das stimmt.“ Dann prüfen sie ihn und stellen fest: „Du bist ja gar kein Apostel.“ Na, sag das mal so jemandem. So nach dem Motto: „Mag schon sein, dass die anderen dich vielleicht für einen Apostel gehalten haben, ja, aber tut mir leid, du bist keiner.“
Jesus stellt das heraus. Er sagt: „Ihr habt die geprüft, die sich Apostel genannt haben und es nicht waren.“ Das heißt, die Epheser Christen sind keine Schönwetter-Christen. Sie stellen sich gegen Leute, sie kämpfen für die Wahrheit und stehen auch noch da, wenn es mal rauer zugeht.
Die Epheser haben Überzeugungen, und sie leben sie. Im Alten Testament heißt es mal: „Die ihr den Herrn liebt, hasst das Böse.“ Ich denke, die Epheser sind da ein totales Vorbild.
Ja, da kommt jemand und lügt sie an und sagt, er sei etwas Großes, und sie sagen: „Nein, stimmt nicht.“ Dann heißt es hier in Vers sechs:
„Aber dies hast du, dass du die Werke der Nikolaiten hasst, die auch ich hasse.“
Eine Sekte im ersten Jahrhundert, die Leute von Jesus weggezogen hat. Und die Epheser haben gesagt: „Dann machen wir nicht mit.“
Und nicht nur ein bisschen nicht mit. Wenn das heute wäre, hätten sie eine Internetseite antinikolaiten.de oder so etwas. Sie hätten sich geoutet mit ihren Überzeugungen.
Eigentlich sind das Ausnahmekristen. Und wir würden von ihnen erwarten, dass sie vielleicht so ein Stehaufmännchen sind, wie es im Alten Testament heißt: „Sprüche 24,16: Denn siebenmal fällt der Gerechte und steht doch wieder auf.“ Das sind diese Epheser, die gut dastehen.
Wir würden sagen, sie haben Steherqualitäten. In unserer Zeit würden sie vielleicht ein Buch schreiben mit dem Titel „Unter Druck Gott treu bleiben“ oder „Gemeindebau im Schatten der Artemis“. So etwas könnten wir von ihnen erwarten. Und sie könnten das schreiben.
Also hätten sie wirklich etwas zu sagen, wenn der Herr Jesus sagt: „Ich kenne das, ich weiß, was du geleistet hast. Ich kenne deine Werke, deine Mühe, dein Ausharren.“
Dann ist es nicht so, dass das alles heiße Luft ist. Wenn ich das so lese und nicht wüsste, wie der Text weitergeht, würde ich an dieser Stelle sagen: „Wow, lasst uns alle die Werke, die Mühe und das Ausharren der Epheser nachmachen.“
Leider geht es anders weiter. Wenn so viel richtig ist, kann dann eigentlich noch etwas falsch sein? Ja, wenn jemand so an Wahrheit, an Reinheit, am Prüfen hängt, wenn jemand so ähnlich ist wie die Beröer, von denen gesagt wird, dass sie das, was Paulus sagt, an den Schriften prüfen – kann dann im Leben einer solchen Gemeinde noch etwas falsch sein? Kann Gott mehr erwarten als das, was man hier in dieser Gemeinde sieht?
Ihr kennt die Antwort: Ja, Gott erwartet mehr. Er sagt ihnen diese Dinge: „Ich kenne deine Werke, deine Mühe, dein Ausharren“ nicht, um ihnen Honig ums Maul zu schmieren. Die sind echt. Aber Gott sagt auch: Egal wie viele Werke du hast, egal auf was für eine Gemeindehistorie du zurückblicken kannst, egal wer durch dich zum Guten geprägt worden ist, egal wie viel Falschheit du entlarvt hast, egal wie oft du dich zu Jesus gestellt und ihn groß gemacht hast – es gibt da etwas in deinem Leben, in deinem Epheser-Leben, eine Schwachstelle. Und ich muss meinen Finger genau in diese Wunde legen. Jesus tut das.
Deshalb heißt es hier: „Aber ich habe gegen dich.“ Jesus hat etwas gegen diese Vorzeigegemeinde. Wisst ihr, was mich an diesem Vers schockt? Da steht nicht: „Aber ich habe gegen drei oder vier von euch etwas.“ Jesus sagt: „Ich habe gegen dich als Gemeinde.“
Da steht eine Gemeinde, und Jesus sagt: „Ich kenne dich, und du hast gute Seiten. Ich sehe das Mitgefühl in eurer Mitte, ich sehe die Liebe zum Wort, ich sehe die blubbernde Jugendarbeit.“ Vielleicht besteht die Gefahr, dass man das nimmt und denkt, weil man diese guten Dinge sieht, müsse alles gut sein.
Aber hier an dieser Stelle stellt sich Jesus hin und sagt zu einer solchen Gemeinde: „Ich habe gegen dich.“ Es gibt da etwas in deiner Mitte, womit ich nicht einverstanden bin. Und ich bin bereit – Vers 5:
„Ich bin bereit, und ich werde das tun. Ich werde deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust.“
Ich werde diese Gemeinde in Ephesus – ich werde jede Gemeinde, denn das ist ein Prinzip – von ihrer Stelle wegrücken.
Wisst ihr, was es heißt, einen Leuchter wegzurücken? Der Leuchter steht für das Licht, für das Licht, das in der Finsternis leuchtet. Das ist die Aufgabe einer Gemeinde. Deshalb das Bild des Leuchters für die Gemeinde.
Jesus sagt: Ich werde diesen Leuchter nehmen, an der Stelle, wo er jetzt steht. Für uns heißt das: Großbärenstraße 179. Ich werde ihn nehmen und wegstellen.
Dort war vorher eine Gemeinde, wie in Ephesus. Und wenn du später hinschaust, ist dort keine Gemeinde mehr.
Jesus sagt: Ich werde den Leuchter wegrücken. Ich werde das tun. Ich werde dafür sorgen, dass es keinen Gottesdienst mehr gibt. Ich werde dafür sorgen, dass es keine Impact-Veranstaltungen mehr gibt. Ich werde dafür sorgen, dass es keine Hauskreise mehr gibt. Ich werde dafür sorgen, dass es keine Gebetsstunden mehr gibt.
Ich werde dafür sorgen, dass die Initialen CGMG und die Seite hoffnung.de nur noch unter der Rubrik „eine weitere gescheiterte Gemeindegründungsarbeit in Berlin“ laufen.
Ich werde das tun.
Es sind nicht die Umstände. Jesus sagt: „Ich werde das tun.“
Das ist doch stark, oder?
„Ich werde mich darum kümmern“, sagt Jesus, „dass der Leuchter von seiner Stelle weggerückt wird. Ich habe gegen dich.“
Wenn Ephesus nicht Buße tut, wird Gott die Gemeinde in Ephesus richten – und das, obwohl sie in puncto Wahrheit und Standhaftigkeit vorbildlich sind.
Wogegen ist Jesus?
"Aber ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast." Kennt ihr dieses Lied: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut“? Das ist Offenbarung 1,5. Es ist so ein alter Schlager: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat mit seinem Blut.“
Der, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat mit seinem Blut, stellt sich hin und sagt: Du hast deine erste Liebe verlassen. Hier sagt Jesus: Ich habe meine Liebe ganz in die Beziehung zu dir investiert. Ich habe mich für dich ans Kreuz schlagen lassen. Deshalb habe ich ein Recht darauf, dass du mich liebst – und zwar nicht nur anfänglich mal ein bisschen euphorisch, sondern ich habe ein Recht auf einhundert Prozent deiner Liebe.
Der Vorwurf lautet: „Ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast.“ Betonung liegt im Vers hier auf „erste“. So wie der Vers im Grundtext aufgebaut ist: Auf die erste Liebe. Als sie anfingen, Gemeinde zu sein, war ihr Zusammenleben von Liebe geprägt.
Wer nicht genau weiß, was Liebe ist, dem sei eine Einladung zu Impact ans Herz gelegt. Impact findet immer Samstagabend statt. Ihr seid herzlich eingeladen, dort die Vorträge anzuhören, denn wir sprechen dort darüber, was Liebe eigentlich ist. Das machen wir hier nicht. Hier kann ich nur sagen: Liebe ist das, was Jesus in unserem Leben sehen möchte. Und zwar nicht irgendeine Liebe.
Es handelt sich um Christen in Ephesus. Die gehen schon lieb miteinander um, sie wissen, was sich als Christ gehört. Das sind schon artige Leute. Aber Jesus sagt: Es geht mir nicht darum, dass da so ein bisschen der normale Umgang herrscht. Die Christen versuchen, etwas besser miteinander umzugehen. Jesus sagt: Das reicht mir nicht. Ich möchte mehr. Und ich werde eine Gemeinde richten.
Ich bin bereit, an der Stelle so weit zu gehen, dass ich eine Gemeinde eingehen lasse, dass ich einen Leuchter wegnehme und ihn woanders hinstelle. Ich bin bereit, an der Stelle zu kämpfen, wenn die erste Liebe verlassen wird.
Im Alten Testament heißt es, Gott ist ein eifersüchtiger Gott. Ich studiere gerade das Hohelied und merke, wie es mich total herausfordert, meine Ehebeziehung und die Leidenschaft darin zu überdenken.
Dann habe ich mir die Frage gestellt: Warum ist das Hohelied eigentlich das schönste aller Lieder? Es steht in der Bibel. Warum eigentlich? Warum ist nicht irgendein Psalm, in dem Gott direkt angebetet wird, das beste aller Lieder?
Die Antwort ist ganz einfach – aber ihr dürft sie nicht verraten, denn ich möchte darüber in zwei Wochen in Spandau predigen. Für euch kann ich es schon sagen: Die Antwort ist, dass das Lied der Lieder uns konfrontiert mit dem Herzen Gottes. Es zeigt die Leidenschaft, die im Zentrum steht und die die Dreieinigkeit zusammenhält.
Die Leidenschaft zwischen Mann und Frau, dort wo sie wirklich gepflegt und gelebt wird, ist das einzige greifbare Abbild davon, wie Gott Liebe denkt, fühlt und haben möchte. Es zeigt, wie Gott zu uns eingestellt ist.
Da merkt ihr schon: Wenn meine Frau auf einer Kommilitonenfeier wäre – da sitzen Anfang Zwanzigjährige, Grundschullehramtsstudenten, die alle hübscher sind als ich, viele davon Sportstudenten, durchtrainiert – und wenn meine Frau da ein bisschen mit denen rummachen würde, dann wäre der Spaßfaktor bei uns zu Hause vorbei.
Dann würde ich sagen: Ich bin ein eifersüchtiger Ehemann. Und das ist das, was Gott ist. Ich liebe meine Frau leidenschaftlich, und Gott liebt uns leidenschaftlich. Deshalb gibt er sich nicht zufrieden mit ein bisschen Liebe.
Wenn meine Frau sagen würde: „Jetzt hab dich nicht so, ich mache da nur ein bisschen mit denen rum, aber ich koche dir schon dein Essen“, dann würde ich sagen: Halt, Entschuldigung, ich will dich ganz. Und genauso ist Gott eingestellt.
Jesus sagt nicht: „Es ist ja schön und gut, dass du noch Gottesdienste feierst, einen Alpha-Kurs machst, dich mit Leuten triffst, ein bisschen Bibelstudium übst oder auch mal eine Gebetsstunde hast.“ Das ist ja schön und gut.
Gott sagt: Ich möchte dich ganz haben. „Ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast.“ Das, was dich anfänglich ausgezeichnet hat. Und er spricht von Werken der Liebe.
Wir werden in den nächsten Vorträgen noch mehr darauf eingehen. Ich habe gegen dich, dass du das verloren hast.
Als ich das las und dann so vor meinem Computer saß und darüber nachdachte, was ich an dieser Stelle in mein Skript schreiben könnte, fragte ich mich: Jürgen, was fällt dir ein, wenn du an Werke der Liebe von früher denkst?
Ich habe einfach unseren Gemeindefilm etwa 15 Jahre zurückgespult und überlegt, welche Szenen dabei hochkommen. Ich sehe mich in einem Raum der Karl-Sonnenschein-Grundschule sitzen, umgeben von Brüdern und Schwestern. Damals haben wir für Gott gebrannt. Es war Eifer ohne Erkenntnis an vielen Stellen, aber es war Eifer. Ja, wir haben vieles falsch gemacht, aber ich erinnere mich noch an die Frage: „Kann mir jemand ein Auto leihen?“ Bevor man schauen konnte, flog schon der Schlüssel. Es war so selbstverständlich – wir waren ein Team.
Dann kam eine zweite Erinnerung hoch: Bernd, der jetzt operiert wird, sitzt in einem Kreis von Brüdern und sagt: „Ich muss heute Nacht aus meiner Wohnung raus. Ich konnte sie nicht mehr halten und habe es nicht geschafft, alle Sachen rauszuholen.“ Es war abends um zehn. Innerhalb von fünf Minuten waren sämtliche VW-Busse organisiert, man fuhr hin und holte alles, was er nicht mehr herausgeholt hatte. Das war eine Selbstverständlichkeit – wir waren ein Team.
Jesus sagt, diese Liebe – die Liebe zu Geschwistern, zu Menschen, zu Gott, diese erste Liebe, dieses Feuer, dieses Brennen – ist irgendwie verloren gegangen.
Ich möchte an dieser Stelle die Predigt beenden und beim nächsten Mal weitermachen. Mein Wunsch ist folgender: Die, die länger dabei sind, mögen die Augen schließen – oder sie nur innerlich schließen – und darüber nachdenken, woran sie zurückdenken, wenn sie das Gemeindeleben von damals vor Augen haben.
Euch Jungen, die ihr das nicht so mitbekommen habt und daher nicht in Erinnerungen schwelgen oder Tränchen verdrücken könnt wie Wally: Was würdet ihr euch wünschen? Wo merkt ihr, dass da noch Luft nach oben ist? Wo sagt man sich: „Okay, wir haben das Niveau eines Feuerwehrvereins, das ist okay, aber da muss doch noch mehr sein.“
Wenn man einmal 1. Korinther 13 liest und dann die Einladung zum Samstagabend-Impact betrachtet, wo wir 1. Korinther 13 durchgehen, merkt man doch, dass da noch Luft nach oben ist. Wir sind noch nicht am Ende.
Was ist es, was ihr euch wünscht?
Ich gebe euch jetzt eine Minute Stille. Danach möchte ich, dass wir den Gottesdienst mit einer langen Gebetsgemeinschaft abschließen, bei der viele sich beteiligen. Dabei wollen wir an die Anliegen denken, die wir gehört haben, aber auch an diesen Wunsch anknüpfen. Vielleicht formulieren wir ihn neu, wenn es Werke der ersten Liebe gibt, zu denen wir zurückkehren müssen. Einstellungen, die sich ändern müssen, Dinge, die ich selbst tun muss. Vielleicht auch das, was Mareike gesagt hat: Dinge, die wir selbst unter Wasser halten, die aber immer wieder hochkommen wollen.
Wo ist das bei dir?
Lasst uns noch einmal Zeit nehmen. Ich starte dann das Gebet, und du schließt ab, Hansi.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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