Einführung in Psalm 8 und seine Bedeutung
Wir wollen uns heute Morgen mit Psalm 8 beschäftigen. Das haben wir bereits im Lied zum Ausdruck gebracht: Wie herrlich ist Gott! Ich habe den Psalm überschrieben mit „Großer Gott, kleiner Mensch – Die Schöpfung lobt Gott“.
Ich lese die zehn Verse vor:
Dem Chorleiter nach der Gittit. Ein Psalm.
Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde,
der du deine Hoheit gelegt hast auf den Himmel!
Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet,
um wegen deiner Bedränger den Feind und den Rachgierigen zum Schweigen zu bringen.
Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk,
den Mond und die Sterne, die du bereitet hast,
was ist der Mensch, dass du an ihn denkst,
und des Menschen Sohn, dass du dich um ihn kümmerst?
Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als Engel,
mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt.
Du machst ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände,
alles hast du unter seine Füße gestellt:
Schafe und Rinder allesamt,
und auch die Tiere des Feldes,
Vögel des Himmels und Fische des Meeres,
was die Pfade der Meere durchzieht.
Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde!
Soweit Gottes Wort.
Dieser Psalm hat eine kurze Überschrift beziehungsweise eine Erklärung. Wir haben gelesen: „Dem Chorleiter nach der Gittit, ein Psalm von David.“ Daraus geht hervor, dass es einen Chorleiter gab. Damals war das nicht nur ein Dirigent, sondern jemand, der vorgesungen hat. Die meisten hatten keine Notenblätter, wenn sie im Chor mitsangen. Der Chorleiter sang vor, und der Chor oder auch das Volk sang nach. Manchmal steht dort auch „dem Vorsänger“. Das ist uns heute kaum noch vertraut, aber man kann sich gut vorstellen, dass die Psalmen so gesungen wurden.
Das Zweite, was darüber steht, ist „nach der Gittit“. Hier musste ich selbst nachschauen. In manchen Bibelübersetzungen steht, dass es sich möglicherweise um ein Instrument handelt. Das Wort „Gittit“ bedeutet wohl so viel wie „Kälter“. Das könnte darauf hinweisen, dass dieses Lied während der Traubenernte gesungen wurde, wenn die Trauben gekältert wurden.
Damals machte man das noch nicht mit Maschinen. Die Trauben kamen in große Tröge, und man ging barfuß hinein. Entweder waren die Füße vorher sauber oder wurden es hinterher. Auf jeden Fall wurden die Trauben mit den Füßen gepresst, um den Saft herauszutreten. Offensichtlich wurde dabei ein Lied gesungen, damit das besser ging. Vielleicht war das nichts anderes, als wenn Hausfrauen beim Bügeln einen Choral singen.
Ich glaube, dass das auch etwas ausdrückt – auch den Dank. Wenn Traubenernte war, bedeutete das, es war ein gesegnetes Jahr, und sie hatten wieder Einkommen für das nächste Jahr. Ihre Herzen waren dankbar, und das drückt dieser Psalm aus.
Ein Psalm bedeutet ein Lied, das nicht nur gesungen, sondern auch mit Musikinstrumenten begleitet wurde. Auch der Autor wird genannt: David. Ich weiß nicht, wann er den Psalm gedichtet hat. Vielleicht schon in seiner Jugend, als er auf dem Hof seines Vaters Isai tätig war. Er war der Jüngste und hat sowohl die Herden gehütet als auch möglicherweise bei der Traubenernte geholfen.
Auf jeden Fall gehen manche Psalmen darauf zurück, vor allem solche wie Psalm 8, in denen die Schöpfung besungen wird. Ich denke, wenn jemand die Herde hütet und auch nachts beim Vieh ist und dann unter dem Sternenhimmel steht, kommt man zu solchen Gedanken, die in diesem Psalm vorkommen: „Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Hände Werk, was ist der Mensch?“
Staunen über Gottes Schöpfung und ihre Bedeutung
Ich finde diesen Psalm wunderschön, weil er uns die Größe Gottes in der Schöpfung deutlich macht. Das finde ich immer wieder erstaunlich. Wir Menschen können über die Schöpfung staunen, obwohl sie eine gefallene Schöpfung ist. Wie viel wunderbarer muss sie bei der Erschaffung gewesen sein, und wie schön wird sie einmal in der Vollendung sein.
Ich glaube, man kann sich das kaum vorstellen, wenn es in der Offenbarung beschrieben wird. Dass die Bäume zwölfmal im Jahr Früchte tragen, widerspricht unserem biologischen Verständnis. Für uns ist es notwendig, dass es Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter gibt. Aber Gott hat diese Ordnung erst nach der Sintflut eingeführt. Er sagte, dass Sommer und Winter nicht aufhören sollen.
Wie es vor der Sintflut war, können wir nur ahnen. Ebenso, wie es nach der Entrückung und im tausendjährigen Reich sein wird, können wir nur Vermutungen anstellen. Einige Andeutungen finden wir in der Bibel.
Übrigens noch ein musikalischer Hinweis: Vielleicht weiß der eine oder andere, dass Vers zwei beziehungsweise der fast identische Vers zehn den Eingangschor zu Bachs Johannespassion bilden. Gestern hat Martin mir gesagt, ich hätte eigentlich ein Stück davon einspielen können, damit man sich das besser vorstellen kann. Leider habe ich das hier nicht. Aber vielleicht kann ich euch Appetit machen, es zuhause einmal anzuhören.
Wir merken oft bei den Kompositionen von Johann Sebastian Bach, wie sehr er sich mit der Bibel beschäftigt hat. Es gab einen großen Gechinger Chor unter der Leitung von Helmut Rilling, der das gesamte Kantatenwerk Bachs aufgeführt hat. Diese Aufnahmen wurden damals auf Schallplatten veröffentlicht, heute auf CDs beim Hänssler Verlag.
Helmut Rilling gab auch sogenannte Gesprächskonzerte. Mein älterer Bruder hat in Stuttgart studiert und war während seiner Studentenzeit in diesem Chor. Bis heute ist er davon begeistert. In den Gesprächskonzerten erklärte Rilling die Musikstücke von Bach und ließ zwischendurch das Orchester spielen. Diese Konzerte sind inzwischen auch als CDs erhältlich.
Früher, bei den Schallplatten, gab es immer ein Beiblatt mit Erklärungen. Leider fehlen diese heute oft bei den CDs. Dort wird deutlich, dass Johann Sebastian Bach die einzelnen Musikstücke sowie Arien und Rezitative in bestimmten Taktzahlen komponierte. Die Anzahl der Takte hatte jeweils eine symbolische Bedeutung, oft bezogen auf Psalmen.
Wenn er ein Musikstück beispielsweise acht Takte lang machte, bedeutete das für ihn: „Schaut euch Psalm 8 an.“ Das hört man nicht, das sieht man nur in der Partitur. Das zeigt, dass Bach anders komponierte als die meisten anderen Komponisten. Deshalb schreibt er auch immer wieder „Jesus hilf“ und darunter „soli Deo gloria“, also „Gott allein die Ehre“.
Man merkt, dass er seine Stücke oft mit Psalmen und Worten aus den Psalmen interpretiert hat. Das ist wirklich spannend. Dieser Hinweis sollte nur ein Appetitanreger sein, sich intensiver mit Bachs Musik zu beschäftigen. Oft denke ich, die nächste Generation hat keinen Bezug zu dieser Musik, weil sie ihnen nicht erklärt wird.
Nebenbei bemerkt: Vor vielen Jahren, als ich noch Jugendarbeit gemacht habe, erzählte ich in der Jugendstunde die Geschichte von Stefan Zweig über Georg Friedrich Händels „Wiedergeburt“ und wie er den Messias komponiert hat. Damals spielte ich einzelne Stücke aus dem Messias dazwischen ab. Viele Jugendliche waren danach total beeindruckt und sagten, so etwas hätten sie noch nie gehört.
Vierzehn Tage später gab es eine Aufführung des Messias in einer Kirche in Wuppertal. Die Hälfte meiner Jugendgruppe war dort – ohne dass ich sie eingeladen hatte. Da dachte ich: Man muss ihnen Appetit darauf machen. Wenn man es erklärt, wird es verstanden.
Manchmal denke ich, auch manche Psalmen müssen erklärt werden. Dieser Psalm hat mein Herz froh gemacht, als ich mich damit beschäftigt habe. Er besingt Gottes Schöpfung. Wenn ihr in der Bibel nachschaut, tun das auch Psalm 19 und Psalm 104. Wir finden auch in der Offenbarung noch einige Hinweise darauf.
Diese Psalmen sind dazu da, dass wir zum Lob und zur Anbetung kommen.
Gottes Name als Ausdruck seiner Ewigkeit und Hoheit
Der Psalm beginnt mit Vers 2: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf den Himmel.“ Sozusagen bilden Psalm 8, Vers 2 und Vers 10 den eigentlichen Rahmen dieses Psalms.
Er beginnt also mit dem Lob Gottes, und zwar mit seinem Namen. Er endet damit: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde.“ Die Elberfelder Bibel macht das deutlich, indem sie das erste „Herr“ in diesem Vers in Großbuchstaben schreibt. Das bedeutet, hier steht der ursprüngliche Name Gottes, Yahweh.
Dieser Name wurde von den Israeliten aus Ehrfurcht vor Gott nicht ausgesprochen. Stattdessen wurde der Name „Herr“ eingefügt. In der Elberfelder Bibel wird hier also, wo der eigentliche Name Gottes steht, „Herr“ in Großbuchstaben geschrieben, damit man das erkennen kann. Das ist nicht wie sonst, also dieses „Herr, unser Herr“ ist keine bloße Wiederholung, sondern „Jahwe, unser Herr“.
„Jahwe“ ist der Name, mit dem sich Gott damals am Dornbusch dem Mose offenbart hatte. Yahweh bedeutet so viel wie das, was er damals dem Mose sagte, als Mose ihn fragte: „Was ist dein Name? Was soll ich den Kindern Israels sagen, wer mir begegnet ist?“ Da antwortete Gott: „Ich bin.“ Und er erklärt es weiter: „Ich bin, der ich bin.“
Im Grunde macht dieser Name deutlich, dass „Ich bin“ eine Formulierung ist, die nicht Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ausdrückt. Wir kennen immer nur „Ich war“, „Ich bin“, „Ich werde sein“. Dieses „Ich bin“, mit dem Gott sich bezeichnet, ist eine Dauerform. Wenn man es richtig übersetzen wollte, müsste man sagen: „Ich bin, der ich war, ich bin, der ich bin, ich bin, der ich sein werde.“
„Ich war, der ich bin, ich war, der ich sein werde, ich werde sein, der ich war, ich werde sein, der ich bin.“ Damit wird deutlich gemacht: Ich bin unwandelbar, ich bin immer gleich, ich bin ewig.
Wir Menschen können uns das Wort „ewig“ ja überhaupt nicht vorstellen. Wir stellen uns „ewig“ oft als eine Aneinanderreihung von langen Zeiten vor. Trotzdem, wenn man versucht, über das Wort „ewig“ nachzudenken, wird man verrückt. Da fängt es an zu drehen, man kommt nicht weiter und merkt, dass das eine Dimension ist, die wir als Menschen nicht kennen, weil wir an Raum und Zeit gebunden sind.
Mit diesem Lobpreis beginnt dieser Psalm: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name!“ wenn wir uns die Schöpfung ansehen.
Die meisten Menschen werden heute gelehrt, dass die Schöpfung durch Evolution entstanden ist. Weil sie selbst damit nicht klarkommen, verschieben sie das in Millionen von Jahren, da sie keine Erklärung für das Entstehen haben.
Die Bibel macht es anders deutlich. Sie sagt: Gott ist ewig, ohne Anfang und ohne Ende, immer gleich. Er hat die Schöpfung geschaffen. Daher ist in der Schöpfung auch etwas von seiner Ewigkeit enthalten.
Vieles in dieser Schöpfung ist so, dass wir nur staunen können. Dann diskutieren die Verständigen und Wissenschaftler darüber. Wenn Christen sagen, die Erde besteht seit ungefähr sechstausend Jahren, so wie die Bibel es deutlich macht, wie erklärt ihr dann, dass wir Sterne sehen, die Tausende von Lichtjahren entfernt sind? Dann müssten diese Sterne doch vor der Schöpfung bereits geschaffen sein, oder?
Ich sage darauf: Für meinen Gott ist das kein Problem, einen Stern zu schaffen, mit einem Lichtstrahl, der so aussieht, als wenn er so lange unterwegs wäre.
Das ist im Kleinen genau dasselbe, wenn man fragt, wie alt Adam war, als Gott ihn geschaffen hat. Er ist ja nicht als Baby geschaffen worden. Gott hat Adam mit einem fiktiven Alter geschaffen. Gott hat Bäume in den Garten gesetzt mit einem fiktiven Alter. Oder meint ihr, dass die Bäume keine Jahresringe hatten?
Das ist also für Gott kein Problem, Dinge zu schaffen mit einem fiktiven Alter. Wenn unsere Geologen die Erde untersuchen und sagen, die einzelnen Erdzeitalter sind so und so alt, ist es für meinen Gott kein Problem, Erdschichten zu schaffen, die wir als uralt ansehen.
Manchmal denke ich, dass Gott im Himmel sitzt und grinst, wenn all die Wissenschaftler daran herumtüfteln und nicht klarkommen.
Dieser Vers 2 macht etwas deutlich: „Du hast deine Hoheit gelegt auf den Himmel.“ Ich weiß nicht, welches Wort hier für „Himmel“ gebraucht wird, ich bin kein Hebräer. Das Firmament, das wir sehen, nennen wir auch Himmel.
Wie viele Sterne, wie viele Galaxien, wie viele Sonnensysteme, wie viele Milchstraßen gibt es? Unsere Astronauten merken, das ist eine Unendlichkeit. Dieses Weltall ist immer noch in Bewegung und dehnt sich weiter aus.
Wir können nur ahnen, wie groß Gott ist. Wir haben gesungen: „Wie groß bist du.“ Du kannst mit deinem bloßen Auge die Sterne anschauen, du kannst ein Fernrohr nehmen, du kannst riesige Weltraumbeobachtungsstationen nutzen und merkst, es ist immer noch weiter, es geht immer noch weiter.
Und das ist schon so. Es wird hier sehr deutlich in diesem Psalm, wie David darüber zum Staunen kommt. Er hatte kein Fernrohr, er sah nur mit seinem bloßen Auge den Himmel und die Erde und kommt zum Staunen über die Schöpfung Gottes.
Die Macht aus dem Lob der Kleinsten und die Umkehr des Bösen
Und dann sagt er einen eigentümlichen Vers, Vers drei: „Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet, wegen deiner Bedränger, um zum Schweigen zu bringen den Feind und den Rachgierigen.“
Vielleicht denkt man, dass dieser Vers überhaupt nicht in diesen Psalm passt. Was haben auf einmal die Babys darin zu suchen? Ich weiß nicht, ob einige von euch die Zeitschrift Ideaspektrum kennen. Dort gibt es jede Woche eine Rubrik, in der steht, wie viele Kinder in Deutschland abgetrieben wurden. Hier steht: „Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet.“ Wie viele Kinder sind schon im Himmel, bevor sie überhaupt geboren wurden?
Vor einigen Jahren hatten wir ein junges Mädchen in unsere Familie aufgenommen. Sie war damals neunzehn Jahre alt, als sie zu uns kam. Wenige Wochen später kam sie zum Glauben und fing an, die Bibel zu lesen – ich möchte fast sagen, sie verschlang sie mit Herz und Seele. Ich gab ihr zuerst eine Comicbibel, dann eine Kinderbibel und anschließend das große Erzählbuch biblischer Geschichten. Als sie das alles durchgelesen hatte, sagte sie: „Und jetzt das Richtige.“ Dann begann sie, die Bibel zu lesen. Danach kannte sie die Bibel besser als alle unsere Jugendlichen in der Jugendstunde.
Sie entdeckte Bibelverse, die ich selbst noch nie bewusst gelesen hatte. Als sie gläubig wurde, war ihr erster Weg zu ihrer Mutter. Ihre Eltern lebten geschieden, und die Mutter lebte mit einem anderen Mann zusammen. Sie sagte zu ihrer Mutter: „Mutter, du bist eine Mörderin, du hast meinen kleinen Bruder abgetrieben. Du kommst in die Hölle.“ Die Mutter war natürlich empört und warf sie hinaus. Sie sagte, sie wäre froh, wenn sie wieder auf Drogentrip wäre, statt auf dem Jesustrip.
Das Mädchen kam niedergeschlagen zurück. Da las ich ihr diesen Vers vor: „Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet.“ Ich sagte ihr: „Weißt du, dein kleiner Bruder ist schon im Himmel. Für ihn ist auch der Herr Jesus gestorben. Er hat ihn zu sich genommen, obwohl er noch keine Entscheidung treffen konnte.“ Ich vergesse diesen Augenblick nicht, als ihr das bewusst wurde: Jemand aus meiner Familie ist schon im Himmel. Und sie freute sich darauf, wenn sie einmal dort sein würde und ihren kleinen Bruder sehen könnte.
Das darf uns auf der anderen Seite bei dem so schrecklichen Thema Abtreibung trösten. Wir dürfen wissen, dass auch dafür Jesus gestorben ist. Natürlich ist Abtreibung eine Macht des Bösen. Aber wenn wir diesen Vers lesen: „Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet, wegen deiner Bedränger, um zum Schweigen zu bringen den Feind und den Rachgierigen“, dann sehen wir, dass Gott das Böse in etwas Gutes verwandelt.
Wie oft haben Menschen gefragt: Wie lässt Gott zu, dass die vielen Kleinkinder bis zum zweiten Lebensjahr in Bethlehem ermordet wurden, weil Herodes den Herrn Jesus erwischen wollte? Was ist daran gerecht? Hier steht, Gott hat sich dadurch eine Macht gegründet, eine Befestigung wegen seiner Bedränger, um den Feind und den Rachgierigen zum Schweigen zu bringen. Das bedeutet, dass Gott das Böse, was Menschen tun, in Lob und Ehre für sich umwandelt.
Jesus nimmt darauf Bezug in Matthäus 21, beim Einzug in Jerusalem. Er sitzt auf einem Eselsfüllen, die Jünger breiten ihre Kleider aus, Palmzweige werden abgebrochen und auf den Weg geworfen. Es wird gesungen: „Hosanna dem Sohn Davids!“ Die Pharisäer sagen: „Verbietet ihnen das!“ Doch Jesus antwortet: „Wenn diese schweigen, werden die Steine schreien.“ Und er zitiert dabei genau diesen Vers.
Ich glaube, wir können gar nicht nachempfinden, welche Dimension Gott dadurch hat. Wir sind entsetzt, wenn wir sehen, wie in vielen Ländern Christen verfolgt und Kinder getötet werden. Wir fragen uns: Was können sie denn dafür? Warum schaut Gott zu? Wenn ich diesen Vers lese, merke ich, dass Gott andere Dimensionen hat als wir. Er benutzt das Schreckliche, das Menschen tun, um daraus eine Verherrlichung Gottes zu schaffen.
Das wundert mich. Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name! Vieles können wir in dieser Welt nicht verstehen, und vieles macht uns bang und erschreckt uns. Aber ich bin dankbar, dass es eine andere Dimension gibt. Wenn wir einmal bei Gott sind, werden wir sicherlich staunen, wie viele Kinder Gott loben und preisen werden.
Ich glaube auch nicht, dass wir im Himmel Kinder, Erwachsene und Senioren in der gleichen Weise sind wie hier auf der Erde. Aber ich denke, wir werden erkennen, wer dort ist.
Staunen über die Schöpfung und Gottes Fürsorge für den Menschen
Und dann wirft der Psalmdichter, also David, einen Blick auf die Welt um ihn herum: „Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast.“
Erika und ich wohnen in einer Großstadt. Dort sieht man nachts nur wenig von den Sternen. Neulich war ich bei Geschwistern, die ziemlich weit auf dem Land wohnen. Es war ein sternklarer Himmel, und das ist schon etwas Beeindruckendes, wenn man unter dem Firmament steht.
Mein jüngster Sohn hat eine fantastische Telekamera und auch eine sehr gute Kamera allgemein. Manchmal macht er Fotos vom nächtlichen Himmel und nimmt Zeitaufnahmen auf. Es ist beeindruckend, später auf den Fotos zu sehen, wie die Sterne wandern. Dabei steht man da und denkt: Im Grunde hat man nachts kaum einen Blick dafür, weil man schläft. Was sich da in der Nacht am Himmel abspielt, darf uns zum Staunen bringen.
Offensichtlich hat David damals oft unter dem Sternenhimmel gestanden, wenn er die Herden seines Vaters gehütet hat.
Mir kommt eine Begebenheit in Erinnerung: Vor einigen Jahren hatten wir einen Mann in der Gemeinde, der aus Rumänien kam. Er war kein Rumäniendeutscher, kein Siebenbürger, sondern ein echter Rumäne. Er konnte kein Deutsch. Wir wollten ihn näher kennenlernen, doch da wir selbst kein Rumänisch sprachen, baten wir einen Siebenbürger in der Gemeinde, für uns zu übersetzen.
So hörte ich seine Geschichte, die mich sehr beeindruckte. Er erzählte: „In Rumänien bin ich in einem Dorf groß geworden. Alles war kommunistisch, alles war atheistisch. Tagsüber arbeitete ich in der Fabrik, nachts hütete ich die Schweine meines Onkels. Oft stand ich unter dem Firmament und dachte: Das kann nicht wahr sein, was wir in der Schule gelernt haben, dass das alles von alleine entstanden ist. Dieser Sternenhimmel zeigt eine Größe, bei der ich mich klein vorkomme.“
Er sagte weiter: „Ich habe unter diesem Sternenhimmel gestanden und im Nachhinein kann ich sagen, es war ein Gebet. Ich sagte: ‚Wenn es da oben jemanden gibt, der das alles gemacht hat, dann zeig dich mir.‘ Und ich kann sagen, dieses Gebet wurde erhört.“
Er wusste damals nichts von einem Gott. Noch weniger wusste er von Jesus. Er kannte keine Bibel und keine Christen. Nur das, was der Römerbrief am Anfang sagt: Der Mensch kann durch das Geschaffene erkennen, dass es einen Gott gibt.
Tatsächlich kam kurze Zeit später ein Arbeitskollege aus der Nebenabteilung auf ihn zu. Er sagte: „Der ist so komisch, ich glaube, der geht sonntags in so einen Kreis, die nennen sich Christen.“ Neugierig geworden, suchte er ihn während der Arbeitszeit auf und fragte: „Bist du Christ?“ Der Kollege antwortete: „Ja.“ Darauf fragte er: „Was bedeutet es, Christ zu sein?“ Er sagte: „Wir haben ein Buch, und danach leben wir.“
Er fragte weiter: „Wie kann ich dieses Buch finden?“ Der Kollege antwortete: „Ich habe keines übrig, aber vielleicht kann ich dir eins besorgen.“ Dann fragte er seinen Großvater: „Weißt du, was ein Christ ist?“ Der Großvater antwortete: „Ja“, schimpfte aber auch, denn früher gab es hier mal Christen. „Ich glaube, ich habe oben auf dem Speicher noch so ein Buch von denen.“
Er ging auf den Speicher, fand die Bibel und las sie nachts. Er erzählte: „Es dauerte sehr lange, bis ich an Jesus kam. Ich habe vorne angefangen. Aber durch das Lesen der Bibel bin ich zum Glauben gekommen.“
Das ist eine spannende Geschichte. Ich möchte an dieser Stelle aufhören. Es war interessant zu sehen, wie es weiterging, doch um deutlich zu machen: Gott offenbart sich tatsächlich durch die Schöpfung. Wer aufrichtig sucht, der wird ihn finden. Das sagt der Römerbrief sehr deutlich in Kapitel 1.
David steht hier unter dem Firmament: „Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast.“
Wenn man allein die Größenordnungen betrachtet, wie groß die Sonne ist – nur in unserem Sonnensystem – und wie klein der blaue Planet ist, bekommt man einen anderen Blick. Steht man auf einem hohen Berg und schaut nach unten, werden plötzlich alle Probleme ganz klein. Man bekommt eine völlig neue Perspektive.
Damals bekannte ein amerikanischer Astronaut, der als erster im Weltraum war, hinterher genau das.
Wie wir das aufnehmen, hängt an unserem Herzen. Der russische Astronaut Gagarin sagte: „Ich bin um die Erde geflogen, ich war im Weltall, ich habe Gott nicht gesehen.“
Armstrong, der amerikanische Astronaut, sagte hingegen: „Wenn ich das alles sehe, sehe ich überall Gott.“
Es kommt also auf das Herz an.
Anbetung als Reaktion auf Gottes Schöpfung
In der Offenbarung, Kapitel 4, Vers 11, wird uns etwas Wichtiges deutlich gemacht. Die Offenbarung zeigt uns fünf verschiedene Arten von Anbetung. Die erste Begründung für Anbetung ist die Anbetung über Gottes Schöpfung, seine Größe, seine Macht, seinen Namen und seinen Christus.
Schauen wir einmal in Offenbarung 4 nach. Ab Vers 9 heißt es: „Und wenn die lebendigen Wesen Herrlichkeit und Ehre und Danksagung geben dem, der auf dem Thron sitzt und lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit, so fallen die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem, der auf dem Thron sitzt, und beten den an, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt. Sie werfen ihre Siegeskränze nieder vor dem Thron und sagen: Du bist würdig, unser Herr und Gott, die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht zu nehmen, denn du hast alle Dinge erschaffen, und durch deinen Willen waren sie und sind sie erschaffen worden.“
Wir sehen also, dass der erste Grund für Anbetung in der Offenbarung das Anschauen der Schöpfung ist. Heute habe ich oft die Befürchtung, dass wir das völlig verlernt haben. Auch die nächste Generation hat den Blick für die Schöpfung Gottes verloren.
Dabei ist das doch nur zum Staunen, oder? Gestern stand hier in der Zeitung, dass manche Leute sich darüber beschweren, dass die Vögel schon vor Sonnenaufgang singen. Sie sagen, das solle man verbieten, so wie den Muezzinruf. Sie fühlen sich im Schlaf gestört.
Ich muss sagen, ich freue mich immer im Sommer, wenn ich um fünf Uhr schon wach werde und die Vögel singen höre. Gottes Lob erklingt schon ohne den Menschen – und ich glaube, ohne den Menschen sogar noch besser als mit.
Die Schöpfung lobt Gott, und das wird in manchen Psalmen so ausgedrückt. Manchmal ist das richtig bildhaft: Da heißt es, die Bäume tanzen und die Tiere springen, die gesamte Kreatur stimmt in das Lob Gottes ein. Nur wir Menschen sitzen manchmal muffelig daneben.
Ich glaube, solch ein Psalm darf uns Mut machen, die Schöpfung, die Gott gemacht hat, neu zu sehen.
Die künstlerische Wahrnehmung der Schöpfung und die Rolle des Menschen
Ich bin dankbar, dass mein Vater mir dafür die Augen geöffnet hat. Mein Vater hat gerne gemalt. Im Alter hat er sich wieder dem Malen zugewandt. Als er nicht mehr laufen konnte, hat er sich eine Staffelei für die Knie besorgt und dann gemalt.
Wenn man einmal durch die Kunstgeschichte geht, ist das sehr interessant. Die Darstellung der Schöpfung begann erst wieder mit Albrecht Dürer. Vorher hatte man nur vergeistigt gemalt. Albrecht Dürer hat ganz bewusst die Natur beobachtet. Bekannt ist sein Hase, der bis ins kleinste Detail penibel gemalt ist.
Berühmt ist ein Breitwandgemälde von Dürer, auf dem er eine Landschaft darstellt. Man merkt, dass er mindestens einen Tag an diesem Bild gearbeitet hat. Er hat gemalt, was er gesehen hat. Seine Staffelei stand draußen, und er hatte ein kleines Häuschen darum gebaut, damit er bei Regen im Trockenen war. Vorne war ein Fenster, durch das er die Landschaft malte. Dabei hat er nicht bedacht, dass sich die Landschaft im Laufe des Tages verändert.
Das ist in diesem Bild sehr gut zu sehen: Auf der einen Seite fällt der Schatten von rechts nach links, auf der anderen Seite von der entgegengesetzten Richtung. Die Sonne war gewandert, und Dürer hat einfach das gemalt, was er gesehen hat. So etwas gab es vorher nie. Die Maler achteten nie auf Schattenbildung. Sie machten Skizzen, gingen mit diesen ins Atelier und malten unabhängig von der Beleuchtung.
Erst seit Albrecht Dürer wurde der Blick wieder geöffnet, und das ist spannend. Während meines Studiums habe ich auch Kunstgeschichte studiert. Es ist interessant zu sehen, wie sich die Kunst entwickelt hat.
Die Kunst hat sich völlig verändert, seit es die Fotografie gibt. Die Maler mussten nicht mehr die Natur abbilden, sondern malten nur noch Eindrücke. Danach kam der Impressionismus, bei dem nur die Stimmung gemalt wurde. Später wurde es noch komplizierter, als sich auch der Geist des Menschen immer weiter von Gott abwandte. Daraus entstanden Expressionismus, Kubismus und weitere Stilrichtungen.
Es ist auffallend, wie die Entwicklung in der Kunstgeschichte davon beeinflusst wird, ob die Menschen einen Blick für Gottes Schöpfung haben und wirklich Gott dahinter sehen.
David kommt in einem Psalm zu folgendem Ergebnis: Wenn ich den Himmel anschaue, das, was du gemacht hast, und dann den Menschen sehe – wie winzig sind wir! Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschensohn, dass du dich um ihn kümmerst? Dann beschreibt er es weiter: Du hast ihn wenig geringer gemacht als Engel. Mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt.
Diese Unterscheidung finden wir an verschiedenen Stellen erwähnt, zum Beispiel in 1. Korinther 1 und Römer 3: Was ist der Mensch? Wenn ich die Größe Gottes ansehe, die sich in der Schöpfung erahnen lässt, muss ich sagen: Gott, warum kümmerst du dich um uns winzige Menschen, Staubkörner auf dieser Erde? Und wir meinen, wir wären etwas.
Damals gab es in einer Zeitung eine Karikatur, als der erste Sputnik gestartet wurde, ich glaube 1956 oder so. Darin wurde Gott Vater gezeigt, der im Himmel auf dem Thron sitzt, vor ihm das große Weltall. Eine kleine Sprechblase sagt: „Piep! Piep!“ Ein Engel steht neben Gott und fragt: „Was ist da los im Weltall?“ Gott antwortet: „Ach, der Tennisball hat ein Staubkorn geboren.“
Was ist der Mensch? Wir bilden uns viel auf unser Können ein. David kommt zum Staunen darüber, dass Gott sich überhaupt um uns kümmert. Er hätte uns nicht nötig. Und er fragt sich: Gott, warum machst du es dir so kompliziert mit den Menschen? Wahrscheinlich wäre es für Gott an vielen Stellen einfacher, wenn es mich nicht gäbe.
David kommt zum Staunen und begreift: Wir sind eigentlich nichts, und doch gibst du uns eine Rangordnung, ein wenig unter die Engel. Aber du hast ihn erhöht und mit Herrlichkeit und Pracht gekrönt.
Gott hat den Menschen damals geschaffen, damit er über die Erde herrscht, über alles Vieh und alles, was kreucht und fleucht. „Macht euch die Erde untertan!“ Diesem Befehl Gottes sind die Menschen nicht gehorsam gewesen. Adam und Eva haben sich dem Teufel untergeordnet. Trotzdem kümmert sich Gott um uns, um uns zu retten.
Wenn wir ins Neue Testament schauen, merken wir, was für ein Wunder es ist, dass Gott aus uns winzigen kleinen Sündern Erlöste, Gottes Kinder und Anbeter macht. Der Wunsch Gottes vom Beginn der Schöpfung an ist, in der Mitte der Menschen zu wohnen. Das ist für mich unbegreiflich.
Gestern Morgen waren wir zum Brotbrechen hier zusammen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich denke immer daran: Warum darf ich dabei sein? Ich bin doch nur ein erlöster Sünder. Und warum darf ich, wie Jesus es in Johannes 17 wünscht, bei ihm sein, um seine Herrlichkeit zu sehen? Jesus sagt: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, bei mir sind, damit sie meine Herrlichkeit schauen.“ Das ist für mich unbegreiflich, und mein Herz kommt zum Staunen darüber.
Der Psalmdichter sagt auch: „Du machst ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände. Alles hast du unter seine Füße gestellt.“ Stell dir vor, du hast etwas kreiert, und du gibst es zur Verwaltung einem, dem du eigentlich nichts zutraust. So macht es Gott hier. Das Werk seiner Hände vertraut er dem Menschen an, von dem er weiß, dass er versagt.
Wir können fragen: Gott, warum machst du das? Hast du keine Angst um deine Werke? Ich habe den Eindruck, dass David auch darüber zum Staunen kommt: „Du hast alles unter seine Füße gestellt: Schafe und Rinder, die Tiere des Feldes, die Vögel des Himmels, die Fische des Meeres. Macht euch die Erde untertan!“
Wie viel Chaos hat der Mensch angerichtet und richtet es weiter an! Ein einfaches Beispiel: Der Raum unten heißt gegenüber von der Cafeteria „Waldblick“. Habt ihr mal rausgeschaut? Es gibt keinen Wald mehr, heute ist dort eine Siedlung. Der Raum müsste heute „Siedlungsblick“ heißen. Wir gewöhnen uns daran.
„Macht euch die Erde untertan!“ Ja. Trotzdem komme ich zum Staunen über die Größe Gottes.
Es ist nicht verwunderlich, dass David mit dem gleichen Ausspruch endet, den er zu Anfang gesagt hat: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf den Himmel.“
Ich komme zum Staunen darüber, dass Gott, dieser große Gott, der Himmel und Erde, das gesamte Weltall und alles geschaffen hat, sich zu uns kleinen Menschen herabneigt und sich um jeden einzelnen von uns kümmert.
Jesus sagt: Wenn du ihn in deinem Herzen aufgenommen hast, werden der Vater, der Sohn und auch der Heilige Geist in dir Wohnung machen. Nicht ein Krümel von Gott, sondern ganz. Kannst du das begreifen? Ich nicht. Ich kann nur staunen.
Die Antwort von uns kann nur Anbetung sein. Anbetung ist Staunen über Gott. Anbetung ist oft ohne Worte, einfach nur da sitzen und mit offenem Mund staunen.
Ich wünsche euch in diesen Tagen, dass ihr zum Staunen kommt. Ab heute Abend soll es wieder trocken sein. Ihr könnt euch in den Garten setzen, die Wolken beobachten, die Vögel anhören und Gott einfach Dankeschön sagen. Amen.
