Einführung und Rückblick auf den Brief an die Thessalonicher
Bevor wir tiefer einsteigen, machen wir eine kurze Zäsur und einen Rückblick. Paulus schreibt zusammen mit Silvanus und Timotheus an eine junge Gemeinde in Thessalonich. Diese Gemeinde steckt in großen Schwierigkeiten, weil ihre Landsleute es gar nicht gut finden, dass sie Christen geworden sind.
Mir ist wichtig, dass wir, wenn wir diese Briefe lesen, am Ende nicht einfach sagen: „Aha, jetzt habe ich den ersten Thessalonicherbrief verstanden.“ Das wäre mir zu wenig. Es geht im geistlichen Leben nämlich nicht nur darum, etwas zu verstehen. Vielmehr geht es darum, das, was ich verstanden habe, auch umzusetzen.
Es geht darum, dass mein Leben immer mehr so wird, wie Gott es sich wünscht. Es bleibt also nie nur bei der Theorie. Ich finde es schön, wenn ihr mitschreibt und euch Dinge notiert. Das ist ganz wichtig, damit ihr von der Theorie zur Anwendung kommt. Erkenntnis muss zu Frömmigkeit werden. Sie muss ein ganz normaler, regelmäßiger Bestandteil meines Lebens sein.
Paulus kann hier für uns ein Vorbild sein – und er will es auch. Er war es für die Thessalonicher. Er sagt ihnen: „Ihr seid meinem Vorbild gefolgt, ihr habt mich nachgeahmt.“ Und das ist völlig richtig. Es ist nichts Falsches daran, einen Apostel als Vorbild zu nehmen und so zu leben, wie er es vorgemacht hat. Das ist vollkommen richtig.
Vier grundlegende Anwendungen aus dem Thessalonicherbrief
Und deswegen vier kleine Vorbemerkungen, was wir zu diesem Zeitpunkt aus dem ersten Thessalonicherbrief bereits wissen. Vier Anwendungen, die uns eigentlich schon überzeugen sollten – Dinge, die sich auf die eine oder andere Weise vielleicht heute schon in unserem Leben gefunden haben.
Wir haben gesehen: Paulus ist ein Beter. Er dankt viel für die Thessalonicher, er betet, sagt er, allezeit und dankt dabei immer wieder. Die Anwendung ist ganz simpel, aber sie wird sich nicht dadurch in meinem Leben einstellen, dass ich es weiß, sondern erst dann, wenn ich es tue.
Tipp eins aus dem Thessalonicherbrief: Danke für die Geschwister deiner Gemeinde. Das ist ein ganz simpler Tipp, und ich werde euch so lange damit traktieren, bis es euch aus den Ohren rauskommt. Denn ich weiß ganz genau: Man hört sich das fünfmal an, und das heißt noch nicht, dass man es dann gleich tut.
Also morgen früh: Gemeindeliste! Wenn ihr keine Gemeindeliste habt, müsst ihr euch eine besorgen. Es gibt bestimmt irgendwo eine oder irgendetwas im Internet. Fangt bei A an und fangt an, für die Geschwister zu danken.
Der zweite Punkt, der mir aufgefallen ist und der mir im ersten Thessalonicher so wichtig ist: Paulus hängt an den Geschwistern. Er kann es gar nicht aushalten, nicht zu wissen, wie es ihnen geht. Er hat sie lieb wie eine Mutter, ganz zärtlich und fürsorglich. Und wie ein Vater belehrt und ermahnt er sie und hat sich um sie gekümmert. Im Moment, wo er nicht zu ihnen kann, geht es ihm emotional so, als hätte man ihm seine Kinder weggenommen.
Tipp zwei: Überprüfe deine Haltung zu den Geschwistern. Sind sie in deinem Leben die große Freude? Bist du von Herzen froh? Jubelst du innerlich darüber, Teil eines lebendigen Steins in einer geistlichen Gemeinschaft zu sein – in der einzigen geistlichen Gemeinschaft, die die Hoffnung auf die Ewigkeit hat?
Wenn nicht, dann musst du an dieser Stelle ran. Das wird sich nicht dadurch ändern, dass man es einfach liegen lässt. Du wirst in irgendeiner Form anfangen müssen, dich zu freuen. Freude lernt man – es klingt so platt, aber ich sage es einfach mal: Wie lernt man Freude? Man lernt es durch Freuen.
Ich werde nicht fröhlicher, nicht freudiger, wenn ich in meinem Sessel sitze und darauf warte, dass ich irgendwann fröhlich werde. Da wird sich nichts tun. Stattdessen muss ich einfach mal anfangen. Ich muss überlegen: Was sind die Dinge, über die ich mich freuen kann? Was sind Ausdrucksformen von Freude? Und dann muss ich damit anfangen.
Das fühlt sich am Anfang ganz falsch an. Warum? Na ja, wenn ich so ein muffliger Stinkstiefel bin, der sich einfach nicht freuen kann, dann ist es für den einfach total ungewohnt, sich zu freuen. Und die ersten paar Male ist es so wie im Fitnessstudio, wenn man lange nicht mehr da war.
Da hat man die Erinnerung an früher, wie das mal war, geht an so ein Gerät, fängt an und denkt sich: „Ach, ich stelle mal ein, was ich früher so drauf hatte.“ Ja, ja, das stellt man ein. Und dann nach dem zweiten Mal und den vernichtenden Blicken von nebenan hört man damit auf und macht es wieder ein bisschen anders.
Also starte damit! Und wenn es sich unangenehm oder merkwürdig anfühlt, ist das völlig egal. Was erwartest du? Du willst ja lernen. Das ist ganz in Ordnung.
Dritter Punkt: Paulus ist realistisch, er ist kein Träumer. Er weiß um den Widerstand, der ihm selbst immer entgegenschlägt, aber auch den Thessalonichern. Er kennt die Probleme der Thessalonicher. Er hat sogar Angst, dass ihr Glaube noch nicht tief genug sein könnte. Er fürchtet, dass sie als Gläubige womöglich durch die Anfeindung wieder vom Glauben abfallen könnten und dass sie noch mehr von dem „Papa“ brauchen.
Und dieser Realismus – was macht der? Er treibt ihn ins Gebet. Deswegen dieser ganz simple Tipp: Wenn du in dein Leben hineinschaust und merkst, dass bestimmte Dinge nicht so laufen, wie du es dir vorstellst – Paulus will einmal nach Thessalonich zurück, das klappt nicht, das zweite Mal klappt auch nicht, dann schickt man wenigstens Timotheus. Aber er hat immer noch Lust zu kommen.
Was mache ich also, wenn die Dinge nicht so laufen, wie ich es mir vorstelle? Ganz simpel: beten. Und zwar eine Schippe drauflegen, intensiver beten, nicht resignieren, nicht aufgeben und nicht womöglich murren oder Gott Vorwürfe machen, sondern beten.
Der vierte Punkt, den wir gestern am Schluss hatten: Paulus betet für sie um Liebe. Und das tut er, obwohl er am Anfang sagt, dass sie eigentlich schon ganz lieb sind. Er sieht die Bemühung der Liebe, er weiß, sie strengen sich an. Trotzdem betet er, dass sie reicher und überströmend werden in der Liebe – gegeneinander und gegen alle.
Warum? Weil das das Herzstück unseres Glaubens ist. Das ist der Punkt, an dem wir am Ende gemessen werden. Das ist die Qualität, mit der alles, was unser Leben auszeichnet, multipliziert wird.
Es ist so: Wenn man etwas mit null mal nimmt, dann bleibt es null. Das ist immer das Problem. Liebe ist das Entscheidende. Wenn wir an dieser Stelle keine Kompetenz haben, wenn wir uns da schwer tun, wenn wir nicht begreifen, dass gerade Gemeinde der Ort ist, wo wir herausgefordert werden, mit Menschen liebevoll umzugehen, die es uns schwer machen und nicht einfach sind, dann werden wir womöglich am Ende vor Gott stehen.
Und Gott wird sagen: „Ja, du hast viel Wissen, du warst total begabt, du hast dich richtig reingehangen, du hast viel gespendet, du bist vielleicht am Ende sogar gesundheitlich ruiniert, aber tut mir leid, das Eigentliche, was ich von dir wollte, waren diese Punkte nicht. Das Eigentliche, was ich wollte, war, dass du lernst zu lieben, denn daran sehen Leute, dass ich in ihnen bin.“
Ich möchte an dieser Stelle einfach diesen Fokus setzen: Wenn ihr für euch selbst betet, dann betet dafür, dass ihr liebevoller werdet. Wenn ihr über etwas in eurem Leben nachdenkt, dann denkt darüber nach, wie ihr lernen könnt zu lieben.
Da gibt 1. Korinther 13,4 ein paar Ideen, wie Liebe ist. Man kann auch das Hohelied lesen und sich dazu Vorträge anhören – da gibt es schon Ideen. Wir dürfen sie nur nicht verpassen.
Also Tipp Nummer vier: Wenn du noch nicht so lieb bist, dann lerne das Lieben. Wenn du schon lieb bist, wachse darin. Und wenn du es schon richtig gut kannst, dann wachse einfach weiter.
Okay, gut, das zum Thema Liebe. Vier Punkte vorneweg: Erstens danken, zweitens eine Fröhlichkeit gegenüber den Geschwistern entwickeln, drittens beten, wenn es nicht läuft, wie es laufen soll, und viertens liebevoller werden. Das wissen wir schon.
Einstieg in 1. Thessalonicher Kapitel 4: Heiligkeit und ethische Herausforderungen
Und jetzt steigen wir ein in 1. Thessalonicher Kapitel 4.
Paulus hatte eben noch gebetet – neben der Liebe – für ein festes Herz. Er wünschte sich, dass die jungen Geschwister in ihrem Inneren Überzeugungen entwickeln und zu diesen Überzeugungen stehen, um untadelig in Heiligkeit vor Gott zu leben. Heiligkeit ist jetzt sein zentrales Thema, denn bei den jungen Geschwistern in Thessalonich gibt es durchaus einige Probleme, nicht unbedingt kleine, die er ansprechen muss.
Das erste große Thema hat mit Sexualität zu tun. Wo Gott Herr ist, wo wir erwarten, dass Jesus wiederkommt und ihn als Herrn erwarten, da ist unser gesamtes Leben ein Leben, das wir für ihn leben. Paulus hatte sie beschworen, würdig des Gottes zu wandeln, der sie zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit beruft.
Schaut man in die Antike hinein, dann spielte Sexualität für die Religion im Allgemeinen keine große Rolle. Anders ausgedrückt: Die Religion auferlegte keine großen Schranken in puncto Sexualität. Man durfte eigentlich machen, was man wollte, mit wem man wollte. Die Gesellschaft damals war in Bezug darauf, wer mit wem schläft, sehr frei.
Zumal gab es weibliche Sklaven, und diese Sklaven standen sowieso zum freien Gebrauch zur Verfügung. Es gab Prostituierte, auch Kultprostituierte, die ihre Dienste als Teil ihrer Frömmigkeit anboten – eher preiswert und damit allgemein verfügbar. Man ging sowieso davon aus, dass eine Ehe – naja, man war schon verheiratet, aber mit Liebe und Leidenschaft hatte das wenig zu tun. Dafür gab es Mätressen und Freundinnen; ja, die waren dafür zuständig.
Der Sinn und Zweck einer Ehe bestand darin, einen legitimen Erben hervorzubringen. Punkt.
So, und jetzt kommt das Christentum in diese Situation hinein. Männer durften so ziemlich alles und niemand mischte sich ein. Jetzt kommt das Christentum und sagt: So, wir ändern mal die Spielregeln. Wir machen nicht mehr alles erlaubt, sondern schauen mal in 1. Mose 2, wie ganz am Anfang die Sache gestrickt wurde. Das ist unser Ideal: ein Mann und eine Frau ein Leben lang.
Ich hoffe, ihr habt noch das Erstaunen der Jünger in Matthäus 19 wenigstens im Ohr, wo Jesus ihnen genau das erklärt. Die eigenen Jünger sagen dann: Wenn das so ist, dann ist es nicht ratsam zu heiraten. Also, wenn das so eine Sache ist – ein Mann, eine Frau –, das heißt, ich mit meiner Frau wäre sie nie wieder los. Wenn das so ist, sagen die Jünger, dann ist das schwer.
Das sagen nicht irgendwelche Pharisäer oder Heiden, sondern die Jünger sind perplex, dass Gott das so will. Aber das ist das, was Gott sich vorstellt: Ein Mann, eine Frau, ein Leben lang. 1. Mose 2.
Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, ja, ankleben.
Ihr merkt, das ist auf Konfrontation hin angelegt – und das ist es übrigens immer. Wo immer Christentum gepredigt wurde, gab es an dieser Stelle Knatsch.
Wenn man versucht, diesen Knatsch ein bisschen zu entspannen, indem man zusätzlich Dinge erlaubt, die Gott eigentlich nicht erlaubt, dann verlässt man das Christentum. Man verlässt es deshalb, weil wir an Gottes Willen nicht einfach herumdoktern können, wie wir uns das vorstellen.
Aufruf zu heiligem Wandel und sexuelle Reinheit
Übrigens, nun, Brüder, bitten und ermahnen wir euch im Herrn Jesus. Es geht also nicht darum, was Paulus gerne hätte. Bitte schiebt ihm hier keine verquere, knöcherne Pharisäersicht unter. Er beruft sich auf das, was Jesus selbst gesagt hat.
Paulus erbittet und ermahnt im Herrn Jesus, weil er von uns Weisung empfangen hat, wie ihr wandeln und Gott gefallen sollt – so, wie ihr auch wandelt. Er möchte, dass ihr darin noch reichlicher zunehmt. Eigentlich stimmt das Herz der Thessalonicher; sie machen das schon. Sie wissen: Ich lebe hier, um Gott zu gefallen. Das ist der Punkt.
Es geht nicht darum, dass irgendein anderer mich toll findet. Gerade im Bereich der Sexualethik und gleich danach, im Bereich der Arbeitsethik, geht es nicht darum, was Menschen sagen, sondern um das, was Gott zu meinem Leben sagt. Dabei gilt es zu verstehen: Ich bin nie fertig. Ich darf immer in dem, was ich schon richtig mache, noch besser werden.
Denn ihr wisst, welche Weisungen oder Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus (Vers 2). Paulus greift zurück und sagt: Was hat Jesus über die Ehe gepredigt? Wir können das nachlesen in Matthäus Kapitel 5, Matthäus Kapitel 19 und den entsprechenden Parallelschilderungen.
Was sagt Jesus? Er betont, dass Gott am Anfang eine Norm gesetzt hat, an der das Leben eines Menschen gemessen werden soll. Was will Gott? Vers 3: Denn dies ist Gottes Wille, eure Heiligung.
Gott ist ein famoser Gott. Er verfolgt gewissermaßen eine Doppelstrategie im Umgang mit seinem Volk. Zum einen geht er ans Kreuz und trägt dort unsere Schuld. Alles, was ich an Mist ausgefressen habe, was ich verbockt habe – in der Vergangenheit, jetzt und in der Zukunft –, nimmt Jesus mir ab und sagt: Dafür bezahle ich. Du bist frei, du bist absolut gerecht, gerettet, erlöst, es ist alles in Ordnung. Du atmest durch.
Und jetzt kommt Jesus und sagt: Ja, und jetzt nicht das Kleingedruckte. Du musst jetzt nichts tun. Du darfst ja als Kind Gottes leben. Aber ich möchte, dass du, so wie ein Kind von seinen Eltern lernt, anders zu leben. Den Mist, den du in der Vergangenheit gemacht hast, sollst du nicht mehr tun. Ich möchte, dass du langsam, aber stetig anfängst, dein Leben zu verändern.
Es fängt damit an, dass du Dinge verstehst, anders redest, andere Dinge denkst, Lügen nicht mehr glaubst und dein Verhalten änderst. Dieser Prozess startet damit, dass Gott erst einmal zu mir sagt: Alles ist getan. Es geht nicht darum, dass ich noch irgendetwas zu meiner Errettung hinzufügen kann.
Aber dieser Prozess, der nach meiner Rettung in meinem Leben anfängt und mich Stück für Stück verwandelt – und zwar durch die Kraft des Heiligen Geistes in das Bild Jesu –, hört bis zu meinem Todestag nicht auf. Diesen Prozess nennt die Bibel Heiligung.
In vielen Bereichen meines Lebens zeigt sich das: die Art und Weise, wie ich mit Menschen rede, wie ich mit meiner Zeit umgehe, wie ich meine Talente einsetze, wie ich mit meinem Geld umgehe, wie ich mich in der Gemeinde einbringe und wie ich gute Werke habe – all das, was mein Leben auszeichnet.
Überall möchte Gott mitreden und sagen: Hör mir mal zu, was ich zu diesem Bereich zu sagen habe. Hör einfach mal in Ruhe zu, überleg, wie du es eigentlich machst, und verändere dann dein Verhalten.
Es ist ein großes Thema. Wer unser Buch zum Thema „Mit Werten erziehen und prägen“ kennt, weiß, dass dort 96 Lektionen enthalten sind – also 96 Bereiche, über die man mal nachdenken kann, übers Leben. Und es gibt bestimmt noch mehr.
Am Anfang ist das viel zu viel. Deshalb ist es so wichtig zu verstehen: Heiligung ist nicht der Teil, den wir zu unserer Rettung hinzutun müssen. Du musst nichts hinzufügen. Du bist Kind Gottes, du bist gerettet.
Auf der anderen Seite: Wenn wir nicht aus guten Werken heraus gerettet werden, die wir ja nicht hatten, so sind wir doch gerettet zu guten Werken. Wir sind gerettet zur Heiligung hin. Gott möchte uns verändern.
Gott möchte, dass du am Ende des Jahres zurückblickst und sagst: Dieses Jahr habe ich das und das gelernt, und ich mache es jetzt anders. Wenn es ein Punkt ist wie: Ich habe angefangen, für die Geschwister zu danken. Immer wenn der Gedanke hochkommt, dass ich jemanden nicht mag, dann weiß ich, das ist eine Lüge, das mache ich nicht mehr.
Vielleicht gelingt es mir noch nicht immer, aber ich habe damit angefangen. Damit ich es nicht vergesse, habe ich vielleicht einen Bibelvers auswendig gelernt und irgendwo hingehängt. Wenn ich ins Auto steige und fahre, und vor mir jemand nicht so fährt, wie ich es mir vorstelle, kommt in mir etwas hoch. Dann merke ich das und verändere mich Stück für Stück.
Wir haben ein Leben lang Zeit. Wir dürfen nur nie an den Punkt kommen zu glauben, Heiligung wäre etwas für die Extraheiligen. Es betrifft uns alle, und es ist Gottes Wille, eure Heiligung.
Umgang mit sexueller Reinheit und Selbstkontrolle
Paulus sagt hier ausdrücklich, dass ihr euch von Unzucht fernhalten sollt. Der Begriff Unzucht bezeichnet jede sexuelle Handlung außerhalb der Ehe. Das ist Unzucht, und Paulus betont, dass Gott das nicht möchte. Es ist ihm ein Gräuel.
Er bringt nun ein Beispiel und sagt, dass jeder von euch sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit gewinnen soll. Dieser Satz wirkt auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich. Man fragt sich: Was meint er damit? Was ist dieses Gefäß, das es zu gewinnen gilt?
Klassischerweise gibt es zwei Auslegungen: Die einen sagen, mit dem Gefäß ist die Ehefrau gemeint. Das könnte sein. Die anderen verstehen darunter den eigenen Körper. Wenn die Ehefrau gemeint ist, dann bedeutet „das Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit“ etwas Heiliges, das Gott wohlgefällig und auch für die Menschen ehrbar ist. Dann geht es um die Frage, wie man eine Frau gewinnt und sich in der Zeit der Werbung und Verlobung verhält.
Wenn hingegen das Gefäß der eigene Körper ist, übersetze ich „gewinnen“ lieber mit „kontrollieren“. Dann geht es darum, beim Thema Unzucht zu lernen, mit dem eigenen Körper kontrolliert umzugehen. Denn in unserem Körper stecken Emotionen und triebhafte Impulse. Besonders in einer sexistisch geprägten Gesellschaft, in der jede Schweinerei nur zwei Mausklicks entfernt ist, spürt man diese Impulse. Die Frage ist: Wie gehe ich damit um?
Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man sagt: „So bin ich halt, das ist eben so.“ Das mag bis zu dem Moment stimmen, bevor man sich bekehrt. Nach der Bekehrung bist du nicht mehr so, denn die Bibel sagt, du bekommst ein neues Herz. Der innere Mensch wird erneuert. Es werden nicht nur die Sünden abgewaschen, sondern auch die Macht der Sünde über dein Leben wird gebrochen.
Gott möchte, dass du in der Kraft, die er gibt, Stück für Stück den Sieg erringst über das, was in deinem Körper an schlechten Gefühlen, Erfahrungen, Verdrahtungen und Gewohnheiten steckt. Er will Heiligung. Er möchte, dass du lernst, deinen Körper, dein Gefäß, in Heiligkeit und Ehrbarkeit richtig zu kontrollieren. Dein Körper gehört dir nämlich nicht mehr, sondern Gott.
In Vers 5 heißt es: Lebt nicht in der leidenschaftlichen Begierde wie die Nationen, die Gott nicht kennen. Das bedeutet, die leidenschaftliche Lust – diese triebhafte, lustvolle Leidenschaft – kann aus dir herauskommen. Egal, ob es Ärger oder andere Impulse sind, du fühlst dich getrieben und musst dem jetzt nachgeben. Du lebst nach deinen Begierden, nach dem Tier in dir.
Paulus sagt: Ja, manche Menschen tun das. Das sind die Heiden, die Gott nicht kennen. Was sollen sie auch sonst tun? Aber du bist kein Heide mehr, du kennst Gott und weißt, was er will. Also fang an, in diese Richtung zu leben.
Besonders, wenn du daran gewöhnt bist, vielleicht mit jedem ins Bett zu gehen, schreibt Paulus in Vers 6, dass man sich keinen Übergriff erlauben darf. Fremde Ehe ist ausdrücklich tabu. Auch den Bruder in der Sache zu übervorteilen oder auszubeuten, wird sehr freundlich formuliert abgelehnt.
Das bedeutet: Ich muss lernen, meinen eigenen Körper zu kontrollieren. Ich darf nicht – und ich habe das Wort noch nie in einer Predigt benutzt, aber für Männer würde es bedeuten – „schwanzgesteuert“ sein. Ihr wisst, was ich meine: Dass der Testosteronspiegel entscheidet, was ich tue. Ein adäquates Gegenstück für Frauen kenne ich nicht, aber die Idee dahinter ist dieselbe: diese Leidenschaft, diese Lust, das „Ich mache, worauf ich Bock habe.“
Und da sagt Gott klar: Nein, das machen wir nicht. Das gilt besonders im Bereich der Sexualität, aber grundsätzlich auch sonst. Wenn du merkst, dass du Lust auf Dinge hast, die nicht gehen, heißt das: Stoppschild! Warum? Mindestens im Blick auf die Ehe gilt: Denn der Herr ist ein Rächer über all das, wie wir euch zuvor gesagt und ernstlich bezeugt haben.
Das könnt ihr auch in Hebräer 13,4 nachlesen: „Die Ehe sei ehrbar in allem und das Ehebett unbefleckt.“ Das bedeutet: Wenn ich verheiratet bin, kommt kein anderer in mein Ehebett. Und ich steige auch nicht in ein fremdes Ehebett – es bleibt unbefleckt.
Warum? Denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten. Das ist die Botschaft.
Diese Worte sind in eine Gesellschaft hineingesprochen, in der jeder mit jedem Sex hatte. Das war damals viel entspannter als heute, glaube ich, weil es mehr Möglichkeiten gab und es teilweise zu diversen Kulten und Religionen gehörte. Erst langsam wird in Deutschland wieder toleranter mit Orgien umgegangen. Wir nähern uns wieder römischen Verhältnissen an, sind aber noch nicht ganz so weit.
Trotz dieser Freizügigkeit ist Paulus an dieser Stelle knallhart. Er sagt: Wenn du so lebst und glaubst, du kannst einfach in eine fremde Ehe einbrechen, pass auf! Gott ist ein Rächer.
Berufung zur Heiligung statt Unreinheit
Was ist deine Berufung? Deine Berufung ist klar, denn Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen, sondern zur Heiligung.
Ich sage das immer voraussetzend, damit ihr es versteht: Wir sind Kinder Gottes, wir sind gerechtfertigt. Es geht niemals darum, dass wir Gott durch unser Verhalten etwas beweisen oder uns ein Stück Himmel „erkaufen“ wollen. Vielmehr geht es darum, das auszuleben, was Gott in uns hineingelegt hat. Wir sollen mehr und mehr ihm ähnlich werden und ein Leben führen, das ihm gefällt.
Wer diese Berufung verwirft, verwirft nicht einen Menschen. Wenn sich heute jemand hinstellt und sagt: „Ich sehe das aber ganz anders“, dann ist das mutig – wirklich mutig. Denn Paulus sagt: Wer dies verwirft, verwirft nicht einen Menschen, sondern Gott, der auch seinen Heiligen Geist in euch gibt.
Gott hat seinen Geist in uns gegeben – einen Geist der Kraft (2. Timotheus 1,7). Warum? Weil er sich wünscht, dass in uns dieser Veränderungsprozess geschieht.
Ich möchte euch unbedingt noch eine Stelle vorlesen, die ich großartig finde und die sich gut zum Auswendiglernen eignet: 2. Korinther 3,18. Dort heißt es: „Denn wir alle schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an. Wir sehen, wie Jesus gelebt hat – und Jesus war rein. Auch im Umgang mit Frauen war er einfach vorbildlich. Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt in dasselbe Bild – von Herrlichkeit zu Herrlichkeit –, wie es vom Herrn, dem Geist, geschieht.“
Der Geist Gottes in dir hat keine Freude an der Sünde. Denn immer, wenn du sündigst, dämpfst du ihn, hältst ihn niedrig, und er kann sich nicht entfalten. Aber er hat Lust darauf, dich zu verändern. Er will dich „piken“, dir neue Weiten zeigen, dich herausführen aus dem alten Gefängnis der Sünde und hinein in Gottes Welt. Dort lebst du das, was du in deinem inneren Kern leben möchtest – das neue Herz in dir, das genau das will, was Gott sich vorstellt. Dieses neue Herz soll sich praktisch in deinem Leben entfalten. Das ist Gottes Wunsch.
Ich weiß nicht, ob das ein Thema für dich ist. Bei Jungs ist es oft die Pornografie. Ich weiß nicht, wo es dich anpingt. Aber wenn es dich anspricht, wenn du merkst, dass Sexualität ein großes Thema für dich ist, dann wisch es nicht einfach weg. Kehr es nicht unter den Teppich. Trau dich, dich damit auseinanderzusetzen. Sorge dafür, dass sich dieses Thema auf eine gottgefällige Weise in deinem Leben entfaltet – genau da, wo du gerade stehst.
Ehre Gott mit deinem Körper, ehre ihn mit deiner Sexualität. Sei es, dass du die Dinge tust, die du tun sollst, oder die Dinge lässt, die Gott nicht gefallen. Das ist der eine große Punkt.
Bruderliebe als gelebte Gemeinschaft
Der zweite Punkt, den Paulus anspricht, betrifft die Schwierigkeiten, die die Thessalonicher als junge Christen haben. Er führt diesen Punkt auf eine sehr liebevolle Weise ein. Er sagt nämlich: „Was aber die Bruderliebe betrifft...“ Diese Formulierung „was aber betrifft“ leitet immer ein neues Thema ein.
In 1. Thessalonicher 4,9 heißt es: „Was aber die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass man euch schreibe, denn ihr seid selbst von Gott gelehrt, einander zu lieben.“ Das ist doch schön und ermutigend. Man kann sich vorstellen, jemand steht vorne und predigt: „Liebe Gemeinde hier in Felefanz, ich möchte heute über Bruderliebe sprechen. Und da muss man euch gar nichts sagen, denn das macht ihr ja schon.“ Das wäre zwar eine sehr kurze Predigt, aber es wäre doch schön, so etwas zu hören, oder?
Bruderliebe, das Miteinander, ist wirklich klasse. Die Thessalonicher sind von Gott gelehrt, einander zu lieben. Paulus lobt das nicht nur für diese Gemeinde, sondern auch für alle Brüder in ganz Mazedonien. Bruderliebe zeigt sich hier ganz praktisch. Sie hat mit Gastfreundschaft zu tun, damit, dass man sich auch dann einsetzt, wenn man selbst wenig hat. Die Mazedonier waren arm, trotzdem beteiligten sie sich an Missionen. Paulus lobt das am Anfang von 2. Korinther Kapitel 8.
Bruderliebe bedeutet, dass mich der andere interessiert und dass ich mich ihm zur Verfügung stelle. In all diesen Dingen sind die Thessalonicher wirklich vorbildlich. Aber was kommt jetzt? Was sagt man jemandem, der in einer Sache wie Bruderliebe schon richtig gut ist? Bruderliebe ist nach Johannes 13,34 das Kennzeichen echter Christen.
Jesus sagt in Johannes 13,34: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt.“ Jesus fordert also, dass wir lieben. Daran werden alle erkennen, dass wir seine Jünger sind, wenn wir Liebe untereinander haben. Das ist eine spannende Sache. Woran erkennt man Christen? Nicht an einem Fischaufkleber, sondern an der Liebe untereinander. Das ist ein kleiner, aber wichtiger Unterschied.
Man könnte jetzt denken: „Das mache ich doch schon. Ich bin gastfreundlich, interessiere mich für die Nöte der anderen und helfe, wo ich kann.“ Dann wäre das Thema ja abgehakt. Aber Paulus fährt fort: „Was aber die Bruderliebe betrifft, so habt ihr nicht nötig, dass man euch schreibe, denn ihr seid selbst von Gott gelehrt, einander zu lieben. Das tut ihr ja auch gegen alle Brüder in ganz Mazedonien. Wir ermahnen euch aber, Brüder, reichlicher zuzunehmen.“
Das ist herrlich! Wenn du zeigen möchtest, dass Liebe wirklich das Zentrum ist, dann gehst du zu jemandem, der es schon richtig gut macht, und sagst nicht nur: „Gut gemacht, Bruder!“ Sondern: „Super, mach mehr!“ Genau das steht hier. Nicht stehenbleiben oder denken, jetzt ruhen wir uns mal fünf Jahre auf dem Erreichten aus, sondern: „Go!“
Wenn du jemand bist, der in diesen Dingen eine Kompetenz hat, der sagt: „Ja, ich habe verstanden, wie das geht, ich liebe Menschen,“ dann kann schnell der Eindruck entstehen: „Bei mir ist ja alles in Ordnung, der andere soll erst mal so gut werden, wie ich schon bin.“ Wenn dieser Gedanke aufkommt, dann heißt es in Vers 10: „Reichlicher zunehmen!“ Also gib Gas!
Wenn du über dich selbst nachdenkst – ich wiederhole mich, aber das liegt am Text und nicht an mir – dann fang an, darüber nachzudenken: Wie könnte ich die Geschwister mehr lieben? Was könnte ich praktisch tun? Sei es in die Breite, indem du mehr Geschwister im Blick hast, nicht nur deinen Hauskreis und deine besten Freunde, mit denen du sowieso immer zu tun hast, sondern dass du breiter wirst.
Vielleicht suchst du dir bestimmte Gruppen raus, die du noch nicht kennst. Überlege, wie du intelligenter beten kannst, wie du besser gute Werke tun kannst, wie du klüger ermutigen kannst. Was kannst du tun? Das lohnt sich.
Wenn du heute Abend nicht weißt, was du noch machen sollst, weil du vielleicht nicht einschlafen kannst oder nicht gleich ins Bett gehen möchtest, setz dich hin und mach eine Liste mit zwanzig Punkten, womit du deine Geschwister lieben könntest. Einfach mal überlegen, das schadet nicht. Dann überlege, wo du stehst.
Es geht um deine Liebeskompetenz, darum, dass du Liebe lernst. Und wenn du denkst, das brauche ich nicht, dann ist das dein Vers. Hier sind Leute, die es schon machen, die weit über die Grenzen ihrer Stadt hinaus für ihre Liebe bekannt sind. Paulus hat nichts Besseres zu sagen, als: „Ich bete dafür, dass ihr reichlicher zunehmt. Und übrigens, Freunde, nehmt reichlicher zu!“
Cool, oder? Das muss für uns eine Bedeutung haben.
Arbeitsethik und gesellschaftliche Abhängigkeiten
Und er führt mit diesem Thema der Liebe ein weiteres ethisches Thema ein. Also nicht nur die Sexualethik ist interessant, sondern auch die Arbeitsethik.
Dazu muss ich eine Vorbemerkung machen, bevor ich euch erkläre, was die Begriffe bedeuten. Ich hatte euch das System des Patronats schon erklärt. Das ist eine Gesellschaft, in der der normale Bürger immer einen Patron brauchte, jemanden, der gesellschaftlich über ihm steht, der mehr Einfluss hat und der dann für ihn bestimmte Sachen erledigt. Ein bisschen wie bei der Cosa Nostra, also mafiaähnlich. Falls jemand nicht genau weiß, was ich meine: Einfach mal die ersten zehn Minuten der ersten Folge anschauen, dann habt ihr eine Idee davon, was es bedeutet, dass es jemanden gibt, der für dich Dinge managt, die du nicht managen kannst, weil er den Einfluss und die Verbindungen hat.
Das ist in der Antike das klassische Modell: Ich habe einen Patron und überlege mir gut, an welche Herrscherfamilie ich mich hänge – als Klientel. Wenn ich an so einer Familie, an so einem Patron hänge, dann teile ich sein Schicksal.
Wenn ich Römer bin, zeige ich durch die morgendliche Salutatio, zu wem ich gehöre. Ich gehe morgens zu meinem Patron und lobe ihn laut dafür, wie toll er ist und dass ich froh bin, ihn meinen Patron zu nennen. Die Klienten stehen morgens da und loben ihren Patron. Der Patron kommt, hört sich das an und findet es gut.
Im Gegenzug muss der Patron mich versorgen. Er muss sich um mich kümmern, bis dahin, dass er mir etwas zu essen geben muss. Jetzt merkt ihr, es gibt da so eine Verbindung: Ich fördere die Ehre und das Ansehen und natürlich auch die politischen Interessen meines Patrons. Im Gegenzug bekomme ich von ihm, was ich brauche – sei es, dass er ein gutes Wort für mich einlegt, zum Beispiel im Gericht, oder dass ich ein Stück Land bekomme, oder was man halt so bekommt, wenn jemand Einfluss hat.
So läuft das Spiel in der Gesellschaft. Und jetzt kommt Paulus und sagt: Ihr seid mindestens teilweise daran gewöhnt, nicht zu arbeiten, sondern in diesem System – wie soll ich das sagen – ohne dass ihr etwas tut, etwas zu essen zu bekommen. Wenn ich mich nur an den richtigen Patron hänge und morgens immer hingehe und ihm sage, wie toll er ist, dann kriege ich etwas. Wenn ich nicht viel haben will, versorgt er mich. Dann ist das eigentlich eine Win-win-Situation. Ich muss nicht arbeiten, und er bekommt mich als Unterstützerstimme, wann immer er mich braucht.
Wenn mein Patron zum Beispiel etwas haben will, etwa einen Posten, und wir machen eine Abstimmung in der Stadt, dann werde ich immer für meinen Patron stimmen. Das ist doch klar. Ich bin immer für ihn, muss ich ja auch sein. Dafür ist er ja auch immer für mich und sorgt dafür, dass ich etwas zu essen habe.
Jetzt kommt Paulus und gibt einen guten Tipp. Der lautet: Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen. Das steht zwar nicht heute im Text, aber im 2. Thessalonicherbrief ist das Prinzip zu finden. Gott hat den Menschen nicht nur geschaffen als Mann und Frau in der Ehe, sondern auch, um die Erde zu bebauen und zu bewahren. Arbeit ist also kein Produkt des Sündenfalls.
Nicht nach dem Motto: Vor dem Sündenfall haben wir alle im Garten Eden gechillt, so ein bisschen paradiesisch, Mund auf, gebratenes Hähnchen rein, und dann kam dummerweise der Sündenfall und alles wurde schwierig. Nein, es wurde vor dem Sündenfall gearbeitet und auch danach. Danach wurde es in der Tat schwieriger.
Der Fluch besteht nicht darin, dass Gott die Arbeit erschaffen hat, sondern darin, dass die Arbeit jetzt schwieriger wurde – „im Schweiße deines Angesichts“. Was vorher Spaß gemacht hat, ist jetzt anstrengender. Ihr kennt das alle: Manchmal hat man Momente bei der Arbeit, da flutscht es. Sie sind nicht häufig, aber wenn sie da sind, ist das ein total befriedigendes Gefühl. Man denkt: Ja, so muss das im Paradies gewesen sein. Es hat einfach geflutscht, es hat Spaß gemacht. Es war schön zu sehen, wie ich etwas bebaue, das wächst. Gleichzeitig achte ich darauf, dass ich es auch bewahre, dass ich es nicht kaputt mache. Es geht um eine ordentliche Portion Fortschritt und Entwicklung, aber auch darum, dass wir das Schöne erhalten und aufpassen, dass nichts kaputtgeht.
Das war schon immer wichtig: Arbeit gehört zum Menschsein dazu. Die Idee, ein Leben ohne Arbeit zu führen, ist gegen Gottes Willen. Das ist auch nicht sonderlich populär – weder bei denen, die in der Nahrungskette unten standen und sagten: „Ich habe doch einen Patron, der mich versorgt“, noch bei denen eine Etage höher, die sowieso nicht arbeiten wollten. Für einen Aristokraten in der Antike war Arbeit das Allerletzte, was er wollte. Das war ja gerade der Trick: Er musste nicht arbeiten, weil er für alles jemanden hatte.
Und jetzt kommt Paulus und sagt: Ich möchte, dass er arbeitet. Das gehört dazu. Er spricht das natürlich erst einmal an. Die Gemeinde hatte nicht viele Aristokraten, wobei diese auch in Kolosser 4 mal so ihr Fett abbekommen. Dort gibt es auch einen Vers für Herren, die gesagt bekommen, was sie tun sollen. Aber hier geht es um Leute, die nicht arbeiten wollen und sich denken: Ich hänge mich an irgendeinen reichen Knacker, und der macht das für mich. Ich sitze gemütlich zu Hause, gehe morgens hin, feiere ihn ab, hole mir mein Essenspaket, gehe mit meiner Lunchbox wieder nach Hause und mache meine Siesta.
Und jetzt sagt Paulus: Das möchte ich nicht. Man muss verstehen, warum er das nicht will. Er will es nicht, weil Arbeit zum Leben dazugehört. Und zweitens, weil wenn du Christ bist und einen Patron hast, dem du folgst, dann musst du ihn unterstützen in all den Dingen, die er tut, ob dein Gewissen das will oder nicht. Du kannst also nicht sagen: Heute folge ich dir, und morgen nicht. Du bist abhängig.
Als Abhängiger musst du, wie war das, das Liedchen singen. Wie war das noch? „Das Brot ich ess, das Lied ich sing.“ Genau, das ist der Punkt. Und jetzt kommt Paulus und sagt: Ich möchte nicht, dass du diese Lieder singst. Ja, dann kann ich ja kein Brot essen. Bingo, dann hast du es genau verstanden.
Schau mal, was er schreibt: Nicht nur in der Bruderliebe reichlicher zunehmen, nicht nur schauen, dass ich in der Gemeinde mit mehr Liebe lebe, sondern nach außen, wie verhalte ich mich gegenüber anderen Menschen? Und eure Ehre da reinzusetzen. Und jetzt kommen drei Dinge: still zu sein, eure eigenen Geschäfte zu tun und mit euren Händen zu arbeiten, so wie wir es euch geboten haben, damit ihr anständig wandelt gegenüber denen draußen und niemanden nötig habt.
Paulus möchte, dass die Thessalonicher niemanden nötig haben, also nicht abhängig sind in einem Patronatsverhältnis. So, dass ich ethisch unterstützen muss, weil ich zu dem gehöre, was der tut. Wenn der jetzt Lust hat, dem Kaiserkult eine große Fete zu machen und tausend Opfer zu bringen, dann bin ich mittendrin, weil ich dazugehöre. Man muss plötzlich Dinge gutheißen und befürworten, die ich als Christ nicht befürworten kann.
Deswegen nennt Paulus drei Dinge: still sein, eigene Geschäfte tun und mit den Händen arbeiten. Das Gegenstück von Stillsein ist hier jemand, der sein Leben damit zubringt, von einem Schwatz zum nächsten zu gehen. Immer auf dem Markt herumzulaufen, mit jedem zu quatschen – so ein Typ, der sein Leben mit Nichtigkeiten verbringt und ständig schwätzt.
Heute würde das auch gehen, ohne zu reden, zum Beispiel hinter einer PS4 zu versumpfen. Aber jemand, der mit seinem Leben nichts Sinnvolles anzufangen weiß, außer von einem Schwätzchen zum nächsten zu gehen, ist das Gegenstück von Stillsein. Paulus sagt: Nein, das möchte ich nicht. Er möchte, dass du aufhörst, so zu leben.
Er möchte, dass du deine eigenen Geschäfte tust. Das Gegenteil davon ist genau das: Ich kümmere mich um das, was mein Patron will. Ich arbeite quasi oder lasse mich einspannen für die Ideen eines anderen, obwohl sie meiner innersten Überzeugung zuwiderlaufen können. Ich mache mich bewusst abhängig.
An anderer Stelle schreibt Paulus in 1. Korinther 7: Werdet nicht Sklaven von Menschen. Das ist dieselbe Idee: raus aus einem Verhältnis, in dem ich gezwungen bin, Dinge gutzuheißen und zu befürworten, bei denen alles in mir schreit: Nein, dafür möchte ich in der Ewigkeit nicht verantwortlich gemacht werden.
Und drittens: Was ist dann die Lösung? Mit euren Händen zu arbeiten, selbst zu arbeiten. Raus aus der Abhängigkeit, rein ins eigene Arbeiten. Das ist die Idee: nicht mehr abhängig sein.
Es ist spannend, das zu übertragen, oder? Gerade dieser zweite Punkt, das „eigene Geschäfte tun“ – inwieweit lasse ich mich vor einen Karren spannen mit meiner Arbeit, den ich eigentlich nicht ziehen möchte – finde ich eine total spannende Frage. Wir alle müssen gut überlegen, womit wir unser Geld verdienen.
Es wird Dinge und Abhängigkeitsverhältnisse geben, die einfach zu viel Zeit fressen oder uns zu Dingen zwingen, die wir mit gutem Gewissen als Christen nicht mehr machen können. Auch wir Christen müssen irgendwann sagen: Das machen wir nicht.
Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn jemand sagt: Na ja, dann bin ich halt vom Staat abhängig. Das ist die große Problematik bei Hartz IV. Ist das okay? Niemand wird sagen, es ist nie okay. Aber wenn du es mit der Haltung tust: „Schön, dass ein anderer sich um mich kümmert“, und in deinem Herzen ist eine Lockerheit, die sagt: „Eigentlich will ich gar nicht arbeiten, lass das mal so laufen“, dann gilt genau dieser Vers.
Es gibt Leute, für die ist Hartz IV genau das Richtige, und das muss auch so sein. Dafür bin ich total. Aber in dem Moment, wo das mit der Haltung einhergeht: „Papa Staat macht das schon“, und der Wunsch, mit den eigenen Händen zu arbeiten, gar nicht mehr da ist, dann mangelt es nicht an Möglichkeiten, sondern an der Bereitschaft.
Da muss man sagen: Falsch. Paulus möchte, dass wir selbst mit unseren Händen arbeiten. Das halten wir einfach mal fest.
Gesellschaftliche Einbindung und ethische Verantwortung
Ich möchte am Anfang noch eine Sache klarstellen, die gerade in einem Gespräch noch einmal zur Sprache kam. Es geht um das Verhältnis, in dem ich mich mit einem Patron befinde, und das Gegenstück dazu, eure eigenen Geschäfte zu führen. Ich versuche, euch das einmal vorzustellen.
Ich habe eine Stadt. In dieser Stadt gibt es eine Stadtversammlung, bestehend aus bestimmten Bürgern, meistens Männern. Diese Versammlung entscheidet über verschiedene Angelegenheiten, oft geht es dabei um Einkommen. Eine strikte Trennung zwischen Religion und dem Profanen gab es damals nicht. Wann immer die Stadt etwas beschließt, wird dafür auch eine religiöse Komponente herangezogen. Jede Entscheidung wird in einen religiösen Kontext eingebettet, meist im Zusammenhang mit einer Gottheit.
Paulus meint, dass das Gegenstück zu „eure eigenen Geschäfte tun“ so viel bedeutet wie, sich in der Gesellschaft zugunsten eines anderen einzubringen. Mein Patron sagt zum Beispiel: „Ich möchte eine große Feier veranstalten, zum Beispiel für den Kaiser.“ Das ist eine große religiöse Veranstaltung. Nun muss die Stadt darüber abstimmen. Wenn ich an ihn gebunden bin, muss ich zustimmen. Das heißt, ich muss die Feier aktiv befürworten und mit meiner Gegenwart sowie allem, was dazugehört, unterstützen — auch wenn dabei der Kaiser als Gott verehrt wird, obwohl ich Christ bin.
In eine solche Situation hinein sagt Paulus: „Ich möchte nicht, dass ihr daran teilnehmt.“ Das bedeutet: Wenn du in einem Angestelltenverhältnis bist und dein Chef etwas Schräges macht, heißt das nicht automatisch, dass du sofort kündigen sollst. Dennoch würde ich raten, gut zu überlegen, was ethisch noch vertretbar ist.
Das wollte ich erst einmal klarstellen, damit wir es gehört haben.
Hoffnung auf Auferstehung und Trost bei Verlust
Wir haben noch ein weiteres Thema, nämlich 1. Thessalonicher 4,13: "Wir wollen euch aber, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Entschlafenen, also über die Toten."
Die Thessalonicher standen vor einem Problem. Einige Christen waren gestorben, und sie fragten sich, was das bedeutet. Sie erwarteten die Wiederkunft des Herrn Jesus und freuten sich jeden Tag darauf. Vielleicht würde er heute wiederkommen. Doch wenn jemand starb, stellten sie sich die Frage, ob diese Person bei der Wiederkunft Jesu auch dabei sein würde, obwohl sie vorher gestorben war und somit quasi „weg“ war.
Beim Nachdenken kamen sie zu dem Schluss, dass jemand, der vor der Wiederkunft Jesu stirbt, wohl nicht dabei sein würde. Er würde das Beste verpassen, und das machte sie traurig.
Paulus korrigiert diesen Denkfehler und sagt: "Wir wollen euch aber, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Entschlafenen, damit ihr nicht betrübt seid wie die übrigen." In der Antike gab es keine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Wenn jemand starb, waren die Menschen sehr traurig und wussten nicht, was sie damit anfangen sollten.
Wir hingegen haben eine lebendige Hoffnung. Wir wissen, dass in uns bereits Auferstehungsleben ist. Dieses Auferstehungsleben wird durchbrechen, wenn der Herr Jesus wiederkommt. Dann wird es eine Auferstehung zum ewigen Leben in der Gegenwart Gottes geben – mit neuem Himmel und neuer Erde. Das wird großartig sein.
Jeder, der vor uns gestorben ist – und wir haben vorhin für Philipp gebetet – gibt uns Hoffnung. Wir werden ihn wiedersehen. Er ist zwar ein Stück früher gegangen, und das tut uns im Moment sehr weh, aber grundsätzlich ist er nicht „weg“. Diese Haltung war in der Antike etwas ganz Besonderes. In der griechischen Kultur war so eine Hoffnung unbekannt.
Deshalb sagt Paulus, dass wir nicht betrübt sein sollen wie die übrigen, die keine Hoffnung haben. Diese übrigen Menschen sterben und weinen, ohne zu wissen, wie es weitergeht.
Wir haben eine Hoffnung. Auch mitten im Leid können wir uns auf die Hoffnung der Auferstehung stützen. Das macht das Leid nicht unbedingt leichter. Es geht nicht darum, Leid zu verharmlosen oder zu sagen, es sei gar nicht so schlimm, weil wir ja wieder auferstehen werden. Leid ist Leid, Trauer ist Trauer, und Schmerz ist Schmerz.
Doch wenn man mittendrin steckt und eine lebendige Hoffnung hat, gibt es etwas, das tröstet und nach vorne blicken lässt. Man weiß, dass Leid im Leben Jesu nicht das letzte Wort hatte und auch in unserem Leben nicht das letzte Wort haben wird. Ebenso wenig im Leben unserer gläubigen Freunde.
Mein Wunsch für uns ist, dass wir, wenn wir mit dem Tod konfrontiert werden, die Hoffnung auf die Auferstehung festhalten. Wir sollen wissen, dass das Beste noch kommt. Wir sollen fest daran glauben und uns diese Hoffnung nicht nehmen lassen. Jeder, der stirbt, wird bei der Wiederkunft Jesu auf dieser Erde mit dabei sein. Niemand wird zurückgelassen oder verloren gehen.
Denn wenn wir glauben – so heißt es in Vers 14 – dass Jesus gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott auch die Entschlafenen durch Jesus mit ihm bringen oder an seiner Seite mitnehmen. Das gefällt mir besser formuliert, denn sie sind ja noch im Boden und müssen erst lebendig werden.
Der Herr Jesus kommt und nimmt bei seiner Wiederkunft die Entschlafenen mit. Wie das genau funktioniert, erklärt Paulus so: "Dies sagen wir euch in einem Wort des Herrn." Das bedeutet, Paulus zitiert hier einen Ausspruch von Jesus selbst. Es ist nichts, was Paulus sich ausgedacht hat, sondern geht direkt auf Jesus zurück.
Er sagt: "Wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen." Es geht also nicht so, dass der Herr Jesus wiederkommt und die Lebenden zuerst begegnet, während die Toten vielleicht irgendwann auferstehen oder auch nicht.
Nein, so ist es nicht. Wenn der Herr Jesus wiederkommt, wird Folgendes geschehen:
Der Herr selbst wird herniederkommen vom Himmel, begleitet von einem lauten Befehlsruf, der Stimme eines Erzengels und dem Schall der Posaune Gottes. Diese Begriffe waren im römischen Reich bekannt und hatten fast militärischen Charakter. Jeder wird das mitbekommen.
Und dann werden die Toten in Christus, also die gestorbenen Gläubigen, zuerst auferstehen. Paulus sagt: Die, die gestorben sind, werden zuerst auferstehen.
Was bedeutet „auferstehen“? Es heißt, einen neuen Körper zu bekommen, einen Auferstehungsleib, der passend für den Himmel ist. In Römer 8 spricht Paulus davon, dass wir heute noch nicht fit für den Himmel sind. Wir warten nämlich noch darauf, dass auch unser Körper erlöst wird.
Unser innerer Mensch – sei es Seele oder Geist – ist bereits neu. Aber der äußere Mensch ist es noch nicht. In Römer 8 heißt es: "Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen auf Hoffnung hin." Die ganze Schöpfung sehnt sich danach, frei zu werden.
Denn "die ganze Schöpfung seufzt und liegt in Geburtswehen bis jetzt, nicht allein sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlingsgabe des Geistes haben, seufzen in uns selbst und erwarten die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes" (Römer 8,22-23).
Wir warten also auf die Erlösung unseres Leibes. Du kannst dich anstrengen, dich gut ernähren und Sport machen, so viel du willst. Doch der Körper wird langsam kaputtgehen: Zahn für Zahn, Haar für Haar fällt aus, die Kondition nimmt ab. Warum? Weil dieser Körper nicht für die Ewigkeit gemacht ist.
Wenn es aber richtig losgeht, bei der Wiederkunft Jesu, werden die Toten zuerst auferstehen. Dann sind sie da – mit einem neuen Körper.
Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden. Die Toten werden auferstehen, und das Auferstehungsleib wird etwas völlig Neues sein. Die Verstorbenen hatten ja keinen solchen Körper mehr, sie waren verwest. Wie das naturwissenschaftlich genau funktioniert, weiß niemand. Aber es wird geschehen.
Ich lese euch dazu 1. Korinther 15 vor: "Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune. Denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden."
Das sagt Paulus. Stell dir vor, du bist lebendig, hast gerade noch deinen normalen Körper, und plötzlich – schnipp schnapp – bist du neu.
Weil der Herr vom Himmel wiederkommt, machen wir uns nach der Auferstehung der Toten auf den Weg, ihm entgegen, nach oben.
Hier heißt es, wir werden "zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken." Wolken sind in der Bibel immer der Ort, wo man Gott begegnet. Im Alten Testament gibt es die Schechina, die Herrlichkeitswolke. Wolken sind der Ort, an dem man Gott treffen kann.
Wir gehen also in den Wolken dem Herrn entgegen, oder man könnte es einfach übersetzen mit „nach oben“. So werden wir alle Zeit beim Herrn sein.
Der Herr kommt wie eine Gesandtschaft, und wir gehen ihm als irdische Vertretung der Welt, die zu ihm gehört, schon mal entgegen. Wir treffen ihn, und Paulus sagt: So werden wir alle Zeit beim Herrn sein.
Perspektive auf das Leben nach dem Tod
Was ist nach dem Tod? Kennt ihr diese Frage? Wo bin ich denn nach dem Tod? Wie ist das eigentlich nach dem Tod? Keine Ahnung. Also, ich weiß es nicht.
Wenn mich jemand fragt – und wir sind ja gleich in der Fragerunde, Jürgen – wie es nach dem Tod ist, dann sage ich immer: Keine Ahnung. Ich kann dir nicht genau sagen, wie das nach dem Tod ist. Ich weiß nicht genau, ob die Geschichte mit dem reichen Mann und dem armen Lazarus in Lukas ein Bild ist, von dem man genau ableiten kann, wie es danach weitergeht.
Aber eines weiß ich: Ich weiß, was Paulus gesagt hat. Paulus hat in Philipper 1,23 gesagt: „Ich werde aber von beidem bedrängt, ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christus zu sein.“ Also, wenn ich tot bin, bin ich bei Christus.
Aber ich bin noch nicht komplett bei Christus, interessanterweise. Denn mir fehlt noch etwas. Das biblische Menschenbild umfasst den Körper und den Geist – also die Seele, den unsichtbaren und den sichtbaren Teil des Menschen. Das gehört zusammen.
Das heißt, irgendwie bin ich nach meinem Sterben beim Herrn, irgendwie bin ich da. Gleichzeitig fehlt aber noch etwas, denn Paulus sagt ja auch: „Und so werden wir allezeit beim Herrn sein.“
Das bedeutet: Wir sind nach dem Sterben beim Herrn, aber so richtig beim Herrn sind wir erst nach der Auferstehung. Und das ist die Hoffnung, die wir haben. Du bist also nicht einfach nur eine unsichtbare, wabernde Seele, die so durch den Äther flimmert, sondern du hast tatsächlich einen Körper, Seele und Geist, die wieder ein Ganzes bilden.
Wir werden auf einer neuen Erde mit einem neuen Himmel leben – einer Erde, auf der Gerechtigkeit herrscht. Dort werden wir Gott in seiner ganzen Fülle genießen. Es wird keine Krankheiten mehr geben, keine Schmerzen, keine Trauer und keine Dummheit mehr. Es wird nur noch Gerechtigkeit geben.
All das, was uns heute belastet – von Zahnschmerzen über Vergesslichkeit bis hin zu Depressionen und allem, was dein Leben schwer macht –, kannst du dir wegdenken. Nimm die zehn schlimmsten Dinge, die dir einfallen und die dein Leben belasten, und streiche sie durch. Denn in der Ewigkeit wird es sie nicht mehr geben.
Stattdessen ist da Gott. Der Gott, der heute schon in dein Leben alles Gute hineinfallen lässt, was es gibt, wird dir in alle Ewigkeit ungebremst nur Gutes geben – entsprechend dem, was du dir ersehnst und was dir entspricht.
Ist das nicht herrlich? Das ist die Hoffnung, die wir haben.
Ermutigung zum gegenseitigen Trost und Blick auf die Zukunft
So ermuntert nun einander mit diesen Worten – vielleicht ist dieser letzte Vers ein passender Abschluss.
Es geht hier um einen pastoralen Ansatz. Paulus möchte keine Endzeitspekulationen befördern, die sich damit beschäftigen, wann genau was auf dem Endzeitkalender passiert. Ihm ist wichtig zu sagen, dass wir in dem Moment, wenn der Herr wiederkommt, verwandelt werden, um für immer bei ihm zu sein.
Seht ihr den Schwerpunkt? Nicht das Wann und Wie ist interessant, sondern das Ergebnis. Und wir warten jetzt darauf, dass der Herr wiederkommt, weil er dann alles zur Erfüllung bringen wird, wonach wir uns sehnen. Alles, was uns jetzt begrenzt, weh tut und frustriert – das wird dann der Vergangenheit angehören. Und das ist genial.
Deshalb ist dieser Vers oder dieses Kapitel besonders wertvoll, gerade wenn Menschen sterben und man beginnt, alles nur noch düster zu sehen. Man kann dann diesen Text hervorholen und sagen: Weißt du was, es mag dir jetzt nicht alles leichter machen, und ich will auch nicht so tun, als könne man Schmerz einfach durchstreichen. Aber trau dich doch mal, den Blick ganz kurz nach vorne zu richten.
Wie wird das, was du jetzt erfährst, aussehen in dem Moment, wenn der Erzengel seine Stimme erhebt und die Posaune Gottes geblasen wird? Wie wird das, was dir jetzt so große Not macht – etwa der Verlust eines lieben Menschen – in diesem Moment sein? Vielleicht können wir dann mitten im Leid ein kleines bisschen Hoffnung greifen.
Und wenn wir diese Hoffnung fassen können, sind wir vielleicht auch in der Lage, sie weiterzugeben. Denn genau das heißt es hier: „So ermuntert nun einander mit diesen Worten.“ Vielleicht brauchen wir diese Worte, um anderen zu zeigen, wie die Zukunft wirklich aussieht – gerade in den Momenten, in denen wir selbst diese Klarheit nicht mehr sehen können.
Das wäre zumindest die Idee, die Paulus mit dem Text vermittelt. Er sagt: Freut euch auf die Auferstehung zum Leben, auf das, was die Bibel die erste Auferstehung nennt. Es gibt eine zweite Auferstehung zum Gericht – ich hoffe, dass wir damit nichts zu tun haben. Diese ist für die, die nicht glauben.
Die erste Auferstehung aber ist für uns, für die Gläubigen. Sie ist eine Auferstehung zum Leben und das großartigste, worauf wir warten. Deshalb freuen wir uns auch darauf, dass der Herr wiederkommt. Denn wir wissen: Wenn er wiederkommt, ist dieses Leben mit all seinen Grenzen, die wir jetzt erfahren, ein für alle Mal vorbei. Dann geht es richtig los. Punkt.