Einführung und Vorgehensweise bei der Textbetrachtung
Ich möchte zunächst aus 1. Korinther 10 den entsprechenden Vers lesen, Vers 10: „Murrt auch nicht, so wie einige von ihnen murrten und von dem Verderber umgebracht wurden.“
Dann lese ich aus dem vierten Buch Mose. In Savelstein hatte ich diesen Vortrag schon einmal gehalten. Damals habe ich die beiden Kapitel vorgelesen, was natürlich eine lange Lesestunde war.
Diesmal habe ich gedacht, es etwas anders zu machen. Ich lese immer nur gewisse Abschnitte und sage kurz etwas dazu. Das siebte Kapitel lesen wir überhaupt nicht, sondern ich werde nur eine kurze Zusammenfassung geben, damit uns die Situation noch einmal gegenwärtig ist.
Anschließend wollen wir die Anwendung für uns heute machen, speziell für die neutestamentliche Gemeinde.
Die Herausforderung von Korah und die Reaktion Gottes
Im ersten Teil geht es zunächst um die Orte Choras und Gottes Gericht. Danach folgt die Darstellung des murrenden Volkes und Gottes Antwort darauf. Es sind dabei zwei verschiedene Gruppen, die murren und sich beschweren. Anschließend wird die Mittlerschaft von Mose und Aaron thematisiert. Im dritten Teil soll eine Anwendung auf die heutigen Führer erfolgen, die in gewisser Hinsicht ebenfalls Mittlerpersonen sind. Dabei steht natürlich die Mittlerschaft unseres Herrn im Vordergrund.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die göttliche Legitimation, die durch den Stab Aarons symbolisiert wird. Dieser Stab wird für alle Zeiten in die Bundeslade gelegt, damit die Menschen endlich begreifen, dass Aaron tatsächlich von Gott als Hoherpriester auserwählt ist.
Zunächst lesen wir einen größeren Abschnitt aus der Bibel. Wer seine Bibel dabei hat, kann in 4. Mose 16 nachlesen:
Korah, der Sohn Jissas, des Sohnes Keas, des Sohnes Levis, unternahm es, zusammen mit Dathan und Abiram, den Söhnen Iliabs, und Uri, dem Sohn Pelez, die Söhne Rubens, gegen Mose aufzustehen. Mit ihnen waren zweihundertfünfzig Männer aus den Kindern Israel versammelt, Fürsten der Gemeinde, Berufene der Versammlung, Männer von Namen. Sie versammelten sich gegen Mose und Aaron und sprachen zu ihnen: „Lasst es genug sein! Denn die ganze Gemeinde, sie alle, sind heilig, und der Herr ist in ihrer Mitte. Warum erhebt ihr euch über die Versammlung des Herrn?“
Bis hierhin gelesen, könnte jemand, der die Geschichte von Korah noch nicht kennt, denken: „Tja, da kann sich das Volk Israel ja freuen. Mose braucht die Aufgabe nicht mehr alleine zu tragen. 250 Männer wollen sie mit ihm teilen. Sie stellen sich zur Verfügung mit frommen Worten: Die ganze Gemeinde ist heilig, wir sind sozusagen unterbeschäftigt, wir wollen auch Verantwortung übernehmen, weil wir den Herrn und die Gemeinde lieben. Wir wollen von Gott gebraucht werden.“
Doch wir wissen durch den weiteren Verlauf, der uns gleich beschäftigen wird, dass diese Worte scheinheilig sind. Außerdem kommen sie zu spät, denn inzwischen haben Ereignisse stattgefunden, die deutlich machen, dass nicht mehr das ganze Volk, wie ursprünglich vorgesehen, in 2. Mose 19 als Gottes Priestertum gelten sollte. Ursprünglich war der Plan Gottes, dass das ganze Volk heilig sein sollte.
Doch durch das goldene Kalb, durch das Verlangen nach Götzendienst, von dem wir in diesen Tagen hören, hat sich das Volk dieser Vorrechte beraubt. Nun hat Gott einen Stamm herausgewählt, nämlich den Stamm Levi. Aus dem Stamm Levi wurde wiederum ein besonderes Geschlecht bestimmt, mit Aaron an der Spitze, für den Priesterdienst und den Hohenpriesterdienst.
Nicht jeder, der fromme Worte spricht, ist wirklich ein Heiliger. Ein Heiliger im biblischen Sinn ist jemand, der eine lebendige Verbindung zu Jesus Christus hat, von seinen Sünden gereinigt ist, in Gemeinschaft mit Gott steht und ein Leben führt, das Gott ehrt durch praktische Heiligung. Manche geben dies nur vor.
Das Problem, auf das ich in der Anwendung am Ende dieser Stunde eingehen möchte, ist der sogenannte Pastorenneid oder Konkurrenzdenken. Es geht dabei um die Unzufriedenheit mit der Position, die der Herr dem einen oder anderen anvertraut hat. Statt dankbar zu sein, denkt man höher von sich, als es gebührt – um es mit dem Römerbrief zu sagen. Im Grunde ist es eine Unzufriedenheit mit Gottes Wahl und Auswahl. Man traut sich selbst mehr zu, als Gott bestimmt hat.
Dieses Problem werden wir in Verbindung mit den Geistesgaben hoffentlich am Ende der Stunde noch besprechen.
Die Worte von Korah und seinen Leuten klingen also sehr fromm. Interessant ist, wie Korah und seine Anhänger tatsächlich die Führenden hinter sich versammeln – Männer von Namen. Sehr oft entstehen in Gemeinden Probleme, weil die führenden Personen nicht mehr miteinander auskommen. Der eine gönnt dem anderen etwas nicht, und die Gemeinde leidet darunter.
Wir werden sehen, wie Gott darauf antwortet.
Mose als Mittler und die Herausforderung der Auflehnung
Wie ist die Reaktion Mose? Vers 4: Als Mose es hörte, fiel er auf sein Angesicht. Dann redete er zu Koran, zu seiner ganzen Rotte, und sprach: „Am Morgen wird der Herr kundtun, wer sein ist und wer heilig ist, damit er ihn zu sich nahen lasse. Und wen er erwählt hat, den wird er zu sich nahen lassen.
Dies tut: Nehmt euch Räucherpfannen, Koran und seine ganze Rotte, und morgen tut Feuer hinein und legt Räucherwerk darauf vor dem Herrn. Es soll geschehen, dass der Mann, den der Herr erwählen wird, der Heilige sei. Lasst es genug sein, ihr Söhne Lefis!“
Mose sprach zu Koran: „Hört doch, ihr Söhne Lefis, ist es euch zu wenig, dass der Gott Israels euch aus der Gemeinde Israel ausgesondert hat, um euch zu sich nahen zu lassen, damit ihr den Dienst der Wohnung des Herrn verrichtet und vor der Gemeinde steht, um sie zu bedienen? Dass er dich und alle deine Brüder, die Söhne Lefis, mit dir hat herzunahmen lassen? Und ihr trachtet auch noch nach dem Priestertum. Darum rottet ihr euch zusammen, du und deine ganze Rotte, gegen den Herrn. Denn Aaron – was ist er, dass ihr gegen ihn murrt?“
Mose bringt es auf den Punkt. Zunächst gibt er ihnen die Chance, so wie Aaron zu Gott zu nahen. Durch die erste Anweisung keimt in ihnen wahrscheinlich Hoffnung auf, dass es gelingen könnte. Aber durch das zweite Wort, das er an sie richtet, wird deutlich, dass Mose durch den Geist, der in ihm wirksam ist – Gott redet ja immer wieder zu ihm, er hat diese enge Gemeinschaft mit Gott, davon hörten wir schon – entdeckt hat, was auf dem Grunde ihres Herzens sich abspielt: diese Gier, mehr haben zu wollen, nach höheren Weihen.
„Ist es euch nicht genug?“ Mose erinnert sie daran, dass sie doch schon ein Vorrecht haben, das die meisten Israeliten nicht hatten, weil sie Leviten waren. Sie gehörten zu diesem Stamm, der speziell gottgeweiht war für den Dienst an der Hütte, der Stiftshütte, später im Tempel. Aber nicht alle waren Priester; der größte Teil waren Leviten. Auch dieser Dienst war wichtig: am Heiligtum die Geräte zu tragen, die Geräte zu pflegen und so weiter. Aber die Priester waren ihnen vorgeschaltet.
Das ist das Problem. Wie man manchmal in der Gemeinde hört: „Der Herr hat gesagt, einer ist euer Lehrer, ihr alle seid Brüder. Was habt ihr mir zu sagen?“ So wird oft mit den Ältesten umgegangen. Wir werden darauf noch zu sprechen kommen.
„Lasst es genug sein!“ Mose erinnert diese Leute und gibt ihnen damit noch einmal eine Chance, umzukehren zu dem, was Gott bereits für sie getan hat. Aber ihr Blick ist nicht auf das gerichtet, was sie empfangen haben, sondern auf das, was ihnen angeblich fehlt. Sie wollen mehr.
Mose macht auch deutlich: Er nimmt ihren Aufstand gar nicht persönlich, und auch Aaron nicht. Was sie vorhaben, ist gegen die Gebote des Herrn, gegen seine Anordnung. Sie lehnen sich auf, und das ist gefährlich.
Wir sollten auch, wenn wir in eine ähnliche Situation kommen, immer wieder daran denken, dass letztendlich immer die Frage ist: Wer hat das Sagen in unserem Leben? Wer hat das Sagen in der Gemeinde? Ist unsere Gemeinde, ist auch mein Leben darauf ausgerichtet, dass Jesus das letzte Wort hat? Oder geht es um unsere Ambitionen, um unsere Vorstellungen, um etwas, das uns noch fehlt, sodass wir mehr haben wollen?
So fing es doch an mit dem Sündenfall im Garten Eden. Und das Problem haben wir bis heute. Sie hatten so viel, aber sie beschäftigten sich mit dem, was ihnen, wie sie glaubten, mangelte.
Die Eskalation der Rebellion und Gottes Gericht
Jetzt folgt noch ein Versuch von Mose, Vers zwölf: Mose sandte hin, um Dathan und Abiram, die Söhne Eliabs, zu rufen. Doch sie antworteten: „Wir kommen nicht hinauf. Ist es nicht genug, dass du uns aus einem Land geführt hast, das von Milch und Honig fließt, nur um uns in der Wüste sterben zu lassen? Willst du dich auch noch zum Herrscher über uns aufwerfen? Du hast uns keineswegs in ein Land gebracht, das von Milch und Honig fließt, noch hast du uns Felder und Weinberge als Erbteil gegeben. Willst du diesen Leuten die Augen ausstechen? Wir kommen nicht hinauf.“
Da ergrimmte Mose sehr und sprach zum Herrn: „Wende dich nicht zu ihrer Opfergabe! Nicht einen Esel habe ich von ihnen genommen, und keinem einzigen von ihnen habe ich ein Leid getan.“
Der Aufruhr steigert sich, die Vorwürfe werden immer größer. Ich deute Moses Antwort so, dass er sich ergrimmt, weil dieser Undank gegenüber der wunderbaren Führung des Herrn zum Ausdruck kommt. Jeden Tag ein grandioses Wunder mit dieser Nahrung für Millionen von Menschen, jeden Tag neu – so, dass das Manna sich nicht mit dem Sand vermischte. Können wir uns auch einmal überlegen, wie das dort lagerte, dass sie es überhaupt gebrauchen konnten? Jeden Tag neu!
Was sie hier sagen, ist ein direkter Angriff auf Gott selbst. Gott schweigt nicht dazu, aber er lässt die Dinge manchmal auch sich entwickeln. Wie wird das übrige Volk reagieren?
Ich habe auch in diesen Tagen darüber nachgedacht. Es ist interessant, wenn man das mal so bedenkt. Ich weiß nicht, wie sehr euch das aufgefallen ist, denn wir sind bei den Vorträgen nicht chronologisch vorgegangen. Mein Vortrag hätte eigentlich viel früher sein müssen. Es gab ja noch einige Ereignisse danach, bei denen wir merken, dass das Volk immer noch nichts gelernt hat. Immer wieder gibt es dieses Murren, diese Vorwürfe, und Mose tritt immer wieder als Mittler ein. Gott reagiert letzten Endes auch darauf.
Interessant ist auch, wie oft wenige die Masse gewinnen – das sehen wir auch bei den Kundschaften. Es steht nicht umsonst im Neuen Testament, und zwar in Verbindung mit Gemeindezucht, Römer 16,17: „Achtet auf die, die entgegen der Lehre mit süßen Worten Spaltungen und Ärgernis anrichten und die Herzen der Arglosen verführen. Wendet euch von ihnen ab!“
Das waren auch zunächst süße Worte bei Korah. Bei Dathan und Abiram wird die Sache schon deutlicher, was dahintersteckt: die Ablehnung jeglicher Autorität, die Mose jetzt vor ihnen hat. Sie weigern sich, zu ihm zu kommen.
Dann wird geschildert – und ich denke, wir kennen alle die Begebenheit –, wie Mose ihnen sagt, sie sollen ihre Opfer bringen, ihre Räucherpfannen vor Gott erscheinen lassen. Doch ein Großteil des Volkes stellt sich hinter diese Aufrührer.
Mose erhält den Befehl, ihnen deutlich zu machen: Wenn ihr keine klare Trennung vollzieht und euch nicht von den Zelten dieser Ruchlosen, dieser Rotte Korah, zurückzieht, lauft ihr alle ins Verderben.
Und wie Mose im Auftrag Gottes ihnen sagt: „Wenn ihr normal sterbt wie alle Sterblichen, dann hat der Herr nicht durch mich geredet.“ Das ist ähnlich wie bei Elija auf dem Berg Karmel, als das Feuer vom Himmel kam und das Opfer verzehrte. Er konnte schon im Voraus sagen, was Gott tun wird.
Wenn wir Gemeinschaft mit unserem Herrn haben, wenn wir Leben mit unserem Herrn haben, bekommen wir auch Licht für die Zukunft, für manche Dinge. Wir sehen klarer und können Menschen vor dem kommenden Gericht warnen.
Die dramatische Folge und die Mittlerschaft Jesu Christi
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich lese ganz besonders gerne die Psalmen der Söhne Koras. In der hier beschriebenen Begebenheit wird überhaupt nicht erwähnt, dass sich ein Teil der Familie vom Vater getrennt hat. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die ganze Sippe in der Erde verschwindet. Doch einige müssen dem Ruf gefolgt sein. In den Psalmen der Söhne Koras wird besonders deutlich die Gnade Gottes und das Frohlocken über sein Erbarmen beschrieben.
Es ist ja eine ganz dramatische Geschichte. Am Ende heißt es: Das ist geschehen, weil diese Männer, Vers 30 am Schluss, den Herrn verachtet haben. Sie haben den Herrn verachtet. Darum geht es auch beim Murren und Klagen, wenn ich mich über dies und jenes beschwere. Wenn ich mit den Umständen, in denen ich leben darf, nicht zufrieden bin.
Nicht umsonst werden wir im Neuen Testament mehrmals aufgefordert, in allen Lagen zu danken: in 1. Thessalonicher 5 und für alles in Epheser 5. In beiden Fällen kommt der Zusatz: Im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Nur dann können wir wirklich danken.
Wir danken dem Herrn sicher nicht in dem Sinne, dass wir für eine schwere Krankheit danken, weil es uns so schlecht geht und wir Schmerzen haben. Dafür werden wir nicht aufgefordert zu danken. Wohl aber dafür, dass wir trotz dieser Schmerzen, dieser unheilbaren Krankheit oder dieser Einsamkeit wissen: Er ist dabei. Das ist der Grund zum Danken. Er lässt uns nicht im Stich. Dadurch ehren wir ihn, wenn wir uns daran klammern – und das kann manchmal unter Tränen geschehen.
Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken. Das wissen wir – aber glauben wir das auch? Daran dürfen wir uns klammern, auch an die Dinge, die wir jetzt nicht verstehen. Jakobus sagt: Wenn einer zweifelt und nicht versteht, soll er Gott bitten. Es wird ihm gegeben werden, damit er trotz Unverständnis über die Wege Gottes mit ihm oder ihr im Glauben danken kann. Es wird irgendwann zum Besten dienen, auch wenn wir jetzt noch nicht wissen, wie es kommen wird.
Diese Leute haben den Herrn verachtet. Sie haben verachtet, was der Herr ihnen Gutes gegeben hat und anvertraut hat – diese hohe Aufgabe als Leviten. Wenn wir dann weiterlesen, Kapitel 17, sind wir fast erschlagen. Man glaubt kaum, dass das möglich ist.
Am nächsten Tag kommt das Volk und wirft Mose und Aaron vor, sie hätten das Volk Gottes umkommen lassen. Sie seien schuld an der ganzen Geschichte. So werden manche Leute vom Täter zum Opfer. Wie oft erleben wir das im Alltag und staunen, wie auch die schlimmsten Täter tatsächlich eine Opfermentalität an den Tag legen. Man wundert sich, dass sie es wagen, sich wieder gegen Gott zu empören, indem sie die Autorität dieser beiden Führer, Mose und Aaron, in Frage stellen.
Dann wird Mose wieder ganz groß. Es wird berichtet, wie das Feuer kommt und Leute umkommen. Mose sagt zu Aaron: „Nimm dir schnell die Räucherpfanne, verfeuere darin ein Opfer und stell dich zwischen den Herrn und das Volk. Tu Sühnung für das Volk.“ Das wird in Kapitel 17 berichtet. Die Plage wurde daraufhin beendet.
In Aaron finden wir einen wunderbaren Hinweis auf unseren Herrn Jesus Christus, der Sühnung für uns tat. Er wurde der Mittler zwischen Gott und Menschen, wie es in 1. Timotheus 2 heißt. Er kannte beide Seiten: Gott war er immer, und Mensch wurde er vor zweitausend Jahren. Er versöhnte beide Seiten miteinander und brachte sein eigenes Opfer dar.
Das wird uns im Hebräerbrief auf wunderbare Weise dargestellt. Jesus ist mit seinem eigenen Opfer ein für allemal ins Heiligtum hineingegangen. Auf diesem neuen und lebendigen Weg, wie Hebräer 10, Vers 19 sagt, dürfen wir nun vor Gott treten, weil er den Preis bezahlt hat.
Doch damals wurde das Volk Israel nur verschont, indem sie sich trennten. Auch im Neuen Testament gibt es Trennungen, die von Gott gewollt sind. Nicht jede Trennung ist gegen Gottes Willen. Es gibt Situationen, in denen wir uns distanzieren müssen. Wenn wir das nicht tun, machen wir uns schuldig.
Einer der bekanntesten Aussprüche dazu steht in der Offenbarung 18: „Babylon, die große Stadt: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet.“ Solche Trennungen gibt es auch schon vorher, nicht erst zu diesem Zeitpunkt.
In 2. Timotheus 3 wird eine Liste der Falschen und der negativen Entwicklung der Namenschristen beschrieben. Dort geht es um Menschen, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen. Sie nennen sich Christen, sind es aber nicht wirklich. Sie haben einen christlichen Geburtsschein, Konfirmandenschein, Trauschein oder Sterbeschein – alles christliche Scheine – und sind doch nur Scheinkristen.
Was ist mit diesen Leuten los? Sie haben nur eine Form der Gottseligkeit. Paulus sagt: „Wende dich ab!“ Sieh genau hin, mit wem du Umgang hast. Böser Verkehr, schreibt er schon in 1. Korinther, verdirbt gute Sitten. Auch das gehört dazu.
Mose und Aaron als Vorbilder der Liebe und Fürsorge
Ja, Mose und Aaron setzen sich für das Volk ein, obwohl sie bei anderer Gelegenheit selbst gesteinigt werden sollten. Was für eine Liebe sie zu Gottes Volk haben, möchte ich hier hervorheben. Von ihnen können wir viel lernen, besonders von Mose.
An einer Stelle sagt Mose: „Ich bin bereit, lieber aus deinem Buch ausgelöscht zu werden, als dass du dieses Volk vernichtest. Was werden die Heiden sagen? Er hat sein Volk nicht vermocht, in das gelobte Land zu führen. Auf deinen Namen, oh Gott, wird Schmach fallen, wenn du dein Volk vernichtest. Lieber lösche mich aus deinem Buch.“ Was für eine Liebe zu Gottes Volk!
Wir sind ja auch eine ganze Reihe von Leuten hier, die von Gemeindeproblemen gebeutelt sind. Dabei besteht immer die Gefahr, dass wir beim Sprechen darüber nicht immer in einer Weise reden, die der Art des Herrn entspricht. Ich spreche da auch zu mir selbst: Ich muss darauf achten. Wenn wir meinen, uns sei großes Unrecht geschehen oder keiner versteht uns, dürfen wir dennoch nicht vergessen, dass es die Geliebten des Herrn sind, solche, die wirklich wiedergeboren sind.
Wir wissen es nicht von allen, aber wir nehmen immer das Beste an von denen, für die der Herr sein Leben gelassen hat. Wir alle leiden mehr oder weniger an der Gemeinde, am Volk Gottes. Viele von uns haben negative Erlebnisse und tiefe Blessuren. Trotzdem lieben wir die, die der Herr liebt und für die er sein Leben gegeben hat.
Wer den liebt, der geboren hat, schreibt Johannes, der liebt auch die, die geboren sind. Daran können wir uns messen: Inwieweit wir wirklich in einem geistlichen Zustand sind, der dem Herrn gefällt und den der Herr segnen kann. So dass es vorwärts geht, auch wenn wir trauern und nicht alles gutheißen. Das heißt nicht, dass wir die Probleme nicht sehen. Wir sehen sie durchaus, so wie sie sind, und müssen sie beim Namen nennen.
Aber der andere muss merken, wenn wir über eine Sache sprechen, dass uns das einfach leidtut, dass es uns niederdrückt und wir mittragen wollen. Wir haben heute Morgen gehört: Einer trage des anderen Lasten. Es geht nicht darum, von oben herab zu urteilen.
Manche werfen uns im Malachi-Kreis und auf unseren Konferenzen vor, dass wir uns als eine Elite betrachten. Ich persönlich tue das auf keinen Fall, aber wir erinnern uns immer wieder daran, dass dies eine Gefahr ist. Auch wenn wir als Brüder zusammenkommen, müssen wir uns daran erinnern, wenn wir das Wort weitergeben oder auf negative Entwicklungen warnend hinweisen, dann nicht als solche, die alles besser wissen, sondern als solche, die an diesen Dingen leiden, die wir erleben und die uns zutiefst erschüttern.
Heute Morgen wurde ein Name genannt. Ich kenne diese Person seit der Kindheit. Heute ist sie ein berühmter Professor, der sich mehr und mehr vom Evangelium entfernt. Vor etwa drei Monaten habe ich ihm noch einmal geschrieben und versucht, ein Gespräch mit ihm zu führen. Er lehnt es ab. Dafür kann man nur beten.
Wenn die Dinge zu schlimm werden, muss man natürlich darauf hinweisen. Aber wenn der Herr uns gebrauchen will, kann er das nur, wenn wir die Haltung haben, daran zu leiden und gleichzeitig auf seinen Sieg zu vertrauen.
Die Bedeutung von Demut und das Vertrauen auf Gottes Verheißungen
Als ich heute Morgen beim ersten Vortrag und, glaube ich, auch beim zweiten den Ausführungen der Brüder lauschte, kam mir plötzlich ein Gedanke, an den ich noch nie zuvor gedacht hatte. Ich gebe diesen kleinen Gedankensplitter einfach weiter.
Wir haben ja bemerkt, dass sich diese ganzen Geschichten von Auflehnung ständig wiederholen. Das geschah fast immer kurz bevor das Volk ins Land hineinkam – also am Ende der Wüstenwanderung, bei der nächsten Generation. Das heißt, sie waren kurz vor dem Ziel. Wenn sie wirklich an die Verheißung Gottes geglaubt hätten, dann hätten sie gewusst: Komme, was kommen will, in einigen Monaten ziehen wir ins Land hinein. Und doch sagen sie: „Wir wollen zurück nach Ägypten.“ Gibt es so etwas?
Da fiel mir Daniel ein. Er hatte auch eine Verheißung von einem Propheten, der in seiner Zeit lebte und etwas älter war: Jeremia. Die Aussagen Jeremias waren bereits als Gottes Wort anerkannt. Das ist interessant, oder? Daniel erinnert sich am Ende der siebzig Jahre Gefangenschaft daran, dass Jeremia gesagt hatte, nach siebzig Jahren werde die Gefangenschaft in Babylon beendet und das Volk könne zurück ins gelobte Land.
Was tut Daniel? Er demütigt sich. Daraus entsteht dieses ergreifende Gebet, und wenn ich es lese, kommen mir fast immer die Tränen. Ich denke an diesen Mann, der ein ganzes Leben lang, nun ungefähr neunzig Jahre alt, in Gefangenschaft lebt. Er wurde früh aus seiner Heimat deportiert – ein Schicksal, das auch heute noch sehr modern ist. Daniel hat an der Verwaltung Babylons mitgewirkt. Jetzt erinnert er sich: Es muss bald geschehen. Er demütigt sich unter die mächtige Hand Gottes und schließt sich selbst unter die Schuld des Volkes ein.
Wenn jemand hätte sagen können: „Ich nicht, ich stehe darüber“, dann wäre es Daniel gewesen. Doch er schließt sich mit ein. Diese Haltung Daniels sollten auch wir haben: uns unter Gottes Hand beugen, aber gleichzeitig Gott an seine Verheißungen erinnern und fest damit rechnen, dass er sie erfüllt. Darauf können wir bauen und niemals an seinem Wort zweifeln.
Damit das Volk endlich begreift und einen handfesten Beweis hat, dass Gott gesprochen hat, folgt dann die Geschichte mit dem Stab Aarons, der gesprosst ist. Wer das noch nicht gelesen hat, sollte das Kapitel 17 lesen. Es ist eine sehr rührende Geschichte darüber, wie Gott eingreift.
Dieser gesprossene Stab wird dann in die Bundeslade gelegt, zusammen mit den Zehn Geboten, also den zwei Tafeln, und außerdem mit dem Krug Manna – als Erinnerung an die Wüstenreise. 40 Jahre lang wurden mehrere Millionen Menschen ständig versorgt. Das ist ähnlich wie bei der Speisung der Fünftausend.
Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, warum hinterher zwölf Körbe übrig blieben? Jeder Jünger bekam einen Korb, aus dem er noch eine Zeit lang essen konnte. So sollten sie merken: Das war keine Fata Morgana, kein ekstatisches Erlebnis, keine Vision. Es ist tatsächlich so gewesen, und wir haben den handfesten Beweis noch in unserem Korb bei uns.
Der Herr möchte uns im Glauben stärken. Deshalb erleben wir manchmal Gebetserhöhungen. Wenn wir mit dem Herrn leben, erleben wir auch Gebetserhörungen. Wer das nicht erlebt, ist wirklich eine arme Kreatur und sollte sich fragen, wie sein Verhältnis zu Jesus Christus ist. Er ist ein Erhörer des Gebets.
Die Gefahr des eigenwilligen Gottesdienstes und die Bedeutung der Dankbarkeit
Das, was ich hier zusammenfassen möchte, zeigt sich deutlich in der Rotte Choras und den anderen beiden Gruppen. Sie klagen letztendlich Gott an. Sie wollen mehr und möchten selbst bestimmen, wie sie Gott dienen – mit ihrem eigenwilligen Gottesdienst.
Davon ist auch im Neuen Testament die Rede. Wir haben jetzt nicht so viel Zeit, das im Einzelnen zu behandeln, aber ihr könnt euch diese Stellen anschauen, in denen von einem eigenwilligen Gottesdienst gesprochen wird. Wir können Gott nicht so nahen, wie es uns passt, sondern nur so, wie es uns die Bibel mitteilt – auf diesem neuen und lebendigen Weg.
Dieser neue und lebendige Weg, der Jesus Christus heißt, hat uns genau mitgeteilt, wie man den Vater anbeten kann – in Geist und Wahrheit – und was dazugehört und was nicht dazugehört. Das ist ein Thema für sich. Wichtig ist, dass wir erkennen: Auch im Neuen Testament gibt es sehr viele präzise Instruktionen. Zwar ist der Gottesdienst im Neuen Testament nicht so stark reglementiert wie im Alten Testament, doch haben wir Leitplanken, die wir beachten müssen.
Gott bestimmt, wie wir ihm nahen, und Gott hat bestimmt, wie man errettet werden kann – nur auf dem Weg, der Jesus Christus heißt. Sie versäumten es, Gott zu danken für das, was sie so reichlich empfangen hatten.
Was haben wir denn empfangen? Ich habe das mal auf diesem Zettel hier notiert. Es steht nicht sehr viel darauf, aber die wichtigsten Punkte sind da nachzulesen. Es sind noch einige Zettel hinten, und sollten die alle ausgehen, hoffe ich, dass hier eine Kopiermaschine zur Verfügung steht, damit man noch ein paar Kopien machen kann.
Ich habe das in drei Punkte aufgeteilt. Zuerst die Rotte Choras und so weiter – diesen Punkt haben wir jetzt behandelt. Nun folgt der zweite Punkt: Vorrechte der neutestamentlichen Gemeinde. Daneben stehen zwei Bibelstellen, nämlich Hebräer 10,19 und folgende sowie 1. Petrus 2,5 und 9.
In diesen beiden Stellen steht Folgendes: In Hebräer 10,19 beginnt das Erste mit „Lasst uns!“. Von sieben „Lasst uns“ ist an dieser Stelle im Hebräerbrief die Rede. Es wird dort ein Resümee gezogen, weil es so herrlich ist, was wir alles in Jesus Christus besitzen – einzigartig und unvergleichlich.
Deshalb heißt es: „Lasst uns hinzutreten!“ Das ist das Erste. Weiter heißt es: „Lasst uns unsere Zusammenkünfte nicht versäumen.“ Auch sollen wir „das Bekenntnis der Hoffnung festhalten“ und am Ende „zu ihm hinausgehen und seine Schmacht tragen“. Diese sieben „Lasst uns“ – die ihr euch selbst anschauen könnt – sind eigentlich eine Zusammenfassung unseres gesamten Weges mit dem Herrn, unseres Zeugnisses hier auf der Erde. Sie finden sich in Hebräer 10,19 bis zum Schluss.
In 1. Petrus 2,5 und 9 ist das noch kürzer zusammengefasst. Dort finden wir das zweifache Priestertum. In Vers 5 geht es um das geistliche Priestertum, das die Senkrechte des Kreuzes symbolisiert – den senkrechten Balken, der nach oben weist. Dieses geistliche Priestertum steht für die Anbetung.
In Vers 9, 1. Petrus 2,9, ist das königliche Priestertum beschrieben. Das ist die horizontale Ebene, die Verkündigung in die Welt. Es beginnt immer zuerst mit der Anbetung, mit dem Verhältnis zu Gott – genau wie in Hebräer 10, wo zuerst das Hineingehen ins Heiligtum geschieht, also die Anbetung, und danach das Hinausgehen in die Welt.
Blickrichtungen der Gemeinde: Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart
Wie können wir das denn? Nun, unsere Blickrichtung ist entscheidend. Ich habe sie einfach mal so aufgeteilt: Es gibt den Blick zurück, den Blick nach vorne und den Blick in die Gegenwart.
Was haben wir vom Herrn empfangen? Jetzt kommen wir zum Danken – der Blick zurück. Was haben wir in der Wiedergeburt empfangen? Ich mache es jetzt kurz. Ihr könnt die Stellen alle nachlesen und euch daran freuen.
Das Erste, was ich aufgeschrieben habe, ist die Gotteskindschaft. Johannes 1,12: „Die ihn aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden.“ Das Zweite ist das ewige Leben, Johannes 3,16 und auch Vers 36 gehört dazu. Dann sind wir vom Tode ins Leben hinübergegangen, nicht mehr ins Gericht, Johannes 5,24. Danach nahmen wir die Geistessalbung. Das hat jetzt nichts mit Pfingstern oder Charismatikern zu tun. Die Geistessalbung ist etwas, das die Schrift eindeutig lehrt. Sie ist die geistliche Fähigkeit, geistliche und göttliche Dinge zu unterscheiden. So erkennen wir, was von unten ist oder dämonischer Natur, von dem, was von Gott herkommt. Wir sind gesalbt mit dem Heiligen Geist. 1. Johannes 2 erklärt das, ebenso 1. Korinther 2, von diesem Heiligen Geist, der uns in die ganze Wahrheit führt.
Dann gibt es die Geistversiegelung in der Wiedergeburt – diese Sicherheit, dass wir zu Gott gehören! Ein Geheimnis wird versiegelt und wird eines Tages geöffnet. Wir sind versiegelt auf den Tag der Erlösung hin.
Kommen wir zum Nächsten: Der Geist ist Unterpfand. Der Heilige Geist ist uns gegeben, und wenn wir zurückkehren in die Herrlichkeit, kehrt er mit uns zurück. Deswegen heißt es am Ende: „Der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“ Petrus fasst das zusammen in 2. Petrus 1,3: „Wie uns ist alles für ein gottseliges Leben geschenkt.“ Das kann man gar nicht mehr überbieten – alles! Und er beschreibt einige dieser Dinge dort.
Ist das nicht Grund zum Danken, jeden Tag aufs Neue? Und das ist noch längst nicht alles. Ihr seid alle in der Lage, noch einige Dinge hinzuzufügen. Ich muss ja nun nicht alles hier machen, sondern es soll noch etwas übrig bleiben, was wir geschenkt bekommen haben.
Blick zurück: Ach, Psalm 103 wurde ja auch schon zitiert: „Preis den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Genau das wollen wir tun, wenn wir nach Hause fahren. Wir sind auf ernste Dinge aufmerksam gemacht worden, und ich bin sehr, sehr dankbar für das, was wir heute Morgen im ersten Vortrag hörten – ein sehr deutliches, sehr klares Wort.
Aber wir können diese Dinge nur recht einordnen und uns in der rechten Weise vor dem Herrn auch ordnen – in der Weise, dass es ihm gefällt, wenn das Danken nicht zu kurz kommt.
Ja, der Blick nach vorne: Was wartet denn im Himmel auf uns? Römer 8 sagt, wir sind Gottes Erben und Miterben Christi. Gott vererbt uns etwas, obwohl er ja nicht dabei stirbt. Das ist ja ein interessantes Erbteil. Der Erblasser bleibt weiter am Leben, aber er will uns an seiner ganzen Herrlichkeit teilhaben lassen.
Wenn ich Offenbarung 21 lese, vom neuen Himmel und der neuen Erde, und wie Gott beschrieben wird – als die Hütte Gottes bei den Menschen, wie ein Zelt –, ist das natürlich auch im Hinblick auf die Stiftshütte zu verstehen. Doch der Ausdruck „die Hütte oder das Zelt Gottes bei den Menschen“ weist doch irgendwie auf die Nähe Gottes hin. Gott wird bei ihnen wohnen – nicht als ferner Gott, sondern ständig in Gemeinschaft mit ihnen. Das ist unvorstellbar.
Ich denke seit Jahren und in letzter Zeit ganz besonders viel an die Zukunft und daran, wie das sein wird. Es kommen allerhand Bilder auf, und jedes Mal muss ich sagen: Es ist überhaupt nicht sicher, ob es genau so sein wird. Es übersteigt die kühnsten Träume.
Ist das kein Grund zur Freude, wenn ich an die Hochzeit des Lammes denke? Dieses Halleluja! Nur dort ist vom Halleluja die Rede im Neuen Testament, und direkt mehrmals, wenn die Hochzeit des Lammes gekommen ist. Wir werden an der Seite des himmlischen Bräutigams in alle Ewigkeit mit ihm zusammen sein.
Im Tausendjährigen Reich werden wir mit ihm herrschen über diese Erde. Auch da wissen wir nur wenige Details. Lassen wir uns überraschen!
Die Verwaltung der Fülle der Zeiten, sagt Epheser 1. Und da ist am Ende von Epheser 1 ein Vers, den ich mal vorlesen muss, damit ich ihn nicht falsch zitiere. Er ist einfach so großartig. Schaut mal in eure Bibel, den letzten Vers von Epheser 1:
„Er hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“
Man hat doch den Eindruck, dass der Heilige Geist selbst nach Worten ringt, um dieses innige Verhältnis von Christus und seiner Gemeinde zu beschreiben. Er ist die Fülle – der, der alles erfüllt – und seine Fülle ist die Gemeinde.
Ihr Lieben, das kommt auf uns zu.
Aber wir leben nicht nur in der Vergangenheit, wir leben auch nicht nur in der Zukunft. Wir dürfen beide Betrachtungsweisen haben. Wir leben auch in der Gegenwart.
Was erleben wir denn heute? Römer 8 spricht wieder von der Leitung des Heiligen Geistes: „Welche durch den Geist geleitet werden, die sind Söhne Gottes.“ Dann wird beschrieben, worin das besteht. Erleben wir das? Dass der Heilige Geist uns in die ganze Wahrheit leitet, dass er uns Christus groß macht, dass er uns immer lebendiger wird? Das sollte unsere Erfahrung sein, jeden Tag aufs Neue.
Und wir haben das jetzt natürlich ganz kompakt in diesen Tagen auch erlebt – und zwar durch Gottes Wort, das für alles ausreicht. 2. Timotheus 3,16.
Dort haben wir die vierfache Funktion von Gottes Wort. Zunächst geht es um die Lehre, das heißt die Information. Im Wort Gottes finden wir alle Informationen, die wir brauchen für ein gottseliges Leben. Auch auf die entscheidenden Fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist das Ziel des Lebens? Wie ist die Sünde in die Welt gekommen, auch in mein Leben? Und wie werde ich davon frei? Wie erreiche ich die Herrlichkeit Gottes? All diese Fragen werden eindeutig und klar verständlich für jedermann im Wort Gottes beantwortet.
Das ist die Information, die erste Funktion von Gottes Wort.
Die zweite Funktion ist die Zurechtweisung. Die erste Information wendet sich zunächst an unseren Verstand. Viele Dinge können wir mit unserem Verstand aufnehmen.
Wir können zum Beispiel dahin kommen – und das haben wir hier auch in diesem Buch, das ich wärmstens empfehlen möchte. Es sind immer noch Exemplare da, zu meinem großen Erstaunen, auf unserem Malachi-Tisch.
Die Bibel fasziniert mich anhand der erfüllten Prophetie. Das haben wir herausgebracht, um noch einmal Vertrauen in die Bibel zu schaffen – dass sie wirklich Gottes Wort ist, jedes Wort durch den Heiligen Geist eingehaucht, irrtumslos, widerspruchslos. Auch wenn es einige Probleme gibt, die noch kein Mensch gelöst hat, aber Gottes Gedanken sind höher als unsere Gedanken.
Bitte bedient euch dort!
In der Zurechtweisung geht es nicht in erster Linie um den Verstand, sondern um das Gewissen. Das Gewissen muss berührt werden.
Dann gibt es die Unterweisung, um auf dem Weg weitergeführt zu werden. Aber wir können erst zur Bekehrung kommen, wenn wir getroffen werden, wenn das Gewissen überzeugt wird, dass wir den Heiland brauchen – dass wir rettungslos verloren sind.
Ihr Lieben, wenn wir mit Muslimen zu tun haben oder mit anderen, die noch nicht im Christentum stehen, mit Suchenden, dann sollte uns das ganz klar sein: Es geht nicht nur darum, den Gesprächspartner von seiner Schuld zu überführen. Das ist zwar sehr, sehr wichtig, und dafür haben wir Gottes Wort.
Aber der entscheidende Punkt, wenn Menschen sich bekehren, ist, dass sie begreifen, dass sie sich selbst nicht retten können.
In jeder Religion gibt es Hilfsmittel, wie der Mensch sich selbst retten kann – nur nicht im Christentum.
Das Christentum beziehungsweise die Bibel ist – ich sage jetzt mal „Religion“ mit Anführungszeichen, denn es ist keine Religion – die einzige Botschaft, die sagt: Selbst bei größter Anstrengung kannst du dich selbst nicht retten, sondern nur, wenn Gott dir die Gelegenheit gibt.
Gott tut den ersten Schritt, dann allerdings sind wir schon gefragt.
Aber das zuzugeben, dass wir hilflos sind – nicht nur schuldig, sondern hilflos – das ist der entscheidende Punkt. Und das macht die Bibel sehr deutlich.
Dafür sind die Gesetze geschrieben worden: damit wir erkennen, was Gott von uns erwarten kann. Und wir müssen zugeben, dass wir es nicht schaffen.
Das haben wir heute gehört. Darüber können wir uns freuen und danken für diese herrliche Anleitung, die wir haben – für jeden Schritt, für jeden Tag aufs Neue.
Praktische Anregungen zum Danken und zur geistlichen Haltung
Ich gebe jetzt einen kleinen Tipp weiter für diejenigen, die mit dem Danken Schwierigkeiten haben. Es ist ein ganz einfacher Tipp: Schafft euch ein kleines Büchlein an. Es sollte nicht so dick sein wie ein Liederbuch, aber auch nicht zu dünn. Etwa in diesem Format, auf keinen Fall größer. Es muss so sein, dass es bei den Brüdern in die Hosentasche passt und bei den Frauen in die Handtasche, denn wir müssen es immer dabei haben.
Zunächst steht darin gar nichts. Auf die erste Seite schreiben wir „Die Liebe Christi“ und als Untertitel „Der Preis der Erlösung“. Dann suchen wir in Gottes Wort alle Bibelstellen auf, die uns zeigen, was es den Herrn gekostet hat, uns zu erlösen. Diese Verse werden uns immer wieder einfallen, und wir notieren sie schnell. Das ist der Weg, damit wir das tun können, was wir in dem Lied gesungen haben: den Herrn mehr lieben. Denn wenn wir seine Liebe erkennen, wächst unsere Liebe zu ihm.
Ich gebe ein paar Beispiele, damit wir wissen, womit wir anfangen können. Beginnen wir mit Psalm 22, mindestens die ersten 22 Verse, man kann auch den ganzen Psalm lesen. Ebenso Psalm 69, Psalm 88 und Psalm 129, Vers 3, wo es heißt: „Flüge haben auf meinem Rücken gepflügt, haben langgezogen ihre Furcht.“ Diese Verse beschreiben Untergeißelung.
Dann Jesaja 53, das ganze Kapitel, und Jesaja 13, Vers 8: „Schwert, erwache wieder meinen Hirten und wieder den Mann, der mein Genoss ist, schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen.“ Diese Stelle wird im Neuen Testament angeführt, als die Jünger ihn alle verließen. Hier ruft Gott nach dem Schwert des Gerichts, und wir erkennen, wie furchtbar es auch für den Vater war.
Im Neuen Testament lesen wir die Passionsgeschichte oder den zweiten Korintherbrief 5,21: „Den, der von keiner Sünde wusste, den hat er zu Sünde gemacht, auf dass wir Gottes Gerechtigkeit würden.“ Oder den ersten Petrusbrief 2,20 und folgende Verse: „Er hat unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holz getragen, auf dass wir den Sünden abgestorbene Gerechtigkeit leben.“ Galater 3,13 sagt: „Er wurde zum Fluch an unserer Statt. Denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holz hängt.“
Solche Verse helfen uns zu verstehen: Je mehr wir uns damit beschäftigen, desto größer, tiefer und beständiger wird unsere Liebe zum Herrn, weil wir überwältigt sind von seiner Liebe. Es ist ein ganz einfaches und fast schon todsicheres Mittel – ich möchte eher sagen ein lebensspendendes Mittel –, auf diese Weise die Liebe zu vertiefen. Und wir sollten das Büchlein immer bei uns haben. Wenn andere Gedanken kommen oder wir schwermütig sind, öffnen wir es schnell und lesen diese Verse.
Nun zum Danken: In der Mitte unseres Büchleins machen wir eine weitere Überschrift: „Wofür ich alles danken kann“. Als erste Unterschrift schreiben wir „Die Verheißungen Gottes“. Dann kommen die Dinge, die ich eben nannte: der Blick zurück, der Blick nach vorne, der Blick in die Gegenwart. Dies bauen wir ständig aus. Das gilt für jedermann!
Dann machen wir noch eine zweite Sparte, wobei wir viel Platz lassen, denn die Verheißungen Gottes sind zahlreich. Einige Seiten später steht dann „Gebetserhörungen“ und „Führungen Gottes in meinem Leben“. Hier notiert jeder, was ihm besonders wichtig ist. Wir denken angestrengt darüber nach. Wir können auch dafür beten, dass der Herr uns den Verstand und das Gedächtnis stärkt, damit wir erkennen, wie wunderbar er uns geführt hat.
Dann tun wir das, was im Psalm 103 steht, den ich bereits zitierte: „Nicht mehr vergessen, was der Herr Gutes getan hat.“ Vielleicht notieren wir auch, wo wir Fehltritte gemacht haben und wie der Herr uns wieder zurechtgeführt hat. Wie er auch schwere Zeiten nutzte, um uns ihm näherzubringen. Ist das zu schwierig? Das kann doch jeder! Und das wird uns zu einem frohen Christsein verhelfen, weil wir mehr damit rechnen, dass der Herr immer noch derselbe ist.
So verhalten wir uns nicht wie Martin Luther, der in späteren Jahren oft depressiv war. Als er in einer solchen Phase war und viel jammerte, dachte seine kluge Frau Katharina sich, sie müsse ihn kurieren. Sie zog Trauerkleidung an und kam jammernd die Treppe herunter in sein Studierzimmer. Sie jammerte ständig, und Martin war schon ganz aufgeregt und fragte, was los sei.
Sie zog die Vorhänge zu und klagte: „Gott ist gestorben.“ Martin fragte ungläubig: „Gott ist gestorben? Bist du noch bei Trost, Weib? Wie kannst du so etwas sagen?“ Sie antwortete: „Wenn ich dich so jammern höre, habe ich wirklich den Eindruck, dass Gott gestorben ist.“ Damit war Martin kuriert. Ich weiß zwar nicht, wie lange das anhielt, aber es half. Es war eine etwas brutale, aber sehr wirksame Methode.
Wir müssen uns daran erinnern: Unser Gott ist noch derselbe. Der Herr verlässt uns nicht, was auch kommen mag. Wenn wir seine Gegenwart nicht spüren, sollten wir darüber nachdenken, ob wir vielleicht selbst daran schuld sind. Vielleicht ist unser Blick zu wenig auf ihn gerichtet. Oder es kann auch daran liegen, dass wir Sünde in unserem Leben dulden, die nicht gerichtet oder bekannt ist. So pflegen wir die Gemeinschaft mit dem Herrn nicht mehr.
Zusammenfassung und abschließende Gedanken zum Murren und zur Gemeindearbeit
Jetzt muss ich ganz schnell aufhören mit dem Murren und Klagen. Ich habe hier eine ganze Menge aufgeschrieben, aber das nehmen wir jetzt nicht mehr alle durch. Das kann jeder auch selbst machen.
Als Hauptursache steht ganz oben die falsche Blickrichtung: das Trachten nach dem, was mir angeblich fehlt.
Der erste Punkt, den ich hier erwähne, betrifft unsere Stellung in Christus. In dieser Hinsicht sind wir alle gleich – genau wie Koras Rotte und all die anderen. Sie gehörten zum irdischen Volk Gottes und hatten alle dieselbe Stellung. Dennoch hatten sie unterschiedliche Funktionen.
Wenn es um den Dienst geht, sind unsere Funktionen unterschiedlich. Es gibt solche, die führen, und andere, die geführt werden. Manche wirken mehr in der Öffentlichkeit, zum Beispiel am Wort, andere sind mehr im Verborgenen tätig. Im Neuen Testament wird sehr deutlich, dass gerade diese verborgenen Dienste einen ungeheuren Wert für Gott haben.
Wer das nachlesen möchte, findet das in 1. Korinther 12, wo besonders das Verborgene als wertvoll hervorgehoben wird, und in 1. Petrus 4. Dort heißt es, dass die diakonischen Dienste in der Kraft Gottes getan werden müssen. Das kann man nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln.
Im Dienst sind wir also unterschiedlich. Unsere Dienste hängen von den Geistesgaben ab, nicht von unserer Intelligenz, Willenskraft oder natürlichen Gaben. Allerdings nehmen die Geistesgaben manchmal auch die natürlichen Gaben mit hinein in den Dienst vieler Herren.
Die Bibel macht deutlich, dass der Herr diese Geistesgaben verteilt, wie er will, durch den Heiligen Geist. Dabei geht es nicht darum, nach der Gabe des Anderen zu gieren, sondern zu erkennen: Welche Gabe habe ich?
Ich sehe hier einige Brüder, die wunderbar auf der Straße predigen können. Ich selbst kann das nicht. Ich habe es versucht, wollte es gerne, mit einer Apfelsinenkiste und so weiter, und habe auch losgelegt. Aber es war eine Tragödie. Ich habe gemerkt: Das ist einfach nicht mein Dienst.
Das Aufgeben fiel mir anfangs sehr schwer. Aber nachdem ich das ein paarmal gemacht und die Pleiten erlebt hatte, wurde es leichter. Ich habe auch Verschiedenes ausprobiert. Es ist wichtig, zu erkennen, welche Gabe man hat.
Manche wissen das sofort, bei anderen dauert es etwas länger. Bei mir hat es auch etwas länger gedauert. Aber dann sollte man zufrieden sein.
Viele Brüder und Schwestern haben überhaupt keinen großen Dienst in der Öffentlichkeit, tun aber ihren Dienst in der Stille. Ich denke an einen Bruder, der mittlerweile beim Herrn ist. Nachdem er pensioniert war, war er Kriminalpolizeimeister und hat angefangen, für uns diese Arbeit zu machen: Heften zusammenlegen und so weiter. Von morgens bis abends, jeden Tag außer sonntags, dreißig Jahre lang.
Er hat gesagt: „Erzähl das nicht weiter, solange ich lebe.“ Mittlerweile ist er beim Herrn, und ich kann es weitergeben: Dreißig Jahre lang hat er das getan. Ich habe ihn grenzenlos bewundert. Ich hätte das nicht gekonnt. Was für eine Hingabe!
Und wie viele Schwestern sitzen hier, die vielleicht um des Herrn Willen eine glänzende Karriere aufgegeben haben. Sie haben erkannt, dass der Herr sie woanders haben will – vielleicht eben als Hausfrau und Mutter. Sie haben auf ihren Beruf verzichtet, obwohl sie vielleicht Universitätsprofessorin hätten werden können.
Es geht darum zu erkennen, was der Herr mir zugedacht hat, und dazu ein wirkliches Ja zu finden. Dann kann ich mit dieser Gabe arbeiten. Denn eine Gabe ist auch eine Begabung.
Das fällt mir leichter als das, wo ich keine Gabe habe. Aber es kann durchaus mit viel Selbstverleugnung verbunden sein.
Ihr Lieben, wir wollen die Gaben nicht verachten, die der Herr uns gegeben hat, sondern ein dankbares Ja finden. Dann kann er uns gebrauchen.
Ein weiteres Problem heute ist das Problem der Autorität. Autorität wird grundsätzlich in Frage gestellt. Wie verhalten wir uns dazu?
Leider haben wir jetzt nicht mehr die Zeit. Ich habe ja einige Hinweise gegeben, die wir uns dann anschauen können.
Auch das Murren und Klagen, das sich Auflehnen gegen geistliche Autorität und gegen die Ältesten gehört dazu. Es gibt heute einige Brüder, die eigentlich den Auftrag haben, Älteste zu sein. Sie weigern sich aber, weil sie Angst haben vor dem Murren in der Gemeinde. Denn das ist ein sehr schwerer Dienst.
Die Bedeutung der Gaben und der Dienst in der Gemeinde
Ich habe über viele Jahrzehnte ein relativ großes Werk geleitet. Wir hatten sehr viele Mitarbeiter und mussten zahlreiche Schlichtungen durchführen. Dennoch war die Leitung der Gemeinde, in der ich seit 25 Jahren Mitältester bin – eine kleine Gemeinde mit 70 bis 80 Mitgliedern – für mich viel schwerer als die Leitung dieses Werkes.
Ich glaube, dass die Aufgabe der Ältesten, neben der der Väter, zu den schwierigsten Aufgaben gehört. Sie brauchen unser Gebet und unsere Unterstützung. Auch ein freundliches Wort der Ermutigung kann ein Ältester manchmal gut gebrauchen. Das sollte zwar nicht zu häufig sein und es tut sicherlich keinem von uns dauerhaft gut, aber wir sollten dankbar sein, wenn Brüder bereit sind, diesen Dienst zu übernehmen.
Diese Aufgabe ist mit sehr viel Selbstaufopferung verbunden. Wir sollten auch dankbar sein für die Frauen dieser Ältesten, für die diese Verantwortung mindestens genauso schwer ist.
Ja, ihr Lieben, wenn wir dahin kommen, neu zu erkennen und zutiefst überzeugt zu sein – und damit komme ich zum Schluss – dass Gott keine Fehler macht, auch im Hinblick auf die Verteilung der Gaben, dann werden wir frei von Neid, Eifersucht und Konkurrenzdenken. Jeder dient an seinem Platz dem Herrn und baut die Gemeinde mit auf, so wie es in ihm liegt. Jeder tut das, was der Herr ihm vor die Füße legt.
Dann ergänzen wir uns auf wunderbare Weise. Wir treten niemandem auf die Füße und nehmen niemandem etwas weg. Jeder bekommt vom Herrn das, was ihm zugedacht ist. So blüht die Gemeinde Jesu auf und entwickelt sich weiter. Jung und Alt bleiben zusammen.
Wir erleben das, was einer humorvoll einmal so formuliert hat: Jung und Alt, das gibt Halt; Alt und Schwung, das bringt Schwung; Alt und Jung, das bringt Schwung. Zusammen am Bau Gottes zu arbeiten, einander zu helfen, manchmal auch zu ermahnen und zu ermutigen, gehört ebenso dazu.
Und niemals sollten wir das Danken vergessen. Danken schützt vor Wanken, und Loben zieht nach oben. Das wünsche ich mir persönlich jeden Tag neu – und uns allen –, dass wir so frohgemut nach Hause ziehen, auch mit dem Bewusstsein, dass Schwierigkeiten auf uns zukommen.
Der Herr steht über allem und wird uns helfen, diese Schwierigkeiten zu meistern. Wir dürfen niemals aus den Augen verlieren, dass der Endsieg unserem Herrn gehört und niemand ihm diesen Sieg streitig machen wird.