Herr, es war wieder ein langer Tag. Am Abend sind wir nicht nur müde, sondern suchen dich und dein Angesicht.
Du musst uns segnen. Du musst auch diesen Tag aufarbeiten. Wir können ihn nur in deine Hände legen. Das ist dann so befreiend, wenn wir von deiner Vergebung leben.
Du weißt, was an diesem Tag unrecht geredet wurde und was falsch war. Bring du es zurecht. Auch das, was wir nicht bewältigt haben, musst du weiterführen und weiterleiten.
Zeige uns heute Abend vor allem wieder die Quellen, von denen all unser Tun nur herkommen kann. Amen!
Einführung in den Jakobusbrief und das Thema Glaube und Werke
Heute haben wir einen wichtigen Abschnitt, wie jedes Mal im Jakobusbrief natürlich. Er ist hilfreich und praktisch, besonders im Anschluss an den Hebräerbrief. Es geht um Jakobus 2, Verse 14 bis 26.
Dieser Abschnitt hat immer wieder Anlass gegeben, den Jakobusbrief etwas kritisch zu sehen. Doch wenn man ihn liest, merkt man, wie wichtig dieser Textabschnitt wirklich ist. Man muss ihn haben, denn so, wie Jakobus es beschreibt, versteht es selbst der Dümmste.
Manchmal braucht es einen Holzhammer, damit uns klar wird, was in unserem Glaubensleben nicht schiefgehen darf. Glaube ohne Werke ist tot. Ein Glaube, der sich nicht in Taten zeigt, ist sinnlos.
Was nützt es, liebe Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, aber keine Werke? Kann denn der Glaube ihn retten?
Man könnte meinen, Herr Jakobus zitiert hier den Römerbrief, Kapitel 3, und wendet sich dagegen. Doch im Gegenteil: Wir werden erkennen, dass es genau dasselbe ist, was Paulus sagt, auch wenn die Worte unterschiedlich klingen.
Die Untrennbarkeit von Glauben und Werken
Wenn ein Bruder oder eine Schwester Mangel an Kleidung und an der täglichen Nahrung hat und jemand von euch zu ihnen sagt: „Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch“, ihnen aber nicht gibt, was der Leib nötig hat – was nützt das?
So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selbst.
Es könnte jemand sagen: „Du hast Glauben, und ich habe Werke.“ Also hast du Glauben, und ich habe Werke – der eine das, der andere das. Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich werde dir meinen Glauben durch meine Werke zeigen.
Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran. Die Teufel glauben es auch und zittern. Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist?
Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerecht geworden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? Da siehst du, dass der Glaube mit seinen Werken zusammengewirkt hat und durch die Werke der Glaube vollkommen geworden ist.
So ist die Schrift erfüllt, die da sagt: „Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden.“ Er wurde ein Freund Gottes genannt.
So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird. Paulus sagt: durch Glauben, er sagt: durch Werke, nicht durch Glauben allein.
Desgleichen die Hure Rahab – ist sie nicht durch Werke gerecht geworden, als sie die Boten aufnahm und sie auf einem anderen Weg hinausließ?
Unter diese Verweisstelle gehört Hebräer 11,31. Dort sehen wir, dass auch der Hebräerbrief sagt: Durch den Glauben ist sie gerettet worden, nicht durch die Werke.
Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.
Die Bedeutung der Begriffe Glaube und Werke verstehen
Das ganze Problem liegt oft in unseren Begriffen. Wir haben ein Wort und stellen uns darunter etwas vor, zum Beispiel, was Glaube ist. Dann machen wir Sätze wie: „Hat es uns nicht Luther wieder geschenkt, dass der Mensch durch den Glauben gerecht wird?“
Ich habe vor einigen Jahren einmal an einem Reformationsfest eine Predigt gehalten und gesagt: Es stimmt doch gar nicht, dass der Mensch durch den Glauben gerecht wird. Er wird durch Jesus gerettet. Ich hoffe, dass damals ein paar Leute ein bisschen umgedacht haben und sich fragten: Was ist denn eigentlich jetzt los? Aber es stimmt doch: Ich werde dadurch gerettet, dass Jesus für mich starb, nicht weil ich glaube.
Der Glaube kann doch nur das Geschenk annehmen. Der Glaube ist die Röhre, durch die mir die Gaben Jesu zufließen. Nun merken wir, wie leicht wir die Worte nicht klar genug benutzen. Wenn ich sage, ich werde durch den Glauben gerettet, dann gibt es oft Missverständnisse. Es gibt Menschen, die sagen: „Ach, ich habe auch meinen Glauben.“ Und andere haben einen anderen Glauben. Hauptsache, man glaubt irgendetwas, und dadurch wird man gerettet. Das stimmt aber gar nicht.
Ich werde nur durch Jesus gerettet, der für mich starb. Mein Glaube nimmt das an. Aber warum hat Luther dann immer so den Glauben betont? Wir kennen ja die Geschichten, die das Problem fast ein wenig primitiv darstellen.
Zum Beispiel der Ablassprediger Tetzel, der durch die Welt zog und Ablässe verkaufte, damit die Peterskirche in Rom gebaut werden konnte. Dann kam ein Ritter zu ihm und fragte, ob man auch einen Ablass für ein Verbrechen bekommen könnte, das man erst noch begehen würde. Tetzel sagte: „Ja, wenn er tüchtig zahlt.“ Der Ritter zahlte und plünderte anschließend die Kasse von Tetzel.
So kann man alles auf den Kopf stellen – mit den Werken und mit dem Glauben. Wenn man einmal darüber nachdenkt, was Luther wirklich wollte, dann hat er mit dem Glauben die ganz nahe Verbindung zu Jesus gemeint, das Leben mit Jesus.
Die Warnung vor einem oberflächlichen Glauben
Und noch einmal: Das, was Jakobus hier sagt, gehört wirklich zu unserem Verständnis des Evangeliums dazu. Wenn das fehlt, haben wir die Bibel nicht richtig verstanden.
Jakobus hat in der ersten Christengemeinde schon erkannt, dass wir alle ganz trickreiche Betrüger sind – auch als fromme Christen. Wir drehen nämlich nach kurzer Zeit die Aussagen der Bibel so herum, dass es uns bequem wird. Wir nehmen den Glauben als ein Ruhekissen, legen uns darauf und sagen: „Ja, Jesus vergibt mir, also kann ich fröhlich weiter sündigen. Kein Problem, ich kann ja immer wieder zu Jesus kommen und meine Sünden vergeben lassen.“
Wenn uns dann jemand sagt, wir hätten nicht richtig gehandelt, antworten wir: „Ach, niemand ist vollkommen, wir haben alle unsere Fehler.“ Damit entschuldigen wir unser Verhalten. Doch das kann niemals im Sinne Jesu sein, dass unser Glaube zum Deckmantel der Bosheit wird.
Erinnern Sie sich: Auch Paulus sagt genau dasselbe. Wir sollten die Gnade Gottes nicht missbrauchen, indem wir dadurch noch mehr sündigen.
Jakobus erinnert uns daran, dass der Glaube niemals nur im Kopf stattfindet. Und sehen Sie, das ist heute unser Problem im zwanzigsten Jahrhundert – vielleicht auch schon in den vorigen Jahrhunderten. Im westlichen Christentum, im deutschen Christentum und im gesamten westlichen Christentum läuft der Glaube oft nur im Kopf ab.
Wenn jemand sagt: „Ich glaube auch an Gott“, meint er meistens nur, dass er zugibt, es gibt einen Gott. Das ist nicht einmal wirkliches Denken, sondern im Grunde nur ein Zugeständnis: „Es gibt einen Gott im Himmel, den Herrn Gott.“
Aber was meint die Bibel mit Glauben? Was bedeutet es, mit Jesus verbunden zu sein, ein neuer Mensch zu werden, wiedergeboren zu sein?
Jakobus sagt: Das heißt, dass jemand Gottes Wort wirklich tut und gehorsam lebt.
Glaube als Vertrauen und Gehorsam
Wenn Sie so fragen, müssen Sie feststellen, dass auch Paulus genau dasselbe gesagt hat. Für ihn war Glaube immer eine Umwendung des ganzen Lebens.
Diese Definition könnte für Sie jetzt hilfreich sein, wenn Sie sich etwas einprägen wollen: Bei Paulus kann man ganz deutlich erkennen, dass er, wenn er von Glauben spricht, immer Vertrauen und Gehorsam meint – niemals nur das eine von beidem.
Wenn Sie bei Jesus nachschauen, was Glauben bedeutet, etwa wenn er sagt: „Ihr glaubt nicht“ beim Sturm auf dem Meer, dann meint Jesus nie, dass sie daran zweifeln, ob der Herrgott im Himmel ist. Das war nie das Problem. Vielmehr ging es darum, ob sie wirklich jetzt auch so leben, wie es ihrem Glauben entspricht. Ob sie mit Jesus ihre Nerven in seine Hand legen und sich ihm blind ausliefern. Das bedeutet: Vertrauen und Gehorsam.
Wenn man das vom Glauben wegnimmt und nur noch ein Denken daraus macht, ist es nicht mehr der biblische Glaube. In der ganzen Bibel gibt es nirgendwo Glauben, der nicht auch Gehorsam einschließt. Deshalb betont Jakobus so stark, dass Taten folgen müssen.
Offenbar war schon in der ersten Christenheit das Problem da, dass manche Menschen den Glauben nur oberflächlich lebten. Stellen wir uns vor, wie es in der ersten Christengemeinde war: Natürlich gab es das Problem, dass Menschen ihren Glauben im Leben nicht verwirklichten. Das kennen wir doch auch heute. Wie oft handeln wir nicht nach dem Gehorsam des Glaubens?
Deshalb ist es gut, dass man Jakobus einmal hört. Er stellt eine ernste Diagnose – wie ein Arzt, der den Puls oder Blutdruck misst und sagt: „Halt mal, da stimmt etwas nicht, Sie sind krank.“ Der Glaube ist krank, so kannst du nicht weiterleben.
Die praktische Bedeutung von Glauben und Werken im Alltag
Es ist wichtig zu beobachten: Wenn die Werke nicht stimmen, die Taten nicht stimmen, dann ist etwas krank. Gustav Werner von Reutlingen hat ein schönes Wort geprägt: „Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert.“ Das gilt besonders für den Glauben. Wenn sich der Glaube nicht im Alltag, in meinem Verhalten, zeigt, ist er unnütz.
Einen Gegensatz zu Paulus hier zu sehen, ist völlig unsinnig. Paulus war das sehr wichtig. Er sagt in seinen Briefen: „Ihr seid errettet aus der Obrigkeit der Finsternis und versetzt in das Reich seines lieben Sohnes.“ Dann fordert er auf: „So steht nun!“ Und er ermahnt sie, den Glauben auch umzusetzen. Er spricht davon, dass man kämpft – trotz der jeweiligen gesellschaftlichen Ordnungen.
Wir haben nun einige grundlegende Formulierungen gehört. Jakob sagt im Vers 14: „Wenn jemand sagt, er habe Glauben und hat nicht die Werke, dann ist er doch ein Mensch, der nicht selig werden kann.“ Das ist ein bisschen gefährlich, was Jakobus sagt, denn es könnte uns in Verzweiflung stürzen.
Man muss deshalb vorsichtig mit den Formulierungen von Jakobus sein. Es kann sein, dass unser Gewissen wach wird und wir merken, dass wir vieles falsch machen. Wenn wir dann den Jakobus lesen, könnten wir verzweifeln: „Kann denn der Glaube selig machen, wenn meine Werke nicht stimmen?“ Was sollen wir tun, wenn wir merken, dass wir so viel Schuld in unserem Leben haben und so viel versäumt haben?
Dann ist es gut, den ganzen Jakobusbrief zu lesen. Dort steht viel über Vergebung, darüber, wie das Wort Gottes uns verwandelt, und über die Gnade Gottes, die uns gilt. Deshalb müssen wir Jakobus richtig verstehen.
Jakobus will nicht bestreiten, dass Vergebung alle Schuld auslöscht. Er wehrt sich nur gegen ein oberflächliches Christentum, in dem man in den Versammlungen fröhliche Lieder singt, aber das praktisch nicht im Gehorsam umsetzt.
Zuerst schildert er das im Vers 15 im Blick auf die notleidenden Menschen.
Die Einheit von sozialem Handeln und Evangelisation
Ich möchte noch einmal woanders ausholen. Man hört jetzt überall immer wieder diese ewige, unsinnige und blöde Diskussion, was denn wichtiger sei: soziale Tat oder Evangelisation.
Alles ist wichtig, beides ist kein Gegensatz. Wenn jemand fragen würde, was wichtiger ist – Essen oder Trinken –, dann ist beides wichtig. Es ist wichtig, dass wir den Menschen das Evangelium sagen. Es ist ebenso wichtig, dass wir Liebe üben. Das schließt sich doch nicht aus. Oder ist das ein Gegensatz? Ich verstehe das nicht.
Im einzelnen Leben gibt es verschiedene Aufgaben. Der eine hat mehr die eine Aufgabe, der andere mehr die andere – je nach den Gaben. Es ist unsinnig, so zu fragen. Es ist heute auch nötig, den Menschen unserer Zeit klar zu sagen: Du musst dich bekehren, du musst deinen Lebensstil ändern. Evangelisation ist wichtig. Du musst dich entscheiden auf den Anruf Gottes.
Ich habe oft den Eindruck, dass bei uns sehr viel Sozialarbeit getan wird, auch in unseren Gemeinden. Ich denke oft, dass der größte Teil meiner Zeit in der Gemeinde nicht mit Seelsorge oder Verkündigung belastet ist, sondern mit Sozialarbeit: Betreuen, grüßen, sich zum Geburtstag kümmern, Verwaltungsaufgaben, Krankenpflege, Kindergarten – das ist alles wichtig.
Ich frage mich heute, ob wir in unserem Wohlstand nicht den evangelistischen Ruf vergessen haben. Deshalb ist das nie ein Gegensatz.
Jetzt las ich wieder in einer Zeitschrift einen Artikel über die Evangelisationskonferenz in Manila, wo gesagt wurde, dass endlich auch die sozialen Dienste als wichtig anerkannt wurden. Das Zähneputzen ist auch wichtig – ich meine das nicht karikiert. Und man darf auch keinen Mundgeruch haben, weil man evangelisiert. Es sind viele Aufgaben wichtig. Das ist nicht doof, sondern es gehört viel dazu zum Leben.
Man muss auch gesellig sein, Gemeinschaft pflegen, sich zu einer Kirche bekennen. Aber Evangelisation ist der Ruf zu Jesus. Das ist eine Sache, so wie Diakonie eine andere Sache ist. Beides gehört genauso zum Christenleben.
Zum Christenleben gehört viel. Zum Christenleben gehört auch, dass ich mich anständig anziehe. Aber das ist keine Evangelisation, verstehen Sie? Diakonie ist nicht Evangelisation – das ist heute völlige Begriffsverwirrung.
Es gibt Dienste, die man tut, in die eine Richtung, und andere, die man in die andere Richtung tut. Zu meinem Christenleben gehört alles dazu. Jesus hat uns Liebe geboten. Aber Liebe ist nicht unbedingt Evangelisation. Wir müssen das unterscheiden.
Das eine kann das andere nicht ersetzen, aber alles ist nötig. Und hier sagt Jakobus: Natürlich muss die Liebe dazukommen. Du kannst einem Menschen nicht bloß predigen. Das hat übrigens noch nie jemand getan.
Also hat noch nie jemand einem Hungernden gesagt: „So, jetzt musst du dich zuerst bekehren, dann kriegst du eine Scheibe Brot.“ Ausgerechnet unsere Aktion „Hilfe für Brüder“ haben Leser und Briefschreiber im Gemeindeblatt vorgehalten, wir würden einen Taufschein verlangen, bevor wir helfen. So geht die Karikatur weiter.
Was uns wichtig war: Wir helfen durch die Gemeinden vor Ort. Aber alle kriegen Hilfe – Atheisten, Buddhisten, Moslems. Die Gemeinden sollen es tun, weil sie auch ein Zeugnis haben. Aber noch nie ist es vorgekommen, dass jemand kein Brot bekommen hat, weil er nicht dazugehört.
Das hat mich beeindruckt, gerade in der Notzeit. Viele von Ihnen erinnern sich noch daran, dass die, die uns 1945 geholfen haben, nicht vergessen haben, dass der Mensch nicht vom Brotlein allein lebt. Ich kenne auch diese Kondensmilchbüchsen, die Care-Pakete und alles. Aber ich kenne auch noch das Testament, das mein Vater im französischen Kriegsgefangenenlager bekam, obwohl sie dort nicht satt waren.
Deshalb haben Sie nicht versäumt, das Neue Testament beizulegen – eine Gabe des CVM damals. Und wir sollten immer wieder aufpassen, dass das eine oder das andere nicht ausgeschlossen wird.
Ich habe heute oft den Eindruck, dass wir auch in den vielen Sozialdiensten, die in der evangelischen Gesellschaft in unserer Stadt geschehen – da oben im Rosengarten oder bei der neuen Arbeit, bei uns in der Ecke –, da sitzen jetzt jeden Tag Menschen auf dem schönen Eckchen, das man errichtet hat, und trinken ihr Bier.
Wer sagt denen das Evangelium von Jesus, der frei macht? Das ist so wichtig, dass wir das nicht versäumen. Natürlich gehört die Liebe dazu, und ich kann einen Menschen, der in Not ist, nicht nur mit Sprüchen abfertigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemand tut.
Ich würde heute aber sehr provokativ sagen: Ich glaube nicht, dass das Problem bei uns Hunger ist. Bei den Bettlern ist die regelmäßige Meinung: „Brauchen sie Essen?“ Da kriegen sie gern etwas, aber Geld kriegen sie keines. Wenn wir das wissen, bekommen sie Geld zu einem bestimmten Satz. Hunger hat fast keiner.
Mancher lässt sich ein Brot geben und steckt es unten in die Mülltonne, in der Hoffnung, wenn er Brot nimmt, kriegt er vielleicht auch noch Geld. Bei uns ist das sicher nicht das Problem.
Ich bin immer wieder erstaunt, dass gerade in den Notgebieten Menschen einen geistlichen Hunger haben und auch wissen, dass die Fragen nach Gott dazugehören – das, was wir oft nicht mehr wissen.
Die Verbindung von Glauben und gelebter Liebe
Er will sagen, dass es keinen Wert hat, wenn du den Glauben nicht lebst. Praktisch, in Zeichen der Liebe.
Ich würde vielmehr meinen, dass es bei uns wichtig ist: Wenn ich jemanden in meinem Betrieb evangelisieren will und ein Zeugnis für ihn sein möchte, dann muss ich bereit sein, auch mal den Trecker zu bedienen. Außerdem muss ich mich als Kollege angemessen verhalten können.
Unsere Kinder beobachten uns sehr genau. Dabei werden wir immer wieder schuldig, denn unsere Kinder wollen keine Sprüche hören. Vielmehr wollen sie sehen, ob wir Liebe zu ihnen haben.
Ich möchte ihnen auch Mut machen, Fehler offen einzugestehen – sowohl vor Kollegen als auch vor Kindern. Das ist niemals eine Schande. Vielleicht ist es gerade der Weg, den wir Christen ungeniert gehen können.
Der Glaube aber, wenn er keine Werke hat, ist tot in sich selbst.
Der Streit um Glauben und Werke
Nun kommt es zu einem Streit, und er sagt: Zeig mal deinen Glauben her, den ohne Werke. Dann zeige ich dir meinen, der mit den Werken kommt. Lass uns die mal nebeneinanderlegen.
Ich möchte noch einmal erklären: Wenn Jakobus zum Schluss zu der sehr gefährlichen Formulierung kommt und sagt: „Ja, aber letztlich wird man doch durch seine Taten gerecht“, dann möchte er sagen: Nur ein Glaube, der wirklich ein ganzer Glaube ist, rettet dich. Das will er sagen. Durch dein Tun wirst du nicht selig.
Warum wird man durchs Tun nicht selig? Weil wir alle ein Leben lang viele Versäumnisse haben. Das hat nämlich Jakobus nicht gemeint, dass wir durch unsere Frömmigkeit, durch unser Gutsein gerettet werden. Wenn Sie den Satz so verstehen – und das ist ein weiteres Missverständnis, an das Jakobus gar nie gedacht hat – „Wir werden durch unsere Werke gerecht“, dann denken Sie: „Ach, was sind wir doch schöne Leute, wir singen so schön, wir sind so fromm, wir machen keine Fehler, wir sind so stolz.“ Das wäre ja schlimm.
Wir bleiben schuldnerisch und können immer nur wieder die Vergebung Gottes empfangen. Aber Jakobus will sagen: Wenn du deinen Glauben so in dir drin lässt und ihn nicht auswirken lässt, dass er tätig wird, hat er keinen Wert.
Ich meine, ich brauche jetzt gar nichts mehr dazu zu erklären, weil dieses Missverständnis wirklich bei uns nicht vorkommen kann. Wenn man das dann so verdreht oder so karikiert, dass man das so darstellt, kommt es oft vor, dass junge Leute so sagen: „Ich hatte mal eine Tante oder meine Großmutter war so.“ Vielleicht hat man es auch ein wenig falsch aus der Perspektive gesehen. Und man muss dann immer die ganze Lebensgeschichte der Menschen sehen, die so reden.
Vielleicht gibt es manche, die sehr locker mit den Sprüchen sind. Es ist sehr schwer zu sagen, der hat keine Liebe gehabt. Gott wird uns alle richten. Und gerade bei der fehlenden Liebe sollten wir uns immer fragen: Hat mein Glaube Liebe?
Es ist wirklich wichtig, dass wir es mit Paulus zusammen noch einmal verstehen. Denn Paulus hat ja gesagt: „Guck mal, Herr, der Glaube ist die Röhre, durch die Christus in dein Leben kommt. Durch den Glauben nimmst du Christus auf.“ Und jetzt ist es interessant: Gerade weil Christus in mein Leben tritt, kann ich tätig sein. Jetzt kann Liebe in meinem Leben wirken.
Wenn Sie es nur aus sich herausdrücken – ich sage mal herausquetschen – geht das nie. Sie können nicht so lieb sein, wenn Sie sich ganz arg zusammenreißen. Das geht nicht. Sie können nicht sagen: „Das wird mein Glaubenswerk haben.“ Sie können sich nicht anstrengen und mühen. Sie können nicht sagen: „Ab morgen bekämpfe ich in mir meine miesen Charaktereigenschaften.“ Das geht nicht.
Sie können nur neu geboren werden, wie ein Baby geboren wird von der Mutter. So kann Christus Sie verformen. Oder wie Jakobus sagt: Das Wort kann uns verformen und neu schaffen.
Die Kraft des Heiligen Geistes für Werke und Frucht
Was ist denn die Kraft, die die Werke antreibt? Paulus hat da Recht: Die Werke kommen durch den Geist Gottes, durch den Heiligen Geist, der treibt.
Das Bild mit dem Baum ist immer wieder gut. Im Frühjahr steht ein Apfelbaum da, und dann treibt der Saft die Blüten und die Frucht hervor. Ein Baum muss sich gar nicht anstrengen, er muss sich nicht verkrampfen und sagen: „Bis wir da die Früchte dran haben.“ Das wächst organisch. Da bildet sich ein Apfel, wunderbar hängt er da oben. Er blüht und blüht, die Bienen bestäuben ihn, und es geschieht fast wie von selbst.
Man könnte ein Wort sagen, das bei dem Bild fast zu viel ist, fast riskant im Glauben. Aber es ist wirklich so: Wenn nicht der Geist Gottes das von selbst in uns treibt, wenn nicht das Wort dieses in uns bewirkt, wenn es nicht so wird, dass es uns von innen her verändert, hat es keinen Wert.
Gartenfreunde machen bei den Bäumen noch etwas anderes: Sie pfropfen sie. Das ist auch ein Beispiel, das Paulus gebraucht. Und es ist schön, wenn man das Bild dazu nimmt. Aber jedes Bild hat seine Begrenzung und kann nicht alles illustrieren.
Wichtig ist: Die Werke können nur so kommen, dass sie durch Christus in uns gewirkt werden. Man muss Christus Raum geben. Man kann das nicht erzwingen. Gib Christus Raum, dann wird er es tun.
Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld. Wenn sie keine Geduld haben, dann überlassen sie sich mehr Christus.
Das hat uns auch bei der Gemeindefreizeit am Wochenende in Friolsheim sehr geholfen: Wir müssten mehr aus der Ewigkeit leben. Dann bekommen wir Abstand zu den bewegenden Dingen und Sorgen und können sie unter die Füße kriegen. Dann haben wir von allein den richtigen Blick.
Also: Die Frucht muss in unserem Leben reifen.
Die Warnung vor einem bloßen Wissensglauben
Wenn Jakobus hier so stark betont, dann will er gegen einen billigen Glauben angehen, der bloß ein Kopfglaube ist. Er sagt: Du glaubst, dass es einen Herrn gibt, der die Teufel wissen, und sie zittern vor der Realität Gottes. Man sieht schon, dass das ein Zerrbild des Glaubens ist, ein reiner Wissensglaube, der nicht zu einer Umwandlung des Herzens führt.
Wenn Glaube jedoch wirklich so verstanden wird, als Hingabe an Jesus und neues Leben aus seinem Wort, dann ist das richtig. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade für unsere Gemeinden und für unser Christentum Jakobus eine ganz hilfreiche Weckerfunktion ausübt. Er rüttelt uns wach und sagt: Mein lieber Freund, wie steht es denn mit deinem Glauben? Beweise deinen Glauben wirklich.
Aber nicht – und das haben wir jetzt deutlich gesagt – nicht das Missverständnis, als ob ich das mit meiner Kraft erzwingen könnte. Es ist immer wieder gut, dass wir das Beispiel des Alten Testaments haben. Es ist uns ja oft rätselhaft, warum es auch im Judentum bis in unsere Tage hinein passieren kann, dass das Glaubensleben zu einer erstarrten Sache wird. Die Menschen laufen wie in einem Korsett herum und sagen: Jetzt habe ich meine Verordnungen und Paragraphen, jetzt darf ich mich nicht mehr rühren, und jetzt gehe ich meinen Weg verbissen.
Vielleicht haben Sie auch Frömmlichkeitsrichtungen erlebt, das höre ich oft: freudlose Gruppen, in denen man ein verzwungenes Leben führt. Das ist nicht der biblische Glaube. Der biblische Glaube ist Freude an Jesus. Jesus will durch deine Knopflöcher, durch deinen Mund, durch deine Augen wirken, durch deine Ohren, dein Herz und deine Hände. Lass ihn doch wirken! Er wird Taten hervorbringen, die wirklich bedeutsam sind.
Beispiele für die Veränderung durch Glauben
Jetzt brauchen wir noch einige Beispiele. Ich habe bisher keine zusammengestellt, aber wir könnten an verschiedenen Lebensgeschichten sehen und feststellen, wie Christus Menschen verändern kann.
Ich schaue oft auf unsere jungen Leute und bin erstaunt, welche Wendungen dort oft geschehen sind. Das sind keineswegs immer fromme Jünglinge. Es gibt auch Mädchen, die eine bewegte Vergangenheit haben. Doch Christus hat ihr Leben verändert. Jetzt sind sie voller Liebe. Diese Liebe ist ihnen nicht angeboren, sondern Christus wirkt sie in ihnen.
Deshalb ist es gefährlich, Menschen in Kategorien einzuteilen und zu sagen: „Der hat keinen rechten Glauben“ oder „Der hat einen rechten Glauben“. Wir sollten vorsichtig sein, denn das kann nur Gott beurteilen. Wir können höchstens sagen, dass das, was jemand vertritt, nicht schriftgemäß ist. Das darf man immer wieder sagen, denn in der Bibel steht es oft anders als in der Predigt. Es ist wichtig, die Aussagen an der Bibel zu prüfen.
Glauben zu prüfen ist jedoch eine sehr persönliche Angelegenheit. Unser Wunsch ist nur, dass mehr Frucht eines lebendigen Glaubens sichtbar wird.
So war es auch bei der Hure Rahab. Sie war wirklich eine schlimme Frau, denn das Wort „Hure“ steht so in der Bibel, da wird nichts beschönigt. Aber sie hat Gott vertraut. Deshalb haben Paulus und der Hebräerbrief Recht. Sie hat geglaubt, und es war ein Glaube, der sie zum Handeln brachte.
Dann stört nicht einmal mehr das schreckliche Leben, das diese Frau führte, weil sie wirklich umgekehrt ist und ein neues Leben begonnen hat. Das sagt die Bibel immer wieder als großen Trost: Ich trage nicht die Last meines alten Lebens mit mir herum, sondern Jesus kann mein Leben neu machen.
Auch im Jakobusbrief steht dieses herrliche Evangelium. Wenn ich heute umkehre, die Gnade Gottes ergreife und sie konsequent lebe, gilt mir dieses Versprechen. Aber es kann kein Zerrbild des Glaubens geben.
Das Beispiel Johann Jakob Mosers für gelebten Glauben
Es gibt eine Lebensbeschreibung von Johann Jakob Moser. Wer sie zu Hause hat, sollte sie einmal zur Hand nehmen und noch einmal lesen. Ich hätte Ihnen gern aus seinem Munde vorgelesen, denn es war ein Lieblingsthema von ihm.
Johann Jakob Moser war, wie ich oft erzählt habe, Professor in Wien mit 40 Jahren. Er hatte ein großes staatsrechtliches Werk mit zwanzig Folianten geschrieben, einen wahren Riesenwälzer. Er war der berühmteste Staatsrechtler seiner Zeit.
Später riefen ihn die Württemberger nach Stuttgart zurück, um Landschaftskonsulent zu sein. Er sollte damals gegen den willkürlich herrschenden Herzog ein Bollwerk bilden. Die Landstände hatten durchgesetzt, dass ein Vertreter des Volkes die Gesetze gegenzeichnen musste. Doch es gab niemanden, der das Zeug hatte, dem Herzog, der so hemmungslos herrschte, mit aller Macht im Ludwigsburger Schloss entgegenzutreten.
Also holte man diesen Staatsrechtler und sagte zu ihm: Du hast das juristische Wissen, du kannst es tun. Aber die ganze Juristerei nützt nichts, wenn sich ein Herzog über die Gesetze hinwegsetzt. Johann Jakob Moser war ein Pietist, ein merkwürdiger Mann. Er war kein dogmeninteressierter Pietist, wie es viele Schattierungen gibt, sondern ein von Herzen frommer Mann. Es war ihm sehr wichtig, auch mit den Gläubigen seiner Zeit zusammen zu sein. Doch das Wichtigste war, dass er dem Herzog entgegentrat.
Der Herzog ließ ihn morgens um fünf Uhr aus dem Bett holen, im Schlafanzug, und ließ ihn in Ludwigsburg antreten. Er sagte, jetzt solle Moser ein Unrechtsgesetz gegenzeichnen. Doch Moser antwortete: „Euer Durchlaucht werden einen ehrlichen Mann finden, ich werde nicht unterschreiben.“
Daraufhin saß er fünf Jahre auf dem Hohenwiel, ohne Notizblock, ohne Schreibzeug. Es gibt ein Lied im Gesangbuch von Johann Jakob Moser im württembergischen Teil, das ihn als eine der liebenswertesten Gestalten unserer württembergischen Landesgeschichte zeigt. Das Volk teilte diesen schweren Kampf mit ihm. Es muss furchtbar gewesen sein, den ungeheizten Winter über fünf Jahre auf dem Hohenwiel zu verbringen, bis der Kaiser endlich eingriff und den Herzog zwang, ihn freizulassen.
Es war ein Unrecht ohnegleichen, was damals geschah. Was Honecker dagegen tut, sind Kinderspiele im Vergleich. Wie damals das Recht mit Füßen getreten wurde, ist kaum vorstellbar.
Als Moser aus dem Gefängnis kam, standen die Leute am Straßenrand und sangen das Lied: „Unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ, wo er ist, stets sich lassen schauen.“
Gerade Johann Jakob Moser hat aber auch gesagt: Ihr sollt eure Werke nie aus Berechnung tun. Das war auch Luther sehr wichtig. Nicht, dass wir gute Taten tun, um uns den Himmel zu erkaufen. Das wäre schlimm.
Wir würden jetzt Taten tun, um uns eine Krone mit so und so vielen Zacken zu verdienen, wie Frau Stocker-Schwarz neulich in der Predigt so schön sagte. Damit wir diese Taten wie Orden an unserer Brust tragen. Nein, wir sind unnütz und tun, was wir schuldig sind.
Ich würde sogar noch extremer sagen: Wir tun das Gute nicht, weil wir dafür einen Lohn bekommen oder uns den Himmel verdienen wollen, sondern weil es uns Freude macht. Macht es Ihnen nicht Freude, wenn Sie einem anderen helfen können?
Wenn Sie das Gute nur tun, weil Sie müssen, wäre das schon wieder falsch. Wir tun es gerne aus Dankbarkeit, weil wir so viel Liebe empfangen haben.
Ich wollte gerade dieses Beispiel eines Menschen nennen, der wirklich ein Mann der Tat war und sein Handeln nicht als großes Werk verstanden wissen wollte.
Johann Jakob Moser hätte gesagt: „Ich wollte ja nicht mehr leben, wenn ich nur ein Unrechtsgesetz unterschrieben hätte. Lieber fünf Jahre in der schlimmsten Gefängniszelle leiden, als einen Tag herrlich und in Freuden leben, aber Unrecht mit unrechten Taten tun.“
Das ist sicher Christenleben. Wir tun das und gehen dann vielleicht auch in dunkle und finstere Orte, vielleicht auch ins Leiden. Aber wir haben dann den Himmel über uns offen und den Segen Gottes.
Schlussbetrachtung: Glaube und Werke als Einheit durch Christus
Jetzt sagt er: Klar, der Glaube ohne Werke ist tot. Das ist richtig. Aber ich kann Werke nur haben, wenn Christus in mir wohnt und wenn sein Geist mich antreibt.
Jakobus und Paulus – ich kann sie nicht trennen, obwohl man beim Zitieren sagen kann, dass sie wortwörtlich im Gegensatz zueinander stehen. In Wirklichkeit ist das aber keiner.
Wir haben Jakobus kennengelernt und verstanden, was ihn antreibt. Er will Menschen zu Jesus führen, nicht zurück zum Gesetz treiben. Nur Christus kann in ihnen das neue Leben bringen, sonst hat es keinen Wert.
Nur wenn der Baum von innen her Saft hat, kann er Frucht tragen, sonst nicht.
Ich hoffe, dass das jetzt auch für Sie klar geworden ist und dass es uns ein wenig hilft.