Wer ein wenig weiß, worüber Jürgen predigt, der kennt die Reihe über den ersten Petrusbrief. Diese läuft gerade eher gemächlich vor sich hin, so im Rösselsprungverfahren. Alle paar Wochen gibt es wieder eine neue Predigt dazu.
Eigentlich wäre jetzt wieder der erste Petrus dran, genauer gesagt Kapitel 2, Verse 13 bis 17. Ich habe mich ein wenig schwergetan, diesen Text anzugehen. Warum? Ist er besonders schwierig? Nein, eigentlich nicht. Das Problem war eher, dass er mir ein bisschen zu banal erschien.
Es gibt Predigten zu sehr komplexen Texten, da merkt man sofort, dass viel drinsteckt. Da muss man bohren und graben. Und dann gibt es Predigten, die sind quasi Exegese durch Vorlesen: Man liest den Text vor, und eigentlich versteht jeder, worum es geht. Dann verlängert man die Predigt noch um drei Viertelstunden. Und genau so ein Text ist erster Petrus 2,13-17.
Als ich darüber nachdachte, dass ich diesen Text predigen soll, kamen mir zwei Bemerkungen in den Sinn, die ich in den vergangenen fünf Wochen aufgeschnappt hatte. Die eine war: „Im Gottesdienst bekomme ich eh nicht, was ich brauche.“ Die zweite lautete: „Die Predigt oder die Predigten im Gottesdienst bringen mir nichts.“
Jetzt versteht ihr mein Problem. Ich stehe da mit einem Text, der wirklich zu simpel ist. Er ist einfach richtig simpel. Ich frage mich: Kann man so einen Text einfach predigen? Inhaltlich geht es am Ende darum, dass wir für die Politiker beten sollen. Wir sollen treue Staatsbürger sein, keine Rebellion anzetteln, alle lieb haben und auch für unsere Politiker beten. Das ist der Text, das ist alles, was man dazu wissen muss. Und...
Die Herausforderung eines scheinbar banalen Textes
Ich habe mich an den Text nicht herangetraut, weil ich zwei Bemerkungen hatte: Im Gottesdienst bekomme ich eh nicht, was ich brauche, und die Predigt im Gottesdienst bringt mir nichts. Außerdem habe ich gemerkt, dass in mir eine Tendenz steckt: Ich möchte nicht anecken, ich möchte gefallen. Ich will die Dinge tun, die man tun muss, damit die Leute mich mögen.
Deshalb war es für mich wirklich schwierig, jetzt einfach so einen Text zu lesen, bei dem ich denke: Na ja, wenn ein Text unter der Rubrik „Nichts gelernt, schon alles gewusst“ fällt, dann wird das so ein Text sein. Ich meine, ich glaube nicht, dass hier jemand sitzt, der gläubig ist und sagt: „Ich wusste nicht, dass ich für Politiker beten soll.“ So sind die Gedanken durch meinen Kopf gegangen.
Vielleicht denkt jemand: „Was bist du denn für eine Pussy? Trau dich doch einfach, pack es an!“ Ja, das kann sein. Ich traue mich jetzt mal etwas. Ich werde ein paar Anmerkungen zu diesen Einwänden machen.
Vorweg: Es geht mir nicht darum, irgendwelche Leute zu bashen. Vielleicht hast du selbst schon so gedacht, ich habe das auch schon gedacht, okay? Ich saß schon in Gottesdiensten mit der Frage: „Was machst du hier eigentlich?“ Ich erinnere mich an einen Gottesdienst, bei dem man mich gefragt hat, ob ich predigen will. Ich war Gast, etwas schlecht drauf und hatte keine Lust. Da habe ich gesagt: „Nee, will ich nicht.“ Und trotzdem habe ich mich eine Dreiviertelstunde lang darüber geärgert, warum ich nicht vorne stehe.
Ich kenne dieses Gefühl, drin zu sitzen und sich zu fragen: „Was mache ich hier eigentlich?“ Trotzdem möchte ich einfach mal an diesen Grundgedanken anknüpfen, der vielleicht jedem von uns schon mal irgendwo hochgekommen ist: „Was mache ich hier eigentlich? Mir bringt das doch eh nichts.“
Zu diesem Gedanken möchte ich ein paar Anmerkungen machen.
Anmerkung 1: Woher weißt du das?
Anmerkung eins: Woher weißt du das? Wenn du sagst, mir bringt das nichts, dann nehme ich das zunächst aus der Perspektive des Predigers auf. Ich werde das später noch etwas ausweiten.
Woher weißt du, dass dir das nichts bringt? Liegt es vielleicht daran, dass das, was gepredigt wird, nicht neu genug ist? Das könnte sein. Bitte bringe immer etwas Neues mit.
Wenn das dein Gedanke ist – und zumindest habe ich diesen Gedanken bei mir schon gefunden – dann ist es so: Ich habe gerade wieder ein Hörbuch im Auto ausgemacht, weil ich dachte, das kenne ich alles schon, schon nach dem ersten Kapitel. Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber wenn dieser Gedanke manchmal hochkommt – „Das weiß ich alles schon, was der da vorne predigt“ – dann solltest du dir vielleicht ein paar Gedanken über das machen, was nächste Woche ansteht. Vielleicht holst du dein Handy raus und machst schon mal deinen Terminplaner. Oder du hast noch Englischausaufgaben zu erledigen. Das passt dann auch gerade.
Wenn dieser Gedanke da ist, kommt folgende Bibelstelle, die dich ermutigen soll, dran zu bleiben. In 2. Petrus 1,12-13 heißt es:
„Deshalb will ich Sorge tragen, euch immer an diese Dinge zu erinnern, obwohl ihr sie wisst.“ Fies, oder? Da weiß jemand etwas, und Petrus sagt: „Ich will Sorge tragen, ich will mir Mühe machen, euch daran zu erinnern, obwohl ihr sie wisst und in der bei euch vorhandenen Wahrheit befestigt seid.“
Er sagt weiter: „Ich halte es aber für recht, solange ich in diesem Zelt bin, also noch auf dieser Erde unterwegs bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken.“ Aufwecken, also wirklich aufwecken.
Wir haben offenbar eine Neigung, im geistlichen Leben einzuschlafen. Und wir brauchen dann ab und zu jemanden, der kommt und unsere Erinnerung aufweckt. Wenn wir ehrlich sind – und das gilt heute hier – gilt das sogar für die banalsten Dinge des Glaubens.
Das Einmaleins des Glaubens kann unter einem Wust von Aufgaben begraben sein. Es ist gut, wenn man uns immer wieder daran erinnert.
Ich merke das bei mir: Ihr wisst, dass ich gerne Bibelverse auswendig lerne und sie dann wiederhole. Da kommen manchmal Verse vorbei, die sind ultra banal. Da denke ich mir: Ja, schön, toller Vers, ja, weiß ich vielleicht schon.
Und in dem Moment, wo ich das denke, merke ich: Das, was der Vers sagt, war gerade gar nicht so präsent. Es war eigentlich zugedeckt von all dem, was so kam. Es war gar nicht da im Leben.
Da war zwar: „Ja, ja, guter Vers“, aber das war es dann auch. Ich war nicht wirklich daran erinnert.
Von daher habe ich den Eindruck, es ist gut, wenn man Dinge wiederholt oder ab und zu wiederholt werden.
Also, wenn dieser Gedanke kommt: „Ich weiß es schon“, freu dich. Es ist ein geistliches Prinzip. Vielleicht ist es genau der Punkt, wo du, obwohl du es weißt, gerade dabei bist, ein bisschen einzuschlafen und es nicht mehr so präsent ist.
Anmerkung zwei:
Anmerkung 2: Vorsicht bei der Einschätzung des eigenen Bedarfs
Diese Anmerkung ist etwas schwieriger. Es geht um die Frage: Was soll ich von einer Aussage wie „Bringt mir nichts der Gottesdienst, ich weiß schon alles“ halten?
Anmerkung zwei: Vorsicht, wenn wir glauben, zu wissen, was wir brauchen.
Das muss ich näher erläutern. Vorsicht, wenn wir glauben, zu wissen, was wir brauchen. In Jesaja 55,9 sagt Gott über sich selbst etwas sehr Grundlegendes: „Denn so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“
Das bedeutet: Wenn Gott denkt und ich denke, dann sind das zwei Welten. Ich denke auf meiner Ebene, Gott denkt auf einer viel höheren Ebene. Ich nehme an, wenn ich denke, dann denke ich nicht, dass Gottes Gedanken so viel höher sind als meine. Ich denke oft, Gott denkt und ich denke auf derselben Ebene – aber das stimmt nicht. Gott sagt ausdrücklich, dass seine Gedanken höher sind als unsere Gedanken.
Jetzt komme ich und überlege mir: Was brauche ich denn? Also gehe ich in den Gottesdienst und frage mich, was ich jetzt mitnehmen muss. Ich möchte euch ehrlich bekennen: Je älter ich werde und je mehr ich mich mit der Frage beschäftige, was ich brauche, desto mehr merke ich, dass ich nicht bestimmte Themen brauche, sondern die Begegnung mit Gott selbst.
Versteht ihr den Unterschied? Manchmal denken wir, Gott sollte über ein bestimmtes Thema sprechen, und das mag richtig sein. Aber mein Eindruck ist: Das Wichtige, das wirklich Wichtige, ist die Begegnung mit Gott selbst. Die Mittel, die er dabei verwendet, können eine Predigt sein, ein Lied oder etwas anderes. Diese Mittel sind so vielfältig und unterschiedlich, wie wir Menschen verschieden sind.
Deshalb ist die Haltung „Das brauche ich nicht, ich weiß schon, was ich brauche“ mit Vorsicht zu genießen! Wenn ich darüber nachdenke, was mich geistlich wirklich voranbringt, dann merke ich, dass es meistens nicht die kluge Auswahl von Büchern oder Predigten ist. Es sind andere Dinge. Es ist der Moment, in dem Gott zu mir spricht. Es ist mein Herz, das in einem bestimmten Moment offen ist für Gott, und dann redet Gott zu mir. Dann ist er da.
Ehrlich gesagt, ich denke persönlich nicht mehr so viel darüber nach, was ich brauche. Stattdessen interessiere ich mich immer mehr für eine zutiefst persönliche, auch intellektuell tiefe Beziehung mit Gott. Ich rede viel mit ihm, ich lese viel in der Bibel und auch Bücher. Aber ich mache meine Beziehung zu Gott nicht zu einem Tauschgeschäft, nicht nach dem Motto: Ich gebe dir Zeit, und du gibst mir guten Rat.
Stattdessen begegne ich Gott. In dieser Begegnung will ich nicht einfach nur die Erleuchtung für den Tag haben. Ich möchte Gott begegnen und offen sein für das, was er für mich hat.
Wenn ich Gott begegne, sage ich nicht: „Ich begegne dir, um Kraft oder Weisung für den Tag zu bekommen.“ Das wäre ein Tauschgeschäft. Zum Beispiel: „Ich bin jetzt hier, gebe dir eine Stunde am Morgen – ja, ich hätte lieber geschlafen – aber wenn es sein muss, dann kriegst du eine Stunde von mir. Dafür möchte ich aber auch etwas haben, mindestens kluge Gedanken, die mich durch den Tag tragen, und ein bisschen mehr Segen als gestern.“
Diese Tauschgeschäft-Idee halte ich für zutiefst falsch. Ich glaube: „Was ich brauche, kommt nicht aus mir. Ich habe nicht genug Verstand, um zu wissen, was ich wirklich brauche.“
Wenn Gottes Gedanken höher sind als meine Gedanken, dann kann ich es getrost ihm überlassen, darüber nachzudenken, was ich brauche. Das Einzige, was ich tun muss, ist, ihm zu begegnen.
Mir fällt auf, dass das, was ich wirklich brauche – vielleicht nicht das, was ich haben will, aber das, was ich wirklich brauche – in der Begegnung mit Gott steckt.
Deshalb sagt Jesus vielleicht auch: „Folgt mir, lernt von mir, bleibt in mir.“ Merkt ihr die persönliche Note in „in mir“? Damit wir nie vergessen: Er ist es, der weiß, was wir wirklich brauchen. Er ist es, dem wir begegnen müssen.
Und jetzt sage ich etwas, was ihr hoffentlich richtig versteht: Jesus ist viel besser als ein Gottesdienst.
Versteht ihr mich? Ich bekomme nicht immer, was ich will oder was ich denke zu brauchen. Aber woher weißt du, was du wirklich brauchst? Ich verspreche dir: Das, was du brauchst, kennst du oft nicht. Aber ich verspreche dir auch, dass Gott weiß, was du brauchst.
Wenn du ihm begegnest und Raum für eine echte Begegnung schaffst, wirst du bekommen, was du brauchst.
Ja, der Gottesdienst bringt mir nichts – wenn ich nur ihn suche und nicht die Begegnung mit Gott.
Anmerkung 3: Vom Hören zum Tun kommen
Okay, dritte Anmerkung: Frage – tust du, was man gepredigt hat?
Es gibt dazu einen lustigen Bibelvers, der so klingt: Matthäus Kapitel 7. Lustig deshalb, weil er in jeder Kinderbibel steht und wahrscheinlich auch bildlich dargestellt wird.
Matthäus 7,21: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr, wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.“
Und eine Geschichte dazu: „Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute.“
Geht es euch auch so? Man braucht Sekunden, um ein biblisches Prinzip zu verstehen. Vielleicht Wochen, um den dazugehörigen Vers auswendig zu lernen. Und manchmal Monate, bis sich dieses Prinzip im eigenen Leben zeigt.
Ist das nicht interessant? Du sagst zu einer Predigt „Amen, preach it, gut, ja, ja“, aber das ist noch nichts. Es ist nur schön, dass es dich freut, was Gott gesagt hat.
Jetzt fangen wir an, aus Hörern Täter zu machen. Und ich merke, das dauert ewig. Manche Dinge habe ich vielleicht vor fünf Jahren verstanden, und jetzt sickern sie allmählich in mein Herz. Aber wir sind noch lange nicht so weit, dass ich das regelmäßig umsetze.
Es ist einfach nur so: Es ist schon mal da. Ich weiß, es steht in der Bibel. Ich fange vielleicht an, dafür zu beten, dass sich das in meinem Leben zeigt. Ich könnte anderen schon sagen, wo es in der Bibel steht. Aber es ist leider noch nicht so. Und deswegen bringt es mir nichts.
Lasst uns vorsichtig sein, wenn wir sagen: „Ich weiß es schon.“ Es reicht nicht, es nur zu wissen. Wir sollten immer wieder Raum schaffen, damit aus Hörern Täter werden – so wie Jakobus das herrlich auf den Punkt bringt.
Jakobus 1,22 sagt: „Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen.“
Da steckt eine Gefahr drin. Manchmal ist es eine Gefahr, wenn man viel weiß. Manchmal ist es eine Gefahr, wenn man Kinder in den Kindergottesdienst schickt. Die bekommen so viel Bibelwissen vermittelt und denken dann: „Jetzt bin ich aber auch gut.“
Also, schickt die Kinder bitte in den Kindergottesdienst! Ich will nicht sagen, dass wir ihn abschaffen sollten. Aber ihr versteht, was ich meine: Den Kindern wird viel Bibelwissen vermittelt. Sie lernen Bibelverse auswendig, kennen alle Geschichten, bevor sie in die Schule kommen. David und Goliath ist keine Überraschung mehr: „Ach, der Große verliert, wusste ich schon.“
Das ist aber noch lange nicht im Leben angekommen. Es ist noch kein echter Glaube daraus geworden.
Wenn wir sagen: „Bringt mir nichts“, mag es sein, dass eine Predigt dein Wissen nicht erweitert. Damit kann ich leben. Aber Hand aufs Herz: Tust du all das, was du schon gelernt hast?
Oder anders gesagt: Wenn wir für Politiker beten sollen und du das schon lange weißt – zum Beispiel, wenn Paulus in 1. Timotheus 2,1-2 sagt: „Vor allen Dingen möchte ich aber, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen“, und dann explizit für Könige –, dann wissen wir das ja alles.
Frage an die Falkenseher: Wie sieht es aus? Wie oft habt ihr in den letzten Wochen für Heiko Müller gebetet?
Jetzt lachen die Spandauer – also gehen wir zu den Spandauern. Wie weit oben steht Helmut Klebank auf eurer Gebetsliste?
In der Bibel steht: Vor allen Dingen sollen wir flehen, beten, Fürbitten tun usw. Es steht explizit da. Die Umsetzung ist nicht so kompliziert. Wenn wir beten, sollen wir für die mitbeten. Du hast irgendeine Gebetsorganisation oder einen Zettel, auf dem steht, für wen du betest.
Aber ich wette nicht viel, höchstens ein bisschen, dass in der letzten Woche die meisten Falkenseher nicht für ihren Bürgermeister gebetet haben. Vielleicht irre ich mich, das könnt ihr mir später sagen. Aber ich denke, wir wissen das. Und wir gehen vielleicht raus und denken: „Hat mir nichts gebracht, ich habe wieder gehört, wir sollen für Politiker beten.“ Ja, stimmt.
Mag sein, dass es dir intellektuell nichts gebracht hat. Aber wann kommen Heiko und Helmut endlich dahin, wo sie hingehören – nämlich auf unsere Gebetsliste?
Wann machen wir das? Wann werden aus Hörern Täter? Wann hören wir auf, uns selbst zu betrügen und zu sagen: „Ach, wie schön ist’s doch“, wie es im Jakobusbrief Kapitel 1, Vers 22 heißt: „Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer“?
Und das Schöne daran: Der kluge Mensch, der hört und tut, baut sein Haus auf dem Felsen. Dazu gibt es auch ein Kinderlied. Es ist einfach so nett. Ja, es ist einfach so nett. Okay, gut.
Die Bedeutung des Gottesdienstes neu verstehen
Also, der Gottesdienst bringt mir nichts. Die ersten drei Anmerkungen waren:
Woher weißt du das? Liegt es nur daran, dass es nicht neu genug ist? Dann lass dich an Dinge erinnern. Wir neigen alle dazu, einzuschlafen.
Die zweite Anmerkung: Vorsicht, wenn du glaubst, zu wissen, was du brauchst. Ich glaube, dass Gottes Gedanken andere Gedanken sind, dass er weiß, was du brauchst. Wir müssen die Begegnung mit ihm forcieren und ihn nicht dazu bringen, uns das zu geben, was wir gerne hätten. Auch eine schöne Idee, aber falsch.
Die dritte Anmerkung: Tust du eigentlich, was man gepredigt hat? Bist du damit zufrieden, nur zu wissen, oder bist du erst dann zufrieden, wenn du tust?
Die vierte Anmerkung – und das ist jetzt ehrlich gesagt – da muss man ja ehrlicherweise sagen: Es gibt in diesem Satz ein Körnchen Wahrheit. Wenn jemand sagt: „Im Gottesdienst bekomme ich eh nicht, was ich brauche.“ Ja, das ist richtig. Und was ich jetzt sage, ist vielleicht unangenehm. Ja, das ist richtig. Und es geht auch nicht darum.
Also, wenn du sagst, ich bekomme nicht, was ich brauche, dann setzt du voraus, der Gottesdienst ist für mich. Und man kann diesen Eindruck gewinnen. Vielleicht liegt da ein Fehler im System, wie wir Gottesdienst feiern, und dann müssen wir das ändern.
Aber wenn ich in die Bibel hineinschaue, dann geht es gar nicht um uns, sondern es geht um Gott und um andere Menschen. Wenn wir uns anschauen, was die Bibel zum Thema Gottesdienst feiern sagt, dann lesen wir zum Beispiel, dass andere Menschen für uns ein Fokus sein sollen.
Also nicht die Frage: Was hat mir der Gottesdienst gebracht? Habe ich bekommen, was ich brauche? Sondern die Frage: Habe ich gegeben? Was Gott mir in die Hände gelegt hat für diesen Gottesdienst.
Hebräer 10,24: „Und lasst uns aufeinander Acht geben, damit wir uns zur Liebe und zu guten Werken anspornen. Indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei einigen Sitte ist, sondern einander ermuntern.“
Ich komme hierher, weil wir ein Team sind, weil wir ein Volk sind, weil wir eine Familie sind, weil wir zusammengehören. Gott sagt, wenn wir zusammen sind, dann geht es darum, dass wir aufeinander Acht geben.
Und das umso mehr, je mehr ihr den Tag herannahen seht. Je schlimmer die Zeiten, umso wichtiger sind wir darauf angewiesen, einen Ort zu haben, wo uns jemand auf die Schulter klopft und sagt: „Hast du gut gemacht, bleib weiter, gib nicht auf.“ Das brauchen wir umso mehr.
An anderer Stelle – das habe ich vor kurzem gepredigt, deswegen lese ich euch jetzt nur die Stelle vor – steht, dass wir zusammenkommen im Gottesdienst, um Tempel Gottes zu sein, wo jeder einzelne ein lebendiger Stein ist.
Wir sind nicht nur der Tempel, wir sind auch die Priester, die in dem Tempel dienen, und wir bringen geistliche Schlachtopfer dar.
1. Petrus 2,5: „Lasst euch auch selbst als lebendige Steine aufbauen, als ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um geistliche Schlachtopfer darzubringen, Gott wohlgefällig!“
Gottesdienst als priesterlicher Dienst verstehen
Dass ich das jetzt so sage, kann vielleicht jemanden verletzen. Das möchte ich nicht, aber ich möchte es trotzdem gerne so formulieren: Der Gottesdienst ist nicht die Tankstelle, an der wir für die nächste Woche auftanken.
Vielleicht bin ich mit meiner Predigt einseitig, aber ich muss das einmal klarstellen. Es mag sein, dass du als Abfallprodukt dessen, was wir hier tun, auch ermutigt und erfüllt nach Hause gehst. Aber wenn die Idee in deinem Kopf ist, dass Gottesdienst eine Tankstelle ist, zu der ich komme, wenn ich leer, ausgelaugt und völlig fertig bin, um einmal vollzutanken und mich dann auf meinen Stuhl sinken zu lassen, dann muss man deutlich sagen: Dazu ist Gottesdienst nicht da.
So oft in der Woche geht es um uns, um unsere Bedürfnisse. Aber in diesem Moment, wenn wir hier zusammen sind – bei uns von 15 bis 16.30 Uhr –, geht es darum, geistliche Schlachtopfer zu bringen. Es geht darum zu überlegen: Wie kann ich die Menschen links und rechts von mir, die ich sehe, ermutigen? Wie kann ich sie dazu ermutigen, ein von Liebe geprägtes Leben zu führen?
Warum sind wir hier? Damit uns eine gute Show geboten wird? Mal sehen, ob die Musiker uns heute in Stimmung bringen, ob die Predigt etwas Neues bringt, wenigstens einen guten Witz. Hoffentlich wird nicht zu lange gebetet. Mal sehen, ob die Kinder wieder laut sind und herumschreien. Aber na ja, im schlimmsten Fall, wenn es zu viel wird, gehen wir halt kurz nach dem Gottesdienst wieder. Ist ja schließlich Sonntag, Zeit für die Familie.
Ist es das? Komme ich hierher mit dieser Erwartungshaltung: eine Show? Also ein bisschen Show muss schon sein, es muss Spaß machen, es muss schön sein?
Ist es das? Wenn dieser Gedanke irgendwo in unserem Herzen steckt, müssen wir ihn loswerden. Wir müssen ihn mit Stumpf und Stil ausreißen. Wir müssen sagen: Nein, nein und nochmals nein! Wir sind heute hier, um es einmal ganz klar zu sagen, um Gott, den Schöpfer des Universums, unsere Aufwartung zu machen.
Wir sind hier, weil wir Priesterinnen und Priester sind. Deswegen: Wenn wir singen, singen wir für Gott. Wenn wir auf eine Predigt hören, dann hören wir nicht auf den Prediger, sondern auf das, was unser Herr uns sagen möchte. Wenn wir beten, dann beten wir Gott an. Wenn wir Menschen ermutigen, dann tun wir das in seinem Auftrag, weil wir sein Leib sind. Wenn wir feiern, dann feiern wir das, was er für uns getan hat.
Wir sind heute hier priesterlich versammelt, um Gott zu ehren. Vielleicht spüren wir das im Moment in unserem Gottesdienst noch nicht vollständig. Dann lasst uns darüber nachdenken, wie wir das besser machen können.
Aber wir sind heute hier, um Gott zu ehren. Und deswegen ist es, wenn man das mal durchdenkt, nicht okay, zu spät zu kommen. Ich werde jetzt nicht mit Steinen werfen auf die, die es tun, aber wenn man ehrlich ist, ist das eigentlich nicht richtig.
Es ist auch nicht richtig, während des Singens zu quatschen oder sich noch einen Kaffee zu holen. Da ist gerade etwas anderes dran. Es ist auch nicht richtig, sich nach dem Gottesdienst keine Zeit zu nehmen, um die neuen Leute kennenzulernen. Das ist doch das, wozu Gott die ganze Sache hier macht – einander zu ermutigen.
Du bist Priesterin, du bist Priester. Du bist hierher gekommen, weil Gott dich eingeladen hat, sein Tempel zu sein und in diesem Tempel priesterlich zu dienen.
Deshalb mein Tipp: Komm bitte vorbereitet, nicht auf den letzten Drücker. Bete vorher. Wenn du Kinder hast, bete mit ihnen vorher. Bete dafür, dass Gott dich in deiner Eigenschaft als Priesterin und Priester benutzt. Bete dafür, dass Gott zu dir spricht. Bete dafür, dass Gott dir innere Freiheit schenkt, ihn anzubeten.
Das kommt doch nicht von alleine, dass wir hier aus allen Richtungen zusammenhoppeln und dann: Halleluja! Das will vorbereitet sein!
Wenn nötig, baue deinen Sonntag um den Gottesdienst herum auf – und nicht umgekehrt. Jeder von euch, der sagt: Ich bin Gottes Kind, ist heute hier, um Gott zu ehren.
Die Rolle der Predigt im Gottesdienst
Und das fängt meines Erachtens nicht erst um fünfzehn Uhr an.
Jetzt werdet ihr vielleicht sagen: Steht nicht im Zentrum unseres Gottesdienstes eine Predigt? Ist das nicht genau das Gegenteil von dem, was du predigst? Einer steht vorne, ihr könnt nichts sagen, ihr müsst zuhören. Einer steht vorne, die anderen hören zu. Ja, das ist bei uns so, und ich glaube, das ist nicht wirklich gut. Es ist zumindest nicht biblisch.
Wer sich dafür interessiert, wo das herkommt: Das ist ein Produkt der Kirchengeschichte. Es war eine Idee, die bei Luther entstanden ist, das Wort ins Zentrum zu stellen. Meine Angst ist, dass es uns, wenn wir das tun, davon abhalten kann, gemeinsam Gott anzubeten.
Ich bin eher bereit, komplett auf eine Predigt zu verzichten. Ich hänge nicht an der Predigt, wenn es uns hilft, den Aspekt der gemeinsamen Anbetung mehr zu betonen.
Ich kann euch jetzt schon sagen: Wir werden nächste Woche keine Predigt haben. Das liegt daran, dass wir nächste Woche zusammen Brotbrechen feiern, also Abendmahl.
Ich möchte vor allem die Männer unter uns auffordern, sich für nächste Woche vorzubereiten. Es wird ein Thema geben. Das Thema heißt: „Was fasziniert mich an Jesus?“ Drei Minuten, bereitet euch vor und schickt mir eine E-Mail. Ich möchte nächste Woche etwas zu diesem Thema sagen.
Jörg wird die Musik ein bisschen anders planen. Wir werden nächste Woche keine Predigt haben. Stattdessen wollen wir uns unterhalten über die Frage: Wer ist Jesus für mich?
Wir brauchen es, dass wir uns als Gemeinde neu um Jesus drehen. Er ist die Sonne unseres gemeindlichen Universums.
Die Krise der Gemeinde und das verlorene Zentrum
Und es macht mich sehr traurig, wenn ich das so sagen muss, aber ich habe den Eindruck, dass er das nicht mehr ist. Ich habe den Eindruck – oder ich drücke es mal anders aus: Warum sind so viele Leute unter uns krank? Woran liegt es, dass sich im letzten Jahr fast niemand bekehrt hat? Wir treten gemeindlich auf der Stelle.
Jeder, der am Anfang dabei war – ich sage das nur für die, die ganz am Anfang dabei waren – dem ist etwas verloren gegangen. Nenn es Begeisterung, nenn es den The Rock Spirit, mach daraus, was du willst, aber da war mal etwas anders. Und es liegt nicht nur daran, dass wir jetzt so viele kleine Kinder haben und unsere Teenager jetzt auch schon wählen gehen dürfen und so weiter. Das ist nicht der Punkt.
Der Punkt muss woanders liegen. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass wir als Gemeinde das Zentrum verloren haben oder dabei sind, es zu verlieren. Vielleicht ist es nur wie bei meinem Fahrrad, das rechts hinten eiert. Mein Schwiegersohn hat gesagt: „Du, das Winterrad ist schlecht ausgewuchtet, da musst du was machen lassen.“ Das mache ich natürlich nicht, weil solange das fährt, ist das doch gut. Bis mir mein Schwiegersohn erklärte: Stichwort Lagerschaden. Das ist ein Argument – ja, selbst für mich, der ich ein Laie bin.
Und jetzt ist mein Problem: Ich fühle, wenn ich uns als Gemeinde erlebe, dass wir eiern. Irgendwie ist diese Begeisterung, dieses Zentrum, dieses eindeutige, hundertprozentige Auf-Jesus-ausgerichtet-Sein irgendwie verloren gegangen. Es geht viel zu sehr um uns. Um unsere Wünsche, um unsere Bedürfnisse, um unsere Vorstellungen vom Leben – immer dieses „Uns, uns, uns“.
Und das Problem ist: Wir haben hier kein Recht, uns zu versammeln und diese Veranstaltung Gottesdienst zu nennen, wenn nicht Jesus im Mittelpunkt steht, wenn er nicht auf dem Thron sitzt. Ich weiß nicht, ob diese Predigt uns da hinführt, aber wenn wir Gottesdienst feiern, nehmen wir mit dem Gottesdienst Ewigkeit vorweg. Ist euch das klar?
Wir feiern nicht einfach nur eine Veranstaltung, die sich kirchengeschichtlich irgendwie entwickelt hat und die man halt, weil man Christ ist, irgendwie anderthalb Stunden mitmacht – bei den Freikirchen sind es immer anderthalb Stunden, bei den anderen geht es mit einer Stunde, vielleicht war es eine Dreiviertelstunde, wenn man weiß wo. Da muss man halt irgendwo versuchen, es gehört halt irgendwie dazu.
Nein, wir nehmen Ewigkeit vorweg, und das fasziniert mich.
Gottesdienst als Vorgeschmack der Ewigkeit
Ich zeige euch mal den Gottesdienst im Himmel, und ihr werdet merken: Das ist unser Leitmotiv. Da heißt es dann:
„Und ich sah und hörte eine Stimme vieler Engel rings um den Thron her.“ Da ist ein Thron im Mittelpunkt, nicht der Prediger. Da ist ein Thron – und wer sitzt auf dem Thron?
„Und ich sah und hörte eine Stimme vieler Engel rings um den Thron her und um die lebendigen Wesen und um die Ältesten. Und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausenden und Tausende mal Tausende.“ Das ist Offenbarung. Das müsst ihr jetzt nicht verstehen, aber es sind sehr viele – ganz arg viele. Und da steht ein Thron, und wir sind im Thronsaal Gottes.
All die, die mit lauter Stimme sprachen:
„Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und den Reichtum und die Weisheit und die Stärke und die Ehre und die Herrlichkeit und den Lobpreis.“ Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde ist – also inklusive der Maulwürfe, das muss man sich vorstellen, alle Geschöpfe – und auf dem Meer und an allem, was in ihnen ist, hörte ich sagen:
„Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebührt der Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit.“
Die vier lebendigen Wesen sprachen: „Amen.“ Und die Ältesten fielen nieder und beteten an. Das ist der Gottesdienst im Himmel.
Wenn wir uns hier treffen, dann holen wir etwas von dieser Idee, die unsere Ewigkeit prägen wird, in die Zeit hinein. Das Volk Gottes, das sich zu Millionen versammeln wird und Musik machen wird für das Lamm, trifft sich in der Größenordnung von 50 bis 70. Das ist jetzt noch nicht so groß. Es macht auch ein bisschen Musik und versucht, diese Zukunft zu antizipieren, vorwegzunehmen.
Wir stehen jetzt gedanklich – obwohl wir hier in dieser Kirche sitzen – im Thronsaal. Wir versuchen, das nachzuspüren, was da auf uns zukommt, was unsere Ewigkeit prägen wird.
Du bist hier, wenn ich das so sagen darf, um dem unhörbaren Jubel der Schöpfung jetzt schon eine Stimme zu geben und jetzt schon den Herrn der Herrlichkeit anzubeten.
Deswegen, wenn du sagst, dir bringt der Gottesdienst nichts, dann muss ich sagen: Wenn du geistlich leer und ausgebrannt hierher kommst, dann kann es gut sein, dass der Gottesdienst für dich keine Hilfe ist. Denn Gottesdienst will nicht zuerst Tankstelle sein, will nicht zuerst therapeutische Sitzung sein, will auch nicht der Moment sein, wo du von einem völlig durchstressten Leben mal durchatmest.
So mal anderthalb Stunden Ruhe, wo das Handy nicht klingelt – das wäre ja auch unhöflich – wo meine Gedanken fokussiert sind, weil da vorne jemand etwas sagt, und ich kann jetzt ja nicht etwas anderes machen, wo mir jemand etwas vorgibt, wo ich einfach mal anderthalb Stunden durchatme – nein, dazu ist er nicht da.
Die Bedeutung von Seelenhygiene
Ich glaube, wenn du hierher kommst und sagst: „Ich bin leer, die Freude ist weg, die Lust auf Gott ist weg, ich bin innerlich nicht satt“ – und vielleicht wird sogar die Beziehung zu Gott selbst zur Last –, dann kann der Gottesdienst dieses Problem nicht lösen. Und er will es auch nicht lösen.
Wenn das so ist, und lasst mich da einen Gedanken anschließen: Woher kommt das? Mein Eindruck ist, wir leben in einer Zeit, in der wir über Körperpflege unglaublich viel wissen. Die meisten von euch riechen gut. Ihr habt wahrscheinlich heute Morgen geduscht und irgendeine Art von Seife verwendet. Ja, alles gut. Ich rieche heute nach Kokos. Immer noch. Wir wissen körperpflegemäßig alles.
Wisst ihr, wo uns etwas fehlt? Wo ich den Eindruck habe, unsere Welt tickt einfach aus und spinnt? Es geht um Seelenhygiene. Seelenhygiene! Wir wissen, was unser Körper braucht. Wir wissen, was man essen muss, wie viel Sport man treiben soll, wir putzen unsere Zähne, machen ein bisschen Sport – alles ist da.
Dann frage ich Leute: Sag mal, wie gehst du mit deiner Seele um? Was mutest du deiner Seele eigentlich zu? Darf ich dich ehrlich fragen, ob du genug Zeit hast, um Gott zu danken? Bei ihm deine Sorgen abzugeben, über sein Wort nachzudenken, mit ihm einfach mal zu reden? Hast du genug Zeit, um über Vergangenes zu trauern, wenn das hochkommt, und getröstet zu werden?
Bist du jemand, der sich genug ausruht, genug nachdenkt, genug in seinem Herzen Gott feiert? Gibt es in deinem Leben genug Vergebung – Vergebung, die du anderen gewährst und auch selbst in Anspruch nimmst? Hast du genug Schlaf, genug Romantik, genug Genuss in Maßen? Arbeitest du genug, aber nicht zu viel?
Weißt du, was deiner Seele wirklich gut tut? Weißt du, wo deine Belastungsgrenze ist? Weißt du, wie viel medialen Müll du verträgst? Ich mache gerade ein YouTube-Fasten. Und es tut mir – ich bin erstaunt, wie gut mir das tut. Ich bin so ein Typ, der immer alles wissen will. Von daher klicke ich mich dann immer mal durch. Jetzt habe ich das einfach gesperrt – so ein Schutzprogramm, bei dem man einstellen kann, dass es nicht mehr geht. Dann ist es weg.
Es ist interessant, und ich merke: Ja, du hast deine Seele an der Stelle einfach nur gestresst. Wie viel Zeit braucht deine Seele alleine mit Gott, um in ihm zu ruhen? Weißt du das? Wann hast du das letzte Mal einen ganzen Tag einfach nur alleine mit Gott verbracht?
Ist es so, dass dein Lebensstil – so wie du ihn jetzt lebst – und der zugehörige Lebensstandard dir wirklich gut tun? Machst du genug gute Erfahrungen mit Gott? Erfahrungen, von denen du anderen erzählen kannst, die dich prägen, dir eine Richtung geben und dich reifen lassen?
Merkst du, wie die Frucht des Heiligen Geistes in dir heranreift: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit? Sag mal, lebst du selbst oder nach den Ansprüchen, die andere dir vorgeben? Wie ist dein Leben wirklich? Wie geht es deiner Seele?
Wenn du aus so einer Woche herauskommst, die jetzt hinter dir liegt – wie geht es deiner Seele wirklich? Hat sie gerade so überlebt? Ist nicht völlig vor die Hunde gegangen? Weißt du eigentlich, wie sich das anfühlt, wenn es deiner Seele richtig gut geht? Oder ist das ein Zustand, der schon so lange her ist, wie bei mir, dass ich nicht mehr weiß, wie sich das anfühlt? So wie bei mir, der das Gefühl hat, einen zu engen Anzug zu tragen – das ist schon lange her.
Wie geht es dir damit, wenn du hierher kommst und sagst: „Mir bringt der Gottesdienst nichts, weil ich mir eigentlich eine Tankstelle wünsche, und der Gottesdienst betankt mich nicht.“ Mal gehe ich ermutigt nach Hause, mal nicht. Mal waren die Lieder schön, und du merkst irgendwie, der Gottesdienst ist nicht das Mittel, um dir das zu geben, was du für dein Leben mit Gott brauchst.
Dann sage ich dir: Ja, das kann er auch nicht sein. Dann liegt das Problem woanders.
Ich möchte dir Mut machen, wenn du sagst: „Ich bin innerlich leer und ausgebrannt.“ Ich möchte dir Mut machen, darüber nachzudenken, was deine Seele an Gottesbegegnung, an Ruhe, an gutem Essen, an Liebe wirklich braucht. Wirklich darüber nachzudenken.
Und wenn dein Lebensstil deiner Seele nicht mehr gibt, was sie braucht, dann hol dir ein paar Freunde ins Boot. Das hatten wir letztes Mal. Sag: „Freunde, ich habe ein Problem. Meine Seele kommt nicht mehr bei Gott zur Ruhe. Ich brenne langsam aus. Ich schaffe es nicht mehr, in Gott die Qualität der Beziehung zu finden, die die Bibel sagt, dass da ist. Ich schaffe es einfach nicht mehr, ich komme nicht mehr bei Gott an. Dieses Leben mit Gott ist eigentlich nur so eine Behauptung. Ich lebe mit Gott, aber eigentlich lebe ich nach meinem Terminkalender, und Gott ist so ein Punkt dabei.“
Wenn das bei dir so ist, versuch, die Bremse reinzuhauen. Mir ist völlig klar, das ist nicht nur eine Sache von 24 Stunden, und dann ist alles gut. Vielleicht musst du anfangen, jetzt zu planen, zu überlegen, wie du in ein, zwei oder drei Jahren an einem Punkt sein kannst, wo das wieder geht.
Und wenn ihr ganz kleine Kinder habt, dann müsst ihr noch dreimal mehr Geduld aufbringen. Vielleicht geht es im Moment wirklich nicht so einfach. Trotzdem geht es nicht, einfach zu sagen: „Na ja, ist halt eine Unwucht.“ Irgendwie werden wir im April die Räder eh wieder runtermachen, Winterreifen drauf.
Wenn das nicht da ist, kannst du es nicht einfach laufen lassen. Bitte achte auf dich selbst. Denn kein Gottesdienst kann dir zurückgeben, was dir fehlt.
Es kann sein, dass wir hier als Hauptverantwortliche – vor allem unsere Musiker machen da einen tollen Job – dich für einen kurzen Moment durch das Programm emotional aufheizen können. Vielleicht gehst du ein kleines bisschen ermutigt raus. Aber es ist nicht das, was du wirklich brauchst.
Abschluss und Einladung zum Gebet
Das waren eigentlich meine Vorbemerkungen. Jetzt wäre der eigentliche Predigttext gekommen, den ich mir jetzt spare, das ist klar.
Ich möchte, dass wir stattdessen lieber miteinander beten. Und ich möchte, dass wir uns Zeit nehmen, nicht für uns zu beten. Habt ihr mich verstanden? Ich möchte, dass wir uns Zeit nehmen, nicht für uns zu beten.
Lasst uns bitte nicht beten: „Herr, gib uns Weisheit“, oder „Herr, schenke uns Buße“, oder „Herr, schenke uns Ohren, die hören“. Alles gute Gebete, aber lasst das jetzt einfach mal nicht machen.
Mein Eindruck im Blick auf das letzte Jahr ist folgender: Vor etwa einem Jahr haben wir aufgehört, zwei Gebetszeiten zu haben. Es ist schon etwas länger her, vielleicht schon 14 Monate. Wir hatten eine Gebetszeitanbetung und eine Fürbitte. Diese haben wir verschmolzen.
Aber wisst ihr, was dabei auf der Strecke geblieben ist? Genau. Das ist meine persönliche Meinung. Die Ältestenschaft steht nicht dahinter, und es wird auch nicht darüber gesprochen. Meine Meinung ist: Es hat uns nicht gutgetan. Es hat wieder so ein Stückchen den Thron aus dem Zentrum herausgeschoben.
Aber ins Zentrum unserer Gemeinde gehört ein Thron, auf dem Gott sitzt.
Deswegen lasst uns füreinander beten. Ich bin für Fürbitte. Ich möchte sogar, dass, wenn ihr Sorgen habt, noch viel mehr Leute auf die Ältesten zugehen und sagen: „Ich möchte gesalbt werden.“ Hier steht Jakobus 5,14.
Aber vielleicht ist es gut, wenn ich heute die Fürbitte echt mal hier rausdränge. Und das machen wir jetzt nicht. Wir beten jetzt mal nicht für uns.
Komm, wenn du etwas hast, danach zu mir, ich salbe dich. Wir haben heute keine Ältestensitzung danach. Ich habe Zeit, ich kann mit beliebig vielen Leuten reden, und ich habe genug Salböl dabei, um alle von euch durchzusalben. Das ist überhaupt kein Thema. Also komm, wenn du ein Problem hast.
Aber lasst uns jetzt bitte vor Gott treten und eines tun: Lasst uns jetzt Jesus feiern mit unseren Gebeten. Lasst uns ihn groß machen. Lasst uns jetzt Ewigkeit vorwegnehmen und uns dahin stellen, wo wir hingehören – um den Thron herum, in den Kreis der Anbeter.
Ich bete, dass Gott uns dabei hilft oder dass diese Gemeinde aufhört zu existieren. Amen.