Die menschliche Seite des Petrus und das kulturelle Männerbild
Herr, rette mich! Zugleich aber streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und sprach zu ihm: „Kleingläubiger, warum zweifelst du?“
Als sie in das Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. Die aber im Boot waren, warfen sich vor ihm nieder und sprachen: „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.“
Der Petrus, wie gesagt, ist mir sehr sympathisch. Ich habe ihn einfach gerne, weil er so ein offener Versager ist – in dem Sinn, dass er es nie verborgen hat. Er war immer ehrlich, ganzherzig würde ich sagen.
Er war auch irgendwie ein Mann. Auch bei den Filmen ist Petrus immer der mit dem Vollbart, breitem Kreuz – also ein starker Seemann, ein richtiges Mannsbild. Sagt man das bei euch auch so, „Mannsbild“?
Übrigens, was zeichnet in Deutschland oder Österreich einen richtigen Mann aus, ein Mannsbild? Ein Mann in unserer Kultur, der etwas darstellen soll, ist selbstständig, autonom und weiß, was er will. Er ist fähig.
Ein Mann, der heute etwas darstellt, ist jemand, der sich selbst verwirklicht und unabhängig von anderen ist. Das ist ein Mann – so Rambo, so in der Art, oder unser Schwarzenegger.
Wenn das so ist und wir das auf die Bibel übertragen, dann wäre Petrus so ein richtiges Mannsbild: stark, ehrlich, enthusiastisch, überzeugt.
Ich glaube auch, dass wir als bibeltreue Christen, wenn wir uns so nennen, oft dieses Bild von einem Mann haben.
Wisst ihr, was ich schon manchmal gehört habe? Da hat jemand gesagt, zum Beispiel, es gibt einen prominenten Mann in unserer Gemeinde oder in unserem Bezirk, und der kommt einmal zu einem Treffen der Gemeinde oder zu einer Konferenz.
Dann habe ich schon öfter gehört: „Ah, wenn der nur gläubig würde, da würde sich was tun in unserem Land.“ Hast du das schon mal gehört? Oder: „Wenn dieser Mann Christus annehmen würde, der würde etwas verändern, weil das ein richtiger Mann ist.“
Das biblische Männerbild: Abhängigkeit statt Autonomie
Letztes Jahr war ich in Australien, in Brisbane, und habe dort gemeinsam mit einem lieben Freund auf einer Konferenz mit Charles Price gepredigt. Charles Price hat in einer seiner Predigten ganz provokativ gesagt: Die Bibel widerspricht in fast allen Punkten dem, was normale Christen so glauben. Und ich glaube, das stimmt teilweise.
Zum Beispiel, wenn es um das Bild vom Mann geht: Wisst ihr, was die Männer der Bibel ausgezeichnet hat? Wisst ihr, was in den Augen Gottes einen richtigen Mann ausmacht? Abraham, Mose, David, Elija und auch der Herr Jesus selbst zum Schluss – sie alle waren nie selbständig. Ein Mann Gottes ist kein selbständiger Mann, sondern ein Mann, der in völliger Abhängigkeit zu Gott lebt. Das ist die Definition eines Mannes nach unserem Gott.
Ein Mann nach der Bibel ist nicht jemand, der autonom ist und sein eigenes Gesetz lebt, sondern jemand, der das Gesetz Christi ernst nimmt. Ein Mann Gottes ist nicht einfach ein fähiger Mann. Ein Mann Gottes qualifiziert sich erst dann, wenn er vor Gott steht und sagt: „Ich kann es nicht. Ich bin unfähig.“ Die großen Männer der Bibel, die großen Männer, sind genau solche Männer.
Ein Mann Gottes in der Bibel ist nicht jemand, der unabhängig ist, sondern ein Mann, der in einer totalen Verbindung mit dem Herrn Jesus lebt. Das ist ein Mann Gottes. Ein Mann Gottes ist nicht jemand, der sich selbst verwirklicht. Ein Mann Gottes ist jemand, der sich selbst zurücksteckt und darauf achtet, dass Jesus groß gemacht wird im Leben.
Und ein Mann Gottes ist nicht jemand, der stark ist, sondern, wie Paulus gesagt hat: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ Seht ihr, was ich meine? Auch wir als Christen haben manchmal das Bild der Bibel völlig verdreht, wenn es um Männer geht.
Ein Mann Gottes ist jemand, der abhängig ist, der seine Unfähigkeit zugibt und sich dazu bekennt, der in einer festen Verbindung mit Jesus lebt. Dem es nicht darum geht, stark zu sein, sondern Jesus groß zu machen, und der zugibt, dass er schwach ist.
Die Ehrlichkeit des Versagens und die Paradoxien des Glaubens
Das hat Jesus von sich gesagt. Er sagte: „Ich tue nichts von mir selbst. Ich rede nur, was ich meinen Vater reden höre.“ Er ist nicht originell, sondern jemand, der den Vater leben lässt.
Wisst ihr, was mein Problem ist? Wenn meine Frau da wäre, würde sie sagen: „Du hast kein Problem, du bist eins.“ Aber mein Problem ist das Ich. Ich finde mich sehr oft in Petrus wieder. Petrus war ein Mann, und ich möchte ein Mann sein – nach unserer Definition.
Was mir schon öfter passiert ist: Ich kann eigentlich ganz wunderbar über die Liebe Gottes reden. Das tue ich relativ oft morgens in der Predigt in der Kirche. Ich halte eine wunderbare Predigt über die Liebe Gottes. Und wisst ihr, was ich drei Stunden später tue? Ich beleidige meine Frau.
Ich kann eine wunderbare Predigt über die Barmherzigkeit Jesu halten, und drei Stunden später bin ich völlig unbarmherzig – wie meine eigenen Kinder. Bist du geschockt, wenn es dir manchmal so geht? Ich bin geschockt darüber.
Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben: Ich bin ein Bündel von Paradoxen. Einerseits glaube ich, andererseits zweifle ich. Manchmal fühle ich mich schuldig, weil ich mich so unschuldig fühle. Manchmal fühle ich mich schlecht, weil ich mich so gut fühle. Es ist unwahrscheinlich.
Jemand hat mal gesagt, ich bin ein Enkel mit einem unheimlichen Appetit nach Bier. So fühle ich mich manchmal. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich einfach zugeben: Ich bin eigentlich nicht ein Mensch, der unbedingt liebenswert ist.
So für euch jetzt bin ich sicher ganz nett von der Weite, von der Ferne. Wer redet ganz nette Sachen und sieht halbwegs aus wie ein Österreicher. Damit kann man gut leben. Aber es ist etwas anderes, mit jemandem verheiratet zu sein – könnt ihr mir das bestätigen? Nicht mit mir, sondern mit eurem Partner.
Ja, und wisst ihr, was das Problem von meinem Problem ist? Ich hasse es, ein Versager zu sein. Ich habe ein Riesenproblem damit.
Wenn andere Menschen versagen, tue ich mir gar nicht so schwer. Wenn meine Mitarbeiter versagen, fällt es mir nicht schwer, ihnen zu vergeben. Aber es ist unheimlich schwer, mir selbst zu vergeben. Ich hasse es, zu versagen.
Es ist ja auch so: Man sollte als Christ immer liebend, barmherzig und zuvorkommend sein. So kratzt man seine Tugenden zusammen und gibt sein Bestes, besonders in der Gegenwart von Christen. Jetzt läuft jeder lachend herum – so soll es ja sein.
Aber wisst ihr, warum wir das tun? Weil wir mit unserem Benehmen, so wie wir uns verhalten, versuchen, die Zuneigung und die Liebe unserer Mitmenschen zu gewinnen. Wir verhalten uns, um akzeptiert zu werden.
Es ist ja auch so: Wir treffen uns jetzt nur ganz kurz – so in der Bar, mit denen ich hier rede. Wir zeigen uns alle von der besten Seite. Wisst ihr das? Die Seite, die unschön ist in deinem Leben, die versteckst du ganz gut – speziell die ersten drei Tage. Und da klappt es auch, drei Tage schafft man das. Zuhause lässt man es dann wieder raus.
Die falsche Motivation: Liebe verdienen statt Liebe annehmen
Und jetzt kommen wir zum Hauptproblem. Heutzutage ist es so: Wenn ich geliebt werden will, muss ich auch Liebe geben. Wenn ich etwas bekommen möchte, muss ich auch etwas geben. Man spricht von einer "Give-and-Take-Gesellschaft".
Das Hauptproblem ist nun, dass wir dieses System auch auf Gott anwenden und übernommen haben. Wir glauben zwar, das nicht zuzugeben – besonders als Evangelikale –, aber oft leben wir genau danach. Wir meinen, die Liebe Gottes irgendwie verdienen zu müssen. Wir denken, wir müssen ihm zeigen, dass wir es wert sind, geliebt zu werden.
Deshalb versuchen wir sogar, Gott mit unserer Selbständigkeit und unserer Loyalität zu beeindrucken. Wir wollen ihm zeigen, dass wir treu sind und unser Leben für ihn geben. Petrus hat genau das getan. Er war ganzherzig, selbständig, autonom und hingebungsvoll. Er wollte Jesus beweisen, dass er es wert ist, geliebt zu werden. Er wollte Jesus zeigen: „Jesus, wenn alle anderen davonlaufen, ich nicht. Ich halte zu dir. Ich werde dir beweisen, dass ich deine Liebe wenigstens ein kleines Stück verdiene.“
Dann lesen wir in Matthäus 26,31 und den folgenden Versen – ihr kennt die Geschichte alle, und falls nicht, lest ihr sie jetzt in wenigen Minuten. Matthäus 26,31: Darauf spricht Jesus zu den zwölf Jüngern: „Ihr werdet euch alle in dieser Nacht an mir ärgern.“ Das ist die Nacht, bevor er gekreuzigt wurde. Denn es steht geschrieben: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden.“
Nachdem ich aber auferweckt sein werde, werde ich vor euch hingehen nach Galiläa. Nun kommt unser lieber Petrus ins Spiel. Petrus antwortete und sprach zu ihm: „Wenn sich alle an dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern.“ Jesus, du hast einen treuen Helden bei dir.
Jesus sprach zu ihm: „Wahrlich, ich sage dir, dass du in dieser Nacht, bevor der Hahn kräht, mich dreimal verleugnen wirst.“ Jesus sagt also zu Petrus: „Du weißt nicht, was du redest. Du wirst mich heute dreimal verleugnen.“ Weißt du, was Petrus darauf antwortet? Er sagt: „Jesus, du kannst viel wissen, aber da hast du dich jetzt geirrt.“
Und Petrus spricht zu Jesus: „Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen.“ Genau dasselbe sagten auch alle anderen Jünger. Alle anderen Jünger versicherten ebenfalls: „Wenn einer zu dir kommt…“ Das ist der Petrus, der fähig ist.
Wir wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist. Im Vers 74 lesen wir: Nachdem Petrus Jesus verraten hatte, schaute Jesus ihn an. Dann lesen wir diese bewegenden Verse: Petrus fing an, sich zu verwünschen und zu schwören. Als er zum dritten Mal gefragt wurde: „Du bist doch auch einer von den Jüngern?“ Da fing er an, sich zu verwünschen und zu schwören: „Ich kenne den Menschen nicht.“
Gleich darauf krähte der Hahn. Petrus gedachte des Wortes Jesu, das gesagt hatte: „Bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Und er ging hinaus und weinte bitterlich.
Die befreiende Erkenntnis der Liebe Gottes
Wisst ihr, warum es Petrus so schwergefallen ist, sich einzugestehen, dass er versagt hat? Er war ein selbständiger Mann, ein Mann, der alles gegeben hat, um die Liebe seines Herrn ein Stück weit zu verdienen. Als er erkannte, dass er total versagt hatte – nicht nur ein bisschen, sondern total –, hat ihn das völlig gebrochen.
Nach seinem dreifachen Bekenntnis, dass er Jesus nicht kennt, stellte sich die Frage: Welche Zukunft hatte er noch? Nach unseren Maßstäben wäre ein solcher Jünger Jesu kaum noch akzeptabel gewesen.
Wenn du bei uns am Dauernhof mal mitarbeitest, kannst du mir ja schreiben. Vielleicht arbeitest du mal mit, und du kommst und schreibst in deinem Brief, dass du ein Zeugnis sein möchtest, die Liebe Jesu weitergeben willst usw. Dann kommst du zum Dauernhof, bist ein halbes Jahr gut dabei, und plötzlich höre ich, wie du in unserer kleinen Stadt, in Schladming, dreimal behauptet hast, dass Jesus Christus Blödsinn sei, dass der Bauernhof eine blöde Institution ist und du nichts damit zu tun haben möchtest.
Was würde ich tun? Ich bin der Leiter, ich würde ihn mal reinholen oder zu ihm ins Zimmer gehen und ihn zur Rede stellen. Falls er Buße tut, würde ich ihn ein bisschen zurechtweisen und auf eine Bibelschule schicken, um ihn zu begradigen. Wenn er wieder zurückkommen will, kann er als Gärtner beginnen.
Wisst ihr, was interessant ist? Was hat Jesus mit Petrus gemacht, nachdem Petrus dreimal behauptet hatte, Jesus nicht einmal zu kennen? Als Jesus am Ostersonntag nach der Auferstehung in den Raum kam und Petrus in der Ecke saß – er hat sich geschämt, das kann ich mir gut vorstellen –, ging Jesus auf Petrus zu, stellte ihn auf, küsste ihn und sagte: „Friede dir.“
Dann sagte er zu Petrus: „Petrus, ich mache dich zum Führer der apostolischen Gemeinde.“ Das ist das Denken Jesu. Das hat Jesus getan.
Und wisst ihr, was Petrus in diesem Augenblick gelernt hat? Das ist etwas, das du und ich lernen müssen. Mein Gebet ist, dass wir das heute Abend vielleicht lernen, und ich bete, dass der Heilige Geist uns das offenbart.
Petrus hat gelernt: Jesus liebt mich nicht, weil ich so treu bin. Jesus liebt mich nicht, weil ich so wunderbar bin oder weil ich so zu ihm halte. Jesus liebt mich einfach, weil er mich liebt. Er hat sich entschlossen, mich zu lieben. Punkt. Sonst gar nicht.
Sehr oft versuchen wir andauernd so zu leben, damit wir geliebt werden, statt zu lernen, zu leben, weil wir geliebt sind – als freie Menschen. Wenn du weißt, dass du geliebt bist, brauchst du niemandem mehr etwas zu beweisen, auch dir selbst nicht.
Vertrauen und Freiheit im Glauben – das Bild vom Klettern
Ich bin Bergführer, habe das neun Jahre hauptberuflich gemacht und übe es jetzt noch im Rahmen unseres Dienstes aus. Aber ich gehe auch gern klettern – so richtig klettern, mit Seil und allem Drum und Dran. Das mache ich schon seit meiner Kindheit. Das ist nichts Besonderes; alles, was man oft macht, macht man halt gerne.
Wisst ihr, es gibt Routen, und manche sind sehr schwierig. Manche dieser Routen haben nur sehr wenige Haken. Die Haken sind übrigens nicht zum Hochziehen da, sondern nur, falls man fällt, damit man nicht allzu tief fällt.
Es ist interessant: Es gibt zum Beispiel zwei Touren. Eine Tour ist zwar schwierig, hat aber nur ganz wenige Haken. Das heißt, wenn ich ausrutsche, weiß ich, dass ich es kaum überleben werde. Wenn das so ist, klettere ich nicht sehr gut, nicht frei und nicht locker.
Dann gibt es Touren, die noch schwieriger sind, aber gut abgesichert, mit genug Haken. Ich weiß, wenn ich falle, tue ich mir vielleicht weh, aber ich werde überleben. Und je mehr Haken da sind, desto besser klettere ich.
Wisst ihr, was wir manchmal in unseren Gemeinden falsch machen? Wir glauben, dass wir Christen durch Druck motivieren können. Das ist ein fundamentaler Fehler. Es klingt ungefähr so: Falls du nicht treu bleibst, falls du nicht dabei bleibst, könnte es sein, dass Jesus sich von dir abwendet. So werden Christen motiviert. Freunde, das ist Unsinn. Damit wird niemand motiviert – höchstens aus Angst.
Wisst ihr, was mich motiviert? Zu wissen, dass mein Herr mich, egal was ich tue, nicht fallen lässt. Ich falle nicht weit, und ich werde ihn nie mehr loslassen. Das ist es, was mein Leben von Grund auf verändert hat.
Der Glaube als lebendige Beziehung zu Jesus
Das ist das Bild von Petrus auf dem Wasser. Er beginnt im Glauben. Er sagt zu Jesus: „Ich glaube dir, sag mir, ich soll gehen und kommen.“ Ich kann mir das so lebendig vorstellen.
Petrus geht hinaus auf das Wasser und kann tatsächlich auf dem Wasser gehen. Er sagt: „Wow, mit Jesus kann ich auf dem Wasser gehen.“ Anfangs geht er fest und sicher. Dann denkt er sich immer wieder: „Mit Jesus kann ich auf dem Wasser gehen.“ Er geht noch ein Stück weiter.
Doch plötzlich schaut er auf die Wellen, dann auf sich selbst – und er beginnt zu sinken. Blub, blub, blub.
Das ist übrigens immer dasselbe in unserem Leben. Was ist da schon passiert? Wir erfahren wieder einmal: Es geht nur mit Jesus. Wenn ich von ihm abhängig lebe, dann funktioniert es.
Man beginnt im Vertrauen, und es funktioniert. Doch dann wird Jesus allmählich ein bisschen mehr zurückgedrängt. Immer mehr. Und dann geht es wieder blub, blub, blub.
Dann rufen wir: „Herr, ich bin wieder mal gesunken.“ Jesus hat gesagt, dass er das sowieso schon wusste. Und er kommt her und zieht uns wieder heraus.
Wir lesen: Sogleich streckte Jesus die Hand aus, ergriff Petrus und sagte: „Petrus, hast du es noch nie kapiert? Glaubst du mir nicht? Warum zweifelst du?“
Die unerschütterliche Liebe Gottes und die zweite Chance
Ich möchte euch nun zeigen, warum ich so voller Zuversicht bin, obwohl ich weiß, dass ich genauso ein Versager wie Petrus bin. Luther hat es schön gesagt: Ich bin ein alter, stinkender Madensack. Trotzdem bin ich dankbar zu wissen, wer Gott ist – nämlich Liebe. Und dass Gott sich entschieden hat, mich zu lieben, nicht weil ich liebenswert wäre. Das bin ich nicht.
Er hat sich entschieden, mich zu lieben. Ich nenne das eine furchtbare Liebe. Ist dir bewusst, dass Jesus kopfüber in dich verliebt ist? Er will nichts mehr, als nur bei dir zu sein. Und wisst ihr, was das Schöne ist? Gott gibt uns immer, immer eine zweite Chance.
Eines meiner Lieblingsbücher der Bibel ist der Jona. Der Grund ist, dass es kurz ist – ich liebe kurze Bücher. Aber vor allem ist es der Jona. Ich meine, Jona hat es vermasselt, das würde ich schon sagen. Gott sagte: Geh nach Osten. Er ging natürlich nach Westen. Und dann ging es bergab mit ihm. Er wurde von einem Fisch verschlungen, wurde ausgespuckt und so weiter. Dann sagte er: Ja, da muss ich halt gehen.
Was mir so gefällt, steht im Kapitel drei. Dort lesen wir einen Satz, der einer meiner Lieblingssätze ist. Wisst ihr, was dort steht? „Und Gott berief Jona zum zweiten Mal.“ Gott gibt ihm eine zweite Chance. Nur Christen tun das nicht – Gott immer.
Glaubst du, dass Gott dich liebt, dass er dich annimmt und dass er dich so versteht, wie du bist? Glaubst du, dass er dich nicht hängen lässt in deiner Oberflächlichkeit, mit all deinem seichten Gebetsleben, mit all deinem Kleinglauben, vielleicht mit deinem Zorn, deiner Depression, deiner Bitterkeit? Glaubst du wirklich, dass Jesus dich liebt?
Ich möchte dir heute zusprechen: Jesus liebt dich. Und er liebt dich nicht nur, sondern er versteht dich. Das ist übrigens ein großer Unterschied. Entschuldige, Jesus liebt dich, weil er dich versteht. Jesus hat gelitten, so wie wir. Er wurde versucht, so wie wir. Darum ist er ein barmherziger hoher Priester (Hebräer 4,15).
Jesus Christus ist immer mit dir, er ist immer für dich, und er versteht dich.
Gottes Erwartung an unser Versagen und die Kraft der Annahme
Seht ihr, wenn ich mir Petrus anschaue, der dreimal behauptet hat, Jesus nicht zu kennen, wenn ich mir Jakobus anschaue, der Macht für seinen Dienst wollte, und wenn ich mir Philippus anschaue, der nach drei Jahren den Vater in Jesus noch nie erkannt hat, dann glaube ich sagen zu können, dass Gott viel mehr Versagen von dir erwartet, als du selbst.
Gott erwartet mehr Versagen von dir als du, und er ist nie überrascht – im Gegensatz zu dir.
Letzte Woche war ich in der Klostermühle, die oben in Koblenz liegt. Dort gibt es auch ein Fakulträgerzentrum. Es war Freundestag, und wir haben den alten Direktor, Bernhard Rebsch, und seine Frau Anne verabschiedet. Außerdem wurde der neue Direktor, Stephan Kiene, mit seiner Frau eingeweiht. Ich habe dort die Ansprachen gehalten.
Nach einer Ansprache kam ein Mädchen zu mir. Sie hatte gerade den dialogischen Abschluss in einem Seminar gemacht. Sie stellte mir eine theologische Frage, aber ich merkte, dass es ihr eigentlich um etwas anderes ging.
Ich stellte ihr zwei Fragen. Zuerst fragte ich sie, als wir alleine saßen: Glaubst du wirklich, dass Jesus jetzt in unserer Mitte ist, dass er jetzt hier ist – der auferstandene, lebendige Jesus? Sie sagte, das sei keine theologische oder rhetorische Frage, sondern sie wolle eine ehrliche Antwort. Wenn ich es nicht glauben würde, sollte ich es ihr sagen.
Nach einer Minute Nachdenken sagte sie: Ja, ich glaube es. Ich glaube, dass er jetzt da ist.
Dann stellte ich ihr eine zweite Frage: Er ist jetzt da, und du glaubst das. Glaubst du auch, dass der Jesus, der jetzt da ist, dich unheimlich gerne hat und liebt – genauso, wie du jetzt bist? Ich bat sie wieder um eine ehrliche Antwort. Wenn sie es nicht glaubte, sollte sie mich nicht anlügen, sondern es ehrlich sagen.
Es wurde still. Sie wollte antworten, zögerte aber. Dann kamen Tränen in ihre Augen. Nach ein bis zwei Minuten sagte sie: Ich will es glauben.
Ich fragte sie noch einmal: Glaubst du es? Schließlich kam sie zum Punkt und sagte: Ja, ich glaube es.
Da fragte ich sie: Willst du es ihm sagen? Wenn du es ihm sagen willst, dann sag es ihm jetzt, dass du weißt, wie sehr er dich liebt.
Sie tat es. Sie kam etwas steif zu mir, ging aber mit einem Lachen weg.
Es hängt nämlich alles davon ab, Freunde. Es tut so gut, wenn man mal ehrlich ist.
Die Bedeutung von Glauben und Ehrlichkeit
Wisst ihr, was Glauben bedeutet? Glauben heißt nichts anderes, als anzunehmen, dass ich angenommen bin. Das bedeutet Glauben. Ich nehme an, dass ich angenommen bin, ich akzeptiere, dass ich akzeptiert bin – das ist Glauben. Und wer nicht glaubt, dass er so angenommen ist, wie er ist, der ist noch nicht gläubig.
Es ist so gut, wenn man ehrlich sein kann über das Versagen und die Enttäuschungen. Es verlangt auch Mut, ehrlich zu sein, das muss ich zugeben. Du musst mutig sein, um ehrlich zu sein, denn manches ist nicht so schön. Aber wisst ihr, wenn wir nicht ehrlich sind über uns selbst, dann können wir ein Image von uns aufbauen, das nach außen hin recht imposant wirkt – und das tun wir leider allzu oft.
Wir bauen ein Image um uns auf, das gar nicht so schlecht aussieht. Aber wisst ihr, was das Problem dabei ist? Wir müssen dieses Image verteidigen. Wir müssen aufpassen, dass uns Menschen nicht zu nahekommen, denn sonst könnten sie herausfinden, wer ich wirklich bin. Darum braucht Ehrlichkeit Mut.
Aber wisst ihr, was das Schöne daran ist? Wenn du ehrlich bist, kann dich kein Mensch mehr beleidigen. Mir passiert das manchmal, zwei- oder dreimal, dass nach einer Predigt jemand zu mir kommt und sagt: „Weißt du was, du redest ja nicht so schlecht, aber du bist arrogant.“ Da habe ich gesagt: „Weißt du was, ich weiß das, aber Jesus und ich, wir arbeiten dran.“
Das ist eine wunderbare Freiheit: „Ich weiß, aber Jesus und ich, wir arbeiten dran.“ Wenn du ehrlich wirst mit dir selbst, kann dich kein Mensch mehr beleidigen, denn du weißt es, und du hast die Freiheit, es zuzugeben. Freunde, das ist Freiheit.
Galater 5,1 – das ist der Lieblingsvers von Johann Schepp, einem meiner besten Freunde. Er sagt: „Zur Freiheit hat Christus uns frei gemacht; so steht nun fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen.“ Freiheit bedeutet, ehrlich zu sein. Ehrlich zu sein heißt, frei zu sein.
Lasst uns lernen, ehrlich zu sein über uns selbst und die Liebe Gottes anzunehmen. 1. Timotheus 1,15 sagt: „Jesus Christus ist in die Welt gekommen, um Sünder selig zu machen, nicht die Aufpolierten. Sünder will er selig machen.“ Und Freunde, dafür qualifiziere ich mich – hier bin ich. Und Jesus sagt: „Ja, für dich bin ich gekommen, mit deinem ganzen Stolz, deiner ganzen Arroganz und allem anderen.“
1. Johannes 1,9 sagt: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ Ich habe schon manchmal zu Gott gebetet und gesagt: „Gott, mach doch aus mir mal einen Christen, der so lebt, dass er dir nicht mehr wehtut, der so lebt, dass er nichts mehr falsch macht.“ Und Jesus hat gesagt: „Weißt du was, Hans Peter, alle Christen fragen mich das. Aber wenn ich das tue, dann habe ich niemanden mehr, der mich vergeben könnte.“
Am ersten Abend habe ich mit Gerhard Hegel gesprochen, und er hat mir ein Zitat von Martin Luther gegeben. Es ist umstritten, aber es hat mir gefallen. Gerhard wollte, dass ich es auf Latein sage, weil das Eindruck macht, aber ich habe es vergessen. Luther hat gesagt: „Sündige tapfer, aber glaube noch tapferer und freue dich an Christus.“
Sündige tapfer, aber freue dich noch tapferer, vertraue noch tapferer und freue dich an Christo. Gott liebt dich, und Gott hat kein Problem damit, Sünden zu vergeben. Übrigens, wisst ihr, wo Jesus sich wohlgefühlt hat? Unter Sündern. Dort hat er sich wohlgefühlt. Wo er sich nicht wohlgefühlt hat, war bei denen, die glaubten, etwas Besseres zu sein. Da hatte er immer ein bisschen Probleme.
Wir müssen nicht lernen, bessere Menschen zu werden, sondern wir müssen lernen, zu Jesus zu gehen. Indem wir zu ihm gehen, rettet er uns und macht uns zu besseren Menschen. Der Herr Jesus hatte nur ein Problem mit jenen Menschen, die glauben, sie seien okay, die glauben, sie könnten seine Liebe durch das, was sie tun oder sind, verdienen.
Jesus möchte einfach, dass wir kommen. Er sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ Ich möchte euch noch zwei Gründe nennen, warum wir diese großartige Liebe Jesu nicht annehmen wollen. Es gibt sicher mehr, aber uns sind gerade zwei eingefallen.
Ein Grund ist ganz eindeutig: Für viele Christen ist es zu schön, um wahr zu sein, zu glauben, dass Jesus, Gott der Vater, mich so liebt, wie ich bin. Ich muss mich nicht verändern, ich brauche nichts zu tun, er liebt mich einfach. Für viele Menschen, für viele Christen ist das zu schön, um es zu glauben.
Ich habe immer wieder Mitarbeiter und Studenten, die solche Schwierigkeiten haben. Sie können nicht glauben, dass Jesus sie liebt. Gerade habe ich ein Mädchen getroffen, das sagte: „Hans Peter, wenn du nur wüsstest, was ich getan habe, er liebt mich nicht mehr, er kann mich gar nicht mehr lieben.“ Ich sage euch: 50 Prozent der Psychiaterbesuche könnten wir uns ersparen, wenn wir nur glauben würden, dass Gott uns liebt. Das ist meine tiefe Überzeugung.
Wenn wir nur glauben würden, dass wir angenommen sind, dass wir geliebt sind, dann dürfen wir lernen, in der Gegenwart und aus der Kraft Jesu zu leben. Ein anderer Grund, der etwas subtiler ist, ist folgender: Wir haben ein bisschen Bedenken, wenn wir annehmen, dass wir angenommen sind. Wenn ich akzeptiere, dass ich einfach geliebt bin, dann könnte es sein, dass Gott mich befähigt, auch meinen Nächsten genauso bedingungslos zu lieben. Und das will ich nicht.
Darum bleiben Christen lieber in ihren Prinzipien und Vorschriften, denn dann können sie dieselben Prinzipien auch auf ihren Nächsten anwenden. Lasst uns authentisch leben und verletzlich sein. Ein Mensch, der liebt und geliebt wird, ist verletzlich – aber das macht gar nichts. Lass dich verletzen, wenigstens lebst du.
Ich wundere mich heute oft: Menschen versuchen immer mehr Jahre in ihr Leben zu bringen, statt mehr Leben in ihre Jahre zu bringen. Bei manchen frage ich mich, warum sie überhaupt noch fünf Jahre älter werden wollen. Sie sind sowieso schon so gut wie tot. Ja, sie sind bitter, negativ, alles ist schlecht. Warum wollen sie überhaupt weiterleben? Es gibt doch keinen Grund, das ist kein Leben.
Lieber dreißig Jahre leben als achtzig Jahre tot sein. Jesus hat gesagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Ich möchte dir etwas vorlesen, als Jesus heute zu dir spricht, an diesem Abend. Jesus sagt, und das sind nicht meine Worte, sondern Worte von Jesus:
„Ist es dir jemals in den Sinn gekommen, dass ich stolz auf dich bin? Stolz darauf, dass du zu mir gekommen bist, dass du mir vertraut hast, dass du das Geschenk der Rettung angenommen hast? Ich freue mich so über dich. Ich bin stolz darauf, dass du mir immer wieder vertraust. Bist du dir bewusst, wie sehr ich dich schätze, weil du zu mir gekommen bist? Ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich mich freue, wenn du deinen Nachbarn von mir erzählst.
Ich bin dankbar für die Stunden, die du aufwendest, um mehr über mich zu lernen, für die Ermutigung, die du deinem Pfarrer, deiner Mutter, deinem Vater gegeben hast. Was du ihnen getan hast, das hast du mir getan. Ich bin nur traurig, wenn du mir nicht glaubst, dass ich dir vergeben habe, wenn es dir unangenehm ist, zu mir zu kommen. Denn ich sehne mich danach, bei dir zu sein.“
Ein Pfarrer hat mir gesagt, als ich gesprochen habe, einen sehr guten Satz: „Jesus nötig zu haben, ist des Menschen höchste Perfektion.“ Ein perfekter Mensch ist ein Mensch, der Jesus nötig hat. Francis Schäfer, der Gründer von L’Abri, hat gesagt: „Wahre Spiritualität besteht darin, Augenblick für Augenblick aus der Gnade Jesu zu leben.“ Tun wir das?
Ich möchte dich ermutigen, einen Satz mehr als hundert Mal am Tag zu beten: „Vater, aber ich gehöre zu dir. Vater, ich gehöre nur dir.“ Das ist sein Gebet.
Karl Barth, der in seinem Leben ganze Schränke mit seinen Büchern füllen konnte, wurde einmal von einem Studenten gefragt: „Herr Barth, was ist die größte Erkenntnis aus all Ihren jahrzehntelangen Studien über die Bibel?“ Und er sagte, ich zitiere auf Englisch, weil es dazu ein Lied gibt: „The greatest thing I have found in my studies is Jesus loves me, this I know, because the Bible tells me so.“
Jesus liebt mich, das weiß ich, weil die Bibel es sagt. Das ist die tiefste Erkenntnis, die Karl Barth gewonnen hat. Und Freunde, es gibt keine tiefere. Es ist das größte Gebot, das Jesus uns gegeben hat, das größte Gebot überhaupt.
Das hat auch Petrus gelernt, und diese Liebe befähigt zum Dienst. Motiviere niemals Menschen aus Angst – das macht Jesus nie, das machen nur Menschen. Jesus motiviert aus Liebe.
Herr, Mischervater, ich bin so dankbar, dass ich wissen darf, wer du bist – nämlich Liebe. Dass du dich entschieden hast, mich zu lieben und mich so anzunehmen, wie ich bin. Das ist meine Freiheit, meine Freude und meine Zuversicht. Und, Herr, in dieser Liebe möchte ich mich jeden Tag baden.
Herr Jesus, danke, dass ich vor dir zugeben darf, wer ich bin – du weißt es sowieso. Danke, dass du nie schockiert bist, wenn ich wieder mal versage, denn du hast es sowieso schon gewusst. Und obwohl du es wusstest, hast du mich lieb. Und du lässt mich nie fallen.
Herr, ich kann mich nicht auf mich selbst verlassen, das kann ich nicht, ich bin unberechenbar. Aber ich kann Frieden haben, weil du berechenbar bist. Du hast deine Liebe versprochen, und du bist kein Lügner. Du hast versprochen, bei mir zu sein an jedem Tag. Du hast versprochen, mich nie zu verlassen.
Die Liebe Jesu wird nie von uns weichen. Du hast versprochen, auch dann treu zu sein, wenn ich untreu bin. Dafür danke ich dir, Herr Jesus.
Vater, du kennst die Menschenherzen hier heute Abend. Du weißt, wie einige denken, du weißt, wie ich selbst oft denke. Wenn ich mein seichtes Gebetsleben betrachte, sage ich: „Herr, ich bin nicht würdig, geliebt zu werden.“ Wenn ich mein oberflächliches Gerede anschaue, muss ich sagen: „Herr, ich bin nicht würdig, geliebt zu werden.“ Wenn ich meine Lieblosigkeit betrachte, sage ich: „Herr, es gibt keinen Grund, dass du mich noch liebst.“
Dann kommst du zu mir wie zu Petrus und sagst: „Es ist okay, ich weiß Bescheid, und ich habe dich unheimlich lieb. Und das Einzige, was ich von dir möchte, ist, dass du jetzt zu mir kommst. Du bist mein Kind, und ich werde dich nie mehr loslassen.“
Herr, wir dürfen immer wieder rufen, wie Petrus: „Herr, errette uns!“ Und sogleich ergreifst du uns. Nicht siebenmal, sondern siebenmal siebzigmal jeden Tag. Das ist eine Kalkulation, das ist Liebe. Dafür danke ich dir.
Ich danke dir, Vater, im Namen unseres lieben Herrn Jesus Christus. Amen.
Zwei Gründe, warum wir die Liebe Jesu oft nicht annehmen
Ich möchte euch zwei Gründe nennen, warum wir die großartige Liebe Jesu oft nicht annehmen wollen. Es gibt sicherlich mehr, aber uns sind gerade zwei eingefallen.
Der erste Grund ist ganz eindeutig: Viele Christen können kaum glauben, dass Jesus, Gott der Vater, sie so liebt, wie sie sind. Sie denken, sie müssten sich verändern oder etwas tun, doch die Wahrheit ist: Er liebt sie einfach so. Für viele Menschen ist das zu schön, um wahr zu sein. Wir können es kaum fassen.
Ich habe immer wieder Mitarbeiter und Studenten, die große Schwierigkeiten damit haben, zu glauben, dass Jesus sie liebt. Gerade neulich habe ich ein Mädchen getroffen, das sagte: „Hans Peter, wenn du nur wüsstest, was ich getan habe. Er liebt mich nicht mehr, er kann mich gar nicht mehr lieben.“
Ich sage euch: 50 Prozent der Psychiaterbesuche könnten wir uns ersparen, wenn wir nur glauben würden, dass Gott uns liebt. Das ist meine tiefe Überzeugung. Wenn wir wirklich glauben würden, dass wir angenommen und geliebt sind, dann dürften wir lernen, in der Gegenwart und aus der Kraft Jesu zu leben.
Der zweite Grund ist etwas subtiler. Auf Englisch sagt man „subtle“ – also unterschwellig. Es ist die Befürchtung, dass, wenn ich akzeptiere, dass ich angenommen und einfach geliebt bin, Gott mich auch befähigen könnte, meinen Nächsten genauso bedingungslos zu lieben. Und das wollen viele nicht.
Deshalb bleiben Christen lieber bei ihren Prinzipien und Regeln. Denn dann können sie dieselben Prinzipien auch auf ihren Nächsten anwenden, ohne sich selbst zu verändern.
Lasst uns authentisch leben und verletzlich sein. Ein Mensch, der liebt und geliebt wird, ist verletzlich – aber das macht nichts. Lass dich verletzen, denn wenigstens lebst du dann.
Ich wundere mich oft, dass Menschen versuchen, immer mehr Jahre in ihr Leben zu bringen, anstatt mehr Leben in ihre Jahre zu bringen. Bei manchen frage ich mich, warum sie überhaupt noch fünf Jahre älter werden wollen. Sie sind doch schon so gut wie tot. Sie sind verbittert, negativ, sehen nur das Schlechte. Warum wollen sie überhaupt weiterleben? Das ist doch kein Leben.
Lieber dreißig Jahre wirklich leben, als achtzig Jahre tot sein. Jesus hat gesagt: „Ich bin gekommen, um euch Leben zu geben.“
Die Zusage der Liebe und Ermutigung zum Glauben
Ich möchte dir etwas vorlesen, als würde Jesus heute Abend zu dir sprechen. Jesus sagt: Diese Worte stammen nicht von mir, sondern nimm sie einfach als Worte von Jesus an.
Ist es dir jemals in den Sinn gekommen, dass ich stolz auf dich bin? Stolz darauf, dass du zu mir gekommen bist, dass du mir vertraut hast und das Geschenk der Rettung angenommen hast. Ich freue mich so sehr über dich. Ich bin stolz darauf, dass du mir immer wieder vertraust.
Bist du dir bewusst, wie sehr ich dich schätze, weil du zu mir gekommen bist? Ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich mich freue, wenn du deinen Nachbarn von mir erzählst. Ich bin dankbar für die Stunden, die du aufwendest, um mehr über mich zu lernen, für die Ermutigung, die du deinem Pfarrer gegeben hast, deiner Mutter und deinem Vater. Was du ihnen getan hast, das hast du mir getan.
Ich bin nur traurig, wenn du mir nicht glaubst, dass ich dir vergeben habe, wenn es dir unangenehm ist, zu mir zu kommen. Denn ich sehne mich danach, bei dir zu sein.
Ein Pfarrer hat mir einmal gesagt, als ich gesprochen habe, einen sehr guten Satz: Jesus nötig zu haben, ist des Menschen höchste Perfektion. Ein perfekter Mensch ist ein Mensch, der Jesus nötig hat.
Francis Schäfer, der Gründer von Labrie, hat gesagt: Wahre Spiritualität besteht darin, Augenblick für Augenblick aus der Gnade Jesu zu leben. Tun wir das?
Ich möchte dich ermutigen, einen Satz mehr als hundert Mal am Tag zu beten: „Vater, ich gehöre zu dir. Vater, ich gehöre nur dir.“ Das ist sein Gebet.
Karl Barth, der in seinem Leben ganze Schränke mit seinen Büchern füllen konnte, wurde einmal von einem Studenten gefragt: „Herr Barth, was ist die größte Erkenntnis aus all Ihren jahrzehntelangen Studien über die Bibel?“ Er antwortete, und ich zitiere auf Englisch, weil es dazu ein Lied gibt: „Das Größte, was ich gefunden habe in jahrzehntelangen Studien, ist: Jesus liebt mich, das weiß ich, weil die Bibel es mir so erzählt. Jesus liebt mich, das weiß ich, weil die Bibel es sagt.“
Das ist die tiefste Erkenntnis, die Karl Barth gewonnen hat. Und Freunde, es gibt keine tiefere. Es ist das größte Gebot, das Jesus uns gegeben hat, das größte Gebot, das es überhaupt gibt.
Das ist es, was Petrus gelernt hat. Und diese Liebe befähigt zum Dienst. Motiviere niemals Menschen aus Angst – das macht Jesus nie, das machen nur Menschen. Jesus motiviert aus Liebe.
Dankbarkeit und Gebet für die Liebe Gottes
Herr Mischervater, ich bin so dankbar, dass ich wissen darf, wer du bist, nämlich Liebe. Dass du dich entschieden hast, mich zu lieben und mich so anzunehmen, wie ich bin – das ist meine Freiheit, das ist meine Freude, das ist meine Zuversicht.
Und, Herr, in dieser Liebe möchte ich mich jeden Tag baden.
Herr Jesus, danke, dass ich vor dir zugeben darf, wer ich bin. Du weißt es sowieso. Danke, dass du nie schockiert bist, wenn ich wieder einmal versage, denn du hast es ohnehin schon gewusst. Und obwohl du es wusstest, hast du mich lieb. Du lässt mich nie fallen.
Herr, ich kann mich nicht auf mich selbst verlassen, das kann ich nicht. Ich bin unberechenbar. Aber ich kann Frieden haben, weil du berechenbar bist. Du hast nämlich deine Liebe versprochen, und du bist kein Lügner. Du hast versprochen, bei mir zu sein an jedem Tag. Du hast versprochen, mich nie zu verlassen.
Die Liebe Jesu wird nie von uns weichen. Du hast versprochen, auch dann treu zu sein, wenn ich untreu bin. Dafür danke ich dir, Herr Jesus.
Vater, du kennst die Menschenherzen hier heute Abend. Du weißt, wie einige denken, du weißt, wie ich selbst oft denke. Wenn ich mein seichtes Gebetsleben betrachte, sage ich: Herr, ich bin nicht würdig, geliebt zu werden. Wenn ich mein oberflächliches Gerede anschaue, dann muss ich sagen: Herr, ich bin nicht würdig, geliebt zu werden. Wenn ich meine Lieblosigkeit anschaue, sage ich: Herr, es gibt keinen Grund, dass du mich noch liebst.
Dann kommst du zu mir wie zu Petrus und sagst: Es ist okay, ich weiß Bescheid, und ich habe dich unheimlich lieb. Und das Einzige, was ich von dir möchte, ist, dass du jetzt zu mir kommst. Du bist mein Kind, und ich werde dich nie mehr lassen.
Herr, wir dürfen immer wieder rufen, wie Petrus: Herr, errette uns! Und sogleich ergreifst du uns – nicht sieben Mal, sondern sieben Mal siebzig Mal jeden Tag. Das ist eine Kalkulation, das ist eine Liebe. Und dafür danke ich dir.
Ich danke dir, Vater, im Namen unseres lieben Herrn Jesus Christus. Amen.
