Ich hoffe, dass ihr alle frisch und munter seid. Die ersten 80 Jahre im Leben sind oft die schwierigsten. Danach seid ihr ja alle in guter Form – schön.
Ich möchte heute Morgen ein wenig weiterkommen mit dem Thema Gemeinde. Hört ihr mir hinten zu? Es ist heute ganz schön weit hinten, Salida!
Es soll uns klar sein und Freude bereiten, wenn wir entdecken, was die Berufung der Gemeinde Christi ist – und auch die Berufung der einzelnen Gemeinden. Es ist so wunderbar zu wissen, dass wir als Gemeinde eigentlich eine Brüderschaft sind, also Brüder und Schwestern zusammen.
Jesus hat sein Werk in unserem Herzen begonnen. Wir sind Vertreter Gottes in der Gesellschaft, in der wir heute leben. Wenn wir zusammenkommen, stärken wir uns gegenseitig, um in dieser Welt leben zu können – in Freude, mit Vergebung und in Wahrheit. Das ist unser großer Vorteil.
Die Gemeinde als Antwort auf Gottes Liebe
Wir sind als Gemeinde eigentlich eine Antwort auf die Liebe Gottes. Gott hat uns geliebt, und wir geben darauf eine Antwort. Diese Antwort misst man an der Schrift. Sie wird von der ganzen unsichtbaren Welt beobachtet.
Die Engel schauen immer wieder, so sagt die Schrift, auf den Reichtum in der Gemeinde. Sie sehen diese Antwort der Liebe, die die Erlösten vor Gott bringen. Sie sehen die Dankbarkeit, mit der die Erlösten vor Gott treten. Die Engel erkennen den großen Unterschied zwischen den Menschen, die Jesus nicht kennen und in Rebellion gegen Gott leben oder ohne Gott leben, und dieser Gemeinde, die dankbar ist, Christus zu haben.
Die ganze unsichtbare Welt staunt, die Engel staunen, wenn sie diesen Reichtum der Gemeinde sehen. Jesus hat die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben. Deshalb ist das ganze Gemeindeleben, die Beziehung innerhalb der Gemeinde und die Beziehung zu Gott eigentlich eine Geschichte der Liebe.
In Epheser 5... Im Fall, dass dort hinten noch eine Wasserflasche für meinen Hals ist, gehe ich mal kurz nachschauen. Okay, ich habe sie schon. Alles gut, danke. Entschuldigung, auch ich bin nur ein Mensch und brauche etwas. Danke.
Die Liebe Christi als Vorbild für die Gemeinde
Jetzt heißt es in Vers 25: "Ihr Männer, liebt eure Frauen, so wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heilige."
Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit er sie sich selbst darstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei. Eine Gemeinde, die weder Flecken noch Runzeln oder etwas Ähnliches hat, sondern heilig und tadellos ist.
Es ist wunderbar, wenn wir daran denken, wie Christus uns liebt – in welcher Dimension. Er hat alles gegeben, sein Leben. Das gibt uns auch eine Zielsetzung: andere zu lieben.
Doch zu sehen, wie Christus sich einsetzt, dass diese Gemeinde, seine Braut, immer schöner wird, ist besonders beeindruckend. Für den Tag, an dem wir definitiv in Ewigkeit mit ihm zusammen sein werden.
Diese Liebe des Herrn zu uns soll eigentlich die tiefste Motivation sein, die uns antreibt, ihn zu lieben. Ich glaube, je mehr wir ihn besser kennenlernen, desto mehr wird diese Liebe etwas ganz Natürliches in unserem Wesen.
Wir entdecken immer mehr, dass wir ohne seine Gnade nicht leben können. Wenn wir wahrhaftig sein wollen in unserem Leben, brauchen wir diese Beziehung. Aber auch diese Dankbarkeit gegenüber dem Geber, Gott.
Gemeinde als Ort der Freude und Erneuerung
Gemeinde ist auch nach Lukas 15 dieser Ort, diese Gruppe von Menschen, die jedes Mal große Freude hat, wenn ein Mensch zu Gott kommt und sich bekehrt. Es ist also eine Gruppe von Menschen, die immer wieder Erneuerung erwartet, neue Siege für Christus und neue Menschen, die zum Glauben kommen und in die Gemeinde hineinkommen.
Gemeinde ist eigentlich der Ort, an dem, wenn die Liebe zu Gott stimmt, keine Angst herrscht. Ich finde das so stark im ersten Johannesbrief. Wenn die Liebe da ist, ist keine Angst da. Heute Morgen habe ich mir Zeit genommen, nur auf zwei, drei Worte zu schauen. Manchmal bleibt man einfach stehen. Ich habe ja die französische Version: Celui qui n'aime pas n'a pas connu Dieu – Wer nicht liebt, hat Gott nicht gekannt (1. Johannes 4,8). Nur so ein Gedanke, bei dem man innehalten kann: Wer nicht liebt, hat Gott nicht gekannt.
Dann kam die Überlegung vor ihm: Herr, kenne ich dich wirklich? Liebe ist wirklich Herr. Es ist so gut, daran zu denken, dass die Gemeinde als Antwort auf die Liebe Gottes da ist, die wir bekommen haben. Wir geben diese Antwort, indem wir die anderen lieben und dankbar zu ihm sind. Die Gemeinde sollte man also nicht zuerst als eine Körperschaft sehen, die viel Organisation braucht, sondern als Beziehungen der Liebe, die als Antwort auf die Liebe Gottes entstehen, die er für uns hat.
Das bleibt ein Üben, wir sind alle daran beteiligt. Ich finde es so schön, dass wir in dieser Übung wachsen können. In Epheser 1 ist auch klar, dass wir die Braut Jesu sind, die sich auf sein Kommen vorbereitet. Ihr seid ja die meisten sehr jung, das ist super. Vielleicht haben manche auch schon Gedanken an eine Hochzeit – das passiert ja oft, wenn man jung ist.
Ich weiß nicht, ob die Mädchen oder Frauen hier sich auf eine Hochzeit vorbereiten oder denken: „Ja, das wird wieder langweilig sein und so.“ Ich glaube aber, wenn man verliebt ist, hat man so viel Mühe, sich auf etwas anderes im Leben zu konzentrieren, wenn das kommt. Und ich glaube, so ist es auch im Leben mit Christus: Je mehr man in die Realität seines eigenen Wesens hineinstößt und wahr wird, desto mehr realisiert man, dass seine Liebe zu uns so groß ist, dass man sich darauf vorbereiten will, gereinigt zu sein, wenn er zurückkommt oder uns wegruft.
Wir wissen ja keiner von uns, wann wir gehen. Keiner weiß, ob er heute Abend noch lebt. Aber keiner sollte Furcht haben, im Wissen, dass er heute vielleicht nicht mehr am Abend lebt. Die Liebe Gottes im Herzen nimmt jede Furcht weg. Wahrheit und Dankbarkeit gehören dazu, damit eine Gemeinde Wachstum erlebt.
Wahrheit als Grundlage für Gemeindewachstum
Heute wird viel über Wachstum gesprochen, über Methoden und so weiter. Wahrscheinlich ist daran nichts falsch, und ich freue mich über all die Überlegungen dazu.
Dennoch finde ich es sehr kostbar zu wissen, dass Menschen dort angezogen werden, wo Wahrheit ist. Wahre Menschen sind in der Realität oft Menschen, bei denen man merkt, dass sie schwach sind. Die Wahrheit macht uns nicht groß, sie macht uns echt, so wie wir sind.
Ich denke an Johannes 4. Ich kenne die ganze Geschichte von Jesus und der Samariterin, auch auf Deutsch. In diesem Gespräch von Jesus steckt etwas Großes, finde ich. Ich nehme vielleicht Vers 7, damit wir den Zusammenhang haben:
Da kommt eine Frau aus Samaria, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: „Gib mir zu trinken“, denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Speise zu kaufen. Nun spricht die samaritische Frau zu ihm: „Wie erbittest du als Jude von mir etwas zu trinken, da ich doch eine samaritische Frau bin?“ Denn die Juden haben keinen Umgang mit den Samaritern.
Jesus antwortet und spricht zu ihr: „Wenn du die Gabe Gottes erkennen würdest und wer der ist, der zu dir spricht: Gib mir zu trinken, so würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben.“
Die Frau spricht zu ihm: „Herr, du hast ja keinen Eimer, und der Brunnen ist tief. Woher hast du denn das lebendige Wasser? Bist du größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben hat und selbst daraus getrunken hat samt seinen Söhnen und seinem Vieh?“
Jesus antwortete und sprach zu ihr: „Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird in Ewigkeit nicht dürsten. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle von Wasser werden, das bis ins ewige Leben quillt.“
Die Frau spricht zu ihm: „Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich nicht dürste und nicht mehr hierher kommen muss, um zu schöpfen.“
Jesus spricht zu ihr: „Geh hin, rufe deinen Mann und komm her!“ Die Frau antwortet: „Ich habe keinen Mann.“ Jesus spricht zu ihr: „Du hast Recht gesagt, ich habe keinen Mann, denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Da hast du die Wahrheit gesprochen.“
Die Frau spricht zu ihm: „Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei der Ort, wo man anbeten soll.“
Jesus spricht zu ihr: „Frau, glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt. Wir beten an, was wir kennen, denn das Heil kommt aus den Juden. Aber die Stunde kommt und ist schon da, da die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden. Denn der Vater sucht solche Anbeter. Gott ist Geist, und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“
Die Frau spricht zu ihm: „Ich weiß, dass der Messias kommt, welcher Christus genannt wird. Wenn dieser kommt, wird er uns alles verkündigen.“
Jesus spricht zu ihr: „Ich bin es, der mit dir redet.“
Die Bedeutung von Wahrheit und Geist in der Anbetung
So weit? Das finde ich an diesem Text höchst interessant. Ich weiß, was Samariter sind und welchen Glauben sie hatten. Sie vertraten einen Synkretismus, also eine Mischung verschiedener Religionen. Sie glaubten, dass sie auf dem Berg Gerizim anbeten müssten.
Die Juden hingegen, die streng nach dem Gesetz lebten, waren der Meinung, dass es nur in Jerusalem eine Möglichkeit gibt, Gott anzubeten. Man könnte fast sagen, heute würde man es so ausdrücken: Die einen sagen, in Mekka muss man anbeten, die anderen sagen, in Jerusalem. Jeder hat seinen eigenen Glaubensort zum Anbeten.
Hier ist das Interessante: Jesus sagt, die Anbeter des Vaters beten im Geist und in der Wahrheit an. Dabei geht es nicht um eine abstrakte Wahrheit – nicht um die biblische oder theologische Wahrheit, nicht um die Wahrheit vom Kreuz oder von Christus. Es geht um die Wahrheit, die im Herzen dieser Frau war.
Jesus zeigt ihr ihre Lebenssituation auf. Sie lebt in einer bestimmten Wirklichkeit, und Jesus spricht sie darauf an. Sie sagt: „Herr, du hast Recht gesagt, ich habe keinen Mann.“ Jesus antwortet, dass sie bereits fünf Männer hatte. Damit hat sie die Wahrheit ausgesprochen.
Später zeigt Jesus dieser Frau, dass die richtigen Anbeter im Geist anbeten – also in Verbundenheit mit Gott – und in der Wahrheit, die das eigene Leben betrifft.
Ich weiß, warum ich so lange lebe. Weißt du warum? Weil ich noch viel Zeit brauche, um wahr zu werden. Um genau derselbe zu sein, wenn ich allein im Zug sitze, umgeben von Leuten, die nicht gläubig sind, wie wenn ich mit Christen zusammen bin. Ich möchte immer mehr wahr werden – verbunden mit Gott, um wirklich wahr zu sein.
Die Anbetung ist eine Anbetung im Geist, also verbunden mit Christus, durch den Tröster verbunden mit Gott, und in der Wahrheit – in der Realität dessen, was wir sind.
Diese Wahrheit zieht Menschen an. Deshalb gebe ich, wenn ich an der Bibelschule einen Kurs über Gemeindewachstum halte, auch einen Kurs über die Wahrheit. Denn die Wahrheit ermöglicht in allen Beziehungen, dass Menschen plötzlich selbst merken, so wie die Samariterin, oder die samaritische Frau, wie sie auf Deutsch genannt wird.
Jesus hat ihr gesagt, wer sie wirklich ist, und sie hat gesagt: „So ist es auch.“ Das war Wahrheit. Und das war der Schlüssel für das, was danach in diesem Text passiert.
Menschen, die in unserer Gesellschaft leben, sind fast obligatorisch dazu gezwungen, Masken zu tragen. Sie versuchen, wenigstens einen Wert in der Gesellschaft zu haben. Und dann kommen sie in eine Gruppe von Gläubigen, wo sie in Gebeten und Gesprächen hören, wie diese Menschen wahr sind.
Gemeinschaft unter Schwachen und die Kraft des Gebets
Hast du schon bemerkt, dass, wenn zwei oder drei zusammenstehen und über ein Problem sprechen, und man dann miteinander beten möchte, manchmal ein Starker in die Gruppe kommt und sagt: „Ja, aber das ist doch kein Problem. Man muss nur den Hebräerbrief so und so und den zweiten Chronikern so und so lesen, da gibt es doch Antworten. Was habt ihr da für ein Problem?“
Oft sind es gerade die, die noch stark scheinen, die uns eigentlich daran hindern, die Wahrheit in unserem Leben zu erkennen. Denn in Wirklichkeit sind wir alle im Grunde genommen schwach.
Ich finde, die schönste Gemeinschaft ist die unter Schwachen – unter denen, die es nötig haben, bei Christus zu sein, bei ihm zu bleiben und seine Gnade zu brauchen.
In der Gemeinde sagen wir mittlerweile nicht mehr, dass wir „beten könnten“ miteinander. Wir haben nämlich gemerkt, dass dieser Satz vom Feind nicht gerne gehört wird. Wenn man zusammenkommt und spontan beten möchte, denkt jeder: „Ich will jetzt nicht sagen, dass wir beten, sonst meinen die anderen noch, ich hätte die Leitung oder sei besonders fest im Glauben.“ So geht man auseinander, und jeder denkt, wir hätten wenigstens miteinander beten können – doch niemand hat den Anfang gemacht.
Als ich das bemerkt habe, dachte ich, ich muss diesen Satz einfach abbauen: Wir könnten beten – und einfach anfangen, wenn wir zusammen sind. Das hat uns sehr geholfen.
Wenn wir über etwas sprechen, geben wir uns oft zu lange in den Problemen oder Schwierigkeiten des Lebens hinein. Doch wenn wir einander sagen, dass wir diese Beziehung brauchen, und sofort die Beziehung zu Gott hineinziehen und mit ihm darüber sprechen, verändert das alles.
Manchmal versucht man, von seinen Lasten wegzukommen, indem man in der Gemeinschaft darüber spricht. Das ist wichtig und hilft uns. Aber wenn man dann direkt mit dem Herrn darüber sprechen kann, kann man wirklich abladen.
Kennst du das auch? Dass Sorgen da sind, du davon gesprochen hast und dann wieder hinausgehst und den schweren Rucksack mit den Sorgen wieder auflädst?
Es hilft so sehr, wenn wir diese Sorgen im Gebet gemeinsam vor Gott bringen.
Zeugnis und Gebet im Alltag
Ich bin immer wieder erstaunt, auch wenn ich von Haus zu Haus gehe, um die Evangelien zu bringen. Ich habe solche Evangelienkarten, die für die Internetzeit gedacht sind, und ich gehe damit von Tür zu Tür. Es ist interessant: Manche Leute sind dagegen. Dann frage ich nur noch, ob ich gerade mit ihnen beten darf. Dabei gebe ich ihnen keine Gelegenheit, Nein zu sagen. Das ist gut.
Dann fange ich an zu beten und sage: Herr, du kennst diese Leute. Ich danke dir, dass du ihnen auch dieses Licht schenken willst, damit sie dich kennenlernen. Ich habe so viel Gutes mit dir erlebt, Herr. Bitte mach es auch für sie, dass sie entdecken, wie gut sie es haben können. Entschuldigung, ich muss jetzt weitergehen.
So wirst du bekannt als der Verrückte von der Gegend. Aber das ist schön, denn du weißt wenigstens, warum und für wen du verrückt bist. Ich merke immer wieder, wie Menschen getroffen werden, wenn in der Gemeinde die Wahrheit gelebt wird, die Beziehung mit Christus gepflegt wird und das ganz einfache Leben mit ihm voranschreitet.
Das ist auch das, worin Jesus immer wieder Wachstum in der Gemeinde schenkt. Menschen werden angezogen, weil sie einen Ort finden, einen Platz, eine Gemeinschaft, in der sie nicht etwas vorspielen müssen, um einen Wert zu haben. Ich finde das so großartig. Wir haben diese Größe nicht; die hatte nur Jesus. Von Jesus steht geschrieben, dass er genau wusste, was in den Herzen der Menschen ist.
Wir wissen nicht, was in den Herzen ist. Wir kennen nur das, was die Schrift uns über das Herz sagt. Ich habe ein Jahr lang die Bibel ganz durchgelesen und nur die Texte aufgeschrieben, die von meinem Herzen sprechen – von Genesis 1 bis Offenbarung am Ende. Immer wieder habe ich den ganzen Text hingeschrieben, wenn es ums Herz geht.
Aber ich musste erst einmal Datum und meine Unterschrift daruntersetzen. Denn ich wollte mit dem einverstanden sein, was die Schrift über mein Herz sagt. Ich wollte ganz klar sein und keine Illusionen über mich selbst haben. Solange ich Illusionen über mich selbst habe, glaube ich immer, es sind die Situationen oder die anderen, die schuld sind, dass ich so reagiere.
Aber wenn ich mein Herz kenne, dann weiß ich genau: Es sind nicht die anderen, die das Problem sind. Das Problem liegt in mir. Und das ist das Schöne: Die Wahrheit befreit uns von Illusionen. Wenn wir davon befreit sind, dann kann uns auch der Heilige Geist gebrauchen – als schwache Menschen, aber in der Wahrheit.
Also ist Gemeinde der Ort, wo Menschen zusammenkommen, die Jesus als ihren Vater haben, und Menschen, die in der Wahrheit wachsen wollen. Willst du in der Wahrheit wachsen? Das ist eine ganz wichtige Frage. Oder gibt es noch Bereiche in deinem Leben, in denen du genau weißt: In diesem Gebiet bin ich der Meister, so will ich es haben, und da darf keiner hineinschauen?
Lass das Licht von Gottes Wort in diese Bereiche hineinkommen. Und dort, wo du meinst, keine Möglichkeiten zu haben oder nichts aufgeben zu wollen, sei ehrlich und sag es ihm! Die Wahrheit ist immer der Weg, auf dem sich die Bahn des Segens öffnet und auf dem du ein freier Mensch wirst.
Freiheit und Dienst in Christus
Ich habe eine ganze Zeit in meinem Dienstleben, sogar als Missionar, nicht richtig verstanden, was es bedeutet, wenn die Bibel sagt: Wenn wir den Geist haben, sind wir wirklich frei. Was ist da los? Was heißt es, ganz frei zu sein? Ich bin doch gar nicht so frei – was ist da los?
Da habe ich gemerkt, dass es eine Realität ist: Die Freiheit in Christus ist endlich die Freiheit, das Gute zu tun, was wir tun wollen. Du kennst die Spannung aus Römer 7. Wir haben diesen Kampf, dass wir das Gute wollen, aber das Alte in uns zieht uns immer wieder zum Schlechten hin. Jetzt bist du frei geworden, um das Gute zu tun, was du tun willst.
So kannst du in aller Freiheit dienen – die Freiheit, für andere zu leben. Ich habe immer wieder festgestellt, dass Christen, die für andere leben, die Christen sind, die glücklich sind. Sie haben nie gezielt nach Glück gesucht, andere nennen sie glücklich, doch sie wissen gar nicht, dass sie es sind. Denn sie waren nie auf der Suche nach Glück, sondern auf dem Weg des Dienstes. Und beim Dienen sind sie gesegnet worden, weil sie gehorsam sind.
Ich war nicht lange in einer Gemeinde, da gab es eine Gebetsstunde. Ich war eingeladen und eine Zeit lang haben sie in der Gebetsstunde viel gebetet, dass Gott sie doch segnen möge und seinen Segen geben solle. Danach habe ich den Leitern gesagt, dass wir aufpassen müssen, Gott nicht zu verlangen, etwas zu tun. Ich glaube, wenn wir gehorchen, segnet er.
Die Schrift zeigt uns, dass Gehorsam unsere Branche ist – ich habe gesagt, unsere Branche ist Gehorsam, und seine Branche ist Segen. Ich brauche nicht immer zu rufen: Segne, segne, segne! Sonst höre ich dann eine Stimme in meinem Herzen: Sei doch mal gehorsam! Kümmere dich um dein Ding! Du sollst jetzt gehorsam sein und dienen. Ich werde dann schon segnen – das mache ich richtig, kein Problem.
Das ist gut zu wissen, auch für uns in unserem Leben als Gemeinde. Unser Weg in der Gemeinde ist ganz einfach: gehorsam im Dienst für andere Menschen zu leben. Das hilft uns zur Wahrheit, ist eine Schule für unseren Willen, und der Herr segnet die Gemeinde. Der Herr schenkt Wachstum in der Gemeinde.
Wahrheit und Dankbarkeit – also nicht Undankbarkeit, sondern Dankbarkeit – das sind Schlüssel für das geistliche Leben und das Wachstum der Gemeinde. Viele Gemeindeprobleme entstehen, weil man undankbar ist. Sobald man dankt, weißt du, die Gemeinde wird immer das sein, was du selbst hineinträgst.
Gemeinde ist nicht der Ort, an dem man einfach nur empfängt, sondern das, was wir hineintragen. Wenn du zum Beispiel zu einer Stunde kommst, zum Gottesdienst am Sonntag, mit einem voll dankbaren Herzen, dann werden die Ersten, die du triffst, schon gesegnet. Die Gemeinde wird das, was jeder hineinträgt.
Wenn jeder kommt und erwartet, dass sich andere für ihn einsetzen, dann wird die Gemeinde von Egoismus geprägt. „Ich will etwas bekommen!“ – und damit verliert man die Beziehung zu Gott und zum Einzelnen. In der Gemeinde gibt es ein ganzes Ambiente. Wie heißt das auf Französisch? Ambiente – ein schönes Wort. Ambiente bedeutet Stimmung.
Die Stimmung wird positiv, wenn der Einzelne positiv hineinkommt. Das heißt aber nicht, eine Maske aufzusetzen. Wenn ich negativ bin, muss ich Buße tun. Es geht nicht darum, dass ich innerlich negativ bin und dann so tue, als sei ich positiv. Nein, das wäre Theaterspielen.
Aber wo wir negativ sind im Herzen, bringen wir das dem Herrn und geben es in aller Wahrheit zu: Herr, ich bin heute negativ. Manchmal sage ich dem Herrn: Herr, ich habe heute Mühe mit dem Wetter. Heute habe ich keine Mühe mit dem Wetter, aber wenn es wochenlang dunkel und regnerisch ist, und ich mich mühsam aus dem Bett quäle, dann sage ich dem Herrn: Herr, ich bin heute Morgen nicht happy.
Ich bitte ihn: Hilf mir, dass ich auf die Beine komme und in diesen Tag hineingehen kann. Hilf mir, dass ich innerlich wieder neue Freude bekomme mit dir. Du bist mir so nahe, aber hilf mir, dass ich diese Nähe wieder spüren und mit dir leben kann.
Die Hauptaufgaben einer Lokalgemeinde
Was sind nun die Hauptaufgaben oder das Hauptengagement einer Lokalgemeinde? Eine Gemeinde kann sehr viel Verschiedenes tun. Es ist jedoch immer wieder hilfreich, auf die erste Gemeinde zurückzublicken, wie sie in Apostelgeschichte 2 beschrieben wird. Dort finden wir in Vers 42 einen sehr bekannten Text: „Und sie blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und in den Gebeten.“
Ich bin sehr dankbar für diesen Text, denn in nur einem Satz erfahren wir, was die Hauptaufgaben sind, um das Leben der Gemeinde weiterzuführen und geistliches Wachstum zu fördern.
Beständig in der Lehre der Apostel bedeutet, dass wir weiterhin die Bibel lesen und erklären. Du kennst sicherlich die Bücher Esra und Nehemia im Alten Testament. Es ist spannend zu sehen, wie dort das Wort Gottes wiederentdeckt wurde. Sie stellten eine Bühne auf, und Esra las die Gebote vor. Viele andere Brüder, deren Namen sogar im Text genannt werden, waren dabei und erklärten dem Volk das Gehörte.
Ich finde es faszinierend, wie das funktionierte: Einer las vor, und andere im Volk erklärten für diejenigen, die es nicht verstanden hatten. Das war eine Art Erweckung zu jener Zeit. Sie lasen ein Viertel des Tages und alle standen zum Zuhören. Ein weiteres Viertel des Tages wurde für das Bekenntnis der Sünden verwendet, die bereits erhört waren. Am Ende mussten die Leiter sagen: „Jetzt hört auf zu weinen, der Herr ist da und hat vergeben.“
Das ist schwer vorstellbar, besonders für mich als Franzosen, der in einem anderen Land lebt. Oft werde ich zu Konferenzen oder großen Treffen eingeladen, auch zu Jugendtreffen. Dort gibt es vier oder fünf Musikgruppen, und meistens verstehe ich kein Wort von dem, was gesagt wird. Das ist nicht schlimm. Danach kommt ein Leiter und entschuldigt sich, dass die geplanten 20 Minuten nur zehn Minuten wurden. Dann denke ich: Schade, ich bin 500 Kilometer gefahren für zehn Minuten. Hoffentlich werde ich wenigstens für diese Zeit gut bezahlt.
Einmal war ich bei einem Treffen, da war es sehr laut, fast schon unangenehm. Als ich predigte, war ich fast zwei Minuten still, bevor ich anfing. Ich dachte: Wie können die Geister dort noch etwas aufnehmen nach so viel Lärm? Es ist unerhört. Man merkt, dass Gottes Wort immer mehr in den Vordergrund gerückt werden muss. Das finde ich sehr schade.
Ich wünsche mir, dass wir Freude daran haben. In der Gemeindearbeit habe ich oft Abende organisiert, bei denen man nicht viel vorbereiten muss. Wir haben ganze Briefe des Neuen Testaments gemeinsam gelesen. Nach jedem Abschnitt gab es zwei bis drei Minuten Stille, danach beteten wir für diejenigen, die dem Herrn etwas sagen wollten – ohne andere zu predigen.
Ich mag es nicht, wenn beim Gebet gepredigt wird. Dann sage ich manchmal, dass man den Raum verlassen kann, wenn man nicht einfach nur im Kontakt mit dem Herrn sein möchte, sondern predigen will. Es geht darum, dem Herrn zu sagen, was der Text in einem bewirkt hat. Solche Abende sind sehr segensreich, weil wir begreifen können, dass Gottes Wort eine unerhörte Kraft besitzt. Es bringt Licht in unsere Herzen und heilt uns im tiefsten Inneren.
Manche Abende in der Gemeindearbeit bestehen einfach nur aus Lesen, Stille und Gebet – ohne Kommentar. Und das ist sehr reich. Ich sage nicht, dass wir nur das machen sollen. Ich predige ja selbst, wie du hörst, und bin oft erschöpft davon. Aber ich finde es kostbar zu wissen, dass Gottes Wort Gottes Wort ist. Es gibt nichts, das mehr bewirken kann als Gottes Wort.
Ich muss das in den Gemeinden, in denen ich predige, oft wieder üben. Wenn ich am Anfang einer Predigt den Text lese, bitte ich die Leute aufzustehen. Wir stehen vor Gott. Manchmal wird die Bibellektüre wie das Lesen von philosophischen Texten behandelt, besonders in Frankreich. Aber es ist etwas ganz anderes. Gottes Wort dringt in unser Herz ein, bewegt uns und reinigt uns im tiefsten Wesen. Es ist etwas völlig anderes.
Zurück zu Apostelgeschichte 2,42: Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet.
Die Gemeinschaft ist wichtig, weil wir zwar alleine zu Gott kommen, aber für die Heiligung die Brüderschaft brauchen. Die Gemeinde hilft uns, uns selbst besser zu verstehen – wie wir sind, wie wir reagieren und wie schwer es ist, eine ehrliche Liebe zu leben. Das brauchen wir, sonst können wir nicht wirklich heilig werden und Reinigung vor dem Herrn erfahren.
Das Brotbrechen haben wir gestern wunderbar erlebt. Es ist eine konkrete Erinnerung an die Bekehrung. Ich finde es wunderbar, wie Gott uns durch die Taufe etwas ganz Konkretes schenkt – eine Erinnerung an die Bekehrung. Das Abendmahl erinnert uns konkret an das, was Jesus getan hat.
Sie waren außerdem ständig im Gebet zusammen. Das sind die lebensnotwendigen Hauptbestandteile der Gemeinde.
Ich erlebe immer wieder in Gemeinden, in denen ich unterwegs bin, dass der Ältestenrat überlegt, was man weniger machen kann, damit die Hauptsachen gemeinsam gelebt werden können. Nur so kann die Gemeinde weiterleben und wachsen.
Zeugnis und Evangelisation als Weg zur Heiligung
Zu diesen vier Dingen, die dort stehen, ist klar: Die Gemeinde, wie ich es gestern gesagt habe, ist ein Leuchter. Das bedeutet, das Zeugnis und die Evangelisation sind eine Last, die eine Gemeinde trägt.
Es ist ganz interessant zu beobachten, dass Christen, die sich im Zeugnis und in der Evangelisation engagieren, viel schneller in der Heiligung vorankommen. Es gibt Gemeinden, in denen du bei verschiedenen Ansprachen merkst, dass es Probleme gibt. Die Christen werden plötzlich sehr sensibel. Sie merken, dass sie nicht einmal begrüßt wurden, als sie hereinkamen. Das ist eine Katastrophe, stell dir das mal vor.
Dann ist klar, dass in dieser Gemeinde keine Liebe herrscht. „Ich wurde nicht einmal begrüßt“, sagen sie, und können kaum glauben, wie man so etwas schreiben kann. Diesen lieben Menschen sage ich meistens: Geh mit deinem Zeugnis auf die Straße, an die Türen. Dort lernst du, dass du ein Idiot bist, weil sich niemand für dich interessiert. Die Tür wird dir gerade vor der Nase zugeschlagen.
Wenn du dann in die Gemeinde kommst, merkst du gar nicht, ob du begrüßt wirst. Du bist so dankbar und denkst: „Mann, da komme ich rein, da gibt es keinen Kampf, der Glaube ist schon da.“ Das gibt es doch gar nicht. Und das nimmt dir all diese Sensibilitäten und diese blöden Gedanken weg.
Ich glaube, deshalb wollte Gott auch, dass wir Zeugen in der Welt sind – damit wir lernen, uns selbst viel weniger ernst zu nehmen. Ich muss meinen Mitarbeitern oft sagen: Versucht den Dienst nicht ohne Humor zu leben, sonst seid ihr kaputt. Ihr müsst über euch selbst lachen können.
Ich habe immer gesagt, es gibt eine Seligpreisung, die noch nicht in der Bibel steht – Matthäus 5 wird sie nie enthalten. Aber das ist meine: Glücklich ist, wer über sich selbst lachen kann; er wird nie müde vom Lachen. Es steht nicht drin, aber wenn du richtig über deine eigenen blöden Sachen lachen kannst, fröhlich und laut, auch wenn du allein bist – das hilft enorm.
Wenn du in eine gewisse Sensibilität gerätst und schnell beleidigt bist, wenn du etwas von anderen erwartest, dann bete zum Herrn: „Bitte, hilf mir, dass ich diese schnellen Beleidigungen abbauen kann. Bitte, Herr, hilf mir, mich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Hilf mir, dass man mich kritisieren kann. Hilf mir, dass die Leute lieber zu einem anderen Bruder gehen, um Rat zu suchen, weil sie meinen, mein Rat sei nicht so gut. Hilf mir, Herr, dass sie lieber zu einem anderen gehen, wenn er predigt, als zu mir zu kommen. Hilf mir, Herr, dass Menschen sich mehr um andere kümmern, wenn sie etwas suchen, und dass sie mich zur Seite lassen. Hilf mir, Herr, dabei dankbar zu sein, dass wir dich haben, dankbar zu sein, in der Wahrheit zu leben, dankbar zu sein, bei dir zu sein.“
Das Zeugnis und die Evangelisation helfen, selbst frei zu werden. Die Konfrontation hilft, sich selbst zu überwinden. Leider muss ich immer wieder sagen, dass zu viele Christen diesen Weg, diese Schule verlassen und meinen, diese Konfrontationen und dieses Leben in der Welt seien negativ für sie. Nein, es ist positiv. Es ist positiv, in diesem geistlichen Kampf zu sein, um in der Heiligung voranzukommen.
Also lass das nicht aus deinem Weg herausfallen.
Jetzt machen wir, ich glaube, eine Pause. Geht das? Genau, Pausen funktionieren meistens gut.