Einführung in das Thema Gehenna und Zorn im Leben
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 189: Gehenna – die Hölle des Feuers.
Bevor wir uns in der nächsten Episode noch anschauen, wie Gottes Haltung zum Zorn ist und wie sich dadurch die Prioritäten in meinem Leben verändern, folgt heute ein Einschub.
In Matthäus 5,22 heißt es: „Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird. Wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka, dem Hohen Rat verfallen sein wird. Wer aber sagt: Du Narr, der Hölle des Feuers verfallen sein wird.“
Im Text begegnet uns hier ein Begriff, den meine Bibel mit „Hölle“ übersetzt. Diesen Begriff möchte ich heute etwas näher betrachten. Im Original lautet er „Gehenna“. Wörtlich steht in Matthäus 5,22 also „die Gehenna des Feuers“ oder, wenn man den Genitiv auflöst, „die feurige Gehenna“.
Gehenna: Begriff und biblische Deutung
Gemeinhin wird angenommen, dass es sich bei der Gehenna und bei dem Feuersee aus der Offenbarung um denselben Ort handelt. Wenn die Elberfelder Bibel hier mit „Hölle“ übersetzt, dann interpretiert sie Gehenna als einen Ort endgültiger Bestrafung, wie man ihn aus der Offenbarung kennt. Das ist möglich.
Aber es gibt in der Bibel keine Stelle, die uns zu dieser Sicht zwingt. Deshalb wollen wir den Begriff Gehenna etwas genauer betrachten. Für alle, die jetzt denken, ich sei unter die Allversöhner gegangen: Nein, das bin ich nicht. Meine Sicht zur Allversöhnung werden wir irgendwann einmal besprechen, wenn Gott Gnade gibt und wir in ein paar Jahren über Markus 14,21 reden.
Ich mag es einfach, Begriffe – eben auch Begriffe wie Gehenna – genau zu verstehen. Also zurück zum Thema. Das Wort Gehenna bedeutet wörtlich „das Tal von Hinnom“. Dieses Tal gibt es heute noch; es erstreckt sich südwestlich von Jerusalem. Gehenna ist also zunächst einmal ein Ort in dieser Welt und kein Ort in der Zukunft.
Historische und alttestamentliche Bedeutung des Tals von Hinnom
Nun zum Problem: Im Alten Testament wird auf das Tal von Hinnom Bezug genommen, und zwar als ein wörtliches Tal.
Allerdings erhält der Begriff Gehenna im Frühjudentum durch die Rabbiner eine neue Bedeutung. Im Rahmen ihrer spekulativen Endzeiterwartung wird aus dem wörtlichen Tal das, was wir heute gemeinhin unter Hölle verstehen.
Wir müssen uns daher fragen, was Jesus meint, wenn er den Begriff verwendet. Ist sein Verständnis eher im Alten Testament verwurzelt oder orientiert es sich an der apokalyptischen Interpretation durch die Rabbiner seiner Zeit?
Gehen wir nun etwas mehr ins Detail: Das Tal von Hinnom hat im Alten Testament verschiedene Namen. Es heißt Tal Hinnom oder Tal Ben Hinnom, wird aber auch Tofet genannt, was so viel wie Feuerstätte bedeutet. Außerdem wird es Gespey oder Tal des Schlachtens genannt.
Das Tal von Hinnom war der Ort, an dem ungläubige Juden ihrem Gott Moloch Kinderopfer darbrachten. Später wird König Josia dies unterbinden. Wir lesen dazu in 2. Könige 23,10: „Und er machte das Tofett unrein, das im Tal Ben Hinnoms lag, damit niemand mehr seinen Sohn oder seine Tochter dem Moloch durchs Feuer gehen ließ.“
Josia beendet die Götzenanbetung, und das Tal von Hinnom wird zu einer Art Müllhalde Jerusalems, wo man den Abfall verbrannte.
Dies ist also der alttestamentliche Gebrauch des Begriffs Gehenna.
Entwicklung des Gehenna-Begriffs im Frühjudentum und zur Zeit Jesu
In der Zeit vor Jesus entsteht Literatur, die wir heute als apokalyptisch bezeichnen. Darin wird der Begriff Gehenna erstmals im Sinne von „Hölle“ verwendet. Gehenna wird als ein Ort beschrieben, an dem die Bösen bestraft werden.
Die Rabbis griffen diese Verwendung auf. Man darf davon ausgehen, dass der Begriff Gehenna zur Zeit Jesu im Verständnis der Zuhörer der Bergpredigt durchaus mit dem Konzept der Hölle verbunden war.
Aber Vorsicht: Die Rabbis waren sich nicht einig darüber, wie das endgültige Schicksal der Bösen in der Gehenna aussehen würde. Es gab unter ihnen drei Strömungen.
Für die einen hatte die Gehenna eine reinigende Funktion. Die Bösen mussten nur für eine Weile in die Gehenna und erschienen dann vor dem Thron Gottes.
Für andere Rabbis wurden die Bösen in der Gehenna bestraft und dann ausgelöscht. Sie mussten also eine Zeitlang Strafe erleiden und verschwanden anschließend. Das wird als Annihilation bezeichnet.
Wieder andere Rabbis, die sich auf das apokryphe Buch Judith stützten, betrachteten die Gehenna als einen Ort ewiger Qual. In Judith 16,17 heißt es: „In Ewigkeit sollen sie heulen vor Schmerz.“
Diese drei Strömungen sind: Gehenna als eine Art Fegefeuer, zweitens als der Ort, wo man seine Strafe ableistete, und drittens als Ort ewiger Qual.
Wichtig ist: Keine dieser Sichtweisen zur Gehenna findet sich im Alten Testament. Wir haben es hier mit rabbinischen Spekulationen zu tun, nicht mit vom Heiligen Geist inspirierten Texten.
Die Frage nach Jesu Verständnis von Gehenna
Wir dürfen uns bei der Auslegung des Begriffs Gehenna durchaus die Frage stellen, ob der Herr Jesus hier die Hölle im rabbinischen Sinn vor Augen hat oder sich enger am Gebrauch des Begriffs im Alten Testament orientiert.
Klar ist, dass in Matthäus 5,22 eine Steigerung vor Gericht vorliegt: Hoher Rat, Gehenna. Die Frage, die ich in den Raum stellen möchte, ist folgende: Wenn Jesus von Gehenna redet, meint er dann die Hölle, so wie wir den Begriff gemeinhin verstehen, oder meint er etwas anderes?
Dieses Andere muss natürlich auch mit Gericht zu tun haben. Es muss ein Gericht sein, das für den Betroffenen noch gravierender ist als der Hohe Rat. Es muss ein göttliches Gericht sein. Aber muss es das ewige Gericht sein? Das ist die Frage.
Gehenna als Symbol für das schlimmste Gericht Gottes
Als die Babylonier kommen, Jerusalem einnehmen, den Tempel zerstören und das Volk in die Gefangenschaft wegführen, lesen wir bei Jeremia, Jeremia 7, die Verse 32 und 33:
„Darum siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da wird man nicht mehr sagen Tofet noch Tal Ben Hinnom, sondern Tal des Schlachtens. Man muss im Tofet begraben, weil kein Platz mehr da ist. Und die Leichen dieses Volkes werden den Vögeln des Himmels und den Tieren der Erde zum Fraß werden, und niemand wird sie wegscheuchen.“
Merkt euch das Tal Ben Hinnom als einen Ort, der für das schlimmste Gericht steht, das Gott bis dahin an seinem Volk vollzogen hatte. Könnte es sein, dass der Herr Jesus, wenn er den Begriff Gehenna verwendet, genau diese Bedeutung im Blick hat? Also Gehenna weniger als ewiges Gericht, sondern einfach als das schlimmste Gericht, das sich ein gläubiger Jude vorstellen konnte? Dieses Gericht ist festgemacht an der nationalen Katastrophe, nämlich dem Fall von Jerusalem.
Eine Katastrophe, die ihren grausigen Höhepunkt in einem Tal bei Jerusalem findet, das angefüllt war mit Leichen – dem Tal des Schlachtens, dem Tal von Hinnom.
Schlussgedanken und Einladung zum Gebet
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wie und was du über die Hölle denkst. An welchen Bibelstellen orientierst du dein Denken?
Das war es für heute. Wenn du für verfolgte Christen beten möchtest, besorge dir doch das Gebetsheft von Open Doors.
Der Herr segne dich, schenke dir seine Gnade und lasse dich in seinem Frieden leben. Amen.
