Ein Leben für Christus im Wirtschaftsleben und die Bedeutung des Zuhörens
Einer meiner Brüder war im Wirtschaftsleben tätig, weil er meinte, dass man dort viel mehr für Christus wirken und das Evangelium verbreiten könne als im Pfarrdienst. Tatsächlich gelang es ihm, in seiner Freizeit Führungskräfte unseres gesellschaftlichen Lebens in einer noblen Umgebung, etwa in schicken Hotels, einzuladen.
Er sagte immer: Es ist ganz erstaunlich, man muss gar nicht viel reden. Das Reden ist sogar bei uns Christen oft gefährlich. Manchmal überschütten wir die Menschen mit lauter Worten. Dabei muss man nur genau hinhören: Die meisten Menschen haben schon viel mit Christus erlebt. Es fehlt nur noch ein ganz kleines Stück. Sie bringen es einfach nicht zusammen.
Deshalb möchte ich gleich zu Beginn sagen, dass ich es eigentlich bedaure, hier im großen Plenum zu sprechen und allein zu Ihnen zu reden. Es ist etwas ganz Wunderbares, wenn man zuhören kann. In meiner Arbeit habe ich das besonders geschätzt, wenn man Hausbesuche gemacht hat.
Bei Hausbesuchen ist das Schönste, dass man hört, was Menschen wirklich bewegt. Jeder steht an einem Punkt, den er nicht unter die Füße bekommt. Wenn man dann gemeinsam die Befreiung durch Christus erlebt, ist das wunderbar.
Die Aktualität des Themas Sterben und die Herausforderung der Ablehnung
Wir haben jetzt verschiedene Themen hier entfaltet, und das war mir wichtig. Bei der Auswahl für uns als Senioren war das ganz besonders treffend. Doch auch bei jungen Leuten ist dasselbe Wort genauso aktuell.
Was wir gestern Abend besprochen haben, betrifft das Sterben. Konfirmanden mit 14 Jahren und junge, wilde Kerle mit 16 haben als brennendes Thema: Was ist, wenn ich sterbe?
Ich habe oft gesagt: Im Seniorenkreis darf man nicht mehr vom Sterben reden, denn die Leute sind dort oft ganz allergisch. Die alten Menschen sind häufig, weil das Thema so nah liegt, besonders abweisend.
Aber was sie wissen, das Wort ist dennoch aktuell. Bei Christen ist das sicher so. Sie sind zwar ablehnend, und das ist ganz richtig. Bei Christen ist es so, dass man, wenn man die Heimat kennt, aber keine Heimat hat, nicht darauf angesprochen werden möchte. Für sie ist es das große Dunkel, von dem man nicht redet.
Sie alle haben auch in diesen Tagen Ihre Nöte und Traurigkeiten mitgebracht. Wir wollen, dass all das, was hier das Evangelium sagt, in diese Situationen hinein spricht und Ihnen Licht und Klarheit gibt.
Die Botschaft des Paulus an die Gemeinde in Korinth: Das innere Leben zählt
Wir kommen jetzt zu 2. Korinther 5,11-21. Paulus spricht hier zu einer Gemeinde, die mit ihm im Streit lebt und ihn abgelehnt hat. Diese Gemeinde bevorzugte immer solche Schönlinge und Strahlemänner. Paulus sagt jedoch, dass man es im Glauben ansehen muss. Er betont, dass das Äußere nicht entscheidend ist, sondern das neue geistliche Leben, das verborgen ist im zerbrechlichen Leib unseres Körpers.
Nun fährt Paulus fort und sagt in Vers 11: "Weil wir nun wissen, dass der Herr zu fürchten ist, suchen wir, Menschen zu gewinnen. Aber vor Gott sind wir offenbar, ich hoffe aber, dass wir auch vor eurem Gewissen offenbar sind." Er macht deutlich, wie wichtig es ist, sich ständig bewusst zu sein, dass unser Leben vor dem Richterstuhl Christi geprüft wird.
Deshalb wollen wir auch unter unserem alten Wesen leiden – dort, wo wir Nörgler und Miesepeter sind. Besonders dann, wenn es ums Pflegen geht, ist es für die, die uns Liebe erweisen, oft sehr schwierig, weil der alte Charakter wieder zum Vorschein kommt. Es ist so wichtig zu sagen: Das Äußere kann nicht mehr maßgeblich sein. Der Herr ist zu fürchten, und wir wollen nicht mehr in unserer alten Art leben. Wir sind vor Gott offenbar und hoffen, dass ihr auch erkennt, worum es wirklich geht – um den inneren Menschen.
Paulus fährt fort: "Damit empfehlen wir uns nicht abermals bei euch, sondern geben euch Anlass, euch unser zu rühmen, damit ihr antworten könnt denen, die sich des Äußeren rühmen und nicht des Herzens." Er sagt weiter: "Denn wenn wir außer uns waren, so war es für Gott; sind wir aber besonnen, so sind wir es für euch."
Die Liebe Christi drängt uns, besonders weil wir überzeugt sind, dass, wenn einer für alle gestorben ist, so sind alle gestorben. Er ist für alle gestorben, damit die, die leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.
Hier erinnert Paulus sicher auch an Römer 14, wo es heißt: "Keiner lebt sich selbst, keiner stirbt für sich selbst." Das ist das Neue – nicht das, was äußerlich sichtbar ist, sondern das Innere, ob die Wende stattgefunden hat, dass ein ganz anderes Ich in uns das Zentrum unseres Wesens geworden ist.
Darum kennen wir von nun an niemanden mehr nach dem Fleisch. Und auch wenn wir Christus einst nach dem Fleisch kannten, so kennen wir ihn jetzt nicht mehr so. Denn: "Darum ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden."
Die Versöhnung durch Christus und unsere Botschafterrolle
Aber all dies kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich selbst versöhnt hat und uns das Amt gegeben hat, die Versöhnung zu predigen.
Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selbst. Er rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet.
So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns. Deshalb bitten wir an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!
Denn er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit hätten, die vor Gott gilt.
Die Wiedervereinigung als Symbol für geistliche Erneuerung
Ich freue mich ganz besonders, dass hier Leute aus den sogenannten neuen Bundesländern dabei sind. Für mich war das ein ganz gewaltiges Ereignis. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass wir noch eine Wiedervereinigung erleben würden.
Eine meiner Töchter musste im Religionsunterricht eine Arbeit zum Thema „Ist Wiedervereinigung möglich?“ schreiben. Interessant, womit man sich alles beschäftigen kann. Da hätte ich es durchaus schwer gehabt, eine Fünf zu bekommen, denn der Religionsersatz war völlig überzeugt, dass es niemals eine Wiedervereinigung geben könne.
Für uns war das damals ganz neu. Wenn man hinüberfuhr – ich musste damals nach Bad Blankenburg –, bin ich natürlich prompt ins falsche Blankenburg gefahren. Schließlich fragte ich einen Polizisten nach dem Weg. Er sagte: „Ja, wissen Sie, es gibt auch noch ein Bad Blankenburg.“ Da wollte ich hin. Ich hatte nicht geahnt, dass Blankenburg und Bad Blankenburg hunderte Kilometer auseinanderliegen. Trotzdem bin ich noch rechtzeitig zu meinem Vortrag gekommen.
Es war interessant, als man nach der Wende nach Erfurt kam. Ich erinnere mich beim Rausfahren, dass ich die schöne Stadt bestaunte. Auf dem Marktplatz standen viele Westautos zum Verkauf. Wunderschön! Die Leute standen herum, denn endlich gab es das herrliche Ziel, ein Auto zu kaufen. Sie waren günstig, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Die Autos sahen aus wie direkt von der Fabrik.
Aber mein Herz blutete, denn man sagte mir, die Leute geben ihr gutes Geld her, und das sind alles Rostlauben mit Styropor gestopften Löchern, die man mit ein bisschen Papier abgedeckt und dann wieder übergespritzt hat. Verstehen Sie? Das waren nichts weiter als fahruntüchtige Autos. Viele westlich orientierte Leute haben die lieben Ossis tüchtig über den Tisch gezogen und sie geprellt.
Ich denke, manche sind heute sicher schlecht auf die Wiedervereinigung zu sprechen, weil sie auf das hereingefallen sind, was nach außen schick aussah. Und sehen Sie, das gibt es auch in unserem Leben. Man macht eine Runderneuerung, steckt ein bisschen Styropor rein, streicht ein bisschen neue Farbe drauf, und dann will man sein Leben neu gestalten.
Solche Phasen gibt es immer wieder, in denen wir unser Leben neu machen. Da kommt eine moralische Erneuerung, ein ganz neues Gefühl. Wir wollen dienen und etwas Gutes tun. Das ist ja nicht schlecht. Doch der alte Rost frisst wieder, und das alte Loch bricht wieder auf. Das ist das Schlimme.
Wir erleben das auch bei unseren jungen Leuten. Sie kommen von einer Freizeit zurück und sagen: „So, jetzt soll alles neu werden.“ Aber sie haben keine wirkliche Erneuerung erfahren.
Die Notwendigkeit eines inneren Neuanfangs: Jesu Bild vom leeren Haus
Jesus hat ein sehr eindrückliches Bild erzählt, das mir immer wieder gefällt. So plastisch kann man es kaum besser ausdrücken. Er sagt: Wenn ein Mensch einen Neuanfang in seinem Leben macht, dann wirft er alle bösen Geister aus seinem Leben heraus. Er macht einen Bruch und sagt: „Es soll nichts Wüstes, nichts Unreines mehr in meinem Leben sein. Ich möchte endlich mit den sündigen Gewohnheiten meines Lebens brechen.“
Tatsächlich gelingt es ihm, diese bösen Mächte aus seinem Leben zu vertreiben. Doch nach einigen Wochen kommen sie zurück und schauen, wie es jetzt in diesem Haus aussieht. Sie merken, dass das Haus gekehrt und geschmückt ist, aber kein neuer Besitzer eingezogen ist.
Dann warnt Jesus: Wer Erneuerung seines Lebens nur so versteht, wird erleben, dass der Teufel sieben Gesellen mitbringt, die schlimmer sind als er selbst, und sie ziehen wieder in das leere Haus ein. Es gibt also oft einen Bruch, sagt Jesus, aber dieser ist kein wirklicher Neuanfang.
Zum echten Neuanfang gehört, dass wir einen neuen Herrn bekommen, einen Chef, der unser Leben von innen regiert. Es muss einen Herrschaftswechsel geben. Das eigene Ich kann man brechen, aber es muss unter die Führung des Königs Jesus kommen, der uns leitet und führt – unter die Herrschaft des Heiligen Geistes. Das nennt die Bibel Neugeburt.
Das ist so wichtig, dass Paulus gerade den Korinthern sagt: Achtet darauf, dass nicht das, was äußerlich glänzt und was alle Menschen sehen, entscheidend ist, sondern was im Inneren eines Menschen passiert. Ob Christus dich regiert, führt und treibt, das ist das Wesentliche.
Die Neugeburt als zentrales Ereignis des Glaubens
Jetzt habe ich immer wieder verschiedene Worte für dieses entscheidende Ereignis gebraucht. Uns tut es ja immer weh, wenn man viele Kirchen findet, in denen nicht verkündigt wird, dass das Entscheidende die Neugeburt ist.
In der Bibel steht ein Wort, das ich ungern benutze: Wiedergeburt. Warum? Weil alle dabei an die Buddhisten denken. Die Hindus glauben ja an die Wiedergeburt, an die Seelenwanderung. Das ist aber etwas ganz anderes. Heute ist es in unserer Gesellschaft schwierig, das zu verstehen.
Verstehen Sie, was Jesus mit der Neugeburt meint? Es geht um das Neue, nicht um das, was schon wirkt. Die Vorstellung, dass Menschen mehrmals wiederkommen, ist Unsinn. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sagt: „Ich war früher der Räuber Hotzenplotz.“ Sonst behaupten alle, sie seien früher Schiller oder Goethe gewesen – also überragende Persönlichkeiten, die ganz solide erscheinen.
Nein, Ihre Persönlichkeit ist unverwechselbar und einmalig, von Gott geschaffen. Sie sind ein Original, das nicht wiederkommt. Das steht ganz deutlich in der Bibel. Dieses Ebenbild Gottes muss jedoch erneuert werden und wieder in die Gottesherrschaft hineinkommen.
Das Gespräch Jesu mit Nikodemus: Die Bedeutung von Wasser und Geist
Nun wissen Sie, wo Jesus dies gesagt hat, nämlich zu dem Rabbi Nikodemus. Nikodemus war ein Rabbiner und gehörte auch zum Hohen Rat, der obersten Führungsschicht des Volkes Israel.
Er bewunderte Jesus und kam nachts zu ihm. Da er eine bedeutende Persönlichkeit war, wollte er nicht erkannt werden. Er wollte noch auf Distanz bleiben, was gut war. Jesus gewährte ihm das, und sie saßen in diesem Nachtgespräch zusammen.
Nikodemus sagte zu Jesus: „Ich bewundere dich. Was du tust, kann niemand tun, und mit dir ist Gott.“ Jesus antwortete ihm: „Nikodemus, das ist noch nicht so. Dir fehlt der richtige Glaubensblick. Den hast du erst, wenn du diese Operation an dir vollziehen lässt, nämlich dass du ein neuer Mensch wirst.“
Nikodemus wusste, wie Babys entstehen und wie das Leben beginnt. Er sagte: „Ich kann doch nicht wieder in den Bauch meiner Mutter hineingrabbeln. Wie soll das gehen, wie ein Neugeborener?“
Da sagte Christus: „Du verstehst es nicht. Du musst es von Gott her verstehen, nicht mit äußeren Begriffen. Das Wunder geschieht durch Wasser und Geist.“
Es gibt verschiedene Meinungen darüber, was mit Wasser und Geist gemeint ist. Das dürfen Sie wissen. Die einen sagen, Wasser sei die Taufe. Ich glaube jedoch nicht, dass Jesus von der Taufe sprach, sonst hätte er es Nikodemus besser erklärt. Nikodemus kannte nur die Taufe des Johannes.
Jesus meint mit Wasser, dass du dich reinigen lassen musst. Du musst den Schmutz an dir abwaschen lassen; das ist Reinigungswasser. Und der Geist Gottes muss in dein Leben einziehen.
Die Bibel kann verschiedene Ausdrücke benutzen. Ob der Heilige Geist in uns einzieht oder ob Christus in meinem Leben wohnt – Paulus gebraucht beides, und das ist deckungsgleich. Wo der Heilige Geist ist, ist Christus gegenwärtig. Christus will in mir wohnen, in so einem morschen Körper.
Die Bedeutung der Neugeburt für alle Lebensphasen
Und jetzt ist das für uns Senioren doch eine tolle Botschaft – egal, ob wir leidende oder kranke Menschen sind. Für junge Leute ist das besonders wichtig, denn sie planen ihr Leben noch und haben große Ideen, was sie alles erreichen wollen.
Du musst Christus in dein Leben einladen. Aber wie kann man das tun? Durch Glauben und Vertrauen in Christus. Ich kann ja nicht einfach über Christus verfügen, aber er will in unser Leben kommen.
Es gibt ein schönes Wort in der Offenbarung: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn du mir die Tür öffnest, will ich bei dir einkehren und das Abendmahl mit dir feiern.“ So kommt Christus in unser Leben – in das Leben von sündigen Menschen, von Menschen mit einem bösen und unreinen Herzen, von Menschen mit einem eigenwilligen, störrischen Charakter, die in ihrem Leben viel Böses getan haben.
Das ist das größte Wunder, das geschehen kann. Deshalb sagt Paulus: Wir kennen jetzt niemanden mehr nach dem, wie er früher gelebt hat. Das interessiert uns gar nicht mehr.
Bei uns bleibt das ja ein Leben lang, von Kindertagen an, dass man sagt: „Ich weiß, wer du bist, und ich kenne dich.“ Bei Geschwistern ist das so, da hat jeder seine Rolle.
Für die Christusgemeinde ist das völlig anders. Wir schauen gar nicht mehr darauf, woher du kommst oder was du früher warst, sondern darauf, was Christus in uns bewirkt.
Die historische Kraft der Neugeburt und ihr Einfluss auf Kultur und Gesellschaft
Und jetzt muss ich Ihnen sagen: Diese große Botschaft von der Neugeburt hat so ungeheuer viel in der Weltgeschichte verändert, dass es einem die Sprache verschlägt.
Wissen Sie, die alten Germanen waren wilde Kerle, Totschläger, die an den Wodan geglaubt haben. Doch das Evangelium hat Menschen so umgeformt, dass aus kriegerischen Leuten Persönlichkeiten wie Albrecht Dürer, Georg Friedrich Händel und Johann Sebastian Bach hervorgehen konnten.
Auch die Werke der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe, die entstanden sind, waren nur durch die Neugeburt möglich, die Christus schafft.
Es ist tragisch, wenn es heute Christen gibt, die gar nicht von diesem entscheidenden Wunder sprechen. Denn über die Neugeburt können wir nicht verfügen. Sie muss Christus in uns bewirken – die Neugeburt, die unser Leben wirklich total verändert.
Das Zeugnis der kappadozischen Christen bei den Goten
Ganz am Anfang: Wer waren die ersten dieser wilden, kriegerischen Goten, die zum Glauben an Christus kamen? Diese Goten hinterließen auf der Völkerwanderung ihre Blutspur und eroberten viele Gebiete. Es waren Christen aus Kleinasien, die man kappadokische Christen nennt, die gefangen genommen wurden.
Diese kappadokischen Christen wurden von den Germanen, den Goten, in einem Gefangenenlager bewacht. Dort heißt es: Sie machten ihre Herren zu Brüdern. Die Gefangenen strahlten eine solche Liebe aus, dass die Goten, trotz ihrer Waffen und Eroberungsfeldzüge, aufmerksam wurden. Sie fragten sich: Was ist das mit diesen Gefangenen?
Die Gefangenen bekehrten ihre Wachsoldaten durch das Zeugnis der Liebe. Das ist das Allerinteressanteste. So begann es bei den Goten, dass der neue Geist Raum griff.
Heute, wo wir so viele enttäuschende Dinge in der Christenheit erleben, die uns selbst Abscheu erregen, muss umso mehr nötig sein, dass Christus in unserem Leben Raum gewinnt. Unsere Christenheit stinkt weithin gen Himmel, weil es oft kein echt gelebter Glaube mehr ist. Deshalb muss Christus in unserem Leben das Neue schaffen können.
Denn das ist merkwürdig: Man kann das neue Leben zwar nachäffen und sagen, das will ich auch so leben. Doch wenn es nicht von innen herauskommt, merkt man sofort, dass es Heuchelei ist – ein gespieltes Theater, das nicht echt ist.
Zeugnis aus der Justizvollzugsanstalt Heimsheim
Darf ich ein Beispiel geben? Wenn Sie mit der Autobahn von Karlsruhe nach Stuttgart fahren, heißt es immer: „Der Stau bei Heimsheim, Baustelle.“ Gleich hinter dem Wäldchen an der Ausfahrt von Heimsheim liegt eine große Justizvollzugsanstalt. In Heimsheim sitzen 450 Männer, viele davon lebenslänglich.
Dieser Ort ist meiner Frau und mir sehr lieb geworden, denn dort findet mittwochs nachmittags immer die Bibelstunde vom Schwarzen Kreuz statt. Mein Bruder Rolf nimmt auch daran teil. Er ist Notar aus Schrutesheim und hat die Bibelstunde mit 75 Jahren begonnen. Man sagt, wenn man so alt ist, sollte man nicht mehr mitmachen – doch inzwischen sind viele andere ebenfalls dabei. Auch Ernst Vater nimmt teil. Oft versammeln sich 30 bis 50 Männer, darunter eine ganze Reihe von Mördern.
Wenn man dort ist, ist es auf einmal sehr bewegend zu sehen, wie Menschen das neue Leben ergriffen haben. Wenn sie erzählen, wie ihr früheres Leben aussah, möchte ich manchmal gar nicht mehr zuhören, so schrecklich sind die Geschichten. Oft bewegt es einen auch, weil man denkt, dass es einen selbst vielleicht auch getroffen hätte, wenn man so aufgewachsen wäre. Viele sind auf tragische Weise in diese Situation geraten.
Ein Mann, der mir besonders aufgefallen ist und mich sogar noch mit Vornamen aus meiner Heimat im Stuttgarter Westen kannte, hatte eine Insolvenz in seinem Ingenieurbüro. Danach kam die Prüfung durch das Finanzamt. Schließlich wollte er seinem Leben ein Ende setzen. Zuerst vergiftete er seinen Sohn, dann sich selbst. Doch man konnte ihn retten. Jetzt sitzt er bis zum Alter von 75 Jahren in Heimsheim.
Verstehen Sie die Tragik des Lebens? Aber das Wunderbare daran ist: Ich kann Ihnen sagen, ich wollte alle jungen Leute mitnehmen. Dort wird nicht viel geredet über das Gute. Jeder sagt: „Ich bin schuld, dass ich hier sitze.“ Das sieht jeder ein. Es sind schlimme Dinge passiert. Aber es gibt einen Hunger nach dem, was Jesus Neues tut.
Die Kraft des Wortes Gottes und die Neugeburt durch den Samen des Wortes
Wie ich neulich dort war, habe ich mit Ihnen die Geschichte von dem Gichtbrüchigen gelesen. Eine interessante Gefängnisverwaltung darf eigentlich gar nicht zulassen, dass mehr als zehn Gefangene auf einem Haufen sind. Wenn man dann Angst hat, es könnte eine Geiselnahme geben, genehmigt die Gefängnisverwaltung das trotzdem, weil sie so getroffen sind. Das zeigt, welche Wandlung dort passiert.
Nebendran führt der Gefängnispfarrer in einem anderen Raum drei psychologische Trainingskurse durch. Aber das Evangelium vom schwarzen Kreuz ist das einzige Heilmittel, das eine wirkliche Erneuerung im Menschen bewirkt – eine christliche Erneuerung.
Wir haben die Geschichte vom Gichtbrüchigen gelesen, und gleich danach, als wir kaum fertig waren, sagt er: „Warum macht Jesus das bei uns nicht? Vergebung.“ Wissen Sie, dieser Hunger nach Veränderung im Leben. Dann sagt er, Jesus macht es genauso wie bei dem Gichtbrüchigen, den Sie da unten auf der Matratze liegen sahen: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Das ist wie ein Wegwaschen.
Und jetzt kommt das Zweite: Du musst Jesus in dein Leben aufnehmen. Wie kann man das tun? Da gebraucht Petrus in seinem Brief eine andere Wendung: „Wir sind neugeboren durch den Samen des Wortes Gottes.“ (1. Petrus 1,23). Aha, wissen Sie, was Wasser und Geist oder Samen des Wortes Gottes bedeutet? Ja, es gehört alles zusammen. Der Geist Gottes ist im Wort Gottes enthalten. Wenn ich im Wort Gottes lese und dann bete: „Herr, komm in mir wohnen, lass mein Herz auf Erden dir ein Heiligtum sein“, dann wird das lebendig.
Dann bete ich weiter: „Herr, komm, regiere du mich, lass deinen Geist mich täglich treiben“ – das heißt, im anderen Lied, oder im Lied, gehe ich mit meinem Herzen auf die Suche nach Freude und sage: „Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir ein guter Baum werde, und lass mich Wurzeln treiben.“ Das war schon einer meiner Geschwister aus dem Morgengebet bei der Morgenandacht.
Herrlich, wenn man solche Verse auch im Alter noch beten und umso mehr einüben kann: „Herr, jetzt komm du zu mir!“
Trost und Hoffnung in schweren Lebenslagen
Wie wir jetzt auf dieser Reise in der Ostsee unterwegs waren, war ein Mann dabei. Ich habe ihm gestern schon erzählt, dass er Zungenkrebs hat. Aber viel schlimmer war, dass seine Frau vor sieben Jahren gestorben ist.
Wie verkraftet man das überhaupt? Wenn ich so darüber nachdenke, wie eine Ehe in die Tiefe geht, sagt er, wenn die Trauer hochkommt, ist das so furchtbar, als würde das Bein unter einem wegstürzen. Aber Jesus war so gnädig. Kaum hatte die Trauer angefangen, stand er mir so groß vor Augen, dass die Trauer sich gar nicht entfalten konnte.
Es ist wunderbar, wenn der Herr so in einem regiert, dass auch die Trauergefühle und der Schmerz überwunden werden. Es ist gut, dass wir dann auch in solchen Augenblicken wieder das Wort Gottes lesen. Wir haben unsere Bibel schon mit Worten Gottes angestrichen. Darum ist das entscheidend.
Paulus sagt: Ist jemand in Christus, dann ist er eine neue Kreatur oder eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden (2. Korinther 5,17). Das Alte kommt immer wieder, wie die Trauer. Auch unser böses Wesen kommt immer wieder zum Vorschein. Aber Christus will seine Gegenwart und seine Nähe so stark machen.
Das brauchen wir Senioren ganz besonders, um nicht in der Schwermut des Alters zu versinken, um nicht in der Bitterkeit zu verharren, um uns nicht von der Trauer überwältigen zu lassen und auch nicht dauernd nur um uns selbst zu kreisen – um unsere Leiden und Schmerzen. Sondern um wieder den Blick in die Weite des Christusleibes, der Herrschaft Gottes in aller Welt, zu sehen.
Man soll sagen: Mensch, da geschieht doch so viel! Und ein Interesse haben, was um uns herum geschieht und was Gott noch in diesen Tagen vorhat. Das finde ich ganz wunderbar, wenn man sich von Christus den Blick so weiten lässt auf die große Weite seines Wirkens.
Die Bedeutung des Verbleibs in Christus und die Kraft der Gemeinschaft
Der Vers 17 ist ganz entscheidend: „Ist jemand in Christus?“
Es ist sehr wichtig, dass wir einander helfen, in Christus zu bleiben – auch dann, wenn die großen Erschütterungen unseres Lebens kommen. Mir waren dabei immer wieder die Lieder eine große Hilfe. Sicher schätzen Sie das auch, wenn der Glaube noch einmal in Liedern zusammengefasst wird.
Wir finden es einfach beeindruckend, wenn es heißt: „In dir ist Freude in allem Leide. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd’ oder Tod. Du hast ein Hemd, kannst alles wenden.“
Wenn man solche Lieder noch anstimmen kann, ist das eine große Stärkung. Und wenn es einmal nicht mehr möglich ist, braucht man Freunde in der Nähe, die einem diese Worte zurufen und sagen: Das ist die Wirklichkeit der neuen Kreatur.
Plötzlich merkt man: „Das habe ich mir nicht nur eingeredet.“ Es ist kein Placebo, das man einfach schluckt und als Scheintablette abtut, sondern es ist wirklich wahr, dass er uns trägt – auch in einem Leben, das zerbricht, das seine Risse hat und schon schwach wird.
Ich darf diese Erfahrung machen. Sie kommt von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt.
Die Herausforderung, nicht nur das Äussere zu sehen
Die ersten Verse sind ein bisschen schwierig, wenn man sie so schnell liest. Paulus will einfach sagen: Ihr Korinther, schaut doch nicht nur auf das Äußere. Lasst euch nicht so sehr vom Emotionalen beeinflussen. Das ist ja bei uns allen so.
Heute spielt das auch in unseren Gottesdiensten eine große Rolle. Äußerlich sieht alles gut und schön aus. Aber du musst auf das Innere achten. Ich habe viele alte Menschen erlebt, die mich tief beeindruckt haben, weil man dieses Christusleben an ihnen so deutlich beobachten konnte. Sie hatten ein wunderbares Zeugnis der Freude mitten im Leid. Da ging etwas Besonderes von ihnen aus.
Und noch einmal: Die jungen Leute waren fasziniert. Sie waren nie langweilige Christen, die nur geredet haben. Stattdessen konnten sie etwas mitteilen, das das Leben wertvoll macht. Junge Menschen sind gern dorthin gegangen, weil dort etwas los war. So bekommt man die Weite der Christusherrschaft mit. Das ist ansteckend und auch ermutigend, weil dieses neue Leben auseinandergeht.
Paulus sagt, es ist gar nicht wichtig, was wir nach dem Fleisch waren und wie er uns beurteilt. Hauptsache ist, dass wir vor Gott offenbar sind. Wir wollen niemals in die Sünde einwilligen, obwohl das immer wieder vorkommt. Da sind wir kriesgrämig, launisch und haben unsere Eitelkeiten. Uns stört, was andere über uns sagen.
Pause!
Schaut nicht mehr nach dem Alten, sondern auf das neue Innere. Löst euch vom Alten! Ich finde es auch wunderbar, wenn wir einander Seelsorge tun. Dabei können wir uns vorsichtig sagen: „Du, das ist nicht gut.“ Wenn wir dauernd nur negativ reden, alles runtermachen und uns ständig beklagen, darf das zwar sein, aber irgendwann muss Schluss sein.
Das kann sonst fast krankhaft werden, wenn wir immer nur in dieser negativen Stimmung bleiben.
Die Liebe Christi als treibende Kraft
Und dann sagt Paulus noch etwas Schönes: Die Liebe, Vers 14, die Liebe von Christus drängt uns, die drängt uns.
Da stehen jetzt ja die großen Windräder in der Landschaft. Also sehr schön sehen sie nicht aus. Man wird sicher einmal denken und sagen, das war auch nicht das Beste für den Umweltschutz, dass man überall diese Riesentürme baut mit den Riesenpropellern.
Aber eines will ich Ihnen an diesen Propellern bloß klar machen: Wenn da der Wind hineinbläst, dann ist da eine ungeheure Energie am Wirken. Und erst an der Nordsee, wenn man da diese Rotoren richtig hineinbläst, und uns sagt Paulus: So musst du dich treiben lassen, wie der Wind das macht, treiben lassen von der Liebe des Christus.
Was ist das? Dich daran freuen, dass Jesus dich lieb hat. Ach, wie bewegend ist es, wenn man an der alten Schuld wieder zu Christus kommt und seine Vergebung erfährt. Er hat mich so lieb, er hat mich so lieb. Die Liebe Christi, die ist so wunderbar. Oft denken wir gar nicht daran, wie viel Liebe er an uns gewandt hat, wie oft er uns umgeben hat.
Und er hat noch eine viel größere Liebe: Er liebt uns in der Schuld, in der Verlorenheit, in der Gottlosigkeit. Er liebt uns. Niemand, kein Mensch liebt wie Christus. Christus liebt einen verkommenen, schmutzigen Menschen, liebt ihn einfach.
Wie hat Jesus seine versagenden Jünger, die ihn enttäuschten, bis zum Ende geliebt? Und diese Liebe muss man in sich aufnehmen. Wie hat er mich so lieb! Sie können das bloß lernen am Gleichnis vom verlorenen Sohn: Wie er mich lieb hat, dass er den lumpigen Sohn in die Arme nimmt. Ganz, ganz groß, über dieses Wunder: Er hat mich angenommen.
Die Überwindung von Vorurteilen durch die Liebe Christi
Wenn die Liebe von Christus uns antreibt, dann werden Rassenschranken überwunden. Dann empfinden wir keinen Ekel mehr, wie wir es sonst von Natur aus hätten. Plötzlich können wir Menschen lieben, die uns ganz unsympathisch sind.
Wir waren kürzlich in Russland, in St. Petersburg. Dort habe ich unseren Reiseteilnehmern die Geschichte erzählt, wie die Evangeliumsbewegung in Russland aufbrach. Es begann zuerst mit der Bibelgesellschaft im Jahr 1812. Danach folgte eine große Verfolgung aller Menschen, die mit der Bibel lebten und Jesus nachfolgten.
Bei den deutschen Siedlern in der Gegend um Odessa geschah etwas Besonderes. Sie hatten ihre Bibelstunden, die man in Russland „Stunden“ nennt – ein Fremdwort in der russischen Sprache. Diese Menschen wurden dann „Stundisten“ genannt, also Stundenleute.
Ukrainische Landarbeiter fragten ihre Bauern, was diese jeden Sonntagmittag machten. Die Antwort war: „Wir lesen Bibel.“ Daraufhin fragten sie, ob sie mitkommen dürften. Man erlaubte es ihnen, und einige kamen so zum Glauben.
Ein Ukrainer namens Raboschabka, der Getreide zur Mühle in Odessa bringen musste, traf dort den deutschen Schmied Carlo. Raboschabka sagte zu ihm: „Ich glaube jetzt auch an Jesus.“ Carlo fragte: „Bist du neugeboren?“ Es ging dabei nicht mehr nur um ein Gefühl, Christus zu glauben. Was bedeutet das Neugeborenwerden?
Sie setzten sich auf die Treppe der Mühle und lasen zusammen Johannes 3, wo es heißt, man müsse neu geboren werden. Herr Raboschabka nahm Christus als seinen Herrn an, gab sein altes Ich auf und wurde einer der brennendsten Evangelisten Russlands.
Er brauchte nicht viel – damals gab es noch keine Zahnbürsten. Er steckte seine Bibel in den Stiefelschaft, denn die Stiefel waren sehr hoch, und zog von Dorf zu Dorf. Dabei wurde er von der Polizei verfolgt und gejagt. Das war im 19. Jahrhundert die große Evangeliumsbewegung in Südrussland.
In St. Petersburg geschah Ähnliches. Dort entstand eine Liebe zum Menschen, die auch die hohen Adelskreise erfasste. Eine Generalgattin, die zwei Kinder durch den Tod verloren hatte, war in Paris unterwegs. Sie suchte Trost in der ganzen Welt und traf dort einen alten, hohen Militär, einen englischen Lord, der im Krimkrieg schwer krank war und zum Glauben gekommen war.
Dieser Lord Redstock betete immer: „Herr, ich würde so gern nach Russland gehen und das Evangelium voranbringen.“ Obwohl er nie Russisch sprach, berührte der Trost des Evangeliums diese Generalgattin so sehr, dass sie ihn nach St. Petersburg einlud.
Dort waren die großen Gesellschaftskreise versammelt. Lord Redstock nahm sein Testament und predigte ganz schlicht. Er gehörte zu den offenen Brüdern, zur Brüderversammlung. Viele kamen zum Glauben an Jesus.
Unter ihnen war Oberst Paschko, der Leiter der zaristischen Kavallerie und einer der reichsten Männer Russlands mit riesigen Bergwerken in Sibirien. Zuerst wollte er nicht glauben. Seine Frau veranstaltete ein Festival zu Hause, bei dem er aus Höflichkeit dabei sein musste. Dort sagte Lord Redstock: „Jetzt knien wir alle nieder!“ Paschko war überrascht, aber sie knieten nieder. Er betete ein Übergabebekenntnis und kam zum Glauben an Jesus.
Interessanterweise spürten die anderen, die nicht gläubig waren, bald eine Veränderung. Sie sagten: „Wenn du zum Graf Bobrinsky gehst, dem Verkehrsminister beim Zaren, dann stinkt es nach Mist.“ Warum? Weil von den ersten Tagen an in ihre Salons die Bibelstunden, die „Staltnächte“, mit hineingenommen wurden. Die Liebe Christi verband sie, und es gab keine Standesunterschiede mehr.
Die zaristische Regierung unterdrückte diese friedliche Revolution des Evangeliums mit brachialer Gewalt. Sie wies alle führenden Leute aus. Graf Korff lebte dann in Deutschland. Alle mussten gehen.
In der Revolution kam dann etwas anderes. Wenn damals eine echte Revolution der Liebe passiert wäre, bei der sich die Stände verbündet hätten und die Liebe Christi für die Armen und Unterdrückten spürbar geworden wäre, dann hätte sich vieles verändert.
Die zaristische Polizei griff erst zu, als die Adelskreise in Moskau die Brüder aus der Ukraine zu einer gemeinsamen Glaubenskonferenz eingeladen hatten. Es wurde gefährlich, und die Bewegung wurde zerschlagen.
Diese Bewegung durchlief viel Not. Es gab zaristische Verfolgung, viele Gläubige saßen in Straflagern bis zur kommunistischen Revolution. Sie waren an Schubkarren angekettet, allein wegen ihres Glaubens an das Evangelium.
Doch sie gingen diesen Weg weiter, weil die Liebe Christi sie trieb. Wir erleben es an der lebenden kommunistischen Verfolgung, wie diese Christen weitermachten. In der Liebe ertrugen sie alles, vergaben ihren Verfolgern und lebten nur die Liebe.
Das ist so entscheidend wichtig: Die Liebe von Christus treibt uns.
Zeugnis aus Indonesien und Nordnigeria: Liebe als Kraft zur Versöhnung
In Tassig, etwa hundert Kilometer von Bandung entfernt, wurden vor letztem Weihnachten über hundert chinesische Geschäfte und mehrere Kirchen zerstört. Die Anführerin der Banden, eine junge Muslimin, wurde von der Polizei verhaftet und einige Monate später vor Gericht gestellt.
Einige Christen aus dem Ort besuchten sie in der Gefängniszelle. Bei der Gerichtsverhandlung wurde einer der Pfarrer als Zeuge geladen, weil er die Zerstörung seiner Kirche beobachtet hatte. Nach seiner Aussage fragte der Richter, welche Strafe er und die Gemeinde für die Anführer forderten.
Er antwortete: „Wir als Gemeinde haben ihr und den anderen zweitausend Zerstörern im Namen unseres Herrn Jesus Christus vergeben. Wir bitten, wenn von Rechts wegen eine Strafe sein muss, dass sie so gering wie möglich ausfällt.“
Noch im Gerichtssaal legte die Angeklagte ihren islamischen Schleier ab. Sie bekehrte sich eindeutig zum Herrn, weil sie tief beeindruckt war von dem Handeln der Christen. Als sie dann aus dem Gefängnis entlassen wurde, ließ sie sich taufen. Das ist unser Zeugnis.
Auch heute, in Nordnigeria, wo so schreckliche Morde geschehen – etwa zehntausend Christen sind dort bereits ums Leben gekommen – wird die Scharia eingeführt. Laufend werden Kirchen abgebrannt. In Indonesien wird jede Nacht eine christliche Kirche angezündet.
Und immer wieder sagen sie: Betet für uns, dass wir uns nicht rächen. Denn das größte Zeugnis ist die Liebe, die wir unseren Verfolgern entgegenbringen. Das bringt Muslime zum Staunen.
Das können wir aus unserer Natur heraus nicht. Wir sind alle Menschen, die normalerweise zurückschlagen. Aber die Liebe Christi drängt uns dazu. Und das brauchen wir im Alter erst recht, damit dieses neue Christusleben wachsen und gedeihen kann.
Die wahre Versöhnung durch Christus
Aber jetzt haben wir noch einen Punkt nicht behandelt, nämlich das Wort von der Versöhnung. In der Welt spricht man überall von Versöhnung. Doch es gibt eigentlich gar keine echte Versöhnung. Wie soll es denn eine Versöhnung geben? Denken Sie etwa, dass der Busch zu den Taliban gehen kann und sagt: „Wir wollen uns versöhnen.“ Das wird doch nur als Schwäche ausgelegt. Das funktioniert einfach nicht. In der Politik ist Versöhnung kaum möglich.
Gott aber hat Versöhnung geschaffen, und man muss das wirklich sehen. Diese Versöhnung ist so groß, dass es sie in der Welt nicht wirklich gibt. Wir fragen uns oft: Warum braucht Gott Versöhnung? Die Antwort ist: Weil die Schuld bis zum Himmel schreit. Wir spüren doch auch die große Last zwischen uns und dem Volk Israel. Dort sind schreckliche Dinge passiert, die man nicht einfach auslöschen kann. Wie soll da Versöhnung möglich sein?
Dann heißt es oft: Vergeben kann ich, aber vergessen? Doch auch vergessen muss man können. Wie geht das? In der Missionsgeschichte war es immer so, dass die ersten, die gläubig wurden, über die Passionsgeschichte zum Glauben an Christus kamen. Zum Beispiel die Eskimos, ein sehr schwieriges Missionsgebiet bei Herrn Ruder. Wenn sie in den Iglus lebten, stank es jämmerlich. Die Felle wurden in Urin gedrückt, und es gab keine Lüftung. Unvorstellbar auch, was sie gegessen haben, und sie wuschen sich den ganzen Winter über nicht.
Die Missionare lebten jahrelang unter diesen widrigen Umständen und hatten ein hartes Herz. Ein Missionar namens Bekter, Herr Huter, erzählte einem Eskimo von Jesu Gebetskampf in Gethsemane. Der Eskimo bat: „Lesen wir es nochmal, lesen wir es nochmal.“ Und dann liefen ihm die Tränen herunter. Jesus hat für mich gelitten. So merkt man: Es war gar nicht anders möglich, Schuld zu vergeben.
Man kann Schuld nicht einfach wegwischen. So wie in dem Gefängnis in Heimstein, wenn jemand sagt: „Ich will auch Vergebung.“ Wie soll das möglich sein? Wenn jemand ein Menschenleben ausgelöscht hat, wie kann da Vergebung geschehen? Das ist nur möglich, weil der ewige Gott eine Versöhnung stiftet.
Wir wissen doch, wie das ist, wenn wir von schrecklichen Verbrechen hören: Das muss doch gesühnt werden. Es gibt nur eine Antwort: Jesus hat die ganze Not meines schuldig gewordenen Lebens gebüßt. Auch das, was ich an Schuld versäumt habe, meine Eltern, die heimlichen Dinge, über die ich nie mit jemand anderem sprechen will – all das ist gesühnt.
Christus hat uns zu Botschaftern seiner Versöhnung gemacht, damit wir sie verkünden. Doch viele sagen: „Ich brauche das nicht. Ich habe mir doch nichts vorzuwerfen.“ Und dann bricht es plötzlich heraus, wenn jemand fragt: „Wie werde ich von meiner alten Last frei?“ Wir betrügen uns oft selbst. Wir wollen gut sein und versuchen, mit ein paar guten Seiten das zu bedecken, was uns belastet.
Christus hat unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet. Der Apostel Paulus hat das erlebt; er war an der Ermordung von Stephanus beteiligt. Doch Christus hat ihm seine ganze Liebe und Vergebung geschenkt. Deshalb war es für Paulus das Größte, das Kreuz von Christus in Rom zu predigen, obwohl die Leute das für eine Dummheit hielten.
Dieses Wort hat eine Kraft, weil es Hass, Bitterkeit und Fronten dieser Welt überwindet. Wissen Sie, dass wir als Senioren dieses Wort von der Versöhnung ganz besonders brauchen? Wir wollen helfen, dass keine Bitterkeit mehr in unserem Leben bleibt – auch nicht dort, wo andere sich an uns versündigen.
Was höre ich oft bei Trauergesprächen? Was der Arzt alles versäumt hat, was die Pfleger schlecht gemacht haben, welche ärztlichen Kunstfehler passiert sind. Leute, legt das doch ab unter die Versöhnung Christi. Du weißt das alles, aber du willst es nicht weiterverfolgen. Du willst nicht auf deinen Kindern herumhacken, die dich nicht bei sich aufgenommen haben. Der Herr hat sie geführt.
Wir sind Botschafter der Versöhnung Jesu, und so bitten wir nun: Lasst euch versöhnen mit Gott! Manche sagen mir: Wie soll das denn geben, eine Stellvertretung? Es muss doch immer der bezahlen, der es verbrochen hat. Es ist wunderbar, dass Gott eine andere Ordnung eingeführt hat.
Ich kenne das Prinzip der Stellvertretung gut. Da lädt mich ein Mann mit dickem Geldbeutel in ein schönes Restaurant ein, und am Ende sagt er: „Ich bezahle.“ Super, der andere bezahlt für mich. So macht es Jesus: Er bezahlt für meine Schuld, und ich darf das akzeptieren und sagen: Alles vergeben, alles vergessen.
Es wird am Jüngsten Tag nicht mehr herausgeholt, auch nicht am Richterstuhl Christi. Was vergeben ist, ist vergeben. Wenn Sie keinen Frieden finden, gehen Sie zur Seelsorge. Und wenn Sie neurotisch sind, dürfen Sie es auch fünfmal tun, aber dann reicht es. Dann noch sechsmal umzugehen, ist nicht nötig. Es ist vergeben und vergessen, und ich brauche es nicht noch einmal vorzuholen. Ich will die Gnade von Jesus rühmen.
Als junge Leute haben wir gern das Lied gesungen: „Alles hat er mir erlassen, alles, kaum kann ich es fassen. Er hat meine Schuld getragen und ausgelöscht.“ Das ist die große Botschaft.
Darum gibt es Versöhnung – auch dort, wo ganz Schlimmes zwischen den Völkern geschehen ist. Die Liebe von Christus treibt uns an. Was haben wir da erlebt an Liebe von Menschen, die uns die Hand entgegengestreckt haben, und dass wir das heute wieder tun dürfen.
Wir Christen können nirgendwo in einer unversöhnten Haltung bleiben. Das darf nicht geschehen. Darf ich noch einmal sagen: Es ist ganz schlimm, was ich in der Gemeinde erlebt habe, wenn Leute sagen: „Das sitzt zu tief, das kann nicht mehr vergeben werden.“ Sie belassen sich selbst darin, sie bleiben darin gefangen.
Die Botschaft von der Versöhnung ist der wichtige Punkt: dass ich zum Glauben kommen kann und dann aus der Fülle Christi lebe. Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Und was ich im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich hingegeben hat.