Ich glaube, ich habe das in der Einleitung schon einmal erwähnt. Wenn ich den Epheserbrief lese, kommt mir immer wieder ein Gedanke, der mir beim Nachdenken über die Epheser in den Sinn kommt. Es ist immer schwer, diese Situation eins zu eins auf uns zu übertragen.
Ein Gedanke, der mir dabei immer wieder begegnet, stammt von Peter König und seiner Erzählung über Tadschikistan. Dort gab es vor einigen Jahren, vielleicht ein, zwei oder sogar drei Jahrzehnte zurück, einige deutschsprachige Gemeinden. Diese entstanden, weil verschiedene Deutsche, die früher irgendwo im großen ostdeutschen Raum lebten, im sowjetischen Raum umgesiedelt wurden. Einige von ihnen blieben dort, einige waren gläubig, und es bildeten sich Gemeinden.
Neben den deutschsprachigen Gemeinden gab es auch einige russischsprachige Gemeinden. Wie gesagt, es war die Sowjetunion, und dort lebten viele Russen. Auch unter ihnen gab es Gläubige, und es existierten einige Gemeinden.
In den deutschen Gemeinden war es wahrscheinlich nicht so, aber ab und zu bekehrte sich ein Tadschike, aus welchen Gründen auch immer. Da es keine tadschikischsprachigen Gemeinden im eigentlichen Sinn gab, blieb ihnen nichts anderes übrig, als normalerweise nicht in eine deutschsprachige, sondern in eine russischsprachige Gemeinde zu gehen.
Diese Menschen kamen also in diese Gemeinden. Bis zu einem gewissen Grad können wir uns vorstellen, wie es ihnen dabei ging: Fühlt man sich nicht immer als Fremder? Es war nicht ihre Sprache, in der dort gepredigt und gebetet wurde. Es war eine Sprache, die sie einigermaßen beherrschten, notgedrungen, weil sie in der Sowjetunion lebten. Aber es war nicht ihre Sprache, nicht ihre Kultur.
Ich vermute, sie hatten ab und zu das Gefühl, vielleicht sei es nicht ihr Gott. Sie fühlten sich als Gäste in diesen Gemeinden und vielleicht manchmal tief im Inneren auch als Gäste bei diesem Gott.
Fremdheitserfahrungen in der Gemeinde
Vielleicht geht es dem einen oder anderen ehemaligen Moslem aus dem Iran, aus Syrien oder aus dem Irak, der sich in diesem Land bekehrt hat oder noch bekehren will, ähnlich. Er kommt in eine deutschsprachige Gemeinde mit deutscher Kultur. Ab und zu wird mal ein englisches Lied gesungen, aber das ist ja auch nicht viel ähnlicher zum Persischen. Manchmal haben auch diese Geschwister, glaube ich, den Eindruck, bei einem Deutschen oder zumindest bei einem westlichen Gott zu Gast zu sein.
Das Gefühl ist einfach: Ich komme dahin, ich habe mich bekehrt, und das Gefühl ist, die anderen waren doch irgendwie schon immer Christen, oder? Irgendwie. Und ich bin da so reingekommen. Alles ist so fremd und fühlt sich fremd an.
Wenn wir zurückgehen zu den Ephesern, war das Problem natürlich noch ein bisschen größer. Nicht, dass sie sich noch fremder fühlten, das weiß ich gar nicht. Aber es war ja nicht nur anders, wenn sie in Gemeinden kamen, die hauptsächlich von ehemaligen Juden dominiert wurden. Dann war es ja nicht nur eine andere Sprache – das war es wahrscheinlich noch nicht einmal, denn wahrscheinlich haben sie alles auf Griechisch gemacht, zumindest in Ephesus.
Es war schon eine andere Kultur, aber es war letzten Endes auch eine andere Geschichte. Und zwar nicht irgendeine andere Geschichte, sondern es war wirklich die Geschichte Gottes, die dieses Volk hinter sich hatte. Es war ihnen ja noch viel schwerer auszureden, dass sie da genauso zu Hause sind. Also, sie waren noch viel schwerer davon zu überzeugen, dass sie da genauso zu Hause sind wie die Juden, die schon immer von ihrer Geschichte und von ihrer Familie her diesen Gott kannten und ihm folgten.
Ich glaube, sie hatten oft das Gefühl, bei dem Gott Israels zu Gast zu sein. Na ja, es ist nicht unser Problem, gar. Stimmt! Obwohl ich nicht weiß, ob die von euch, die nicht in einer christlichen Gemeinde aufgewachsen sind, weil ihre Eltern da schon waren und ihre Großeltern und Urgroßeltern, sich nicht der eine oder andere auch am Anfang so ein bisschen fremd gefühlt hat.
Ach, erleg mal, du sitzt da zusammen, gell, am Sonntag mit, keine Ahnung, hundertzwanzig Leuten. Du bist der Einzige, der die Lieder nicht kennt, die da gesungen werden. Als Wanderer ist es mühsam, sie zu kennen. Da kann man sich leicht schon so ein bisschen fremd fühlen.
Die Frage ist immer: Hast du dich fremd gefühlt? Und wie lange hat dieses Gefühl angehalten? Wann hat man den Eindruck, angekommen zu sein, dazu zu gehören?
Gott möchte so gerne, dass wir wissen, dass wir dazugehören. Und vieles hier in dem Abschnitt, den wir heute im Epheserbrief behandeln, geht darum, Überzeugungsarbeit zu leisten, dass wir wirklich dazugehören.
Ich meine, ich stelle mir das schlimm vor, in eine Gemeinde zu kommen, gerade als Neubekehrter, in der alle schon in der vierten Generation in dieser Gemeinde sind und man nicht der Erste ist, der seit zwölf Jahren überhaupt von außen dazugekommen ist. Aber ja, je älter diese Gemeinde wird, umso größer ist die Chance, dass Menschen etwas Ähnliches hier auch erleben.
Die Herausforderung der Zugehörigkeit in der Gemeinde
Okay, aber selbst wenn das nicht dein Problem ist, weil du selbst schon in der vierten Generation gläubig bist, glaube trotzdem, dass Paulus es verwendet, was Gott verwendet, um uns am Beispiel der Epheser wirklich wichtige Dinge zu sagen.
Bevor wir diesen Abschnitt aus dem Epheserbrief genauer anschauen, möchte ich einen Vers aus dem Kolosserbrief lesen. Wir werden heute die Verse 11 bis 22 von Kapitel 2 betrachten. Zuerst die Verse 11 bis 18, da dieser Abschnitt bis zu einem gewissen Grad zusammengehört, und dann die Verse 19 bis 22.
Die Verse 11 bis 18 sind eigentlich eine Ausführung dessen, was Paulus in einem Vers im Kolosserbrief prägnant zusammenfasst. Es heißt Kolosser 1,21: „Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches.“
In Epheser 2,11-18 geht es um diese beiden Punkte: Ihr wart entfremdet, und ihr wart Feinde. Ihr merkt also schon, diese zwei Abschnitte, die wir haben – Verse 11 bis 18 und Verse 19 bis 22 – sind zwei Teile. Aber die Verse 11 bis 18 sind wiederum in zwei Teile gegliedert. Jetzt haben wir also schon drei.
Jemand hat mal gesagt, nicht jeder Text ist dazu geeignet, obwohl amerikanische Prediger das oft denken, in drei Hauptpunkten und in einem Reim irgendwie dargestellt zu werden. Aber heute sind drei Hauptpunkte kein Reim. Und die Hauptpunkte fangen auch nicht alle mit dem gleichen Buchstaben an.
Die innere Zerrissenheit der Epheser
Die Epheser hatten, so glaube ich, das Problem, dass sie zwar in der Gemeinde waren, sich aber oft innerlich mehr mit ihrem früheren Leben verbunden fühlten. Das betraf den Umgang miteinander, das, was sie getan hatten, wie sie sich selbst wahrnahmen und wie andere sie sahen. Sie fühlten sich emotional stärker mit ihrem früheren Leben in der Gesellschaft verbunden als mit dem Leben und der Gemeinschaft, die sie in der Gemeinde erlebten – zumindest für eine lange Zeit.
Deshalb schreibt Paulus solche Dinge wie in Epheser 1,3: „Ihr seid gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern.“ Warum betet er solche Dinge wie in Epheser 1,17-18? Er bittet darum, dass sie „erleuchtet an den Augen ihres Herzens wissen, was die Hoffnung ihrer Berufung ist und welches der Reichtum der Herrlichkeit ihres Erbes“ ist.
Paulus möchte unbedingt, dass sie verstehen, dass sie hundertprozentig gewollt sind und hundertprozentig dazugehören. Dass das ihr Zuhause ist. Gleichzeitig versteht er aber auch, wie sie sich fühlen. Obwohl er selbst nicht aus diesem Hintergrund stammt, hat er viel mit Menschen aus nichtjüdischem Hintergrund gearbeitet. Viele von ihnen sind durch ihn gläubig geworden, und er hat sie in den ersten Jahren ihres Glaubenslebens begleitet.
Ich glaube, er hat inzwischen ein sehr feines Gespür dafür, wie diese Menschen sich fühlen. Viele von ihnen waren, wie wir aus der Apostelgeschichte wissen, nicht nur in Ephesus, sondern auch in vielen anderen Städten und Gemeinden, die gegründet wurden, schon vor ihrer Bekehrung in den Synagogen gewesen.
Das können wir gut verstehen. Kindern kann man Geschichten von Zeus, Apollo und anderen Göttern erzählen. Aber welcher erwachsene, denkende Mensch glaubt an eine Gruppe von verfeindeten Göttern auf einem Berg in Südgriechenland? Viele, die ernsthaft suchten, waren auf der Suche nach einem wahren Gott. Einige von ihnen landeten in den Synagogen, um sich mit dem Gott Israels zu beschäftigen.
Doch genau dort begann das Gefühl, fremd zu sein. Sie fühlten sich wie Gäste, und wahrscheinlich wurden sie auch oft so behandelt.
Vom Fremdsein zur Nähe in Christus
In den Versen 11 bis 13, wo es um Fremdheit geht, beschreibt Paulus dies, wie er es oft tut, mit einem „damals und jetzt“. Wie war das damals? Wie ist es jetzt?
Vers 11 beginnt er mit dem Satz „Deshalb denkt daran, dass ihr...“ und spricht dann etwas zu ihnen und von ihnen. In Vers 12 beginnt er noch einmal mit „dass ihr zu jener Zeit, damals, als ihr ohne Christus wart...“. In Vers 13 heißt es: „Jetzt aber in Christus, damals, als ihr ohne Christus wart, jetzt aber in Christus.“
Das ist der Gegensatz in diesen drei Versen.
Ich weiß nicht genau, was in eurer Übersetzung steht. In meiner Übersetzung heißt es in Vers 12, dass „zu jener Zeit ohne Christus ward, entfremdet dem Bürgerrecht Israels“ und so weiter. Hier wirkt es wie eine Aufzählung: Ihr wart ohne Christus, ihr wart dem Bürgerrecht Israels entfremdet, ihr hattet keine Hoffnung.
Aber ich glaube nicht, dass diese Übersetzung gut ist, denn ohne Christus waren früher auch die Juden, die sich noch nicht bekehrt hatten. Das wäre nichts Spezielles für sie gewesen. Paulus spricht hier aber sehr speziell.
Man kann es auch so übersetzen, und ich glaube, das ist die bessere Übersetzung: „Ihr wart zu jener Zeit, als ihr ohne Christus wart, entfremdet im Bürgerrecht Israels“ und so weiter. Es war die Zeit, als sie ohne Christus waren. Jetzt aber ist die Zeit, in der sie in Christus sind.
Wie war das, als sie ohne Christus waren? Viele von ihnen waren früher ohne Christus. Manche waren gelegentlich, andere regelmäßig, je nachdem, in der Synagoge und hörten etwas vom Alten Testament. Sie hörten von dem Gott Israels, von dem Gott, der für dieses Volk Israel sein wollte. Was er ihnen verheißen hatte, was sie mit ihm erlebt hatten, welche Verheißungen er ihnen gegeben hatte – Abraham, David –, was er ihnen für die Zukunft versprochen hatte, was sie schon in ihrem Leben erlebt hatten, wie er seine Versprechen bei ihnen gehalten hatte. All das hatten sie gehört.
Aber wie war es für sie? Wie war die Realität? Wie fühlten sie sich?
In der Vergangenheit war dieses Gefühl manchmal nicht falsch. Vers 12, Anfang von Vers 11: „Deshalb denkt daran, dass ihr zu jener Zeit, als ihr ohne Christus wart, entfremdet ward dem Bürgerrecht Israels und Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt.“
So haben sie sich gefühlt, und damals war das auch die Realität. Sie empfanden, dass sie nicht zu diesem auserwählten Volk gehörten. Das war gleichbedeutend damit, dass sie ohne Gott in der Welt waren. Denn dieser Gott war der Gott Israels, und sie hatten kein Bürgerrecht in Israel. Darum waren sie ohne Gott in der Welt.
Ein schönes griechisches Wort dafür ist „Atheos“, was „ohne Gott“ bedeutet. Ein Atheist wäre jemand, der nicht an Gott glaubt. Aber Atheos heißt jemand, der Gott nicht hat. Das war ihr Gefühl: Wenn ich nicht zu Israel gehöre – und ich gehöre nicht zu Israel –, dann bin ich ohne Gott in der Welt. Denn der wahre Gott ist hauptsächlich ein Gott Israels.
Sie hatten das Empfinden, Fremdlinge zu sein in Bezug auf die Bündnisse der Verheißung. Diese Bündnisse, diese Verheißungen, diese Versprechen, die Gott diesem Volk gegeben hatte – wie gesagt, Abraham, David, ganz besonders den Priestern –, sie hatten diese Bündnisse angeboten bekommen, sie hatten diese Versprechen erhalten.
Sie sagten: „Das ist für uns fremd, da gehören wir nicht dazu.“ In diesem Satz wird das gleichgesetzt mit „keine Hoffnung habend“. Was haben wir für eine Hoffnung? Niemand macht uns solche Versprechen, niemand gibt uns diese Verheißungen. Diese Verheißungen sind nicht für uns. Das ist schon bitter.
Zweimal steht in diesem Satz „fremd“. Sie waren Fremde, und das alles war ihnen fremd. Irgendwie standen sie dem Ganzen fremd gegenüber.
Manches von diesen Dingen – ich meine, Paulus würde es nicht ansprechen, wenn es nur die Vergangenheit wäre, auch wenn er sagt, damals, als sie ohne Christus waren, war das die Realität.
Ich bin überzeugt, er geht davon aus, dass es oft immer noch Realität in ihrem Empfinden ist, obwohl sie sich bekehrt haben, obwohl sie eigentlich theoretisch wussten, dass dieser Gott jetzt ihr Gott ist und dass diese Verheißungen Gottes jetzt ihre Verheißungen sind.
Ich glaube, er würde es nicht so formulieren, wenn er nicht überzeugt wäre, dass ganz tief drin oft dieses Gefühl noch da war: dieses Gefühl, fremd zu sein, die Hoffnung auf eine ewige Zukunft, die Hoffnung Israels.
Dieser Gott ist ein Gott Israels, das Leben mit diesem Gott, das Leben, wie es diesem Gott gefällt – irgendwie ist es uns so oft fremd. Fremd im Bürgerrecht Israels.
Hier in Vers 12, Kapitel 4, Vers 18, sagt er, sie seien von der Gesellschaft, in der sie lebten und aufgewachsen sind, verfinstert im Verstand, entfremdet dem Leben Gottes.
Ja, und wir haben schon in Kolosser 1, Vers 21 gelesen: „Entfremdet und Feinde nach der Gesinnung und nach den Werken.“
Es war ja nicht nur ein Gefühl, das aus irgendeinem Grund in ihnen aufgekommen war, sondern ein Gefühl, das verstärkt wurde von manchen Juden, die aus diesem Volk Gottes waren und denen sie begegnet waren – einem Gott, den sie eigentlich gerne als ihren Gott haben wollten.
Die Bedeutung der Beschneidung und geistlichen Zugehörigkeit
Gehen wir kurz zurück zu Vers 11, den wir noch nicht gelesen haben, bis zum Einschub. Epheser 2, Vers 11:
„Deshalb denkt daran, dass ihr einst die Nationen im Fleisch wart, die Vorhaut genannt werden von der sogenannten Beschneidung, die im Fleisch mit Händen geschieht.“
Das ist das, was bei ihnen rüberkam: Ihr seid die Nationen, wir sind das Volk Gottes. Ihr seid die Vorhaut, wir sind die, die das Zeichen Gottes tragen, die beschnitten sind, die wirklich zu Gott gehören. Ich glaube, das war die Botschaft, die bei ihnen ankam.
Natürlich war es richtig. Ich meine, irdisch, historisch gesehen waren sie die Nationen und nicht Israel, oder? Und biologisch waren sie normalerweise nicht beschnitten, während die Israeliten es waren. Das war eine Realität. Aber ich glaube, wie es bei ihnen ankam, empfanden sie es oft als abfällig: „Ihr seid die Nation, ihr seid die Unbeschnittenen.“ Selbst wenn es nicht abfällig gemeint war, war es zumindest ausgrenzend.
Paulus sagt aber: Überlegt mal! Er formuliert es hier wirklich stark. „Überlegt mal“, sagt er. In welcher Beziehung seid ihr die Nation? Er sagt es sehr deutlich: Im Fleisch, also auf dieser Erde, in dieser sichtbaren Welt, gibt es diese Unterscheidung zwischen Israeliten und Nation. Im Fleisch stimmt das. Aber der Abschnitt endet mit Vers 18: „Denn durch ihn, durch Jesus, haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater.“ Im Fleisch seid ihr die Nation, das andere sind die Israeliten, aber im Geist haben Israeliten und ihr den gleichen Zugang zu Gott.
Paulus sagt: Lasst euch nicht abschrecken. Durch solche Bezeichnungen ist es nur irdisch, diese Unterscheidung ist nur irdisch. Er wird noch ein bisschen schärfer, wenn sie „Vorhaut“ oder „Unbeschnittene“ genannt werden. Er sagt: „Von wem werdet ihr so genannt? Schon hart. Von der sogenannten Beschneidung, die im Fleisch mit Händen geschieht.“ Das stellt schon sehr in Frage, von wem solche Klassifizierungen kommen.
Er führt es hier nicht weiter aus, aber eigentlich ist es in seinem Hinterkopf: Leute, es geht um eine andere Beschneidung. Er hat das im Kolosserbrief formuliert, Kolosser 2, Vers 11, in dem ihr auch beschnitten worden seid mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung, dem Ausziehen des Leibes, des Fleisches, in der Beschneidung des Christus.
Ihr werdet so genannt von Leuten, die nur im Fleisch mit Händen beschnitten worden sind. Aber wirkliche Bekehrte, wirkliche Gläubige haben eine echte Beschneidung erlebt, eine echte tiefe Bekehrung. Er sagt es den Ephesern hier nicht so ausführlich, weil er nicht zu sehr auf all diese Dinge eingehen will. Aber das ist das, was in seinem Kopf ist, wenn er sagt: „Die sogenannte Beschneidung“ nennt euch so, die mit Händen beschnitten sind, im Fleisch – zum zweiten Mal das Wort „Fleisch“ in Vers 11 im Gegensatz zu „im Geist“ in Vers 18.
Paulus möchte ihre Gefühle relativieren und das, was sie gesagt oder nonverbal rübergebracht bekommen haben, er möchte das relativieren. Ist es wirklich so? Ist es wirklich wichtig, beschnitten zu sein? Ist es wirklich wichtig, Israelit zu sein? Ist es wirklich das, auf was es ankommt? Haben sie wirklich etwas Entscheidendes, was ihnen einen Vorteil gibt?
Ja, Paulus hat im Römerbrief gesagt: Es ist schon gut, Israelit zu sein. Es hat einen Vorteil in vielen Beziehungen, aber nicht in Bezug auf: Gehöre ich dazu, bin ich gerettet, bin ich ein vollwertiges Glied der Gemeinde Gottes? Bei den entscheidenden Dingen hat es keinen Vorteil.
Mir gefällt einfach, wie Paulus wirklich auf ihre Empfindungen eingeht. Ich glaube, es kommt in diesen Versen ganz viel davon herüber, dass er ihre Situation und ihre Gefühle versteht, dass er versteht, wo sie sich fremd fühlen und warum. Und ich glaube, dass Gott das versteht.
Das ist etwas, was mich bewegt: Gott schaut oft ganz tief hinein. Ich meine, letztes Mal hatten wir, dass die Kraft Gottes da ist, um unser Leben zu verändern, die Kraft Gottes ist da. Aber ich glaube, was in diesem Abschnitt herauskommt, ist, dass Gott nicht nur stark genug ist, um unser Leben zu verändern, sondern dass er uns auch wirklich versteht. Er weiß, wie es uns geht, er weiß, wie wir ganz tief drin empfinden. Und er versteht das, so wie er hier verstanden hat, wie es in Ephesus geht, und wie Paulus verstanden hat, wie es in Ephesus geht, als derjenige, der im Namen Gottes zu ihnen redet und im Namen Gottes zu ihnen schreibt.
Vers 13: „Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden.“
Er nimmt es noch einmal auf: Sie waren Fremde, man hatte sie spüren lassen, dass sie fern sind. Aber jetzt, in Christus, sagt er, seid ihr nicht mehr fern, sondern ihr seid nah. Er fasst es hier ganz kompakt zusammen: Ihr seid nahe gekommen durch das Blut Christi.
Und das ist ein Thema in den nächsten Versen: Ihr seid nahe gekommen durch das Blut Christi. Wisst ihr, wie ihr denken könnt, dass ihr nicht wertvoll seid, dass ihr nicht so dazugehört wie die anderen, dass euch irgendetwas fehlt, wenn Christus sein Blut für euch vergossen hat, wenn Christus sein Leben für euch gegeben hat?
Das ist etwas, sagt Paulus, was euch Gott wirklich nahegebracht hat. Was könnt ihr euch überlegen, was euch noch näher bringen würde? Eine andere Geschichte, eine andere Kultur, eine andere Sprache? Das, was euch nahegebracht hat, ist das Blut Christi.
Noch einmal die Parallelstelle im Kolosser. Ausnahmsweise glaube ich, dass es Parallelstellen gibt, das glaube ich sonst nie. Aber bei zwei Briefen, die gleichzeitig geschrieben worden sind, glaube ich tatsächlich an Parallelstellen.
Kolosser 1, Vers 20: „In dem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes.“ Durch ihn, der einst Fremde und Feinde ward nach der Gesinnung in den bösen Werken, hat er nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches durch seinen Tod.
Und das ist das Thema jetzt. Ich habe gesagt, Kolosser 1, Vers 21 ist in gewisser Form die Zusammenfassung dieses ganzen Abschnittes hier im Epheserbrief, Vers 11 bis 13: Ihr wart Fremde. Vers 14-18: Ihr wart Feinde, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes. Vers 20, Vers 22: Er hat euch nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches durch den Tod.
Jesus als Friedensstifter zwischen den Gruppen
Epheser 2,14: Denn er ist unser Friede.
Diese Aussage ist die Überschrift der folgenden Verse: „Er ist unser Friede.“ Die horizontale Ebene meint den Frieden zwischen allen, die der Herr Jesus mit seinem Blut erlöst hat. Gott möchte, dass Frieden herrscht – Frieden zwischen Judenchristen und Heidenchristen, zwischen Menschen, die aus muslimischen Familien stammen, und solchen, die in der vierten Generation Christen sind. Frieden soll bestehen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen, sei es aus dem Nahen Osten, einer orientalischen Kultur, oder aus einer westlichen Kultur.
Es geht nicht um Frieden in der Welt allgemein, sondern um Frieden in seiner Gemeinde. Das ist es, worauf Paulus abzielt. Er möchte, dass ihr äußerlich und innerlich Frieden miteinander habt und euch nicht gezwungen fühlt, eine Gemeinde für die einen und eine andere Gemeinde für die anderen zu bilden. Er ist unser Friede.
Doch natürlich steckt mehr dahinter. In erster Linie ist Friede vertikal gemeint. Das heißt, wirklichen Frieden mit Gott zu haben. Wir haben gelesen, dass ihr Feinde wart in der Gesinnung und in den Werken. Gott hat uns als Feinde empfunden – jeden einzelnen von euch. Gott empfand jeden Epheser und jeden Kolosser ursprünglich als seinen Feind.
Paulus sagt, wir brauchten Frieden, wir brauchten Versöhnung mit Gott. Diese Feindschaft lag nicht in erster Linie daran, dass wir keine Juden waren, sondern an unserer Denkweise, an dem, was wir wollten, an dem, was wir taten, und auch an dem, was wir uns nicht zu tun trauten. Gott sagt: Wir waren Feinde. Und wir brauchten jemanden, der uns mit Gott versöhnt – jemanden, der Frieden schafft.
Was hat Frieden gemacht? Das Blut Jesu hat Frieden gemacht. In Vers 13 lesen wir: „Ihr, die einst fern wart, seid durch das Blut Christi nahe geworden.“ Vers 14: Jesus ist unser Friede. Gott sagt: Mein Sohn ist für dich gestorben. Für mich bist du kein Feind mehr. Ihr könnt euch vorstellen, wie es ist, wenn dein Vater das sagt: „Mein Sohn ist für dich gestorben. Ich kann dich nicht mehr als Feind sehen.“ Das ist unser Friede.
Gott sagt: Wir haben Frieden, du und ich, weil Blut geflossen ist, weil jemand, der mir mehr bedeutet als alles andere, sein Leben gegeben hat. Darum haben wir Frieden. Jesus ist unser Friede, sonst nichts. Durch das Blut, wie in Vers 13 beschrieben, sind wir Gott nahe gekommen.
In Vers 16 heißt es, dass wir in einem Leib mit Gott versöhnt wurden – durch das Kreuz, durch das Blut Jesu. Die zweite Hälfte von Vers 16 enthält eine großartige Aussage, die mich wirklich bewegt. Nachdem Jesus durch das Kreuz die Feindschaft getötet hatte, ist jede Feindschaft, die Gott in seinem Herzen gegenüber uns empfunden hat, ausgelöscht.
Durch Jesu Tod ist diese Feindschaft getötet worden, und sie wird nie mehr aufleben. Für die Feindschaft, die Gott uns gegenüber empfand, gibt es keine Auferstehung. Er hat sie durch das Kreuz getötet. Jesus ist unser Friede.
In Vers 17 heißt es: „Und er kam, Jesus kam, seine Boten kamen, und er verkündigte Frieden den Fernen und Frieden den Nahen.“ Paulus zitiert hier Jesaja 57,19: „Friede den Fernen und Friede den Nahen.“ Er kannte diese Worte auswendig. Vielleicht war ihm nicht einmal bewusst, dass er gerade zitierte. Er sagte einfach: Friede ist für die Nahen – für die, die diese Geschichte kennen, die diesen Gott schon lange kennen, aus ihrer Kindheit oder aus der Synagoge. Diese Menschen haben sich irgendwann bekehrt und erkannt, dass Jesus der Messias, der wahre Gott, der Sohn Gottes ist, der für sie gestorben ist.
Friede gilt den Nahen und den Fernen – euch allen. Der Friede hat dieselbe Grundlage: Jesus ist unser Friede. Gott war genauso zornig auf Juden wie auf Heiden. Dieser Friede wurde verkündigt, den Fernen und den Nahen.
Vers 18 sagt: „Denn durch ihn haben wir beide – also beide Gruppen – durch den einen Geist Zugang zu Gott.“ Durch ihn, Jesus, ist unser Friede. Der Geist ist es, der uns das klar macht und uns die Freimütigkeit gibt, zu Gott zu kommen.
Friede ist also vertikal, und wir brauchten unbedingt diesen vertikalen Frieden. Doch das Hauptaugenmerk in diesem Abschnitt liegt, wie schon gesagt, auf dem horizontalen Frieden – dem Frieden zwischen Judenchristen und Heidenchristen.
Die Überwindung von Feindschaft durch Christus
Schwierige Verse, Vers 14: Ich lese noch einmal Vers 14 bis 16, weil das der Kern dessen ist, worum es bei der Feindschaft geht.
Denn er ist unser Friede, der aus beiden Gruppen eins gemacht und die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen hat. Nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, weggetan hatte, schuf er die beiden friedenstiftend in sich selbst zu einem neuen Menschen und versöhnte die beiden in einem Leib mit Gott durch das Kreuz.
Er sagt, Juden und Heiden waren einander so fremd, dass es sich manchmal bis zur Feindschaft steigerte im Empfinden. Ich weiß, es sind komplizierte Verse. Es sind zwei Ausdrücke, zwei komplizierte Ausdrücke, die diese Verse schwierig machen. Und noch ein dritter Gedanke.
Der erste Ausdruck ist „die Feindschaft, das war das Gesetz der Gebote in Satzungen“. Erstens ist „Gesetz der Gebote in Satzungen“ ein sehr komplexer Ausdruck. Zweitens stellt sich die Frage: Warum begründen diese eine Feindschaft?
Der zweite Ausdruck ist „die Zwischenwand der Umzäunung wurde abgebrochen“. Das würde ich auch nicht spontan verstehen. Was meint Paulus? Warum sagt er das so kompliziert?
Er erklärt, dass Juden eine Feindschaft gegenüber Heiden empfanden, weil sie sich bedroht fühlten. Sie hatten ihre Satzungen – viele Satzungen – eine davon war zentral: die Satzung der Beschneidung, die sie zum Volk Gottes machte. Sie hatten den Befehl, sich nicht mit den Nationen zu vermischen. Sie sollten ein Zeichen haben, dass sie anders sind, dass sie zu Gott gehören.
Es war ihre Stellung, ihre besondere Stellung, die sie nicht kompromittieren wollten. Das führte dazu, dass sie Ablehnung und Feindschaft gegenüber anderen empfanden. Aber natürlich steckte noch mehr in diesen Geboten und Satzungen. Darin lag der Anspruch, heiliger zu sein, reiner als die Menschen um sie herum.
Das war nicht nur eine Stellung, sondern ein ganz praktisches Leben. Und erst recht etwas, worin sie sich bedroht fühlten. Zu viel Kontakt mit Heiden konnte ihr Streben nach Heiligkeit negativ beeinflussen.
Es baute etwas auf: Dieser Wunsch, heilig zu sein, dieser Wunsch, etwas Besonderes zu sein, der Wunsch, das Volk Gottes zu sein, der Wunsch, möglichst so zu leben, um Gott zu gefallen – was auch immer sich da alles mischte an Tradition und echten Wünschen – baute etwas auf, nämlich eine Trennwand.
Ja, natürlich war diese Trennwand im Alten Testament zum Teil von Gott geboten, doch sie war auch in den Herzen. Die Zwischenwand der Umzäunung: Im Tempel gab es eine Linie, die Heiden nicht überschreiten durften. Und im Leben und in der Gemeinschaft der Juden gab es eine Linie, oft unsichtbar, doch sehr wahrnehmbar, die niemand anders überschreiten durfte.
Jetzt steht hier in Vers 14: Er hat die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen, nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft weggetan hatte.
Jesus ist gestorben und hat gesagt: Euer ganzes Streben nach Heiligkeit und euer Streben, etwas Besonderes zu sein, ein besonderes Volk Gottes zu sein, hat euch offenbar nicht zu Gott gebracht. Sonst wäre dieses Opfer für euch nicht nötig gewesen.
Plötzlich steht es im Raum, dass Juden mit all ihrem Streben nach Reinheit und Heiden, wenn sie sich zu diesem gleichen Gott bekehren, dasselbe Opfer brauchen. Beide brauchen dasselbe Opfer, um überhaupt zu Gott zu kommen.
Und das spült alles andere weg. Im Licht dieses Kreuzes oder im Schatten dieses Kreuzes – wie auch immer man es sagen will – wird plötzlich alles andere nichtig. Denn es wird so deutlich, dass alles andere das Ziel nicht erreicht hat.
Und eigentlich ist dann plötzlich die Zwischenwand, zumindest im Kopf, weg. Denn wenn ich genau dasselbe Opfer brauche, genau dieselbe Versöhnung wie mein heidnischer Nachbar, welchen Sinn hat da noch eine Zwischenwand? Welchen Sinn hat es, die Gemeinschaft zu meiden?
Keinen, wenn beide die gleiche Lösung brauchen. Welchen Wert haben diese ganzen Satzungen und Gesetze, wenn sie mich nicht weitergebracht haben? Das, was die Feindschaft aufgerichtet hat, weil ich anders und heiliger sein wollte.
Wenn beide dasselbe Opfer annehmen, hat das keine Bedeutung mehr. Das Kreuz hat es weggenommen. Auch die Heiden haben es natürlich so empfunden, ursprünglich.
Ich glaube, Paulus verwendet hier den komplizierten Ausdruck „das Gesetz der Gebote in Satzungen“, weil er ausdrücken will, wie die Epheser das empfanden. Ja, so war das.
Überleg mal: Du kamst in die Synagoge und alles war so kompliziert. Du wusstest nie, wie du dich richtig verhältst. Und es schaffte so viel Distanz.
Paulus sagt: Guck mal, der gleiche Jesus, der für euch gestorben ist, ist auch für die anderen gestorben. Und das ist das Einzige, was zählt. Alles andere hat seine Bedeutung verloren.
Dann sagt er: Er hat die beiden friedenstiftend in sich selbst zu einem neuen Menschen geschaffen und die beiden in einem Leib mit Gott versöhnt durch das Kreuz. Nachdem er durch dieses die Feindschaft getötet hatte.
Die Feindschaft zwischen ihnen hat Gott weggetan. Er hat gesagt: Wisst ihr, was Gott möchte? Gott möchte eine Gemeinde. Er hat euch zu einem Leib gemacht, er hat euch auf eine Grundlage gestellt.
Wenn ihr die Apostelgeschichte lest, seht ihr, dass das Gottes Ziel von Anfang an war: Er wollte eine Gemeinde. Er hat alles getan, um zu verhindern, dass es von Anfang an zwei Gemeinden gab – eine jüdische und eine heidnische Gemeinde, also Judenchristen und Heidenchristen.
Er hat alles dafür getan, um das zu verhindern, weil er eine Gemeinde wollte. Er hat gesagt, ihr sollt ein Leib sein, und er hat einen Leib gegeben, um euch alle zu versöhnen – nicht die einen mehr als die anderen.
Es gibt Frieden den Fernen und Frieden den Nahen. Durch ihn haben wir durch einen Geist Zugang zum Vater.
Paulus möchte ihnen das noch einmal einhämmern: Fühlt euch nicht minderwertig, fühlt euch nicht getrennt, lasst euch nicht distanzieren oder Gräben machen zwischen euch und den Leuten, die ursprünglich aus dem Judentum kommen.
Paulus sagt: Wisst ihr, Leute, Heiden sind wertvolle Christen. Versteht ihr das, ihr Epheser? Es gibt keine Feindschaft mehr, und ihr müsst euch nicht mehr fremd fühlen.
Die neue Gemeinschaft als Haus Gottes
Und jetzt kommen die Verse 19 bis 22, in denen Paulus alles zusammenfasst und einen großartigen Ausblick auf die Realität gibt. Er fasst es in Vers 19 so zusammen: „Also seid ihr nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht.“
Das ist genau das Gegenteil dessen, wie sie es in Vers 12 empfunden hatten. Dort fühlten sie sich entfremdet vom Bürgerrecht Israels, als Fremdlinge in Bezug auf die Bündnisse der Verheißung. Nun aber sind sie nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen.
Sie sind nicht nur Gäste der Juden, sondern Mitbürger der Heiligen – aller, die wirklich zu Jesus gehören und wirklich zu Gott gehören. Sie haben ein Bürgerrecht. Sie sind Hausgenossen Gottes, nicht mehr ohne Gott in der Welt, sondern Menschen, die mit Gott in einem Haus wohnen.
In den Versen 19 bis 22 kommt das Wort „Haus“ fünfmal vor. Ja, ich weiß, im Deutschen klingt das vielleicht nicht so bedeutend. Aber im Griechischen bedeutet „Fremdlinge“ Leute, die außerhalb des Hauses wohnen. Hausgenossen Gottes hingegen wohnen bei Gott im Haus.
Wir sind ein Bau, eine Behausung Gottes im Geist. In fünf verschiedenen Worten verwendet Paulus das griechische Wort für Haus, um uns das zu verdeutlichen: Ihr seid eingeladen, bei Gott im Haus zu wohnen. Ihr seid eingeladen, Mitbürger mit allen Heiligen in einem neuen Reich, in einem neuen Haus zu sein.
Dann wechselt er das Bild ein wenig in den Versen 20 und 21: „aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, in dem Christus Jesus selbst der Eckstein ist, in welchem der ganze Bau wohl zusammengefügt wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in dem auch ihr ganz persönlich mit aufgebaut werdet – seine Wohnung Gottes im Geist.“
Plötzlich merkt man: Wir sind nicht mehr nur Leute, die mit Gott in einem Haus wohnen, sondern wir sind Teil des Hauses. Wir werden aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, also auf der Grundlage dessen, was wir heute im Neuen Testament finden. Auf dieser Grundlage wird ein neues Haus gebaut, und wir sind Steine in diesem Haus.
Jesus ist der Eckstein. Dieses Haus ist so gebaut, dass alles an Jesus ausgerichtet ist, nicht an alttestamentlichen Gesetzen. An Jesus wird alles ausgerichtet in diesem Haus, zu dem wir gehören. Wir sind nicht Gäste und nicht nur Mitbewohner, sondern wir sind Teil des Hauses.
Wir bilden das Haus, das Haus wächst und ist wohl zusammengefügt. Es besteht aus Juden und Heiden und ist ein heiliger Tempel Gottes. Das Empfinden für Heiligkeit war etwas, das Juden und Heiden trennte. Aber Gott sagt: Jetzt, wo ihr euch bekehrt habt, werdet ihr zusammengebaut – Juden und Heidenchristen – zu einem heiligen Tempel des Herrn.
Und ihr, ihr Epheser, ihr ganz persönlich, lasst euch einbauen. Auch ihr werdet eingebaut zu einer Wohnung Gottes im Geist. Gott will bei euch wohnen, in eurer Mitte. Dort, wo ihr zusammen seid und wisst, dass ihr zusammengehört, wohnt Gott.
Gott wohnt dort, wo es heilig ist, wo man sich nach ihm ausrichtet. Aber wisst ihr, wo Gott besonders gerne wohnt? Weil es etwas ist, was Gott liebt: Gott wohnt gerne dort, wo Frieden in Vielfalt herrscht. Gott liebt Vielfalt.
Schaut euch die Natur an, wie Gott sie gemacht hat. Das englische Wort dafür ist „Biodiversity“. So viele verschiedene Tiere und Pflanzen, alle unterschiedlich und mit unglaublich vielen verschiedenen Genkombinationen. Das ist Gott.
Und das will Gott nicht nur in der Natur, in seiner Schöpfung, sondern auch in seiner Gemeinde. Darum will er Juden und Heiden in einer Gemeinde vereint sehen, sagt Paulus. Und wenn wir dieses Thema nicht haben, weil hier so wenige Judenchristen leben, dann will Gott eben so viele verschiedene Kulturen, Sprachen, Generationen und Gesellschaftsschichten in einer Gemeinde.
Weil Gott Frieden in Vielfalt liebt.
Das Geheimnis der Gemeinde als Ausdruck göttlicher Weisheit
Kapitel 3, Vers 4 sagt Paulus, woran ihr beim Lesen merken könnt, dass mein Verständnis in dem Geheimnis des Christus liegt. Paulus erklärt, es gibt ein Geheimnis (Vers 5), das in anderen Geschlechtern, den Söhnen der Menschen, nicht kundgetan worden ist – so wie es jetzt offenbart wurde, seinen Heiligen, Aposteln und Propheten im Geist.
Und was ist dieses Geheimnis? Jetzt ist es kundgetan, dass die aus den Nationen Miterben, Miteinverleiter und Mitteilhaber der Verheißung sind in Christus Jesus durch das Evangelium. Er sagt, das ist das große Geheimnis: Gott wollte tatsächlich Menschen aus den Nationen und Menschen aus den Juden zusammentun.
Dann sagt er in Vers 14, damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung die vielfältige Weisheit Gottes kundgetan werde. Warum zeigt die Gemeinde die Weisheit Gottes für die unsichtbare Welt? Weil die Weisheit Gottes darin besteht, Vielfalt zu haben und diese Vielfalt in Frieden zusammenzufügen. Das ist das Wunder der Gemeinde und eigentlich das Geheimnis.
Ja, Paulus spricht plötzlich von Gemeinde. Manche sagen, Gemeinde ist das Thema des Epheserbriefs. Ich glaube nicht, dass Gemeinde das einzige Thema des Epheserbriefs ist. Eigentlich ist es das Thema des Epheserbriefs, wer wir sind und wie wir so leben können, dass es zu dem passt, wer wir sind. Aber Gemeinde ist ein ganz wesentlicher Aspekt dessen, wer wir sind.
Ich habe euch letztes Mal etwas vorenthalten. Das habe ich euch am Ende der Stunde gesagt. Ich will es euch jetzt nicht nochmal vorenthalten, darum brauche ich jetzt noch fünf Minuten. Wir haben das Ende von Kapitel 1 nicht wirklich gelesen.
Wisst ihr, da steht, dass Jesus auferweckt worden ist und dass er gesetzt ist über jedes Fürstentum, jede Gewalt, Kraft und Herrschaft, jeden Namen, der genannt wird – nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch im zukünftigen. Er hat alles seinen Füßen unterworfen (1. Korinther 5,3-12). Bis dahin ist alles klar: Jesus ist auferstanden und erhöht worden über alles.
Und jetzt kommt Paulus anscheinend vom Thema ab. Er kommt vom Thema ab, weil es etwas gibt, was sein Herz einfach bewegt. Er sagt: Jesus ist nicht nur das Haupt über alles, sondern er ist das Haupt über alles, der Gemeinde gegeben. Er, der über allem ist, ist der Gemeinde gegeben als Führer und Haupt eines Leibes. Er ist der Gemeinde gegeben, die sein Leib ist.
Und jetzt kommt ein ganz, ganz, für mich ganz verblüffender Satz: Die Gemeinde ist die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt. Jesus ist der, der eigentlich alles erfüllt, der über allem ist, der über alles regiert und der alles erhält. Und er sagt: Aber ohne meine Gemeinde bin ich nicht vollständig. Sie ist meine Fülle. Und sie zeigt meine Fülle.
Ich glaube, so ist es gemeint: Die Gemeinde zeigt, wie Jesus ist. Jesus sagt, hier sieht man, wie ich handle und wie ich denke. Hier sieht man, wie vielfältig meine Weisheit ist, dass ich mit jedem Menschen, jeder Generation und jeder Kultur umgehen kann – seiner Art gemäß – und dass ich solche Menschen verbinden kann.
Meine Fülle, dieser Reichtum meiner Vielfalt, meiner Gedanken und meines Handelns – das ist das, was man in meiner Gemeinde sieht. Schaut meine Gemeinde an, und ihr seht etwas von meiner Fülle.
Ich meine, wenn ich die Gemeinde anschaue, sehe ich oft hauptsächlich Probleme. Aber Jesus sagt: Das ist meine Fülle.
Christus und die Gemeinde als Vorbild für zwischenmenschliche Beziehungen
In Kapitel vier wird ganz praktisch noch einmal betont, dass wir ein Leib sind. Ich möchte heute jedoch mit einer weiteren Stelle aus Epheser, Kapitel fünf, schließen.
In Epheser 5 spricht Paulus – beziehungsweise Gott – über Männer und Frauen, Eltern und Kinder sowie Arbeitgeber und Angestellte, damals Herren und Sklaven. Dabei entsteht der Eindruck, als würde Paulus den Faden verlieren. Denn plötzlich, während er über Männer und Frauen spricht, beginnt er, über Christus und seine Gemeinde zu reden.
Man kann einiges von dem, was er sagt, auf das Verhältnis von Mann und Frau übertragen. Persönlich glaube ich jedoch nicht, dass alles eins zu eins übertragbar ist. So wie Paulus, als er von der Erhöhung Christi sprach, plötzlich das Verhältnis zwischen Christus und seiner Gemeinde darstellte, ist es hier ähnlich.
Er spricht über Mann und Frau und wie sie miteinander umgehen sollten. Dabei sollen sie sich in manchem an Christus und seinem Verhältnis zur Gemeinde orientieren. Plötzlich spricht Paulus über Christus und die Gemeinde.
In Vers 25 von Epheser 5 heißt es: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heiligte, sie reinigte durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte.“
Wisst ihr, Jesus liebt die Gemeinde und setzt alles daran, dass sie so wird, wie er sie sich vorgestellt hat: verherrlicht, auf Deutsch wunderschön, so dass man an ihr sieht, wie er ist.
„Sie ist meine Fülle“, sagt er, „und ich liebe sie.“ Und er tut alles dafür, sie verherrlicht und wunderschön darzustellen – ohne Flecken oder Runzeln, sondern heilig und tadellos.
Wer gut im Epheserbrief zugehört hat, dem sind diese Worte schon einmal begegnet: Wir sind auserwählt, vor Grundlegung der Welt heilig und tadellos vor Gott zu sein. Das war individuell gemeint.
Hier sagt Paulus, dass Gott alles daran setzt, seine Gemeinde heilig und tadellos zu machen – wunderschön für ihn, weil er sie liebt.
Wisst ihr, Christus liebt die ganze Gemeinde weltweit in ihrer Vielfalt. Er liebt die Gemeinde von Pfingsten bis zur Entrückung – in ihrer Vielfalt.
Christus liebt diese Gemeinde in ihrer Vielfalt, denn das ist die Botschaft dieses Abschnitts aus Epheser: Jesus liebt Vielfalt und möchte Frieden in Vielfalt in seiner Gemeinde.
Mir gefällt das sehr. Ich bin Biologe, daher muss mir Vielfalt gefallen.
Und wisst ihr was? Vielfalt wird ein Thema des nächsten Abschnitts im Epheserbrief sein. Nach Ostern werdet ihr sehen, warum.
