Einleitende Gedanken
In der Surselva im Bündnerland ist das grosse Goldfieber ausgebrochen. Eine genfer Firma will in diesem Gebiet professionell nach Gold suchen. Seit Jahren sind in diesem Gebiet Goldgräber am Werk. Der eine oder andere findet dann auch schon mal ein paar Gramm. Im Sommer 2000 entdeckte ein Goldgräber sogar eine Platte mit 1,3kg Gold. Vielleicht wäre es ratsam, die Herbstferien in Surselva zu verbringen. Es wäre doch super, wenn man bei einer Wanderung auf einen kleinen oder grösseren Goldklumpen stossen würde. Das wären dann selbstfinanzierende Ferien. Schatzsuchen übten schon immer eine grosse Faszination auf uns Menschen aus. Etwas zu finden, das einen grossen Wert hat. Etwas finden, das mich reich macht.
Jesus kennt die Sehnsucht, die in uns steckt. Die Sehnsucht, etwas Grossartiges zu entdecken. Etwas, das alle Vorstellungen weit übertrifft. So vergleicht er das Himmelreich mit einem Schatz, der entdeckt wird, folgendermassen. „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besass, und dafür den Acker kaufte.“ Matthäus 13, 44. „Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.“ Matthäus 13, 45. „Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besass, und kaufte dafür diese eine Perle.“ Matthäus 13, 46. Mit anderen Worten: Das Himmelreich ist wie eine grossartige Entdeckung. Nun wollen wir uns das mal genauer ansehen. Jesus verwendet ja zwei Vergleiche. Ein Mann findet einen Schatz im Acker, der andere findet eine ausserordentliche Perle.
I. Die überraschende Entdeckung
Beginnen wir mit dem Schatz, den ein Mann im Acker findet. „Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besass, und dafür den Acker kaufte.“ Matthäus 13, 44. Wir erfahren über den Mann, der diesen Schatz findet, praktisch nichts. Doch bekommt man den Eindruck, dass er eher zufällig auf diesen Schatz gestossen war. Wer sucht schon in einem Acker einen vergrabenen Schatz? Nein, er hatte irgendetwas gemacht, vielleicht sammelte er Getreide, das bei der Ernte liegengeblieben war. Vielleicht verfing er sich, als er über den Acker lief, mit dem Fuss in einem Loch und entdeckte dabei den wertvollen Schatz. Jedenfalls erweckt diese Erzählung den Eindruck, dass er nicht auf den Acker ging, um einen Schatz zu suchen. Er wurde sozusagen überrascht, eben: eine überraschende Entdeckung. Die Freude war natürlich riesig und er setzte alles daran, den Acker mit dem verborgenen Schatz zu kaufen.
Jesus macht damit deutlich, dass das Himmelreich einem Menschen überraschend und unverhofft begegnen kann. Ohne danach zu suchen, findet man einen Schatz, von dessen Existenz man keine Ahnung hatte. Der Mann war kein religiöser Sucher. Entweder war er mit seiner Religion soweit zufrieden und sicher, dass er auf dem richtigen Weg war, oder er interessierte sich nicht sonderlich für religiöse Fragen. Er lebte eben, wie man lebt, er versuchte dem Leben das Beste abzugewinnen. Doch dann stolperte er über diesen Schatz und alles, was er bis dahin für bedeutungsvoll hielt, verblasste in diesem Moment. Wer das Himmelreich entdeckt, dem wird es genauso ergehen. Wie einige vermuten ist Jesus Christus die Personifizierung des Himmelreichs. Wer Jesus begegnet, begegnet dem Himmelreich, denn durch Jesus öffnet sich uns der Himmel. Paulus schrieb einmal: In Christus sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen. (Kolosser 2, 3)Das schrieb Paulus, der sich so sicher war, dass er richtig glaubte und Gott auf seiner Seite hätte. Er verfolgte die Christen und freute sich, wenn sie ausgerottet und ermordet wurden. Auf dem Weg nach Damaskus, bessessen davon, die Christen zu vernichten, stolperte er sozusagen über den Schatz im Acker. Auf diesem Weg begegnete im Jesus und fragte ihn: „Saul, warum verfolgst du mich?“ Apostelgeschichte 9, 4Paulus hatte keine Ahnung wer mit ihm Sprach, doch dann wurde ihm allmählich klar, mit wem er es zu tun hatte. Er schrieb dann später in einem Brief an die Philipper: Ich betrachte überhaupt alles andere als Verlust im Vergleich mit dem überwältigenden Gewinn, dass ich Jesus Christus als meinen Herrn kenne. Durch ihn hat für mich alles andere seinen Wert verloren, ja, ich halte es für blossen Dreck. Nur noch Christus besitzt für mich einen Wert. (Philipper 3, 8)Nicht allen Menschen begegnet Jesus so wie Paulus. Aber er begegnet ihnen oft in eindrücklicher Weise.
Ein Pastorenkollege von mir, der früher mit Drogenhandel viel Geld verdiente, landete schliesslich im Gefängnis. Dort hatte er lediglich eine Bibel zur Verfügung und er lass sie mehrmals durch und wurde Christ. Sein Leben veränderte sich komplett. Er entdeckte in der Bibel überraschenderweise diesen grossartigen Schatz.
Oder da ist eine Frau, die sich einen schönen Film im Kino ansah, als sie das Kino verliess wurde sie auf der Strasse auf Jesus angesprochen und in diesem Gespräch entdeckt sie welch grossartiger Schatz in Christus verborgen ist. Sie war auf der Stelle bereit, Jesus in ihr Leben einzuladen.
Oder der Mann, der sich von einem Geschäftsfreund zu einem christlichen Vortrag einladen liess. Normalerweise besuchte er Kirchen und christliche Veranstaltungen nur, wenn es nicht anders ging, bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Er konnte mit diesem Kirchenzeugs nicht viel anfangen. Auch das Thema dieses Vortrags interessierte ihn nicht besonders. Er ging einfach aus Freundschaft, um seinem Freund einen Gefallen zu tun. Plötzlich merkte er, dass ihn das, was er hörte tief bewegte, tiefer als er das je erwartete, und er begann sich mit Jesus zu beschäftigen.
Unzählige Beispiele könnte ich hier anfügen. Man muss eben nicht besonders religiös sein, man muss auch nicht in einer Kirche aktiv sein, um Jesus zu begegnen. Viele Menschen stolpern unververhofft und unverwartet über diesen Schatz.
Bibelstellen zum Nachschlagen:Johannes 4, 1-42; Apostelgeschichte 9, 4; Philipper 3, 8; Kolosser 2, 3
II. Die verblüffende Entdeckung
Beim Kaufmann war es etwas anders. „Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte.“ Matthäus 13, 45. „Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besass, und kaufte dafür diese eine Perle.“ Matthäus 13, 46. Der Kaufmann beschäftigte sich mit Perlen. Es war sein Geschäft, sein Leben. Dieser Kaufmann gehört zu den Menschen, die auf der Suche nach dem wahren Leben sind. Er beschäftigt sich gerne und leidenschaftlich mit dem Himmelreich. Er will wissen, warum er in dieser Welt lebt und wo sein Leben hinführen wird. Ihn interessieren die Fragen, ob es ewiges Leben gibt und ob man nach dem Tod in den Himmel kommt usw. Stundenlang könnte man mit diesem Mann über solche Fragen diskutieren, es würde ihn nicht langweilen. Im Gegenteil, er sucht nach Perlen, die seine Sammlung bereichern. Jesus stellt uns mit diesem Kaufmann einen religiösen, suchenden Menschen vor Augen. Ein offener experimentierfreudiger Mann, der die verschiedensten Perlen kauft. Er verbindet verschiedene religiöse Sichtweisen miteinander. Heute sprechen wir von der Patchwork Religion. Das heisst, man verschreibt sich nicht einem einzigen Glauben, einer einzigen Lehre, einem einzigen Gott, sondern man sucht sich alles zusammen und kreiert so seinen eigenen Glauben.
So lebte dieser Kaufmann. Es war ein interessantes Unternehmen. Er entdeckte vieles auf seinem Weg. Doch eines Tages begegnete ihm eine absolut einzigartige Perle. Auf seiner Suche war ihm das noch nie begegnet. Er war verblüfft über diese Perle. Er hätte nie gedacht, dass es so etwas gibt. Alle Perlen, die er bis anhin gekauft und verkauft hatte, verblassten. Ihm war klar, für diese Perle gebe ich alles. Das tat er dann auch.
Natürlich steht auch diese einzigartige Perle für Jesus. Paulus schrieb: In Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Kolosser 2, 9Wenn die ganze Fülle der Gottheit in Jesus präsent ist, dann muss alles andere daneben verblassen. Es wird bedeutungslos. Wer wirklich auf der Suche nach dem lebendigen Gott ist, der wird ihn finden, wie dieser Kaufmann. Zu Israel sagte Gott einmal und das gilt ganz bestimmt auch für uns: Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, werde ich mich von euch finden lassen. (Jeremia 29, 13-14)
Bibelstellen zum Nachschlagen:Jeremia 29, 13-14; Matthäus 7, 7-8; Apostelgeschichte 17, 27; Kolosser 2, 9; Offenbarung 3, 17;
III. Unbedingt kaufen!
Beide Männer hatten auf ihre Weise eine grossartige Entdeckung gemacht. Doch nachdem sie die Entdeckung machten, verhielten sie sich genau gleich: Sie verkauften alles, um sich diesen Schatz zu Eigen zu machen. Sie wollten ihren Fund unbedingt kaufen – koste es was es wolle.
Sie waren bereit einen hohen Preis zu zahlen. Sie verkauften alles, was sie hatten, damit sie diesen Schatz bekommen. Sie verkauften alles, um das Wertvollste zu bekommen. Wie Jesus einmal seinen Jüngern sagte: Keiner von euch kann mein Jünger sein, wenn er sich nicht von allem trennt, was er hat. Lukas 14, 33.
Aber das ist nur die eine Seite. Viele Menschen sehen nur das, was sie bezahlen sollten. Diese beiden Männer beschäftigte nicht der Preis, sondern sie waren begeistert von dem, was sie dafür bekamen, denn Jesus sagte auch: Jeder, der um meines Namens willen Häuser, Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker zurücklässt, wird alles hundertfach wiederbekommen und wird das ewige Leben erhalten. Lukas 19, 29. Gott will uns nichts wegnehmen, vielmehr will er uns beschenken, aber dazu müssen wir zuerst loslassen. Wir müssen alles verkaufen wie diese beiden Männer, um viel mehr zu bekommen. Jesus erklärte das seinen Jüngern einmal so: Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. Matthäus 16, 25. Und er fügte dann hinzu: Was nützt es einem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen, wenn er selbst dabei unheilbar Schaden nimMatthäus Matthäus 16, 26.
Bibelstellen zum Nachschlagen:Matthäus 10, 39; Matthäus 16, 24-26; Matthäus 19, 29; Lukas 12, 31; Lukas 14, 33; Lukas 19, 8-9+29; Offenbarung 3, 18
Just do it! (Schlussgedanke)
Egal ob Du zu den Menschen gehörst, die zufällig über diesen Schatz stolpern, oder zu jenen, die nach Perlen suchen. Wichtig ist, dass man diese grossartige Entdeckung macht und bereit ist, dafür alles herzugeben, wie die beiden Männer in den Geschichten von Jesus. Aber genau das macht es uns oft so schwer das Himmelreich zu ergreifen. Ich möchte dazu eine kleine Geschichte erzählen. Ein Mann durchstreifte die kleinen Gassen einer Provinzstadt. Er hatte keine Eile, und deshalb verweilte er einen Moment vor jedem Schaufenster, vor jedem Laden, auf jedem Platz. Als er um eine Ecke bog, befand er sich plötzlich vor einem bescheidenen Ladenlokal mit weissen Vorhängen. Interessiert wandte er sich dem Schaufenster zu, näherte sich der Fensterscheibe, um durch das dunkle Glas zu blicken. Drinnen sah er nichts als einen Notenständer, und darauf eine kleine handgeschriebene Karte, auf der stand: Wahrheitsladen. Der Mann war überrascht. Er hielt es für einen Phantasienamen, konnte sich aber nicht vorstellen, was man dort verkaufte. Er betrat den Laden, ging auf das Fräulein zu, das sich hinter dem ersten Verkaufstisch befand, und fragte: »Entschuldigen Sie, ist das der Wahrheitsladen:« »Ja, mein Herr. Welche Art Wahrheit suchen Sie: Die halbe Wahrheit, die relative Wahrheit, die statistische Wahrheit oder die ganze Wahrheit:« Hier wurde also mit der Wahrheit gehandelt. Er hätte sich nie träumen lassen, dass das möglich wäre. Irgendwo hinzugehen und Wahrheit einzukaufen war wunderbar. »Die ganze Wahrheit«, antwortete der Mann ohne Zögern. >Ich bin all die Lügen und Falschheiten leid<, dachte er. >Ich habe die Verallgemeinerungen und Rechtfertigungen satt, die Täuschungen und den Betrug.< »Die reine Wahrheit!« bekräftigte er. »Sehr wohl, mein Herr. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.« Das Fräulein führte den Kunden in einen anderen Bereich, verwies ihn an einen Verkäufer mit mürrischer Miene und sagte: »Dieser Herr wird Sie bedienen.« Der Verkäufer trat auf ihn zu und wartete darauf, dass der Kunde seinen Wunsch äusserte. »Ich möchte die ganze Wahrheit kaufen.« »Aha. Verzeihen Sie, mein Herr, aber kennen Sie den Preis:« »Nein. Wie teuer ist sie?« fragte er gewohnheitsgemäss, obwohl er bereits wusste, dass er jeden Preis für die ganze Wahrheit zahlen würde. »Wenn Sie sie gleich mitnehmen«, sagte der Verkäufer, »ist der Preis, dass sie nie wieder in Frieden leben werden? Ein Schauer lief dem Mann über den Rücken. Nie hätte er gedacht, dass der Preis so hoch sein könnte. »Vie. ..Vielen Dank. ..Entschuldigen Sie. ..«, stotterte er. Er machte kehrt und verliess das Geschäft mit gesenktem Blick. Er war ein bisschen traurig, als ihm bewusst wurde, dass er immer noch nicht bereit war für die absolute Wahrheit, dass er immer noch ein paar Lügen brauchte, bei denen er sich erholen konnte, ein paar Mythen und Schönfärbereien, in die er sich flüchten konnte, ein paar Ausreden, um sich nicht mit sich selbst konfrontieren zu müssen. „Vielleicht ein andermal“, dachte er. [1]
Leider entscheiden wir uns oft für den Weg der Lüge, weil wir meinen wir bräuchten das. Jesus sagte einmal: Jeder, der Schlechtes tut, hasst das Licht; er tritt nicht ans Licht, damit sein Tun nicht aufgedeckt wird. Johannes 3, 20. Entscheide Dich für die Wahrheit, mach es wie diese beiden Männer – just do it! Denn bei Jesus findest Du alles, was Du zum Leben und zum Sterben brauchst. Jesus sagte von sich: „Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben. Zum Vater kommt man nur durch mich.“ Johannes 14, 6. Wer zu Jesus kommt wird reich beschenkt und es ist nicht wie der Mann im Wahrheitsladen sagte, dass er nie mehr in Frieden leben wird – im Gegenteil! Die Wahrheit, die bei Jesus zu finden ist, schafft Frieden, deshalb kann Paulus schreiben: Der Gott des Friedens sei mit euch allen! Römer 15, 33
Bibelstellen zum Nachschlagen:Römer 8, 6; Römer 14, 17
Amen
[1] Quelle: Jorge Bucay, Komm ich erzähl dir eine Geschichte, S. 255-258.