Der geheime Motor deines Lebens
Einleitung: Verschiedene Nachfolger und ihre Herausforderungen
Gute Botschaft für eifrige, müde und sonstige Nachfolger
Wie geht es dir gerade? Was bewegt dich in deiner Beziehung zu Jesus? Was hat dich dazu gebracht, in dieser Einheit dabei zu sein?
Zählst du dich vielleicht zu den eifrig motivierten Nachfolgern, die voll für Jesus durchstarten wollen? Du möchtest ihm dienen – vor Ort in der Gemeinde, in der Schule, an der Uni, in der Familie, im Beruf oder vielleicht sogar in der Mission. Dein Herz schlägt für das Reich Gottes, und du möchtest dich mit deinen Möglichkeiten, Gaben und Fähigkeiten einbringen.
Vielleicht bist du in der Jugendarbeit engagiert und auf dich ist Verlass. Du fühlst dich lebendig, wenn du etwas tun und bewegen kannst. Herzlich willkommen!
Vielleicht bist du aber auch hier, weil dich eher das Wort „müde“ angesprochen hat – und nicht nur das Mittagstief. Du bringst dich ein, doch das ständige Geben zehrt an dir. Überall wird Einsatz von dir verlangt: Klassenarbeiten, Prüfungen, Hobbys. Und oft hast du das Gefühl, auch für Gott bringen und leisten zu müssen – Ehrenamt, stille Zeit, Zeit für Gott.
Wo ist die Freude für Jesus geblieben? Diese erste Liebe, die du für ihn empfunden hast, als alles einfach geflossen ist? Du bist müde geworden, vielleicht auch im Glauben. Du fragst dich, woher neue Freude und Begeisterung kommen können.
Oder du sitzt jetzt hier und würdest dich eher zu den sonstigen Nachfolgern zählen. Ich wurde gefragt, was ich mit „sonstigen Nachfolgern“ meine. Genau: alle, die irgendwie drum herum stehen. Du bist vielleicht heute hier und hoffst, dass irgendetwas passiert, weil du gar nicht so genau weißt, wo du mit Jesus stehst.
Willkommen in Gottes Gegenwart trotz aller Umstände
Und hier kommt die erste gute Botschaft: Das ist okay. So wie du heute hier bist, bist du bei Gott willkommen – als eifriger, müder oder sonstiger Nachfolger.
Wir sind Menschen und keine Superhelden. Gott wusste das, als er uns geschaffen und gerufen hat. Du bist willkommen, so wie du heute bist – hier und jetzt. Du musst nicht mehr sein und auch nicht weniger als das, wer du in diesem Augenblick bist.
Jesus hat gesagt:
Matthäus 11,28: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“
Kommt her zu mir, all ihr Eifrigen, all ihr Müden, mit all euren Sorgen, Ängsten, eurem Leistungsdruck, eurer Angst zu versagen und eurer Müdigkeit. Du musst nicht erst alles im Griff haben. Im Gegenteil: Komm mit allem, was dich heute ausmacht. Ich will dich erquicken.
In einer anderen Übersetzung heißt es: „Ich will euch eure Last abnehmen.“ Wie klingt das für dich als eifriger, müder und sonstiger Nachfolger? Ich finde, das klingt nach einer guten Botschaft.
Ich bin oft erschrocken, mit wie viel Druck wir als Nachfolger von Jesus unterwegs sind. Dabei geht es doch gar nicht um uns. Es hängt doch gar nicht von uns ab. Wir sind doch nur Nachfolger.
Und wisst ihr, wie ich auf den Titel gekommen bin? Ich finde mich in allem wieder. Ich bin eifrig – das ist ja klar als Schwäbin – und dann bin ich auch noch gewissenhaft. Ich will mich investieren und etwas voranbringen. Das ist an sich ja nicht schlecht, aber bei mir ist das ganz oft verbunden mit einem hohen Anspruch, gerade im Einsatz für Gott.
Es soll doch besonders gut sein, und das kann ganz schön unter Druck setzen. Und dieser Druck macht müde.
Der falsche Druck und die wahre Freiheit in Christus
Aber stopp mal, warum eigentlich Druck? Jesus hat nie von Druck gesprochen als Kennzeichen eines christlichen Lebens. Irgendwie scheine ich da etwas falsch verstanden zu haben. Wenn ich mich unter Druck fühle – und vielleicht kennst du das von dir – offenbart mir das, dass ich einem irreführenden Gedanken aufgesessen bin, nämlich dem, dass es von mir abhängt.
Und wie oft sitze ich diesem Gedanken auf? Ich versuche, dieses 24/7-Abenteuer, genannt Leben und Nachfolge, allein zu meistern – aus meiner Kraft, aus meinen Möglichkeiten, aus meinen Begabungen und Fähigkeiten. Ich schaue auf mich und drehe mich um mich selbst. Ich lebe aus mir heraus. Das macht müde und raubt mir auch meine Freude, weil ja dann alles von mir abhängt.
Aber genau daraus hat Jesus mich doch befreit: dass es nicht von mir abhängt. Genau deswegen ist er doch in diese Welt gekommen, damit ich mich eben nicht mehr um mich selbst drehe, damit ich nicht mehr ableisten und unter diesem Druck zusammenbrechen muss, weil ich es nicht schaffe.
Ich lebe oft so, leider, als würde ich noch im alten Bund leben, also unter dem Gesetz. Das Gesetz hat Verhaltensregeln, die ich befolgen muss, um selbst gerecht zu werden. Und das versuche ich auch oft, weil ich vergessen habe, dass ich daraus doch befreit bin – zu einem neuen Bund. Wir leben in einem neuen Bund, nämlich dem des Glaubens, dass Jesus es schon vollbracht hat.
Alles, was das Gesetz fordert, hat er schon erfüllt. Er ist auch der Einzige, der es erfüllen konnte. Wir können es nicht erfüllen – das können wir auf den tausenddreihundertundx Seiten unserer Bibel lesen. Und das Gute ist: Wir müssen es auch nicht länger versuchen. Wir leben jetzt in einem neuen Bund. Wir leben in dem Wort von Jesus, das er am Kreuz gesagt hat: Es ist vollbracht.
Er hat am Kreuz alles vollbracht, was es braucht. Er hat vollbracht, was es für uns braucht, um vor Gott gerecht zu sein. Es ist vollbracht. Punkt. Es hängt nämlich alles von ihm ab.
In Galater 5,1 heißt es: „So steht nun fest in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, und lasst euch nicht wieder in ein Joch der Knechtschaft spannen.“ Christus hat uns befreit zu einem Leben in Freiheit, nicht in Knechtschaft.
Und da heißt es noch weiter in Vers 4: „Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt.“ Und genau so ist es: Wenn ich aus mir selbst gerecht werden will, habe ich Christus verloren. Dann habe ich ihn aus dem Blick verloren, vergessen, dass doch alles von ihm abhängt.
Aber das Schöne ist – Gott sei Dank –, sobald ich das merke, darf ich einfach zu ihm zurückkehren, meinen Blick wieder auf ihn richten und sagen: Jesus, danke, es geht doch gar nicht um mich, es hängt doch gar nicht von mir ab, sondern von dir.
Und immer, wenn ich das wieder so checke für mich, dann spüre ich diese Freiheit, dann spüre ich eine neue Freude an Jesus und meiner Beziehung zu ihm. Dann werde ich erinnert: Er ist so gut, er liebt mich, er hat alles vollbracht, er ist alles, was ich brauche.
Und er – das ist das Coole – will sich mir schenken, sein Leben in mir leben, damit ich nicht mehr allein reisen muss. „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ – er ist all das Gute, und das will er in dir leben.
Was für eine gute Botschaft: Nicht du, sondern er! Ja, diese Erkenntnis war mit 15 Jahren so der Knackpunkt, wie ich zum Glauben gekommen bin. Und ich habe das Gefühl, das muss ich mein ganzes Leben lang durchbuchstabieren. Darauf kommt es bei mir ganz oft wieder zurück.
Und diese Erkenntnis ist nämlich auch der springende Punkt, ob wir ein Leben in Freude oder unter Druck leben. Ich würde behaupten, Jesus hat sich nicht für uns gegeben, damit wir ein Leben unter Druck leben, sondern in Fülle und Freude.
Wie war der Vers noch mal? Zu einem Leben unter Druck hat uns Christus befreit? Nein, zu einem Leben in Freiheit hat er uns befreit.
Die Rolle des Nachfolgers: Freude an Jesus und tägliche Erinnerung
Okay, wenn alles von Jesus abhängt, was ist dann eigentlich unsere Aufgabe in diesem Ganzen? Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir uns jeden Tag daran erinnern und uns einfach an Jesus freuen. An ihn, an die Gemeinschaft mit ihm, an das, was er gemacht hat, und an seine Liebe.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns als Glaubensgeschwister immer wieder auf Jesus verweisen. Wir sollen von uns wegsehen und auf ihn schauen, denn oft fallen wir auf die Lüge herein, dass es an uns hängt. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Alles hängt an Jesus. Wir brauchen ihn nicht nur am Tag X, wenn wir mal mit ihm gestartet sind, sondern jeden Tag. Er ist auch heute derjenige, auf den es in deinem Leben ankommt.
Wenn wir ernst nehmen, dass Jesus uns zu dem macht, was wir als Christen sind, dann geht unser Leben als Christ auch nur mit ihm. Nur er kann das christliche Leben – also sein Leben – durch seinen Geist in uns leben. Wenn wir es allein versuchen, ist es so, als wollten wir ein Auto schieben. Das macht keinen Sinn. Keiner von euch würde ein Auto schieben, denn ein Auto ist dafür nicht gemacht. Es ist viel zu schwer und hat einen Motor.
Major Iain Thomas, der Gründer der Fackelträger, schreibt: Welch ein Narr also, was für ein blöder Typ würde sich ein Auto mit einem vielen PS starken Motor kaufen und es dann schieben wollen? Würde er nicht bald vor Erschöpfung aufgeben und versuchen, den Wagen so schnell wie möglich wieder loszuwerden? So töricht das Bild auch ist, es ist das Bild vieler Christen.
Als Gott dich durch das kostbare Blut seines Sohnes erkaufte, schenkte er dir auch einen starken Motor – nämlich nichts Geringeres als das Auferstehungsleben seines Sohnes. Darum hör auf, mit eigener Kraft zu schieben. Dir steht ein Motor zur Verfügung, wusstest du das?
Wie der Motor im Auto, so will Jesus in deinem Leben deine Kraft, deine Freude, deine Liebe sein – eben dein Motor.
Daniel als Vorbild für eine lebendige Beziehung zu Gott
Wie das funktioniert und was dafür nötig ist, wollen wir uns an zwei Bibelstellen anschauen. Die erste nimmt uns mit auf eine Zeitreise. Wir gehen etwa zweitausendsechshundert Jahre zurück und wechseln auch den Kulturkreis. Wir reisen nach Babylon im heutigen Irak.
Vielleicht kennt ihr die eine oder andere Geschichte von einer Person, um die es jetzt gleich gehen wird. Besprecht euch doch mal kurz zu zweit, links oder rechts, mit jemandem, um welche Person es sich handeln könnte. Daniel – stimmt, wer wusste das? Wer hat es auch gewusst? Genau, vielleicht kennt ihr die eine oder andere Geschichte von Daniel.
Er war zusammen mit anderen aus dem Volk Israel nach Babylonien verschleppt worden. Das war an sich gar nicht cool: fremde Kultur, andere Gepflogenheiten, ein Volk mit fremden Göttern. Es wird berichtet, wie er auserwählt wird, an den Hof des Königs zu kommen. Dann heißt es: Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, sich nicht mit der feinen Speise des Königs und mit dem Wein, den er trank, zu verunreinigen. Er erbat sich vom obersten Kämmerer, dass er sich nicht verunreinigen müsse. Gott gab Daniel Gnade und Barmherzigkeit vor dem obersten Kämmerer.
Was wir bei Daniel sehen, und was ich sehr beeindruckend finde, ist seine große Treue zu Gott. Noch wichtiger als Karriere und Aufstieg ist ihm, Gott treu zu bleiben. Und Gott belohnt das. Nach zehn Tagen geht es Daniel und seinen Freunden auch ohne das pompöse Essen des Königs besser als den anderen Kandidaten. Außerdem gibt Gott ihnen zusätzlich Weisheit und Verständnis, und Daniel kann sogar Träume deuten. So kommt Daniel in den Dienst für den König.
Dann geht es weiter im Kapitel sechs, Daniel 6,1-11:
„Und Darius, der Meder, empfing das Königreich, als er zweiundsechzig Jahre alt war. Darius aber befand es für gut, hundertzwanzig Satrapen, das sind Statthalter, über das Reich zu setzen, die im ganzen Reich verteilt sein sollten, und über diese drei Minister, von denen Daniel einer war. Diesen sollten jene Statthalter Rechenschaft ablegen, damit der König keinen Schaden erleide.
Da sich nun dieser Daniel vor allen Ministern und Statthaltern auszeichnete, weil ein so vortrefflicher Geist in ihm war, so nahm sich der König vor, ihn über das ganze Reich zu setzen. Da suchten die Minister und Statthalter eine Anklage gegen Daniel zu finden, im Hinblick auf die Regierungsgeschäfte. Aber sie konnten keine Schuld oder irgendetwas Nachteiliges finden, weil er treu war und keine Nachlässigkeit noch irgendein Vergehen bei ihm gefunden werden konnte.
Da sprachen jene Männer: ‚Wir werden gegen diesen Daniel keinen Anklagegrund finden, es sei denn im Gesetz seines Gottes.‘ Darauf bestürmten jene Fürsten und Statthalter den König und sprachen: ‚König Darius, mögest du ewig leben! Sämtliche Minister des Königreichs, die Vorsteher und Satrapen, die Räte und die Statthalter erachten es für ratsam, dass eine königliche Verordnung aufgestellt und ein Verbot erlassen werde, wonach jeder, der innerhalb von dreißig Tagen irgendeine Bitte an irgendeinen Gott oder Menschen richtet außer an dich allein, o König, in die Löwengrube geworfen werden soll.
Nun, o König, erlasse das Gebot und unterschreibe das Edikt, das nicht abgeändert werden darf, nach dem Gesetz der Meder und Perser, welches unwiderruflich ist.‘ Daraufhin unterschrieb der König das Edikt und verbot es.
Als nun Daniel erfuhr, dass das Edikt unterschrieben war, ging er hinauf in sein Haus, wo er in seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem hatte. Und er fiel dreimal am Tag auf die Knie nieder und betete und dankte vor seinem Gott, ganz wie er es zuvor immer getan hatte.“
Daniel verrichtete alle Regierungsgeschäfte absolut gewissenhaft. Er machte einen richtig tollen Job. Und dann das: Die anderen Minister sind neidisch und fädeln eine Intrige gegen ihn ein. Ganz schön gemein. So etwas bleibt Männern und Frauen Gottes nicht immer erspart.
Ein Verbot wird erlassen: Keiner darf in den nächsten dreißig Tagen irgendeine Bitte an einen Gott oder irgendeinen Menschen richten außer nur an den König. Die Strafe bei Missachtung ist die Löwengrube. Was für ein krasses Gebot, was für eine Intrige! Sie haben nämlich herausgefunden, dass es einen springenden Punkt in Daniels Leben gibt – nämlich seine Beziehung zu Gott.
Daniel wusste nicht, was wir wissen, aber er wusste eines: Ohne seinen Gott kann er einpacken. Er will und kann nicht ohne seinen Gott leben. Ich will uns das absolut verdeutlichen: Das Erste, was Daniel macht, als er von dem Gebot erfährt, ist, dass er in sein Zimmer geht und betet. Was für ein Mut! Was für eine Überzeugung!
Oder ist es doch eher so, dass Daniel weiß, wie abhängig er von Gott ist und wie sehr er ihn braucht? Dass alles, was er in Babylon erlebt hat, durch Gott und seine Gnade geschehen ist, dass es nicht sein eigenes Verdienst war, sondern vielmehr Gottes Wirken? Gott war seine Kraft, seine Hilfe, seine Weisheit – alles! Er wusste: „Ich brauche den Herrn.“ Aus dieser Beziehung hat er gelebt, diese Verbindung hat er über den Tag hinweg gehalten, und sie war der geheime Motor seines Lebens.
Die Bedeutung der täglichen Verbindung zu Gott
Wie ist es bei uns? Leben wir auch so in und aus dieser engen Beziehung? Sind wir ebenso vom Herrn abhängig? So wie Daniel Essen brauchte, brauchte er auch Zeit mit Gott.
Essen ist wichtig und lebensnotwendig – das würden wir alle sagen. Meistens nehmen wir uns mindestens dreimal am Tag Zeit dafür. Daniel aber hat in Gottes Gegenwart etwas gefunden, das für ihn genauso wichtig und lebensnotwendig war. Deshalb hat er nicht nur dreimal am Tag gegessen, sondern auch dreimal am Tag auf seinen Knien gebetet und gedankt.
In so einer Abhängigkeit liegt der Schlüssel für unser Leben als Christen. Wer weiß, dass alles von ihm abhängt, bleibt ganz selbstverständlich mit ihm verbunden. Es braucht unsere Verbindung zu Jesus, damit er unser Motor sein kann. Denn er ist die ganze Zeit da – das hat er versprochen: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage.“ Das ist das Thema heute, das Motto.
Die Frage ist eher: Wo sind wir? Wie sieht unser Tag aus? Womit füttern wir uns? Suchen wir bewusst die Verbindung zu unserer Kraftquelle? Oder surfen wir überall herum, schenken allem unsere Aufmerksamkeit, nur nicht ihm? Und dann wundern wir uns vielleicht, dass wir so wenig mit Jesus erleben und das Gefühl haben, alles alleine machen zu müssen.
Indem wir Jesus unsere Aufmerksamkeit schenken, werden wir uns seiner Gegenwart bewusst. „Ich bin da“, hat er gesagt. Wir betreten dann einen heiligen Raum, der vorher auch da war, aber wir waren mit allem beschäftigt und haben ihn vielleicht gar nicht wahrgenommen. Erst jetzt, wenn wir eintreten, wird dieser Raum zum Raum unserer Möglichkeiten.
Ich vermute, die Minister bei Daniel haben gespürt, dass hinter Daniel ein Größerer stand – mit mehr Power, mehr Möglichkeiten, mehr Frieden. Deshalb haben sie versucht, ihn genau dort zu packen.
In dieser Beziehung liegt unser Reichtum. Meine Vermutung ist, dass deshalb auch die Pflege dieser Beziehung so umkämpft ist. Es gibt so viel, das uns den ganzen Tag ablenken will. Und ich spreche da aus absolut eigener Erfahrung.
Drei Prinzipien für eine beständige Beziehung zu Gott
Also, was können wir von Daniel lernen? Wie hat er sich diese Zeit mit Gott bewahrt, obwohl seine Umstände nicht besser waren als unsere? Er war in einem fremden Land, mit einer fremden Kultur, und hatte einen wirklich herausfordernden Job.
Was können wir bei ihm sehen? Das sind drei Dinge:
Erstens: Er hatte einen festen Ort für seine Begegnung mit Gott. Im oberen Stockwerk seines Hauses betete er in Richtung Jerusalem. Ein fester Ort also.
Zweitens: Er hatte eine feste Zeit – dreimal am Tag. Wahrscheinlich war das jeden Tag zur gleichen Zeit.
Drittens: Es war eine feste Angewohnheit für ihn, eine Gewohnheit, die er selbst unter großem Stress, wie in dieser Geschichte, nicht aussetzte. Diese Zeit war ein fester Bestandteil seines Tages.
Wie bewahrst du dir diese intensive Zeit mit Gott in deinem Alltag? Was kann dir helfen, dass sie nicht hinten runterfällt? Manchmal sind es nur ein paar kleine Weichenstellungen, aber die sind wichtig.
Vielleicht ist es ein fester Ort. Das kann irgendwo drinnen sein, oder manche beten auch gern, wenn sie spazieren gehen. Oder vielleicht ist es eine feste Zeit, die du vielleicht schon mal hattest, aber gerade nicht mehr.
Denn eines ist sicher: Eine Beziehung – jede Beziehung, vor allem eine Liebesbeziehung – will gepflegt werden. Von nichts kommt nichts. Wenn man keine Zeit miteinander verbringt, entsteht auch nichts.
Wir können nicht erwarten, dass Jesus sein Leben in uns ausbreitet und unsere treibende Kraft ist, wenn wir nicht in seine Gegenwart eintreten und nie wirklich bei ihm sind.
Die zweite Bibelstelle: Jesus als Weinstock und wir als Reben
Das bringt uns zur zweiten Bibelstelle, die zu meinen Lieblingsstellen gehört. Ihr kennt sie vielleicht auch: Johannes 15. Dort sagt Jesus Folgendes:
„Bleibt in mir, und ich bleibe in euch. Gleichwie die Rebe nicht von sich aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“
In Neufen haben wir auch einen Weinberg. Deshalb ist mir dieses Wort besonders bildlich vor Augen. Ich gehe dort sehr oft spazieren und sehe immer wieder Leute arbeiten. Meistens, wenn die Sonne scheint, schneiden sie die Äste, also die Reben, ab. Diese fallen dann meistens auf den Boden. Jedem ist klar, dass an den Reben, die auf dem Boden liegen, im Herbst nichts mehr wachsen wird – sie sind einfach weg.
Eine Rebe gehört aber eigentlich an den Weinstock. Das ist ihre erste und wichtigste Bestimmung: dort soll sie wachsen. Ohne den Weinstock ist sie nichts. So ist auch unser Leben als Christen gedacht: Wir sollen in ständiger, enger Beziehung zu Jesus leben und an ihm dranbleiben, so wie normalerweise eine Rebe am Weinstock bleibt.
Daniel finde ich darin ein echtes Vorbild. Er hat sich schon morgens auf Gott ausgerichtet. Neulich habe ich gehört: „Before you face the day, face the Father.“ Auf Deutsch heißt das: Bevor du den Tag in den Blick nimmst, nimm den Vater in den Blick. Das ist ein cooler Satz, den man sich gut merken kann. Diese Worte kommen mir zurzeit immer wieder in den Sinn, wenn ich aufwache.
Das ist gut, denn das führt gleich ins Gebet. Wir brauchen diese stille, bewusste Zeit mit Gott, in der wir ihm unsere Aufmerksamkeit schenken. Aber genauso wichtig ist, wie unser Tag dann weitergeht. Es reicht nicht, nur morgens kurz mit Jesus zu leben.
Denn eine Rebe sagt nicht irgendwann: „Tschüss, jetzt schaffe ich es alleine.“ Vielmehr bleiben wir den ganzen Tag über mit ihm in Verbindung. Wir schauen immer wieder zu ihm auf, freuen uns an ihm und vergewissern uns, dass er mit dabei ist. So kann er unsere Kraft und unsere Freude sein.
Persönliche Erfahrungen und praktische Anwendung
In Neufen machen wir immer nach den Sommerferien eine WG. Das heißt, wir als Mitarbeiter ziehen mit Jugendlichen zusammen ins Gemeindehaus. Da ist dann richtig viel los.
Das Konzept ist, dass jeder zur Schule oder zur Arbeit geht und anschließend alle wieder zusammen ins Gemeindehaus kommen. Dort kochen wir gemeinsam, essen zusammen, spielen Spiele, lesen die Bibel und haben ein Abendprogramm.
Das ist eine wirklich tolle Woche mit viel Gemeinschaft und geistlichem Wachstum. Aber ich weiß auch jedes Jahr, dass es eine gefüllte und wirklich herausfordernde Zeit für mich wird. Ich muss viel früher aufstehen, als ich es normalerweise im Alltag tue, und ich gehe spät ins Bett. Zudem gibt es unzählige Themen, die tagsüber auftauchen und um die ich mich kümmern muss.
Letztes Jahr war es so: Ich kam aus bewegten Ferien, irgendwie aus dem Urlaub, und ich wusste, dass ich nicht in guter Verfassung bin. Um diese Woche zu schaffen, musste ich mich ganz eng an Jesus halten. Das war so ein inneres Wissen, das ich hatte.
Aus männlicher Sicht ist das eigentlich eine Bankrotterklärung. Aber was ich mit dieser Einstellung erlebt habe, war einfach der Hammer. Innerlich sah das so aus, dass ich immer versucht habe, so nah wie möglich an Jesus zu sein und mit ihm zu connecten, weil ich wusste, dass ich es ohne ihn nicht schaffe.
Zwischen Abwaschen, Putzen und Vorbereiten habe ich immer wieder an Jesus gedacht – so für einen kurzen Moment. Manchmal war es einfach die Erinnerung: „Du bist jetzt da“ oder „Ich mache das hier für dich“. Das war so ein innerliches Auf-Jesus-Schauen.
Es war eine großartige Erfahrung. Ich kann wirklich sagen, dass ich so gut durch diese WG gekommen bin wie in den Jahren zuvor nie. Ich hatte Ausdauer, wo ich sonst schon nach Tag zwei müde, abgeschlagen und fertig war.
Dann gab es noch einen Moment in der Küche. Manchmal passiert etwas Unvorhergesehenes, zum Beispiel steht noch etwas herum, das jemand hätte wegräumen können. Normalerweise rege ich mich dann richtig auf. In dieser Situation war es aber total krass – ich glaube, ich habe das so stark noch nie erlebt. Ich merkte: Jetzt ist der Moment, in dem ich mich aufregen würde. Ich kann diesen Weg weitergehen und mich aufregen oder es auch anders machen.
Dann war es, als ob es mich ein bisschen runtergeholt hat. Ich dachte: „Okay, kein Problem, ich mache das jetzt. Macht mir ja auch nichts, dann räume ich es halt weg.“ Wirklich, ich konnte diesen Aufregmoment im Keim ersticken.
Ich glaube wirklich, das lag daran, dass ich so in Verbindung mit Jesus war und die Woche auf ihn bezogen erlebt habe. Meine Erfahrung war: Weil ich so auf Jesus geschaut habe und ihn gebraucht habe, habe ich auch total viel mit ihm erlebt.
Das Coole ist: Innerlich auf Jesus zu schauen, kannst du in jedem Schulunterricht, in deiner Univorlesung, in jeder Sitzung, beim Sport, in der Küche, beim Warten an der Schlange oder im Supermarkt – eigentlich bei jeder Tätigkeit in deinem Alltag.
Normalerweise merkt das keiner. Aber du bekommst neue Kraft und Freude. Abhängig von Jesus zu leben ist die einzige Abhängigkeit, die uns wirklich zum Leben führt. Von Jesus abhängig zu leben ist nicht negativ, sondern die beste Erfahrung, die du machen kannst.
Fruchtbarkeit durch Verbindung mit Jesus
Ich bin der Weinstock, sagt Jesus, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.
Im Normalfall, wenn die Rebe mit dem Weinstock verbunden bleibt, gibt es sogar einen Nebeneffekt: Im Herbst wachsen leckere Trauben. Dafür muss sich die Rebe nicht einmal groß anstrengen. Die Früchte sind einfach ein Nebenprodukt aus der Beziehung zum Weinstock.
Ich glaube, so ist es auch, wenn wir mit Jesus verbunden bleiben. Daraus werden gute Früchte wachsen. Die Bibel nennt uns einige davon in Galater 5: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung.
Eigentlich hätte ich mich in der Küche aufgeregt, aber weil da so eine innere Zwiesprache mit Jesus war, konnte ich gelassen bleiben – zumindest in diesem Moment.
Ich bin absolut auf dem Weg, und der Herr ist geduldig mit mir. Er geht mit mir weiter, damit ich das weiter in meinem Alltag einübe. Denn es geht nicht von heute auf morgen. Aber er ist es, der uns bewirken kann, dass es gelingt. Es geht nicht um uns, wir brauchen ihn, er ist alles.
Wir sind Menschen mit Schwächen und machen nicht immer alles richtig. Aber mit Jesus wird es gut, wenn er nur in unserem Leben ist. Ich glaube, wir brauchen uns nicht so viel auf unsere Fähigkeiten einzubilden. Denn wer ist groß? Gott wirkt durch schwache Menschen.
Gott braucht keine Helden. Du musst keiner sein. Er braucht nur Menschen, die sich ihm zur Verfügung stellen. Je klarer wir das jeden Tag vor Augen haben, desto fröhlicher werden wir glauben und leben. Denn dann verlassen wir uns ganz auf ihn und schauen auf ihn – und das befreit.
Schlussgebet
Ich möchte noch beten. Jesus, ich danke dir, dass du der Weinstock bist. Wir sind nur die Reben, wir sind nur die Nachfolger. Du bist der, auf den es in unserem Leben ankommt.
Ich danke dir, denn das ist eine so befreiende Botschaft. Ich danke dir, weil sie den Druck nimmt, unter dem wir oft stehen.
Ich bete, dass wir das in der kommenden Woche erfahren: Dass wir, wenn wir uns eng an dich halten, nichts weiter brauchen. Du bist mächtig und kannst in unserem Leben handeln. Du bist unser Motor.
Lass uns das erleben, jeden von uns. Ja, ich danke dir einfach für dein Wort, das so mutmachend und hilfreich für unser Leben ist.
Amen.
