Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 643: Der reiche Jüngling, Teil 9
Ein unerwartetes Gespräch über das ewige Leben
Der Herr Jesus unterhält sich mit einem jungen, reichen Obersten, der ihn nach dem ewigen Leben fragt. Obwohl der Fragesteller interessiert scheint, führt die Antwort des Herrn Jesus dazu, dass dieser traurig weggeht. Er will seinen Besitz nicht weggeben und auch nicht Jesus nachfolgen.
Daraufhin erklärt der Herr Jesus, wie schwer es ist – ja, aus eigenem Antrieb unmöglich –, für einen Reichen gerettet zu werden.
In Markus 10, Verse 24-27 heißt es: Die Jünger aber erschraken über seine Worte. Jesus aber antwortete wieder und sprach zu ihnen: „Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes hineinzukommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.“
Sie aber gerieten ganz außer sich und sprachen zueinander: „Wer kann denn dann gerettet werden?“ Jesus aber sah sie an und sprach: „Bei Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott sind alle Dinge möglich.“
Die Herausforderung der Jünger und ihre Sicht auf Errettung
Merkt ihr, wie die Jünger mit dem, was Jesus sagt, überhaupt nicht klarkommen? Woran liegt das?
Es liegt daran, dass der junge reiche Oberste auch für die Jünger Jesu der Inbegriff eines Anwärters auf das ewige Leben war. Sie können sich nicht vorstellen, dass irgendjemand bessere Voraussetzungen und mehr Anrecht auf das ewige Leben hat als dieser junge Mann. Deshalb kommt die ehrlich erschrockene Frage: Wer kann dann errettet werden?
Hier wird die Soteriologie der Jünger, also ihre persönliche Sicht auf das Thema Errettung, völlig auf den Kopf gestellt. Wenn der nicht, wer dann? Hätte man die Jünger vor dem Gespräch Jesu mit dem reichen Jüngling gefragt, wie jemand sein muss, der das ewige Leben verdient, hätten sie auf einen reichen, frommen Obersten getippt.
Warum? Weil in ihrem Denken gute Werke, Frömmigkeit und Status das ewige Leben sichern. Und ist es nicht so, dass auch heute viele Christen genau das glauben? Das Päckchen für Weihnachten im Schuhkarton, ein Compassion-Patenkind, regelmäßiger Gottesdienstbesuch, ein kleiner Dienst in der Gemeinde und ein vernünftiges Einkommen – sind das nicht die Kriterien, nach denen Gott bemisst, ob jemand ewiges Leben bekommt?
Man könnte es fast meinen. Ich sage das bewusst leicht ironisch, weil es sich vielleicht auch für uns lohnt, ein wenig zu erschrecken. Vielleicht muss Jesus auch unser Denken zum Thema Errettung immer mal wieder auf den Kopf stellen, weil sich da merkwürdige Lügen eingeschlichen haben.
Die Frage nach der Rettung und die Unsicherheit der Jünger
Die Jünger geraten jedenfalls ganz außer sich. Wenn es stimmt, dass ein Reicher nur gerettet werden kann, wenn Gott ein Wunder vollbringt, was ist dann mit den Normalos? Diese Frage steht plötzlich im Raum.
In Matthäus 19,27 antwortete Petrus und sprach zu Jesus: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns nun werden?“ Spürt ihr auch die Ambivalenz der Jünger? Einerseits haben sie genau das getan, was Jesus von dem reichen Jüngling verlangte. Sie haben alles verlassen und sind Jesus nachgefolgt.
Andererseits sind sie von der plötzlichen Wendung des Gesprächs so geschockt, dass sie sich fragen, ob das reicht. Da ist plötzlich eine Unsicherheit: Was wird uns werden? Und ganz ehrlich, das ist eine wirklich gute Frage. Sie ist gut, weil sie sich mit dem Kern von Errettung beschäftigt.
Hier fragen sich die Jünger, ob es reicht, was sie tun. „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.“ Reicht das, Herr Jesus? Die Antwort Jesu wird eindeutig sein: Ja, das reicht, mehr braucht es nicht.
Aber vermutlich schwingt noch ein anderes Thema mit. Nicht nur, ob unser Einsatz reicht, sondern auch: Was bekommen wir für unseren Einsatz? Die Jünger haben sich, glaube ich, noch lange nicht von der Idee verabschiedet, dass Errettung eine Art Deal ist. Ich investiere in den Fonds „Reich Gottes“, und Gott zahlt mir dann gemäß meines Investments eine Rendite.
Bei solchen Gedanken müssen wir ganz vorsichtig sein.
Jesu Antwort auf die Frage der Jünger
Deshalb reagiert Jesus auf die Frage von Petrus auf dreifache Weise. Erstens prophezeit er die Zukunft der Jünger. Zweitens beschreibt er ihr irdisches Leben als Mitglieder in der Ekklesia des Messias. Drittens muss er ihnen den Zahn ziehen, dass sie nicht mehr ewiges Leben erhalten, nur weil sie von Anfang an dabei sind.
Darüber handelt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Zu den drei Punkten wird in den nächsten Episoden mehr gesagt.
Heute soll jedoch nur eine Frage beleuchtet werden: Was heißt es eigentlich, alles zu verlassen? Genau hier hilft uns das Beispiel des Petrus.
Der wahre Sinn des „Alles Verlassens“
Petrus sagt: „Siehe, wir haben alles verlassen.“ Jesus widerspricht ihm nicht, er korrigiert ihn nicht und sagt auch nicht: „Petrus, du übertreibst doch, du hast doch noch dein Haus, deine Familie, dein Netz und dein Boot.“ Im Gegenteil, Jesus bestätigt, dass Petrus zu denen gehört, die alles verlassen haben, um ihm nachzufolgen.
Doch wir wissen, dass Petrus weiterhin Besitz hatte. Nach seiner Berufung kehrt Jesus immer wieder in sein Haus ein. Er nutzt auch sein Boot, um über den See Genezareth zu fahren. Petrus bleibt verheiratet. Er war nicht plötzlich ein heimatloser Asket ohne jede Bindung.
Und genau darin liegt eine entscheidende geistliche Wahrheit: Alles verlassen bedeutet nicht zwangsläufig, alles zu verkaufen. Es bedeutet nicht automatisch, sich radikal von jedem Besitz zu trennen. Das kann es bedeuten, wenn Jesus es konkret fordert, wie beim reichen Jüngling. Aber das muss es nicht.
Alles verlassen ist zuerst einmal ein Herrschaftswechsel. Petrus gehört nicht mehr sich selbst. Sein Leben, seine Zeit, seine Kraft, sein Besitz – all das stand nun Jesus zur Verfügung. Sein Haus war nicht länger sein Haus, sein Boot war nicht länger sein Boot. Alles, was er hatte, stand Jesus zur Verfügung.
Und genau dieser Herrschaftswechsel steht hinter „Siehe, wir haben alles verlassen“. Nachfolge heißt eben nicht, dass ich weiterhin über mein Leben bestimme. Nachfolge heißt, Jesus hat uneingeschränkten Zugriff auf alles. Er entscheidet, wozu ich habe, was ich habe.
Als Jünger Jesu verwalte ich nicht mehr mein Leben, sondern ich verwalte sein Eigentum. Damit wird auch klar, warum Petrus tatsächlich alles verlassen hatte. Beim Verlassen geht es zuerst um die Frage: Wer hat in meinem Leben das letzte Wort? Wer gibt den Ton an? Wer sitzt wirklich auf dem Thron?
Alles verlassen heißt, Jesus zu sagen: „Nimm, was ich habe, nimm, was ich bin, verfüge vollständig darüber.“ Und wenn Jesus sagt: „Gib es weg“, dann gibst du es weg. Und wenn er sagt: „Behalte es, aber nutze es für mich“, dann tust du genau das.
Die entscheidende Frage zur Nachfolge
Die Frage aller Fragen lautet also: Haben wir wirklich alles verlassen? Oder haben wir Jesus nur in unser Leben aufgenommen, ohne ihm wirklich die Kontrolle zu übergeben?
Im Blick auf das ewige Leben geht es nicht darum, was ich aufgegeben habe oder ob ich genug getan habe. Vielmehr stellt sich die Frage: Wem gehört mein Leben?
Du könntest jetzt überlegen, wo du ganz persönlich stehst. Hast du schon alles aufgegeben, oder sitzt du noch zwischen den Stühlen? Gibt es bestimmte Teile deines Lebens, die du nicht loslassen willst?
Abschluss und Segenswunsch
Das war es für heute. Mach einen langen Spaziergang und nutze die Zeit, um mit Gott über dein Leben zu sprechen. Frage ihn, ob es etwas gibt, das er dir sagen möchte.
Der Herr segne dich. Erlebe seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
