Wiederaufnahme der himmlischen Vision und Parallelen zu früheren Offenbarungen
Wir sind jetzt angelangt in Offenbarung Kapitel 15, Vers 5. Dort lesen wir folgendes: „Nach diesem sah ich, und siehe, das Tempelheiligtum im Himmel wurde geöffnet, die Zeltwohnung des Zeugnisses.“
Als wir die letzte Visionenreihe begannen zu lesen, fanden wir in Kapitel 11, Vers 19 folgende Aussage: „Und es wurde geöffnet das Tempelheiligtum Gottes im Himmel, und es wurde gesehen die Lade seines Bundes in dem Tempelheiligtum.“
Diese zwei Verse sind sehr parallel. In Kapitel 11, Vers 19 hieß es: „Geöffnet das Tempelheiligtum Gottes im Himmel.“ Und hier in Kapitel 15, Vers 5 steht: „Geöffnet das Tempelheiligtum Gottes im Himmel, die Zeltwohnung des Zeugnisses.“
Diese beiden Verse sind parallel, nämlich Kapitel 11, Vers 19 und Kapitel 15, Vers 5. Sie lauten teilweise genau gleich.
Ich möchte daran erinnern, dass wir gesehen haben, dass die Kapitel dazwischen, also Kapitel 12 bis 14, eine nähere Erläuterung dessen sind, was wir in der Zwischenphase zwischen der sechsten und der siebten Posaune erfahren haben.
Nach der sechsten Posaune gab es eine Unterbrechung. Dort hatten wir Kapitel 10 und Kapitel 11, in denen die Geschichte mit den zwei Zeugen und dem aufsteigenden Tier erzählt wird.
Diese Ereignisse wurden dann in den Kapiteln 12 bis 14 näher erläutert. In diesen Kapiteln wird der Kampf der Zeugen Christi gegen das Tier beziehungsweise der Kampf des Tieres gegen die Zeugen Christi dargestellt.
Das wurde ausführlich in den Kapiteln 12, 13 und 14 beschrieben.
In Kapitel 15 wenden wir uns den Überwindern des Tieres zu. Die himmlische Perspektive zeigt, dass sie die Überwinder sind, während die irdische Perspektive sie als Verlierer darstellt. Sie sind jedoch nicht wirklich Verlierer.
Wir hatten also eine Unterbrechung zwischen Kapitel 11, Vers 19 und Kapitel 15, Vers 4. Eigentlich war dies eine eigene Visionenreihe, doch das Thema ist eine nähere Erläuterung dessen, was in Kapitel 11 gesagt wurde.
Jetzt wird das wieder aufgegriffen. Derselbe Vers aus Kapitel 11, Vers 19 wird hier in Kapitel 15, Vers 5 erneut erwähnt. Es heißt also erneut, dass das Tempelheiligtum im Himmel geöffnet wurde, und...
Die sieben himmlischen Boten und die Fortsetzung des Gerichts
Jetzt kommen die sieben Boten mit den sieben Plagen. Aus dem Tempelheiligtum traten die sieben himmlischen Boten hervor, die die sieben Plagen trugen. Sie waren bekleidet mit reinem und glänzendem Leinen und um die Brust mit goldenen Gürteln umgürtet.
Diese Boten kommen aus dem Heiligtum heraus. Was jetzt folgt, ist die Fortsetzung der Posaunenreihe. Die Posaunenreihe war wiederum die Fortsetzung der Siegelreihe. Es ist wie in dem Bild, das Johannes sah: Als das siebte Siegel geöffnet wurde, schien man am Ende zu sein, beim Endgericht. Doch dann sah er die sieben Posaunen. Und als der siebte Engel posaunte, wurde uns gesagt, dass dann der Zorn Gottes vollendet sei, das Geheimnis Gottes vollendet, das Gericht. Dann ist alles fertig.
So hatten wir einen Blick auf das Ende, als die siebte Posaune ertönte. Doch dazwischen kamen Verse, die den Kampf des Tieres gegen die Heiligen berichten. Jetzt greift der Text wieder genau dort an, wo er aufgehört hatte, und setzt fort. Es ist, als wolle er sagen: Ja, jetzt, nachdem die siebte Posaune ertönt ist und das Endgericht verkündet wurde, nachdem der Blick auf das Endgericht geworfen wurde, beschreibe ich nun dieses Endgericht.
Es wird hier dargestellt in Form eines Ausgießens von sieben Schalen. Gleich werden wir sehen, dass es keinen Aufschub mehr gibt. Alles geht sehr schnell, und es bleibt keine Zeit mehr zur Buße.
Die sieben Boten kommen aus dem Heiligtum, aus der Gegenwart Gottes. Sie sind an der Brust umgürtet, wie Könige, Fürsten und Priester. Sie sind bevollmächtigt, an der Brust umgürtet, ehrwürdig. Es sind keine Soldaten, denn die sind an der Lende umgürtet. Diese Priester aber sind Könige, die an der Brust umgürtet sind. Es sind Engel, die so auftreten, als seien sie ehrwürdig, mit goldenen Gürteln. Diese erinnern an die göttliche Heiligkeit, den göttlichen Wert und die göttliche Gerechtigkeit. Alles ist rein.
Eines der vier lebenden Wesen gab den sieben Boten sieben goldene Schalen, die mit dem Grimm Gottes gefüllt waren, des Gottes, der in alle Ewigkeit lebt. Diese goldenen Schalen sind Tempelgegenstände, die im Tempel immer benutzt wurden, um das Blut der Opfertiere aufzufangen. Hier aber sind es Schalen des Zorns, gefüllt mit dem Zorn Gottes, und zwar mit dem Zorn des Gottes, der in alle Ewigkeit lebt.
Man merkt, dass die Sprache an Kapitel 4 anknüpft: „Gott, der in alle Ewigkeit lebt“ wurde dort erwähnt. Dieser Thronsaal Gottes wird wieder aufgegriffen; von dort kommt das Gericht. Das Tempelheiligtum wurde erfüllt mit Rauch von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Kraft.
Die Betonung liegt auf der Herrlichkeit Gottes und auf der Macht Gottes. Er ist heilig, und weil er heilig ist, ist er herrlich. Er ist vollkommen heilig und herrlich auch in seinem Gericht. Ihm gebührt alle Herrlichkeit und alle Macht, der auf dem Thron sitzt, im Land.
Herrlichkeit und Macht – davon wird jetzt viel die Rede sein: von der Herrlichkeit Gottes und seiner Macht, von der Herrlichkeit der Braut und ihrer Macht sowie von der Herrlichkeit einer Hure und ihrer Scheinmacht.
Niemand konnte in das Heiligtum eintreten, bis die sieben Plagen der sieben Boten vollendet waren. Es ist, als wolle Gott nicht abgelenkt werden. Niemand kann jetzt hineintreten, denn alles ist erfüllt von der Heiligkeit Gottes.
Das Gericht kommt unmittelbar aus der Gegenwart Gottes heraus. Gott handelt hier in vollkommener Ruhe, nicht im Affekt. Es ist ein gerechtfertigter Zorn, ein überlegter Zorn. Jetzt braucht nicht mehr gebetet zu werden.
Die Ausgießung der sieben Schalen und die Gerichte über die Erde
Das Gericht kommt vom Altar. In Vers 7 heißt es: „Vom Altar hörte ich jemanden sagen: ‚Ja, Herr, du Gott, der Altar erinnert an die Gebete der Heiligen.‘“ Gott denkt immer noch an die Gebete der Heiligen.
In Kapitel 16, Vers 1, höre ich eine große, laute Stimme aus dem Heiligtum zu den sieben himmlischen Boten. Sie sagt: „Geht hin und schüttet die Schalen des Grimmes Gottes aus zur Erde hin.“ Der Erste ging weg. Hier hören wir wieder die Stimme aus dem Heiligtum. Alles ist in Ruhe, doch es herrscht große Heiligkeit.
Wir werden an die Plagen Ägyptens beim großen Auszug erinnert – dem ersten Auszug der Israeliten. Hier sehen wir den zweiten Auszug, jedoch in Gerichtsform. Das Gericht kommt über die Welt, wie damals das Gericht über Pharao kam. Der erste Engel ging weg und schüttete seine Schale auf die Erde aus. Es entstand ein schlimmes und böses Geschwür an den Menschen, die das Malzeichen des Tieres hatten und die seinem Bild huldigten.
Diese Menschen folgen nicht Jesus Christus. Es sind alle, die das Malzeichen des Tieres tragen und seinem Bild huldigen. Achten wir darauf: In Vers 2 schüttet der Erste seine Schale auf die Erde, der Zweite auf das Meer, der Dritte auf die Flüsse und Wasserquellen, und der Vierte auf die Sonne.
Hier sehen wir wieder die vier Teile der Schöpfung, wie wir es in Kapitel 14, Vers 7 gelesen haben: Gott, der Himmel und die Erde, das Meer und die Wasserquellen. Ebenso finden wir diese vier Teile in den vier Posaunen: Die erste Posaune betrifft das Meer, die zweite die Erde, die dritte das Meer, wo etwas geschieht, die vierte die Süßwasserquellen, und die fünfte die Gestirne.
Bei den Posaunen sind es jeweils Drittel, die betroffen sind. Hier bei den Schalen wird jedoch das Ganze getroffen. Jetzt kommt der Zorn Gottes in voller Wucht. Die erste Schale trifft die Erde, und es entsteht ein böses Geschwür. Das erinnert an die sechste Plage Ägyptens, bei der es ebenfalls Geschwüre gab. Ganz bewusst werden hier Parallelen zum Auszug aus Ägypten gezogen.
Die Menschen, die das Malzeichen des Tieres tragen, werden geplagt. Hier sehen wir, dass es nur zwei Gruppen von Menschen gibt: Die einen sind bereit zu sterben, beten aber das Tier nicht an und nehmen weder seinen Namen noch seine Zahl an. Die anderen sind dem Gericht verfallen, weil sie keine Buße getan haben. Es gibt nur diese zwei Arten.
Der zweite Engel schüttete seine Schale auf das Meer aus. Es entstand Blut, wie das eines Toten, und jede lebende Seele im Meer starb. Das erinnert an die fünfte Plage Ägyptens, als alles zu Blut wurde. Die Schöpfung läuft gewissermaßen rückwärts. Nicht nur ein Drittel, sondern alle Lebewesen im Meer sterben.
Bei der dritten Schale merken wir, dass es anders ist als bei den Posaunen und Ziegeln. Dort gab es immer einen neuen Befehl. Bei den Posaunen heißt es immer: Gott gibt einen Befehl, dann geht der Engel und posaunt. Hier jedoch kommt ein Befehl, und alle sieben Engel schütten gleichzeitig aus. Es geschieht schnell und zügig, ohne auf einen zweiten Befehl zu warten.
Der dritte Engel schüttete seine Schale auf die Flüsse und Wasserquellen aus. Auch sie wurden zu Blut. Das Trinkwasser wird zu Blut, ähnlich wie bei der ersten Plage in Ägypten. Nun bekommen die blutdürstigen Verfolger ihr Blut zurück.
In Vers 4 und 5 höre ich den Engel der Wasser sagen: „Gerecht bist du, Herr, der du bist und der du warst und der du der Heilige bist, weil du diese Gerichte vollstreckst. Sie haben das Blut von Heiligen und Propheten vergossen, und du gabst ihnen Blut zu trinken, denn sie sind es wert.“ Hier wird nochmals betont, dass Gott gerecht bleibt.
Es ist keine Ungerechtigkeit Gottes, dass er hier Gericht hält. „Gerecht bist du, Herr, der du bist und der du warst und der Heilige.“ Hier heißt es nicht „der du bist und der du warst und der da kommt“, denn jetzt kommt er gerade: Er kommt im Gericht, der Heilige. Bei Gott gibt es keine Unheiligkeit oder Unreinheit.
Weil diese Menschen das Blut der Heiligen und Propheten vergossen, gibt Gott ihnen Blut zu trinken. Wer das Volk Gottes angreift, bekommt es mit Gott selbst zu tun. Gott gibt es ihnen zurück. Wenn Pharao die Israeliten ins Wasser warf, warf Gott den Pharao ins Wasser. Das ist göttliche Gerechtigkeit. Menschen, die das Blut des Volkes Gottes vergossen haben, erhalten das gleiche Schicksal.
Sie sind es wert. Das Wort „wer ist würdig?“ haben wir noch im Ohr aus Kapitel 5. Wer ist würdig, das Buch zu öffnen? Hier sind diese Menschen würdig, dieses Gericht zu empfangen. Sie sind der Strafe würdig. Es ist keine Ungerechtigkeit bei Gott.
In Vers 7 höre ich eine andere Stimme vom Altar sagen: „Ja, Herr, Gott, du bist wahrhaftig und gerecht in deinem Gericht.“ Gott ist treu, zuverlässig und gerecht. Zur rechten Zeit schreitet er mit Gericht ein. Treu ist er in seinem Gericht, und gerecht ist er in seinem Gericht. Ich möchte das nochmals betonen.
Die weiteren Plagen und die Reaktion der Menschen
Vers 8, die vierte Schale, und der vierte Bote schüttete seine Schale über die Sonne aus. Es wurde ihr gegeben, die Menschen mit Feuer zu versengen. Die Sonne, die Quelle des Lebens, wird zur Quelle des Todes, zu einer Plage.
Diese Plagen sind Gericht. Gleichzeitig werden wir daran erinnert, dass die Menschen keine Buße tun. Hätten sie nicht doch im letzten Moment Buße tun können?
Die Menschen wurden mit großer Hitze versengt, und sie lästerten den Namen Gottes, der über diese Plage Vollmacht hatte. Doch sie taten keine Buße, um ihm Herrlichkeit zu geben. Sie lästerten.
Kein Mensch will Entschuldigung am Thron, am Gerichtsthron, vor dem weißen Thron haben. Diese Menschen lästern. Dreimal wird betont, dass die Menschen lästern: In Vers 11 noch einmal, wo es heißt, sie lästerten Gott, den Gott des Himmels. Und in Vers 21 noch einmal: „Und sie lästerten Gott wegen der Plage des Tages.“
Dreimal wird in diesem Kapitel betont, dass die Menschen nur noch Lästern in sich tragen. Sie taten keine Buße, um Gott Herrlichkeit und Ehre zu geben.
Das war die Botschaft der zwei Propheten: Gebt Gott die Ehre! Doch sie taten keine Buße, um Gott die Ehre zu geben.
Kann ein unbekehrter Mensch Gott Ehre geben? Ja, indem er sich bekehrt und Buße tut. So gibt der unbekehrte Mensch Gott Ehre. Aber das sagen sie nicht.
Gott bekäme Herrlichkeit, wenn ein Mensch Buße tut und aus seinem Mund spricht: „Herr, du bist würdig, und ich bin nicht würdig, ich habe die Hölle verdient.“ Wenn Menschen heute Buße tun, dann bekommt Gott Herrlichkeit und Ehre.
Aber sie gaben Gott nicht die Ehre. Sie taten keine Buße, um ihm Herrlichkeit zu geben.
Die fünfte und sechste Schale: Gericht über das Tier und sein Reich
Vers 10, jetzt die fünfte und sechste Schale. Wie bei den anderen gehören die ersten vier Schalen eng zusammen. Diese vier Teile der Schöpfung bilden eine Einheit. So ist es auch hier: Die ersten vier Schalen gehören zusammen und beziehen sich auf die vier Teile der Schöpfung. Bei den Posaunen war es so, bei den Siegeln war es so, dass die ersten vier zusammengehörten.
Hier gehören die ersten vier Schalen ebenfalls zusammen. Nun kommen noch zwei weitere hinzu, die fünfte und die sechste Schale. Abgesondert davon folgt dann noch die siebte Schale. Das geschieht jedoch ohne Zeitverzug, also ohne eine Verzögerung.
Bei den Siegeln gab es nach dem sechsten Siegel einen Zeitverzug. Man wartete, bis die Knechte Gottes versiegelt waren. Auch nach der sechsten Posaune gab es einen Zeitverzug. Zwar wurde gesagt, dass es keinen Verzug mehr gibt, wenn der siebte Engel posaunt, aber bis dahin sind die Zeugen Gottes unterwegs. Diese Propheten warnen die Menschen vor dem Gericht und rufen zur Buße auf. Es gibt also noch eine Verzögerung.
Bei den Schalen hingegen gibt es keine Verzögerung. Zweimal wird zur Buße aufgerufen beziehungsweise zweimal wird erwähnt, dass die Menschen Buße tun müssen. So ist es. Die Buße wird jedoch abgelehnt. Die Menschen litten in Gottes Himmel wegen ihrer Schmerzen und wegen ihrer Geschwüre. Sie taten keine Buße für ihre Werke. Die Geschwüre sind immer noch von der ersten Plage vorhanden, obwohl es bereits die fünfte Plage ist.
Die fünfte Plage, der fünfte Bote, schüttete seine Schale aus über den Thron des Tieres. Sein Königreich wurde finster. Interessant ist, dass es bei der fünften und sechsten Schale, und auch bei der siebten, vor allem aber bei der fünften und sechsten, um das Tier geht. Ebenso wie bei der fünften Posaune eine Finsternis kam, so kommt hier bei der fünften Schale eine Finsternis. Auch hier sehen wir wieder Parallelen.
Diese Parallelität zwischen den Posaunen und den Schalen sollte uns etwas sagen: Aha, das ist eine Vision, und diese Vision hat eine Botschaft. Im Grunde ist die Botschaft dieselbe wie bei den Posaunen, nur jetzt ist alles viel intensiver und alles geht schneller.
Die einzelnen Lebensbereiche des Menschen wurden angetastet, zuerst nur zu einem Drittel bei den Posaunen. Jetzt werden die Lebensbereiche des Menschen in den ersten vier Schalen vollständig angetastet. Die fünfte Schale betrifft also das Imperium des Tieres, den Thron des Tieres. Wir dürfen nicht vergessen, wer das Tier war. In Kapitel 13 haben wir gesehen, wer das Tier ist. Die Leser, die die Offenbarung damals lasen, wussten, wer das Tier ist.
Das Tier war dieses Weltreich, das damals herrschte. Die Köpfe waren die Herrscher dieses Weltreichs. Für die damaligen Leser war klar: Das Gericht kommt über das Tier, über dieses Weltreich. Das römische Weltreich verfolgte die Christen so sehr, dass das Gericht kommen würde.
Vielleicht sagen wir heute: Das kann ja nicht sein, das konnte nicht im Jahr siebzig, achtzig oder neunzig sein, nicht einmal im ganzen Jahrhundert. Vielleicht denken wir so. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der Herr Jesus zu den Menschen sagte: „Ich komme bald“ und „Die Zeit ist nahe“. Er wollte, dass sie das Gericht bald erwarten und ihnen klar ist, dass nur noch eine kurze Zeit bleibt.
Dass er dann doch verzögert hat, hängt gerade mit dem Grund zusammen, den wir im siebten Kapitel und in den Kapiteln zehn und elf gelernt haben. Der Grund war, damit Menschen noch Gutes tun können. Das ist die Eigenart der Prophetie, und viele Christen haben hier Schwierigkeiten.
Sie sagen: In der Bibel steht ja, der Herr Jesus kommt bald. Und damals hat er vor zweitausend Jahren schon gesagt, er kommt bald. Und heute, zweitausend Jahre später, kommt er immer noch bald. Wie bald kommt er denn?
Das ist aber genau die Art der Prophetie. Die Prophetie will die Menschen ganz eng an der Stange halten. Es ist nur noch eine ganz kurze Zeit. Der Herr Jesus weiß selbst nicht, wann er kommt. Diese Zeit hat der Vater in seiner Macht festgesetzt, sagt er. Und doch ist es bald.
Diese Spannung zwischen Naherwartung und Hinauszögerung hatten die Christen damals und haben wir heute auch. Der Herr wird zu einem Zeitpunkt kommen, den niemand erwartet, sagt er zu den Jüngern.
Der Herr Jesus sprach in Matthäus 24 so, als ob er kommt, wenn Jerusalem zerstört ist. Dort heißt es, dass die Gräuel der Verwüstung im Tempel aufgestellt werden, der Tempel zerstört wird und kein Stein auf dem anderen bleibt. Gleich nach der Drangsal jener Tage kommt der Menschensohn.
Man hätte glauben können, dass der Menschensohn kommt, wenn Jerusalem fällt. Er kam aber nicht. Es kam ein großes Gericht, aber der Menschensohn wurde von niemandem gesehen. Das Gericht wurde hinausgeschoben.
Jerusalem wurde zertreten von den Völkern, bis die Zeit der Völker erfüllt ist. Man fragt sich, wie lange diese Zeit der Völker noch dauert. Noch ein Jahr? Noch bis 71, 72 oder 73? Der Römisch-Jüdische Krieg ging weiter.
Im Jahr 135 erhob sich ein Jude, der sich als Messias ausgab. Die Römer unter Hadrian machten Jerusalem dem Erdboden gleich. War das der Zeitpunkt des Kommens des Messias? Immer noch nicht.
Es gab wieder ein Gericht über Jerusalem, das weiterhin zertreten wurde, bis die Zeiten der Völker erfüllt sind. Wenn die Zeit der Völker erfüllt ist, dann kommt er.
Er gibt immer den Eindruck, als ob es gleich kommt, gleich nach der Drangsal. Doch dann heißt es: „Warte noch ein bisschen. Ich komme bald!“
Den Christen, denen diese Offenbarung geschrieben wurde, wurde auch gesagt: „Die Zeit ist nahe.“ Die Worte der Weissagung in diesem Buch wurden versiegelt. „Ich komme bald!“ Aber dieses „bald“ wird immer wieder hinausgezogen. Doch...
Das Gericht über das Tierreich und die Parallelen zur Geschichte
Es wird so beschrieben, als ob Vespasian, der Kaiser, nachdem Nero tot war, und es scheint, als ob das römische Weltreich zerbricht, das Tier stirbt – die tödliche Wunde trifft einen Kopf dieses Tieres. Man denkt, jetzt ist es endgültig vorbei mit dem Tier. Doch dann kommt Vespasian nach den Wirren in Rom und setzt sich als siebter Kopf auf den Thron.
Ja, aber jetzt kommt er. Das heißt, der siebte Kopf ist einer von mehreren. Es wird von einem achten gesprochen, den wir in Kapitel 17 noch lesen werden. Es wirkt, als wolle man zeigen: jetzt gleich, noch eine kurze Zeit. Genau hier wird auch das Gericht beschrieben. Wenn es dann kommt, geschieht es sehr schnell und furchtbar.
Das Tier war immer dieses Weltreich, damals das römische Weltreich. Dieses Weltreich bestand fort, etwa wie unter Karl dem Großen oder Napoleon – immer ein Weltreich, immer der Gedanke eines Weltreichs, und immer in Europa, mit Europa als besonderem Zentrum. Von Europa ausgehend träumen sie heute noch vom Weltreich, von der Globalisierung und der Vereinigung aller Völker. Sie arbeiten emsig darauf hin, immer wieder. Es geht immer um dasselbe.
Wie lange es noch dauert, weiß niemand. Aber sie sollen immer daran denken: Es ist bald, ich komme bald. Dann wirkt dieses Gericht über das Tier, über den Thron des Tieres. Für die Christen, die das lesen, wird dargestellt, wie das Gericht über Vespasians Thron ausgeschüttet wird. Sein Königreich wurde finster, und sie zerbissen ihre Zungen vor Schmerzen. Sie lästerten den Gott des Himmels wegen ihrer Schmerzen und Geschwüre, und sie taten nicht Buße über ihre Werke.
Der sechste Bote schüttete seine Schale aus, und es geht noch einmal um das Tier und sein Reich. Der sechste Bote schüttete seine Schale über den großen Fluss Euphrat aus. Das ist genau wie bei der sechsten Posaune, wo auch der Euphrat getroffen wurde. Dort hieß es, wenn ich erinnern darf, in Kapitel 9, bei der sechsten Posaune, Vers 14: „Löse die vier Boten, die am großen Fluss Euphrat gebunden sind.“
Der Euphrat war damals die äußerste Grenze des Weltreichs. Er markierte die Ostgrenze des römischen Weltreichs, des Reiches des Tieres. Von dort kamen dann die Dämonen – furchterregende Gestalten –, und sie töteten ein Drittel der Menschen.
Jetzt, wenn man noch einmal den Euphrat betrachtet, geht es nicht mehr um ein Drittel der Menschen, sondern darum, dass der Euphrat ausgetrocknet wird. Man war damals froh, dass der Euphrat ein breiter Strom war, mit viel Wasser, denn so konnten Heere nicht leicht darüber gelangen. In damaliger Zeit war es schwierig, einen solchen Fluss zu überqueren. Heute fliegt man darüber – mit Raketen und allem Möglichen, mit „Missiles“ und wie sie heißen.
Aber damals war ein Fluss ein großes Hindernis für Feinde aus dem Osten. Hier wird beschrieben, dass der Euphrat jetzt ausgetrocknet wird. Man muss sich vorstellen, welch ein Schrecken das für jemanden war, der das damals las. Was, der Euphrat, die große Grenze des Reiches, wird ausgetrocknet, damit der Weg für die Könige vom Aufgang der Sonne her bereitet wird.
Wir dürfen nicht vergessen: Es handelt sich um ein Bild, eine Vision. Wir dürfen es nicht eins zu eins übersetzen, sondern müssen uns in die damalige Zeit hineinversetzen und verstehen, was dieses Bild für die Menschen bedeutete.
Später werden wir von einer Stadt lesen, von der Stadt Neu-Jerusalem, die als wunderbar und herrlich beschrieben wird. Finden wir heute eine Stadt so? Nein. Damals war eine Stadt etwas anderes als heute. Eine Stadt war die Zivilisation, dort gab es Leben und alles, was man brauchte. Das Leben auf dem Land war schwierig. Heute gehen wir lieber aufs Land, weil wir alles haben.
Wir müssen also immer mit den Augen eines Lesers der damaligen Zeit lesen und diese Visionen so verstehen. Damals war der Euphrat eine ganz wichtige Grenze.
Es gab damals Legenden über den Tod Neros, die ich heute kurz erwähnen möchte. Nachdem Nero gestorben war – oder sich selbst umgebracht haben soll –, gab es die Legende, dass Nero gar nicht tot sei. Andere sagten, er sei tot, aber er werde auferstehen. Es gab also zwei verschiedene Legenden, die scheinbar bekannt waren.
Was war die Legende? Nero war nämlich einmal jenseits des Euphrats und hatte mit den dortigen großen Völkern, den Parthern, Frieden geschlossen. Er hatte sich irgendwie gut mit ihnen gestellt. Manche sagten deshalb, Nero sei gar nicht tot, sondern zu den Parthern übergelaufen. Das ist natürlich Unsinn, aber es zeigt das Denken der Menschen über den Euphrat und die Macht jenseits des Euphrats.
Sie hatten Angst vor dem Euphrat. Wenn der ausgetrocknet wird, ist das ein großes Zeichen. Jetzt wird der Euphrat ausgetrocknet, damit der Weg für die Könige vom Osten bereitet wird. Wir vergessen nicht: Es handelt sich um eine Vision, ein Bild.
Es geht hier um die Feinde aus dem Osten, jenseits des Euphrats. Nicht um die Chinesen, wie heute oft angenommen wird. Die Christen, die diesen Brief lasen, wussten nichts von den Chinesen.
Es geht um die Feinde aus dem Osten, genau dort. Die Könige vom Aufgang der Sonne, vom Osten, werden erwähnt. Auch Kyrus, der persische König, der damals das babylonische Weltreich einnahm, kam vom Osten. Er trocknete den Euphrat aus, um die Stadt Babylon einzunehmen. Er leitete den Euphrat um, sodass seine Soldaten durch das trockene Bachbett ziehen konnten.
Hier ist natürlich alles im übertragenen Sinne. Wir haben ein Bild, das mit Assoziationen arbeitet, wie im ganzen Buch der Offenbarung, an diese schrecklichen Feinde zu erinnern.
Der Schutz wird also weggenommen. Der Schutz, den dieses Reich, dieses Tier hatte, wird entzogen und preisgegeben für die Könige, für die wilden Völker des Ostens.
Die unheilige Dreieinigkeit und die Versammlung zum großen Krieg
Und ich sah aus dem Maul des Drachen, aus dem Mund des Tieres und aus dem Maul des falschen Propheten drei unreine Geister kommen, die Fröschen glichen.
Hier wird die unheilige Dreieinigkeit in einem Satz genannt: der Drache, das Meerestier und der falsche Prophet. Drei unreine Geister, die Fröschen glichen. Frösche sind unreine Tiere, wenn ich mich richtig erinnere. Sie sind zeichnende Dämonengeister, die ausziehen, um die Könige der Erde zu versammeln.
Diese Dämonengeister haben hier ein Werk. Sie gehen aus zu den Königen der Erde – vielleicht sind die Könige im Osten gemeint – um sie zum Krieg zu versammeln. Es ist der Krieg jenes großen Tages Gottes, des Machthabers über alles. Vielleicht sind nicht nur die Könige aus dem Osten gemeint, sondern auch andere Könige von überall. Sie werden jetzt alle versammelt.
Diese Geister ziehen aus zum ganzen Weltreich, zum König der Erde und des gesamten Weltreiches, um die Könige zum Krieg zu versammeln an jenem großen Tag Gottes, des Machthabers über alles.
Gott ist der Machthaber über alle, und er hat jetzt seinen großen Tag – den großen Tag des Gerichts. Er versammelt sie. In Vers 16 werden wir lesen, dass Gott sie versammelt.
Der große Tag Satans wird zu einem großen Tag Gottes. Satan denkt sich: „Jetzt schlage ich noch einmal zu, und es wird zu einem großen Tag Gottes.“
Innerhalb der sechsten Schale gibt es einen Zwischenruf an die Gemeinde des Herrn, an die Gemeinde Jesu. Da heißt es: „Siehe, ich komme wie ein Dieb. Selig ist, der wacht und seine Kleider bewahrt, damit er nicht als ein Blöster umhergeht und seine Scham sieht.“
Warum dieser Zwischenruf? Die Christen lesen das. Und wir denken, auch die von Sardes lesen es, die am Einschlafen sind. Ihnen wurde gesagt, sie sollen aufwachen. Wenn sie nicht wach werden, dann wird der Herr kommen wie ein Dieb.
Auch die Christen von Sardes hören das. Sie sind hier angesprochen – oder natürlich nicht nur die Christen von Sardes. Ich möchte nur zeigen, dass man immer zuerst die ersten Leser im Auge haben sollte: Was denken sie?
Wenn wir das jetzt lesen, ist das eine Botschaft für uns genauso wie für die von Sardes. Aber zuerst ist sie für die von Sardes. Hier heißt es: „Ich komme wie ein Dieb.“ Der Herr ruft hier dazwischen und sagt: Schaut, mein Kommen wird ganz unerwartet sein, ganz plötzlich. Ein Dieb kündigt sich nicht an.
Deshalb muss man wach bleiben, die ganze Nacht wach bleiben. Dann ist man wach, wenn er kommt. Wenn man aber irgendwann schläft, dann kann man schlafen, wenn er kommt.
Also nicht schlafen! Selig ist, wer wacht und seine Kleider bewahrt. Kleider bewahren heißt: Du brauchst sie nicht auszuziehen, um zu schlafen. Früher zog man die Kleider aus und legte sie irgendwo hin, bevor man schlief. Wenn dann der Dieb kommt und alles wegnimmt, steht man da mit der Schande seiner Blöße und hat nichts mehr an.
Also sei wachsam! Selig ist, wer wachsam seine Kleider bewahrt, damit er nicht als Entblößter umhergeht und man seine Scham sieht.
Diese Schande ist schrecklich – natürlich im übertragenen Sinn. Es ist die Schande, vor Gott als Entblößter dazustehen, die Schande, als Verlorener dazustehen.
Die Versammlung zum Kampf von Har Magedon
Vers 16: „Und er versammelt sie an dem Ort, der auf Hebräisch Har Mageddon heißt.“
Oh, wie viele Bücher wurden schon über Har Mageddon geschrieben! Doch es gibt keine Stelle namens Har Mageddon. Es gibt zwar Megiddo, aber keinen Berg Megiddo. „Har“ bedeutet Berg, doch Megiddo ist keine Erhebung, sondern eine Tiefebene oder eine normale Ebene – eine Ebene namens Siefrelebene. Megiddo ist kein Berg. Trotzdem spricht der Text hier vom Berg Megiddo, Har Mageddon, einem hebräischen Begriff.
Er versammelt sich also an dem Ort, der auf Hebräisch Har Mageddon heißt. Warum wird hier plötzlich Hebräisch verwendet? Der Autor möchte daran erinnern, dass es im Alten Testament zwei Berge gibt, sozusagen zwei symbolische Berge. Der eine ist der Berg Zion, der eines Tages als der höchste Berg dastehen wird. In Offenbarung 22 wird davon gesprochen: „Und er führte mich auf einen hohen Berg, und ich sah das neue Jerusalem auf dem Berg stehen.“
Hier ist jedoch ein anderer Berg gemeint, und diese beiden Berge stehen symbolisch gegeneinander. Die einen versammeln sich auf dem einen Berg, die anderen auf dem anderen Berg. Dazwischen liegt ein Tal. Man denkt an die Geschichte von David und Goliath in 1. Samuel 17. Das Lamm steht auf dem Berg Zion, und die 144.000, seine Krieger, sind dort in exakter Formation aufgestellt und abgezählt. Das ist das Heer des Lammes.
Nun kommen die anderen Seiten: Das Tier und seine Könige kämpfen gegen die Heiligen, gegen das Lamm, gegen den Berg Zion. Ein Berg steht gegen den anderen Berg. Uns ist klar, dass es sich hier um eine Vision handelt, um Bilder, die nicht eins zu eins zu nehmen sind. Manche meinen, dass sich an diesem Ort irgendwann einmal der Mensch der Sünde in Israel aufstellen wird, um gegen Gott zu kämpfen – so wie wir Menschen oft gegen Gott kämpfen, als würden wir eine Kanone auf ihn richten und ihn abschießen wollen.
Doch hier geht es um den geistlichen Kampf, der in den Kapiteln 13, 14 und 15 beschrieben wird. Der Kampf des Tieres und des Drachen gegen Gott und gegen sein Volk, seine Heiligen. Hier findet eine letzte große Versammlung statt. Alles wird aufgeboten.
Und wer versammelt sie? Nicht das Tier. Wer ist das Subjekt? In Vers 14 heißt es: „Sie zu versammeln zum Krieg an jenem großen Tag Gottes, des Machthabers über alles.“ Er versammelte sie. Das „Er“ ist Gott. Es ist sein Tag, der Tag des Lammes, und er tritt jetzt auf den Plan. Gott versammelt sie. Er hat alles in der Hand – auch diese letzte große Sammlung der Völker.
Man denkt unweigerlich an Joel Kapitel 4. Dort heißt es, dass Gott sich ins Tal Joschafat setzt und alle Völker herbeiruft, um sie zu richten und zu schlagen. Alle Völker werden in das Tal Joschafat gebracht, das „Tal des Herrn“ oder das „Tal des Gerichts des Herrn“. Dort werden sie versammelt.
Hier haben wir ein ähnliches Bild. Allerdings heißt es nicht einfach „ein Tal“, sondern Har Mageddon auf der einen Seite und Zion auf der anderen Seite. Diese Schlacht von Har Mageddon wird dann in Kapitel 19 näher beschrieben.
In Offenbarung 19, Vers 19 lesen wir: „Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um Krieg zu führen mit dem, der auf dem Pferd sitzt.“ Hier ist der Krieg beschrieben, die Vorbereitung dessen, was in Kapitel 16 erwähnt wurde. Das Tier und die Könige kämpfen gegen das Lamm beziehungsweise gegen den, der auf dem Pferd sitzt.
Gott versammelt sie also zum Krieg an jenem großen Tag. Mehr Details erfahren wir erst in Kapitel 19, einer Entscheidungsschlacht. Auch in Kapitel 17, Vers 14 wird dasselbe Bild gezeichnet: „Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden, weil es der Herr der Herren und König der Könige ist.“
Die, die mit dem Tier sind, sind die Rufenden, Erwählten und Treuen des Tieres. Sie kämpfen gegen das Lamm und seine 144.000 Krieger. Kapitel 19 beschreibt diese Auseinandersetzung nochmals ausführlich, wenn der König der Könige erscheint.
Nun zurück zu Kapitel 16 und dem Krieg...
Parallele aus Jesaja und die Vollendung des Gerichts
Ich möchte hier noch eine Parallele lesen, die sehr interessant ist: Jesaja 29,8. Dort wird ebenfalls von einem Krieg gegen den Berg Zion gesprochen. Allerdings handelt es sich dort um einen zeitlich damals stattfindenden Krieg. Hier hingegen haben wir den letzten Krieg.
 Jesaja 29,8 lautet:
„Es wird geschehen, gleich wie der Hunse geträumt hat, und siehe, er isst, und er wacht auf, und seine Seele ist leer; und gleich wie der Durstige geträumt hat, und siehe, er trinkt, und er wacht auf, und siehe, er ist matt, und seine Seele lechzt. So wird die Menge all der Völker sein, die Krieg führen gegen den Berg Zion.“
Die Völker sammeln sich und führen Krieg gegen den Berg Zion. In Sacharja Kapitel 12, 13 und 14 wird ebenfalls vom Krieg gegen den Berg Zion gesprochen. Dort ist auch der Grund dafür dargestellt.
Kommen wir zurück zum siebten Engel in Offenbarung Kapitel 16, Vers 17:
„Und der siebte Engel schüttete seine Schale aus in die Luft; und es kam eine große, laute Stimme aus dem Heiligtum des Himmels vom Thron her, die sagte: Es ist geschehen, es ist geschehen, es ist vollzogen, es ist geschehen.“
Interessant ist, dass dies ähnlich klingt wie in anderen Kapiteln. Wo genau haben wir das? Kapitel 7? Nein. Kapitel 8? Auch nicht. Ich habe das falsch verstanden. Wo steht das noch einmal? Kapitel 11, danke.
In Offenbarung 11, Vers 15 heißt es:
„Und der siebte Engel posaunte, und es geschahen große Stimmen im Himmel, die sagten: Die Königreiche der Welt sind des Herrn und seines Christus geworden.“
Und in Offenbarung 21, Vers 6 finden wir eine weitere Vollzugsmeldung:
„Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. ‚Schreibe, denn diese Worte sind treu und wahrhaftig.‘“
Das ist eine Vollzugsmeldung, ein Abschluss: „Es ist geschehen.“
Zurück zu Offenbarung 16, Vers 17: Der siebte Engel schüttet seine Schale in die Luft aus, und es kommt eine große Stimme aus dem Tempelheiligtum vom Thron her. Interessant ist, dass die Stimme vom Thron kommt. Wir denken dabei an Kapitel 4, wo der Thron eine zentrale Rolle spielt. Von dort gehen alle Gerichte aus. Gott sitzt ruhig auf dem Thron.
Die Stimme vom Thron sagt: „Es ist geschehen.“ Dann folgen Stimmen, Donner und Blitze, und es geschieht ein großes Beben – das größte, das es je gab, seit es Menschen auf der Erde gibt.
Wir erinnern uns an die Formel „Stimmen, Donner und Blitze“. In Kapitel 4 gehen von dem Thron die Gerichte aus, begleitet von Stimmen, Donnern und Blitzen.
In Kapitel 8, Vers 5 lesen wir:
„Und es geschahen Stimmen, Donner, Blitze und ein Beben.“
In Kapitel 11, Vers 19 heißt es:
„Und es geschahen Blitze, Stimmen, Donner, Beben und großer Hagel.“
Diese Ereignisse werden immer intensiver. Jetzt, nachdem die siebte Schale ausgegossen ist, erleben wir das intensivste Geschehen: Stimmen, Donner und Blitze, ein großes Beben, so gewaltig, wie es noch nie zuvor auf der Erde war.
In Offenbarung 16, Vers 21 fallen große Hagelsteine vom Himmel, jeder etwa so schwer wie ein Talent. Ein Talent entspricht ungefähr 30 bis 40 Kilogramm. Also handelt es sich um riesige Hagelbrocken, die nacheinander auf die Erde fallen.
Wir müssen uns dieses Bild vor Augen halten: Es handelt sich um eine Vision, die den größten Schrecken zeigt, das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Stimmen, Donner, Blitze, ein gewaltiges Beben – größer als das stärkste Erdbeben auf der Skala – und große Hagelsteine.
In Offenbarung 16, Vers 19 wird beschrieben, dass die große Stadt in drei Teile geteilt wird. Hier ist von Babylon die Rede, der großen Stadt, die später noch ausführlich behandelt wird. Hier wird sie nur kurz erwähnt.
Die große Stadt wird in drei Teile geteilt. Man denkt unwillkürlich an Hesekiel 5, wo das Gericht über Jerusalem beschlossen wurde. Dort heißt es, Hesekiel solle die Haare dritteln. Hesekiel 5, Vers 2 lautet:
„Nimm ein scharfes Schwert als Schermesser und lege es an deinen Kopf und an deinen Bart. Nimm die Waagschale und teile die Haare.“
Ein Drittel soll in der Stadt mit Feuer verbrannt werden, wenn die Belagerung vollendet ist. Ein Drittel soll ringsum mit dem Schwert geschlagen werden, und ein Drittel soll in alle Winde zerstreut werden.
Es wird weiter ausgeführt, dass ein Drittel an Pest sterben soll, ein Drittel durch Hunger in der Mitte umkommt, und ein Drittel durch das Schwert fällt. Hesekiel 5, Vers 11 sagt:
„Darum so wahr ich lebe, spricht der Herr, ich will dich scheren, und ich werde dich nicht schonen. Ein Drittel von dir wird an der Pest sterben, ein Drittel durch Hunger umkommen, und ein Drittel wird durch das Schwert fallen.“
Gott spricht hier von seinem Zorn und seinem Grimm, die er an Jerusalem vollenden wird. Das Gericht wird so schrecklich sein, dass Jerusalem zur Trümmerstätte wird, zum Hohn unter den Völkern.
Ähnlich wird hier in Offenbarung die große Stadt geteilt und das Gericht über die Völker vollzogen. Die Städte der Heidenvölker fallen, und Babylon, die große Stadt, erhält den Weinbecher des Zorns Gottes.
Jede Insel und jeder Berg werden nicht mehr gefunden. Große Hagelsteine fallen vom Himmel, und die Menschen lästern Gott wegen der Plage des Hagels, weil sie so groß ist.
So endet diese Gerichtsbeschreibung in der Vision. Der Eindruck muss bleiben. Man muss nicht alles bis ins Detail auslegen können, aber der Eindruck, die Assoziationen, die hervorgerufen werden, sind entscheidend.
Die Gegenüberstellung von Babylon und Neu-Jerusalem
Was dann folgt, habe ich gestern in Kapitel 17 bereits angedeutet. Nun erfolgt eine genauere Betrachtung dieser Stadt, dieser großen Stadt namens Babylon, der Großen. Sie wird jetzt näher unter die Lupe genommen und detailliert beschrieben. Besonders hervorgehoben werden ihre Grässlichkeit, ihre Sünde und ihr Gericht.
Diese Visionenreihe beginnt in Kapitel 15, Vers 5, und endet in Kapitel 19, Vers 10. Das, was hier nun folgt, ist eine Ergänzung dazu. Wie gestern bereits erwähnt, steht dieser Abschnitt parallel zum neuen Jerusalem. Die Einleitung ist sehr ähnlich und fast parallel zu Kapitel 21, Verse 9 und 10. Hier sind es Kapitel 17, Verse 1 und 2, die fast parallele Verse bilden.
Es wird gesagt: Einer der sieben himmlischen Boten, die die sieben Schalen hatten, kam zu mir und sprach: „Komm, ich werde dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt. In ihr haben die Könige der Erde Hurerei getrieben, und die Bewohner der Erde wurden vom Wein ihrer Hurerei trunken.“ Er trug mich im Geist in eine Wüste, und ich sah eine Frau, die auf einem scharlachroten Tier saß, das voll von Lästerungsnamen war.
Ganz parallel dazu steht die andere Frau, die ich gestern in Kapitel 21, Vers 9 gelesen habe. Zur Erinnerung noch einmal: Einer der sieben himmlischen Boten, die die sieben Schalen voller der letzten Klagen hatten, kam zu mir und sprach: „Komm, ich werde dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes.“ Er trug mich im Geist auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die große Stadt, das heilige Jerusalem, das vom Himmel von Gott herabkam. Sie hatte die Herrlichkeit Gottes.
Hier werden also die zwei Städte und die zwei Frauen gegenübergestellt. Die Frauen symbolisieren Städte, und die Städte werden als Frauen dargestellt. Das Thema bleibt, wem alle Herrlichkeit und Macht gehört. Babylon und Jerusalem stehen sich nicht nur hier gegenüber, sondern schon immer. Babylon ist ein alter Name.
Hier ist Babylon in der Wüste, Jerusalem auf dem hohen Berg – das neue Jerusalem auf dem hohen Berg. Babylon steht für die Untreue und Unzucht, Jerusalem für die keusche Jungfrau, die Braut, die Treue. Bei Babylon sehen wir falsche Herrlichkeit und falsche Macht, oft großen Einfluss, aber alles ist geprägt von Falschheit, Lüge und Unzucht in ihrer Hurerei. Bei der Braut hingegen herrscht wahre, schöne Herrlichkeit.
Babylon sitzt auf sieben Bergen, reitet auf dem Tier, das von Lästerungsnamen voll ist. Die Braut hingegen befindet sich auf einem hohen Berg, dem ewigen Zion. Hier also die pervertierte Herrlichkeit und selbst an sich gerissene Macht, dort die gottgegebene Herrlichkeit und von Gott verliehene Macht. Babylon zeigt äußerlich schöne Kleider, die Hure, während die Braut in weißen, reinen Kleidern erscheint.
Babylon reitet auf dem Tier und hat Macht über die Könige der Erde. Die Braut hingegen hat Herrschaft über die ganze neue Schöpfung und regiert mit Christus. Das alte Babel, das sich selbst einen Namen machen wollte, steht dem Jerusalem gegenüber. Auf Babylons Stirn steht der Name „Babylon, Geheimnis, die große Hure“, auf der Stirn Jerusalems der Name Gottes und des Landes.
Babylon hat eigene Werke, eigene Herrlichkeit und eigenen Ruhm. Jerusalem hingegen besitzt alles Christliche, alle Herrlichkeiten sind christlich. Die beiden stehen sich also als Gegensätze gegenüber: falsche Religion versus wahre Treue.
Damals, wenn man die Zeit betrachtet, in der das geschrieben wurde – ob zur Zeit Neros oder kurz danach – war Krieg. Der römisch-jüdische Krieg tobte. Jerusalem war ein bedeutender Begriff für die Menschen, und Jerusalem hatte großen Einfluss, besonders durch die Diasporajuden, die über das gesamte römische Reich verstreut waren.
Die Juden ließen sich von den Römern nichts sagen, im Gegenteil: Sie verklagten die Vertreter Roms beim Kaiser. Die Juden, zum Beispiel jene in Jerusalem, hatten großen Einfluss und Macht über Pontius Pilatus. Der Statthalter konnte nicht tun, was er wollte. Wenn er nicht nach ihren Wünschen handelte, drohten sie, ihn beim Kaiser anzuschwärzen. So verloren er seine Gunst beim Kaiser.
Was aber taten die Juden mit den Christen? In der damaligen Zeit waren die Juden das größte Hindernis für die Ausbreitung des Evangeliums. In der Apostelgeschichte werden die Juden als die Anstifter gegen die Christen beschrieben. Sie heizten die Römer auf, wie man in Österreich sagen würde, also sie „heizten auf“. Sie waren gegen den König und den Kaiser.
Dann kamen die Römer und verfolgten die Christen. Zum Beispiel wurde Philippus eingekerkert. Aber die Juden waren die treibende Kraft dahinter.
Schauen wir, was Paulus in seinem Brief an die Thessalonicher über das Israel nach dem Fleisch in jener Zeit sagt. In 1. Thessalonicher 2 heißt es:
„Denn ihr wurdet Brüder, Nachahmer der Gemeinden Gottes, die in Judäa sind, in Christus Jesus, weil ihr auch die Dinge erlitten habt von euren eigenen Stammesleuten, so wie sie von den Juden erlitten haben, die auch den Herrn Jesus getötet haben und die Propheten, und euch verfolgt haben, und Gott nicht gefallen, und Gegner aller Menschen sind. Sie hindern uns daran, zu den Heiden zu sprechen, damit sie gerettet werden, und bringen so ihre Sünden zur Fülle.“
Sie häufen ihre Sünden auf, wie die Babylonier Steine aufgeschichtet haben, um einen Turm bis zum Himmel zu bauen. Sie bringen ihre Sünden zur Fülle, doch der Zorn ist über sie gekommen, um ein Ende zu machen.
Man muss sich vorstellen, dass es damals große Schwierigkeiten mit den Juden gab. Das Tier wurde von der Hure geritten, die großen Einfluss auf das Tier hatte. Doch irgendwann schüttelte das Tier die Hure ab, wandte sich gegen sie, verbrannte und zerstörte sie, tötete sie und verkaufte ihre Überlebenden in die Versklavung.
Genau das ist geschehen. Kaiser Vespasian erklärte: „So, Schluss jetzt, wir beenden unsere Niederlage.“ Er schüttelte die Juden ab. Dann begann der jüdisch-römische Krieg, der etwa von 67 bis 70 nach Christus dauerte. Es war die größte Katastrophe des ersten Jahrhunderts überhaupt.
So eine Katastrophe hat es seither nicht wieder gegeben. Josephus Flavius schrieb ein Buch über den römisch-jüdischen Krieg und beschreibt die Gräuel, die in der Stadt geschahen. Innerhalb der Stadt gab es drei Parteien, die sich gegenseitig bekämpften. Draußen belagerten die Römer die Stadt. Niemand konnte hinaus, niemand konnte hinein.
Kein Wunder, dass Jesus sagte: „Wenn ihr die Belagerung Jerusalems durch Heere seht, dann wisst, dass die Verwüstung nahe ist. Dann sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen, und die, die in der Stadt sind, sollen entkommen, so schnell wie möglich. Betet, dass das nicht am Sabbat geschieht.“ Denn am Sabbat ist alles schwieriger, und im Winter, wenn die Täler mit Wasser gefüllt sind, ist es noch schwieriger.
Weh aber den Schwangeren in jenen Tagen! Es war eine so große Drangsal, wie sie nie wieder von einer Stadt erlebt wurde. Während der fünfmonatigen Belagerung von März bis August durch Titus gab es entsetzliche Gräueltaten: Die Menschen in der Stadt aßen ihre eigenen Kinder, Frauen töteten ihre Babys, um sie zu verzehren.
Diese furchtbaren Ereignisse müssen hier genügen.
Die Hure wird nun beschrieben, ebenso ihre Beziehung zum Tier und ihr Gericht. Dabei wird uns etwas gezeigt, das den Christen damals eine himmlische Perspektive eröffnete. Gott wird das Tier richten, das Tier, das die Hure tötet. Gott wird auch das Tier richten.
Doch das römische Reich fiel nicht sofort. Es bestand noch lange weiter. Gott zog das Gericht immer wieder hinaus. Später fiel das römische Reich, dann kamen andere Reiche. Gott handelt so, dass er das Gericht hinauszögert – nicht ewig, aber bis zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Das ist die einzige Lösung für die Spannung zwischen der Naherwartung „Ich komme bald“ und der Hinauszögerung. Gott will, dass noch Menschen sich bekehren. Wen gebraucht er dafür? Die Überwinder, die bereit sind, ihr Leben bis zum Tod hinzugeben, wie die zwei Zeugen, von denen wir in Kapitel 11 gelesen haben. Wahrscheinlich sind sie ein Bild für die Gemeinde, die bereit ist, bis zum Tod für die Wahrheit einzustehen.
So können Menschen noch Buße tun, wenn sie sehen, wie Menschen die Wahrheit verkünden und bis zum Tod für sie einstehen.
Das ist der Aufruf des Buches der Offenbarung, die praktische Anwendung. Es ist ein Buch an die Christen, ein Aufruf: Gebt euch hundertprozentig Gott hin, macht keine Kompromisse mit dem Tier und dient dem Herrn. Er will euch gebrauchen, um Menschen vor dem Verderben zu retten.
Wer zögert, bringt das Gericht weiter hinaus.
Hier möchte ich schließen.
