Einleitung und Gebetsbitte um Erkenntnis der Herrlichkeit Christi
Himmlischer Vater, du hast unser Gebet gehört. Lass uns die Herrlichkeit Christi sehen.
Du sagst selbst, dass schon das Alte Testament von dir zeugt und die Propheten auf dich hinweisen. Deshalb bitte ich, dass wir deine Herrlichkeit besonders durch die Worte des Propheten Jesaja erkennen dürfen.
Darum bitten wir in Jesu Namen. Amen.
Bekanntheit und Bedeutung des Buches Jesaja
Das Buch des Propheten Jesaja ist uns zumindest in Auszügen allen bekannt. Viele Passagen aus diesem Buch sind uns vertraut, zum Beispiel die Gottesknechtslieder. Kaum ein Karfreitagsgottesdienst vergeht, ohne dass diese Worte zu hören sind: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen; wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe lag auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“
Ganz bekannt sind auch die Worte aus Jesaja 61, die wir kürzlich erst im Lukasevangelium wiedergefunden haben. Dort heißt es: „Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, den Gefangenen Freiheit zu verkündigen und den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen. Er verkündigt ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Vergeltung unseres Gottes, um alle Trauernden zu trösten.“
Oder zu Weihnachten hören wir regelmäßig die Worte aus Jesaja 9: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben. Und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter, und er heißt Wunderrat, Gott hält ewig, Vater Friedefürst.“
Und ich könnte noch lange weitermachen. Immer wieder würden Sie nicken und sagen: Ja, kennen wir, kennen wir. Jesaja 55, wo Gott sein Wort sendet, das nicht leer zurückkommt, sondern vollbringt, wozu er gesandt wurde, das kennen wir.
Jesaja beschreibt auch seine Berufung: Das „Heilig, heilig, heilig“, das die sechs Flügel Seraphim singen, dann die glühenden Kohlen auf den Lippen und schließlich die Frage Gottes: „Wen soll ich senden?“ Jesajas Antwort lautet: „Hier bin ich, sende mich!“
Den Propheten Jesaja kennen wir also wahrscheinlich alle sehr gut.
Die Herausforderung, Jesaja als Ganzes zu verstehen
Und doch frage ich mich, ob wir den Propheten Jesaja wirklich kennen, ob wir das Buch des Propheten Jesaja wirklich kennen. Es ist eines dieser Bücher, bei denen man sich vielleicht vornimmt: „Ich will mal wieder ein Buch der Bibel studieren.“ Im ersten Moment denkt man dann: „Oh, 66 Kapitel – vielleicht doch lieber etwas anderes.“
Ich gebe offen zu, dass ich bisher auch noch nie fortlaufend durch Jesaja gepredigt habe. Und ich hätte es auch nicht getan, weil ich dachte: Amos, Amos ist eigentlich gut. Dann hat Matthias Mockler zu mir gesagt: „Matthias, du hast noch nie durch einen großen Propheten gepredigt. Ich glaube, das solltest du mal machen.“
Na ja, das hat er uns also eingebrockt. Jesaja hat 66 Kapitel. In gewisser Weise ist Jesaja ein Abbild der ganzen Bibel – habt ihr das vielleicht schon mal gehört? Die Bibel besteht aus zwei großen Teilen: dem Alten und dem Neuen Testament. Das Alte Testament hat 39 Bücher, das Neue Testament 27 Bücher. Falls ihr das noch nicht wusstet – ein paar Bible Facts zum Warmwerden.
Das Buch Jesaja hat ebenfalls zwei Teile: 39 Kapitel im ersten Teil und 27 Kapitel im zweiten Teil, ganz ähnlich. Der erste Teil besteht aus drei ziemlich offensichtlich erkennbaren Abschnitten. Der erste Abschnitt sind die ersten zwölf Kapitel.
Da ich dachte, ein ganzes Jahr Jesaja könnte zum Warmwerden etwas viel sein, wollen wir in den kommenden Wochen und Monaten zunächst die ersten zwölf Kapitel studieren. Vielleicht machen wir nächstes Jahr mit dem zweiten Teil der ersten Hälfte weiter. Mal schauen.
Einführung in das erste Kapitel Jesaja
Unser heutiger Predigttext ist also das komplette erste Kapitel. Wir haben eben nur einen Teil davon gehört, aber wir wollen das ganze erste Kapitel studieren. Dabei werden wir sehen, dass es wirklich eine Art Einführung in dieses Buch bildet.
In diesem ersten Kapitel finden wir eine Beschreibung des Umfeldes, in das der Prophet Jesaja seinen Dienst verrichten soll. Es ist mir wichtig, dass wir klar hören und verstehen, dass Jesaja hier das Volk Juda zu einer ganz konkreten historischen Zeit anspricht. Das heißt, die Worte des Propheten Jesaja richten sich nicht unmittelbar an dich und mich.
Aber die Worte des Propheten Jesaja sind für dich und mich geschrieben. Ich hoffe, ihr könnt den Unterschied verstehen: Er spricht andere an, aber das, was er dem Volk Juda damals sagt, ist für uns aufgeschrieben.
So schreibt Paulus an Timotheus diesen Brief, den viele Frauen dann vielleicht nicht sehr gut kennen werden, und alle anderen übrigens auch nicht, weil ich nach den Osterferien über Timotheus predigen werde. Im 2. Timotheusbrief sagt Paulus zu Timotheus, dass das ganze Wort Gottes nützlich ist zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei und zu jedem guten Werk geschickt.
Auch Jesaja ist für uns geschrieben – zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung, damit wir zugerüstet werden zu jedem guten Werk. Einfacher und unmittelbarer lesen wir das im Römerbrief, wo es heißt: Was zuvor geschrieben ist – damit ist das Alte Testament gemeint, also auch Jesaja – ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben (Römer 15,4).
Ich hoffe also, wir verstehen das: Jesaja ist nicht unmittelbar an uns geschrieben, aber es ist für uns geschrieben, damit wir daraus lernen. Zum einen lernen wir etwas darüber, wie Juda sich damals verhalten hat. Wir können aus den Fehlern und vielleicht auch aus den guten Dingen von Juda lernen.
Zum anderen lernen wir über Gott. Jesaja zeigt uns Gott, und Gott – ich hoffe, das wissen wir alle – ist der gleiche gestern, heute und in Ewigkeit (Hebräer 13,8).
Historischer Kontext und Einordnung des Prophetendienstes Jesajas
Und damit wenden wir uns jetzt dem Propheten Jesaja wirklich zu. Ich lade euch ein, die Bibeln aufzuschlagen. Ich werde nicht jeden einzelnen Vers aus dem ersten Kapitel lesen und erklären, denn das würde die Predigt sehr, sehr lang machen. Und meine Predigten sind für die meisten schon lang genug. Also habt die Bibel auf, dann könnt ihr selbst noch ein bisschen nachschauen.
Kapitel 1, Vers 1 wollen wir genau betrachten, denn hier bekommen wir Hilfe, das ganze Buch historisch einzuordnen. Vielleicht kannst du uns parallel schon mal die Folie an die Wand werfen, die einzige, die wir heute haben.
In Vers 1 lesen wir: „Dies ist die Offenbarung, die Jesaja, der Sohn des Amos, geschaut hat über Juda und Jerusalem zur Zeit des Usija, Jotam, Ahas und Hiskia, der Könige von Juda.“ Im Kapitel 6 am Anfang lesen wir dann, dass Jesaja tatsächlich berufen wurde und sein Dienst begann im Jahr des Todes von Usija. Als Usija starb, kam dieser Ruf zu ihm.
Wir sehen hier – ich habe das mal aufgeschrieben – die Zahlen. Wir haben natürlich keine ganz definitive Chronologie der Könige, aber eine grobe Einordnung: Usija starb wahrscheinlich im Jahr 740 vor Christus. Da begann Jesaja seinen Prophetendienst und endete während der Regierungszeit von König Hiskia, also irgendwann zwischen 716 und 687 v. Chr.
Mal ganz grob lässt sich sagen: 740 bis 700 ist die Zeit des Prophetendienstes von Jesaja. Sein Dienst bezog sich auf das, was hier auf der Karte grün umrandet ist, nämlich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem. Wahrscheinlich hat er selbst in Jerusalem gelebt und spricht also zu diesem sogenannten Südreich.
Um das historisch noch mehr einordnen zu können, habe ich uns ein paar Basisdaten hingeschrieben: Israel wurde zu einem großen Reich unter König David. Dann kam sein Sohn König Salomo. Nach dem Tod von König Salomo, 931 oder 930 vor Christus, kam es zur Teilung.
Nach Salomo entstand ein Teilungsreich: ein Nordreich, das den Namen Israel übernahm, wenngleich manchmal auch das Südreich noch Israel genannt wird – das ist sehr verwirrend. Das Südreich wird noch einmal Juda genannt. Wenn da ein „h“ steht, liegt das einfach daran, dass die Karte auf Englisch ist. Auf Deutsch hat Juda kein „h“.
Diese Teilung dauerte von 930 bis 740, also fast 200 Jahre. Dann kommen wir zum Propheten Jesaja. Die Zeit, zu der Jesaja seinen Prophetendienst beginnt, ist eine absolute Blütezeit im Leben von Juda und auch von Israel. In diesen Jahrzehnten, etwa um 750 v. Chr., haben sowohl das Nord- als auch das Südreich Landstriche zurückerobert, die vorher in Kriegen verloren gegangen waren.
Es war eine Zeit mit erfolgreichen Schlachten und großem Wohlstand. In gewisser Weise war es eine Blütezeit. Doch das kippte während der Zeit von Jesaja. Im Jahr 722 wurde das Nordreich Israel komplett ausgelöscht. Von weit oben, aus dem Norden, kam Assyrien und zerstörte das Nordreich Israel. Dieses gab es seitdem nicht mehr. Der Name Israel ging dann auf das Südreich Juda über.
Das heißt, wir kommen hier an eine ganz interessante Epoche: von Blütezeit bis hin zu Niedergang. Der Niedergang des Nordreichs hat viel mit den Königen zu tun. Die Könige im Nordreich waren keine Nachkommen von König David. Sie waren also nicht die Herrscher, die Gott eigentlich haben wollte. Und sie waren allesamt böse.
Wenn ihr schon einmal die Bücher gelesen habt – viele Leute studieren sie nicht so sehr – 1. und 2. Samuel, 1. und 2. Könige, bekommt man die ganze Geschichte Israels, Nord- und Südreich. Im zweiten Buch Könige wechseln sich die Berichte über die Könige von Juda und die Könige von Israel ab.
Bei den Königen von Israel steht immer: „Er tat nicht, was dem Herrn gefiel.“ Sie waren alle böse und wurden so beschrieben. Im Südreich Juda gibt es Wechsel: Da heißt es manchmal, „er tat, was dem Herrn gefiel, er wandelte in den Wegen seines Vaters David“, und manchmal heißt es, „er war böse und tat nicht, was dem Herrn gefiel.“
Von den vier Königen, unter denen Jesaja prophezeit hat, war Usija lange ein guter König. Doch dann maßte er sich an, den Tempeldienst zu tun. Das stand einem König nicht zu; das durften nur die Priester. Daraufhin bekam Usija Aussatz und konnte nicht mehr unter dem Volk leben. Er war ausgegrenzt. Deshalb übernahm sein Sohn Jotam schon die Regierungsgeschäfte.
Jotam regierte also schon, als Jesaja Prophet wurde. Jotam war ein guter König, heißt es auch in 2. Könige und 2. Chronik. Dann kam Ahas, und Ahas war ein richtig schlechter König – eine ganz schlechte Zeit für Juda. Hiskia, sein Sohn, der ihm nachfolgte, war wieder ein guter König.
Das nur zur Einordnung, damit wir wissen, in welche Situation Jesaja hinein spricht.
Die Anklage Gottes über das sündige Volk Juda
Und nun wollen wir sehen, wie Jesaja uns diese Situation beschreibt. Ich lese uns die Verse zwei bis sieben:
"Höret, ihr Himmel und Erde, nehmt zu Ohren, denn der Herr redet.
Ich habe Kinder großgezogen und hochgebracht, und sie sind von mir abgefallen.
Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennt es nicht, und mein Volk versteht es nicht.
Wehe dem sündigen Volk, dem Volk mit Schuld beladen! Dem boshaften Geschlecht, den verderbten Kindern, die den Herrn verlassen, den Heiligen Israels lästern, die abgefallen sind.
Wohin soll man euch noch schlagen, die ihr doch weiter im Abfall verharrt?
Das ganze Haupt ist krank, das ganze Herz ist matt, von der Fußsohle bis zum Haupt ist nichts Gesundes an euch, sondern Beulen und Striemen und frische Wunden, die nicht gereinigt und noch verbunden, noch mit Öl gelindert sind.
Euer Land ist verwüstet, eure Städte sind mit Feuer verbrannt, Fremde verzehren eure Äcker vor euren Augen, alles ist verwüstet, wie beim Untergang Sodoms."
Das sind harte Worte, nicht wahr? Hier sehen wir, wie Gott gleich zu Beginn Himmel und Erde als seine Zeugen anruft. Er redet hier nicht nur zu den Juden, sondern klagt quasi sein Volk an – und wir alle sind Zeugen.
Er beschreibt, was für ein gottvergessenes Volk das ist. Dabei sehen wir Gott selbst als einen Vater, wie in Vers 2, der seine Kinder großgezogen hat und sich liebevoll in sie investiert hat. Kaum sind sie ein bisschen größer geworden, vergessen sie ihn. Nicht einmal ein Anruf zu Weihnachten – sie entfernen sich vom Vater, der doch so liebevoll für sie gesorgt hat.
Gott fährt fort in seiner Anklage und sagt: Schaut, selbst ein dummer Ochse, jeder Esel weiß, wo sein Fressen herkommt. Das weiß jeder, selbst so ein "blöder" Ochse. Aber ihr, die ich erwählt habe, für die ich so treu sorge, denen ich so viel Segen gebe – ihr habt es vergessen. Ihr habt komplett aus dem Blick verloren, wer euch segnet.
Noch einmal zur Erinnerung: Alles beginnt hier in der Blütezeit, in der alles gut ist – es gibt Reichtum, Wohlstand, Frieden und erfolgreiche Kriege. Und zwar nicht auf eigenem Territorium, sondern zum Zurückgewinnen von anderem Land. Das Volk scheint sich einzubilden: Das haben wir selbst gemacht. Wer braucht schon einen Vater, wer braucht schon einen Versorger, wer braucht schon einen Gott?
Wann ist das nicht bis heute oft so? Zeiten von Wohlstand und Frieden sind oft Zeiten, in denen Menschen Gott vergessen. Not treibt Menschen oft zurück zu ihm. Doch hier sehen wir, dass das wohl nicht der Fall war.
Gott beschreibt, wie weit sie von ihm entfernt waren, wie ihre Herzen völlig erkaltet waren und wie sie ihn voll und ganz vergessen hatten. Aber was wir dann in den Versen fünf bis sieben lesen, scheint anzudeuten, dass diese Gottvergessenheit Konsequenzen hatte. Das Volk war auf einem falschen Weg und erlitt schweres Leid.
Dieses Kapitel hat keine klare historische Einordnung. Es könnte sein, dass es uns einen Überblick über die gesamte Zeit des Propheten Jesaja gibt – von der Blütezeit bis zum Niedergang.
Es klingt zumindest so: Schwer verwundet und verwüstet ist das Land. Und tatsächlich auch die Frage in Vers 5: "Wohin soll man euch noch schlagen, die ihr doch weiter im Abfall verharrt?" Scheinbar hatte Gott versucht, einzugreifen und sie zu züchtigen, aber sie waren nicht zurückgekehrt.
Gott erklärt hier seine Abscheu über die Gottvergessenheit Judas.
Kritik an sinnentleerten Gottesdiensten und Heuchelei
In den Versen 10 bis 15, die wir gerade gehört haben, entdecken wir etwas, das auf den ersten Blick verwundern könnte. Obwohl das Volk Gott vergessen hat, feiern sie weiterhin Gottesdienste. Interessant, oder? Die Menschen bringen die im Gesetz vorgeschriebenen Opfer, feiern die vorgeschriebenen Feste und beten sogar.
Doch Jesaja macht deutlich, dass dies völlig sinnentleerte Gottesdienste sind. Sie feiern Gottesdienst, aber Gott haben sie vergessen; ihre Herzen sind überhaupt nicht mehr bei ihm. Das wird bereits in der Ansprache in Vers 10 deutlich.
Vielleicht hat es euch überrascht, als Matthias damit begann. Er sagt: „Hört das Wort des Herrn, ihr Herren von Sodom, nehmt zu Ohren die Worte unseres Gottes, du Volk von Gomorra.“ Sodom und Gomorra sind uns bekannt als Ausdruck großer Sünde – heidnische Städte zur Zeit Abrahams, über die Gottes Gericht kam. Mit Feuer und Schwefel wurden diese Städte ausgelöscht.
Wie muss es gewesen sein, viele hundert Jahre nach Sodom und Gomorra, nach diesem Ende, das jedem guten Juden bekannt war? Gott spricht jetzt sein eigenes Volk an und sagt: „Ihr Herren von Sodom und Gomorra, ihr seid genau wie diese heidnischen Städte.“ So sündig, scheinheilig und heuchlerisch sind eure Opfer. Und wenn ihr auch betet – hört das –, ich höre eure Gebete nicht.
Könnt ihr euch vorstellen, wie das für uns wäre, wenn Gott sagt: „Eure Gebetsgemeinschaft könnt ihr gleich sein lassen, ich höre eh nicht zu.“ Das ist die Anklage hier. Eure Opfer sind so scheinheilig; bringt nicht mehr vergebliche Speisopfer, Räucherwerk ist mir ein Gräuel, Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag ich nicht. Meine Seele ist Feind eurer Neumonde und Jahresfeste, sie sind mir eine Last, ich bin es müde, sie zu tragen.
Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch. Und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch nicht, denn eure Hände sind voll Blut – Hände, die Böses tun und Blut vergießen. Und sich dann scheinheilig zusammentun und ein Gebet sprechen – das verabscheue ich.
Ich hoffe, wir wissen das: Gott will unsere Herzen, er will die Herzen der Menschen. Er will, dass sie ihn wahrhaft anerkennen und aus frohem Herzen anbeten als den guten himmlischen Vater, den lieben Gott. Er will keine sinnentleerte Religiosität. Lasst uns das nie vergessen.
Schließlich spricht Gott auch das Unrecht noch einmal ganz konkret an und zeigt, wie sehr er es verabscheut. Das sehen wir ab Vers 21, wo Gott das Böse anklagt. Ich möchte, dass wir hören: Hier ist nicht ein einfach zorniger Gott, sondern ein liebender Vater, der angesichts dessen, was um ihn herum geschieht, verzweifelt ist. Er fragt ab Vers 21:
„Wie geht das zu, dass die treue Stadt zur Hure geworden ist? Sie war voll Recht, Gerechtigkeit wohnte darin, nun aber Mörder. Dein Silber ist Schlacke geworden, und dein Wein wird mit Wasser verfälscht. Deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebesgesellen, sie nehmen alle gern Geschenke an und trachten nach Gaben. Den Weisen schaffen sie nicht Recht, und der Witwinsache kommt nicht vor sie.“
Gott sagt, sein einst so vorbildlicher Sohn Juda hat sich von ihm abgewandt. Das Recht wird mit Füßen getreten, die Schwachen und Schutzbedürftigen werden ausgenutzt und misshandelt. Es ist gut für uns zu erkennen, in welche Situation der Prophet Jesaja spricht.
Gott verkündet laut und deutlich seine Abscheu über die Gottvergessenheit, die sinnentleerten Gottesdienste und das Unrecht des Volkes, das er einst erwählt, treu versorgt und berufen hatte, damit es aller Welt seine Herrlichkeit darstellt. Gott klagt an und macht deutlich, dass Menschen, die so leben, vor ihm nicht bestehen können.
Das hören wir am Ende des Kapitels, in den Versen 28 bis 31:
„Die Übertreter aber und Sünder werden alles vernichtet werden, und die den Herrn verlassen, werden umkommen. Denn ihr sollt zu Schanden werden wegen der Eichen, an denen ihr eure Lust habt, und ihr sollt schamrot werden wegen der Gärten, die ihr erwählt habt. Denn ihr werdet sein wie eine Eiche mit dürren Blättern und wie ein Garten ohne Wasser. Der Starke wird sein wie Werk, und sein Tun wie ein Funke, und beides wird miteinander brennen, und niemand löscht.“
Verheerende Worte – aber hoffentlich nachvollziehbar. Wenn wir uns für einen Moment in Gott hineinversetzen, in seine Rolle, und uns vorstellen, was dieses Volk tut – ein Volk, das er bedingungslos liebt, für das er sorgt, dem er immer wieder vergibt und das er reich gesegnet hat –, das sich doch immer wieder von ihm abwendet, ihn verspottet, ignoriert und so tut, als gäbe es ihn gar nicht, dann überraschen diese Worte letztlich nicht. Wir können sagen: Gott hat Recht.
Was uns jedoch überraschen sollte, ist, dass diese Worte nicht alles sind. Immer wieder sehen wir, dass inmitten der Anklage kleine Hoffnungsschimmer aufleuchten. Das Ziel, das Gott durch Jesaja verfolgt, ist nicht nur, Gericht zu verkünden, sondern Menschen vor diesem Gericht zu retten.
So sehen wir inmitten dieser Finsternis, wie Gottes gnädige Hand immer wieder durchdringt. Wenn wir einige Verse genauer anschauen, erkennen wir, dass Gott gnädig ist. Das zeigt sich zuerst darin, dass er sich einen Überrest bewahrt.
Nach der Anklage über die Gottvergessenheit des Volkes, die in Vers 7 mündet: „Euer Land ist verwüstet, eure Städte sind mit Feuer verbrannt, Fremde verzehren eure Äcker vor euren Augen, alles ist verwüstet wie beim Untergang Sodoms“, lesen wir in den Versen 8 und 9:
„Übrig geblieben ist allein die Tochter Zion, wie ein Häuslein im Weinberg, wie eine Nachthütte im Gurkenfeld, wie eine belagerte Stadt. Hätte uns der Herr Zebaoth nicht einen geringen Rest übriggelassen, so wären wir wie Sodom und gleich wie Gomorra.“
Ich gebe zu, das klingt nicht gerade glorreich oder besonders ermutigend. Zu sagen: Die einst große, herrliche Stadt Jerusalem ist jetzt wie eine Hütte im Gurkenfeld. Aber es ist noch eine Hütte im Gurkenfeld. Ein bisschen so, als wenn wir Gott völlig untreu werden und Gott eines Tages sagt: „Die FEG München Mitte brauche ich nicht mehr, sie ist mir eine Abscheu, weil sie meinen Namen lästert.“ Er lässt ein großes Feuer wüten, und das Gemeindehaus brennt komplett ab. Schutt und Asche. Aber der Fahrradschuppen steht noch. Dort trifft sich ein kleiner Hauskreis, der noch treu betet.
Gott sagt: Sodom und Gomorra wären komplett weg, da wäre nichts mehr übrig. Aber ich habe mir etwas übriggelassen, und daraus kann wieder etwas Neues entstehen. Seht ihr das?
Vielleicht passt das Bild besser, wenn wir auf unser Land schauen und sagen: 500 Jahre nach der Reformation, 500 Jahre nach Martin Luther – was ist noch übrig geblieben? Ich hoffe, wir dürfen sagen: Da ist in der Mozartstraße zwölf noch ein Haus, in dem Menschen zusammenkommen, die Gott wirklich noch kennen, ihn anbeten und danach streben, so zu leben, wie es ihm gefällt.
Dann hoffe ich, dass wir die Vision bekommen, zu sagen: Dieser Überrest kann ein Ort sein, aus dem wieder Segen in das Land fließt. Ich hoffe, wir haben diese Vision. Deshalb bilden wir auch Trainees aus, um sie auszusenden, spenden Geld an treue kleine Gemeinden, an andere „Hütten im Gurkenfeld“. Die FWG Erfurt hat gerade eine größere Spende geschickt. Wir glauben, das ist so ein Geräteschuppen, so eine Hütte im Gurkenfeld, aus der etwas hervorgehen kann im Osten Deutschlands, in der Region, die laut einigen Studien die atheistischste und gottvergessenste Region der Welt ist.
Ich hoffe, wir haben diese Vision: Gott ist treu, er bewahrt sich einen gläubigen Überrest. Hier sehen wir die Gnade Gottes inmitten der Gottvergessenheit seines erwählten Volkes.
Nach der Anklage über die sinnentleerten Gottesdienste lesen wir in Vers 16 etwas, das Hoffnung macht: Der Herr ruft Menschen zur Umkehr. Auch das ist Ausdruck seiner großen Gnade und sollte uns eigentlich überraschen. Denn ganz ehrlich: Wenn uns jemand ständig verspottet und immer gegen das handelt, was wir wirklich wollen, wenn jemand eine Pseudo-Haltung hat, die vorgibt, zu gehorchen, aber immer das Gegenteil tut, würden wir wohl sagen: „Ich habe genug, mit dir will ich nichts mehr zu tun haben.“ So reagieren wir wahrscheinlich.
Was macht Gott? Er sieht sich das alles an, macht einen Schritt auf sie zu und hält seine Hand hin. Ich hoffe, wir hören die Worte ab Vers 16 so:
„Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Weisen Recht, führt der Witwinsache.“
Dann spricht der Herr etwas Erstaunliches:
„So kommt denn, und lasst uns miteinander rechten! Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden; wenn sie rot ist wie Schalach, soll sie doch wie Wolle werden.“
Diesem untreuen Volk, das so verstrickt ist in Sünde, wendet sich Gott zu und ruft ihm zu: Nicht nur, dass er sagt „Macht mal selber, seht zu, dass alles wieder in Ordnung kommt“, nein, Gott verheißt hier etwas.
„Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden; wenn sie rot ist wie Schalach, soll sie doch wie Wolle werden.“
Wir müssen uns das vorstellen: Hier ist eine Verschmutzung, die eigentlich nicht auflösbar ist. Das ist so, als hätte ich mein Hemd mit Rotwein besudelt, überall. Man kann sich gut vorstellen, wie das Volk, das Gott total vergessen hat, beim Abendmahl besoffen sich den Weinbecher immer wieder überkippt und gar nicht merkt, wie zerfleddert und hässlich das Hemd geworden ist – überall Flecken, nie gewaschen, auf die Idee gar nicht gekommen.
Und Gott sagt: „Gib mir den Lumpen, und du bekommst ihn schneeweiß zurück.“ Mein Waschmittel kann das nicht, kein Waschmittel kann das. Das geht nur, weil Gott einen Weg geschaffen hat, wie das, was völlig besudelt ist – Sünde, auch blutrot –, wie der Schnee weiß werden kann.
In Kapitel 1 erklärt uns Jesaja noch nicht genau, wie das geschehen soll, aber später tut er das. Ich habe uns aus Jesaja 53 vorgelesen, wo von einem treuen Knecht die Rede ist, der auch ein Friedensbote genannt wird. Er wird um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Er nimmt die Strafe auf sich, die wir Sünder verdient hätten, damit wir Frieden haben können. Durch seine Wunden sind wir geheilt.
Ihr Lieben, wir kennen diesen Gottesknecht. Lasst uns die Herrlichkeit Christi sehen, wenn sein Wort verkündigt wird. Ich hoffe, wir erkennen in den Worten des Propheten Jesaja einen Blick auf die Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus, der gekommen ist, um Gottes untreues Volk zurückzurufen.
Das Volk war zur Zeit Jesu nicht anders als zur Zeit Jesajas. Die Menschen feierten immer noch Feste, hatten aber Gott vergessen. Sie gingen ihre eigenen Wege und waren Pharisäer – heuchlerisch in ihren Gottesdiensten. Jesus kommt, und er allein vergisst Gott nicht. Er lebt in enger Verbindung zu seinem himmlischen Vater, Gott, dem Vater und dem Sohn vereint – so wie es zwischen Juda, dem Sohn Gottes, oft „mein Sohn“ genannt, und Gott, dem Vater, hätte sein sollen.
Jesus lebt genau das in enger Beziehung, immer den Vater ehrend, auf ihn bedacht und treu, was er gesagt hat, zu tun. Und dann nimmt er, so wie Jesaja es verkündet, unsere Strafe auf sich, damit Menschen, die Gott vergessen haben, von ihm getrennt sind und so besudelt sind, durch ihn rein werden können.
Gott kann das nicht einfach so wegtun. Gott ist ein gerechter Gott. Das sehen wir auch in Vers 27, wo es heißt, dass Zion durch Gericht erlöst werden muss. Dieses Gericht kommt auf Jesus Christus, den treuen Gottesknecht, der sein Blut für undankbare und untreue Menschen vergießt. Deren Gottesdienste sind oft nicht mehr als sinnentleerte Religiosität für Menschen, die immer wieder Dinge denken, sagen und tun, die gegen Gott sind.
Er vergoss sein Blut, damit wir rein werden können – befreit vom Allschmutz, schneeweiß, wo wir blutrot waren durch Sünde. Das ist die erstaunliche Gnade Gottes, die hier schon verheißt wird.
Lasst uns schließlich bedenken, wem diese Gnade gilt. Wir haben in den Versen 16 und 17 gesehen, dass der Herr sein Volk zurückruft aus der Gottvergessenheit und Sünde:
„Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Weisen Recht, führt der Witwinsache.“
Letztendlich heißt das: Tut, lebt wieder so, wendet euch mir wieder zu, lebt so, wie ich es will. Nach der Verheißung der Reinigung von Schuld und Sünde heißt es:
„Wollt ihr mir gehorchen, so sollt ihr des Landes Gut genießen.“
Die Gnade Gottes gilt all denen, die Gottes Ruf hören, zu ihm umkehren und zurückkommen zu einem Leben im Gehorsam, einem Leben in der Nachfolge.
Juda musste damals diesen Ruf dringend hören. Deshalb sendet Gott den Propheten Jesaja. Und wir werden auch in den nächsten Wochen sehen: Die Worte des Propheten Jesaja sind oft hart. Sie klingen oft bedrohlich und konfrontieren ständig mit Sünde.
Aber ich möchte ermutigen, diese Worte nicht nur als „ständig Sünde, ständig Sünde“ zu hören. Jesaja spricht nur das an, was da ist. Das ist nicht Jesajas Problem, sondern das Problem der Menschen.
Ich hoffe sehr, dass wir alle erkennen, dass das, was Gott durch Jesaja tut, Ausdruck seiner großen Gnade ist. Er konfrontiert die Menschen mit einem großen Ziel: dass sie erkennen, wo sie auf falschen Wegen sind, umkehren und nicht weiter Richtung Abgrund rennen, sondern innehalten, den Weg des Segens und Heils sehen und auf diesem Weg umkehren.
Die harten Worte des Propheten Jesaja sind Ausdruck der erstaunlichen Liebe und Geduld unseres Gottes.
Ich möchte noch einmal betonen: Die Worte richten sich nicht an uns persönlich. Ich will hier niemandem sagen: „Du bist wie Juda.“ Juda ist wie Juda. Gott spricht durch Jesaja zum Volk Juda im Jahr 740 bis 700 vor Christus.
Aber diese Worte zeigen uns, wie Gott ist. Sie zeigen, dass Gott verabscheut, wenn Menschen ihn vergessen, wenn sie scheinheilige Gottesdienste feiern und Unrecht tun – ohne mit der Wimper zu zucken.
Vor allem zeigen sie uns, dass Gott gnädig ist. Er bewahrt sich einen treuen, gläubigen Überrest – damals vor 2750 Jahren, bis heute und bis er wiederkommt.
In seiner Gnade hat er einen Weg bereitet, damit Sünden vergeben werden können und Menschen mit ihm versöhnt leben können. Er sagt uns: Dieser Weg steht jedem frei, der zu ihm umkehrt und mit ihm lebt.
Wenn du diesen Weg noch nicht gehst, hat Jesaja heute eine Botschaft für dich: Höre seine Worte, kehre um, erkenne Gott! Er hat dich geschaffen. Alles, was du hast, kommt letztlich von ihm. Er hält dein ganzes Leben und all deine Lebensumstände in seiner Hand. Alle Intelligenz und Fähigkeiten hast du nur, weil er sie dir gegeben hat – und er kann sie dir auch nehmen.
Erkenne ihn als den Geber aller guten Gaben, wende dich ihm wieder zu, feiere Gottesdienste mit frohem Herzen und lebe nach seinen Geboten.
Du darfst wissen: Wenn du das tust, musst du seinen Zorn und sein Gericht nicht fürchten. Jesus hat es für dich schon getragen, du darfst seine Gnade genießen.
Dieser Ruf gilt uns allen. Stehen wir nicht alle immer wieder in der Gefahr, Gott aus dem Blick zu verlieren? Gottesdienste, in denen wir einfach mitgemacht haben, ohne wirklich dabei zu sein; Gebete, die nur so herauskamen, ohne aus dem Herzen zu kommen – eine relativ sinnentleerte Religiosität – kennen wir das nicht auch?
Und gibt es nicht auch immer wieder Dinge, die wir denken, sagen und tun, die Gott nicht gefallen? Sind unsere Hände wirklich so, dass wir sie guten Gewissens falten können und Gott sagt: „Das sind Hände, die mir gefallen“?
Zum Abschluss möchte ich einen Moment der Stille geben – einen Moment, in dem du dich selbst hinterfragst. Ich spreche kein Urteil über dich, das steht mir nicht zu. Ich möchte dir einfach die Möglichkeit geben, zu schauen: Gibt es Bereiche in meinem Leben, die Gott nicht gefallen? Hat Gott mir durch den Propheten Jesaja heute auch in meinem Leben gesprochen?
Ich möchte dich ermutigen, in der Stille deines Herzens diese Dinge zu bekennen. Und ich möchte dir die Gnade Gottes zusprechen.
Lass uns still werden vor Gott:
Himmlischer Vater, du weißt, was uns gerade in unseren Herzen bewegt hat. Du weißt auch um die Dinge, die uns vielleicht gar nicht in den Sinn gekommen sind. Du weißt um unser oft so eigenständiges Leben, in dem wir dich vergessen. Du weißt, wo wir dich nicht wirklich aus vollem Herzen anbeten und unsere Anbetung mehr zur Routine geworden ist.
Du weißt um alles, was wir gedacht, gesagt und getan haben, das gegen deine Gebote war, und du weißt, wo wir deinem Ruf nicht gehorcht haben.
Komm mutig vor deinen Thron der Gnade, denn du sagst uns zu, dass wenn wir unsere Sünden bekennen, du treu und gerecht bist und uns die Sünden vergibst und uns reinigst von aller Ungerechtigkeit.
Denn wir haben einen Fürsprecher beim Vater, Jesus Christus, der gerecht ist. Er ist die Versöhnung für unsere Sünden – nicht allein für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.
O Herr, wir preisen dich für deine freie Gnade, die wir uns nicht verdienen müssen, die wir heute einfach so empfangen dürfen. Hilf uns, in dieser Gnade zu leben, hilf uns, von dieser Gnade zu zeugen, so dass auch dieses Volk, in dem wir leben, dich wieder mehr erkennt – durch uns, durch Boten, die an Christi Statt den Menschen zeigen, wo sie auf falschem Wege sind, sie zurückrufen zu dir und ihnen deine Gnade verkünden.
Möge es so sein. Amen.
Hoffnungsschimmer und Gottes gnädige Bewahrung eines Überrests
Was uns jedoch überraschen sollte, ist, dass diese Worte nicht alles sind. Immer wieder sehen wir, dass inmitten der Anklage kleine Hoffnungsschimmer aufleuchten. Das Ziel, das Gott durch Jesaja hier verfolgt, ist nicht einfach, Gericht zu verkünden. Nein, sein Ziel ist, Menschen vor diesem Gericht zu retten.
So sehen wir inmitten dieser Finsternis, wie Gottes gnädige Hand immer wieder durchdringt. Ich hoffe, dass wir das jetzt erkennen, wenn wir uns einige Verse noch einmal genauer anschauen. Wir werden sehen, dass Gott gnädig ist. Das zeigt sich zuerst darin, dass er sich einen Überrest bewahrt.
Nach der Anklage über die Gottvergessenheit der Juden, die in Vers 7 darin mündet: „Euer Land ist verwüstet, eure Städte sind mit Feuer verbrannt, Fremde verzehren eure Äcker vor euren Augen, alles ist verwüstet wie beim Untergang Sodoms“, lesen wir dann in den Versen 8 und 9: „Übrig geblieben ist allein die Tochter Zion, wie ein Häuslein im Weinberg, wie eine Nachthütte im Gurkenfeld, wie eine belagerte Stadt. Hätte uns der Herr Zebaoth nicht einen geringen Rest übriggelassen, so wären wir wie Sodom und gleich wie Gomorra.“
Ich gebe zu, das klingt jetzt nicht gerade glorreich und nur bedingt ermutigend. Es ist, als würde man sagen: „Also die einst große, herrliche Stadt Jerusalem ist jetzt wie so eine Hütte im Gurkenfeld.“ Aber es ist noch eine Hütte im Gurkenfeld.
Ein bisschen so, als wenn wir Gott völlig untreu werden und Gott eines Tages sagt: „Die FEG München Mitte, die brauche ich nicht mehr, sie ist mir eine Abscheu, weil sie meinen Namen lästert.“ Er lässt ein großes Feuer wüten, und das Gemeindehaus ist komplett abgebrannt. Schutt und Asche, aber der Fahrradschuppen steht noch. Und dort trifft sich ein kleiner Hauskreis, der noch treu betet.
Gott sagt: „Sodom und Gomorra – da wäre der Geräteschuppen weg, da wäre nichts mehr übrig.“ Aber wisst ihr was? „Ich habe mir da etwas übriggelassen, und aus dem kann wieder etwas Neues entstehen.“
Seht ihr das? Vielleicht passt dieses Bild besser, wenn wir auf unser Land schauen und sagen: 500 Jahre nach der Reformation, 500 Jahre nach Martin Luther – was ist denn noch übrig geblieben? Ich hoffe, wir dürfen sagen: Da ist in der Mozartstraße 12 noch ein Haus, in dem Menschen zusammenkommen, die Gott wirklich noch kennen, die ihn wirklich noch anbeten, die wirklich noch danach streben, so zu leben, wie es ihm gefällt.
Dann hoffe ich, dass wir die Vision bekommen, zu sagen: Dieser Überrest kann ein Ort sein, aus dem heraus wieder Segen fließt in das Land hinein. Ich hoffe, wir haben diese Vision. Deshalb bilden wir auch Trainees aus, um sie auszusenden, und spenden Geld an treue kleine andere „Gurkenhäuser“, also Hütten im Gurkenfeld.
Der FWG Erfurt hat ja gerade eine größere Spende erhalten. Wir glauben, das ist so ein Geräteschuppen, so eine Hütte im Gurkenfeld, aus der etwas hervorgehen kann im Osten Deutschlands – der Region, die laut einigen Studien die atheistischste und gottvergessenste Region der ganzen Welt ist.
Ich hoffe, wir haben diese Vision: Gott ist treu. Er bewahrt sich einen gläubigen Überrest. Hier sehen wir die Gnade Gottes inmitten der Gottvergessenheit seines erwählten Volkes.
Gottes Ruf zur Umkehr und Verheißung von Reinigung
Nach der Anklage, die dann folgt über die sinnenleeren Gottesdienste, lesen wir auch in Vers sechzehn etwas, das Hoffnung macht. Der Herr ruft Menschen zur Umkehr. Auch das ist Ausdruck seiner großen Gnade. Und etwas, das uns eigentlich überraschen sollte, denn ganz ehrlich: Wenn uns jemand ständig verspottet, wenn jemand ständig gegen das handelt, was wir wirklich wollen, und quasi so tut, als mache er ja, was wir wollen, aber eigentlich immer genau das Gegenteil tut, dann wird man sagen: „Weißt du was, ich habe die Schnauze voll, mit dir will ich nichts mehr zu tun haben.“ So werden wir reagieren, denke ich mal, oder?
Was macht Gott? Er sieht sich das alles an, macht einen Schritt auf sie zu und hält seine Hand hin. Ich hoffe, dass wir die Worte ab Vers sechzehn so hören: „Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Weisen Recht, führt der Witwin Sache.“ So kommt denn, und lasst uns miteinander rechten.
Dann spricht der Herr etwas Erstaunliches: „Wenn eure Sünde auch blutrot ist, so soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Schalach, so soll sie doch wie Wolle werden.“ Diesem untreuen Volk, das so verstrickt ist in Sünde, wendet sich Gott zu und ruft ihm zu. Und nicht nur, dass er sagt: „Jetzt macht mal selber, seht zu, dass alles wieder in Ordnung kommt“, nein, Gott verheißt hier etwas.
„Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, wenn sie rot ist wie Schalach, so soll sie doch wie Wolle werden.“ Wir müssen uns das vorstellen: Hier ist eine Verschmutzung, die nicht auflösbar ist, das geht eigentlich nicht. Das ist so, als wenn ich mein Hemd hier mit Rotwein besudelt hätte, überall. Man kann sich gut vorstellen, wie das Volk, das Gott total vergessen hat, beim Abendmahl besoffen sich den Weinbecher rüberkippt und das nächste Woche wieder und wieder, und gar nicht merkt, wie zerfleddert und hässlich dieses Hemd geworden ist, überall nur Flecken, nie gewaschen, auf die Idee gar nicht gekommen.
Und Gott sagt: „Gib mir den Lumpen, und du kriegst ihn zurück, und er ist schneeweiß.“ Also mein Waschmittel kann das nicht, das kann kein Waschmittel. Das geht eigentlich nicht, das geht nur, weil Gott einen Weg geschaffen hat, wie das, was völlig besudelt ist – Sünde, auch blutrot – wie der Schnee weiß werden kann.
In Kapitel 1 erklärt uns Jesaja noch nicht genau, wie das geschehen soll, aber später tut er das. Ich habe uns von den Worten aus Jesaja 53 gelesen, wo die Rede ist von einem treuen Knecht, der vorher auch schon ein Friedensbote genannt wird. Er wird um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Er nimmt die Strafe, die wir Sünder verdient hätten, auf sich, so dass wir Frieden haben können.
Und dann ein ähnliches Bild, ähnlich absurd: „Durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Eure Lieben, wir kennen doch diesen Gottesknecht. Lasst uns sehen die Herrlichkeit des Christus, wenn sein Wort verkündigt wird. Ich hoffe, wir sehen, wie in seinem Wort, im Propheten Jesaja, hier ein Blick ist auf die Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus, der gekommen ist, um Gottes untreues Volk zurückzurufen.
Und das Volk war ja zur Zeit von Jesus nicht anders als zur Zeit von Jesaja. Die Menschen haben immer noch Feste gefeiert, aber sie hatten Gott vergessen. Sie gingen ihre eigenen Wege, sie waren Pharisäer, heuchlerisch in ihren Gottesdiensten. Und Jesus kommt, und er allein vergisst Gott nicht. Nein, er lebt in ganz enger Verbindung zu seinem himmlischen Vater.
Gott, der Vater, und der Sohn sind vereint, so wie es zwischen Judah, Jungs von Gott, oft auch mein Sohn genannt, und Gott dem Vater hätte sein sollen. Jesus lebt genau das in enger Beziehung, immer den Vater ehrend, auf ihn bedacht, treu, das zu tun, was er gesagt hat.
Und dann nimmt er, so wie Jesaja es verkündet, unsere Strafe auf sich, damit Menschen, die Gott vergessen haben, die von Gott getrennt sind, die so besudelt sind, durch ihn rein werden können. Gott kann das nicht einfach so wegtun. Gott ist ein gerechter Gott, das sehen wir übrigens auch im Vers 27, wo es heißt, dass Zieren durch Gericht erlöst werden muss.
Dieses Gericht kommt auf Jesus Christus, den treuen Gottesknecht, der sein Blut vergießt für Undankbare, für untreue Menschen. Deren Gottesdienste sind oft nicht viel mehr als eine sinnenleere Religiosität für Menschen, die immer wieder Dinge denken, sagen und tun, die gegen Gott sind.
Und er vergoss sein Blut, damit wir rein werden können, befreit vom Allschmutz, schneeweiß, die wir als blutrot waren durch Sünde. Das ist die erstaunliche Gnade Gottes, die wir hier schon verheißt bekommen.
Die Einladung zur Umkehr und Nachfolge
Nun lasst uns schließlich noch bedenken, wem diese Gnade gilt. Wir haben bereits in den Versen 16 und 17 gesehen, dass der Herr sein Volk zurückruft aus der Gottvergessenheit und Sünde.
„Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den weißen Recht, führt der Witwinsache.“ Letztendlich heißt das: Tut es, lebt wieder so, wendet euch mir wieder zu, lebt wieder so, wie ich das will.
Nach der Verheißung, der Reinigung von Schuld und Sünde, heißt es: „Wollt ihr mir gehorchen, so sollt ihr des Landes Gut genießen.“ Das bedeutet, die Gnade Gottes gilt all denen, die Gottes Ruf hören, die zu ihm umkehren, zu ihm zurückkommen – zurück zu einem Leben im Gehorsam, einem Leben in der Nachfolge.
Juda musste damals diesen Ruf dringend hören. Deshalb sendet Gott den Propheten Jesaja. In den nächsten Wochen werden wir sehen: Die Worte des Propheten Jesaja sind oft hart. Sie klingen oft bedrohlich und konfrontieren ständig mit Sünde.
Ich möchte ermutigen, diese Worte nicht so zu hören, als wäre es nur „Oh, ständig Sünde, ständig Sünde“. Denn Jesaja spricht nur an, was da ist. Das ist ja nicht Jesajas Problem, sondern das Problem der Menschen.
Ich hoffe sehr, dass wir alle erkennen, dass das, was Gott durch Jesaja hier wirklich tut, Ausdruck seiner großen Gnade ist. Er konfrontiert die Menschen mit einem großen Ziel: dass sie erkennen, wo sie auf falschen Wegen sind, und umkehren. Dass sie nicht weiter Richtung Abgrund rennen, sondern innehalten, den Weg des Segens und des Heils sehen und auf diesem Weg umkehren.
Die Worte, die harten Worte des Propheten Jesaja, sind Ausdruck der erstaunlichen Liebe und Geduld unseres Gottes. Ich möchte noch einmal sagen: Die Worte richten sich nicht an uns persönlich. Ich will hier niemandem sagen: „Du bist wie Juda.“ Juda ist wie Juda. Gott spricht durch Jesaja zum Volk Juda im Jahr 740 bis 700 vor Christi Geburt.
Aber diese Worte zeigen uns, wie Gott ist. Sie zeigen uns, dass Gott verabscheut, wenn Menschen ihn vergessen. Dass Gott verabscheut, wenn Menschen Sünde entleert durch heuchlerische Gottesdienste feiern. Dass Gott es verabscheut, wenn Menschen Unrecht und Sünde tun – und zwar ohne mit der Wimper zu zucken.
Vor allem aber zeigen uns diese Worte, dass Gott gnädig ist. Er bewahrt sich einen treuen, gläubigen Überrest damals, vor 2750 Jahren, und bis heute und bis er wiederkommt. In seiner Gnade hat er einen Weg bereitet, damit Sünden vergeben werden können und Menschen mit ihm versöhnt leben können.
Er sagt uns: Dieser Weg steht jedem frei, der zu ihm umkehrt und mit ihm lebt. Wenn du diesen Weg noch nicht gehst, dann hat Jesaja heute eine Botschaft für dich: Höre seine Worte, kehre um, erkenne Gott. Er hat dich geschaffen. Alles, was du hast, kommt letztendlich von ihm. Er hält dein ganzes Leben und all deine Lebensumstände in seiner Hand.
Alle Intelligenz, alle Fähigkeiten, die du hast, hast du nur, weil er sie dir gegeben hat – und er kann sie dir auch wieder nehmen. Erkenne ihn als den Geber aller guten Gaben, fange an, dich ihm wieder zuzuwenden, feiere Gottesdienste mit frohem Herzen und lebe nach seinen Geboten.
Du darfst wissen: Wenn du das tust, musst du seinen Zorn und sein Gericht nicht fürchten. Jesus hat es für dich schon getragen. Du darfst seine Gnade genießen.
Und, liebe Geschwister, dieser Ruf gilt uns allen. Stehen wir nicht alle immer mal wieder in der Gefahr, Gott aus dem Blick zu verlieren? Gottesdienste, in denen wir einfach mitgemacht haben, ohne wirklich dabei zu sein, Gebete, die mir einfach so rauskamen, ohne dass sie aus dem Herzen kamen – eine relativ sinnentleerte Religiosität, kennen wir das nicht auch?
Und gibt es nicht auch immer wieder Dinge, die wir denken, sagen und tun, die Gott nicht gefallen? Sind unsere Hände wirklich so, dass wir sie guten Gewissens falten können und Gott sagt: „Das sind Hände, die mir gefallen“?
Einladung zur Selbstreflexion und Gebet
Ich möchte uns zum Abschluss einen Moment der Stille schenken. Einen Moment, in dem du dich selbst einfach hinterfragst.
Ich spreche kein Urteil über dich – das steht mir nicht zu. Vielmehr möchte ich dir die Möglichkeit geben, zu prüfen: Gibt es Bereiche in meinem Leben, die Gott nicht gefallen? Hat Gott mir heute durch den Propheten Jesaja auch in meinem Leben gesprochen?
Ich möchte dich ermutigen, in der Stille deines Herzens Gott diese Dinge zu bekennen. Gleichzeitig möchte ich dir die Gnade Gottes zusprechen.
Lass uns nun still werden vor Gott.
Schlussgebet um Vergebung und Gnade
Himmlischer Vater, Du weißt, was uns gerade in unseren Herzen bewegt, und Du kennst auch die Dinge, die uns vielleicht gar nicht in den Sinn gekommen sind. Du weißt um unser oft so eigenständiges Leben, in dem wir Dich vergessen.
Du weißt, wo wir Dich nicht wirklich aus vollem Herzen anbeten und Deine Anbetung mehr zur Routine geworden ist. Du kennst alles, was wir gedacht, gesagt und getan haben, das gegen Deine Gebote verstößt. Du weißt auch, wo wir Deinem Ruf nicht gehorcht haben.
Komm mutig vor Deinen Thron der Gnade, denn Du hast uns zugesagt, dass, wenn wir unsere Sünden bekennen, Du treu und gerecht bist und uns die Sünden vergibst sowie uns von aller Ungerechtigkeit reinigst.
Denn wir haben einen Fürsprecher beim Vater, Jesus Christus, der gerecht ist. Er ist die Versöhnung für unsere Sünden – und nicht nur für unsere, sondern auch für die der ganzen Welt.
O Herr, wir preisen Dich für Deine freie Gnade, die wir uns nicht verdienen müssen, sondern die wir heute einfach so empfangen dürfen. Hilf uns, in dieser Gnade zu leben. Hilf uns, von dieser Gnade zu zeugen, damit auch dieses Volk, in dem wir leben, Dich durch uns wieder mehr erkennt – durch Boten, die an Christi Statt den Menschen zeigen, wo sie auf falschem Wege sind.
Lass uns sie zurückrufen zu Dir und ihnen Deine Gnade verkünden. Möge es so sein. Amen.