Die Anfänge der Missionsgeschichte in Äthiopien
Damit begann die Geschichte von Äthiopien, in der zwei Deutsche oder Schweizer die große Sehnsucht hatten, das Evangelium nach Äthiopien zu tragen. Äthiopien war immer ein interessantes, geheimnisvolles Land. Aufgrund seiner Lage hoch in den Bergen war es nie eine Kolonie gewesen. Man wusste, dass es dort Christen gab, was das Land besonders faszinierend machte.
Das Interesse rührte auch von der Königin von Saba her, ebenso von den Kammern aus dem Moorenland. Man wollte wissen, was es dort überhaupt mit dem Evangelium auf sich hatte. Man kannte die koptische Kirche, die sich sehr verschlossen gegen alle Einflüsse von außen zeigte.
Der erste, der sich im Auftrag der Mission dorthin wagte, war Samuel Gobert, der Vater von Dora Rappert. Samuel Gobert war ein Deutschschweizer, sprach fließend Französisch und wurde nach Äthiopien gesandt. Zunächst versuchte er, sich die Unterstützung der Regierenden zu sichern. Das war äußerst schwierig, denn er kam vom Roten Meer her.
Interessant ist, dass wir uns in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Ostafrika befinden. Damals war das Evangelium durch Mission noch nicht verbreitet worden. Das lag daran, dass der Suezkanal noch nicht eröffnet war. Erst durch die Eröffnung des Suezkanals trat Ostafrika überhaupt in das Blickfeld Europas. Zuvor hatte man sich viel mehr auf Missionen in Indien, Asien, China und anderen Regionen konzentriert. Ostafrika war weitgehend vergessen.
Samuel Gobert wirkte viele Jahre dort. In einem ersten Einsatz musste er abbrechen, da er keine Erfolge hatte. Er erlebte unendliche Leiden: Verfolgung durch Räuber, Hitze, Durchquerung der Wüste, Verlust aller Literatur und Enttäuschung durch die Regierenden.
Beim zweiten Mal zog er mit seiner Frau erneut dorthin. Seine Frau war eine Tochter des Zellers, der in Männedorf bei Beugen ein großes Erziehungsheim aufgebaut hatte. Dieser Zeller hatte das Lied gedichtet: „Zeige deines Treuerheiland, wir sind hier, zeige deines Wortes Kraft an uns armen Wesen.“ Aus diesem frommen Haus holte Samuel Gobert seine Frau.
Sie mussten sich zwei Jahre lang verstecken, da sie von der orthodoxen Kirche und den Regierenden verfolgt wurden. Schließlich zogen sie sich in einem abenteuerlichen Marsch zurück. Ihr Leben konnten sie nur retten, indem sie sich nach Kairo durchschlugen.
Diese Geschichte ist erschütternd. Auf diesem Marsch war ihr einziges Kind todkrank an Hirnhautentzündung. Die Frau wollte nicht mehr weiter, sie gab auf. Samuel Gobert sagte später, er habe seine Frau anschreien müssen, was ihm schwerfiel. Als sie schließlich in Kairo ankamen, war das Kind tot.
Er schildert eindrücklich das Leben der Missionare und das Opfer. Die Frau hielt in der Hitze den schnell verwesenden Leichnam auf ihrem Schoß, bis sie endlich die Sterbeurkunden bekamen und das Kind beerdigen konnten.
Dies war ein gescheiterter Versuch, in Äthiopien das Evangelium zu verkünden.
Weitere Pioniere und ihre Herausforderungen
Nicht nur zwei Deutsche waren beteiligt, es waren natürlich noch viel mehr. Louis Harms, der Evangelist von Hermannsburg, spielte eine bedeutende Rolle. Er ließ ein Schiff bauen, die Kandake, benannt nach der Königin aus dem Gebiet des Kemrauschen Moorenlands. Dieses Schiff wurde so genannt, und er rüstete junge Männer für die Mission aus.
Louis Harms hatte eine ganz besondere Missionsarbeit. Die Missionare durften in Äthiopien nicht an Land gehen. Deshalb fuhren sie weiter und bauten eine große Missionsarbeit in Südafrika auf. Das war der Anfang der lutherischen Kirche in Südafrika, die heute noch große Bedeutung hat.
Der Dritte, von dem ich erzählen möchte, stammte aus Tübingen. Er war ein Bauernjunge aus Derendingen, dort wo heute das Albrecht-Bengel-Haus steht. Sein Name war Ludwig Krapff. Er wurde damals von der englischen Missionsgesellschaft ausgesandt, da es damals noch keine deutsche Missionsgesellschaft gab, die ihn richtig hätte aussenden können. Ludwig Krapff kam nach Ostafrika und bemühte sich sechs Jahre lang, die Menschen dort mit dem Evangelium zu erreichen.
Seine Reise war abenteuerlich. Auf dem Mittelmeer starb ein Freund und Mitmissionar. Ludwig Krapff musste in Marseille die Beerdigung organisieren. Der sterbende Missionar hatte noch viel von seiner Braut erzählt, die er zurückgelassen hatte. Das rührte Ludwig Krapff so sehr, dass er später diese Braut heiratete, obwohl er sie nie gesehen hatte. Sie wurde die Frau von Ludwig Krapff.
In der Mission waren solche Ehen oft keine schlechten Verbindungen. Sie wurden mit Vernunft und Gebet geschlossen und beruhten nicht nur auf Romantik. Wenn man die Geschichte dieser sechs Jahre liest, findet man die Biografie von Ludwig Krapff, der seine Tagebücher geschrieben hat. Diese wurden jetzt noch einmal in einer sehr kostbaren Ausgabe gedruckt.
Ludwig Krapff erlebte auf seiner Reise unheimlich viel Schweres. Die Wege waren ihm oft versperrt. Trotzdem sagte er: „Ich muss in dieses Land das Evangelium hineintragen.“ Vergebliche Unternehmungen seien nicht schlimm. Auch wenn die Wege versperrt und die Türen verriegelt seien, wolle er hineingehen.
1837 sagte er: „Je schwieriger der Dienst ist, umso gewisser ist, dass Gott ihn gerufen hat.“ Er betonte, dass der Glaube alles ganz anders sehe. Mission sei immer Gottes Gebot. Wenn von außen der Widerstand sehr groß sei, dann bestehe gerade deshalb die Pflicht von Jesus her, alles zu wagen.
Auch wenn das Leben voller Entbehrungen sei, schrieb er, würden sie doch ihre Stellung niemals mit irgendeiner irdischen Krone vertauschen.
Die Hoffnung auf Erweckung der koptischen Kirche
Die Hoffnung der ersten Missionare war immer wieder, die alte koptische Kirche zu neuem Leben zu erwecken. In der Missionsgeschichte blieb dies jedoch stets ein Traum. Das ist eine harte Erkenntnis und eine schmerzliche Erfahrung: Tote Kirchen lassen sich nicht auf Kommando erwecken. Es ist ein besonderes Wunder, wenn Gott dies tut.
Ähnliche Erfahrungen wurden auch im Kaukasus gemacht, etwa beim Versuch des Grafen Zaremba. Immer wieder zeigte sich, dass alte Kirchen sich nicht einfach wiederbeleben lassen. Man kann nicht einfach kommen, die Ärmel hochkrempeln und sagen: „Hauruck, jetzt komme ich, und jetzt beginnt das neue Leben.“
Auch an ihren eigenen Orten, in ihren Gemeinden, machten die Missionare dieselbe Erfahrung. Ludwig Krapff zum Beispiel reiste sechs Jahre lang kreuz und quer durch Äthiopien. Dort wurde er von den äthiopischen Priestern bekämpft, die ihn verfluchten. In seinem Tagebuch schrieb er: „Dem Satan ihre Seelen übergeben, ihre Leiber den Hyänen, ihr Eigentum den Dieben. Jeder, der sich ihnen nähert, soll demselben Bann verfallen.“ So lautet das Zitat von Ludwig Krapff.
Zwei Mitmissionare, die mit Krapff gereist waren, gaben auf, doch Krapff kämpfte weiter. Schon auf den Schiffsfahrten im Roten Meer war er oft dem Tod nahe, wochenlang todkrank und zu schwach, um etwas zu tun. Er durchlitt viele schwere Tropenkrankheiten, wurde von Soldaten der abessinischen Fürsten gefangen genommen und wanderte wieder durch Gebiete, allein unter Hyänen und Löwen.
Er reiste in der glühend heißen Wüste und in der erbarmungslos kalten Nacht. Er wurde beraubt, ihm wurden alle Medikamente gestohlen. Er war glücklich, wenn er irgendwo einen Stall fand, auch wenn dort Ungeziefer war, oder wenn er eine Mahlzeit bekam, die eigentlich den Schweinen bestimmt war.
Dennoch empfand Krapff es als ein ungeahntes Vorrecht, für seinen Herrn im Missionsdienst stehen zu dürfen. Er war erschüttert, wie gerade die orthodoxen Priester das Evangelium in der abessinischen Steinstadtskirche von sich wiesen.
Sein Traum war es, dass die Gallas – auch Oromos genannt – für Jesus gewonnen werden könnten. Diese Gallas spielen noch heute eine wichtige Rolle; es sind kämpferische Soldaten. Krapff träumte davon, dass dieses wilde Volk Jesusjünger werden und die Evangelisten Afrikas sein könnten. Er fragte sich immer wieder, was es einmal bedeuten würde, wenn das geschehen würde.
Die schweren Prüfungen auf den Missionsreisen
Er hat versucht, von Norden her, vom Meer her und von allen Seiten in dieses Land einzudringen. Auf einer der Expeditionen erlitt seine Frau eine Frühgeburt. Er bat die Leiter der Karawane, wenigstens einige Stunden zu warten. Doch sie lachten ihn nur aus. Das totgeborene Kind konnte er nur rasch unter einem Haufen Steine beerdigen, damit wilde Tiere den Leichnam nicht fressen. Danach stand er mit der Wöchnerin auf und zog weiter. Er schrieb: „Ich kann Gott nur danken, niemand wird zu Schanden, der auf Christus traut.“
So groß war der Glaube, der durch ihn hindurchtrat. Er blieb durchblickend und ließ sich von den Widerständen nicht aufhalten. Nach sechs Jahren musste er jedoch aufgeben. Es gab keine offene Tür mehr in diesem Land, Abessinien. Erst hundert Jahre später sollte sich Abessinien oder, wie wir heute sagen, Äthiopien öffnen.
Ich möchte die Geschichte von Ludwig Krapf noch ein Stück weit weiter erzählen. Er war dann in Mombasa, der Hafenstadt am Indischen Ozean, die wir heute aus dem Tourismus kennen. Dort wurde seine Frau schwer an Malaria krank, ebenso er selbst. Er konnte nicht einmal mehr nachsehen, ob sie noch atmete, als sie starb. So lag er neben ihr. Am nächsten Tag stellte er sich noch einmal auf die Beine und ging zum Grab.
Wenn Sie einmal die Gelegenheit haben – die Touristen machen das ja –, nach Mombasa zu kommen, steht dort ein riesiges, großes Steinkreuz zur Erinnerung an Ludwig Krapf. Die Kenianer haben es aufgerichtet. Jedes Schulkind in Kenia kennt den Namen Ludwig Krapf. Wenn Sie mal irgendwo einen Kenianer treffen, fragen Sie nach Ludwig Krapf, jeder Kenianer weiß Bescheid.
Er hat sich große Verdienste um die Suaheli-Sprache erworben. Er war ein großer Sprachforscher ohnegleichen. Sein Schmerz war nur, dass er in vielen Jahrzehnten nicht einen Menschen zu Jesus führen durfte – außer einem Schwerkranken, der kurz darauf starb. Eigentlich war seine Arbeit erfolglos. Doch er sagte immer: „Nein, meine Arbeit wird einmal Frucht tragen, ihr werdet sehen, das Evangelium wird über Ostafrika hinwegfließen wie ein breiter Strom.“
Heute sind in Kenia 80 Prozent der Bewohner Christen. Er hat nichts davon gesehen. Er starb in Korntal, zur Gottesdienstzeit, auf den Knien betend wie ein Sklave. Interessant ist, dass ich nichts mehr erzählen kann von den schweren Reisen Ludwig Krapfs. Im Gebiet, das heute Kenia ist, reiste er bis hinunter an das Kap Delgado, das bereits an Mosambik grenzt. Dort erforschte er die ganzen Wege für die künftige Missionsarbeit. Aber Äthiopien blieb verschlossen.
Neue Anfänge in anderen Regionen Afrikas
Ich muss mich heute auf Äthiopien beschränken, denn mein Herz geht durch dieses Thema. Dennoch wollte ich weitererzählen, wenn endlich die Stunde Äthiopiens kommt.
Es begann noch einmal an einer anderen Ecke Afrikas. Dort war ein amerikanischer Missionar, eigentlich ein Kanadier schottischer Abstammung, namens Goan. Gott legte ihm die Last vom nördlichen Nigeria aufs Herz. Wissen Sie, wo das liegt? Im nördlichen Nigeria. Damals war ein Drittel der Bevölkerung Afrikas Nigerianer, heute ist es etwa ein Viertel. Nigeria ist ein riesiger Staat.
Goan hatte keine Mission in Amerika gefunden, die ihn in dieses Gebiet senden wollte. Jeder sagte, das sei verrückt – ins nördliche Nigeria könne man überhaupt nicht gehen. Damals nannte man dieses Gebiet Sudan. Es war der gesamte anglo-ägyptische Sudan, der damals schon existierte. Der Sudan erstreckte sich praktisch über ganz Afrika entlang der Sahara. Dieses Gebiet grenzte an die Sahara, und dorthin wollte Goan gehen.
Interessant war die Rolle von Goans Mutter. Sie war bewegt, weil sie spürte, dass ihr Sohn einen klaren Ruf von Jesus hatte. Sie wollte jemanden finden, der ihn unterstützen konnte. So lud sie einen Offizier der Heilsarmee, Roland Bingham, zu einem Kaffeekränzchen ein und erzählte ihm, was ihr auf dem Herzen lag.
Das Kaffeekränzchen fand statt, und 14 Tage später reiste Roland Bingham nach Nigeria aus. Wir sind jetzt an einem ganz anderen Ort in Afrika. Drei Missionare aus Amerika machten sich auf den Weg. Roland Bingham wurde krank und musste schon an der Küste zurückbleiben, schwer fiebernd. Die zwei anderen zogen weiter und kehrten nie zurück. Goan kam ebenfalls nie zurück.
Roland Bingham ging heim und fragte sich: Was soll ich tun? Die Missionare, die im Süden an der Küste arbeiteten, sagten ihm, er sei verrückt. „Ihr seid junge Leute, ihr habt einen Splien, ihr schafft das nie. Eure Enkel werden es nicht schaffen. Ein Weißer kann niemals in diese Hölle des nördlichen Nigeria, in diesen Sudan, hineingehen.“
Herr Roland Bingham gründete dennoch eine Mission. Deshalb muss ich jetzt die Sudan Interior Mission erwähnen. Das ist wieder dieser Sudan, und hier dachte man eigentlich nur an das Gebiet im nördlichen Nigeria. Wieder wurden drei Leute gesucht, die loszogen. Sie kamen bis zur Hauptstadt Lager und zogen weiter in den Norden, doch die Expedition scheiterte erneut.
Sie waren mutlos und sagten, es habe keinen Wert, diesen Weg zu gehen. Die Missionare warnten erneut: „Ihr seid tollkühn, so etwas kann man nicht tun bei diesen Fieberkrankheiten.“ Doch Roland Bingham gab nicht auf und wagte es zum dritten Mal.
Daraufhin gründeten sie eine Missionsstation. Nach vier Jahren war nur noch einer übrig: Roland Bingham, der Gründer der Sudan Interior Mission. Wir schreiben das Jahr 1901, wenn Sie seine Lebensdaten zurückrechnen.
Heute ist die Sudan Interior Mission, kurz SIM, die größte Mission in diesem Gebiet. Sie ist die größte evangelikale Mission der ganzen Welt mit fast 3.000 Missionaren. In Nordnigeria sind die Evangelical Churches of West Africa alle SIM-Gründungen.
Willie Ehret war ein Missionar der Deutschen Missionsgemeinschaft (DMG), der dort gearbeitet hat. Auch eine ganze Reihe deutscher Missionare sind noch heute in diesem Gebiet tätig. Sie haben stark in das muslimische Gebiet hineingewirkt.
In den letzten zwei Jahren gab es dort große Übergriffe radikaler Muslime. Viele Christen sind ums Leben gekommen, unzählige Kirchen wurden zerstört. Dennoch ist dies eine der lebendigsten Kirchen der Welt. Sie haben über tausend Missionare aus Nordnigeria ausgesandt in Gebiete, in denen der Name Jesu zuvor nicht gepredigt wurde.
Die Öffnung Äthiopiens durch medizinische Mission
Roland Bingham war derjenige, der um 1901 in Nordnigeria die ersten Gemeinden gründete. Wenig später, etwa im Jahr 1927, stieß er in einer Zeitschrift auf Berichte eines Arztes, Doktor Lambi, der in Äthiopien tätig war. Dieser schilderte dort seine Aufgabe: das Evangelium von Jesus zu predigen.
Doktor Lambi war ebenfalls Amerikaner und wirkte in dem Gebiet, das heute der Staat Sudan ist, also südlich von Ägypten, im Gebiet zwischen Ägypten und Äthiopien. Dort gibt es lebendige Gemeinden, die von der SAM gegründet wurden. Die SAM ist eine Mission, mit der etwa die DMG, die Liebenzeller Mission, aber vor allem auch viele christliche Fachkräfte international zusammenarbeiten. Es ist eine wunderbare Bibelmission mit einem klaren Auftrag, viel Feuer und einer großartigen Organisation.
Doktor Lambi, als Arzt, sagte immer, dass er irgendwie den Zugang finden müsse. Ihm war es gelungen, ganz im Westen, also im äußersten Teil Äthiopiens, eine kleine Station zu begründen. Er hoffte stets, dass der Herr ihm die Möglichkeit geben würde, nach Äthiopien einzutreten.
Roland Bingham las diese Berichte von Doktor Lambi und verfolgte dessen Versuche, einen Zugang nach Äthiopien zu finden. Auf eine ganz merkwürdige Weise kam es dazu: Ein äthiopischer Gouverneur, Adoptivsohn des äthiopischen Kaisers, war zufällig in der Stadt, in der Doktor Lambi seine Missionsstation hatte. In der Nacht schickte er einen Soldaten zu Doktor Lambi mit der Bitte: „Komm ganz schnell und hilf unserem Chef, der Armeegeneral, er ist am Sterben!“
Doktor Lambi kam sofort und fragte, was passiert sei. Der General sagte, ein schreckliches Ungeheuer sei in sein Ohr eingedrungen, bohre sein ganzes Gehirn auf, er sei ein Kind des Todes und habe rasende Schmerzen. Daraufhin nahm Doktor Lambi eine Pinzette, holte einen kleinen Käfer aus dem Ohrkanal und sagte: „Alles okay.“ Der Armeegeneral war begeistert und sagte, Doktor Lambi habe sein Leben gerettet.
Als Dank fragte der General, was er für Doktor Lambi tun könne. Doktor Lambi antwortete: „Sie können etwas ganz Einfaches tun: ebnen Sie mir den Zugang nach Addis Abeba. Ich habe die Sehnsucht, den Kaiser zu sehen.“ Das gelang. Der dankbare Gouverneur ebnete den Weg, und Doktor Lambi kam nach Addis Abeba.
Der äthiopische Kaiser war beeindruckt, als er von den Berichten seines Generals hörte, und sagte: „Das ist ja toll, was Sie alles können. Können Sie hier ein Hospital gründen?“ Doktor Lambi antwortete: „Wie soll das gehen, ein Hospital in Addis Abeba zu bauen? Ich habe kein Geld, aber ich will es versuchen.“ Die amerikanische Regierung und der amerikanische Präsident stellten daraufhin erhebliche Mittel zur Verfügung, und 1927 wurde das erste evangelische Hospital in Addis Abeba eröffnet.
Die Kämpfe mit der orthodoxen Kirche und den koptischen Mönchen waren wie eh und je. Diese waren feindlich und wollten das Hospital nicht dulden. Doktor Lambi sagte, das habe überhaupt nur einen Wert, wenn man nicht in der Hauptstadt arbeite, denn dort gebe es nur unnützen Streit. Er wollte in den Süden, wo die Stämme lebten, die noch im Geisterglauben gefangen waren. Er wollte nicht dort missionieren, wo die koptisch-orthodoxe Kirche stark sei, denn es habe keinen Sinn, im gleichen Gebiet noch einmal zu missionieren.
Allerdings hatte er keine Genehmigung für den Süden. Er fragte immer wieder beim Kaiser von Äthiopien nach, ob das möglich sei. Der Kaiser stellte nur eine Bedingung: Doktor Lambi müsse seine amerikanische Staatsbürgerschaft aufgeben. Das tat er und nahm die äthiopische Staatsangehörigkeit an.
Später veröffentlichte Doktor Lambi seine Memoiren unter dem Titel „A Doctor Without a Country“ („Ein Doktor ohne Heimat“), denn später verlor er seine äthiopische Staatsangehörigkeit wieder. In Amerika gibt es keine Möglichkeit, eine aufgegebene Staatsangehörigkeit zurückzuerhalten. Daraufhin beschloss der amerikanische Senat ein Gesetz, damit Doktor Lambi wieder die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Das war ein Beispiel dafür, wie Gott manchmal auch in die hohe Politik eingreift.
Da Doktor Lambi in den Süden wollte, fragte er weiter nach Möglichkeiten. Die äthiopischen Regierenden gaben ihm Tiere, darunter 66 Maultiere und zwanzig Pferde, und stellten eine Expedition zusammen. Doktor Lambi zog mit sieben Missionaren in den Süden.
Es ist bis heute nicht geklärt, warum der landeskundliche Führer nicht dorthin ging, wo die Erlaubnis bestand, nämlich in den Westen, sondern in den Süden führte. Doktor Lambi wies immer wieder darauf hin, dass der Führer einen falschen Weg einschlage. Doch dieser beruhigte ihn: „Sorgen Sie sich nicht, ich kenne den Weg, wir sind richtig.“ Wochenlang ging die Expedition durch den Süden, wo es keine Straßen gab.
Schließlich erreichten sie die Stadt Soto, heute ein Zentrum der christlichen Missionsarbeit. Dort hat der Missionar Hans Hagen seine Heimat. Dr. Schmoll aus dem Schwarzwald, ebenfalls Arzt, hat dort sein Herz verloren. Der äthiopische Gouverneur sagte: „Du bist Arzt, bleib hier, du bist willkommen, du kannst hier alles machen“, ebenso in den Nebenprovinzen.
Doch Doktor Lambi sagte, das nütze nichts, da er nur die Erlaubnis für den Westen habe. Die Gouverneure sagten jedoch: „Scher dich nicht drum, hier bist du willkommen.“ Rückblickend war das von Gott wunderbar gefügt. Die Provinzen im Süden hatten sehr ähnliche Sprachen, was es den Missionaren erleichterte, die Sprachen zu sprechen.
Im Westen hingegen gab es kaum Aufnahmebereitschaft. Dort konnten die Missionare nur etwa vier Jahre wirken und neun Bekehrungen verzeichnen. Es waren genau 44 Christen, als die Italiener unter Mussolini 1937 Äthiopien überfielen.
Erinnern Sie sich an diesen schmutzigen Krieg, den Mussolini gegen die wehrlosen Äthiopier unter Kaiser Haile Selassie begann? Es gab damals 44 Christen. Die amerikanische Regierung telegrafierte sofort: Alle Missionare sollen zurückkehren, da die Italiener blutige Rache an den Missionaren nehmen würden.
Roland Bingham telegrafierte seinen Missionaren: „Ihr steht unter einem größeren Befehl als dem des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Tut das, was Jesus von euch will.“ Die Missionare blieben, bis die Italiener kamen und sie des Landes verwiesen. Die Missionare berichteten, dass ihnen das Herz brach, als sie die 44 unmündigen Christen zurückließen.
Die Italiener inhaftierten alle 44 Christen. Jeder Christ erhielt mindestens hundert Peitschenhiebe, einer sogar vierhundert. Einige starben in der Haft, es war eine blutige Verfolgung. 1941 beendeten die Engländer die italienische Herrschaft in Äthiopien, und die Missionare kehrten zurück.
Sie kamen in die Hauptstadt Addis Abeba und sagten, sie wollten in den Süden gehen, um zu sehen, ob noch jemand überlebt hatte oder sich im Wald versteckt hielt. Eines Morgens sahen sie Menschen den Berg herunterströmen. Es waren Christen, die den Missionaren entgegengelaufen kamen, um sie willkommen zu heißen.
Aus den 44 Christen waren in der blutigsten Verfolgung ohne äußere Mittel zehntausend geworden. Das zeigt, dass die Gemeinde Jesu keine weltliche Unterstützung oder Freiheit braucht. Was sie braucht, ist konsequente Hingabe an Jesus und Treue im Dienst für ihn.
Die Missionare begannen sofort, die Gemeinden wieder aufzubauen. Für diese äthiopischen Gemeinden ist es kennzeichnend, dass sie viele Bibelschulen gründeten, oft auf ganz einfacher Basis in den Dörfern, um alle Mitarbeiter auszurüsten. In dieser Kirche, der „Wort des Lebens“-Kirche, ist die aufgeschlagene Bibel als Symbol und Siegel auf all ihren Wappen zu sehen. Das ist ihr Bekenntnis: Sie wollen beim Wort Gottes bleiben.
Jeder wird erst getauft, wenn er sich ein halbes Jahr im Glauben und in der Nachfolge Jesu bewährt hat. Diese Gemeinden wuchsen nach 1941 schnell. In Deutschland hörte man von dieser Kirche kaum etwas. 1974 wurde Kaiser Haile Selassie gestürzt, und ein kommunistisches Regime kam an die Macht. Es begann eine grausame Verfolgung der bekennenden evangelischen Christen im Süden, die sich in den animistischen Stämmen mit Geisteranbetung verbreitet hatten und blühende Christengemeinden aufgebaut hatten.
Typisch für die äthiopischen Gemeinden ist, dass jeder Christ und jede Gemeinde Missionare aussendet. In ihren Räumen hängen Fotos oder Namen der Missionare. Wenn sonntags Opfer gesammelt werden, ist das immer für die Missionare. Da die Gemeinden in diesen armen Gebieten kaum Geld haben, bringen sie Lebensmittel. Ich habe erlebt, wie einer ein abgetragenes Jackett als Opfer brachte, ein anderer einen Hahn, damit die Sache Jesu weitergehen kann.
1974 begann die brutale Verfolgung durch die Kommunisten. Das hängt eng mit der Entstehungsgeschichte unseres Werkes „Hilfe für Brüder“ zusammen. Als wir begannen, sagten viele in den Kirchen: „Was wollt ihr denn? Wir haben Brot für die Welt.“ Doch Brot für die Welt kümmerte sich nie um diese missionarischen evangelischen Gemeinden oder um die Ausbreitung des Evangeliums.
1982, als meine Frau und ich dorthin reisten, fragten mich Leute vom Bayerischen Missionswerk, ob es diese Kirche in Äthiopien wirklich gebe. Sie kannten nur die lutherische Mekane-Jesus-Kirche, die mit liberaler Bibelkritik verbunden war, aber von der „Wort des Lebens“-Kirche wussten sie nichts, obwohl diese viel größer war.
Wir dachten, vielleicht ist das Ganze ein Betrug. Wir unterstützten Bibelschulen und wurden öffentlich in Kirchenblättern angegriffen: „Die unterstützen etwas, das es gar nicht gibt, das ist eine fingierte Sache mit Hilfe für Brüder, denen kann man nicht trauen.“ Schweren Herzens reisten wir 1982 hin, in der Hoffnung, dass es kein Flop sei.
Als ich 20 Jahre später wieder nach Äthiopien kam, wurde ich zu einem großen Festessen eingeladen. Man sagte mir: „Du ahnst nicht, was dein Kommen 1982 bedeutete. Damals waren zwei Drittel aller Kirchen geschlossen, über tausend Kirchen von den Kommunisten geschlossen. Wir hatten keine Verbindung zum Ausland. Du kamst und hast gespürt, dass wir in der Not sind.“
Es war wirklich ein Zufall, wie wir von Jesus geführt wurden. Wir reisten in den Süden und besuchten eine Bibelschule, die noch arbeitete. Dort saßen viele Männer im besten Alter. Der Leiter, ein Amerikaner, sagte: „Die zwei Männer in der ersten Reihe werden morgen verhaftet, wenn sie zurück in ihr Dorf gehen.“ Sie ertragen das einfach.
Sie sagten: „Im Gefängnis werden sie das ganze Gefängnis auf den Kopf stellen, missionieren, Lieder singen.“ Sie erzählten, wie sie das machten – mit einem Bekennergeist ohnegleichen, ohne je über die Schwierigkeiten zu klagen.
Oft hatten diese Gemeinden mehrere Tausend Mitglieder. Sie veranstalteten Glaubenskonferenzen mit mehreren Tausend Menschen. Wenn das Militär kam und sie einkesselte, sagten sie: „Wir gehen nicht weg.“ Die Tausenden gingen auf die Knie und beteten stundenlang für die Soldaten, die sie gefangen nehmen sollten.
Für die Soldaten war das furchtbar, denn es war ihr eigenes Volk. Sie beteten um Liebe und kein einziger schlug zu oder gab Anlass zur Verhaftung. Bis zum Ende des kommunistischen Regimes erlebte diese Kirche eine brutale Verfolgung.
Heute hat diese Kirche etwa 5.000 Gemeinden, die alle ohne große Verwaltung existieren, mit 196 Bibelschulen, die sie selbst organisieren. Wir haben immer wieder geholfen, etwa mit Schulungsmaterial und verschiedenen Missionaren. Neulich erzählte ich, wie Albrecht Schnell der Kirche beim Obstanbau auf den 3.000 Meter hohen Bergen half. Dort produzieren sie die schönsten Äpfel Äthiopiens, die in den First-Class-Hotels von Addis Abeba verkauft werden. Das ist eine wunderbare Entwicklung.
Die Kirche hat ihren evangelistischen Eifer bewahrt und ist weiterhin tätig. Nun komme ich zum letzten Teil meiner Erzählung über Äthiopien.
Die größte evangelische Kirche Äthiopiens wächst rasch, basiert nüchtern auf der Bibel und hat einen missionarischen Einsatz ohnegleichen. Einer unserer Mitarbeiter, Ralph Wiegand, ist als Landwirt in Arba Minsch, einer Stadt tief im Süden Äthiopiens, tätig. Dort gibt es ein kleines Kirchenbüro – ganz schlicht, mit wenigen Leuten, die zu Fuß laufen, kaum Telefon und keine große Büroorganisation. Das braucht eine Gemeinde Jesu auch nicht.
Sie sind zuständig für den ganzen Süden und Südwesten Äthiopiens, ein riesiges Gebiet. Samuel Gembo, der diese Kirchenprovinz leitet, sagt, dass ihm die vielen heidnischen Stämme in diesem Gebiet ein großes Anliegen sind. Dort soll das Evangelium von Jesus verkündigt werden.
Dieses Gebiet ist in Afrika wohl einzigartig: völlig abgeschirmt durch 3.000 Meter hohe Berge, dann durch Wildnis, und durch den nahen Bürgerkrieg im Südsudan sehr gefährdet. Dort leben viele Nomadenstämme, die noch stark im Geisterglauben verhaftet sind.
Vielleicht kennen einige von Ihnen den Missionar Bössler von der deutschen Missionsgemeinschaft, der viel unter den Gucci erlebt hat. Auch einer unserer Mitarbeiter war daran beteiligt, was unter den Gucci aufgebrochen ist. Dieses Volk lebt in Armut, mit schmutziger Milch und Trichinenfleisch, in großem Elend und ohne Hoffnung.
Die Gucci hatten immer einen Glauben, der in ihren Volksmärchen besagt, dass ein großer Vogel kommen werde, der Befreier bringt und eine wichtige Nachricht verkündet. Als die ersten Missionare mit dem Hubschrauber kamen, war das für die Gucci ein großes Erlebnis.
Die Gucci waren sehr feindselig. Sie verstümmelten ihre Feinde auf grausamste Weise. Ich konnte sie nie besuchen, aber bei meiner letzten Reise riefen sie mich an und sagten, ich solle das alles einmal aus nächster Nähe sehen. Ich hatte nur Zeit, zu den Stämmen im Südwesten zu kommen.
Dort erzählten mir die Leute von den schrecklichen Geschichten. Schon Christen in den Nomadenstämmen berichteten, dass es vor wenigen Monaten durch die Podis einen schrecklichen Überfall eines Nomadenstamms gegeben habe. Sie hatten viele Kalaschnikow-Maschinenpistolen aus den Bürgerkriegen im Südsudan und überfielen Nachbarstämme, raubten Vieh und töteten Männer, Frauen und Kinder.
Die Bedrohung war so groß, dass viele ihre Dörfer verließen. Doch in den Gemeinden beteten sie und sagten: „Jesus, du hast die Möglichkeit, die Herzen der Podis mit dem Evangelium zu erreichen.“ Sie dachten nicht daran, dass die Podis so blutig vorgingen.
Vor etwa einem Jahr kamen die ersten Podis zum Nachbarvolk und baten um „Boden des Friedens“. Sie wollten die Botschaft kennenlernen. Der Grund war, dass die Regierung die Häuptlinge ins Gefängnis gesteckt hatte, weil sie den großen Überfall verübt hatten. Nun waren die Leute mutig.
Die ersten Missionare gingen hinüber. Sie kamen vom Volk der Me'en, das erst 1990 seine ersten Missionare bekam. Dort gab es große Massenbekehrungen von Zehntausenden. Wir hatten einen Landwirtschaftsmann dort, der Aufforstungsarbeiten machte. Wir erlebten hautnah, wie die Bibel in die Sprache der Me'en übersetzt wurde.
Jetzt haben die Me'en, die gerade Christen geworden sind, zehn Missionare ausgesandt. Wir sagten gleich zu Beginn, wir stellen für fünf Missionare monatlich 50 Mark zur Verfügung, damit sie bezahlt werden können. Später erfuhren wir, dass fünf Missionare nach Äthiopien gingen, ohne jeden Pfennig für ihren Lebensunterhalt zu erhalten.
Das ist der Geist, mit dem sie unter den Podis arbeiten. Als die ersten Podis zum Glauben kamen, sagte ein alter Missionar in Australien, Dick McClellan, der einst unter den Podis gearbeitet hatte: „Das muss ich noch einmal sehen. Ich bin 71 Jahre alt, ich bin so begeistert, dass die Podis sich für das Evangelium öffnen.“
Er kam zu den Podis zurück. Damals war er schwer krank an Malaria. Sein einheimischer Evangelist sagte: „Du bist krank, ich gehe schon los, um die Podis zu evangelisieren.“ Dieser Evangelist wurde vor 25 Jahren totgeschlagen. Daraufhin brach Missionar McClellan die Arbeit ab.
Als er 25 Jahre später wiederkam, kam ein alter Podi zu ihm und sagte: „Du warst vor 25 Jahren hier. Ich habe deine Worte nicht vergessen. Heute will ich dir sagen, ich will Jesus nachfolgen. In all den Jahren konnte ich nicht das tun, was ich hätte tun sollen. Ich bin froh, dass du wiedergekommen bist.“
So sieht man, wie das Evangelium aufbricht. Wir haben einen Berliner Krankenpfleger tief im Südwesten zu den Mursi gesandt. Die Mursi sind das Volk, das sich die Unterlippe durchbohrt und große Holzpflöcke einlegt. Sie sind sehr feindselig, laufen oft nackt herum und bedecken sich beim Fotografieren mit einem Tuch.
Thomas Cooley, ein Junggeselle, der für die SAM-Mission dort arbeitet, ist dort ganz allein. Zuvor hatten zehn Jahre lang ein Australier und ein Amerikaner dort gearbeitet, aber ohne sichtbare Frucht. Man sagte, jetzt besetze man diese Stelle mit einem Gesundheitshelfer, einem Krankenpfleger.
Thomas Cooley ist bis heute dort. Das Gebiet ist unendlich weit und schwer erreichbar, meist nur mit dem Flugzeug, was in Äthiopien schwierig ist, da es keine Missionsfluggesellschaft gibt.
Das Wunderbarste war, dass in den ersten Tagen seines Aufenthalts 200 Mursi kamen und Jesus nachfolgen wollten. Nicht durch Thomas Cooley, sondern als Frucht der Arbeit der alten Missionare.
Als ich dorthin reiste, waren wir noch in der nächstgrößeren Provinzstadt. Unser Missionar sagte: „Halt mal, ich sehe gerade den Lastwagen der Mission.“ Es war ein Mercedes-Lastwagen, und der Fahrer wurde gefunden.
Ich fuhr am nächsten Tag mit dem LKW über die hohen Berge. Wir brachten Hilfslieferungen, die wir von Hilfe für Brüder bereitgestellt hatten, denn bei den Mursi war eine große Hungersnot ausgebrochen.
Die Mursi, die noch am alten Geisterglauben festhielten, sagten: „Ihr seid schuld, weil ihr euch nicht am Regenzauber beteiligt habt.“ Als wir ankamen, war ich zuerst erschrocken, wie diese nackten Männer mit ihren Kalaschnikow-Maschinenpistolen auf uns zustürmten. Sie luden den Wagen ab, führten genaue Listen und verteilten die Lebensmittel.
Das war ein großes Zeugnis: Wir sind nicht verlassen. Jesus lässt uns auch in der Not nicht allein. Das war ein Zeugnis für die Ungläubigen dort, dass wir als Christen zusammenstehen und helfen.
Zum Schluss möchte ich noch einige Dinge erzählen. Samuel Gembo führte mich durch die Stämme. Bei den Hamach ist der Geisterglaube besonders furchtbar. Dort gibt es schreckliche Sitten, etwa dass Zwillinge den Göttern geopfert werden. Sie werden in die Sonne gelegt, bis wilde Tiere sie holen.
Die Frauen der Hamach werden durchgepeitscht und tragen dicke Wülste auf dem Rücken von den Schlägen der Männer. In Bahnhofsbuchhandlungen gibt es einen großen Bildband von Angela Fischer, einer Amerikanerin, mit Bildern von den Mursi, Me'en, Gucci und anderen Völkern Äthiopiens.
Ein einheimischer Evangelist namens Abel zog in den Ort Schanko, wo es keinen Gläubigen gab. Nach wenigen Wochen wurde er totgeschlagen. Gerade als Abel totgeschlagen war, waren Samuel Gembo und zwei andere Evangelisten in der Nachbarstadt. Sie erhielten die Nachricht und klopften ans Fenster, wo sie übernachteten: „Abel ist tot.“
Sie gingen zur Beerdigung. Am offenen Grab fragte Samuel Gembo die anderen: „Wollt ihr gehen, auch wenn es euer Leben kostet?“ Sie antworteten: „Ja.“ Dann segnete er sie am offenen Grab für den Dienst ein.
Ich war in Schanko, wo der Evangelist Kaleb war. Dort gab es nur zwei Christen. Ich sagte zu ihnen: „Wisst ihr, dass die Mörder hier leben? Habt keine Angst.“ Sie antworteten: „Deine Hand des Herrn ist bei uns. Wir haben jetzt auch unter der Trockenheit gelitten.“
Lebensmittel wurden verteilt. Im Dorf sagte man mir: „Du bekommst nichts, du bist nicht von hier.“ Ich ging aufs Feld und betete: „Herr Jesus, du musst mich durchbringen.“ Als ich zurückkam, stand ein Sack Mais da.
Diese Geschichte habe ich sonst niemandem erzählt, aber der Herr versorgt auch in diesem Dienst. In anderen Gebieten sind Evangelisten umgekommen, doch der Geist dieser Pioniere beeindruckt mich, die die letzten vom Evangelium noch nicht erreichten Völker mit der frohmachenden Botschaft von Jesus erreichen.
Das ist eine wunderbare Nachricht und gehört zu dem, was ich am Sonntagabend erzählen wollte: Diese Welt ist offen für das Evangelium, und in diesen Tagen werden die letzten Völker der Welt erreicht.
Ein alter Mann, 80 Jahre alt, der unter den Borana gereist ist – ein Nomadenvolk mit etwa einer Million Menschen – sagte zu mir: „Ich habe sieben Plätze gefunden, wir brauchen Evangelisten, aber wir haben keine. Bete mit uns für diese Evangelisten.“
Diese Menschen suchen nach Heil und Frieden und halten die schreckliche Knechtschaft der dunklen Geister nicht mehr aus.
Ich wollte Ihnen das als Ermutigung und Freude erzählen. Wenn Sie aus der Fülle der vielen Eindrücke nur einige Spuren behalten, soll das genug sein und Sie erfreuen.
Die heutigen Geschichten habe ich in einem Sonderdruck zusammengefasst, den man bei uns im Werk anfordern kann. Die anderen Geschichten über Roland Bingham finden Sie im Buch „Jenseits der endlosen Meere“.
Der Wiederaufbau und das Wachstum der Gemeinden
Sie haben dann sofort damit begonnen, die Gemeinden wieder aufzubauen. Charakteristisch für diese äthiopischen Gemeinden ist, dass sie sehr viele Bibelschulen gegründet haben – meist auf ganz einfacher Basis, in den Dörfern. Alle Mitarbeiter wurden in dieser Kirche, den Wort-des-Lebens-Kirchen, ausgerüstet. Diese Kirche trägt als Symbol und Siegel eine aufgeschlagene Bibel auf all ihren Wappen. Das ist ihr Bekenntnis: Sie wollen beim Wort Gottes bleiben, und jeder wird darin geschult.
Erst nach einer Bewährungszeit von einem halben Jahr im Glauben und in der Jesusnachfolge wird jemand getauft. Diese Gemeinden sind seit 1941 schnell gewachsen. In Deutschland hörte man damals kaum etwas von dieser Kirche. 1974 wurde Kaiser Haile Selassie gestürzt, und es kam ein kommunistisches Regime an die Macht. Dieses begann erneut eine grausame Verfolgung der bekennenden evangelischen Christen im Süden Äthiopiens. Diese Christen hatten sich inmitten der animistischen Stämme, die Geisteranbetung praktizierten, verbreitet, und es waren überall blühende Christengemeinden entstanden.
Typisch für die äthiopischen Gemeinden ist, dass jeder Christ und jede Gemeinde einige Missionare aussendet. In ihren Gemeinderäumen hängen entweder Fotos oder Namen der Missionare. Wenn sonntags Opfer gebracht werden, ist dieses Geld immer für die Missionare bestimmt. Da die Gemeinden in armen Gebieten kaum Geld haben, bringen sie stattdessen Lebensmittel. Ich habe erlebt, wie jemand ein abgetragenes Jackett als Opfer mitbrachte, ein anderer einen Hahn, damit die Arbeit für Jesus weitergehen kann.
1974 führten die Kommunisten eine brutale Verfolgung dieser Gemeinden durch. Die Entstehungsgeschichte unseres Werkes „Hilfe für Brüder“ hängt eng mit dieser Zeit zusammen. Als wir begannen, sagten viele Leute in den Kirchen: „Was wollt ihr denn? Wir haben doch Brot für die Welt.“ Doch Brot für die Welt kümmerte sich nicht um diese missionarischen evangelischen Gemeinden und auch nie um die Ausbreitung des Evangeliums.
1982 sind wir dann nach Äthiopien gereist. Damals wurde meine Frau mitgenommen, da ich nur im Urlaub reisen konnte. Leute vom Bayerischen Missionswerk, die ich gefragt hatte, wussten von dieser Kirche nichts. Sie kannten eine lutherische Kirche, mit der sie verbunden waren, in der aber liberale Bibelkritik verbreitet war – die Mekane-Jesus-Kirche. Von einer Wort-des-Lebens-Kirche wussten sie jedoch nichts, obwohl diese Kirche viel größer ist.
Wir dachten immer, wenn wir hinkommen, wird sich herausstellen, dass das Ganze ein Betrug ist. Wir unterstützten Bibelschulen, wurden aber öffentlich in Kirchenblättern angegriffen. Man warf uns vor, Dinge zu unterstützen, die es gar nicht gäbe – eine fingierte Sache mit „Hilfe für Brüder“. Man könne uns nicht trauen. Schweren Herzens sind wir damals geflogen und dachten, vielleicht erleben wir einen Flop.
Als ich 20 Jahre später zum ersten Mal wieder nach Äthiopien kam, lud mich diese Kirche zu einem großen Festessen ein. Sie sagten: „Du ahnst nicht, was dein Kommen im Jahr 1982 für uns bedeutete.“ Damals waren zwei Drittel aller Kirchen geschlossen – über tausend Kirchen wurden von den Kommunisten geschlossen. Es gab noch keine Verbindung ins Ausland. Und dann kamst du. Du hast gespürt, dass wir in großer Not sind.
Für mich war es wirklich ein Zufall, oder wie man sagt, eine blinde Führung, wie eine Eichele, die man findet. Wir sind damals in den Süden gereist. Ich vergesse nie, wie wir in eine Bibelschule kamen, die noch arbeitete. Dort saßen lauter Männer im besten Alter. Der Leiter, ein Amerikaner, sagte: „Die zwei Männer, die morgen in ihr Dorf zurückkehren, werden sofort verhaftet.“ Das ertrugen sie einfach so.
Du kannst dir nicht vorstellen, wie das ist: Im Gefängnis stellen sie das ganze Gefängnis auf den Kopf, missionieren, singen ihre Lieder. Sie erzählten, wie sie das machen – mit einem Bekennergeist ohnegleichen. Sie klagten nie über die Schwierigkeiten. Es waren oft mehrere Tausend Mitglieder dieser Gemeinde in den Kirchen. Sie veranstalteten Glaubenskonferenzen mit mehreren Tausend Menschen.
Einmal kam das Militär und umzingelte die Gemeinde. Doch sie sagten: „Wir gehen nicht weg.“ Die Tausenden knieten nieder und beteten stundenlang für die Soldaten, die sie gefangen nehmen sollten. Für die Soldaten war das furchtbar, denn es war ja das gleiche Volk. Sie beteten um Liebe, und kein einziger Gemeindemitglied schlug zu oder gab Anlass für eine Verhaftung.
Bis zum Ende des kommunistischen Regimes gab es eine ganz brutale Verfolgung, die diese Kirche in Äthiopien betraf. Heute hat diese Kirche etwa knapp 5.000 Gemeinden, die alle ohne große Verwaltung existieren. Sie betreiben 196 Bibelschulen, die sie selbst organisieren. Wir haben immer nur wieder geholfen – mit Material und Schulungsmaterialien. Außerdem haben wir verschiedene Missionare zur Verfügung gestellt, die ihnen helfen.
Ich erzählte neulich, wie uns Albrecht Schnell dieser Kirche beim Obstanbau auf den dreitausend Meter hohen Bergen geholfen hat. Dort produzieren sie die schönsten Früchte, die schönsten Äpfel Äthiopiens. Diese Äpfel werden in den First-Class-Hotels von Addis Abeba verkauft und angeboten. Das ist eine wunderbare Sache, die zeigt, wie die Kirche gewachsen ist.
Was bis heute geblieben ist, ist ihr evangelistischer Eifer. Die Kirche ist weiterhin tätig und engagiert.
Die aktuelle Missionsarbeit im Süden Äthiopiens
Und jetzt komme ich zum letzten Teil, den ich über Äthiopien erzählen möchte. Es handelt sich um die größte evangelische Kirche Äthiopiens, die sehr schnell wächst. Sie basiert auf einer nüchternen Bibelgrundlage und zeigt einen missionarischen Einsatz und Eifer ohnegleichen.
Einer unserer Mitarbeiter, Ralph Wiegand, ist als Landwirt in Arba Minch tätig. Das ist eine Stadt tief im Süden Äthiopiens. Dort gibt es ein kleines Kirchenbüro, das sehr schlicht gehalten ist. Es sind nur ein paar Leute, die oft zu Fuß unterwegs sind. Telefon oder ein richtiges Büro gibt es kaum. Große Strukturen braucht eine Gemeinde Jesu auch nicht. Dennoch haben sie den Auftrag, für den gesamten Süden und Südwesten Äthiopiens zuständig zu sein. Dieses Gebiet ist riesig.
Samuel Gembo, der diese Kirchenprovinz leitet, hat von Anfang an betont, wie wichtig ihm die vielen heidnischen Stämme in diesem Gebiet sind. Er möchte, dass dort das Evangelium von Jesus verkündet wird. Dieses Gebiet Afrikas ist heute wohl einzigartig: Es ist völlig abgeschirmt durch 3000 Meter hohe Berge und eine Wildnis. Außerdem ist es durch den nahen Bürgerkrieg im Südsudan ein sehr gefährdetes Gebiet. Dort leben zahlreiche Nomadenstämme, die noch stark vom Geisterglauben geprägt sind.
Vielleicht kennen einige den Missionar Bössler von der deutschen Missionsgemeinschaft. Er hat viel unter den Gucci erlebt. Auch einer unserer Mitarbeiter war daran beteiligt, was unter den Gucci aufgebrochen ist. Dieses Volk lebt in Armut, ernährt sich von schmutziger Milch und Trichinenfleisch und ist in großem Elend gefangen. Dort gibt es kaum noch Hoffnung.
Doch plötzlich – man kann es kaum erklären – geschah etwas. Die Gucci hatten immer einen Glauben: In ihren Volksmärchen erzählten sie, dass ein großer Vogel kommen werde. Sie warteten auf diesen großen Vogel, der Befreier bringen und eine wichtige Nachricht verkünden würde. Es ist bemerkenswert, wie Gott dies vorbereitet hat.
Als die ersten Missionare mit dem Hubschrauber kamen, war das für die Gucci ein großes Erlebnis. Die Gucci waren sehr feindselig. Sie hatten ihre Feinde auf grausamste Weise verstümmelt – das kann man kaum erzählen, was sie ihnen alles angetan haben. Die Bösslers waren dort oben tätig. Leider konnte ich sie nie besuchen. Bei meiner letzten Reise riefen sie mich an und baten mich, das alles einmal aus nächster Nähe zu sehen. Doch ich hatte nur Zeit, zu den Stämmen im Südwesten zu reisen.
Dort erzählten mir die Leute, als ich dort war, diese schrecklichen Geschichten. Schon Christen waren unter den Stämmen, doch vor wenigen Monaten gab es durch die Podis einen schrecklichen Überfall auf einen Nomadenstamm. Die Podis hatten aus den Bürgerkriegen im Südsudan zahlreiche Kalaschnikow-Maschinenpistolen. Sie überfielen benachbarte Stämme, raubten Vieh und töteten Frauen, Männer und Kinder. Diese Bedrohung führte dazu, dass viele ihre Dörfer verließen.
Trotzdem beteten die Gemeinden und sagten: „Jesus, du hast doch die Möglichkeit, die Herzen dieser Podis mit dem Evangelium zu erreichen.“ Es gab keinen Gedanken daran, Gewalt mit Gewalt zu vergelten.
Vor etwa einem Jahr kamen die ersten Podis zum Nachbarvolk und baten: „Schickt uns auch Boten des Friedens, wir wollen diese Botschaft kennenlernen.“ Der Grund war, dass die Regierung die Häuptlinge ins Gefängnis gebracht hatte, weil sie den großen mörderischen Überfall organisiert hatten. Nun waren die Leute mutig genug, den Frieden zu suchen.
Die ersten Missionare gingen hinüber. Sie gehörten zum Volk der Me’en, das erst 1990 die ersten Missionare erhielt. Dort kam es zu großen Massenbekehrungen von Zehntausenden. Wir hatten auch einen Landwirtschaftsexperten dort, der Aufforstungsarbeiten bei den Me’en durchführte. So konnten wir hautnah miterleben, wie die Bibel in ihre Sprache übersetzt wurde.
Jetzt haben die Me’en, die gerade Christen geworden sind, zehn Missionare ausgesandt. Gleich zu Beginn sagten wir, wir stellen für fünf Missionare monatlich 50 Mark zur Verfügung, damit sie bezahlt werden können. Später erfuhren wir, dass fünf Missionare nach Äthiopien gegangen sind, ohne auch nur einen Pfennig für ihren Lebensunterhalt zu erhalten. Das zeigt den Geist, mit dem sie unter den Podis arbeiten.
Als die ersten Podis zum Glauben kamen, sagte ein alter Missionar in Australien, Dick McClellan, der einst unter den Podis gearbeitet hat: „Das muss ich noch einmal sehen. Ich bin 71 Jahre alt, aber ich bin so begeistert. Ich kann nicht glauben, dass die Podis sich für das Evangelium öffnen.“ Er reiste erneut zu den Podis.
Dort wurde ihm vieles wieder lebendig. Damals war er schwer krank an Malaria. Sein einheimischer Evangelist sagte: „Du bist krank, ich gehe schon los und evangelisiere bei den Podis.“ Dieser Evangelist wurde vor 25 Jahren totgeschlagen. Daraufhin brach McClellan die Arbeit ab.
Als er nun nach 25 Jahren zurückkehrte, kam ein alter Podi zu ihm und sagte: „Du warst vor 25 Jahren hier. Ich habe dich reden hören und deine Worte nicht vergessen. Heute will ich dir sagen: Ich will Jesus nachfolgen. In all den Jahren konnte ich nicht das tun, was ich hätte tun sollen, was mir die innere Stimme sagte. Ich bin so froh, dass du wiedergekommen bist.“
So sieht man, wie das Evangelium dort aufbricht.
Die Arbeit unter den Mursi und anderen Völkern
Wir haben einen Berliner Krankenpfleger tief in den Südwesten gesandt, zu dem Volk der Mursi. Das sind jene, die die Unterlippe durchbohren und dann große Holzpflöcke einlegen. Die Mursis sind sehr feindlich gesinnt, dorthin kann man eigentlich nicht gehen. Die Mursis laufen meist noch nackt herum. Oft tragen sie ein Tuch, das sie sich vorhalten, wenn man sie fotografiert.
Thomas Cooley, ein Junggeselle, der dort unten für die SAM, die Mission, tätig ist, hatte es schwer. Zehn Jahre lang hatte dort ein Australier und ein Amerikaner gearbeitet, doch es zeigte sich keine Frucht. Dann entschied man, diese stille Region mit einem Gesundheitshelfer, einem Krankenpfleger, zu besetzen. Thomas Cooley, einer unserer christlichen Fachkräfte, ging dorthin und ist bis heute ganz allein dort unten.
Diese Gegend ist unendlich weit entfernt, man kann sie nur mit dem Flugzeug erreichen. Doch das ist in Äthiopien schwierig, da bis heute keine Missionsfluggesellschaft dort fliegen kann. Thomas Cooley hält dort unten durch. Das Wunderbarste, was ihm geschenkt wurde, war, dass in den ersten Tagen seines Aufenthalts die ersten Mursi kamen und Jesus nachfolgen wollten. Zweihundert von ihnen bekehrten sich. Nicht durch Thomas Cooley, sondern es war die Frucht der alten Missionare, die nun aufging.
Als ich dort hinunterreiste, waren wir noch weit entfernt, in der nächstgrößeren Provinzstadt. Unser Missionar sagte plötzlich: „Halt mal, ich sehe gerade den Lastwagen der Mission, das ist so ein Mercedes-Lastwagen. Sind die gerade hier?“ Man fand den Fahrer aus, denn das war bereits eine kleine Provinzstadt. Er sagte: „Ja, ich fahre morgen runter.“ So bin ich mit dem Lkw über die hohen Berge mitgefahren.
Wir hatten gerade eine Hilfslieferung dabei, Mittel, die wir von Hilfe für Brüder zur Verfügung gestellt hatten. Bei den Mursi war eine große Hungersnot ausgebrochen. Die Mursi, die noch am alten Geisterglauben festhielten, sagten: „Ihr seid schuld, ihr habt euch nicht am Regenzauber beteiligt.“
Als wir dort ankamen, war ich zuerst erschrocken, wie diese nackten Männer mit ihren Kalaschnikow-Maschinenpistolen auf uns zugestürmt kamen. Sie luden den Wagen ab, führten genaue Listen und verteilten dann die Lebensmittel. Das war ein großes Zeugnis: Wir sind nicht verlassen. Jesus lässt uns auch in der Not nicht allein.
Welch ein Zeugnis das für die Ungläubigen dort war, dass wir helfen und als Christen zusammenstehen.
Die Herausforderungen und Opfer der Evangelisten
Ich möchte Ihnen zum Schluss noch ein paar Dinge erzählen. Ich wurde von Samuel Gembo durch verschiedene Stämme geführt. Bei den Hamach ist der Geisterglaube sehr stark verbreitet. Dort gibt es auch eine schreckliche Sitte: Wenn Zwillinge geboren werden, müssen sie den Göttern geopfert werden. Die Kinder werden in die Sonne gelegt, bis wilde Tiere sie holen.
Die Frauen werden durchgepeitscht. Die Frauen der Hamach haben alle sehr dicke Wülste auf dem Rücken, verursacht durch die Schläge der prügelnden Männer. Falls Sie einmal in den Bahnhofs-Buchhandlungen sind, zum Beispiel bei Angela Fischer, einer Amerikanerin, finden Sie einen großen Bildband über die Völker Äthiopiens. Dort können Sie viele Bilder von den Mursi, den Me'en, den Gutschis und anderen Stämmen sehen.
Ein einheimischer Evangelist namens Abel zog in den Ort Schanko. Dort gab es keinen einzigen Gläubigen. Nach wenigen Wochen wurde er totgeschlagen. Gerade als Abel getötet wurde, war Samuel Gembo mit zwei anderen Evangelisten in der Nachbarstadt. Sie erhielten die Nachricht und klopften an das Fenster, wo sie übernachteten: Abel ist tot.
Danach gingen sie mit den neuen Evangelisten, die dorthin ausziehen wollten, zur Beerdigung. Am offenen Grab fragte Samuel Gembo die anderen: Wollt ihr gehen, auch wenn es euer Leben kostet? Sie antworteten mit Ja. Dann segnete er sie am offenen Grab für ihren Dienst ein.
Ich war selbst in Schanko, wo der Evangelist Kaleb wirkte. Dort gab es nur zwei Christen. Ich sagte zu ihnen: Wisst ihr, wer die Mörder sind? Wir vermuten, dass sie in der Nähe leben. Ihr braucht keine Angst zu haben. Ihr Vater sagte: Die Hand des Herrn ist mit uns. Wir haben auch unter der Trockenheit gelitten.
Lebensmittel wurden verteilt, doch im Dorf sagte man mir: Du bekommst nichts, du bist nicht von hier. Also ging ich aufs Feld und betete: Herr Jesus, du musst mich durchbringen. Als ich zurückkam, stellten sie mir einen Sack Mais hin.
Diese Geschichte habe ich sonst niemandem erzählt. Ich weiß, dass der Herr mich auch in diesem Dienst versorgt. Auch in anderen Regionen sind Evangelisten umgekommen. Doch der Geist dieser Pioniere beeindruckt mich sehr. Sie erreichen die letzten, vom Evangelium noch nicht erreichten Völker mit der frohmachenden Botschaft von Jesus.
Das ist eine wunderbare Nachricht und gehört zu dem, was ich Ihnen am Sonntagabend erzählen wollte: Diese Welt ist offen für das Evangelium. In diesen Tagen werden die letzten Völker der Welt erreicht.
Ein alter Mann, über 80 Jahre alt, der unter dem Volk der Borana gereist ist – dieses Nomadenvolk zählt etwa eine Million Menschen – sagte zu mir: Ich habe sieben Plätze gefunden. Wir brauchen Evangelisten, aber wir haben keine. Bete mit uns für diese Evangelisten. Diese Menschen suchen nach Heil und Frieden. Sie ertragen die schreckliche Knechtschaft der dunklen Geister nicht mehr.
Ich wollte Ihnen das als Ermutigung und Freude erzählen. Wenn Sie von all den vielen Eindrücken nur ein paar Spuren behalten, dann soll das genug sein und Sie erfreuen.
Die heutigen Geschichten habe ich in einem Sonderdruck zusammengefasst, den ich hier nicht dabei habe. Diesen können Sie bei unserem Werk anfordern. Die anderen Geschichten von Roland Bingham finden Sie in dem Buch „Jenseits der endlosen Meere“.
