Herr Präsident, guten Morgen, herzlichen Dank für die Einladung, dass ich heute bei Ihnen sein darf.
Ich möchte mit Ihnen über einen Text aus dem Johannesevangelium sprechen, und zwar Johannes 20,19-23. Ich finde es vorbildlich, dass in dieser Gemeinde jeder mit einer Bibel ausgestattet und gut vorbereitet ist.
In gefährlichen Zeiten sage ich mir immer, man sollte nie unbewaffnet aus dem Haus gehen. Auch hier im Gottesdienst ist man gut „bewaffnet“. Prediger kommen und gehen, aber man sollte immer selbst denken, ins Wort Gottes schauen und prüfen, ob das, was gesagt wird, auch stimmt. Leichtfertigkeit und Leichtgläubigkeit haben noch nie jemandem geholfen. Deshalb ist es wichtig, alles zu prüfen.
Es ist Ostertag, was wunderbar zur Jahreszeit passt. In Ihrer Freien Evangelischen Gemeinde spielt das Kirchenjahr, glaube ich, nicht so eine große Rolle. Sonst wäre heute Ewigkeitssonntag oder Totensonntag. Viele Pilger besuchen an solchen Tagen die Friedhöfe, alles wirkt oft so trist und wenig hoffnungsvoll. In diesem Land haben nur wenige Menschen Hoffnung.
Daher passt dieser Text wunderbar auch zu unserer heutigen Zeit.
Die Situation der Jünger am Ostertag
Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt waren und die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen hatten, kam Jesus und trat mitten unter sie. Er sprach zu ihnen: „Friede sei mit euch.“
Nachdem er das gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Die Jünger freuten sich sehr, dass sie den Herrn sahen.
Jesus sprach erneut zu ihnen: „Friede sei mit euch. Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
Dann hauchte er sie an und sagte: „Nehmt hin den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; wem ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“
1. Die Welt der verschlossenen Türen
Das Erste
Der Start ist in einer Welt der verschlossenen Türen, so heißt es am Anfang. Es ist der erste Tag der Woche, also Sonntag, als die Jünger versammelt waren und die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen hatten. Das war damals an Ostern der Ausgangspunkt. Ich finde es ungemein tröstlich, in der Bibel zu lesen, wie zutreffend unsere Welt beschrieben wird. Fast nichts passt als zusammenfassende Fassung besser auf unsere heutige Zeit als diese Bezeichnung „verschlossene Türen aus Furcht“.
Das erscheint zunächst paradox, weil wir auch in einer Zeit leben, in der sich viele Türen geöffnet haben, viele Grenzen gefallen sind – so viele, dass man kaum noch den Überblick hat. Das war vor 25 Jahren, manche haben das schon vergessen, manche waren damals noch gar nicht geboren. Für uns Ältere war es natürlich dramatisch, als der Vorhang fiel. Wer weiß, was sich alles geöffnet hat – die Globalisierung. Geschäftsleute unter Ihnen machen Geschäfte mit der ganzen Welt. Das meiste Geld in Deutschland wird wahrscheinlich in China verdient oder so. Das heißt: offene Türen, viele Möglichkeiten.
Und trotzdem beobachten wir eine Gegenbewegung. Das ist kein Widerspruch, denn immer dann, wenn plötzlich keine Grenzen mehr da sind, wenn alle Türen offenstehen, entwickeln wir Menschen Angst. Mauern haben ja auch eine Schutzfunktion. Abends schließen wir unsere Türen zu und sind froh, dass nicht alles offen ist. Mauern sind ein Schutz vor Kälte, vor dem Winter, aber auch vor allen möglichen feindlichen Dingen. Wir brauchen eine gewisse Geborgenheit.
Das ist verrückt, diese Widersprüchlichkeit verstehen manche nicht, aber sie gehört genauso zusammen. Wenn sich alles zu öffnen scheint, entwickeln Menschen Angst und ziehen sich hinter verschlossene Türen zurück.
Hier in Jerusalem war das natürlich mehr als verständlich. Die Jünger wussten genau: Man konnte an einer Hand abzählen, wer als Nächster von der Polizei verhaftet würde, nachdem Jesus gekreuzigt worden war. Deshalb liefen sie nach der Kreuzigung weg. Sie versammelten sich nicht, um zu sagen: „Jetzt gründen wir das Christentum, die Religion der Nächstenliebe.“ Nein, sie waren völlig überzeugt, dass Jesus widerlegt sei. Leider war ihre Hoffnung enttäuscht. Sie dachten: In ihm wäre Gott da, er wäre Befreier Israels, er wäre König, er wäre Messias. Doch jetzt war er tot. Da blieb ihnen nichts anderes, als sich irgendwo in der Altstadt von Jerusalem zu verkriechen und die Türen ordentlich zuzumachen.
So war die Situation. Und wir kennen das: Das ist nicht nur für Christen, sondern für alle Menschen eine Welt der verschlossenen Türen. Was für ein Elend ist das in unserem Leben, dass wir zumachen, um andere nicht wirklich in unser Leben hineinschauen zu lassen. Ehrlich zu sein, ist in dieser Welt, auch in Gemeinden, ganz, ganz schwierig. Das sagen die Leute, wenn sie wissen, wie es wirklich ist.
Manchmal habe ich das in der Seelsorge erlebt, wie auch gestandene Christen, auch Verantwortliche und Älteste in der Gemeinde, Not in der Ehe hatten, sich über Jahre nicht getraut haben, damit herauszukommen, um sich helfen zu lassen. Sie fürchteten: Was werden die anderen sagen? Man erwartet doch von einem gestandenen Christen, dass er seine Ehe in Ordnung hat. Aber oft ist das nicht so. Es gibt viel Not, viel Scheitern.
Die ganze Kraft verwenden wir darauf, die Fassade nach außen ordentlich zu halten. Man redet nicht darüber – Welt der verschlossenen Türen. Die Angst ist auch nicht unbegründet. In unserer Welt ist das so: Wenn du dich blamierst und die anderen das sehen, dann schießen sie dich ab, nutzen es aus, machen dich fertig. Du kannst nicht mehr in den Spiegel schauen, denkst: Wer bin ich? Ich bin ein Versager. Und dann macht man zu – innerlich und äußerlich. Welt der verschlossenen Türen.
Ich will jetzt nicht die Zeit damit verschwenden, zu sagen, wie schlimm die Welt ist. Das weiß ja leider jeder aus eigener Erfahrung zu gut. Das ist ja schmerzhaft genug. Für mich ist das Tröstliche, dass der eigentliche Start des neuen Lebens mit der Auferweckung von Jesus beginnt – dieser Durchbruch durch die Todeswelt, durch die Todesmauer. Der Beginn der Befreiung in einer Welt der verschlossenen Türen. Das ist sprichwörtlich typisch.
Das ist tröstlich, weil man nicht sagen muss: „Ja, damals, in den bekannten alten guten Zeiten war das alles.“ Heute haben wir riesige Schwierigkeiten, da geht das alles nicht mehr so einfach, auch nicht mit Jesus und dem Evangelium. Wer soll das denn heute noch schaffen? Nichts. So war es schon immer – Welt der verschlossenen Türen.
Und Jesus klopft nicht an, er klingelt nicht – er tritt einfach ein. Das heißt: Jesus kam und trat mitten unter sie und sprach zu ihnen: „Friede sei mit euch, Friede sei mit euch.“ Dass Jesus so in die Welt der verschlossenen Türen eintritt, zeigt uns zunächst einmal seine Gegenwart mit der ganzen Kraft seines Sieges und der Auferstehung. Sie ist überhaupt nicht abhängig vom Glauben seiner Jünger.
So denken wir ja immer: Eine gottlose Welt, und wir bringen jetzt Jesus da rein. Doch die Jünger waren gottlos, hoffnungslos, hatten keine Perspektive. Ihr Glaube hat nichts dazu beigetragen, dass sich etwas änderte. Sie glaubten nichts, sie hatten Angst. Verschlossene Türen – fertig. Und Jesus ergreift die Initiative ungefragt, ohne menschliche Voraussetzungen, er tritt ein.
Das ist die große Hoffnung für unser Leben. Das ist übrigens auch die große Hoffnung für eine Serie, wie wir sie heute Abend beginnen. Ich hoffe, dass Sie in dieser Zuversicht Menschen eingeladen haben. Ich jedenfalls hätte mein Leben lang nie gewagt, das Evangelium zu predigen, wenn ich nicht daran glauben könnte, dass Jesus absolut unabhängig handelt von dem, was ich kann, bin oder glaube.
Mein Glaube schafft ihn nicht in die Mitte, sondern er kommt und tritt ein. Darauf rechnen wir, dass das unaufhörlich passiert – von damals, vom ersten Auferstehungstag an bis heute. Welt der verschlossenen Türen – das ist das Erste.
2. Vergebung für Versager
Das Zweite, was wir hier in diesem Text sehen, ist Vergebung für Versager. Jesus kommt – was sollten die Jünger erwarten? Eigentlich müssten sie etwas ganz anderes erwarten, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatten.
Selbst was am Vormittag geschehen war, mit der Nachricht der Frauen vom Grab, von Lea, dem Engel und Maria, die sagte: „Ich bin ihm begegnet“, war für sie noch nicht klar. Wir lesen ja im Lukasevangelium zum Beispiel, dass zwei Jünger, die sich davonmachten, sagten: „Die Frauen haben uns erschreckt. Sie sind hysterisch. Jetzt müssen wir abhauen, jetzt wird es ganz schlimm.“ Alles war total konfus, und sie wollten nur noch weg. Das heißt, die Botschaft war noch nicht richtig bei ihnen angekommen.
Aber wenn Jesus jetzt kommt, womit mussten die Jünger rechnen? Eigentlich war das die Stunde der Abrechnung. Da waren sie ja alle – die gesagt hatten, sie wollten mit Jesus sterben und zu ihm stehen. Und dann waren sie alle weggelaufen. Das Obergroßmaul Petrus ganz vorneweg. Keine Artillerie war nötig, das Grinsen eines Mädchens reichte aus, um diesen Helden von den Füßen zu hauen. Er hatte Jesus verraten.
Da waren sie also alle versammelt: Versager und Verräter. Und jetzt kommt die Abrechnung. Jetzt kommt die Frage: Was ist mit euren Entscheidungen? Was ist mit euren Grundsätzen, mit den Werten, nach denen ihr leben wolltet, so großmäulig? Nichts war davon geblieben.
Aber Jesus kommt nicht als Richter, er kommt als Retter. In der deutschen Sprache klingt das etwas verharmlosend: „Friede sei mit euch.“ Das klingt wie ein frommer Wunsch. Dieses „sei“ gibt es weder in der hebräischen noch in der griechischen Sprache. Der Gruß lautet einfach: „Friede euch.“
Das bedeutet, er wünscht nicht etwas, das man vielleicht wünschen kann, aber nicht gewährleisten. Nein, er bringt das Ergebnis und die Beute vom Kreuz und aus dem Grab mit. Und er spricht den Jüngern zu: Friede, das heißt Vergebung, Versöhnung – dort, wo Kampf, Streit, Verrat, Verlassen und Sünde waren. Friede, Shalom.
Das ist im Hebräischen auch der alltägliche Gruß. Wenn man „Shalom“ sagt, meint man „Friede euch“. So wie man in Bayern oft „Grüß Gott“ sagt, ohne genau zu wissen, wen man meint. Im Norden sagen die Leute eher „Tach“ oder „Moin“. Aber hier im Süden sagt man „Grüß Gott“ und weiß oft nicht, was man genau meint.
So kann man auch „Shalom“ sagen und nicht genau wissen, was man meint. Jesus aber weiß genau, was er meint – und er bringt, was er sagt: Friede, Vergebung. Und er spricht es nicht nur, sondern er zeigt es ihnen.
Es heißt ausdrücklich: Als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Was hatte er eigentlich an? Hat er die Jacke aufgemacht, das Hemd hochgezogen und gesagt: „Guck mal hier, da ist es“ – die Stelle, wo der Offizier mit dem Speer hineingestochen hatte?
Das ist merkwürdig. Jesus, der Auferstandene, dürfte eigentlich keine Kennzeichen der Verwundung mehr an seinem Leib tragen. Denn er ist nicht wiederbelebt worden, wie wir das heute kennen, wenn ein klinisch Toter wiederbelebt wird und dann nur für eine begrenzte Zeit lebt, um später erneut zu sterben.
Was bei Jesus in der Auferweckung passiert, ist etwas anderes: Es ist die grundsätzliche Überwindung der Todesgrenze. Der Leichnam des gekreuzigten Jesus im Grab wird von Gott verwandelt in die Wirklichkeit des Schöpfers, die keinen Tod mehr zulässt, keinen Schmerz und kein Leid.
Wieso aber trägt Jesus dann diese Wundmale? Das gehört doch eigentlich nicht in Gottes neue Welt, die mit Jesus angebrochen ist. Das finde ich besonders bemerkenswert: Diese Wunden bleiben. Sie sind die Erkennungszeichen. Sie sind der Beweis, dass Gott nicht wegheilt.
Es ist nicht die Peinlichkeit, die man verstecken möchte, sondern die Schönheit Gottes. Schöner war Gott nie als am Kreuz. Das zieht sich durch die ganze Bibel. Wenn wir die Offenbarung des Johannes am Ende lesen, sieht Johannes den geöffneten Blick auf den Thron Gottes. Er sieht, wie es am Ziel sein wird: der Thron Gottes und das Lamm, „wie wenn es geschlachtet ist“.
Das geopferte oder geschlachtete Passalam bleibt in Ewigkeit das Kennzeichen des Königs Jesus. Der Gekreuzigte ist der ewige König und Herr. Und er zeigt den Jüngern das als Beweis. Er hat sich an das Wort seiner Liebe festnageln lassen, und Gott hat ihn in der Auferstehung bestätigt.
Da heißt es wunderbar: „Da wurden die Jünger froh, als sie den Herrn sahen.“ Zuvor hatten sie nur Angst – begründete Angst vor den Feindschaften, die ihnen begegneten. Von innen kam Angst, Verzagtheit und Verzweiflung. Sie sahen nur die Verräter und Versager, die guten Vorsätze, die sie nicht halten konnten, die Versprechen, die sie gebrochen hatten.
Da knarrte alles von innen und außen. Sie mussten doch damit rechnen, dass wenn sie Gott, dem heiligen Gott, begegnen, das auch Anklage sein würde. Nichts anderes hätten sie verdient.
Und jetzt sehen sie den Richter als den Retter vor sich – mit dem Beweis der Versöhnung. Er hat das Urteil getragen. Und im Auferstehungsleib trägt er den Beweis noch als Kennzeichen seiner Schönheit.
„Da wurden die Jünger froh, als sie den Herrn sahen.“ Heute ist so ein Trostwort besonders nötig, sage ich einmal.
Dieses Wort hat in meinem Leben eine besondere Rolle gespielt. Ich war ein Junge, 15 Jahre alt, und ging mit meinen Eltern auf die Beerdigung eines Mannes, der von einem besoffenen Karnevalisten – man sagt da oben „Faschings-Typ“ – totgefahren worden war. Es war der Pfarrer Johannes Busch, ein Jugendpfarrer und Evangelist, der Bruder von Wilhelm Busch.
Er hatte sechs Kinder hinterlassen. Seine Frau war schon vorher an Krebs gestorben. Es war 1956. Auf der Beerdigung auf dem Wittener Friedhof, an einem kalten Februartag, waren Tausende, vor allem junge Männer. Denn er hatte einen riesigen Einfluss unter jungen Leuten.
Sein Bruder Wilhelm Busch hielt die Beerdigung. Ich konnte ihn nicht sehen, ich stand irgendwie fernab. Aber über Lautsprecher kam die Predigt zu mir, die der Bruder vom Grab her hielt, über dieses Wort.
Da standen wir weinend an den Gräbern, sechs Waisenkinder. Man konnte nicht verstehen, warum Gott zulässt, dass ein Betrunkener einen Prediger des Evangeliums einfach totfahren kann.
Und dann kam dieses Wort: „Da wurden die Jünger froh, als sie den Herrn sahen.“ Nie habe ich das so vor Augen gehabt, mitten in der Zeit der Trauer, wo alles dagegen sprach.
Der Blick auf den auferstandenen Jesus, der vom Kreuz die Beute mitbringt: Friede sei euch – Friede, Gewissheit und Freude. Das ist das Erste, was mir heute wichtig ist.
Es ist ja toll, dass Sie Jubiläum feiern. Fünfzig Jahre sind ja kein Alter. Hoffentlich erleben Sie die Vollendung der nächsten fünfzig Jahre nicht mehr, hoffentlich kommt Jesus vorher wieder.
Aber die Voraussetzung dafür, dass die Abende für andere Menschen, die Jesus vielleicht noch nicht kennen, fruchtbar sind, ist nicht, ob sie pfiffig sind, ob sie toll organisiert sind oder eine moderne Gemeinde, die für diese Stadt passt.
Die Voraussetzung ist, dass hier Menschen sind, die wie die Jünger damals sagen können: „Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“ Menschen, die mitten in einer Welt der verschlossenen Türen, der Angst, der Anklage und der übermächtigen Gegenkräfte nicht mehr von Furcht bestimmt sind, sondern nur noch von dem Einen, der Freude und Gewissheit schenkt, weil sie den Herrn sehen.
Er hebt die Hände, zeigt die Wunden. Er spricht Vergebung der Sünden zu – Gewissheit und Freude. Das ist es: Vergebung für Versager.
Ich wünsche sehr, dass das für jeden von uns heute wahr ist. Niemand sollte zufrieden sein, wenn er nicht mit dieser Gewissheit lebt. Jeder von uns darf damit leben.
So wahr Christus gestorben ist und für uns auferstanden, so wahr er heute lebt und in unserer Mitte ist – das hat er versprochen – darf niemand diesen Gottesdienst und dieses Haus ohne Gewissheit verlassen.
3. Die zweite Portion Frieden zum Weitergeben
Wenn man dazu kommt, muss man auch noch einen Satz sagen. Also erstens: Welt der verschlossenen Türen, zweitens: Vergebung für Versager und drittens: Wofür ist denn die zweite Portion Frieden?
Nun, bei alten Männern wie mir ist man es gewohnt, dass sie leicht vergessen, was sie gerade gesagt haben, und sich anfangen zu wiederholen. Na ja, gut, das fängt ja heute auch bei Jüngeren an. Man geht durch die Städte und trifft eigentlich nur noch Leute, die auf der Straße gehen und mit sich selbst reden. So sieht es aus. In Wirklichkeit reden sie ja über ihr Handy, das sie an der Strippe hängen, mit irgendjemandem. Aber lauter Leute, die da vor sich hinquasseln, so mit sich selbst.
Diese Geistlosigkeit hatte man früher eigentlich nur bei so alten Leuten wie mir. Die wissen immer nicht, dass sie die Geschichte, die sie gerade erzählen, leider schon zum siebten Mal erzählen, und deshalb ist es alles ganz furchtbar.
Nun war Jesus aber frisch auferstanden, und er hatte keinerlei Vergesslichkeiten zu beklagen. Warum sagt er aber noch mal: „Da sprach Jesus noch einmal zu ihnen: Friede euch!“? Was soll das? Wenn man sich noch einmal klar macht, dass das ja eigentlich der Gruß ist, auch damals schon in Israel, Shalom Aleichem, also „Grüß Gott“, dann sagt man ja: „Haben wir schon gesagt.“ Das heißt, wenn er reingeht und „Guten Tag“ sagt, dann geht man in die Küche und sagt nochmal „Guten Tag“ und denkt: Aha, da weiß man, da stimmt was nicht.
Es gibt so Anzeichen, da weiß man, jetzt fängt es langsam an, wackelig zu werden. Meine Frau und ich haben viel Spaß dabei, wenn wir uns gegenseitig bei den verschiedensten peinlichen Situationen im Alter sagen: „Aha, pass auf, es geht los.“ Ja, man muss ja auch Humor behalten, so erträgt man das ja leichter.
Also, was war das? Warum sagt Jesus das? Nein, ich habe mein Leben lang darüber nachgedacht und bin auf keine bessere Idee gekommen. Vielleicht haben Sie ja eine bessere Erklärung und tiefsinnigere. Meine heißt ganz einfach: Die erste Portion Frieden bringt Jesus hier für die Versager und für die Jünger. Die brauchen Vergebung, Friede mit Gott, Versöhnung.
Die zweite Portion ist zum Weitergeben. Sie ist jetzt nicht für die Jünger, sondern zum Weitergeben. Denn er fährt fort: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Und dazu gibt er ihnen diese zweite Portion Frieden, damit sie jetzt weitergeben können, was sie von ihm empfangen haben.
Das nennen wir Mission. Hier ist das Kernwort, das beschreibt, was eigentlich Mission ist. Mission ist ein Fremdwort, aus dem Lateinischen abgeleitet, und heißt auf Deutsch einfach Sendung. Man kann es auch ins Griechische übersetzen, dann heißt das Fremdwort Apostolat.
Hier steht das griechische Wort Apostellain, „senden“. „Wie mich der Vater gesandt hat“, sagt Jesus, „so sende ich euch.“ Wie mich der Vater gesandt hat, so schicke ich euch. Es sind zwei verschiedene griechische Wörter: wie mich der Vater gesandt hat, so schicke ich euch.
Das heißt, Mission ist die Bewegung Gottes. Mission ist die Bewegung aus der Ewigkeit, dass Gott selbst kommt und in Jesus, dem Retter, in diese Welt schickt. Er vollendet sein Werk in der Kreuzigung, die Gott bestätigt, in der Auferweckung – das ist Tiefpunkt und Höhepunkt.
Aber die Sendung Gottes ist nicht zu Ende, jetzt geht es ja richtig los. Er sagt: „Geht hin in alle Welt, macht zu Jüngern alle Völker.“ Das erste Mal kommt das ein Jahr später. Er begegnet ja vierzig Tage lang. Am ersten Tag aber ist schon der wichtigste Missionsbefehl ausgesprochen: die Zusage „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
Also, ich habe nie verstanden, warum es christliche Gemeinden gibt oder auch Christen, die darüber nachdenken, ob sie missionarisch sein könnten oder müssten oder nicht. Wenn ich die Bibel richtig lese, hier dieses Wort, dann gehört man entweder zu Jesus und ist dann Teil der Mission Gottes, weil Jesus uns mitnimmt und sendet. Ja wozu denn? Zur Rettung der Menschen.
Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. So heißt es im Timotheusbrief. Das ist Gottes Mission. Sie geht weiter in Jesus, dem Auferstandenen, bis zum jüngsten Tag.
Augustinus, der Kirchenvater, hat gesagt: Das ist die Bewegung der Liebe Gottes aus der Ewigkeit in die Zeit, durch die Geschichte bis zum jüngsten Tag. Und jeder, der zu Jesus gehört und der ihm glaubt, ist beteiligt, wird beteiligt an dieser Mission Gottes.
Das ist riesig, und dazu ist jeder ausgestattet. Wozu, wodurch? Durch den Empfang der Vergebung der Sünden: „Friede euch!“ Und dann die zweite Portion „Friede euch!“ zum Weitergeben, zum Weitergeben.
4. Die Vollmacht zur Vergebung und der Dienst des Heiligen Geistes
Jetzt fragen wir noch einmal genau: Worin besteht denn diese Sendung? Natürlich haben wir Anteil an allem, was Jesus tut. Was er tut, lesen wir in den Evangelien. Er spricht zu den Leuten, heilt sie, speist die Hungrigen und kritisiert.
Der Kern des Evangeliums ist der Zuspruch der Vergebung der Sünden: „Friede sei mit euch.“ Deshalb geschieht Pfingsten am ersten Ostertag. Ich weiß nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist, doch die Ausgießung des Heiligen Geistes verorten wir normalerweise am Pfingstfest. Ja, das ist auch der breite, richtige Start gewesen. Aber es lässt sich nicht überlesen, was hier in Vers 22 steht: Jesus sagt, so wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: „Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“
Ausdrücklich ist der Start der Verleihung des Heiligen Geistes an die Jünger am Ostersonntagabend. Der Zweck wird ganz klar definiert: Die Verleihung des Geistes geschieht, damit sie Sünden vergeben oder behalten können. Die Jünger haben gerade selbst Vergebung der Sünden empfangen. Nun werden sie beauftragt, Teil der Sendung Gottes zu sein. Jesus sendet sie und sagt: Das könnt ihr jetzt in meinem Namen weitergeben – die Vergebung der Sünden.
Was überrascht, ist, dass nicht nur die positive Seite formuliert wird, nämlich „welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen“, sondern auch die andere Seite: „welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Das heißt, die ganze Vollmacht, die Jesus hat, freizusprechen oder festzulegen, wird auf alle Jünger übertragen. Nicht weil sie eine besondere Qualität hätten – Versager, Verräter, die begnadigt sind durch die Vergebung der Sünden.
Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, worin eigentlich unsere Vollmacht und unsere Aufgabe besteht: in der Vergebung der Sünden. Nicht nur darüber zu informieren oder zu erklären. Gut, das tun wir auch: Wir erzählen die Geschichte von Jesus und sagen, was er gesagt hat. Das werden wir an den Abenden tun. Aber der Kern und die Zuspitzung sind der eigentliche Auftrag: Beauftragt von Jesus, in der Kraft des Heiligen Geistes.
Das heißt, Gott selbst spricht. Der Heilige Geist ist ja nicht ein „Etwas“, sondern der heilige Gott selbst, der mit seinem Antrieb und seiner Kraft in unser Leben einzieht. In diesem Auftrag sagt ein Mensch einem anderen auf das Bekenntnis der Sünden hin zu: „Dir sind deine Sünden vergeben.“
Nun ist das ein ganz besonderer Punkt. Die meisten halten Beichte und den Zuspruch der Vergebung der Sünden für katholisch oder sagen, das habe man in der Reformation abgeschafft. Dabei vergessen sie, dass Luther jeden Tag, wirklich jeden Tag, gebeichtet hat. Nicht nur vor Gott, sondern vor einem Seelsorger. Und sich die Vergebung der Sünden im Namen von Jesus zusprechen ließ. So hat er seinen Blick auf den Gekreuzigten gerichtet.
Dietrich Bonhoeffer schrieb den Satz: „Der Christus im Worte des Bruders ist stärker als der Christus im eigenen Herzen.“ Selbstverständlich kann man sagen, das brauchen wir nicht zwingend. Es ist kein Gesetz, und ich kann auch so beten. Aber man kann sich fragen, warum es so viele freudlose, ungewisse Christen gibt. Und warum so viele Christen mit der Vergebung der Sünden nichts anfangen können.
Deshalb suchen sie oft nach außergewöhnlichen Erfahrungen, um den Heiligen Geist zu erfahren – mit Sprachengebet, Wunderheilung und Ähnlichem. Das kann ja alles sein und wird auch getan. Aber dahinter steckt oft der Versuch: Wenn ich so etwas erleben würde, hätte ich die Gewissheit der Gegenwart Gottes. Die Heilsgewissheit wird daran geknüpft.
Vergebung der Sünden wird oft als eine theologische Rechenaufgabe gesehen, als etwas, das niemand wirklich aufregt. Das muss man auch nicht unbedingt so halten. Woher kommt das? Weil es keine Gewissheit und Freude gibt über das Wunder, das unerhörte Wunder, dass wir als Verräter, Versager und verlorene Menschen durch den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Vergebung der Sünden empfangen und Gewissheit haben können – im Leben und im Sterben.
Deshalb ist das das Erste, was Jesus seinen Jüngern am ersten Tag nach der Auferstehung gibt: die Ausstattung mit dem Heiligen Geist und die Bevollmächtigung zur Seelsorge. Das heißt, den Menschen in seinem Namen Sünden zu vergeben. Niemand kann Sünden vergeben außer Gott allein. Und in Jesus allein kann Gott Sünde vergeben. Aber er bevollmächtigt jeden, der selbst Vergebung der Sünden empfangen hat, in seinem Auftrag und in der Kraft des Heiligen Geistes anderen, die ihre Sünden bekennen, zuzusprechen: „So war Christus für dich gestorben und ist auferstanden. Auf deinem Bekenntnis hin sind dir deine Sünden vergeben.“
Dann geschieht das unerhörte Wunder: Der auferstandene Jesus benutzt im Heiligen Geist das Wort dieses Menschen, um als sein Wort in das Herz des anderen zu sprechen.
Ungewissheit – das ist der Dienst, zu dem wir beauftragt sind. Ich weiß nicht, welche Erwartungen Sie an die Abende haben. Die Gemeinde wächst nach 50 Jahren, es kommen noch ein paar mehr dazu. Das ist gut. Aber auch Firmen wie BMW haben das Ziel, zu wachsen. Das ist eigentlich normal, aber gottlos. Es hat mit Gott nichts wirklich zu tun. Es ist gemeindeegoistisch, organisationsegoistisch, verständlich, aber weder zur Ehre Gottes noch zur Rettung von Menschen dienlich.
Unsere Aufgabe ist es, das zu tun, was der auferstandene Jesus am Ostertag seinen Jüngern sagt: Er blies sie an, den Odem Gottes, den Atem Gottes – den Heiligen Geist. Mit der Vervollmächtigung, in seinem Namen Sünden zu vergeben und zuzusprechen: „So war Jesus für uns gestorben, er hat alles getragen.“
Der Heilige Geist bewirkt das Wunder, dass ein Mensch auf Jesus blicken kann und das annimmt: „Er ist für mich gestorben, er hat das Gericht getragen, das ich tragen müsste. Ich bin frei.“ Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
5. Die Gleichstellung in der Sendung und der Stil des Dienstes
Lassen Sie mich noch ein Viertes und letztes sagen. Hier begegnet uns eine unerhörte Gleichstellung, ein unerhörtes „Wie“ in diesem Text.
Jesus sagt: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Ich würde niemals wagen, zwischen der Sendung des Sohnes durch den Vater und der Sendung der Jünger durch Jesus ein Gleichheitszeichen zu setzen. Ich würde immer sagen: Das, wozu Jesus gesandt ist, ist einzigartig. Er trägt unsere Sünden, er, der einzig Gerechte, geht an unsere Stelle. Er schafft die Versöhnung, die niemand anders schaffen kann. Es darf kein Gleichheitszeichen geben.
Doch Jesus setzt ein Gleichheitszeichen dazwischen. Er sagt: „Gleich wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Worin besteht dieses Gleichheitszeichen? Er betont es in zweierlei Hinsicht. Das ist sonst ganz klar ein Prinzip der Heiligen Schrift: Sie legt sich selbst aus. Wenn man an rätselhafte Punkte kommt, muss man fragen, ob es sonst in der Heiligen Schrift eine eindeutige Erklärung dessen gibt, was man hier nicht eindeutig erklären kann. Und das ist in diesem Fall völlig klar.
Jesus hat im Lukas-Evangelium, Kapitel 10, Vers 16 gesagt: „Wer euch hört, der hört mich, und wer mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat.“ Das ist Vollmacht. Die Sendung des Sendenden und die Sendung der Gesandten sind völlig eins. Und das gilt für uns. Nicht nur für einen Prediger. Ich sage mir das bei jeder Predigt fast ausdrücklich noch einmal: Ich halte mich daran fest. Ich würde gar nicht wagen, den Mund aufzumachen, wenn ich nicht wüsste, dass gilt: Wer euch hört, der hört mich. Ich muss nicht meine Meinung verkündigen, sondern ich darf etwas sagen, das Jesus weitergibt. Ich werde gebraucht.
Das gilt aber auch, wenn Sie ein Gespräch unter vier Augen führen. Es ist auf niemanden speziell begrenzt, sondern gilt all denen, die die Vergebung der Sünden selber empfangen haben – für die Verräter und Versager wie hier. Ihre Qualifikation ist nur diese: Wir haben gerade selbst Vergebung der Sünden empfangen. Die Gewissheit, dass wir zu Jesus gehören. So sagt Jesus: Jetzt gebt es weiter!
Und wenn ihr es weitergebt, sollt ihr wissen: Wie oft habe ich Gespräche gehabt, bei denen ich gedacht habe: Hätte ich doch lieber den Mund gehalten! So ungeschickt, wie ich war, so falsch, wie ich es gemacht habe. Die Reaktion war frustrierend. Jemand hat sich überhaupt nicht bewegen lassen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, vielleicht haben Sie bessere Erfahrungen als ich. Doch das sollten Sie wissen: Es gilt dieses Versprechen. Glauben Sie das? Ja? Es muss ja nicht jedes Mal so sein. Wenn Sie es nicht glauben, warum sollte es dann passieren? Er hat es jedenfalls versprochen.
Wer euch hört, der hört mich – das ist eine unerhörte Vollmacht. Man könnte verrückt werden oder hochmütig. Man könnte sagen: Meine Güte, wenn das so ist, bläst man sich ja derartig auf! Keine Sorge, Jesus sorgt selbst dafür, dass wir uns nicht aufplustern und arrogant werden. Denn zu dem „Wie“ gehört auch das andere.
Es gehört die gleiche Vollmacht: „Wer euch hört, der hört mich.“ Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich euch. Und zweitens: Ihr tut euren Dienst, eure Aufgabe in der gleichen Methode, im gleichen Stil wie Jesus. Was ist denn der Jesus-Stil?
Jesus hat das sehr klar beschrieben. Johannes 12, Vers 24 beschreibt seinen Dienst und den Dienst seiner Jünger mit dem Bild: „Das Weizenkorn muss in die Erde gelegt werden, dann bringt es Frucht. Wenn es nicht beerdigt wird und scheinbar stirbt, bleibt es allein und bringt keine Frucht.“ Das heißt: Es gibt ein Erfolgsrezept. Natürlich wollen wir Erfolg – man nennt das in der Bibel Frucht. Und es gibt ein klares Erfolgsrezept: Sterben!
Sterben! Wie Jesus als Weizenkorn beerdigt wurde, tot. Nur so wächst Frucht. So seid ihr. „Wie mich der Vater gesandt hat, so seid auch ihr.“ Sterben heißt: Meine Zeit ist futsch, meine Ehre ist kaputt, meine Kraft ist vorbei. Alles Stress, kaum noch zum Pusten Luft. So geht das mit dem Sterben.
Ja, sagt Jesus, das ist der Weg zum Erfolg, der Weg zum Kreuz. Bei euch wird es nicht anders gehen. Es gibt kein stressfreies Christsein. Natürlich gibt es auch faule Christen. Es gibt Christen, die das Evangelium in eine Lüge verwandeln, dass der Glaube eine Art Wellness-Oase ist, wo man sich relativ problemfrei entspannt hingibt.
Keine Sorge, er überfordert uns nicht. Er gibt uns Ruhepausen, lässt uns durchatmen, tröstet und ermutigt uns. Aber die Linie heißt: Teil dieser Liebesbewegung Gottes zu sein. Und die Liebe scheut die Schwerarbeit nicht. Die Liebe scheut nicht den Stress und sie scheut nicht den Dreck, die Dreckarbeit. Sie werden uns bespucken und verachten wie Jesus. Und das gehört zum Dienst der Liebe normal dazu. So wächst Frucht. So allein wächst Frucht.
In unserem Land ist es besonders schwer, Menschen zu Jesus einzuladen. Das hat Jesus ja gesagt. Warum? In München ist es besonders schwer, weil es eine der reichsten Städte des Landes ist. Jesus hat gesagt: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt.“ Und weil wir nun mal eines der reichsten Länder der Welt sind und die Münchener besonders reich sind – so teuer wie bei euch sind die Mieten nirgendwo – jeder von uns dankt Gott dreimal, dass er in Nordhessen wohnen darf und seine Miete noch bezahlen kann und nicht nach München muss, wo nur die Reichen leben können.
Ja gut, aber das ist das Problem. Der Platz Gottes ist bei allen schon gesetzt. Wir reden ja heute: Sie brauchen ihn überhaupt nicht. Und die Jünger haben damals schon gesagt: Wie soll das denn möglich sein? Jesus hat dann gesagt: Bei den Menschen ist es nicht möglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich.
Also kein Grund zur Trübsal. Er schafft das Unmögliche. Aber wir sollten uns keine Illusionen machen, dass es leicht ist, Leuten nachzugehen. Da kommt natürlich ganz schnell der Gedanke: Habe ich das eigentlich nötig, den Leuten nachzulaufen, die erkennbar meinen, sie bräuchten das nicht?
Ja, wir haben es nötig. Darf ich Ihnen das zusprechen? Sie haben es nötig. Empfinden Sie es bitte nicht als Ehrenrührigkeit, dass Jesus Ihnen zumutet, wirklich Ihren guten Ruf, Ihre Kraft, Ihre Zeit und Ihre Bequemlichkeit zu verspielen, um anderen Menschen nachzulaufen. Um ihnen die Brücke zu Jesus zu bauen und ihnen die Einladung zu geben.
Sie mögen Gott vergessen haben, aber wir haben die Aufgabe, ihnen zu sagen: Gott hat dich nicht vergessen. Wir rufen dich: Kehr um! Komm!
Es gibt so viele Gründe, aus lauter Angst, Furcht und Verunsicherung sich auf sich selbst zu beschränken und hinter verschlossenen Türen sein möglichst halbwegs akzeptables privates Leben zu führen. Und diese Tendenz ist unter uns ja spürbar. Wer sein eigenes Herz befragt, weiß das genau.
Dazu hilft uns diese Begegnung am Osterabend. In der Welt der verschlossenen Türen tritt Jesus ein – ungefragt. Er bringt den Frieden vom Kreuz und die strahlende Gewissheit. Er gibt eine zweite Portion zum Austeilen und bevollmächtigt uns mit der Kraft, die keiner in sich haben kann, Vergebung der Sünden zuzusprechen und weiterzusagen.
Er sagt uns: „Wie mich der Vater gesandt hat“, in der gleichen Vollmacht, aber auch im gleichen Lebensstil.
Herr, hilf uns, dass wir aus der Selbstgefälligkeit herauskommen und neu entzündet werden vom Feuer deiner Liebe – zu dir und zu den Menschen. Amen.