Lassen Sie uns ein Stück weitermachen und uns mit dem zweiten und dritten Kapitel des Römerbriefs beschäftigen. Vielleicht ist der eine oder andere ja schon dazu gekommen, die Texte vorzubereiten und zu lesen. Ich werde zumindest die wichtigsten Verse aus diesen Kapiteln gleich noch vorlesen.
Dazu möchte ich noch einmal die Folie zeigen, die ich in der ersten Bibelarbeit verwendet habe. Ich tue das nur zur Erinnerung, denn nach der letzten Stunde sind einige auf mich zugekommen und haben gesagt, sie möchten gerne eine Fotokopie davon haben, um sich Notizen machen zu können oder eine schöne Gliederung über den Römerbrief zu besitzen.
Da habe ich mir gedacht, ich frage einmal von hier vorne, ob noch weitere Interesse an einer Fotokopie haben, damit ich nicht immer wieder einzelne Exemplare anfertigen muss. Dann kann ich gleich mehrere kopieren. Darf ich einmal fragen: Gibt es noch jemand, der so etwas gerne bekommen möchte?
Ja, jetzt muss ich mal sehen, ob ich richtig zähle. Wenn ich richtig gezählt habe, sind das 26 Personen. Ich mache einfach ein paar mehr und bringe sie dann beim nächsten Mal mit.
Ich habe auch noch andere Folien vorbereitet, das waren allerdings nur kurze Zusammenfassungen. Erinnern Sie sich an die Gliederung mit den wichtigsten Versen, die man fast so auswendig lernen kann? Nach Kapiteln geordnet: Was ist dort das Wichtigste? Oder hatte ich die Folie mit den sechs roten Fäden durch den Römerbrief gebraucht? Sonst kann man den Text ja kaum noch lesen, oder?
Aber ich glaube, dazu hatten wir keine Zeit mehr, es zu besprechen. Dann lasse ich das heute weg. Eine Karte haben Sie hinten in der Bibel selbst drin, die muss ich nicht vervielfältigen. Aber bei diesem Überblick werde ich daran denken. Das ist auch ganz gut.
Gut, dann werde ich das einfach auf einem Blatt zusammenstellen.
Nun wollen wir uns heute mit dem zweiten und dritten Kapitel des Römerbriefs beschäftigen. Ich habe das Thema unter den Titel gestellt: „Tue Recht und scheue niemand.“ Das ist ja fast schon ein geflügeltes Wort – eine Warnung vor Gefahren für gute Menschen.
Zuerst werde ich den Text lesen. Ich habe einige Verse ausgewählt, und zwar Römer 2,1-24 und Römer 3,21-27. Diese wollen wir dann etwas näher betrachten.
Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, jeder, der dich richtet. Denn worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, denn du, der du richtest, tust dasselbe.
Wir wissen aber, dass das Gericht Gottes der Wahrheit entsprechend über diejenigen ergeht, die solches tun. Denkst du aber, o Mensch, der du richtest, die solches tun und dasselbe verübst, dass du dem Gericht Gottes entfliehen wirst? Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet?
Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes. Dieser wird einem jeden vergelten nach seinen Werken.
Denjenigen aber, die mit Ausdauer in guten Werken Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit suchen, ewiges Leben; denen aber, die streitsüchtig und der Wahrheit ungehorsam sind, der Ungerechtigkeit aber gehorsam, wird Zorn und Grimm, Drangsal und Angst über die Seele kommen – über jeden Menschen, der das Böse vollbringt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen.
Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden werden jedem zuteil, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn bei Gott gibt es kein Ansehen der Person.
Denn so viele ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen. Und so viele unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durch das Gesetz gerichtet werden.
Es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden. Denn wenn die Nationen, die kein Gesetz haben, von Natur aus dem Gesetz entsprechend handeln, so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst ein Gesetz.
Sie beweisen, dass das Werk des Gesetzes in jedem Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mitzeugt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen an dem Tag, da Gott das Verborgene der Menschen richtet – nach meinem Evangelium durch Jesus Christus.
(Römer 2,1-24)Wenn du dich aber einen Juden nennst, dich auf das Gesetz stützt und dich Gottes rühmst, den Willen kennst und prüfst, worauf es ankommt, weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist, dann traust du dich, ein Leiter der Blinden zu sein. Du bist ein Lichtlehrer für die, die in Finsternis sind, ein Erzieher der Törichten und ein Lehrer der Unmündigen. Du hast die Verkörperung der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz.
„Der du nun einen anderen lehrst, lehrst du nicht dich selbst. Du predigst, man solle nicht stehlen, doch du stiehlst. Du sagst, man solle nicht Ehe brechen, aber du begehst Ehebruch. Du hältst Götzenbilder für Gräuel, doch du begehst Tempelraub. Du rühmst dich des Gesetzes, aber durch deine Übertretungen verunehrst du Gott. Denn der Name Gottes wird eurerthalben unter den Nationen gelästert, wie geschrieben steht.
Ich lese weiter ab erstem Kapitel drei, Verse einundzwanzig bis siebenundzwanzig:
Jetzt aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Gottes Gerechtigkeit aber wird durch den Glauben an Jesus Christus für alle offenbart, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied, denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes.
Sie werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Jesus Christus ist. Ihn hat Gott dargestellt als einen Gnadenstuhl durch den Glauben an sein Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit wegen der Vergebung der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes.
Dies geschieht zum Erweis seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, damit er gerecht werde und den Rechtfertigen den Rechtfertiger des Glaubens an Jesus zeige.
Wo bleibt nun der Ruhm? Er ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens.
So viel zum Römerbrief. Nun wollen wir uns einzelne Verse etwas genauer anschauen. Dabei werden wir immer wieder feststellen, dass das von mir aufgeschriebene Motto die Gefahren für gute Menschen durchzieht.
Normalerweise denken wir bei Gefahren eher an Menschen, die schlecht leben. Wenn jemand die Gesetze Gottes oder die Gesetze des Staates übertritt, dann geht es diesen Personen meistens schlecht. Wer betrügt, muss ständig darauf achten, nicht entdeckt zu werden und vor Gericht verurteilt zu werden.
Doch wie sieht es bei Menschen aus, die gut leben? Wo lauern Gefahren für sie, die ein gutes Leben führen? Paulus weist darauf hin, dass gerade diese Menschen, die gut und vorbildlich leben, in Gefahr sind. Diese Gefahren bestehen nicht, weil sie etwas völlig Falsches tun, sondern weil sie falsche Ziele verfolgen. Vielleicht tun sie etwas Gutes und Wichtiges, vergessen aber das Allerwichtigste. Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus.
Ein Beispiel: Ein guter Baumeister kann sehr kompetent sein. Er hat eine gute Ausbildung, ist intelligent und hat den besten Plan. Doch wenn er sein Hochhaus im Moorgebiet bauen will, hat er die falschen Voraussetzungen berücksichtigt. Deshalb kann selbst jemand, der in seinem Gebiet hervorragend ist, einen Fehler machen, wenn er die Voraussetzungen ignoriert.
Es kann auch sein, dass eine falsche Art von Gutheit gefördert wird. Wenn wir von guten Menschen sprechen, stellt sich die Frage: Was genau macht sie gut? Was ist das Wesen des Guten?
Ich habe aus den Versen zehn Gefahren für gute Menschen herausgesucht. Heute Morgen werden wahrscheinlich viele gute Menschen hier sein. Ich weiß nicht, wer sich melden würde, wenn ich frage, wer ein schlechter Mensch ist. Vielleicht würden manche sagen: „Wir sind ja alle Sünder“, wie wir gerade im Römerbrief gehört haben. Dann würden sie sich melden.
Doch die meisten, mich eingeschlossen, halten sich eigentlich nicht für so schlecht.
Das war auch ein wenig das Problem, als ich als Jugendlicher zum Glauben gekommen bin. Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen und hatte bereits gelernt, wie man sich ungefähr verhalten sollte. Gelegentlich habe ich zwar ein paar Matchboxautos von anderen Kindern mitgehen lassen, aber das war sehr selten.
An meinen Eltern war ich relativ gehorsam, und meine Schwestern habe ich eigentlich auch nicht oft geärgert. Obwohl sie mir später sagten, dass ich das doch getan hätte, war ich überzeugt, es nicht getan zu haben.
Als ich zum Glauben kam, fing ich nicht plötzlich an, anderen etwas zu stehlen oder jemanden zu schlagen. Zunächst dachte ich: „Na gut, ich bin sündig vor Gott, aber eigentlich bin ich doch ganz gut.“ Ich glaube, vielen Menschen geht es ähnlich. Viele meinen, dass sie Gott gar nicht brauchen.
Die erste Gefahr, die wir im Vers 1 im zweiten Kapitel sehen, ist die Gefahr, andere zu verurteilen. Dort heißt es: „Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, jeder, der da richtet, denn worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, denn du, der du richtest, tust dasselbe.“
Hier liegt die erste Gefahr für gute Menschen: Wir können noch so gut sein, aber wir müssen aufpassen, andere nicht zu richten. Oft erlebe ich das an der Haustür, wenn ich mit Menschen ins Gespräch komme. Sie sagen dann: „Ja, aber mein Nachbar, da müssen Sie mal schauen, zu dem müssen Sie gehen, denn mir müssen Sie nicht über den Glauben sprechen, ich bin ja besser als mein Nachbar.“ Zwar haben sie selbst kleine Fehler, aber die anderen seien noch schlimmer.
Paulus warnt uns hier davor und schreibt an die guten Menschen: Sie müssen aufpassen, dass sie nicht über andere richten. Denn ehe sie sich versehen, verurteilen sie sich mit dem Urteil über den anderen selbst. Und Gott wird genau nach dem Urteil, das sie über andere gesprochen haben, auch sie selbst verurteilen. Das lesen wir in Vers 2: „Wir wissen aber, dass das Gericht Gottes der Wahrheit entsprechend über die ergeht, die solches tun.“
Hier wird das noch einmal bekräftigt. Aus dem ersten Kapitel müsste uns das Wort der Wahrheit in Erinnerung geblieben sein, nämlich dass das, was Gott tut, gerecht und wahr ist. Wir erinnern uns an die Gegenüberstellung von Torheit und Eigensucht der Menschen und der Wahrheit Gottes, die von den Menschen wiederum für Torheit erklärt wird.
An dieser Stelle steht die Wahrheit Gottes, dass der Mensch verurteilt wird, wenn er andere um sich herum verurteilen will (Vers 3 und 4).
„Denkst du aber dies, o Mensch, der du dir richtest, die so etwas tun und dasselbe verübst, dass du dem Gericht Gottes entfliehen wirst?“
Wenn wir diesen Gedanken noch etwas vertiefen, müssen wir uns daran erinnern, dass Jesus, als er die Gebote des Alten Testaments auslegt, vieles noch verschärft.
Wenn ich also sehe, dass mein Nachbar mal etwas in seinem Betrieb mitgehen ließ – oder anders gesagt, gestohlen hat –, und ich versuche, ihn bei unserem gemeinsamen Chef in ein schlechtes Licht zu rücken, um selbst besser dazustehen, dann müssen wir aufpassen, was Jesus sagt: Wo beginnt die Sünde?
Sie beginnt nicht erst mit der vollendeten Tat, sondern schon im Wunsch, im Denken und im Planen, etwas zu tun. Dann merken wir plötzlich: Aha, da haben wir vielleicht einen Menschen verurteilt – in unserer Nachbarschaft, in unserer Familie, in unserer Gemeinde. Einen Menschen verurteilt, und in unseren Gedanken haben wir dasselbe getan.
Paulus sagt hier: Wenn du das getan hast, selbst nur in Gedanken, wird Gott das verurteilen.
Wir müssen uns auch daran erinnern, dass Paulus hier von Juden und Griechen spricht. Aber an wen schreibt er? Er schreibt nicht an die Ungläubigen, sondern an die Gemeinde von Rom, an die Christen. Er will ihnen zeigen, in welcher Gefahr sie auch als Christen leben können – durch den Hintergrund, aus dem sie kommen, und durch die Prägung, die sie mitbekommen haben.
Sie neigen dazu, auf ihre eigene Gerechtigkeit zu vertrauen. Das können auch wir als Christen tun. Paulus spricht einmal über diejenigen, die Jesus Christus noch nicht kennen, aber auch über die Gefahr, in der diejenigen stehen, die Christen geworden sind und jetzt darauf vertrauen, dass sie gute Menschen sind und dass Gott das gefälligst anerkennen muss.
Dann lesen wir in Vers 4: „Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet?“
Hier haben wir zwei weitere Gefahren.
Gefahr Nummer zwei, die wir hier haben, ist, Gott, seine Gebote und seine Ordnung falsch einzuschätzen. Wenn wir nach unseren eigenen Maßstäben urteilen und uns selbst für ganz gut halten, stellt sich die Frage: Nach welchen Maßstäben sollten wir eigentlich beurteilt werden? Reicht es aus, wenn ich mich selbst für gut halte? Oder genügt es, wenn ich sage: „Ich verurteile keinen anderen“? Das ist heute modern und nennt sich Toleranz. Ich lasse jeden tun, was er möchte, und erwarte im Gegenzug, dass man mich in Ruhe lässt und ich tun kann, was ich will.
Doch hier liegt die Gefahr, dass es nicht darauf ankommt, was ich darüber denke, sondern darauf, welches Ziel Gott mit uns Menschen hat.
Darüber hinaus gibt es eine dritte Gefahr: die Illusion, keine Hilfe zu brauchen und allein zurechtzukommen. Das zeigt sich ganz am Anfang von Vers 4, wo es heißt: „Oder verachtest du den Reichtum?“ Das bedeutet, dass derjenige, der nur auf sich selbst schaut und versucht, aus eigener Kraft ein guter Mensch zu sein, Gott und seinen Plan verachtet.
Es ist nicht so, dass wir nur für uns selbst leben können und Gott nur für die Menschen da ist, die in der Gosse liegen, für die ganz unten sind, für Zöllner und Sünder. Nein, hier lesen wir, dass Gottes Güte, Geduld und Langmut jedem Menschen gilt. Er will uns zur Buße führen, zur Umkehr leiten und uns ein neues Leben ermöglichen.
Das Wort „Buße“ ist heute kaum noch gebräuchlich. Es bedeutet so viel wie Umkehr oder Neubesinnung. Jesus möchte uns ein neues Leben schenken. Wie wir zuvor schon gehört haben, will Jesus uns auch ein neues Denken geben, damit wir andere Maßstäbe in unserem Leben haben und Dinge in der Welt erkennen, die wir vorher nicht wahrgenommen haben.
Mir ging es so, nachdem ich zum Glauben gekommen war. Ich fragte mich, ob ich alles richtig gemacht hatte, weil ich nicht spürte, was sich verändern sollte. Ich hatte erwartet, dass etwas ganz Besonderes passieren würde. In der Gemeinde hatte ich oft gehört, dass Menschen, die zum Glauben kamen, anfingen zu weinen und von einem großen Gefühlserlebnis berichteten. Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, weil ich das nicht erlebt hatte.
Doch ich merkte gerade an dieser Stelle, dass Gott mich zur Buße und zur Umkehr geführt hatte. Plötzlich wurden in meinem Leben andere Dinge wichtig. Früher war die Bibel für mich ein langweiliges Buch. Doch ich bekam Interesse und nahm mir selbst aus dem Regal meiner Eltern die Konkordanz und das Bibellexikon, um herauszufinden, was Gott für mich und die Welt sagt.
Das war einer der Momente, in denen ich spürte: Aha, Gott hat etwas in mir verändert und neu gemacht.
Jetzt sehen wir hier den Gegensatz: Es heißt, Gott ist gütig, geduldig und langmütig mit uns. Und wie reagiert der Mensch darauf? Paulus beschreibt, wie der normale Mensch, der sich für gut hält, reagiert: Er sagt, er braucht das nicht. Er verachtet eigentlich Gott, der so langmütig sein will und jedem Menschen in Güte begegnet.
Lesen wir etwas weiter in Vers 5: „Nach deiner Störrigkeit und deinem unbussfertigen Herzen häufst du dir selbst Zorn.“
Auf den Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes. Hier begegnen wir der Gefahr Nummer vier: der Störrigkeit.
Dieses Wort erinnert uns vielleicht zuerst an ein Pferd oder einen Esel, das man in eine bestimmte Richtung führen will, das aber partout in eine andere Richtung gehen möchte. So ähnlich ist es hier gemeint, wenn Paulus von den guten Menschen schreibt.
Gott will in seiner Güte den Menschen eine Fülle schenken. Er möchte uns alles geben, was wir brauchen. In Vers 4 lesen wir: „Verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit?“ An diesem Reichtum, der uns ganz erfüllt, will Gott uns teilhaben lassen.
Doch es gibt Menschen, die diesen Reichtum verachten. Und dann gibt es diejenigen, die störrisch und blind immer weiter in die gleiche Richtung laufen, obwohl Gott zu ihnen kommt und ihnen den Finger in ihr Leben zeigt. Er sagt: „Da ist es falsch, du musst umkehren.“ Immer wieder mahnt er sie, doch sie antworten: „Nein, ich weiß es besser. Ich gehe weiter so, wie ich es schon immer gemacht habe, und so werde ich es auch weiterhin tun.“
Diese Störrigkeit führt dazu, dass wir unbussfertig sind. Wenn ich ein moderneres deutsches Wort verwenden darf: Wir sind nicht mehr korrekturfähig. Das bedeutet so viel wie störrisch zu sein.
Wir lesen zwar in der Bibel, doch es betrifft uns nicht mehr. Gott spricht zu uns, aber wir lassen die Worte an uns abgleiten wie Wasser an einem Regenmantel.
Paulus warnt uns hier: Noch ist die Treue Gottes da, noch ist seine Langmut vorhanden. Aber er weist auch auf den Tag des Zornes hin. Den Tag, an dem wir einmal vor Gott stehen und uns für das verantworten müssen, was wir getan oder nicht getan haben.
In Vers 6 lesen wir: „Der einem jeden vergelten wird nach seinen Werken: denen, die mit Ausdauer in guten Werken Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit suchen, ewiges Leben.“
Und nun die anderen, in Vers 8: „Denen jedoch, die von Selbstsucht bestimmt und der Wahrheit ungehorsam sind, der Gerechtigkeit aber ungehorsam, wird Zorn und Grimm, Bedrängnis und Angst über die Seele kommen.“
Vers 9 fährt fort: „Dies gilt für jeden Menschen, der das Böse tut, sowohl für den Juden zuerst als auch für den Griechen. Herrlichkeit, Ehre und Friede aber werden jedem zuteil, der das Gute tut, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn bei Gott gibt es kein Ansehen der Person.“
Vers 11
Hier werden gleich mehrere Gefahren angesprochen, insbesondere Gefahren für gute Menschen. In Vers 7 lesen wir, dass Menschen sich bemühen, mit Ausdauer in guten Werken Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit zu suchen, nämlich ewiges Leben. Dabei ist von guten Menschen die Rede – solchen, die mit Ausdauer handeln, also auch Geduld haben und Widerstand ertragen können. Es sind diejenigen, die nicht nur davon sprechen, was sie Gutes tun, oder innerlich gut denken, sondern die auch tatsächlich gut handeln und das Ziel der Herrlichkeit, der Ehre Gottes und der Unvergänglichkeit im Blick haben.
Gut zu sein, ist jedoch nicht der Maßstab, den Gott an uns anlegt. Wenn wir schon gut sind, kommt es darauf an, welches Ziel wir dabei verfolgen. Das Wort „Sünde“ kann mit „Zielverfehlung“ übersetzt werden. Das bedeutet: Wer sich mit voller Kraft bemüht, etwas zu erreichen, aber in die falsche Richtung oder knapp daneben, und dabei nicht auf das Ziel achtet, das Gott gesetzt hat, der verfehlt das Ziel.
Im ersten Kapitel haben wir gesehen, dass die Welt, in der Gott uns haben will, andere Maßstäbe setzt. Das Ziel ist die Herrlichkeit Gottes, die Ehre Gottes und die Unvergänglichkeit. Diese stehen im Gegensatz zur Selbstsucht des Menschen, zur Vergänglichkeit und zum Irdischen, auf das wir hier zählen könnten.
Wenn jemand in seinem Gutsein auf die Ziele ausgerichtet ist, die Gott gesetzt hat, wird er sich auch dazu bekennen und das, was er verheißen hat, wird belohnt werden. Das wird im ganzen Jahr immer wieder betont, besonders in Vers 10: „Herrlichkeit, Ehre und Friede jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen.“ Diese Wiederholung weist darauf hin, dass Gott das Leben belohnt, wenn wir so leben, wie Jesus Christus es uns vorgelebt hat und wie es in der Bibel offenbart ist.
Dagegen sind diejenigen, die das nicht tun, die statt der Ehre Gottes ihre Selbstsucht in den Mittelpunkt stellen – wie wir in Vers 8 lesen –, nicht von der Wahrheit bestimmt, sondern vom Ungehorsam, die der Ungerechtigkeit nachstreben statt der Gerechtigkeit. Diese Worte hatten wir bereits im ersten Kapitel und haben uns damit auseinandergesetzt. Solche Menschen werden den Zorn und den Grimm Gottes spüren und von Gott verurteilt werden.
Das wird auch in Vers 9 deutlich, wo es heißt, dass Angst über die Seele jedes Menschen kommt, der das Böse vollbringt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Hier werden Juden und Griechen als Typen dargestellt, die wir kennen: Die Juden sind diejenigen, die das Alte Testament sehr gut kannten und genau wussten, was Gott will. Übertragen könnte man sagen, es sind Menschen, die in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen sind, traditionell zur Kirche gehören, die Kirche besuchen und schon lange dabei sind. Paulus sagt hier, dass für sie das Gleiche gilt wie für diejenigen, die mit der Kirche nichts zu tun haben und nichts von der Bibel wissen – die Heiden, die keine Offenbarung des Alten Testaments hatten. Beide werden gerichtet.
Sie werden gerichtet, weil Gott in ihr Innerstes hineinspricht und sie wissen, was gut und was böse ist, auch wenn sie es nicht in der Bibel gelesen haben. Daraus müssen wir eine Warnung ziehen: Auch wenn wir in einer christlichen Familie und Gemeinde aufgewachsen sind, sind wir deshalb nicht automatisch auf dem richtigen Weg, auch wenn wir uns besser fühlen – so, wie die Juden sich besser fühlten als die Heiden. Sie waren überheblich und dachten, sie seien etwas Besseres. Hier wird gesagt: Vor Gott gibt es kein Ansehen der Person. Es gilt derselbe Maßstab, und beide werden verurteilt, wenn sie versuchen, aus sich selbst heraus gut zu sein.
In Vers 10 wird betont: „Herrlichkeit, Ehre und Friede jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden als auch dem Griechen.“ Dabei müssen wir uns vor der Gefahr hüten, zu verwechseln, was wirklich gut ist – ist es das, was die Juden für gut hielten, oder das, was Jesus ihnen gepredigt hat?
In Vers 11 sehen wir eine weitere Gefahr. Es gibt kein Ansehen der Person bei Gott. Unter Menschen gibt es das zwar, aber bei Gott zählt das nicht. Manche Menschen klopfen uns auf die Schulter und sagen: „Du bist doch eigentlich ein ganz guter Kerl. Was du machst, ist vorbildlich. Wenn alle so leben würden, wäre die Welt in Ordnung.“ Auch davor müssen wir uns hüten.
Eine Gefahr für gute Menschen besteht darin, sich von anderen verführen zu lassen, sich für besser zu halten, als man tatsächlich ist, und vor Gott doch nicht bestehen zu können.
Ich lese Vers 12 und 13: „Denn so viele, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen, und so viele, die unter Gesetz gesündigt haben, werden durch das Gesetz gerichtet.“ Für diejenigen, die das Gesetz kennen, gelten also verschärfte Bedingungen, denn sie tragen mehr Verantwortung.
Wir können sagen: Wer mehr von Gott anvertraut bekommen hat – wie im Gleichnis von den Talenten bei Jesus –, hat auch mehr Verantwortung vor Gott. Wer die Bibel kennt, hat mehr Verantwortung als eine Prostituierte, die nie darin gelesen hat, oder ein Obdachloser, der von der Bibel keine Ahnung hat.
Vers 13 sagt: „Es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden.“ Die neunte Gefahr besteht also nicht nur darin, zu wissen, was richtig ist – das hatte ich schon angedeutet –, sondern darin, das Richtige auch zu tun. Es geht nicht nur darum, anderen vorzuschreiben, was sie tun sollen, sondern selbst zu handeln.
Hier geht es darum, nicht nur zu wissen, was gut ist, sondern es auch umzusetzen.
Vers 14: „Denn die Nationen, die kein Gesetz haben, handeln von Natur dem Gesetz entsprechend; so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst ein Gesetz.“ Die neunte Gefahr habe ich bereits angedeutet: Wir müssen Gleiches mit Gleichem vergleichen und dürfen nicht sagen, wir seien besser als unser nicht gläubiger Nachbar, der nie in der Bibel gelesen hat und einen ganz anderen Hintergrund hat.
Paulus sagt hier, dass Gleiche mit Gleichem verglichen wird – nicht vergolten, sondern verglichen. Wer das Gesetz kennt und darin aufgewachsen ist, wird an dem Maßstab gemessen, der für jemanden gilt, der das Gesetz kennt.
In Vers 15 werden die Heiden erwähnt: „Sie beweisen, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mit Zeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen.“ Hier wird gesagt, dass sich niemand vor Gott entschuldigen kann, denn jeder hat in seinem Gewissen die Stimme Gottes, die ihm den rechten Weg weist, wenn er darauf hört.
Diese Menschen werden danach gerichtet werden.
Das Herz, von dem in Vers 15 die Rede ist, ist in der Bibel immer die innere Instanz des Menschen – der Ort, an dem Verstand, Wille und Antrieb des Handelns zusammenkommen. Dort ist Christus gegenwärtig.
Wir müssen darauf achten, nicht nur das, was an der Oberfläche sichtbar ist, zu betrachten, sondern auch das, was im Verborgenen liegt – das, was kein Mensch sieht, ist vor Gott offenbar.
Wenn wir andere Menschen beurteilen oder uns selbst vor Gott gerecht sprechen, müssen wir bedenken: Was haben wir im Verborgenen getan?
Vers 17
Wenn du dich einen Juden nennst, dich auf das Gesetz stützt und dich auf Gottes Ruhm und den Willen Gottes berufst, dann kennst und prüfst du, worauf es ankommt, weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist. Du traust dich, ein Leiter der Blinden zu sein, ein Licht für die, die in Finsternis sind, ein Erzieher der Törichten, ein Lehrer der Unmündigen, der die Verkörperung der Erkenntnis und der Wahrheit im Gesetz hat.
Doch du lehrst einen anderen und belehrst ihn, ohne dich selbst zu lehren. Du predigst, man solle nicht stehlen, und stiehlst selbst. Du sagst, man solle nicht Ehebruch begehen, und begehst selbst Ehebruch. Du, der du dich des Gesetzes rühmst, verunehrst Gott durch die Übertretungen des Gesetzes. Denn der Name Gottes wird euretwegen unter den Nationen gelästert, wie geschrieben steht.
Hier lesen wir, was passiert, wenn wir zwar meinen, viel zu wissen, uns sogar aufschwingen, anderen zu zeigen, wo es langgeht, und versuchen, ihnen das vorzustellen, aber selbst nicht danach handeln. Wie gesagt, Paulus spricht hier zu Christen – zu Christen, die aus dem Judentum und zu Christen, die aus dem Heidentum gekommen sind.
Zunächst versucht er, das Vorbildliche zu nennen: In Vers 18 heißt es, dass du prüfst, worauf es ankommt. Hier sind also Christen, die nicht nur ihre eigenen Maßstäbe erforschen, wie wir das in den vorigen Versen gesehen haben. Sie setzen sich nicht einfach selbst, was sie für gut oder schlecht halten und danach leben. Stattdessen versuchen sie zu prüfen, worauf es wirklich ankommt. Sie wollen nicht die Zielverfehlung begehen, die wir vorher hatten, sondern sehen, was Gott wirklich will. Dann lehren sie anderen, was Gott wirklich will – doch sie tun es selbst nicht.
Hier werden verschiedene Beispiele genannt, die jedem sofort auffallen. Da sagt man: Das ist doch unmöglich. Du bist der Leiter der Blinden. Wir erinnern uns daran, wie Jesus den Pharisäern vorwirft, sie seien selbst blind und wollten Blinde führen. Darauf bezieht sich Paulus hier auch und sagt: Ihr wollt Leiter der Blinden sein, ihr wollt ein Licht für die in der Finsternis sein. Aber wo leuchtet ihr denn? Wo sieht man tatsächlich, wo es langgeht? Wie sieht euer Leben aus?
Das Erschreckende, was Paulus hier anspricht, ist, dass es sogar dazu kommen kann, dass wir als Christen ein Vorbild sind, den Menschen sagen, was sie tun und lassen sollten, aber selbst nicht so handeln. Deshalb verspotten andere Menschen um uns herum Gott und sagen: Nun, wenn das Christen sind, dann will ich mit dem Glauben nichts zu tun haben.
Das ist die Gefahr, die die Juden in dieser Zeit hatten. Deshalb ist Paulus auch zu den Heiden gegangen, und deshalb ist Jesus zu den Heiden gegangen. Die Juden haben es abgelehnt, sie wollten nichts damit zu tun haben. Die Juden sollten eigentlich in die Völker gehen, Gott groß machen und ein Vorbild für die Nationen sein – doch sie haben versagt.
Jetzt liegt es an uns als Christen, ein Vorbild zu sein. Ich hoffe, dass es nicht so ist, dass Menschen sich von Gott abwenden, über Gott lachen und Gott verspotten – nicht, weil sie nicht glauben wollen, sondern weil sie sehen und denken: Wenn das Christen sind, wenn so das Christsein aussieht, wenn sich darin die Kraft Gottes zeigt, dann will ich kein Christ sein.
Vor genau dieser Gefahr warnt Paulus hier: Es ist die Gefahr für Menschen, die meinen, gut zu sein aus sich selbst heraus, die von außen beurteilt werden – von Gott, weil sie nicht den richtigen Weg gehen.
Ich überspringe einige Verse und möchte dann aus dem kommenden Kapitel, Kapitel 4, Vers 5 lesen.
Kapitel 3, Vers 5: Wenn aber unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit erweist, was wollen wir sagen? Ist Gott etwa ungerecht, wenn er Zorn auferlegt? Ich rede nach Menschenweise – das sei ferne! Wie könnte sonst Gott die Welt richten?
Hier ist der Punkt, an dem sich das Ganze ändert. Paulus hat zunächst gezeigt, was mit den Menschen passiert, die aus eigener Kraft gut sein wollen. Was passiert mit denen, die auf ihr eigenes Gutsein und ihre eigenen Maßstäbe setzen? Wir haben verschiedene Gefahren gesehen, die damit verbunden sind.
Schließlich kommt Paulus zu dem Schluss: Das funktioniert nicht. Wir werden vor Gott verurteilt werden, weil wir nicht dem Maßstab Gottes entsprechen können – so sehr wir uns auch bemühen.
An dieser Stelle könnte man sagen: „Na gut, wenn das nicht klappt, dann leben wir eben einfach in den Tag hinein. Dann kümmern wir uns nicht mehr um die Gebote Gottes, sondern leben, wie es uns gefällt.“ Paulus schreibt aber: Wenn unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit erweist – das heißt, umso mehr wir sündigen, umso besser kann sich die Gnade Gottes zeigen und umso mehr können wir die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben und Vergebung ohne Werke erfahren.
Doch Paulus sagt: Nein, so ist das nicht. Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, und sollen trotzdem nicht sündigen. Das Leben in der Gerechtigkeit ist jedoch nicht der Weg, um vor Gott anerkannt zu werden.
Darauf will Paulus im Römerbrief immer wieder hinweisen. Er sagt: Es ist gut, gute Taten zu tun. Es ist gut, nach dem Willen Gottes im Alten und Neuen Testament zu fragen und sich zu bemühen, diesen zu tun. Aber so sehr wir uns auch bemühen, es wird niemals der Weg sein, dass wir dadurch vor Gott gerechtfertigt werden. Wir werden nie dem Maßstab Gottes entsprechen können.
Zum Schluss wollen wir noch einen kurzen Blick auf die andere Seite werfen, und zwar auf die Verse 21 bis 27 aus dem dritten Kapitel. Ich möchte dazu nur wenige Gedanken weitergeben.
Vers 21: Jetzt aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Gottes Gerechtigkeit aber wird durch den Glauben an Jesus Christus für alle offenbar, die glauben, denn es gibt keinen Unterschied.
Sie haben alle gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes. Doch sie werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.
Denn ihn hat Gott hingestellt als einen Sühneort durch den Glauben an sein Blut, zum Erweis seiner Gerechtigkeit. Dies geschieht wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes. Es dient zum Erweis seiner Gerechtigkeit, die in der jetzigen Zeit sichtbar wird, damit er gerecht sei und den Rechtfertiger, der durch den Glauben an Jesus ist.
Wo bleibt nun der Ruhm? Er ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens.
Und da kommt Paulus zu seinem Schluss. Hier zeigt er nämlich die andere Seite der Menschen, die nach dem Gesetz leben wollen und sich selbst unter das Urteil des Gesetzes stellen. Dann sagt Gott: Gut, wenn du das willst, dann wirst du nach dem Gesetz beurteilt.
Paulus sagt hier aber auch: Jeder, der nach dem Gesetz verurteilt wird, wird verurteilt, auch wenn er noch so viel Gutes getan hat. Wenn sie mit dem Auto hierher gefahren sind, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen und geblitzt wurden, und dann sagen: „Nein, ich bezahle nicht, das Gebot interessiert mich gar nicht“, dann werden sie irgendwann vor Gericht vorgeladen.
Und dann sagen Sie dem Richter: „Ich bin doch ein guter Mensch. Ich war gerade unterwegs, um für meine kranke Nachbarin einzukaufen. Jeden Tag besuche ich meine Enkelkinder und erzähle ihnen Geschichten aus der Bibel. Ich spende außerdem jedes Jahr so und so viel Geld.“ Was wird der Richter sagen?
Er wird sagen: „Es ist schön, dass Sie ein so guter Mensch sind, aber da sind Sie zu schnell gefahren, und dafür müssen Sie bezahlen.“
Genauso ist es auch bei Gott. Wenn ihr nach dem Gesetz verurteilt werden wollt, sagt Gott: „Das ist gut, und das ist gut, und das ist gut.“ Aber was ist mit den Fehlern, mit dem, was wir falsch gemacht haben? Dafür werden wir verurteilt.
Wir haben zwar Gutes getan, aber wir werden bestraft für das, was wir Falsches getan haben. Paulus sagt hier: Jeder wird verurteilt. Es gibt keinen Menschen, der nie in seinem Leben etwas Falsches getan hat.
Das heißt, wenn wir auf das Pferd des Gesetzes setzen und sagen: „Wir schaffen es schon, gut zu sein, Gott muss uns schließlich anerkennen, wir erarbeiten uns den Himmel“, dann müssen wir hier darauf hören: Es kommt nicht darauf an, wie viel Gutes wir tun, sondern darauf, wo die Zielverfehlung liegt, wo wir Gott nicht gehorsam waren.
Paulus sagt, jeder Mensch ist dann vor Gott verurteilt. Kein Mensch kann aus eigener Kraft zu Gott kommen.
Aber es gibt das Gesetz des Glaubens, von dem wir in Vers 27 gelesen haben. Dort sehen wir, dass wir zu Gott kommen können. Wir können an der Gerechtigkeit Gottes teilnehmen, wie Vers 22 sagt. Wir können die Herrlichkeit Gottes erlangen – ein riesiger Preis.
Wir hatten schon davon gesprochen, was diese Herrlichkeit Gottes meint. Es geht nicht nur darum, dass es uns gut geht und wir die Fülle haben, alles, was wir brauchen, wenn wir bei Gott sein werden. Wir werden umsonst gerechtfertigt. Das ist ein Geschenk, genau das, was Gnade ausmacht.
Wir werden losgelöst – Erlösung ist ein Wort, an das wir uns vielfach gewöhnt haben. Aber wir müssen genau hinhören: Erlösung heißt „losgelöst“. Losgelöst von den Zwängen, an denen wir uns selbst festgemacht haben, losgelöst von der Sünde, mit der wir uns umgeben haben.
Dann sehen wir, dass wir durch die Nachsicht Gottes, die Langmut Gottes, die Errettung erfahren können – nach dem Gesetz des Glaubens.
Das Gesetz der Werke und das Gesetz des Glaubens stehen hier gegenüber.
Wir haben die Gefahren kennengelernt, die für Menschen bestehen, die gut sein wollen. Ich zähle sie noch einmal auf: Die Gefahr, andere zu verurteilen; die Gefahr, Gott falsch einzuschätzen, indem wir nur eine relative Gerechtigkeit und nicht Gottes Gerechtigkeit vor Augen haben; die Gefahr der Illusion, Gott zu verachten und zu verspotten, weil wir meinen, es selbst zu schaffen.
Weitere Gefahren sind: nicht korrekturfähig, sondern störrisch zu sein; die Selbstüberschätzung, dass Gott schon auf unseren Willen eingehen wird; die Zielverfehlung, dass wir uns nicht nach der Herrlichkeit Gottes ausrichten, sondern selbst etwas aufbauen, das wir für gut und richtig halten.
Dann besteht die Gefahr, nicht danach zu fragen, was aus Gottes Blickwinkel gut ist, sondern sich von der Meinung anderer Menschen abhängig zu machen, die uns für gut einschätzen.
Die letzten beiden Gefahren sind: sich nicht mit schlechten Menschen um uns herum zu vergleichen, sondern zu erkennen, dass für uns ein anderer Maßstab gilt als für diejenigen, die Gottes Wort nicht kennen; und die Gefahr, das Gewissen zu beschwichtigen, wenn es uns darauf aufmerksam macht, dass wir falsch gehandelt haben.
Lasst uns nicht darauf sehen, selbst vor Gott gerecht zu werden, sondern uns nach dem Gesetz des Glaubens ausrichten. Wir sollen die Langmut Gottes nicht ausnutzen, sondern darauf eingehen und die Gnade Gottes annehmen.
Wir beten zusammen.