Nun stell dir einen jungen Mann vor, der in einem guten und wohlhabenden Elternhaus aufwächst. Sein Vater ist ein erfolgreicher Unternehmer, ein guter Chef und auch ein liebevoller Vater. Er liebt seinen Sohn und tut alles dafür, dass dieser eine gute Erziehung erfährt und die bestmögliche Ausbildung bekommt, die man bekommen kann.
Obwohl der Sohn diese beste Erziehung erhält, obwohl er weiß, dass sein Vater ihn liebt, und obwohl er eine großartige Ausbildung bekommt, ist er doch ein undankbarer, hartherziger und verbitterter Mann geworden – gerade gegenüber seinem Vater. Er geht zu seinem Vater und sagt ihm kalt und herzlos: „Hey, ich hoffe, du stirbst bald, damit ich schon jetzt mein Erbe bekommen kann.“
Spätestens jetzt merken die meisten, auf welches Gleichnis angespielt wird – natürlich das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Diese Forderung des Sohnes, das Erbe schon jetzt zu bekommen, entspricht eigentlich dem Wunsch: „Vater, ich wünschte, du wärst jetzt schon tot.“
Nun stell dir vor, der Vater, obwohl er von dieser Forderung zutiefst in seinem Herzen getroffen sein muss, gibt dem Sohn, was er möchte. Der junge Mann verlässt das elterliche Zuhause und zieht möglichst weit weg in die nächste Großstadt. Innerhalb kürzester Zeit verheizt er sein ganzes Erbe.
Er kauft die teuersten Luxusgüter, prahlt mit seinem Geld und umgibt sich mit Menschen, die eigentlich nur sein Geld wollen und ihn ausnutzen. Doch alles ist schnell verbraucht, und er steht allein und mittellos da.
Er findet sich auf der Straße wieder, muss sich als Bettler durchs Leben schlagen. Er hofft, in den Mülltonnen am Straßenrand Essensreste zu finden, lebt von dem, was in Restaurants weggeworfen wird, und übernachtet in Bahnunterführungen oder zwischen Mülltonnen. Sein gepflegtes Äußeres verwandelt sich in ein Bild des Elends: schmutzig, abgemagert, stinkend – so bleibt er auf der Straße zurück.
Irgendwann erreicht er den tiefsten Punkt seines Lebens. Er hat all seinen Lebenswillen verloren und erinnert sich daran, wie es ihm im Vaterhaus ging. Er macht sich zu Fuß auf den langen Weg zurück zum Vater.
Obwohl er mit zerrissener Kleidung, dreckig und stinkend in die Nähe des Vaterhauses kommt, sieht er von fern, wie der Vater in seinem besten, maßgeschneiderten und teuersten Anzug die matschigen, dreckigen Feldwege entlangrennt, um seinen Sohn mit Freudentränen wieder in die Arme zu schließen.
Der Vater nimmt ihn wieder auf – nicht als Diener oder einfach nur als Angestellten in seiner Firma, sondern als Sohn. Wir alle kennen dieses Gleichnis vom verlorenen Sohn und verstehen, wie gnädig und barmherzig der Vater ist.
Wir sehen, wie gnädig er ist, den Sohn wieder als Sohn und damit auch wieder als Erben aufzunehmen – obwohl dieser den Vater eigentlich tot sehen wollte. Dieses Gleichnis zeigt die Gnade Gottes, des Vaters.
Aber die Frage ist: Hört die Gnade des Vaters mit der Aufnahme des Sohnes in seinem Haus auf? Oder zeigt sich die Gnade des Vaters auch im weiteren Leben des Sohnes im Vaterhaus? Anders ausgedrückt: Wie wichtig ist die Gnade Gottes für uns, die wir bereits gerettet sind?
Ist Gnade eigentlich nur für den wichtig, der noch in seiner Sünde lebt und noch immer in Feindschaft gegen Gott ist? Ist Gnade nur für solche Menschen relevant? Oder ist Gnade nur wichtig für die Errettung, für die Vergebung der Sünden? Und leben wir danach einfach wieder drauf los, ohne Gnade?
Inwieweit wirkt Gottes Gnade darüber hinaus in seinen Kindern, in denen, die schon wieder im Vaterhaus leben? Das sehen wir heute im Titusbrief. Wir erkennen, wie entscheidend und vielfältig die Gnade Gottes auch weiterhin in seinen Kindern wirkt, nachdem er sie errettet, ihnen neues Leben gegeben und sie in sein Haus aufgenommen hat.
In den letzten Versen des zweiten Kapitels vom Titusbrief sehen wir die vierfache Gnade Gottes – wie sie in und an seinen Kindern weiter wirkt und arbeitet.
Die Verse 11 bis 15
Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen. Sie unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend besonnen, gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf.
Indem wir die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus erwarten, der sich selbst für uns gegeben hat. Damit hat er uns von aller Gesetzlosigkeit losgekauft und sich selbst ein Eigentumsvolk gereinigt, das eifrig sei in guten Werken.
Dies, dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck. Lass niemand dich verachten.
Dieses ganze zweite Kapitel vom Titusbrief bildet eine Einheit. Es ist ein Gedankengang, ein zusammenhängender Abschnitt. Zum einen erkennen wir das daran, dass dieser Abschnitt mit einem „Denn“ beginnt, also mit dem Anfang einer Begründung dessen, was vorher geschrieben wurde. Er knüpft unmittelbar an den vorherigen Abschnitt an, der davon spricht, wie sich alte Männer und Frauen sowie junge Männer und Frauen verhalten sollen.
Diese Personen haben bereits neues Leben erhalten. Die Frage ist: Wie sollen sie dieses Leben ausleben? Der Abschnitt schreibt auch Titus vor, wie er jungen Männern vor allem, aber auch der ganzen Gemeinde ein nachahmenswertes Vorbild sein soll und ihnen dies vorleben soll.
Wir lesen auch unmittelbar in den Versen davor, wie sich ein wiedergeborener, erretteter Sklave gegenüber seinem Herrn verhalten soll. Der gerade gelesene Abschnitt bildet die Grundlage und Begründung, wie ein solches Leben überhaupt möglich ist. Wie können wir ein so besonnenes, heiliges, gottwohlgefälliges und gottesfürchtiges Leben führen?
Dieser Abschnitt gibt uns den Grund, wie ein solches Leben möglich ist. Gleichzeitig ist er der krönende Abschluss dieses Kapitels, das in Vers 1 mit der Aufforderung „Du aber rede, was der gesunden Lehre entspricht“ beginnt und mit den Worten „Dies, rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck“ endet.
Diese scheinbar unerreichbaren Anforderungen an Männer, Frauen und Diener beziehungsweise Sklaven finden ihre Grundlage in der vierfachen Gnade Gottes, die in der Person Jesu Christi sichtbar wurde und die in und durch Jesus in unserem Leben weiter wirksam ist.
Das Thema für heute lautet: Gottes Gnade rettet, erzieht, bringt Hoffnung und befreit. Gottes Gnade – sie rettet, sie erzieht, sie bringt Hoffnung und sie befreit. Genau diese vier Aspekte möchten wir betrachten: die rettende Gnade Gottes, die erziehende Gnade Gottes, die hoffnungsbringende Gnade Gottes und die befreiende Gnade Gottes.
Im Denken vieler Christen ist fest verankert, dass der Gott des Alten Testaments ein besonders zorniger und richtender Gott sei. Ein Gott, dem man am besten nicht zu nahekommt und von dem man Abstand hält. Erst im Neuen Testament, so glaubt man, gibt es mit dem Kommen Jesu eine Wendung: Gott wird plötzlich als gnädiger, liebender und barmherziger Gott dargestellt.
Doch schon im Alten Testament lesen wir anderes. Jesaja bezeugt: „Siehe, Gott ist mein Heil, meine Rettung, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn meine Stärke und mein Lied ist Jahwe, der Herr, und er wurde mir zum Heil.“ Gott selbst spricht von sich als dem einzigen Retter. Durch die ganze Bibel hindurch präsentiert er sich mit seiner rettenden Gnade und zeigt sich als der einzige Retter. So heißt es in Jesaja 45: „Außer mir gibt es keinen gerechten und rettenden Gott. Wendet euch zu mir, lasst euch erretten, ihr Menschen aus den fernsten Ländern, denn ich bin Gott und sonst niemand.“
Ja, Gott ist ein gerechter und zorniger Gott, aber dennoch langsam zum Zorn und von großer Güte – und das schon im Alten Testament. Während im Alten Testament jedoch nur ein Schatten, nur ein Bruchteil der Gnade Gottes zu sehen ist, sehen wir, wie Paulus hier in Titus schreibt, dass die rettende Gnade Gottes erschienen ist. Sie wurde sichtbar durch das Leben und Sterben Jesu.
Jesus ist die personifizierte Gnade Gottes, die erschienen und sichtbar geworden ist. Diese Gnade ist jedoch nicht nur sichtbar, sondern, wie Paulus schreibt, heilbringend und rettend für alle Menschen.
Wie ist das zu verstehen? Damit ist nicht die falsche Lehre der Allversöhnung gemeint, also nicht, dass alle Menschen irgendwann errettet werden, egal wie sie leben. Diese Gnade ist heilbringend für alle Menschen.
Zum einen kann dies bedeuten, dass Gott in seiner Gnade sein kommendes Gericht weiter aufschiebt. So ist er allen Menschen gnädig, weil er sie trotz ihrer Sünde nicht sofort richtet und nicht unmittelbar zu einer Ewigkeit in der Hölle verurteilt. Stattdessen gewährt er eine lange Zeit der Gnade, in der jeder Mensch zum ewigen Leben in Jesus Christus gelangen kann.
Zum anderen kann sich diese für alle Menschen heilbringende Gnade auf die Möglichkeit zur Rettung beziehen. Es geht um das Wesen und den Charakter Gottes, der sich immer wieder als der alleinige Retter vorstellt. Er will retten und liebt es, gnädig zu sein. Sowohl im Alten Testament, wie wir es gerade bei Jesaja gelesen haben, als auch im Neuen Testament ruft er immer wieder Menschen aller Nationen zur Umkehr und zum Vertrauen auf ihn auf.
Am ehesten ist damit meines Erachtens jede Art von Mensch gemeint, die Gottes Rettung erfährt. Warum? In den vorausgehenden Versen spricht Paulus von den unterschiedlichsten Menschen und wie sie ihr neues Leben, das sie aus Gnade empfangen haben, ausleben sollen. Egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, Sklave oder Herr – alle diese Menschen erfahren Gottes rettende Gnade, unabhängig von Geschlecht oder sozialem Status, unabhängig davon, wie groß ihre Sünden sind oder wie tief sie in Sünde versunken sind.
Wenn deine Sünden noch so grauenvoll, widerwärtig oder abstoßend sind, Gottes Gnade, die in Jesus Christus sichtbar wurde, ist für jeden Menschen heilbringend. Sie ist für jeden Menschen eine rettende Gnade. Es gibt keine Sünde, die zu groß ist, und keinen Sünder, der unwürdiger ist als andere, Gottes Gnade zu empfangen. Keiner ist würdig, keiner hat Gottes Gnade verdient – deswegen ist es ja Gnade.
Gott will dich retten. Er liebt es, gnädig zu sein. Das ist sein Wesen, sein Charakter. Jesus sagt an einer Stelle: „Kommt her zu mir, ihr alle, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet, ich werde euch Ruhe geben. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig im Herzen.“
Jesus ist also nicht nur manchmal sanftmütig. Er ist nicht nur dann demütig und sanftmütig, wenn ihm danach ist oder je nachdem, wer vor ihm steht. Nein, er ist im Grunde seines Herzens immer demütig und sanftmütig.
Jesus breitet seine Arme aus, um jeden zu empfangen, der von seinem schlechten Gewissen geplagt und beladen ist, der von seinem Gewissen angeklagt wird. Denn dieser Mensch weiß, dass in ihm nichts Gutes wohnt. Er weiß, dass es einen gerechten und guten Gott und Schöpfer gibt, der jeden Menschen nach seinem Tun vergelten und verurteilen wird.
Gott will jeden Menschen retten. Doch von was will er ihn retten? Er will ihn retten von der Sünde, von den Folgen der Sünde und vom Gericht über die Sünde.
Du kommst als Sünder auf diese Welt, unfähig, auch nur eine einzige gute Tat zu vollbringen, unfähig, nicht zu sündigen. Die Bibel bezeichnet dich als einen Sklaven der Sünde, unfähig, auch nur eine Sache zu tun, die Gott gefallen könnte. Die Folge dieser Sünde ist ein Leben, das von Gott getrennt ist – Gott, der vollkommen heilig und ohne Sünde ist.
Geistlich bist du tot, getrennt von Gott, der die Quelle des Lebens ist. Das unausweichliche und sichere Ziel jedes Menschen, dessen Sünden nicht vergeben sind, ist Gottes gerechtes Gericht.
Am Ende wird Gott, lesen wir in Römer 2, jedem nach seinen Werken vergelten. Ein paar Verse vorher schreibt Paulus: „Denkst du etwa, o Mensch, dass du dem Gericht Gottes entfliehen wirst?“
Als Menschen laufen wir jeden Schritt unseres Lebens am Rand der Ewigkeit. Jeder Mensch, dessen Sünden nicht vergeben sind, steht auf einem morschen Brett über dem Abgrund der Hölle. Doch Gott will dich in seiner Gnade retten.
In Römer 2,4 heißt es: „Begreifst du denn nicht, dass er dich mit seiner Güte zur Umkehr bringen will?“ Gott ist dir all die Jahre deines Lebens gnädig gewesen, und er ist es weiterhin, damit du zu ihm kommst, damit du umkehrst und ihn um die Vergebung deiner Sünden bittest.
Er wird dich retten, unabhängig davon, wer du bist, woher du kommst, wie du aussiehst, welchen sozialen Stand du hast, welches Geschlecht oder welchen familiären Hintergrund du hast und in welchen Sünden du bisher gelebt hast.
Gottes Gnade wurde in Jesus sichtbar und ist heilbringend für jeden Menschen. Er will jeden Menschen retten von der Sünde, von den Folgen der Sünde und vom Gericht über die Sünde.
Gottes Gnade ist eine rettende Gnade.
Aber sie tut mehr als das. Manchmal denken wir, wir bräuchten Gottes Gnade nur, damit er uns unsere Sünden vergibt und uns von den Folgen und dem Gericht über die Sünde befreit. Und ja, wir glauben, dass wir seine Gnade auch täglich für die Sünden brauchen, die wir weiterhin begehen.
Doch darüber hinaus? Ich glaube, dass viele Christen den Prozess der Heiligung – also Jesus immer ähnlicher zu werden und einen wachsenden Gehorsam gegenüber ihm zu haben – oft eher mit Disziplin und Fleiß verbinden als mit Gnade. Damit begehen wir einen großen Fehler. Wir laufen Gefahr, die Heiligung als einen Prozess zu sehen, der unabhängig von Gott und getrennt von seiner Gnade zu bewältigen ist.
So machen wir Gnade zu einem Mittel, das zwar zur Sündenvergebung nötig ist, aber für das Wachstum in der Heiligung keine Bedeutung hat. Das Ergebnis ist eine Gesetzlichkeit aus Disziplin, die zu Stolz führt, anstatt echter Heiligkeit aus und durch Gnade, die zu Demut und Liebe gegenüber Gott und anderen Menschen führt.
Gottes Gnade, die in Jesus sichtbar geworden ist, ist viel mehr als nur eine rettende, sündenvergebende Gnade. Sie rettet nicht nur, sondern erzieht auch. Die Gnade Gottes ist eine erziehende Gnade – das sehen wir in Vers zwölf.
Wozu ist sie erschienen? Was ist der Zweck dieser Gnade? In Vers zwölf lesen wir, dass Gottes Gnade uns unterweist, uns erzieht oder züchtigt. Im Englischen wird hier das Wort „trainiert“ verwendet. Von dem griechischen Begriff, der hier steht, leitet sich auch unser Wort „Pädagogik“ ab.
Gottes Gnade lehrt und unterrichtet uns. Sie vermittelt uns zum einen Wissen, aber noch wichtiger: Sie formt unseren Charakter. Gottes Gnade bringt uns nicht nur wie im Gleichnis vom verlorenen Sohn zurück ins Vaterhaus. Nein, sie unterweist und erzieht uns auch in den Gepflogenheiten und im Verhalten als Bürger seines Reiches.
Wie ein Vater seine Kinder lehrt, in Gnade und Barmherzigkeit zurechtweist, so trainiert Gottes Gnade uns. Wie ein Trainer seine Mannschaft trainiert, auf Fehlverhalten einzelner Spieler aufmerksam macht, sie tadelt und auf Schwachstellen hinweist, um jeden Spieler zu einem brauchbaren Teil der Mannschaft zu machen, so erzieht uns Gottes Gnade.
Sie deckt falsches Verhalten, falsche Denkweisen und falsche Motivationen auf. Die Gnade Gottes unterweist uns, damit das neue Leben in Jesus immer mehr zum Vorschein kommt.
Gottes Gnade hat uns nicht nur von der Macht und Sklaverei der Sünde errettet. Nein, sie befähigt uns auch, der Sünde im Hier und Jetzt zu widerstehen. Sie befähigt uns, alte sündige Verhaltens- und Denkmuster zu durchbrechen.
Diese erziehende Wirkung der Gnade Gottes hat ein Ziel, das wir in dem kleinen Wort „damit“ in Vers zwölf sehen. Was bewirkt die erziehende Gnade Gottes? Was ist ihr Ziel?
Damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen, gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf. Dieses Verleugnen ist ein einfaches Abstreiten, ein Nein-Sagen.
Einmal ein Nein-Sagen zu jeglicher Gottlosigkeit, heißt es hier. Diese Gottlosigkeit meint jede Art von Mangel an Ehrfurcht und Hingabe an Gott.
Vielleicht klingt Gottlosigkeit für dich hart. Aber wir sind doch Kinder Gottes, oder? Wir sind durch Jesus eins mit dem Vater. Warum sollte da noch etwas in unserem Leben sein, das gottlos ist?
Doch zeigt dein mangelndes Gebet nicht gerade deine fehlende Hingabe an Gott? Zeigt dein leichtfertiger Umgang mit Sünden nicht deine mangelnde Ehrfurcht vor ihm? Deine rechtfertigenden Ausreden, dass das schon nicht so schlimm sei oder dass das die anderen ja auch machen?
Dass es schon okay ist, wenn du die Zeit, die du von deinem Arbeitgeber bezahlt bekommst, mit Kaffeetrinken oder Ähnlichem vergeudest, weil das doch alle anderen auch tun? Und ja, es ist auch okay, wenn du deinen Friseur schwarz bezahlst, weil das schon nicht so schlimm ist?
Gottes Gnade erzieht uns und bringt uns dazu, Nein zu dieser Gottlosigkeit zu sagen. Nein zur gottlosen Undankbarkeit, die in unserer Gesellschaft vorherrscht.
Wer erzieht uns, Nein zu sagen? Die in Jesus sichtbar gewordene Gnade Gottes. Es ist Gottes Gnade, wenn er seinen Finger auf deine Wunde legt und dir zeigt, wo du in deinem Leben lebst, als wärst du noch ein Gottloser.
Es ist seine Gnade, die dir zeigt, wo du weltliche Begierden hast. Das ist das nächste Wort, das Paulus hier gebraucht und zu dem wir Nein sagen sollen.
Was sind weltliche Begierden? Zum einen sind das Sünden, die wir zwar nicht tun, von denen wir uns aber wünschen oder vorstellen, sie tun zu können oder zu dürfen. Es kann der Wunsch nach Sex außerhalb der Ehe sein, den du in deinem Herzen pflegst. Es kann der Wunsch nach Rache sein, der Wunsch, es dem Nachbarn heimzuzahlen, der dir schon seit Jahren auf die Nerven geht.
Weltliche Begierde kann zum anderen aber auch ein Wunsch sein, der an sich gar nicht schlecht ist. Ein Wunsch, der aber immer zu einem stärkeren Verlangen wird, bis er irgendwann den Platz Gottes einnimmt. Kurz gesagt: ein Wunsch, der zu einem Götzen wird, für den wir bereit sind zu sündigen, um ihn zu erfüllen.
Es kann der Wunsch nach Bequemlichkeit sein, der dich davon abhält, etwas Gutes für Jesus zu tun, weil du jetzt sowieso schon so bequem auf der Couch sitzt. Oder es kann der Wunsch nach einem finanziellen Polster sein, der so stark wird, dass du gierig wirst, weniger freigiebig bist und, wenn du freigiebig bist, dann nur widerwillig.
Der Wunsch nach einem gepflegten Äußeren kann schnell zu Eitelkeit und Selbstverliebtheit führen. Dazu gehört, dass man sich auf sämtlichen sozialen Plattformen nur selbst darstellt. Eine Eitelkeit, die sich darin zeigt, dass ein Großteil der Fotos auf deinem Handy Selfies sind.
Auch der Wunsch nach dem Traumkörper, der sich in unserem heutigen Fitnesswahn zeigt, gehört dazu. Paulus sagt zwar, die körperliche Übung ist wenig nütze, aber nicht gar nichts.
Als Selbständiger alles für den Erfolg der eigenen Firma zu opfern, ist eine weltliche Begierde. Als Angestellter alles für die berufliche Karriere und den Aufstieg im Unternehmen zu opfern, ist ebenfalls eine weltliche Begierde.
Auf der anderen Seite ist der Wunsch, am liebsten gar nicht arbeiten zu müssen und sein Geld mit Kaffeetrinken und Quatschen zu verdienen, auch eine weltliche Begierde.
Jeder Wunsch, der zu einem Götzen wird und für den wir bereit sind zu sündigen, um ihn zu bekommen, jede Sünde, die du zwar nicht tust, nach der du aber verlangst, sie zu tun, ist eine weltliche Begierde, von der Gott uns durch seine Gnade befreien will.
Deshalb erzieht uns seine Gnade dazu, zu diesen Dingen Nein zu sagen. Gleichzeitig will Gottes Gnade uns zu einem besonnenen, gerechten und gottesfürchtigen Leben erziehen.
Diese Eigenschaften sind im Zusammenhang immer wieder angeklungen, besonders die Besonnenheit. Das Wort kommt hier zum fünften Mal vor.
Besonnenheit ist die Weisheit, die sich in Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle über die eigenen Leidenschaften und Begierden ausdrückt.
Ein besonnener Mensch lässt sich durch äußere Umstände oder den Einfluss anderer nicht in seinem Urteilsvermögen trüben, weil er klar im Kopf ist. Besonnenheit vermeidet Dinge, die unproduktiv oder unnütz sind.
Ein besonnener Mensch geht weise mit seiner Zeit um. Man kann sagen, Besonnenheit ist eine Eigenschaft, die Gott in Bezug auf uns selbst formen möchte.
Im Gegensatz dazu steht die zweite Eigenschaft: das Gerechtsein. Das meint ein verändertes Verhalten gegenüber anderen. Gerechtsein heißt, nach Gottes Maßstab richtig, fair, ehrlich und respektvoll gegenüber anderen zu leben.
Egal, ob dein Gegenüber gläubig oder nichtgläubig ist, ob es dein Chef oder Kollege ist, ob es ein wohlgekleideter Unternehmer oder ein obdachloser Mensch ist – du sollst fair und respektvoll mit allen umgehen.
Als Drittes will Gottes Gnade eine gottesfürchtigere Haltung in uns erziehen. Gottes Gnade verändert uns also auch in unserer Beziehung zu Gott.
Diese Gottesfurcht, von der hier die Rede ist, meint keine Angst, sondern Ehrfurcht und Respekt vor Gott. Angst lähmt uns, Furcht hingegen treibt uns zu Gott.
Das Volk Israel hatte Angst vor Gott am Berg Sinai. Sie schickten Mose vor und sagten: „Wir wollen mit dem Gott nichts zu tun haben.“
Mose aber hatte Gottesfurcht in sich. Diese Gottesfurcht trieb ihn zur Nähe zu Gott. Das ist der Unterschied: Gottesfurcht sucht die Nähe Gottes.
Zurück zu dem Vers, den ich vorhin nur zur Hälfte zitiert habe: 1. Timotheus 4,8. Dort heißt es:
„Denn die leibliche Übung ist zu wenig nütze, die Gottesfurcht aber ist für alles nützlich, da sie die Verheißung für dieses und für das zukünftige Leben hat.“
Damit blickt die Gottesfurcht über das Ende des Lebens hinaus in die Ewigkeit.
Nun, wie bringt uns die Gnade Gottes dazu, besonnene, gerechte und gottesfürchtigere Menschen zu werden? Auf welche Art und Weise geschieht das? Wie werden wir zu Menschen, die Nein sagen können zu all der Gottlosigkeit in unserem Leben, die all die weltlichen Begierden ablehnen, die wir gerade betrachtet haben? Und das in der heutigen Zeit. Wie erzieht uns die Gnade Gottes dazu?
Vers 13 sagt: Indem wir die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus erwarten. Damit kommen wir zum dritten Wirken der Gnade Gottes: Sie errettet, sie erzieht und sie gibt Hoffnung. Gottes Gnade ist eine hoffnungsgebende Gnade.
Der verlorene Sohn wird nicht nur von seinem Vater wieder aus Gnade im Vaterhaus aufgenommen. Er wird nicht nur aus seinem elenden Zustand errettet. Er wird auch geduldig und gnädig in seinen Gepflogenheiten und seinem Verhalten erzogen, damit er weiß, wie man sich als Teil von Gottes Haushalt, als Kind Gottes, benehmen soll. Nein, er wird auch wieder zum Sohn gemacht und damit erneut als Erbe eingesetzt.
Er wurde nicht nur errettet und hat dadurch neues Leben. Er wird nicht nur gnädig erzogen, damit dieses neue Leben zum Vorschein kommt. Aus Gnade blickt er auch einem Erbe entgegen. Auf dieselbe Weise blicken wir der Vollendung unserer Errettung entgegen.
1. Johannes 3,2 sagt: Ihr Lieben, schon jetzt sind wir Kinder Gottes. Was das in Zukunft bedeuten wird, können wir uns jetzt noch nicht einmal vorstellen. Aber wir wissen, dass wir von gleicher Art sein werden wie er, denn wir werden ihn so sehen, wie er wirklich ist.
Gottes Gnade hat uns nicht nur im Hier und Jetzt errettet. Sie hat uns jetzt schon neues Leben gegeben und eine Hoffnung auf die Vollendung dieser Errettung, die hier begonnen hat.
Wie wird die Vollendung dieser Errettung aussehen? Wie wird das sein? Philipper 3,21 sagt: Er wird unseren armseligen, vergänglichen Leib verwandeln, sodass er seinem verherrlichten Körper entsprechen wird.
Das Warten auf die Sichtbarwerdung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Jesus Christus hat nicht nur zur Folge, dass wir ihn sehen werden, wie er wirklich ist – im Gegensatz zu seiner Erniedrigung als Mensch auf dieser Erde. Nein, es hat auch zur Folge, dass wir unseren armseligen, sündigen, verschmutzten Leib loswerden.
Wir sind dazu vorherbestimmt, in Wesen und Gestalt seinem Sohn gleichzuwerden (Römer 8,29). Das zweite Kommen Jesu wird die Sünde komplett entfernen. Wir werden sein wie er, ihm ähnlich. Und das ist die Hoffnung, die uns die Gnade Gottes bringt.
Was bewirkt das Erwarten der Erfüllung dieser Hoffnung? Was bewirkt das in uns? Was bewirkt die aktive Haltung des Wartens und Hoffens? Was bewirkt die Erwartung, das Freuen auf die Ankunft Jesu? Was macht das mit uns?
Johannes schreibt weiter, ein Vers später, in 1. Johannes 3,3: Und jeder, der solch eine Hoffnung hat, wird sich von der Sünde reinigen, um rein zu sein wie er. Damit drückt Johannes denselben Gedanken aus wie Paulus im Titusbrief. Das wird durch das „Indem“ deutlich.
Wie werden wir zu besonnenen, gottesfürchtigen, gerechten Menschen? Indem wir erwarten. Eine echte Erwartungshaltung ruft Veränderung hervor. Diese erwartende Haltung ist ein aktives Warten, ein Vorbereiten auf die Erfüllung dieser wunderbaren Hoffnung. Dieses Erwarten hat direkten Einfluss auf Entscheidungen, Handlungen und Lebensweise im Hier und Jetzt.
Diese Erwartung, diese erwartende Haltung, ist entscheidend für die Heiligung. Es fällt wesentlich leichter, die weltlichen Begierden und die Gottlosigkeit, die wir gerade betrachtet haben, zu verneinen, wenn wir in der Erwartung auf Jesu Wiederkunft leben.
Denn was nützt es dir, im Alltag Zeit und Ressourcen in Dinge zu investieren, die beim Kommen Jesu komplett bedeutungslos oder im schlimmsten Fall vielleicht sogar beschämend sind?
Nimm dein Leben unter die Lupe und schau, bei welchen Dingen du nicht möchtest, dass Jesus dich erwischt, wenn er wiederkommt. Welche Lebensziele, Wünsche oder Sorgen sind angesichts seiner Wiederkunft bedeutungslos? Welche Streitigkeiten mit deinen Geschwistern oder anderen Menschen sind eigentlich nichtig, unnütz oder einfach nur dumm, wenn wir bedenken, dass Jesus wiederkommt?
Und wem würdest du noch das Evangelium weitergeben, dem du es jetzt vielleicht noch nicht gesagt hast, wenn du wüsstest, dass Jesus nächste Woche wiederkommt? Damit er oder sie diese befreiende Gnade Gottes ergreift, von der wir im nächsten Vers lesen.
Schon in Vers 14 steht: Der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.
Gottes Gnade ist eine rettende, eine erziehende, eine hoffnungsbringende und zuletzt auch eine befreiende Gnade.
Die befreiende Gnade Gottes bewirkt Befreiung in zweierlei Hinsicht: Zum einen befreit sie uns von der Sklaverei unter der Sünde, zum anderen von all dem Schmutz und Dreck unseres alten Lebens.
Das Bild, das Paulus hier zeichnet, ist nicht das eines Sohnes, der sein Vaterhaus verlässt, wie im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Es ist das Bild eines Sklaven – eines Sklaven, der keinerlei Rechte und Besitz hat, der voll in der Hand seines Herrn, nämlich der Sünde, ist.
Wie es in Römer 6,23 heißt (NeÜ): „Der Lohn, den die Sünde ihren Sklaven zahlt, ist der Tod.“ Das ist die Erwartung und Hoffnung dieses Sklaven.
Aber es kommt ein König, der den Preis für diesen Sklaven bezahlt. Der Preis ist das Leben des Königs selbst. Er ist bereit, diesen Preis zu zahlen – nicht weil der Sklave es wert ist, nicht weil er ein besonders guter Sklave ist. Nein, es ist, glaube ich, der dreckigste und stinkendste Sklave, den er gefunden hat.
Nicht weil der Sklave es wert ist, sondern weil dieser König in seinem Wesen ein Retter ist, weil er retten und gnädig sein will.
Damit geht der Sklave in den Besitz eines neuen Herrn über.
Das klingt zunächst, als wäre es vom Regen in die Traufe – von einem Herrn zum anderen, aber immer noch ein Sklave. Doch dieser neue Herr ist ganz anders.
Er nimmt die alte Sklavenkleidung ab, wäscht den stinkenden, dreckigen Sklaven, gibt ihm neue, saubere Kleidung – nicht irgendeine, sondern die Kleidung des Königs.
Und nicht nur das: Er adoptiert ihn als seinen Sohn. Damit ist er berechtigt für ein Erbe.
Das ist das Bild, das Paulus zeichnet, wenn er davon spricht, dass Jesus sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte.
Dieses Loskaufen meint speziell das Freikaufen eines Sklaven oder Gefangenen. Das ist das Bild, das Paulus meint.
Dasselbe Bild eines Sklaven gebraucht Paulus in Römer 6, wenn er schreibt: „Ihr, als frühere Sklaven der Sünde, gehorcht jetzt von Herzen der Lehre, von der ihr inzwischen geprägt worden seid. Von der Sünde befreit, seid ihr nun in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt.“
Ein paar Verse vorher schreibt Paulus: „Haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid, aber für Gott lebt in Christus Jesus, unserem Herrn.“
Mit anderen Worten: Die Sünde ist nicht mehr dein Herr. Du musst ihr nicht mehr gehorchen. Ihr seid davon frei.
Oder im Bild vom verlorenen Sohn: Er ist wieder im Haus des Vaters. Er muss sich nicht so verhalten, als wäre er noch bei den Schweinen.
Haltet euch selbst für tot gegenüber der Sünde. Ihr müsst ihr nicht mehr folgen. Ihr seid freigekauft.
Das ist die eine Seite der reinigenden, befreienden Gnade Gottes: Wir sind von der Sünde losgekauft.
Auf der anderen Seite sind wir damit sein Besitz, sein Eigentumsvolk, ein gereinigtes Volk, von allem Schmutz und Dreck unseres alten Lebens befreit, das ihm allein gehört.
Achte darauf, was hier steht: Es heißt nicht, er wird vielleicht irgendwann ein Eigentumsvolk reinigen oder ist gerade dabei, es zu tun. Nein, er hat es getan. Es ist ein abgeschlossener Prozess.
Wir sind als gerettete Menschen sein gereinigtes Volk, sein Eigentum.
Denkt ihr wirklich, der allmächtige Gott und Schöpfer dieses Universums wird sein Eigentum, für das er teuer mit seinem Leben bezahlt hat, wieder verlieren? Denkt ihr, er wird sein Eigentum jemand anderem überlassen? Denkt ihr, der gute Hirte verliert eines seiner Schafe?
Wir sind errettet durch seine Gnade, wir werden durch seine Gnade erzogen, wir haben eine lebendige Hoffnung in dieser hoffnungslosen Welt durch seine Gnade, und wir sind sein befreites und gereinigtes Eigentum durch seine Gnade.
Es heißt weiter: Ein Volk, das eifrig sei in guten Werken.
Eifrig ist ein interessantes Wort. Zum einen kommt es von der Wurzel „heiß sein“ oder „glühen“ – also ein glühender Eifer.
Jesus hat sich durch seinen Tod ein Volk gereinigt, das heiß darauf ist, Gutes zu tun, das darauf brennt.
Daher kommt dieses Wort „eifrig“ – das ist die Wurzel.
Zum anderen spricht dieses Wort aber von einem Eiferer oder Zeloten.
Einer der Jünger Jesu war Simon der Zelot.
Was war ein Zelot? Ein Zelot war ein militanter Eiferer, ein Verfechter für das Volk Israel.
Ein Zelot war voller Hass gegen die römische Besatzungsmacht und bereit, dafür zu töten oder selbst zu sterben, um gegen diese Besatzer zu kämpfen.
Das war der Eifer eines Zeloten.
Denselben Eifer will Jesus in seinem Volk sehen – jedoch nicht, um andere zu töten, sondern um Gutes zu tun.
Denselben Eifer eines Zeloten.
Das Kapitel endet mit den Worten: Dies rede, dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck. Lass niemand dich verachten.
Mit diesem Vers schließt Paulus den Gedankengang ab, den er in Vers 1 mit den Worten „Du aber rede“ begonnen hat.
Jesus soll all das reden, indem er zum einen ermahnt – was eigentlich positiv gemeint ist: jemanden ermutigen, trösten, gut zureden.
Zum anderen soll er überführen – die negative Seite – jemanden zurechtweisen, tadeln, mit falschem Verhalten oder Denken konfrontieren.
Titus wird erst in Vers 15 aufgefordert, diese rettende, erziehende, reinigende und hoffnungsbringende Gnade zu verkünden.
An wen soll er sie weitergeben? Wem soll er diese Gnade vermitteln?
In erster Linie an diejenigen, die nicht errettet sind – an solche, die diese Gnade noch nicht ergriffen haben, die nicht von ihrer Sünde befreit wurden und nicht Teil des Eigentumsvolkes Jesu sind.
Natürlich auch an die Gläubigen, aber das ist nicht der Fokus, den Paulus hier legt.
Er schreibt diesen Brief an Titus, der in Kreta Älteste in den Gemeinden einsetzen soll.
Er soll die Gemeinden vor frechen, unnützen Schwätzern warnen und ihnen das Maul stopfen – frei nach Luther.
Paulus schreibt Titus, wie er die alten und jungen Frauen und Männer der Gemeinden zu einem heiligen Leben ermutigen und ermahnen soll.
Wenn Paulus hier in Kapitel 2 mit den Worten „Du aber rede“ beginnt und mit „Dies sollst du reden“ endet, dann bildet das eine Klammer um das ganze Kapitel.
Es ist ein Gedankengang, ein Kapitel, das jedem in der Gemeinde Gottes ein gottesfürchtiges Leben zeigt – je nachdem, in welcher Situation er ist.
Im krönenden Abschluss bringt es die vierfache Gnade Gottes hervor: die rettende, erziehende, hoffnungsbringende und befreiende Gnade Gottes.
Das soll Titus den Männern und Frauen der Gemeinden auf Kreta lehren und sie dadurch durch diese Gnade ermutigen und überführen.
Das widerspricht dem Denken mancher Christen, dass Gnade etwas ist, das wir lediglich für begangene Sünden in Anspruch nehmen.
Dass von der Gnade Gottes vor allem jemand hören muss, dessen Sünden noch nicht vergeben sind.
Aber Titus soll diese Gnade Gottes vor allem den Gläubigen verkündigen.
Egal ob Mann oder Frau, jung oder alt, gerade erst bekehrt oder seit Jahrzehnten im Glauben – wir alle müssen immer wieder von dieser Gnade Gottes hören.
Das zeigt auch, dass diese vierfache Gnade Gottes etwas ist, das wir denjenigen Geschwistern geben sollten, die von uns seelsorgerlichen Rat suchen.
Das Leben, das Gott in Titus 2 von den alten und jungen Frauen und Männern will, basiert auf dieser vierfachen Gnade.
Dieses Leben ist nur durch diese Gnade Gottes möglich.
Was braucht ein Mensch, der voller Schuldgefühle ist, voller Scham wegen vergangener Sünden, der sich selbst als unwürdig sieht, überhaupt zu Gottes Eigentumsvolk zu zählen?
Was braucht dieser Mensch mehr als Gottes heilbringende, rettende Gnade, die allen Menschen unabhängig von Herkunft und Geschlecht Rettung bringt, auch wenn sie noch so sündenbeladen sind?
Was braucht der von Sünden geplagte Mensch, der immer wieder dieselben Sünden tut, immer wieder in dieselbe Sünde fällt, der schuldig und dreckig vor Gott kommt?
Was braucht er mehr als Gottes reinigende Gnade, seine Gnade, die uns befreit und reinigt?
Sie zieht, wer nötig züchtigt, zu einem heiligen, gottesfürchtigen Leben.
Was braucht ein verzweifelter Mensch, der von einer Hiobsbotschaft nach der anderen gejagt wird?
Wer geplagt ist von Krankheit, gequält von Verlust, getrieben von der Sinnlosigkeit des Daseins hier auf dieser Erde?
Was braucht dieser gequälte Mensch mehr als Gottes hoffnungsbringende Gnade?
Die Zuversicht und feste Erwartung, dass unser großer Gott und Retter Jesus Christus sichtbar in all seiner Pracht und Herrlichkeit erscheinen wird.
Was braucht der von Sünde versklavte Mensch, der sich machtlos fühlt gegen die Versuchung, immer wieder in dieselben Sünden fällt und derselben Sucht erliegt?
Was braucht dieser Mensch mehr als die befreiende Gnade Gottes?
In seiner Gnade hat er uns von der Sklaverei herausgekauft und zu seinem Volk gemacht.
Wir gehören ihm, wir sind sein Eigentum.
Denkst du, Gott würde jemals sein Eigentum im Stich lassen oder jemand anderem überlassen?
Es ist sein Eigentum.
Gottes Gnade, die in Jesus Christus sichtbar wurde, hat uns errettet, sie erzieht uns, sie bringt uns Hoffnung und sie befreit.
Amen.
Das Kapitel endet mit den Worten: „Dies rede, dies rede und ermahne und überführe mit allem Nachdruck, lass niemand dich verachten.“ Mit diesem Vers schließt Paulus den Gedankengang ab, den ein Vers zuvor mit den Worten „Du aber rede“ begonnen hat.
Jesus soll all das reden, indem er zum einen ermahnt – was eigentlich eher positiv gemeint ist. Das heißt, jemanden ermutigen, trösten und ihm gut zureden. Auf der anderen Seite soll er überführen, was die negative Seite meint. Das bedeutet, jemanden zurechtzuweisen, zu tadeln und mit falschem Verhalten oder falschem Denken zu konfrontieren.
Titus ist erst in Vers 15 aufgefordert, diese rettende, erziehende, reinigende und hoffnungsbringende Gnade zu verkünden. Nun stellt sich die Frage: An wen soll er das weitergeben? Wem soll er diese Gnade weitergeben? In erster Linie gilt sie für jemanden, der nicht errettet ist. Für solche, die diese Gnade noch nicht ergriffen haben, die nicht von ihrer Sünde befreit wurden und nicht Teil des Eigentumsvolkes Jesu sind.
Natürlich gilt sie auch für die Gläubigen, doch das ist nicht der Fokus, den Paulus hier legt. Er schreibt diesen Brief an Titus, der in Kreta zunächst Älteste in den Gemeinden einsetzen soll. Titus soll die Gemeinden vor frechen, unnützen Schwätzern warnen und ihnen, frei nach Luther, „das Maul stopfen“.
Paulus schreibt Titus, wie er die alten und jungen Frauen und Männer der Gemeinden zu einem heiligen Leben ermutigen und ermahnen soll. Wenn Paulus hier in Kapitel zwei mit den Worten „Du aber rede“ beginnt und mit „Dies sollst du reden“ endet, dann bildet das eine Klammer um das ganze Kapitel.
Dieses Kapitel ist ein Gedankengang, der jedem in der Gemeinde Gottes ein gottesfürchtiges Leben zeigt – je nachdem, in welcher Situation er sich befindet. Zum krönenden Abschluss bringt es die vierfache Gnade Gottes hervor: die rettende, erziehende, hoffnungsbringende und befreiende Gnade Gottes.
Diese Gnade soll Titus eben diesen Männern und Frauen der Gemeinden auf Kreta lehren. Dadurch soll er sie durch diese Gnade ermutigen und überführen. Das widerspricht dem Denken mancher Christen, dass Gnade etwas ist, das wir lediglich für begangene Sünden in Anspruch nehmen. Dass vor allem jemand von der Gnade Gottes hören muss, dessen Sünden noch nicht vergeben sind.
Titus soll diese Gnade Gottes vor allem zu den Gläubigen reden. Egal ob Mann oder Frau, egal ob jung oder alt, egal ob gerade erst bekehrt oder seit Jahrzehnten im Glauben – wir alle müssen immer wieder von dieser Gnade Gottes hören.
Das zeigt auch, dass diese vierfache Gnade Gottes etwas ist, was wir denjenigen Geschwistern geben sollten, die von uns einen seelsorgerlichen Rat wollen. Das Leben, das Gott in Titus 2 von den alten und jungen Frauen und Männern will, basiert auf dieser vierfachen Gnade.
Dieses Leben ist nur möglich durch diese Gnade Gottes.
Nun, was braucht ein Mensch, der voller Schuldgefühle ist und Scham wegen vergangener Sünden empfindet? Ein Mensch, der sich selbst als unwürdig sieht, überhaupt zu Gottes Eigentumsvolk zu zählen – was braucht dieser Mensch mehr als Gottes heilbringende, rettende Gnade? Diese Gnade bringt allen Menschen Rettung, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Geschlecht, auch wenn sie noch so sehr sündenbeladen sind.
Was braucht der von Sünden geplagte Mensch, der immer wieder dieselben Sünden tut und immer wieder in dieselbe Sünde fällt? Der schuldig und dreckig vor Gott kommt? Was braucht er mehr als Gottes reinigende Gnade, seine Gnade, die uns befreit und reinigt? Er zieht, wo nötig, züchtigend zu einem heiligen, gottesfürchtigen Leben.
Was braucht ein verzweifelter Mensch, der von einer Hiobsbotschaft nach der anderen gejagt wird? Wer geplagt ist von Krankheit, der gequält ist von Verlust, wer geplagt und getrieben ist von der Sinnlosigkeit des Daseins hier auf dieser Erde – was braucht dieser gequälte Mensch mehr als Gottes hoffnungsbringende Gnade? Die Zuversicht und die feste Erwartung, dass unser großer Gott und Retter Jesus Christus sichtbar in all seiner Pracht und Herrlichkeit erscheinen wird.
Was braucht der von Sünden versklavte Mensch, der sich immer wieder machtlos gegen den Kern der Versuchung fühlt? Der immer wieder in dieselben Sünden fällt und immer wieder derselben Sucht erliegt? Was braucht dieser Mensch mehr als die befreiende Gnade Gottes? In seiner Gnade hat er uns von der Sklaverei herausgekauft und zu seinem Volk gemacht. Wir gehören ihm, wir sind sein Eigentum.
Denkst du, Gott würde jemals sein Eigentum im Stich lassen oder es jemand anderem überlassen? Es ist sein Eigentum. Gottes Gnade, die in Jesus Christus sichtbar wurde, hat uns errettet. Sie erzieht uns, sie bringt uns Hoffnung und sie befreit. Amen.