Einführung in dienende Leiterschaft
Biblisch lassen sich fünf wichtige Eigenschaften für alle ableiten, die gut leiten wollen. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um dienende Leiterschaft. Anton hat uns gestern auf das Geheimnis erfolgreicher Leidenschaft hingewiesen. Es ist die Zeit im Verborgenen, die wir alleine mit dem Herrn Jesus verbringen, um ihn besser kennenzulernen.
Es ist der Heilige Geist in uns, der uns dazu motivieren will, immer mehr so zu werden, wie der Herr Jesus ist, und in puncto Leiterschaft immer mehr von ihm zu lernen.
Den Rest der Woche möchte ich nutzen, um vier konkrete Eigenschaften zu beleuchten, von denen ich denke, dass sie im Leben eines Leiters einen zentralen Stellenwert einnehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich Mutter von drei Kindern, CEO eines Unternehmens oder Ältester einer Gemeinde bin.
Diese Eigenschaften sind immer dann besonders wichtig, wenn ich Verantwortung für andere Menschen übernehme.
Jesu Perspektive auf Leitung
Aber hören wir den Herrn Jesus selbst. Matthäus 20, Verse 25-28:
Jesus aber rief sie, das sind die Jünger, zu sich und sprach: „Ihr wisst, dass die Regenten der Nationen über sie herrschen und die Großen Gewalt gegen sie ausüben. Unter euch soll das nicht so sein.
Sondern wenn jemand unter euch groß werden will, soll er euer Diener sein. Und wenn jemand unter euch der Erste sein will, soll er euer Sklave sein.
Denn so ist der Sohn des Menschen nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“
Vier zentrale Erkenntnisse über Leiterschaft
Aus diesem kurzen Text lernen wir vier Punkte.
Erstens: Es ist völlig normal, dass Leitung missbraucht wird. Es ist sogar die Regel, jedenfalls bei den Heiden. Wer das Sagen hat, benutzt seinen Einfluss und seine Macht, um zu herrschen und Gewalt auszuüben. Im Text heißt es: Ihr wisst, dass die Regenten der Nationen sie beherrschen und die Großen Gewalt gegen sie ausüben.
Zweitens: Groß werden wollen, Anführer sein wollen und Verantwortung tragen wollen – das sind gute Dinge. Die Bibel ist nicht für Anarchie. Es ist gut und gottgewollt, dass jemand Leitung wahrnimmt und dass es Menschen gibt, die das Sagen haben. Paulus kann davon sprechen, dass Männer nach dem ältesten Dienst trachten oder so einen Dienst erstreben. Das ist kein Vorwurf. Diese Welt braucht auf allen Ebenen gute Leitung.
Drittens: Wenn jemand unter euch groß werden will, wird er euer Diener sein. Und wenn jemand unter euch der Erste sein will, wird er euer Sklave oder Knecht sein. Es ist völlig okay, groß werden zu wollen. Das ist keine Sünde. Aber Herrschaft ist vor Gott immer mit Dienerschaft verbunden. Der Leiter wird zum Knecht. Leiterschaft ist Dienst an den Menschen, die ich leite, und das muss auch so sein.
Denn viertens: Der beste Leiter war der Herr Jesus. Er hat uns vorgemacht, was es bedeutet, auf dem Chefsessel zu sitzen. Noch einmal im Text: So wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele. Der Leiter gibt sein Leben für andere. Das ist der Inbegriff von Herrschaft in der Bibel: Für andere sterben, alles investieren, damit es denen, denen ich diene, gut geht und sie eine Chance auf Leben haben.
Die Haltung eines dienenden Leiters
Welche Eigenschaft hat ein guter Leiter? Er sieht sich als Diener, als Knecht, als Sklave. Für ihn dient seine Stellung nicht dazu, sich selbst aufzuwerten, sondern er will anderen dienen.
Ein guter Leiter will nicht deshalb Leiter sein, weil er es für sich selbst braucht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich kann kein Großer sein, wenn ich das Großsein noch brauche. Das geht nicht, weil ich mich klein machen muss, um in Gottes Augen ein brauchbarer Großer zu werden.
Es ist sehr wichtig, dass der Titel, den ich trage, oder der Einfluss, den ich habe, oder die Ehre, die ich von Menschen bekomme – all diese Dinge, die normalerweise mit Leiterschaft einhergehen – mir nicht wichtig sind.
Wenn der Herr Jesus, der ganz Gott war, ganz Mensch wurde und sich erniedrigte bis ans Kreuz, wenn der Schöpfer des Universums für seine Geschöpfe bereit war, aus Liebe als Verbrecher hingerichtet zu werden, was sagt uns das dann?
Es sagt uns, dass nur solche Leiterschaft, die sich an der aufopfernden Liebe Christi orientiert, wahre Leiterschaft sein kann.
Die Gefahr der Macht und die richtige Motivation
Ich möchte diesen Punkt noch einmal betonen: Macht ist verführerisch. Sie betört unser Herz und lässt uns glauben, dass wir eine Sonderbehandlung verdienen. Genau an diesem Punkt wird es problematisch.
Im Reich Gottes strecke ich mich nach Herrschaft aus, weil ich die Haltung eines Knechtes angenommen habe. Ich habe Freude daran, anderen zu dienen, doch ich brauche diesen Dienst nicht, um mich zu bestätigen. Ein guter Leiter führt nicht, weil er sich sonst unvollständig oder wertlos fühlt.
Ich leite nicht, um mein Ego zu stärken, um endlich den Ton anzugeben oder um meinen Eltern etwas zu beweisen. Ganz im Gegenteil: Ich habe eine intakte und mich rundum erfüllende Beziehung zu Gott. Diese steht im Zentrum meines Lebens und erfüllt meine Seele mehr als ausreichend.
Weil ich in Christus alles habe, spüre ich dennoch eine Sehnsucht nach Leitung. Manchmal muss ich auch ohne mein Zutun irgendwo leiten. Deshalb nehme ich die Haltung einer Magd oder eines Knechtes ein. Ich diene willentlich und bewusst, ohne Hintergedanken – so wie der Herr Jesus, der kam und zum Knecht wurde, um den Willen Gottes zu tun.
Leiterschaft als Dienst und Verwalterschaft
Vor Gott ist Leiterschaft immer dienende Leiterschaft. Es ist wichtig, dass wir diese Perspektive einnehmen, besonders wenn wir in der Gemeinde dienen.
Ein Sklave ist jemand, der eine Aufgabe zu erledigen hat. Er erwartet keinen Dank, auch wenn er sich über Lob freut. Ein Sklave hat keine Rechte oder gibt diese bewusst auf, um für andere da sein zu können.
Ein wichtiger Punkt ist zudem: Ein Sklave ist nur ein Verwalter. Ich diene, ich setze mich ein, und ich erledige meinen Dienst so gut ich kann. Doch es ist auch nur ein Dienst, nicht mein ganzes Leben.
Damit möchte ich nicht sagen, dass das, was ich tue, unwichtig wäre – ganz im Gegenteil. Aber mein Dienst ist immer zuerst ein Dienst für Gott. Ich diene nicht dem Erfolg, nicht meinen guten Gefühlen, nicht den Erwartungen von Menschen oder meiner Selbstverwirklichung. Ich diene Gott.
Befreiung durch die Haltung eines Sklaven
Ich darf immer wieder in die Metaebene gehen und lesen, was in Lukas 17,10 steht. Dort sagt der Herr Jesus: „So sprecht auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist: Wir sind unnütze Sklaven. Wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.“
Ist das nicht irgendwie befreiend? Als Leiter tun wir, was Gott von uns will, aber wir müssen uns nicht darüber definieren. Wir haben unseren Job erledigt – das war’s. Und egal, was dabei herausgekommen ist, das ist nicht das, was wir sind.
Gehorsam macht uns in Gottes Augen nicht wertvoll. Es ist nur das, was wir in der Nachfolge zu tun schuldig waren. Das Zentrum unserer Persönlichkeit ruht nicht im Dienst, sondern in Gottes bedingungsloser Liebe.
Das Wissen um diese Liebe ist die Grundlage für alle dienende Leiterschaft.
Abschluss und praktische Anregung
Was könntest du jetzt tun? Du könntest Matthäus 20,25-28 noch einmal durchlesen. Anschließend kannst du dir die vier Punkte vergegenwärtigen, die ich dir vorgestellt habe, und kurz darüber nachdenken.
Das war's für heute. Wenn du noch nicht regelmäßig Bibelverse auswendig lernst, fang doch heute damit an.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.