Einführung: Die Bedeutung des Gebets in Krankheit und Freude
Jakobus 5,13-16 überschrieben: Das Gebet für die Kranken
Leidet jemand unter euch, so bete er. Ist jemand guten Muts, so singe er Psalmen. Ist jemand unter euch krank, so rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich. Diese sollen über ihm beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Das Gebet, das im Glauben geschieht, wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten. Wenn er Sünden getan hat, werden ihm diese vergeben.
Bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr gesund werdet. Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es inständig ist.
Herr, du musst dieses Wort jetzt für uns alle ganz konkret zuspitzen. Amen!
Liebe Schwestern und Brüder, heute muss ich über das Kranksein sprechen. Das betrifft eine ganz erstaunliche Anzahl von Menschen, auch in unserer Mitte und diejenigen, die über die Kassette mit uns verbunden sind.
Wenn man plötzlich entdeckt, dass man krank ist, stürzt eine ganze Welt zusammen. Die Welt, in der wir uns bisher bewegt haben und die uns erfüllt hat, die Dinge, die uns wichtig waren, erscheinen plötzlich so egal.
Vor dem einen steht die Frage: Was ist mein Leben jetzt? Die großen Weltprobleme, die in den Zeitungen verhandelt werden, interessieren überhaupt nicht mehr, weil man plötzlich nur noch von seiner Krankheit her alles sieht und versteht.
Die Realität von Krankheit und die Grenzen der Medizin
Es ist wirklich beeindruckend, was die moderne Medizin heute leisten kann. Ich möchte das gleich zu Beginn klarstellen, damit kein Missverständnis entsteht: Wir sind dankbar für das, was unsere fähigen Ärzte in den oft überfüllten Wartezimmern täglich leisten und wie vielen Menschen sie auf wunderbare Weise helfen können.
Gerade deshalb ist es umso schlimmer, wenn man selbst spürt oder sogar vom Arzt hört: "Ich kann Ihnen jetzt nicht mehr helfen." Dieses Wort ist vernichtend. Es lässt nichts mehr übrig und ist ein tödliches Wort, das kein Mensch ertragen kann.
Sie kennen die Menschenrechte, die bereits 1948 als Grundlage der Arbeit der Vereinten Nationen beschlossen wurden. Dort gibt es einen Artikel 42, den ich Ihnen, etwas verkürzt, vorlesen möchte: Jeder Bürger dieser Welt hat das Recht auf ärztliche Fürsorge, die seine Gesundheit und die seiner Familie gewährleistet.
Es ist schon bemerkenswert, dass man heute überhaupt noch einen solchen Satz fordern muss. Ich darf Gesundheit fordern, und diese muss mir gewährleistet werden – egal, ob ich meine Gesundheit selbst ruiniere. Die Öffentlichkeit, die Gesellschaft, die Welt und die Natur sind verpflichtet, mir Gesundheit zu gewährleisten.
Was ist das für ein verrückter Wahnglaube? Wer kann mir tatsächlich Gesundheit garantieren? Solche Gedanken erlebe ich nicht selten in Trauerhäusern. Selbst wenn Menschen im Alter von über 80 Jahren sterben, überlegen die Angehörigen im Trauergespräch ernsthaft, den Arzt anzuzeigen, weil der Verstorbene gestorben ist. Da muss doch jemand schuld sein!
Entweder war das Rettungswesen unzureichend, oder der Krankenwagen kam zu spät. Das darf doch nicht sein! Ich habe doch ein Recht auf Gesundheit. Wenn ich lebe, muss ich gesund sein.
Die Illusion von Gesundheit und die Realität des Lebens
Und wenn man einmal darüber nachdenkt, muss man sich fragen: Was ist überhaupt Gesundheit? Wann bin ich gesund?
Man müsste jetzt einmal fragen: Wer von Ihnen ist gesund? Dabei würde man feststellen, dass es in unserer Mitte kaum jemanden gibt, der nicht mit der einen oder anderen Beschwerde oder Krankheit zu kämpfen hat. Viele haben sich heute Morgen mühsam auf den Beinen gehalten, manche leiden unter Schmerzen im Rücken, im Kopf oder an anderen Stellen. Einen völlig gesunden Menschen gibt es praktisch nicht.
Es ist typisch für unsere Zeit, dass man meint, man könne sein Heil fordern. Wir leben in einer kranken Welt, nicht nur in einem kranken Körper, sondern in einer kranken Welt. Doch oft machen wir uns nicht bewusst, wie sehr uns die Krankheit von allen Seiten umgibt.
Für diejenigen, die plötzlich mit einer unheilbaren Krankheit konfrontiert werden, ist das besonders vernichtend – fast so, als ob über sie ein Todesurteil gesprochen wurde.
Ich möchte Sie daher bitten, von jenem Anspruchsdenken, das in den idealistischen Menschenrechten unserer Zeit formuliert ist, etwas Abstand zu nehmen. Versuchen Sie, ein wenig mehr vom biblischen Denken zu verstehen. Bereits in den ersten Kapiteln der Bibel wird gesagt, dass Krankheit zu unserer von Gott getrennten Welt gehört – so wie der Mensch unter Schmerzen geboren wird und die Geburt für die Mutter lebensgefährlich sein kann.
Jesus und das Leiden: Ein Vorbild im Umgang mit Krankheit
Von Jesus wird erzählt, wie er die Krankheit Stück für Stück auf sich genommen hat. Er hat mit den Kranken mitgelitten, sich mit ihnen auseinandergesetzt und seine ganze Sendung vor allem so verstanden, dass er sich mit Kranken beschäftigte.
Für uns stellt sich heute nicht mehr die Frage, ob wir Medizin oder alternative Heilmethoden nutzen dürfen. Natürlich dürfen und sollen wir sie anwenden. Dennoch bleibt trotz des umfangreichen Einsatzes von Medizin viel Krankheit bestehen.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen zeigen, wie sehr von uns das Gebet gefordert wird. Jakobus legt es uns Christen besonders ans Herz. Wir sollten uns schämen, wie wir in einer kranken Welt, in der jeder um uns herum unter der Last der Krankheit seufzt, als Beter versagen.
Beten in allen Lebenslagen: Eine praktische Aufforderung
Ich habe heute fünf Punkte, der erste Punkt ist Beten in allen Lebenslagen.
Jakobus war ein praktischer Apostel. Er war der leibliche Bruder Jesu. Sein ganzer Brief ist so konkret, dass manche Theologen schon vor ihm das Krausen bekommen haben. Jakobus hat eine Abneigung gegen alles Kopflastige und gegen übertriebene Denkspiele. Er will die Gläubigen immer wieder auf den Boden des Alltags zurückholen. Das merkt man auch in diesem Abschnitt.
Den Jakobus kann man nicht wegdrücken. Man muss sich sofort mit seinen konkreten Nöten auseinandersetzen. Jakobus möchte, dass wir den Glauben an Jesus, den allein selig machenden Glauben, im Leben bewähren – gerade in den Nöten des Lebens.
Wie oft wird unter Christen so getan, als wäre Beten etwas Weltflüchtiges, als würden sie vielleicht kneifen? Jakobus sagt ganz einfach: Wenn du Not hast, wenn du leidest, bete. Leidet jemand, der bete. Ist jemand unter Druck und sieht nicht mehr weiter, dann bete.
Das bezieht sich nicht nur auf Krankheitsnot. Es gilt auch in der Hetze der Arbeit, bei Prüfungsängsten oder wenn man sich von seinen Mitmenschen unverstanden fühlt. Rufe, schreie – Gott hört!
Ich muss das noch ganz klar sagen, weil Gebet in unserer Zeit manchmal meditativ missverstanden wird. Man glaubt, es sei ein Nachsinnen über religiöse Gedanken. Wissen Sie, was Beten wirklich ist? Beten ist der Schrei zum Du Gottes. Zum Gebet gehört das Du.
Wir können Liederverse singen, das ist schön. Aber Beten ist die Anrede Gottes: Du Gott, jetzt rufe ich Dich an. In dem Augenblick, in dem ich rufe, öffnet sich die finstere Mauer, die mich einschnürt.
Die Verlassenheit und die Dunkelheit des Abgrundes, in den ich gefallen bin, öffnet sich. Ich sehe den Herrn vor mir und darf ihm meine Not vor Augen legen.
Leiden und Gebet: Jesus als Beispiel
Dass Christen durch Not und Leiden hindurchgehen, ist für Jakobus ganz selbstverständlich. Man sollte bei seinen Worten nicht denken, dass er meint, durch den Glauben ließen sich alle Krankheiten heilen. Das wäre ein gründliches Missverständnis. Vor den Aposteln stand ja das Leiden Jesu so deutlich vor Augen, der seinen schweren Weg auf sich nahm.
Wie heißt es dann bei Jesus in Gethsemane? „Und er betete heftiger.“ Leidet jemand, der betet? Bei Jesus sieht man das genau, beispielhaft. Je größer die Not ist, desto mehr soll man beten! Auch wenn Gott die Not nicht wegnimmt, führt er uns hindurch.
Gerade der Leidensweg Jesu ist für uns vorbildhaft. Auch das Kreuz Jesu zeigt uns den Weg, durch das Leiden hindurchzugehen – im Beten, damit wir es zur Ehre Gottes durchleiten können. So wie die Christen ihr Martyrium getragen haben und sagten: „Wenn nur Gott verherrlicht wird.“ Dann haben sie ihre Lieder angestimmt.
Gott kann uns sehr viel Schweres auferlegen, und oft verstehen wir nicht, warum wir es tragen müssen. Doch im Gebet ringen wir damit und sagen: „Herr, denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge, auch das Schwere und das Unangenehme, zum Besten dienen.“ Dann wird er uns die Kraft geben, es durchzuhalten und zu tragen.
In der Bibel spielt ein Leben, das jeden Tag herrlich und in Freuden verläuft, nur bei den Gottlosen eine Rolle. Deshalb habe ich es noch einmal vorgelesen, wie Paulus selbst zu seiner Krankheit stand. Auch heute gibt es Menschen, die behaupten: „Wer glaubt, ist nicht krank.“ Das ist eine ganz böse Verführung.
Wenn uns Jesus den Weg mit sich durch das Leiden hindurch zeigt, will er uns im Beten so nahe sein. Er will uns die Kraft geben, den Himmel aufzusperren, damit die schweren Leidenszeiten umso mehr zu Segenszeiten werden.
Freude und Lob im Alltag als Ausdruck des Glaubens
Und doch sagt Jakobus: Nicht jeder leidet. Es gibt Menschen, denen geht es sehr gut. Sie sind von viel Freude beschenkt. Wir nehmen auch jetzt Anteil an denen, die sich schon rüsten und in den Urlaub fahren. Sie holen sich irgendwo an einer Sonnenküste einen tüchtigen Sonnenbrand und genießen dort die Güter dieser Welt.
Gerade in solchen schönen Zeiten ist man umso mehr gefährdet, die Verbindung mit Gott abbrechen zu lassen. Viele kommen im Urlaub kaum noch zum Bibellesen und zum Beten. Darum fordert Jakobus: Wer guten Mut hat, der singe Psalmen.
Dann tauchen sie in die Wellen des Atlantiks, singen Gott das Lob zu seiner Ehre und freuen sich, wenn sie in ihrem Gärtchen sitzen, die Tomaten pflücken und Gott für das Schöne danken, das er ihnen schenkt. Denn das Gute und auch das, was uns böse erscheint, will beide zur Ehre Gottes gelebt sein.
So soll unser ganzes Leben ins Licht Gottes gestellt werden.
Die Verantwortung der Gemeinde im Umgang mit Kranken
Aber nun zum Zweiten: Die Gemeinde ist herausgefordert, besonders bei den Kranken – um die geht es jetzt. Ist jemand unter euch krank? Es soll ja auch bei uns Kranke geben. Jakobus sagt zuerst einmal ganz praktisch, der solle die Ältesten rufen, obwohl es damals noch kein Telefon gab.
Liebe Schwestern und Brüder, Sie meinen oft, wir müssten es riechen oder automatisch wissen oder fühlen. Doch der Ruf, auch schon in der Urchristenheit, war eine Ordnung: Man sagt, kommen Sie doch bitte, sonst klappt es nie. Der Kranke soll die Ältesten rufen. Die kommen auch nicht von allein, vielleicht sind sie zu blind dafür. Also rufen Sie die Ältesten! Genieren Sie sich nicht und sagen Sie: „Ich stehe nun vor einem schweren Abschnitt, und da will ich, dass die Ältesten zu mir kommen und mit mir beten.“
Wer ist gemeint mit diesen Ältesten? Ob es damals schon eine geregelte Kirchengemeindeordnung gab, wage ich zu bezweifeln – zur Zeit des Jakobus, also in der unmittelbaren Zeit, in der der Bruder Jesu noch lebte. Vielleicht handelt es sich einfach um die erfahrenen Christen, die schon lange im Glauben stehen. Holen Sie sich einen, der beten kann, holen Sie sich zwei an Ihr Krankenbett. Sagen Sie nicht, das wäre außer Kraft gesetzt. Dann können Sie die ganze Bibel außer Kraft setzen.
Wir machen doch keine Krankenbesuche, weil wir Saft bringen wollen oder uns ein bisschen Zeitvertreib verschaffen möchten, damit die Kranken nicht immer an das Schwere denken. Wenn wir einen Krankenbesuch machen, dann haben wir dieses Ziel: mit ihm über seine Krankheit zu beten und den Namen des Herrn anzurufen, auch über diesen schweren Stück Weg, der jetzt vor ihm liegt. Nicht mit dem Ziel, Gott zu einem Wunder zu zwingen – das können wir gar nicht –, sondern dass wir konkret dieses Stück unter den Segen Gottes stellen. So wie wir gestern ein Brautpaar unter der Fürbitte der Gemeinde und unter den Segen Gottes gestellt haben, wenn sie nun eine Ehe beginnen, so sollen wir diesen schweren Krankheitsweg unter Gottes Segen stellen.
Ich muss sagen, dass wir selbst als hauptberufliche Profis am meisten im Dienst versagen. Es gibt viel Klagen, auch von Patienten: Woher kommt es denn, dass die Pfarrer hier so selten geistlich am Krankenbett dienen? Wir sind so schüchtern und haben Angst, einmal etwas Falsches zu tun. Dabei machen wir ja so viel Falsches, das wäre gar nicht so schlimm. Aus der Angst, es einmal falsch zu machen, schweigen wir aber immer.
Ich habe mir zur Faustregel gemacht, wenn irgend möglich in jedem Krankenzimmer mit den Kranken über ihre Krankheit zu beten. Und ich sehe keinen Grund, warum Sie als Gemeindeglied das nicht auch tun dürften. Fragen Sie doch die Mitpatienten, ob sie gerne noch mit dem Kranken beten würden und ob sie das im Zimmer tun dürfen. Es wird nur wenige Augenblicke geben, in denen es Ihnen zuweilen mal abgeschlagen ist. Dann halten wir uns daran.
Dietz Felbinger, der bayerische Landesbischof, schreibt in seinem Buch „Bilanz einer kranken Zeit – so Gott will und wir leben“, wie er einmal krank lag und dann ein Amtsbruder kam, der mit ihm über die Probleme der Kirche sprach. Am Ende sagte er: „Wo Sie Trost jetzt bekommen, das werden Sie selbst am besten wissen. Auf Wiedersehen.“ Typisch, typisch. Dietz Felbinger klagt seine Amtsbrüder an: Warum diese Scheu vor einem Bischof, der doch in diesem Augenblick durch die Tiefe der Krankheit geht und in der Schwachheit vielleicht gar nicht richtig beten kann und wartet, dass ihn ein Bruder an die Hand nimmt und mit ihm betet?
Aber was ist das mit dem Öl? In unserer Zeit heute spielt das ja eine große Rolle. Sie können immer wieder die Diskussionen verfolgen, die durch kleine Gruppen entstehen, die sagen, man müsse Öl nehmen, oder dass die Handauflegung das Entscheidende sei. Ich lege Kranken auch gerne die Hand auf und fasse gerne die Hand, wenn es ein Schwerkranker ist und ich mit ihm bete. Es ist ein Zeichen des Segnens.
Aber ich will hier deutlich sagen, dass es in der Bibel überhaupt keinen Anhaltspunkt gibt, dass die Kraft in unseren Händen ruht. Es gibt kein magisches Verständnis des Wirkens Gottes. Das Entscheidende ist nicht die Berührung mit den Händen und auch nicht das Öl. Wenn wir nur in die neutestamentlichen Aussagen hineinschauen, dann finden wir das Öl zum Beispiel auch beim barmherzigen Samariter, der es in die Wunden des unter die Mörder gefallenen Menschen träufelt. Damals war dies ein Medikament, ein übliches Mittel der Ersten Hilfe.
Das heißt doch so viel wie: Ein Kranker soll seine Tabletten nehmen, und die Ältesten beten darüber. Wir dürfen die Medizin gebrauchen. Ich sehe keinen Grund, das anders zu verstehen. Aber wenn einer meint, er wolle mit Öl gesalbt sein, so sehe ich kein Problem, auch dies ihm zu erfüllen, wenn er meint, es liege im Öl. Ich sehe in meinem Verständnis der Schrift keine solche Bindung an äußere Naturmittel. Wir dürfen die medizinischen Mittel, die üblich sind, gebrauchen – unter dem Gebet Gottes.
Aber die Gemeinde ist herausgefordert. Wir sollten auch ein wenig ein dickeres Fell haben gegenüber Menschen, die uns immer wieder ein schlechtes Gewissen machen, weil wir sie nicht besser betreut haben und die von uns nicht den geistlichen Dienst wollen. Denn da sind wir nur stark.
Wir können Menschen nur dies geben: dass wir diese Wegstrecke des Alleinseins eines Menschen unter seiner Krankheit, des Verlassenseins unter Gott stellen.
Das Dritte: Kein Gebet ist vergeblich. Was steht jetzt da? Das Gebet, das im Glauben geschieht, wird dem Kranken helfen. Ich habe sehr sorgfältig auch den Urtext darauf abgeklopft. Es steht kein Wort davon da, dass der Kranke gesund wird. Denn in der ganzen Bibel gibt es nie dieses Bild, als ob gläubige Leute in physischer und psychischer Unversehrtheit leben.
Nein, wir leben alle auch als Christen mit den Belastungen und Beschwerden, die wir haben. Sondern dass wir auf irgendeine Weise durch dieses Gebet einen entscheidenden Durchbruch erleben – sei es zur Freude, sei es zur Geduld, sei es zur körperlichen Besserung. Das überlassen wir Gott.
Nicht, dass Sie meinen, die inneren Durchhilfen Gottes wären nur eine Ausrede, weil ich mich drücken wollte vor leibhaften Wundern. Das wissen Sie, dass wir viel zu viel erleben an Wundern Gottes leibhaftiger Art, wo keiner von uns damit gerechnet hat.
Nur wissen wir, dass diese Veränderungen innerer Art oft noch ein viel größeres Wunder sind. Wenn ein nörgelnder Patient plötzlich geduldig wird, ist das ein größeres Wunder als wenn sein ganzer Körper geheilt wird. Und wenn ein Mensch sich in die Führung Gottes schicken kann und still wird, wenn einer aus seinen Zweifeln zum Glaubensfrieden kommt.
Es fällt mir jetzt schwer, Ihnen das nicht ganz praktisch zu erzählen, wie das jedes Mal ist, auch wenn einer uns bittet, mit ihm das Abendmahl zu feiern. Es geht hier nicht um das Sakrament der letzten Ölung, auch nicht, wenn wir das Abendmahl feiern, sondern um das Gegenwärtigsein unseres Herrn in dieser kahlen, weiß getünchten Krankenstube mit den metallischen Betten. Dass da der Herr mit seinen Engeln da ist, in dessen Hand wir sind.
Unser Doktor Übele aus dem Besa hat einmal erzählt, wie sie vor jeder Operation den Prediger Samuel rufen, damit er, als wenn die Ärzte noch ihre Handschuhe überstreifen, betet. Und da sagte einmal einer dieser Moslems, er wolle nicht, dass gebetet wird. Dann sagte Doktor Übele: „Sie brauchen es vielleicht nicht, aber wir brauchen es als Ärzte.“
Darum geht es doch: dass wir vor dieser Macht der Finsternis und der Krankheit – und das ist immer ein ganzes Stück weit so, weil die Verderbensmächte hereinbrechen, so wahr im Tod die Verderbensmächte hereinbrechen über mein sterbliches Leben – das Leben aber von Gott kommt. Die Krankheitsmächte sind die widernatürlichen Mächte, Feinde Gottes bis zum Schluss.
Wir wollen uns hier in die Hand Gottes befehlen. Gerade der Kranke spürt das so deutlich. Ein Mann hat lange mit mir gesprochen, ob er ein hohes Amt, das ihm angetragen wurde, nicht übernehmen sollte. Es war eigentlich alles klar, ich habe ihm sehr zugesprochen. Dann war er noch bei seinem Arzt, und der sagte: „Sie haben eine schwere Herzoperation hinter sich. Die Tasse hat einen Riss.“ Dieses Wort hat ihn verwundet. Er meinte, das ganze Leben liege doch noch vor ihm, er sei doch noch keine fünfzig. „Die Tasse hat einen Riss. Das bricht jeden Augenblick auseinander, ich bin ein Wrack.“ Das macht doch den Todkranken bei uns so zu schaffen. Und das können sie nur im Glauben weglegen, weil Gott aus ihrem Leben wirkt und wie schwach das auch ist, das spielt jetzt gar keine Rolle.
Noch so viel wirken kann. Und wir, die vielleicht einen gesunden, gestählten Körper haben, wir können ja alle lange vor ihnen sterben – das ist noch lange nicht geschrieben. Ich beobachte das auch bei vielen Kranken. Als ich vor elf Jahren in die Gemeinde kam, dachte ich, da muss ich bald zur Beerdigung gehen. Sie leben heute noch. Und viele andere, die kräftig daherkamen, sind schon tot.
Das ist gar nicht die Frage, wie lange und was wir noch wirken können in der Welt, sondern dass Gottes Ehre zum Zuge kommt in diesem Abschnitt. Dass nicht irgendwelche finsteren Mächte mich in ihrer Hand haben, sondern dass Gott mit mir wirkt und handelt.
Darum war ich auch so froh, dass gleich am Anfang beim Gemeindetag, wo es um Zuversicht und Stärke ging, diese Frau Cechs, die nicht einmal mehr ihre Finger rühren kann und ihre Füße, sprach, dass Jesus unsere Zuversicht und Stärke bedeutet. Dass sie das konkret in ihre Lage hinein verstehen können.
Viertens: Das Wunder der Erneuerung. Kranke merken deutlicher, dass in ihrem Leben etwas falsch war. Wir leben dauernd vom Erfolg, von der Leistung – das geht uns allen so. Selbst im christlichen Dienst, in der Verkündigung. Jeder Evangelist lebt von seiner Leistung: Toll, da war das Zelt voll und man war erreicht, da kamen Menschen zum Glauben.
Wenn ich krank bin, gibt es keine Leistung mehr. Und dann wird mein ganzer Lebenswert fraglich. Dann komme ich ins Grübeln: Was ist mein Leben noch wert? Was habe ich eigentlich getan? Dann helfen auch die Bilanzen nichts mehr. Und darum kann die Krankenzeit so zum Segen sein, übrigens auch das Alter. Die Pensionierung ist ja genau der gleiche Schritt. Jetzt bin ich herausgenommen aus der Leistung.
Bei Gott ist ja nicht die Leistung der Wert, den er an mir misst. Darum muss ich fragen: Was ist jetzt los? Sie müssen unbedingt mit Kranken über Schuld, Versäumnisse und Sünde reden. Egal, an welchem Wort es beginnt, sprechen Sie mit Kranken darüber, was ihnen an schweren Gedanken in der Nacht kommt.
Ich bin überzeugt, dass die meisten, selbst ungläubige Menschen in der Krankheit, ganz schwer leiden unter Dingen, die sie falsch gemacht haben. Bei ungläubigen heidnischen Menschen um uns herum – das darf ich als Erfahrung weitergeben – spielt das eine wesentliche Rolle. Sie meinen sogar fast in einem heidnischen Vergeltungsgedanken, Dinge, die etwa mit ihren Eltern in der Kindheit geschehen seien, würden jetzt von irgendeiner Nemesis-Göttin heimgezahlt, jetzt werde abgerechnet.
Da muss man ganz deutlich sagen, dass es keine Verrechnungen dieser Welt gibt, sondern dass Schuld nur unter dem Kreuz Jesu niedergelegt werden kann. Kranke müssen gewiss werden, ob sie mit Gott klar sind. Ob sie wissen, dass Gott keine Hassgedanken auf sie hat, sondern sie liebt.
Darum können Sie Kranken nicht deutlich genug das Kreuz Jesu vor Augen machen, dass Gott seinen Sohn sterben lässt, damit wir es wissen – auch in der Krankheit. Er will uns segnen und nicht verderben. Gott will uns in sein Licht führen und nicht in die Finsternis. Gott hat Gedanken des Friedens mit uns und nicht des Leides.
Und darum spricht Jakobus dafür, dass wir uns die Sünden vergeben sollen. Jetzt ist es immer wieder so, weil Jakobus so ein Praktiker ist, der Zweifler, der kann immer wieder einen Hintergedanken machen und einen Nachsatz: Ist Jakobus also der Meinung, dass die Krankheit durch Sünde bedingt sei? Nein, auch Jesus war nicht der Meinung.
Nehmen Sie es zur Kenntnis. An der Sache grübeln wir nicht und lassen uns heute nicht auf das Abstellgleis schieben. Krankheit ist nicht von Sünde bedingt, aber natürlich hängt unser Leben in guten und in bösen Tagen eng mit Sünde zusammen. In der Krankheit kommt sie nur ans Licht, weil mein Leistungsdenken da nicht mehr zieht und es nicht mehr verdecken kann.
Da bin ich unruhig, und dann redet der Herr zu mir. Und das Schöne ist, dass die anderen für mich beten. Bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr gesund werdet. Gott kann uns beistehen, wenn die Sünde weggenommen ist. Ich muss wissen, ob zwischen Gott und mir alles klar ist in der Krankheit.
Darum brauchen Sie einen Bruder zur Seite oder eine Schwester, die Ihnen hilft, dass die bereinigende Schuld auch geschieht. Und das ist schön, wenn einer für Sie vor den Thron Gottes tritt als Fürbittender, damit Gottes Vergebung in Ihr Leben hineinkommt.
Das heißt: Bekennt einander eure Sünden. Es steht kein Wort da, dass das ein Priester machen muss. Bei Tag und bei Nacht stehe ich Ihnen für diesen Dienst zur Verfügung. Ich habe mein Telefon am Bett, damit ich Ihnen diesen seelsorgerlichen Dienst tun kann.
Die anonymen Anrufe liebe ich nicht von Kranken, weil man da nicht helfen kann, sondern der, der Sünde bekennen will und frei werden will, weil er nicht zur Ruhe findet. Dafür sind wir da.
Aber jeder Christ darf dies tun: Im Namen Jesu die Vergebung zusprechen. Und es ist auch hier kein Grund, zu sagen, die Beichtpraxis der katholischen Kirche wäre hier begründet in Jakobus 5. Nein. Wir tun einander den Dienst, auch beim Priester – warum nicht –, aber einander hat jeder Christ das Recht, dem anderen Sünden zu vergeben. Und nirgends ist dies so wichtig wie beim Krankenbesuch.
Und das Letzte, was hier kommt: Die Macht des Gebetes ist groß, Sie können sie nie überschätzen. Das Gebet des Gerechten, des Gerechtgemachten, von Jesus Geheilten, dem die Sünde vergeben ist, vermag viel, wenn es inständig ist, wenn es aus der Tiefe des Herzens kommt und etwas Ernsthaftes ist.
Da wird uns zum Schluss nicht nur bei den Kranken das Gebet wichtig gemacht, sondern gegenüber dieser ganzen kranken Welt. Liebe Schwestern und Brüder, angesichts unserer Jugend, angesichts unserer Nachbarn, angesichts unserer sterbenden Kirche, angesichts des Vormarsches der Gottlosigkeit in unserer Welt: Das gerechte Gebet vermag viel.
Wenn Sie da versagen, ist die schlimmste Not. Und da wollen wir uns rufen lassen, ganz neue Fürbitte zu tun und Ausstrahlung auszuüben mit unserer Gemeinde. Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert über unseren Häuten aufzuhalten. Denn Täter werden nie den Himmel zwingen. Was Sie vereinen, wird sich wieder spalten, was Sie erneuern, über Nacht veralten, und was Sie stiften, Not und Unheil bringen. Allein beten kann es noch gelingen.
Sagen Sie jetzt nicht, das wäre Flucht. Das ist die Offensive, die größte Aktion hinein in eine friedlose Welt. Amen.
Das Öl bei der Krankensalbung: Symbolik und Praxis
Aber was hat es mit dem Öl auf sich? In unserer heutigen Zeit spielt es eine große Rolle. Man kann immer wieder Diskussionen verfolgen, die durch kleine Gruppen entstehen. Diese Gruppen sagen, man müsse Öl verwenden, oder die Handauflegung sei das Entscheidende.
Ich lege Kranken auch gerne die Hand auf und halte gerne die Hand, wenn es sich um einen Schwerkranken handelt und ich mit ihm bete. Es ist ein Zeichen des Segnens. Doch ich möchte hier deutlich sagen, dass es in der Bibel keinen Hinweis darauf gibt, dass die Kraft in unseren Händen ruht. Es gibt kein magisches Verständnis vom Wirken Gottes.
Das Entscheidende ist nicht die Berührung mit den Händen und auch nicht das Öl. Wenn wir nur in die neutestamentlichen Aussagen schauen, finden wir das Öl zum Beispiel auch beim barmherzigen Samariter. Er träufelte es in die Wunden des unter Mördern gefallenen Menschen. Damals war Öl ein übliches Medikament, ein Mittel der Ersten Hilfe.
Das bedeutet doch so viel wie: Ein Kranker soll seine Tabletten nehmen, und die Ältesten sollen darüber beten. Wir dürfen die Medizin gebrauchen. Ich sehe keinen Grund, dies anders zu verstehen.
Wenn jemand meint, er wolle mit Öl gesalbt werden, sehe ich kein Problem darin, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Wenn er glaubt, die Kraft liege im Öl, so sehe ich in meinem Verständnis der Schrift keine solche Bindung an äußere Naturmittel.
Wir dürfen die üblichen medizinischen Mittel unter dem Gebet Gottes gebrauchen. Die Gemeinde ist herausgefordert, ein dickeres Fell gegenüber Menschen zu haben, die uns immer wieder ein schlechtes Gewissen machen, weil wir sie nicht besser betreut haben und von uns keinen geistlichen Dienst wollen.
Denn dort sind wir nur stark. Wir können den Menschen nur Folgendes geben: Wir können ihnen helfen, die Wegstrecke des Alleinseins eines Menschen in seiner Krankheit und des Verlassenseins unter Gott zu durchstehen.
Die Wirkung des Gebets: Kein Gebet ist vergeblich
Das Dritte: Kein Gebet ist vergeblich. Was steht jetzt da? Das Gebet, das im Glauben geschieht, wird dem Kranken helfen. Ich habe sehr sorgfältig auch den Urtext darauf geprüft. Es steht kein Wort davon, dass der Kranke gesund wird. Denn in der ganzen Bibel gibt es nie das Bild, als ob gläubige Menschen in physischer und psychischer Unversehrtheit leben.
Nein, wir leben alle, auch als Christen, mit den Belastungen und Beschwerden, die wir haben. Es heißt vielmehr, dass wir auf irgendeine Weise durch dieses Gebet einen entscheidenden Durchbruch erleben. Sei es zur Freude, sei es zur Geduld oder sei es zur körperlichen Besserung. Das überlassen wir Gott.
Nicht, dass Sie meinen, die inneren Durchhilfen Gottes seien nur eine Ausrede, weil ich mich drücken wollte vor leibhaftigen Wundern. Das wissen Sie, dass wir viel zu viel erleben an Wundern Gottes leibhaftiger Art, von denen keiner von uns gerechnet hat. Nur wissen wir, dass diese Veränderungen innerer Art oft noch ein viel größeres Wunder sind.
Wenn ein nörgelnder Patient plötzlich geduldig wird, ist das ein größeres Wunder, als wenn sein ganzer Körper geheilt wird. Und wenn ein Mensch sich in die Führung Gottes schicken kann und still wird, wenn jemand aus seinen Zweifeln zum Glaubensfrieden kommt – es fällt mir jetzt schwer, Ihnen das nicht ganz praktisch zu erzählen, wie das jedes Mal ist. Auch wenn einer uns bittet, mit ihm das Abendmahl zu feiern.
Es geht hier nicht um das Sakrament der letzten Ölung, auch nicht, wenn wir das Abendmahl feiern, sondern um das Gegenwärtigsein unseres Herrn in dieser kahlen, weiß getünchten Krankenstube mit den metallischen Betten. Dass der Herr mit seinen Engeln da ist, in dessen Hand wir sind.
Unser Doktor Übele aus dem Besa hat einmal erzählt, wie sie vor jeder Operation den Prediger Samuel rufen, damit er betet, während die Ärzte noch ihre Handschuhe überstreifen. Einmal sagte einer dieser Moslems, er wolle nicht, dass gebetet wird. Daraufhin sagte Doktor Übele: „Sie brauchen es vielleicht nicht, aber wir brauchen es als Ärzte.“
Darum geht es doch: Dass wir vor dieser Macht der Finsternis – und das ist Krankheit immer ein Stück weit – weil die Verderbensmächte hereinbrechen, so wahr wie im Tod die Verderbensmächte über mein sterbliches Leben hereinbrechen. Das Leben kommt von Gott, die Krankheitsmächte sind widernatürliche Mächte, Feinde Gottes bis zum Schluss.
Wir wollen uns hier in die Hand Gottes befehlen. Gerade der Kranke spürt das so deutlich. Ein Mann hat lange mit mir gesprochen, ob er ein hohes Amt, das ihm angetragen wurde, nicht übernehmen sollte. Es war eigentlich alles klar, ich habe ihm sehr zugesprochen. Doch dann war er noch bei seinem Arzt, und der sagte: „Sie haben eine schwere Herzoperation hinter sich. Die Tasse hat einen Riss.“ Dieses Wort hat ihn verwundet.
Er meinte, das ganze Leben liege doch noch vor ihm, er sei doch noch keine fünfzig. „Die Tasse hat einen Riss, das bricht jeden Augenblick auseinander, ich bin ein Wrack.“ Das macht doch den Todkranken bei uns so zu schaffen. Und das können sie nur im Glauben weglegen, weil Gott aus ihrem Leben wirkt, und wie schwach das auch ist, das spielt jetzt gar keine Rolle. Noch so viel wirken kann.
Und wir, die wir vielleicht einen gesunden, gestählten Körper haben, wir können ja alle lange vor ihnen sterben. Das ist noch lange nicht geschrieben. Ich beobachte das auch bei vielen Kranken: Als ich vor elf Jahren in die Gemeinde kam, dachte ich, da muss ich bald zur Beerdigung gehen. Sie leben heute noch. Und viele andere, die kräftig daherkamen, sind schon tot.
Das ist gar nicht die Frage, wie lange und was wir noch wirken können in der Welt, sondern dass Gottes Ehre zum Zuge kommt. In diesem Abschnitt geht es darum, dass nicht irgendwelche finsteren Mächte mich in ihrer Hand haben, sondern dass Gott mit mir wirkt und handelt.
Darum war ich auch so froh, dass gleich am Anfang beim Gemeindetag, wo es um Zuversicht und Stärke ging, diese Frau Cechs, die nicht einmal mehr ihre Finger rühren kann und ihre Füße spricht, sagte, dass Jesus unsere Zuversicht und Stärke bedeutet. Dass sie das konkret in ihre Lage hinein verstehen kann.
Die Chance zur Erneuerung durch Krankheit
Viertens: das Wunder der Erneuerung
Kranke merken deutlicher, dass in ihrem Leben etwas falsch war. Wir leben ständig vom Erfolg und von der Leistung – das geht uns allen so. Selbst im christlichen Dienst, in der Verkündigung. Jeder Evangelist lebt von seiner Leistung. Toll, wenn das Zelt voll war und man Menschen erreicht hat, wenn Menschen zum Glauben kamen.
Wenn ich krank bin, gibt es keine Leistung mehr. Dann wird mein ganzer Lebenswert fraglich, und ich beginne zu grübeln: Was ist mein Leben noch wert? Was habe ich eigentlich getan? Dann helfen auch die Bilanzen nichts mehr. Darum kann die Krankenzeit so zum Segen sein – übrigens auch das Alter. Die Pensionierung ist ja genau der gleiche Schritt: Jetzt bin ich herausgenommen aus der Leistung.
Bei Gott ist nicht die Leistung der Wert, den er an mir misst. Darum muss ich fragen: Was ist jetzt los?
Sie müssen unbedingt mit Kranken über Schuld, Versäumnisse und Sünde reden. Egal, mit welchem Wort es beginnt – sprechen Sie mit Kranken darüber, was ihnen an schweren Gedanken in der Nacht durch den Kopf geht. Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen, selbst ungläubige, in der Krankheit sehr unter Dingen leiden, die sie falsch gemacht haben.
Bei ungläubigen, heidnischen Menschen um uns herum – das darf ich als Erfahrung weitergeben – spielt das eine wesentliche Rolle. Sie haben fast schon einen heidnischen Vergeltungsgedanken: Dinge, die etwa in ihrer Kindheit mit ihren Eltern geschehen sind, werden jetzt von irgendeiner Nemesis-Göttin heimgezahlt, jetzt wird abgerechnet.
Da muss man ganz deutlich sagen, dass es keine Verrechnungen dieser Welt gibt, sondern dass Schuld nur unter dem Kreuz Jesu niedergelegt werden kann. Kranke müssen gewiss werden, ob sie mit Gott klar sind. Ob sie wissen, dass Gott keinen Hassgedanken auf sie hat, sondern sie liebt.
Darum kann man Kranken nicht deutlich genug das Kreuz Jesu vor Augen führen: Gott lässt seinen Sohn sterben, damit wir es wissen – auch in der Krankheit. Er will uns segnen und nicht verderben. Gott will uns in sein Licht führen und nicht in die Finsternis. Gott hat Gedanken des Friedens mit uns und nicht des Leides.
Darum spricht Jakobus dafür, dass wir einander die Sünden vergeben sollen. Jetzt ist es immer wieder so, weil Jakobus ein Praktiker ist, ein Zweifler, dass er immer wieder einen Nachsatz macht: Ist Jakobus also der Meinung, dass Krankheit durch Sünde bedingt sei? Nein, auch Jesus war nicht dieser Meinung.
Nehmen Sie das zur Kenntnis. An der Sache grübeln wir nicht und lassen uns heute nicht auf das Abstellgleis schieben. Krankheit ist nicht von Sünde bedingt, aber natürlich hängt unser Leben in guten und in bösen Tagen eng mit der Sünde zusammen. In der Krankheit kommt sie nur ans Licht, weil mein Leistungsdenken nicht mehr zieht und sie nicht mehr verdecken kann.
Dann bin ich unruhig, und der Herr redet zu mir. Das Schöne ist, dass andere für mich beten: "Bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr gesund werdet." (Jakobus 5,16) Gott kann uns beistehen, wenn die Sünde weggenommen ist. Ich muss wissen: Ist zwischen Gott und mir alles klar in der Krankheit?
Darum brauchen Sie einen Bruder oder eine Schwester zur Seite, die Ihnen hilft, dass die bereinigende Schuld auch geschieht. Und das ist schön, wenn einer für Sie vor den Thron Gottes tritt als Fürbittender, damit Gottes Vergebung in Ihr Leben hineinkommt.
Das heißt: Bekennt einander eure Sünden. Es steht kein Wort da, dass das ein Priester machen muss.
Bei Tag und bei Nacht stehe ich Ihnen für diesen Dienst zur Verfügung. Ich habe mein Telefon am Bett, damit ich Ihnen diesen seelsorgerlichen Dienst tun kann. Anonyme Anrufe liebe ich nicht von Kranken, weil man da nicht helfen kann. Aber derjenige, der Sünde bekennen will und frei werden will, weil er keine Ruhe findet – dafür sind wir da.
Jeder Christ darf dies tun: im Namen Jesu die Vergebung zusprechen. Und es ist kein Grund zu sagen, die Beichtpraxis der katholischen Kirche wäre hier begründet in Jakobus 5. Nein, wir tun einander den Dienst – auch beim Priester, warum nicht? Aber jeder Christ hat das Recht, dem anderen Sünden zu vergeben. Und nirgendwo ist dies so wichtig wie beim Krankenbesuch.
Die Macht und Bedeutung des inständigen Gebets
Und das Letzte, was hier kommt: Die Macht des Gebetes ist groß, sie kann nie überschätzt werden. Das Gebet des Gerechten – des Gerechtgemachten, von Jesus Geheilten, dem die Sünde vergeben ist – vermag viel. Vorausgesetzt, es ist inständig, kommt aus der Tiefe des Herzens und ist ernsthaft.
Zum Schluss wird uns das Gebet nicht nur bei den Kranken wichtig gemacht, sondern auch im Hinblick auf diese ganze kranke Welt. Liebe Schwestern und Brüder, angesichts unserer Jugend, angesichts unserer Nachbarn, angesichts unserer sterbenden Kirche und angesichts des Vormarsches der Gottlosigkeit in unserer Welt vermag das gerechte Gebet viel.
Wenn das Gebet versagt, ist die Not am größten. Deshalb wollen wir uns rufen lassen, ganz neue Fürbitte zu tun und mit unserer Gemeinde Ausstrahlung zu entfalten. Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert über unseren Häuten aufzuhalten. Denn Täter werden niemals den Himmel zwingen.
Was Sie vereinen, wird sich wieder spalten. Was Sie erneuern, wird über Nacht veralten. Und was Sie stiften, wird Not und Unheil bringen. Allein das Beten kann es noch gelingen. Sagen Sie jetzt nicht, das wäre Flucht. Das ist die Offensive, die größte Aktion hinein in eine friedlose Welt.
Amen.
