Zunächst möchte ich euch ganz herzlich von meiner Heimatgemeinde grüßen. Das ist Hammerbrücke im Vogtland. Ich hoffe, ihr wisst alle, wo das liegt. Es ist allerdings ganz schön weit weg von hier, ebenso von den Geschwistern aus Bischofen. Das liegt im Hessenland, in der Nähe von Rehe, was vielleicht manchen bekannt ist. Dort war ich gestern Abend noch. Ich hatte einige Sitzungen in der Gegend und habe dann abends in der Gemeinde gepredigt. Also herzliche Grüße erst einmal von dort.
Wenn ich noch etwas zu mir sagen soll: Ich heiße Karl-Heinz van Heijden mit Familiennamen. Der Name stammt von den Heiden, also von holländischen Heiden, aber das ist schon etliche Generationen zurück. Ich bin im Reisedienst der Brüdergemeinden tätig, zur Hälfte, und zur anderen Hälfte beim Bibelbund angestellt. Ich habe einiges Material vom Bibelbund mitgebracht, das ich auch ausgelegt habe. Am besten kann man mich über meine Bücher kennenlernen. Dort sieht man, was für ein Anliegen ich habe.
Es liegen also etliche Bücher hier aus, darunter auch einige andere, die ich sehr schätze. Meine Aufgabe besteht zum Teil darin, an einer Bibelschule zu unterrichten. Wir haben in Burgstädt eine kleine Bibelschule, wo ich unterrichte. Ansonsten werde ich hier und dort von Gemeinden im deutschsprachigen Raum eingeladen, zu Predigten oder Bibelabenden wie heute.
Ich dachte, ich stelle vielleicht gleich zu Beginn eines der Bücher vor, an einem Abend. Ich weiß nicht, ob ich das schon beim letzten Mal gemacht habe. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das Buch damals schon fertig war. Es heißt „Chronik der Gemeinde des ersten Jahrhunderts“. Ich glaube, das letzte Mal hatte ich schon „Chronik des Lebens Jesu“ vorgestellt. Dort kann man wirklich alle Evangelien chronologisch durchlesen.
In dem neuen Buch geht es durch den Rest des Neuen Testaments: Apostelgeschichte, die verschiedenen Briefe – aber immer genau dort, wo sie entstanden sind. Zwischendurch gibt es geschichtliche Informationen und auch ein paar Landkarten, damit man sehen kann, was in dem jeweiligen Jahr passiert ist. Zum Beispiel: Was war im Jahr 46 los? Was geschah in Israel, in Rom und bei den Gemeinden? Das ist mein Anliegen.
Wir glauben nicht an irgendeine Religion, die völlig erfunden oder fiktiv ist, die sich jemand ausgedacht hat. Alles, was in der Bibel geschrieben steht – die Orte, die Zeiten – kann man manchmal bis auf den Tag genau angeben, zumindest aber auf das Jahr. Man kann zu den Städten fahren, in denen Jesus gelebt hat, wo das wirklich stattgefunden hat. Das sind ganz handfeste geschichtliche Dinge.
Zurzeit bin ich dabei, diese Chronik auf das Alte Testament auszuweiten. Das erste Buch befasste sich mit dem Leben des Herrn. Es gibt manchmal Leute, die nicht so gern lesen. Für sie haben wir etwas Besonderes gemacht: Das ist das allerneueste, was fertig geworden ist – auf einer CD, als Hörbuch, genauer gesagt ein Hörfeature.
Das ist so ein Mittelding zwischen Hörspiel und Hörbuch. Es wird nicht nur vorgelesen, sondern es gibt Musik zwischendrin. Außerdem sind ein paar Nachrichten aus dem ersten Jahrhundert eingebaut, die dem Buch entsprechen, also einem Teil davon. Das ist bestimmt auch ein schönes Geschenk für manche, die nicht so gern lesen, aber gerne zuhören würden. Und nebenbei kann man dabei auch eine ganze Menge lernen.
So, das soll genügen zur Vorrede.
Einführung in das Thema und persönliche Vorstellung
Jetzt zu unserem Thema: Es sollte uns eine Person beschäftigen – Jesaja. Ich habe es genannt: Jesaja, ein Leben, ja ein Leben gegen einen bestimmten Ort von Krankheit.
Ich glaube, es gibt bis heute eine schlimme Krankheit, die unter den Gläubigen in jeder Generation grassiert. Sie hat schon zahllose alte und junge Christen zu Fall gebracht. Diese Krankheit ist verantwortlich für das Schrumpfen von Gemeinden, für Gleichgültigkeit unter den Geschwistern und für Weltförmigkeit in den Familien.
Diese Krankheit kann den Bruder packen, der am Sonntag noch hier gepredigt hat, ebenso wie die junge Frau, die schon lange die Bibelstunde schwänzt. Sie hat die gepackt, die das Brotbrechen für überflüssig halten, und kann jederzeit auch die befallen, die zum Beispiel Kinderstunde halten oder Jugendarbeit machen.
Den Namen dieser Krankheit findet man natürlich nicht im medizinischen Wörterbuch und auch nicht in der Bibel. Der Kampf gegen diese Krankheit hat das Leben dieses einen Gottesmannes bestimmt und wirklich geprägt: das Leben des Propheten Jesaja.
Irgendwann beim Studium seines Buches bin ich darauf gekommen, dass er sein ganzes Leben lang mit dieser Krankheit zu kämpfen hatte – nicht bei sich selbst, aber bei den Leuten, von denen er umgeben war, bei seinem Volk Israel, bei den Männern und Frauen seiner Generation.
Ich habe diese Krankheit genannt: Gottvergessenheit, die Krankheit der Gottvergessenheit. Die Menschen waren nicht unbedingt böswillig, aber sie haben Gott einfach vergessen – in ihrem Alltag. Und zwar immer wieder.
Sie gingen in den Tempel, sie brachten sogar Opfer, aber dann mussten sie sich um ihr Geschäft kümmern, um ihren Handel. An Gott haben sie nicht mehr gedacht. Andere Dinge waren auf einmal wichtiger: schöne Kleidung, Geld und Politik.
Und mitten da hinein wurde der Prophet Jesaja gestellt – in diese Zeit, in der die Leute scheinbar für Gott keinen Platz hatten.
Historischer Kontext und Bedeutung von Jesaja
Wie vielen Gläubigen heute geht es genauso wie Jesaja oder den Menschen zur Zeit Jesajas? Die Zeit, na ja, das war vor ungefähr zweitausendsiebenhundert Jahren. Das ist eine ziemlich lange Zeit. Die wenigsten hier können sich daran erinnern, was vor siebzig Jahren war. Manche schaffen es vielleicht gerade noch so. Aber was vor siebenhundert Jahren war, wisst ihr überhaupt nicht. Oder könnt ihr euch daran erinnern, wer damals lebte, welche Könige in Deutschland herrschten und ob hier alles noch Urwald war oder anders? Kann ja sein, oder? Bei uns bestimmt Vogtland. Ich wohne ja noch in einem Waldgebiet, also ringsherum ist überall Wald. In welche Richtung man auch geht, man kommt überall in den Wald. Das ist auch ganz schön und vor allem schön für den Urlaub.
Stellt euch mal vor: Ein Buch, das vor etwa 2700 Jahren geschrieben wurde. Die älteste Kopie, die wir davon haben, ist eine Buchrolle. Wenn man sie ausrollt, ist sie sieben Meter und vierunddreißig Zentimeter lang und sechsundzwanzig Zentimeter hoch. Sie besteht aus 27 Lederstücken, die zusammengenäht sind, und enthält 54 Spalten hebräischen Textes. Dieses Buch kann man sich anschauen, wenn man nach Israel fährt und die Schriftrollen dort besucht. Es ist die berühmte Jesaja-Rolle. Dort ist sie ausgestellt, oder zumindest eine Kopie davon. Das Original zeigen sie wohl nicht so direkt.
Dieses Buch, diese Rolle, existierte schon zur Zeit von Jesus, unserem Herrn. In irgendeiner Synagoge wurde diese Buchrolle bereits verwendet, so alt ist sie. Bevor sie dann in einer der Höhlen von Qumran versteckt wurde, wo man sie gefunden hat, war sie schon im Gebrauch. Es ist das berühmteste Fundstück aus dieser Höhle.
Das Buch beginnt so: „Dies ist die Offenbarung, die Jesaja ben Amoz über Juda und Jerusalem empfangen hat, als die Könige Usija, Jotam, Ahas und Hiskia dort regierten.“ Wann Jesaja geboren wurde, wissen wir nicht genau, irgendwann im achten Jahrhundert vor Christus. Seine Eltern gaben ihm den Namen Jeschajahu, so klingt das auf Hebräisch, und das heißt so viel wie „Jahwe ist Rettung“ oder „Jahwe schafft Hilfe“. Jahwe, also Gott, schafft Heil. Bestimmt wollten die Eltern damit auch Gott danken für den Segen, den sie mit diesem Kind bekommen hatten.
Eine Ahnung hatten sie ganz gewiss noch nicht vom Plan Gottes mit diesem Baby, das gerade geboren war. Aber gewiss wurden sie auch von Gott selbst bei der Namensgebung gebraucht. Ich könnte es mir jedenfalls vorstellen. Denn der Name Jesaja passt praktisch zu seinem Lebenswerk. Er spricht geradezu ständig von der Hilfe und vom Heilgott. Sein ganzes Buch, vor allem der zweite Teil, ist davon bestimmt: Gott, Jahwe allein, kann Hilfe schaffen. Das war sein ganzes Leben.
Aber natürlich wollen wir nicht zu viel in den Namen hineinlegen. Jesaja war damals auch ein ganz beliebter Name. Er war bei weitem nicht der einzige, der so hieß im Alten Testament. Wenn ihr mal eine Konkordanz aufschlagt oder den Computer anschmeißt, findet ihr allein fünf verschiedene Personen namens Jesaja. Zum Beispiel ein Sohn des Psalmisten Jedutun hieß auch Jesaja.
Die gleiche Bedeutung wie der Name Jesaja haben auch andere Namen, zum Beispiel Hosea, Josia oder Joshua. Wenn wir den Namen Joshua griechisch hören, heißt er Jesus. Jesus ist Joshua, das heißt: Der Herr Gott Jahwe ist Hilfe, ist Heil.
Jesajas Mutter kennen wir nicht, wir wissen nur den Namen des Vaters. Er hieß Amos, nicht zu verwechseln mit dem Propheten Amos. Der hat damit nichts direkt zu tun, ist in der Verwandtschaft jedenfalls nicht verbunden. Allerdings, wenn der jüdische Talmud Recht hat, dann war der Vater ein Bruder von König Amasja von Juda. Das lässt sich zwar nicht beweisen, aber es hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Dann wäre Jesaja direkt mit dem Königshaus verwandt.
Wenn wir das Buch lesen, und wir werden einige Teile daraus lesen, stellen wir fest, dass er jederzeit Zugang zum König hatte. Manche andere Propheten hatten das auch, obwohl sie nicht direkt verwandt waren. So genau wissen wir es nicht. Jesaja übte jedenfalls großen Einfluss auf manche Könige aus, besonders auf König Hiskia.
Wir haben also beim Jesaja, wenn wir den ersten Vers gelesen haben, vier Könige genannt, unter denen Jesaja wirkte. Und unter diesen Königen wirkte Jesaja ungefähr siebzig Jahre. Das ist auch eine sehr lange Zeit. Siebzig Jahre lang zu arbeiten, das ist schon eine lange Zeit. Wenn man so alt wird, ist siebzig schon viel, achtzig sagt die Bibel als Höchstalter.
Wenn Jesaja mit zwanzig angefangen hat, war er am Ende neunzig Jahre alt. Also eine extrem lange Zeit. Wann genau er angefangen hat, wie lange der König schon regierte, kann man nicht genau sagen. Es können noch plus fünfundsechzig Jahre gewesen sein, ungefähr. Wann Jesaja gestorben ist, ist auch nicht sicher. Manche nehmen an, er starb unter Hiskia, andere unter Manasse. Manasse war der Sohn Hiskias, der im Alter geboren wurde und einer der schlimmsten Könige war, wohl der schlimmste, den es in Juda gab. Er war das Gegenstück zu David und hat alles kaputtgemacht.
Manche sagen, Jesaja wurde damals umgebracht. Es gibt eine jüdische Legende, die erzählt, er habe sich in einem hohlen Baum versteckt. Als man ihn fand, sägte man den Baum mit dem Propheten durch.
Es gibt einen Hinweis im Neuen Testament, im Hebräerbrief, den ich euch vorlese: Hebräer 11,35-38. Dort wird von den Glaubenshelden des Alten Testaments berichtet:
„Andere dagegen, die auch Gott vertrauten, wurden zu Tode gefoltert. Sie wollten lieber sterben, als sich von Gott lossagen und auf diese Weise freikommen. Sie wollten eine bessere Auferstehung erhalten. Wieder andere ertrugen Spott und Auspeitschungen, Ketten und Gefängnis. Sie wurden gesteinigt, zersägt, mit dem Schwert hingerichtet. Heimatlos zogen sie umher, in Schaf- und Ziegenfellen gehüllt, notleidend, bedrängt, misshandelt. Die Welt war es nicht wert, solche Menschen zu tragen. Sie mussten in der Wüste und in den Bergen, in Höhlen und in Klüften ihre Zuflucht nehmen.“
Es ist möglich, dass Jesaja auf diese Weise umgekommen ist. Es passt durchaus ins Bild, aber wir wissen es nicht sicher. Vielleicht hat Gott ihm doch auch ein friedliches Ende geschenkt und er war nicht gemeint mit denen, die zersägt wurden. Aber es hat auch solche Leute getroffen.
Der Hebräerbrief ist hier sehr nüchtern. Er sagt, es gibt Gottes Männer und Frauen, die haben Wunder Gottes erlebt, und andere, die waren genauso treu und haben Gott ebenso gedient. Diese sind auf grausame Weise umgekommen, sie wurden verfolgt, auch Männer und Frauen Gottes.
Jesajas Leben und familiärer Hintergrund
Über Jesaja und sein Leben wissen wir nicht allzu viel. Vielleicht geht es auch gar nicht so sehr um ihn selbst, sondern um das, was Gott durch ihn offenbaren wollte. Offensichtlich war er ein sehr gebildeter Mann. Wenn man sein Buch liest, merkt man, dass er sich absolut auskannte in der damaligen Politik, insbesondere in der damaligen Weltpolitik. Auch damals wurde schon Weltpolitik gemacht – das werden wir noch sehen.
Die Form seines Buches und der gesamte Inhalt deuten, von der menschlichen Seite betrachtet, auf einen sehr intelligenten Mann hin. Er war bestens vertraut mit allen damaligen Zuständen.
Noch etwas: Jesaja war verheiratet und hatte mindestens zwei Söhne. Zwei kleine Szenen aus dem Buch Jesaja machen das deutlich. Lesen wir kurz Jesaja 7,2:
„Als dem davidischen Königshaus gemeldet wurde, dass die syrischen Truppen schon im Gebiet von Ephraim stünden, fürchtete sich der König und sein ganzes Volk. Sie zitterten wie vom Sturm geschüttelte Bäume im Wald. Da sagte Jahwe zu dem Propheten Jesaja: Geh mit deinem Sohn Shearjaschub hinaus auf die Straße, die zu dem Feld führt, wo die Tuchmacher ihre Stoffe bleichen. An das Ende der Wasserleitung beim oberen Teich, dort wirst du König Ahas treffen. Sage zu ihm: Bleib ruhig und handle nicht unüberlegt, hab keine Angst vor Rezin und Benremalja und ihrem Zorn, es sind nur qualmende Brennholzstümmel.“
Ich will den Text jetzt nicht auslegen, aber der Name des Sohnes hier, Shearjaschub, war wohl eine Verheißung: Ein Rest kehrt um. Hier wird also der eine Sohn von Jesaja erwähnt.
Der andere Sohn wird in Jesaja 8,1 genannt, und das ist mindestens neun Monate vor der Geburt des nächsten Sohnes gewesen. Lesen wir ab Jesaja 8,1:
„Jahwe sagte zu mir: Nimm dir eine große Tafel und schreib darauf mit deutlich lesbarer Schrift ‚Für Schnellraubraschbeute‘ und lass dies von zwei vertrauenswürdigen Zeugen bestätigen, dem Priester Uriah und Zechaja ben Jeberecha. Als ich dann mit meiner Frau, der Prophetin, schlief, wurde sie schwanger und brachte einen Sohn zur Welt. Da sagte Jahwe zu mir: Nenne ihn Schnellraubraschbeute. Denn ehe der Junge Vater und Mutter sagen kann, werden die Reichtümer von Damaskus und die Schätze Samarias dem König von Assyrien vorangetragen.“
Der Name des zweiten Sohnes ist prophetisch und eine Verheißung für Israel. Der Raub und die Beute waren nicht Israel, sondern die Feinde Israels. Die Feinde Judas, die das Königreich Juda damals bedrängten, würden den Assyrern zur Beute fallen. Daher war das eine Verheißung für Juda.
Man könnte also sagen, die ganze Familie stand im Dienst Gottes.
Auch interessant: Die Frau wird hier Prophetin genannt. Ich glaube nicht, dass das einfach eine altmodische Bezeichnung ist, so wie früher bei einem Amtmann die Frau nur als „Frau Amtmann“ bezeichnet wurde, obwohl sie mit dem Amt nichts zu tun hatte. Wir sollten nicht annehmen, dass sie deshalb Prophetin heißt, weil ihr Mann Prophet war.
Ich denke eher, und das habe ich auch bei etlichen Auslegern so gelesen, dass sie vielleicht tatsächlich selbst eine prophetische Gabe hatte. Ähnlich wie im Neuen Testament die Töchter des Philippus, die ebenfalls weissagten und Gottes Worte weitergaben.
Wie dem auch sei: Eine Familie im Dienst für Gott ist immer eine großartige Sache. Bei den Kindern hier war das natürlich zunächst ein bisschen unfreiwillig. Was kann ein Kind dafür, dass es so einen ungewöhnlichen Namen bekommt? Diese Namen sollten den Leuten auffallen. Ob das den Kindern immer gefallen hat, wage ich zu bezweifeln. Wir wissen es jedenfalls nicht.
Ich glaube auch nicht, dass wir solche Namen heute nachmachen sollten. Zum Beispiel das nächste Kind einfach so nennen wie Maher Schalal Chaspas, was auf Deutsch „Deutschland wird beraubt“ bedeuten könnte. Stell dir vor, du gibst deinem Sohn den Namen „Deutschland wird beraubt“ oder „Russland wird beraubt“. Das klingt zwar ein bisschen hebräisch, aber das Standesamt würde so einen Namen nicht zulassen. So ein Name ist einfach nicht erlaubt.
Die Leute kommen zwar auf die verrücktesten Ideen, aber manchmal blocken die Behörden schon ab, um das Allerverrückteste zu vermeiden. Damals aber geschah es ausdrücklich auf ein Wort Gottes hin. Gott hat es ausdrücklich befohlen, weil er manchmal auch mit Zeichen, Zeichenhandlungen und Personen arbeitet, die etwas darstellen sollen.
Das war häufig bei Propheten der Fall. Zum Beispiel hat Gott einen Propheten ausgesandt, der gerade einen neuen Mantel gekauft hatte. Gott sagte ihm, dass er diesen Mantel zerreißen müsse, und zwar in zwölf Stücke. Das war eine Zeichenhandlung.
Zeichen bedeutet dabei nicht unbedingt Wunder, sondern kann man heute mit „Gegenstandslektion“ oder „Kinderarbeit“ vergleichen. Allerdings ist es etwas teuer, sich einen Anzug zu kaufen und dann zu zerreißen. Aber Gott erwartet so etwas manchmal.
Seid also vorsichtig, wenn ihr solche Anweisungen bekommt. Man kann sich auch an Schwachheiten etwas einbilden. Solche Dinge müssen sehr sicher sein.
Wichtig ist mir Folgendes: Die Familie ist im Umfeld Gottes – genauso wie der Prophet, die Kinder und die Frau.
Ich denke, das ist auch für uns wichtig. Kinder sollten zum Gottesdienst geschickt werden, zum Beispiel zum Kindergottesdienst oder zur Kinderstunde. Es ist wichtig, dass sie ihren Spruch wirklich lernen. Ich weiß gar nicht, ob das heute noch üblich ist, aber egal, was dazu gehört – man sollte darauf achten.
Das sollte für gläubige Eltern selbstverständlich sein, auch wenn die Kinder manchmal keine Lust haben. Das ist normal. Natürlich gibt es eine Grenze, ab der die Kinder selbst entscheiden müssen. Aber ich glaube nicht, dass diese Grenze bei sechs oder acht Jahren liegt. Mir scheint, dass Eltern etwas falsch machen, wenn sie so früh schon aufgeben.
Politische Lage und gesellschaftliche Zustände zur Zeit Jesajas
Zurück zu Jesaja: Irgendwann, zur Regierungszeit von Usia, begann der Dienst des Propheten. Judah ging es damals äußerlich sehr gut. Es war eine Art Wohlstand ausgebrochen, wie ihn das Volk seit der Zeit König Salomos nicht mehr erlebt hatte – und das lag schon etliche hundert Jahre zurück.
Usia, auch Asarja genannt, hatte die Ammoniter, Edomiter, Araber und Philister – also die Völker ringsherum – alle besiegt. Israel war bereits fünfzig Jahre lang vor größeren Angriffen verschont geblieben, und tatsächlich war ein gewisser Wohlstand ausgebrochen.
Das Problem mit dem Wohlstand ist, dass geistig gesehen solche Zeiten selten besonders gut sind. Die Menschen werden übermütig und stolz. Jesaja, der selbst aus der Oberschicht stammte, musste deshalb massiv gegen diesen Übermut der Leute vorgehen. Er stellte sich deutlich gegen die ausgebrochene Gottvergessenheit.
Wenn es den Menschen schlecht geht, rufen sie schneller zu Gott und merken, dass sie Hilfe brauchen. Doch wenn es ihnen gut geht, wenn es ihnen zu gut geht, dann wird daraus oft nur noch eine Spaßgesellschaft. Man meint, man brauche Gott nicht. Freilich, wenn man den Spaß zu arg treibt – wie eine Analyse unserer Tage zeigen könnte – besinnt man sich dann doch wieder.
Es ist erstaunlich, welche Menschen heute plötzlich wieder zu Gott finden. Ich war vor kurzem mit dem Ideachef zusammen, und wir hatten eine Sitzung. Er erzählte auch überraschende Dinge, die man nie erwartet hätte: Gott greift an unerwarteter Stelle ein. Dort, wo man längst nicht mehr dafür gebetet hatte, tauchen plötzlich Menschen auf, die sich bewusst zu ihm und seinem ganzen Wort stellen. Das ist überraschend, angenehm und schön.
Aber insgesamt herrscht in unserem Volk eine echte Gottvergessenheit, und das ist extrem. Das zeigte sich gerade wieder bei der Wahl des amerikanischen Präsidenten – mit dem wir eigentlich nichts zu tun haben. Was da geschrieben wurde, nachdem die Wahl gewonnen war, zeigt ganz andere Werte als die, die man in Deutschland hat. Das ist eine Problematik.
Die Zeit, die Jesaja beschreibt, ist letztlich nicht anders als unsere heute. Ich lese dazu Jesaja 3,16-24, wo Jesaja das anschaulich am Beispiel der Frauen von Jerusalem beschreibt – einer Wohlstandsgesellschaft.
Jesaja 3,16: „Das sagte Jahwe: Weil die Töchter Zions hochmütig sind, weil sie mit hochgereckten Hälsen dahergehen und aufreizende Blicke nach allen Seiten werfen, weil sie mit trippelnden Schritten einherstolzieren, damit man das Klirren ihrer Fußspangen hört, wird der Herr Jahwe ihren Scheitel kahl und grindig werden lassen und ihre Scham entblößen. An diesem Tag wird der Herr ihnen den Schmuck wegnehmen: das Knöchelgeklirr, die Sönchen und Halbmonde am Hals, Ohrgehänge und Armspangen, Flatterschleier und Kopfbunde, Schrittkettchen und Brustbänder, Parfümfläschchen und Amulette, Fingerringe und Nasenringe, Festkleider und Mäntel, Umschlagtücher, Taschen und Spiegel, feinste Unterwäsche, Kopftücher und weite Schleier. Dann gibt es statt des Wohlgeruchs Gestank, statt des Gürtels einen Strick, statt Lockengeringel eine Glatze, statt des Festgewandes einen umgürteten Sack, statt der Schönheit ein Brandmal. Deine Männer fallen durchs Schwert, deine Helden durch den Krieg.“
So sieht Gott die Frauen Jerusalems damals. Freilich, man sollte nicht denken, dass Jesaja über die Frauen herzieht. Die Männer waren keinen Deut besser und bekamen genauso ihr Fett weg.
Jesaja 5,8-24 beschreibt weiter: „Weh denen, die sich ein Haus neben das andere stellen und ein Feld nach dem anderen kaufen, bis kein Grundstück mehr da ist und alles ihnen gehört! Da hörte ich den Schwur Jahwes: Die vielen Häuser werden öde und leer sein, so groß und schön sie auch sind, sie werden ohne Bewohner sein. Denn zehn Joch Rebland geben einen Eimer Saft, und zehn Sack Getreide einen Zentner Ertrag.
Weh denen, die schon am frühen Morgen hinter dem Bier her sind und sich erhitzen am Wein bis spät in die Nacht! Zither und Harfe, Pauke und Flöte und Wein gehören zu ihrem Gelage, doch was Jahwe tut, beachten sie nicht. Vor seinem Wirken haben sie keinen Respekt.
Weil mein Volk keine Einsicht hat, wird es gefangen weggeschleppt, seine Edlen werden Hungerleider sein, und seine lärmende Menge verschmachtet vor Durst. Das Totenreich reißt seinen Schlund weit auf und hinabfährt seine ganze Pracht, das ganze johlende und lärmende Gewühl. Da werden Menschen gebeugt und Männer geduckt, da werden stolze Augen gesenkt.
Jahwe, der allmächtige Gott, wird erhöht durch sein Gericht. Der heilige Gott zeigt sich heilig im gerechten Gericht. Zwischen den Trümmern der Stadt weiden die Schafe, und Ziegen nähren sich in den Ruinen der Vertriebenen.
Weh denen, die die Strafe für ihre Schuld herbeiziehen an Stricken des Wahns! Das Gericht über ihre Sünde schleppen sie an Wagenseilen herbei und sagen auch noch: ‚Er soll sich beeilen, der heilige Gott Israels, wir wollen endlich sehen, was er mit uns tut.‘
Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die Finsternis zum Licht erklären und Licht zu Finsternis, die das Bittere süß und das Süße bitter machen! Weh denen, die sich selbst für weise halten und meinen, verständig zu sein! Weh denen, die Helden im Weintrinken sind und tapfer im Mischen von starkem Getränk! Sie sprechen den Gottlosen gerecht durch ein Bestechungsgeschenk, und den Gerechten nehmen sie ihr Recht.
Darum wird ihre Wurzel wie Asche sein, ihre Blüte auffliegen wie Staub, denn sie haben das Gesetz Jahwes, des Allmächtigen, verworfen und das Wort des heiligen Israels verschmäht.“
Den Leuten ging es viel zu gut, und Jesaja sah, dass dieser Wohlstand sie so schnell Gott vergessen ließ. Er sah auch voraus, dass es bald aus sein würde.
So lebten die Menschen: selbstsicher und stolz. Sie scheuten sich nicht, Gott regelrecht zu verhöhnen: „Ah, der heilige Gott, möge er doch kommen, na los, er möge sich beeilen, wir wollen endlich mal was sehen!“ Sie sehnten sich nicht wirklich nach Gott.
Heute nennt man solche Dinge künstlerische Freiheit. Schamlose und blasphemische Dinge werden in aller Öffentlichkeit gezeigt, gesagt und gemacht. Niemand würde sich das mit den Muslimen oder mit Allah trauen – dort fürchtet man den nächsten Anschlag. Sie schlagen gleich zu, sprengen sich oder andere in die Luft. Aber mit Gott kann man es machen, wenn es einem zu gut geht.
Das ist eine Beschreibung für das Volk Gottes damals. Und wir sollten es als Volk Gottes hören: „Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die meinen, zu wissen, wo es langgeht.“
Der König selbst wurde durch seine Erfolge übermütig. Er hatte ein paar kleine Kriege gewonnen und dachte: „Ah, ich bin der King.“ Usia, König von Juda, dachte, er könne in den Tempel vor Gott treten und dort räuchern.
2. Chronik 26,16 sagt nach der Elberfelder Übersetzung: „Und als er mächtig geworden war, wurde sein Herz hochmütig, bis er verderblich handelte. Und er handelte treulos gegen den Herrn, seinen Gott, und drang in den Tempel des Herrn ein, um auf dem Räucheraltar zu räuchern.“
Daraufhin wurde er von Gott bestraft: Er wurde von Aussatz befallen. Sein Sohn Jotham musste die Herrschaft übernehmen. Usia musste abgesondert wohnen, so war das bei Aussätzigen damals. Das war im Jahr 750 vor Christus.
Wir kommen nun langsam in eine sehr wichtige Zeit. Fünf Jahre später, also 745 vor Christus, geschah etwas in einem ganz fernen Land, etwa 1500 Kilometer von Jerusalem entfernt, in Assyrien. Dort bestieg ein gewisser Tiglat-Pileser den Thron.
Damit änderte sich die damalige Welt grundlegend. Die Eroberungssucht dieses Königs kannte keine Grenzen – und auch seine Nachfolger wollten ein Großreich aufbauen. Um das zu erreichen, eroberten sie ganze Länder und verpflanzten die Völker.
Das war damals Politik: Sie dachten, wenn sie die Leute entwurzeln und woanders hinsiedeln, würden sie leichter zu beherrschen sein. Man nennt das heute ethnische Säuberung. Das wurde damals massiv praktiziert.
Man dachte, wenn die Völker dort sind, wo ihr Gott ist, könnten sie wieder stark werden. Aber wenn man sie entwurzelt und woanders hinsetzt, verliert der Glaube vielleicht an Kraft. So wollte man die Juden aus Israel vertreiben – und manche kämpfen bis heute dafür.
Fünf Jahre nach der Thronbesteigung Tiglat-Pilesers starb König Usia. In diesem Jahr schenkte Gott dem Propheten Jesaja eine erstaunliche und wunderbare Offenbarung, die vielen bekannt ist, und die im Jesaja 6 steht. Ich lese sie:
Jesaja 6,1-13: „In dem Jahr, als König Usia starb, sah ich den Herrn auf einem hoch aufragenden Thron sitzen. Die Säume seines Gewandes füllten den ganzen Tempel aus. Umgeben war er von Seraphim, majestätischen Engeln. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel: Mit zweien bedeckte er sein Gesicht, mit zweien seine Beine, und mit zweien flog er.
Einer rief dem anderen zu: ‚Heilig, heilig, heilig ist Jahwe, der allmächtige Gott! Die ganze Erde bezeugt seine Macht!‘ Von ihrem Rufen erbebten die Fundamente der Tempeltore, und das ganze Haus wurde mit Rauch erfüllt.
Da rief ich: ‚Weh mir, ich bin verloren! Ich habe den König gesehen, Jahwe, den allmächtigen Gott, und ich habe verunreinigte Lippen und wohne in einem Volk, das durch seine Worte ebenso verunreinigt ist.‘
Da kam einer der Seraphim zu mir geflogen, er hatte mit einer Zange eine glühende Kohle vom Altar genommen und berührte damit meinen Mund. Er sagte: ‚Die Glut hat deine Lippen berührt, jetzt bist du von deiner Schuld befreit, deine Sünde ist gesühnt.‘
Dann hörte ich die Stimme des Herrn: ‚Wen soll ich senden? Wer ist bereit, unser Bote zu sein?‘ Da sagte ich: ‚Ich bin bereit, sende mich!‘
Er sprach zu mir: ‚Geh und sage diesem Volk: Hören sollt ihr, hören, aber nichts verstehen; sehen sollt ihr, sehen, aber nichts erkennen. Verstockt das Herz dieses Volkes und verstopfe seine Ohren, verklebe ihm die Augen, damit es mit seinen Augen nichts sieht und mit seinen Ohren nicht hört. Damit sein Herz nicht einsichtig wird, sich nicht bekehrt und so keine Heilung erfährt.‘
Da fragte ich: ‚Wie lange soll das gehen?‘ ‚Herr, bis die Städte öde und unbewohnt sind,‘ erwiderte er, ‚bis die Häuser ohne Menschen und die Felder zur Wüste geworden sind. Jahwe treibt die Menschen weit weg, das Land wird leer und verlassen sein. Und wenn noch ein Zehntel darin übrig bleibt, wird auch das noch niedergebrannt.
Es wird wie bei einer Terrebinte oder Eiche sein, wo beim Fällen ein Stumpf übrig bleibt. Ein heiliger Same ist dieser Stumpf.‘“
Diese Vision war nicht die Erstberufung Jesajas, sondern offenbar die Berufung zu einem besonderen Auftrag. Er sollte einem verstockten Volk predigen, bis das Gericht über sie gekommen wäre.
Das Todesjahr Usias war damals ein Wendepunkt in der Geschichte. Trotz allem Schlimmen, das kommen würde – und das mit Sicherheit für diese Generation –, sah Jesaja dennoch den Heiligen Israels auf seinem Thron: Jahwe, den allmächtigen Gott, den Herrn der Herrscharen, der alles in seiner Hand hält und die Geschicke seines Volkes bestimmt.
Das darf man nie aus dem Auge verlieren. Jahwe ist da, er sieht alles, er weiß um alle politischen Entwicklungen und bestimmt sie sogar.
Israel hat das immer wieder vergessen. Vor der Gefangenschaft, also vor der assyrischen Gefangenschaft, die Jesaja beschreibt, und auch vor der babylonischen Gefangenschaft, die hundert Jahre später kam, war Judah und Israel wirklich ein gottvergessenes Volk.
Das ist verrückt, weil es ja das Volk war, das Gott erwählt hat. Aber das steht schon im Alten Testament: Nicht weil ihr so besonders fromm wart, habe ich euch erwählt, nicht weil ihr so groß wart oder ein gutes Volk, sondern einfach, weil ich es wollte.
Dieses Prinzip Gottes gilt auch für dich und mich: Nicht weil du besonders schön oder gut bist, hat Gott dich gewählt, sondern weil er es wollte. Das ist großartig – dass dieser Gott etwas übrig hat für dich und mich.
Das entschuldigt jedoch nichts. Auch später änderte sich Israel nur langsam. In der babylonischen Gefangenschaft gab es nie mehr einen solchen Götzendienst wie zuvor. Man begann, die Schriften zu studieren, die man vorher kaum kannte. Das fing erst in der Gefangenschaft an – da griff Gott radikal ein.
Vor der Gefangenschaft, also auch vor der assyrischen Gefangenschaft zur Zeit Jesajas, war Israel wirklich ein gottvergessenes Volk. Die Gottesdienste liefen zwar noch, Priester waren da, und die Menschen glaubten sogar noch an Gott. Aber er war ihnen praktisch egal.
Das ist das Problem: Gottvergessenheit mitten im Volk Gottes. Man kann an Gott glauben, meinen, dazu zu gehören, und doch in Wirklichkeit Gott vergessen.
Wie das aussah, beschreibt Jesaja schon im ersten Kapitel seines Buches, ich lese Jesaja 1,10-17:
„Hört das Wort Jahwes, ihr Mächtigen von Sodom, vernehmt die Weisung unseres Gottesvolkes von Gomorra!
Was soll ich mit der Menge eurer Opfer? spricht Jahwe. Ich habe genug von euren Schafböcken und dem Fett von Mastkälbern, das Blut von Stieren, Lämmern und Böcken mag ich nicht.
Wenn ihr in den Tempel kommt, um vor mir zu erscheinen, meine Vorhöfe zertrampelt ihr. Wer hat das von euch verlangt?
Lasst eure nutzlosen Opfer! Euer Weihrauch ist mir ein Gräuel. Neumond, Sabbat und andere Feste – sündige Feiern ertrage ich nicht.
Und wenn ihr betet mit ausgebreiteten Händen, verhülle ich meine Augen vor euch. Auch wenn ihr mich noch so mit Bitten bestürmt, höre ich nicht, denn eure Hände sind voller Blut.
Wascht und reinigt euch, schafft mir eure bösen Taten aus dem Weg! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun. Lernt Gutes zu tun, fragt nach dem Recht, weist die Unterdrücker zurecht, helft den Waisen und Witwen zu ihrem Recht!“
Wer Gott vergisst und im Alltag nicht an ihn denkt, wird mit seinem Nächsten auch so umgehen, wie hier beschrieben: ungerecht und rücksichtslos.
Wer Gott im Alltag hat, dessen Leben wird von Gott und seinem Wort bestimmt. Dann kann man nicht einfach alles machen.
Heilmittel gegen Gottvergessenheit
Welches Heilmittel gibt es eigentlich gegen Gottvergessenheit? Ich muss zum Schluss kommen, dass es letztlich genau dasselbe ist, was auch Jesaja erfuhr: die Begegnung mit dem heiligen Gott.
Jeder Mensch, dem Gott auch nur ein kleines, winziges Stück seiner Heiligkeit zeigt, wird sofort zusammenbrechen. Er kann es nicht aushalten. Er wird sich seiner Schuld in allen Bereichen bewusst. So ging es zum Beispiel Petrus. Da war noch gar nicht so viel von der Herrlichkeit Gottes deutlich zu sehen. Petrus war damals auf dem Boot, wo er die ganze Nacht vergeblich gefischt hatte. Der Herr sagte ihm dann, er solle das Netz auf der rechten Seite auswerfen, und sie würden fangen. Daraufhin sagte Petrus: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch.“ (Lukas 5,8)
Warum? Der Herr hatte doch nur ein Wunder getan. Aber Petrus spürte, dass etwas Überirdisches in unsere Welt einbricht. Gott ist da! Der Herr sagte kein einziges Wort über Sünde, aber Petrus wusste augenblicklich: Ich bin ein Sünder. Wer Gott begegnet, erkennt, wie schuldig er ist. Es geht nicht anders.
Auch Jesaja hat das tief in seinem Innersten erfasst. In Jesaja 6 heißt es: „Weh mir, ich bin verloren, ich habe den König gesehen, den allmächtigen Gott, und ich habe verunreinigte Lippen. Ich wohne in einem Volk, das durch seine Worte ebenso verunreinigt ist.“ Was hat man nicht alles gesagt! Das kommt auch von den Lippen von Gläubigen – welche läppischen Dinge wir über Gott sagen oder hören.
Was kann uns vor Gottvergessenheit bewahren? Es ist der Blick für die Größe und Heiligkeit Gottes und gleichzeitig das tiefe Bewusstsein für die eigene Schuld.
Dazu kommt noch ein drittes: die Erfahrung der Vergebung. Jesaja hat das so erlebt, als ein Engel zu ihm kam und mit einer glühenden Kohle seine Lippen berührte. Die Glut berührte seine Lippen, und er war von seiner Schuld befreit, seine Sünde gesühnt.
Und dann kommt noch ein letztes dazu. In Jesaja 6 hört er die Stimme des Herrn, der fragt: „Wen soll ich senden? Wer ist bereit, unser Bote zu sein?“ Da antwortet Jesaja: „Ich bin bereit, sende mich!“
Ich möchte sagen: Wer von uns nicht wirklich bereit ist, dem Herrn zu dienen und es auch tut, wird ständig von der Krankheit der Gottvergessenheit befallen sein – so schlimm das auch ist.
Fassen wir zusammen: Es gibt Mittel gegen die Gottvergessenheit.
Erstens: Sei dir der Heiligkeit Gottes bewusst, so wie die Bibel von ihm spricht.
Zweitens: Du musst ein tiefes Bewusstsein deiner eigenen Schuld haben. Das ist sehr wichtig und heilsam. Du musst begreifen, dass du im tiefsten Inneren sündig bist. Wenn dir heute keine Sünde bewusst ist, dann hat Gott dich bewahrt. Aber von uns aus ist nichts da.
Drittens: Vergebung der Schuld. Hast du sie wirklich erfahren? Paulus hat das erlebt, als er vor Damaskus zusammenbrach. Er hat sich sein Leben lang daran erinnert und gesagt: „Ich bin der schlimmste aller Sünder. Ich habe sogar die Gemeinde verfolgt, ich habe den Namen Jesus gehasst und verfolgt.“ Er hat es nie vergessen.
Manchmal gibt es kuriose Gestalten unter den Christen, die vergessen, dass sie Sünder sind. Sie heben dann ab und fangen an zu spinnen – nicht nur mit Worten, manchmal auch anders.
Also noch einmal: Sei dir der Heiligkeit Gottes bewusst. Du musst gleichzeitig ein tiefes Bewusstsein deiner eigenen Schuld haben. Es hat keinen Zweck, mit jemandem zu sprechen oder ihm Rat zu geben, der nicht weiß, dass er vor Gott schuldig ist.
Drittens: Du musst Vergebung empfangen haben.
Und viertens, das Letzte: Hast du dich Gott zur Verfügung gestellt? Der Platz in deinem Leben muss mit etwas anderem ausgefüllt werden.
Was wirst du tun, damit du morgen früh, wenn du aufstehst und zur Arbeit, ins Büro, in die Firma, in die Schule oder sonst wohin gehst, nicht schon wieder Gott vergisst?
Der Herr Jesus gebraucht ein wunderbares Bild, um diese ständige Verbindung zu ihm deutlich zu machen: das Bild von der Rebe am Weinstock. Er sagt: „Getrennt von mir könnt ihr nichts ausrichten. Ihr könnt nichts tun.“
Gottvergessenheit soll nicht unseren Alltag bestimmen, sondern Gottverbundenheit. Möge der Herr uns das schenken.
Ich hoffe, morgen Abend sehen wir uns wieder, und jeder von uns kann das den ganzen Tag ausprobieren: Wie ist es mit der Gottvergessenheit? Oder bin ich mit ihm verbunden, ob ich am Computer sitze, im Auto fahre oder sonst etwas mache?
Gottverbundenheit statt Gottvergessenheit – das will Gott uns geben, euch und mir.