So betrachtet uns nun niemand anders, als Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes. Von einem Verwalter aber wird verlangt, dass er treu gefunden wird.
Was nun Menschen betrifft, so habe ich wenig auf sie zu achten; ja, ich achte auch nicht auf mich selbst. Denn ich habe mich selbst noch nicht für gerecht befunden. Der Herr aber ist mein Richter.
Darum lasst niemand vor den Menschen über mich urteilen. Ich kenne zwar nichts gegen mich selbst; doch bin ich damit noch nicht gerechtfertigt. Der Herr aber ist mein Richter.
Darum verurteilt nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbaren wird. Dann wird jeder von Gott Lob erhalten.
Meine Brüder, ich habe euch schon oft im Herzen zu besuchen versucht, doch bis jetzt war ich daran gehindert. Jetzt aber habe ich Lust, zu euch zu kommen, damit ich euch etwas geistliche Gabe überbringe, damit ihr festgemacht werdet.
Ich will euch aber nicht nur mit Worten, sondern auch mit Kraft besuchen, damit ihr erkennt, dass wir bei euch sind, um euch zu helfen.
Denn obwohl ihr in diesem Leben lebt, wandelt ihr nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist, wenn ihr denn wirklich nach dem Geist Gottes lebt. Denn wer nach dem Fleisch lebt, der stirbt; wer aber nach dem Geist lebt, der lebt.
So lasst uns also nicht müde werden, Gutes zu tun; denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten.
Darum, solange wir Zeit haben, lasst uns Gutes tun an allen, besonders aber an den Glaubensgeschwistern.
Warnung vor Selbstüberschätzung im Glauben
Ich nehme nur noch drei Verse mit, also von Vers 6 bis Vers 13. Überschrieben ist dieser Abschnitt mit „Gegen die Selbstüberschätzung der Korinther“.
Solches aber, liebe Brüder, habe ich auf mich und auf Apollos bezogen, um euretwillen. Damit ihr an uns lernt, was es heißt, nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht. Es soll also keiner über die Bibel hinaus, über das geschriebene Wort Gottes hinaus, eine andere enthusiastische oder schwärmerische Begeisterung in seinem Christenleben zeigen. So soll sich nicht einer wieder um jemandes Willen über den anderen erheben.
Denn wer gibt dir einen Vorzug? Was hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, warum rühmst du dich dann, als hättest du es nicht empfangen?
Ihr Korinther seid schon satt geworden, ihr seid schon reich geworden, ihr herrscht ohne uns. Ihr seid also schon mündig geworden, selbständig. Ja, wollte Gott, ihr herrschtet, auf dass auch wir mit euch herrschen möchten.
Denn mir scheint, Gott habe uns Apostel als die Allergeringsten dargestellt, ja als dem Tod Übergebene. Denn wir sind ein Schauspiel geworden der Welt, den Engeln und den Menschen. Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus. Ihr seid schwach, ihr aber stark. Ihr herrlich, wir aber verachtet.
Bis auf diese Stunde leiden wir Hunger und Durst und Blöße, und wir werden geschlagen und haben keine sichere Stätte. Wir arbeiten und wirken mit unseren eigenen Händen. Man schilt uns, so segnen wir. Man verfolgt uns, so dulden wir es. Man lästert uns, so reden wir freundlich.
Wir sind geworden wie der Abschaum der Welt, jedermanns Kehricht bis heute! Herr, öffne uns Satten dafür die Augen! Amen!
Die Versuchung des strahlenden Erfolgsbildes
Liebe Gemeinde, heute ist Wahlsonntag. Keine Angst, ich glaube, Sie können selbst entscheiden, was Sie wählen möchten. Trotzdem hätte ich Ihnen hier gerne noch einmal die vielen Wahlplakate und die verschiedenen Kandidaten gezeigt.
Was mir an diesen Kandidaten so auffällt, ist, dass sie alle lachen und strahlen. Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe einen Kandidaten, der motzen würde. Sicherlich fände auch er eine Clique von Sympathisanten. Aber gewählt würde er ganz bestimmt nicht.
Denn in unserer Welt wird nur das wahrgenommen, was jemand lächelnd und strahlend als Sieger verkündet – selbst wenn er am Ende nur zwei Prozent der Stimmen erhält. Er lächelt schon im Voraus auf seinen großen Sieg. Das ist eine Art, die uns alle anspricht und lockt.
Jede Werbung ist darauf aufgebaut, ein verlockendes Bild zu schaffen, das jeden mitreißt. Schon Kinder werden angesprochen: „Schau mal, wie der auf seinem Pferd sitzt und eine Zigarette raucht! Schau mal, dieses Lächeln mit dieser Zahnpasta – ein ungeheurer Eindruck!“
Ein großer Philosoph hat einmal gesagt, Christen müssten wie Erlöste aussehen, wenn sie an ihren Erlöser glauben. Es war Nietzsche, der dieses Wort prägte. Dieses Wort wurde in christlichen Kreisen immer wieder zitiert. Niemand protestierte dagegen, obwohl es das Wort eines Christushassers ist – das Wort der Welt, die uns zum Strahlen bringen will wie in der Werbung oder im Fernsehen.
Der Apostel Paulus sagt dagegen: Das bin ich nicht, und das will ich niemals werden. Wer in seinem Christenleben so wird, verfälscht das Evangelium. Das ist die Art der Welt. Lasst euch nicht in dieses Lachen hineintreiben – in dieses strahlende, siegesichere Lachen!
Wie ist es nur möglich, dass uns Christen ein solches Wort eines Atheisten wie Nietzsche überhaupt beeindruckt? Dass wir es zitieren, als wäre es ein Wort der Heiligen Schrift? Dabei vergessen wir die Wahrheit der Heiligen Schrift, die genau das ablehnt.
Drei Gebote für ein nüchternes Glaubensleben
Lassen Sie mich diesem falschen, lächelnden Strahlen und Leuchten drei Gebote entgegenstellen, die ich aus dem Brief des Paulus an die Korinther entnehme.
Mein erstes Gebot lautet: Bleibt nüchtern! Bleibt nüchtern!
1. Bleibt nüchtern
Es war ein großes Erlebnis für die Christen in Korinth, als sie merkten, dass die Predigt des Paulus wahr ist: Jesus lebt. Sie begannen, in Vertrauen und Gehorsam ihr Leben auf diesen Herrn umzustellen. Dabei machten sie Erfahrungen, die sie beglückten und fröhlich machten. Mit Jesus kann man Siege in der Welt erleben. Mich begeistert das bis heute, besonders wenn wir Zeuge werden, wie in unserer Nähe ein Mensch die ersten Schritte des Glaubens macht und ihm dabei fast der Atem wegbleibt.
Das ist wahr, was in der Bibel geschrieben steht – man kann sich darauf verlassen. Ich habe gebetet, und Gott hat gehört. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass sich das so wirklich erfüllt. Da kann man teilhaben an dieser großen Freude. Der Apostel Paulus hatte diese große Freude auch über die Gemeinde von Korinth. Wir dürfen diese Freude an den Erfahrungen mit unserem Herrn haben, der Gebet erhört und in unserem Leben mächtig als Herr wirkt. Er erzählt wunderbare Predigten von den großen Siegen unseres Herrn und von der Freude, die wir mit ihm haben.
Heute kann es kein Missverständnis mehr geben, dass Christen auch lachen und fröhlich sein dürfen. Aber Paulus warnt: Vorsicht, übertragt eure Erfahrungen nicht einfach auf andere. Im Gegenteil, ich möchte jetzt besonders all denen etwas sagen, die im Glaubensleben noch am Anfang stehen – so wie die Christen in Korinth, die gerade die ersten Schritte gemacht hatten. Paulus sagt: Ihr habt gerade noch aus dem Fläschchen getrunken, ihr seid Milchtrinker, ihr seid noch nicht groß geworden im Glauben und habt wenig Erfahrung.
Am Anfang, im Babystadium des Glaubens, lässt Gott uns viel Ermutigung erfahren. Umso wichtiger ist es, dass wir Kontakt mit anderen Christen haben und unsere Erfahrungen nicht nur für uns behalten. Dann sehen wir plötzlich dieses Jubelchristentum, das nur eine Seite ist. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die anders geführt werden. Menschen, die der letzte Dreck der Welt sind, und das nur, weil sie sich Jesus, dem Herrn, unterstellt und ihm nachgefolgt sind.
Das ist eine Gefahr – denken Sie an einen Luftballon, in den man hineinbläst und der immer größer wird, bis er schließlich platzt. Wenn man im eigenen Glaubensleben nur von den Erfahrungen des Sieges lebt und völlig vergisst, dass da jemand zu Hause auf seiner Matratze liegt, seit drei, vier Jahren nichts vom Sieg Jesu erlebt, betet und betet, und es scheinbar still bleibt. Vergessen wir das denn? Vergessen wir, dass Gott andere Menschen anders führt?
Bleibt nüchtern! Was ist das Große im Christenleben? Darum geht es Paulus. Was ist das Große? Ihr habt euch so hineingesteigert vor lauter Erfahrungen mit Jesus, dass ihr ganz vergessen habt, dass das große Wunder unabhängig von den Erfahrungen der Siege und Wunder Gottes erlebt wird.
Es gibt eine nette Geschichte: Im Zoo starb der Orang-Utan, und die Zooleitung war in Verlegenheit, was sie tun sollte. Sie suchten einen Studenten. Sie zogen ihm schnell das Affenkostüm an und sagten: „Ich bezahle dir sechs Mark pro Stunde, turn da drinnen ein bisschen herum. Die Leute kommen und wollen den Orang-Utan sehen, das ist die Hauptattraktion unseres Zoos.“ Der Student legte sich mächtig ins Zeug, schwang sich von Schaukel zu Schaukel und von Gittermast zu Gittermast. In der Begeisterung machte er einen Riesensatz und fiel oben über die Gitterstäbe in das nächste Käfig – und da saß ein Löwe drin.
Todesangst! Der Löwe ging auf ihn zu, drei Schritte, zwei Schritte, ein Schritt. Der Student schloss die Augen und dachte: Jetzt ist es vorbei. Doch dann flüsterte ihm der Löwe zu: „Ich bin doch auch nur einer von der technischen Universität.“
Das ist eine Erinnerung: Wir sollten uns fragen, ob unsere Arbeitskollegen und Mitmenschen noch wissen, dass wir nicht die Lösung der Welt haben. Ich erschrecke, wie Christen heute tun, als ob wir der UNO und den Politikern Ratschläge geben könnten. Wir sind es nicht! Steigert euch nicht hinein durch euren Beifall, als ob wir wie der Affe durchs Käfig brausen könnten. Wir sind keine Könner, sondern ganz schlichte Leute, die vom Erbarmen Gottes leben.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in christlichen Familien einen Schock geben kann, wenn Kinder an ihren Eltern enttäuscht werden. Wir müssen doch vor unseren Kindern ehrlich sagen: Wir sind es nicht. Ihr wollt uns in der Perfektion haben, aber das sind wir nicht. Wir sind Menschen, die in jeder Predigt nur sagen können: „Mir ist Erbarmen widerfahren, Erbarmen, dessen ich nicht wert bin.“ Wir wollen uns nicht durch große Erfahrungen der Güte Jesu hineinsteigern und so tun, als wären wir Könner.
Paulus sagt, das sind Gaben, die wir empfangen haben, einmalige Dinge zur Stärkung unseres Glaubens. Aber was wir bleiben, sind die letzten Schwächlinge der Welt. Ich habe die Sorge, dass wir uns wie der Affe kostümieren und der Welt eine Show abziehen. Die Welt erwartet heute viel von Christen. Wenn ich in Häuser komme, sagen die Leute: „Es ist gar nicht so schlecht mit der Kirche, aber die Kirche muss noch etwas tun in unserer Zeit.“ Und dann wird man gelobt: „Sie sind ein guter Pfarrer, ein netter Pfarrer.“ Aber ich lasse mich nicht in dieses Fell drängen.
Paulus sagt: Ich möchte einer sein, der der Kehricht der Welt ist, einer, von dem die Welt nichts erwartet, aber dessen Leben dadurch groß wird, dass der Herr sich zu ihm stellt. Das begreifen viele nicht. Nüchternheit heißt Demut, heißt, bei der Schwäche unseres Lebens stehen zu bleiben. Es ist nicht wahr, dass diese Welt heute schon eine neue ist. Wir warten auf die Erneuerung der Welt bei der Wiederkunft Jesu. Wir Christen haben nicht die Patentlösung in der Tasche. Wir wissen genau, dass die Dinge heute noch nicht gelöst sind und dass der Teufel alle Macht in der Welt hat.
Deshalb wollen wir demütig und nüchtern bleiben. Wir wissen es und können es unseren Mitchristen sagen: Wir leiden selbst noch unter der Sünde. Ist das ein ehrliches Wort? Oder flüstern wir es einander nur unter vorgehaltener Hand zu und sagen: „Ich habe auch in meinem Christenleben zu ringen“? Verstehen Sie, warum das unser heiligster Punkt ist – im Predigen und im Zeugnisgeben, wenn wir voneinander sagen: Wir sind solche, die vom Erbarmen Jesu leben. Mehr kann man nicht sagen.
Über diese Stelle möchte ich nie hinauskommen: nüchtern bleiben, nüchtern bleiben! Ich wundere mich, dass manche unter uns ganz überrascht sind und in Tränen ausbrechen, wenn sie sagen: „Jetzt bin ich in meinem Christenleben wieder an meine alten Nöte gestoßen.“ Ja, natürlich, ein Leben lang! Aber was mich hochhält, ist der Ruf Jesu, der sagt: „Ich lasse dich nicht los, sondern ich habe dich erwählt und mache etwas aus deinem Leben.“ Das ist die Hoffnung, an der wir uns an ihn klammern und nüchtern bleiben – an der Hoffnung und am Glauben.
Mein zweiter Befehl lautet: Bleibt demütig! In einer kleinen Runde der Predigtvorbereitung sagte ein Prediger vor ein paar Tagen: „Ich kann über diesen Text nicht predigen, das passt einfach nicht, das trifft auf uns nicht zu. Wir sind nicht der Kehricht der Welt, nicht der Abschaum, nicht verachtet, nicht obdachlos.“ Manchmal sieht man unter einem falschen Beitrag das Richtige. Da ging mir auf: Liegt es nicht daran, dass wir das Evangelium an der falschen Stelle nicht leben? Wir lassen uns von Leuten in eine Rolle drängen, in der wir anerkannt sind.
Ich war am letzten Sonntag in Stuttgart in einer Gemeinschaftsstunde, in die ich in fünf Jahren noch nie gekommen war. Ich weiß nur, dass die meisten Christen hochnäsig über diese Christen dort reden. Aber ich habe dort viel mitgenommen, im Hören zu Füßen dieser Brüder. Und ich fragte mich: Was ist das mit dem Hass, der Verachtung und dem Spott? Warum tragen sie den Spott und ich stelle mich nicht zu ihnen? Warum sind sie verachtet und wir nicht? Kann man wirklich vermeiden, um Jesu willen verachtet und verspottet zu werden?
Ich möchte auch fragen, ob wir nicht Verbindungen abgeschnitten haben. Vielleicht haben wir gar keinen schweren Christenstand, weil wir die längst vergessen haben. Wie viele müssen jetzt hier in unseren Bänken sitzen, die nicht mehr aus dem Haus hinaus können und die angefochten sind? Das Christenleben ist kein lockendes Strahlerleben. Weil wir die Lasten der anderen mittragen, weil keiner so leiden wird unter der Last dieser gefallenen Welt wie wir, wenn wir es ernst meinen. Weil keiner so leiden wird unter der Not der Welt wie wir. Es bedrückt und beschwert uns, und wir können nicht einfach lachen.
Andere sagen: „Es gibt viele, die sind auch so korrekt wie die Christen und so ehrlich.“ Dann sagen wir: „Das interessiert uns nicht.“ Es gibt Leute, die können viel besser strahlen als Christen, sind viel lustiger und haben mehr Freude. Aber sie sind nicht am wirklichen Leiden der Welt beteiligt.
Ich habe mich gefragt, ob ich das predigen darf. Ich weiß, dass viele es heute nicht verstehen werden. Aber ich predige um der wenigen willen, die heute sagen: „Mir ist eine Last von der Schulter genommen worden. Ich darf mich meinem Leben stellen, meinem kleinen Leben.“ Wenn Paulus sogar sagt, er sei nie weitergekommen, dann möchte ich mich nicht von einem Lebensbild zum Idol machen lassen, sondern dort bleiben, wo ich bin.
Wir haben später den Bericht von Doktor Übele über Tansania und die ärztliche Mission. Ich wünsche mir, dass man dort auch vom nicht mehr strahlenden Missionsarzt hört. Wenn die Welt ihren Doktor Schweizer hochjubelt, ist das eben unwahrscheinlich. Wenn wir erzählen, merken wir: Das sind Leute, die oft nicht mehr wissen, ob es richtig oder falsch ist, was sie tun. Christen wissen das selten, aber sie sind am Ende ihrer Kraft und können keine Bilanz ziehen.
Das kann morgen im Fernsehen bei der Aktion „Gute Taten“ gezeigt werden, und jeder sagt: „Das sind Christen, die mir gefallen.“ Nein, sie werden sagen: „Das ist Unsinn!“ So wie die Arbeiter und Missionare heute oft verrissen werden, selbst in christlichen Kreisen, wo man ihnen böse Absichten unterschiebt. Diese Leute, die nichts wollten als dem Willen Jesu gehorsam zu sein, müssen Kolonialismus, Missachtung und Rassismus ertragen. Sie können nichts tun, als diese schwere Verkennung ihrer Arbeit hinzunehmen.
Vor 14 Tagen ist dort unten ein Flugzeug der Christoffel-Blindenmission abgestürzt. Es war ein Wunder, dass bei der Notlandung alle überlebten, aber das Flugzeug wurde völlig zerstört. Wir hatten das schon bei einer anderen Indianermission: Andere fragen, wo denn der Gott sei, der die segnende Hand über sie hält. Was ist das für ein merkwürdiges Christenleben, wo man nichts davon sieht? Die Christen müssten doch geradere Kinder haben als andere, fröhlicher sein als andere. Aber das Gegenteil ist richtig: Sie müssen manchmal mehr leiden, weil sie tiefer teilhaben an den Leiden der Welt.
Ich habe gestern einen Bericht gelesen, dass in Libyen, wo Gaddafi herrscht, ein ungeheurer Druck auf Christen ausgeübt wird. Warum wird das unter Christen nicht erzählt? Wir müssten doch wissen, dass seit 1971, seit dem Sieg des sogenannten 5. September, die große Kathedrale zu einem Islamzentrum umfunktioniert wurde. Dass in der Malteserkirche die geheime Staatspolizei regiert. Dass im Kapuzinerkloster seit 1971 die zerrissenen Bibeln noch im Hof liegen, und niemand hat sich die Mühe gemacht, sie wegzuräumen.
Warum werden Christen so gestoßen? Was haben sie getan? Paulus sagt: Bleibt demütig! Ihr dürft in eurem Leben große Erfahrungen machen. Ich könnte viel erzählen von der vergangenen Woche. Aber Paulus sagt: Bleibt demütig! Wenn euch Jesus etwas erleben lässt, ist es ein Wunder von ihm. Überhebt euch nicht, bläht euch nicht auf wie ein Luftballon, sondern wisst: Ihr bleibt solche Leute, die getreten und gestoßen sind. Das einzige Recht, das ihr habt, ist die Hand Jesu, die euch hält.
Und noch ein letztes: Bleibt im Glauben! Es ist kein deprimierendes Reden des Paulus. Manche meinen, Paulus wollte den Christen in Korinth etwas Negatives sagen und sie auf ein Leidensleben vorbereiten. Das ist nicht richtig. Paulus sagt nur: Das Schlimme ist, wenn man sich überhebt, dann kommen furchtbare Enttäuschungen, wenn man erfährt, dass es eine Täuschung war.
Wie viele Christen sind in ihrem Glaubensleben zerbrochen, weil sie sich in ein falsches Halleluja-Christentum geflüchtet haben? Sie lebten in Schwärmerei, redeten große Worte, doch der Alltag und ihre Anfechtungen blieben unbearbeitet. Deshalb sagt Paulus: Ich weiß, wie es bei mir ist, und ich schäme mich nicht. Wir arbeiten und wirken mit unseren Händen, stehen mit beiden Füßen im Beruf. Wer das tut, ist Paulus näher als ich.
Sie wissen, welche Nöte das im Beruf macht. Da singen Sie mal Ihr Halleluja und Ihre Loblieder draußen. Wir leiden Hunger, Durst und Blöße, werden geschlagen und haben keine sichere Stätte. Heute ging jemand in den Gottesdienst und dachte, jetzt müsste er mutlos werden, weil er so leidet und nichts von der Nähe Gottes sieht. Paulus sagt: Nein, im Gegenteil! In dieser Niedrigkeit eines irdischen Christenlebens kann man die Erfahrung Jesu machen.
Man schilt uns, andere schimpfen auf uns, und wir segnen. Man verfolgt uns, wir dulden es. Man lästert uns, wir reden freundlich. Wir wagen es, mittendrin in diesem nichtigen, ärmlichen Christenleben dem Ruf Jesu nachzuleben und geben auf das Schimpfen die Segnung zurück.
Ein Gemeindeglied, treu in unserem Gottesdienst jeden Sonntag, ist verstorben. Vor zwei Monaten haben wir Abschied gefeiert mit einer Abendmahlsfeier, an der einige im Pflegeheim teilnehmen konnten. Ich darf das erzählen, weil es das Vermächtnis der Verstorbenen ist. Sonst erzähle ich solche Dinge nicht.
Wir waren zusammen, und ich wusste, dass es diesem Gemeindeglied immer sehr schwerfiel, ihre Witwenschaft zu ertragen. Das erste Wort, das immer wieder aus ihrem Munde kam, war: „Ich bin allein, mein Mann ist tot, und ich komme nicht drüber hinweg.“ Dann feierten wir das Abendmahl, und ich fragte sie: „Kommen Sie wirklich nicht drüber hinweg?“ Sie sagte: „Ich bin ganz gelöst.“ Das habe ich aus diesem ehrlichen schwäbischen Mund nicht erwartet. Ich war überrascht, wie Jesus Menschen in diesem nichtigen Leben loslösen kann.
Sie erzählte, wie sie sich Freude auf die Ewigkeit freut, aber auch froh wäre, wenn sie hier noch einen Dienst hätte, auch wenn sie über achtzig ist. Sie lässt sich führen und fallen in die Hand dessen, der sie führt. Das ist das große Passier des Sieges Jesu im Leben – nicht wenn man sich überhöht und mit seinem Brummenleben prahlt, sondern wenn man am Boden bleibt und in großen Bewährungen siegt. Wenn man fertig wird mit der Trauer der Witwenschaft und anfängt, die Kleinigkeiten zu überwinden, die einen so belasten.
Ich bin froh, dass Paulus uns heute dieses Wort gesagt hat. Wir wollen uns nicht mehr in einem Nietzsche-Wort halten, als ob wir Erlöste sein wollen. Lieber ehrlich, lieber ein wenig verbissen, aber dann weiß ich, dass es echt ist, was jemand sagt und von seinem Glauben bekennt. Dort weiß ich, wie er ringt und am Boden steht, dort, wo Christen mit beiden Füßen in der Welt stehen.
Wir sind nicht die großen leuchtenden Gestalten, aber Menschen, die in dieser Welt den Herrn beim Wort nehmen, sich nicht von ihm trennen lassen und wissen: Er lässt nicht von mir los bis in Ewigkeit. Einen solchen Armen, dem alles fehlt, hat er zum seligen Eigentum erwählt. Den, der ihm manches Herzeleid bereitet, hat er vom ewigen Untergang befreit. Dabei soll es bleiben, bis mein Auge bricht.
Amen, Halleluja, Jesus lässt mich nicht allein.
Wollen beten: Herr Jesus Christus, du lässt uns nicht nur viele Wunder und Siege erleben, sondern auch viele Niederlagen. Wir danken dir dafür, dass du uns so viele Wunder und Siege erleben lässt.
Wir danken dir auch für das Schwere, das du in unser Leben legst. Wir wollen nicht davor fliehen, sondern wissen, dass du es zulässt. Gerade unter dieser Bedrückung und Last können wir deine Liebe und deinen Trost noch mehr erfahren.
Herr, wir fliehen oft davor und täuschen uns über unsere Welt, in der wir leben. Wir wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass es noch eine leidende Welt der Tränen ist, durch die wir gehen, die nur Hoffnung auf deinen Sieg hat, der schon geschehen ist.
In unserem Leben ist dieses große Geschehen, das du uns ergriffen hast. Jetzt wollen wir auf deinen Ruf hin leben, in der großen Hoffnung, dass du aus unserem nichtigen Leben Großes machen wirst zu deinem Lob.
Wir wissen auch um die kümmerliche Gestalt unseres Gemeindelebens und aller verfassten Kirchen dieser Welt. Wir wollen sie nicht mit falschen Berichten überspielen, sondern uns unter die Not deiner zerrissenen Gemeinde stellen, unter das Unverständnis untereinander.
Ja, Herr, wir leiden darunter, dass deine Christenschar in dieser Welt nichts von deiner Herrlichkeit zeigt. Aber wir leben von deinem Erbarmen und fassen umso fester deine Hand – das ist unser Glaube.
In diesem Glauben leben wir und lassen uns senden in den Dienst. Herr, gebrauche alles, was wir in der kommenden Woche in der Gemeinde oder für uns in deinem Namen tun. Benutze es zum Bau deines Reiches, damit Frucht daraus entsteht, weil du durch uns wirkst.
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen!
Herr segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
3. Bleibt im Glauben
Und noch ein letztes: Bleibt im Glauben!
Hier spricht Paulus keineswegs deprimierend. Manche meinen, Paulus wolle den Christen in Korinth etwas Negatives sagen und sie auf einen Leidensweg und ein trauriges Leben vorbereiten. Das ist jedoch nicht richtig. Paulus sagt nur: Das Schlimme ist, wenn man sich überhebt. Dann folgen furchtbare Enttäuschungen, wenn man plötzlich erkennt, dass es eine Täuschung war.
Wie viele Christen sind in ihrem Glaubensleben zerbrochen, weil sie sich in ein falsches Halleluja-Christentum geflüchtet haben! Sie lebten in Schwärmerei, schwollen an und redeten mit großen Worten. Doch den Alltag ihres Lebens, ihre Anfechtungen und Nöte haben sie nie wirklich aufgearbeitet.
Deshalb sagt Paulus: „Ich weiß, wie es bei mir ist, und ich schäme mich dessen nicht. Wir arbeiten und wirken mit unseren Händen, wir stehen mit beiden Füßen im Beruf.“ Da gibt es sogar Menschen, die noch mehr getan haben als er. Paulus lässt sich von ihnen freihalten und dankt ihnen für ihre Großzügigkeit. Aber er betont: „Ich stehe mit beiden Füßen in der Welt, und wenn Sie das auch tun, sind Sie mir näher als ich.“
Man weiß, welche Nöte man dadurch im Beruf erlebt. Da singen Sie Ihr Halleluja und Ihre Loblieder draußen. Wir jedoch leiden Hunger und Durst, Blöße, werden geschlagen und haben keine sichere Stätte.
Heute ging jemand in den Gottesdienst und dachte, dass er im Glauben mutlos werden müsste, weil er so leiden muss, weil es ihm so schwer geht und er nichts von der Nähe Gottes spürt. Paulus sagt dazu: Nein, im Gegenteil! In dieser Niedrigkeit eines irdischen Christenlebens kann man die Erfahrung Jesu machen.
Man schilt uns, andere schimpfen auf uns, und wir segnen. Man verfolgt uns, wir dulden es. Man lästert uns, wir antworten freundlich. Wir wagen es, mitten in diesem nichtigen, ärmlichen Christenleben dem Ruf Jesu nachzuleben. Und wir geben auf das Schimpfen die Segnung zurück.
Ein Gemeindeglied, treu in unserem Gottesdienst jeden Sonntag, ist verstorben. Vor zwei Monaten haben wir bereits Abschied gefeiert mit einer Abendmahlsfeier, an der einige im Pflegeheim teilnehmen konnten. Ich darf das erzählen, weil es das Vermächtnis der Verstorbenen ist. Sonst erzähle ich solche Dinge natürlich nicht.
Wir waren zusammen, und ich wusste, dass es für dieses Gemeindeglied immer sehr schwer war, ihre Witwenschaft zu ertragen. Das erste Wort, das aus ihrem Munde immer wieder kam, war: „Ich bin allein, mein Mann ist tot, und ich komme nicht drüber hinweg.“
Dann feierten wir das Abendmahl miteinander, und ich fragte sie: „Kommen Sie wirklich nicht drüber hinweg?“ Sie antwortete: „Ich bin ganz gelöst.“
Ich hatte das aus diesem ehrlichen schwäbischen Mund nicht erwartet. Ich war überrascht, wie Jesus Menschen in diesem nichtigen Leben loslösen kann. Sie sprach davon, wie sie sich auf die Ewigkeit freut, aber auch froh wäre, wenn sie noch einmal hier einen Dienst hätte – auch wenn sie schon über achtzig ist. Sie lässt sich führen und fällt in die Hand dessen, der sie führt.
Das ist das große Passier des Sieges Jesu in einem Leben. Nicht dort, wo man sich überhöht und mit seinem Brummen, Leben und seinen guten Tagen aufbläst, sondern dort, wo man am Boden bleibt und in großen Bewährungen siegt. Wo man fertig wird mit der Trauer der Witwenschaft und anfängt, die kleinen Dinge zu überwinden, die einen so belasten.
Ich bin so froh, dass Paulus uns heute dieses Wort gesagt hat. Wir wollen uns nicht mehr in einem Nietzsche-Wort halten, als ob wir Erlöste sein wollen. Lieber ehrlich, lieber ein wenig verbissen, aber dann weiß ich: Bei dem ist es echt, was er sagt und was er von seinem Glauben bekennt. Dort weiß ich, wie er ringt und wie er am Boden steht – dort, wo Christen mit beiden Füßen in der Welt stehen.
Wir sind nicht die großen, leuchtenden Gestalten. Aber es sind Menschen, die in dieser Welt den Herrn beim Wort nehmen und sich nicht von ihm trennen lassen. Sie wissen: Er lässt nicht von mir los bis zur Ewigkeit.
Einen solchen Armen, dem alles fehlt, hat er zum seligen Eigentum erwählt. Den, der ihm manches Herzeleid bereitet, hat er vom ewigen Untergang befreit. Dabei soll es bleiben, bis mein Auge bricht.
Amen, Halleluja, Jesus lässt mich nicht allein.
Schlussgebet
Wir wollen beten.
Herr Jesus Christus, du lässt uns nicht nur viele Wunder und Siege erleben, sondern auch viele Niederlagen. Dafür möchten wir dir jetzt danken. Wir danken dir für die Wunder und Siege, die du uns schenkst.
Wir möchten dir auch für das Schwere danken, das du in unser Leben legst. Wir wollen nicht davor fliehen, sondern wissen, dass du es zugelassen hast. Gerade unter dieser Bedrückung und Last können wir noch mehr deine Liebe und deinen Trost erfahren.
Herr, wir fliehen so oft davor, weil es uns nicht passt. Wir täuschen uns oft über die Welt, in der wir leben. Wir wollen nicht wahrhaben, dass es noch eine leidende Welt voller Tränen ist, durch die wir gehen. Diese Welt hat nur die Hoffnung auf deinen Sieg, der bereits geschehen ist.
In unserem Leben ist dieses große Geschehen gegenwärtig, das du uns geschenkt hast. Jetzt wollen wir auf deinen Ruf hin leben, in der großen Hoffnung, dass du aus unserem nichtigen Leben Großes machen wirst zu deinem Lob.
Wir wissen auch um die kümmerliche Gestalt unseres Gemeindelebens, ja, aller verfassten Kirchen dieser Welt. Wir wollen dies nicht mit falschen, angeberischen Berichten überspielen. Stattdessen stellen wir uns unter die Not deiner zerrissenen Gemeinde in dieser Welt. Wir stellen uns unter das Unverständnis, das untereinander herrscht.
Ja, Herr, wir leiden darunter, dass deine Christenschar in dieser Welt kaum etwas von deiner Herrlichkeit zeigt. Aber wir leben von deinem Erbarmen und fassen umso fester deine Hand – das ist unser Glaube.
In diesem Glauben leben wir und lassen uns senden in den Dienst. Herr, gebrauche alles, was wir in der kommenden Woche in der Gemeinde oder für uns in deinem Namen tun. Benutze es zum Bau deines Reiches, damit daraus Frucht entsteht, weil du durch uns wirkst.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen!
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!
