Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 142: Konflikt und Bußappell
Einleitung: Der bevorstehende Konflikt
Vor uns liegt ein großer Konflikt. Wie kam es dazu? Jesus besucht ein Fest in Jerusalem und heilt einen Kranken. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Geschehen völlig unspektakulär. Doch die Heilung findet an einem Sabbat statt.
Die Heilung am Sabbat und ihre Bedeutung
Johannes 5,8-9: Jesus spricht zu ihm: „Steh auf, nimm dein Bett auf und geh umher.“ Und sofort wurde der Mensch gesund, nahm sein Bett auf und ging umher. Es war aber an jenem Tag Sabbat.
Interessanterweise bekommt zunächst nur der Geheilte ein Problem. Johannes 5,10: Die Juden sagten zu dem Geheilten: „Es ist Sabbat, es ist dir nicht erlaubt, das Bett zu tragen.“
Ich habe gestern gesagt, dass es Gott bei der Heilung darum ging, einen Konflikt zu provozieren. Ich nehme das aus zwei Gründen an.
Erstens ist die Heilung irgendwie besonders. Da sind fünf Säulenhallen voller Kranker, und der Herr Jesus sucht sich genau diesen einen aus. Wir lesen nichts davon, dass der Geheilte gläubig war oder es einen anderen Grund gab, genau ihn auszuwählen. Genau genommen wusste der Geheilte, wie wir noch sehen werden, nicht einmal, wer da mit ihm spricht. Jesus ist für ihn ein Fremder, der ihn fragt, ob er geheilt werden will. Als er die Frage etwas umständlich bejaht, wird er sofort geheilt.
Zweitens, wenn Jesus einen Menschen heilen soll, der achtunddreißig Jahre lang krank war, spielt es keine Rolle, ob dieser noch einen Tag länger krank bleibt oder nicht. Wäre es primär um die Heilung selbst gegangen, hätte Jesus problemlos noch einen Tag warten können. Nach 38 Jahren Krankheit kommt es auf ein paar Stunden wirklich nicht an.
Aber es geht nicht um die Heilung. Es geht um den Konflikt, den diese Heilung hervorruft. Gott provoziert diesen Konflikt. Darum geht es.
Gottes bewusste Provokation
Gott provoziert. Er tut etwas, von dem er weiß, dass die Gesellschaft, in der er lebt, es nicht gutheißen wird. Es ist Sabbat. Es ist dir nicht erlaubt, das Bett zu tragen.
Mag sein, dass diese Interpretation des Sabbatgebots ein wenig pharisäerhaft eng ist. Aber so dachten damals die Leute. Und Gott weiß das. Er hätte den Konflikt ohne Not vermeiden können, tut es aber nicht.
Hört noch einmal zu, was Jesus sagt: Steh auf, nimm dein Bett auf und geh umher. Dabei geht es ihm nicht explizit um die Heilung, sondern darum, dass der Geheilte etwas tut, das bei den Religiösen anecken muss.
Die Reaktion der Juden und die Identitätsfrage
Johannes 5, Verse 11-13: Der Geheilte antwortete den Juden. Sie fragten ihn: „Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett auf und geh umher?“
Der Geheilte wusste jedoch nicht, wer es war, denn Jesus hatte sich entfernt. An diesem Ort war eine große Volksmenge versammelt.
Was steht hier im Zentrum? Nicht die Heilung selbst, sondern die Frage, wer es wagt, die anerkannten Sabbat-Regeln in Frage zu stellen. Deshalb die Frage: „Wer ist der Mensch, der zu dir gesagt hat: Nimm dein Bett auf und geh umher?“
Der Gelähmte hatte keine Ahnung. Jesus war weg. Er wollte keine Probleme bekommen, denn in der Säulenhalle waren ihm zu viele Menschen versammelt. Weitere Heilungen waren von oben nicht geplant.
Wir müssen festhalten: Im Leben Jesu gibt es Momente, in denen er alle Kranken heilt, die man zu ihm bringt. Diesmal war es nicht so. Fünf Säulenhallen voller Kranker, die nicht gesund werden. Und genau ein Lahmer, der das erste Mal seit Jahrzehnten wieder laufen kann.
Gott wurde offensichtlich nicht Mensch, um alle Kranken gesund zu machen. Er hat Gründe, warum er manchmal Menschen heilt – auch viele auf einmal – und warum er an anderer Stelle unerkannt den Ort verlässt, obwohl viele weiterhin auf Heilung warten.
Die Mahnung zur Umkehr nach der Heilung
Johannes 5,14: Danach findet Jesus ihn im Tempel und spricht zu ihm: „Siehe, du bist gesund geworden. Sündige nicht mehr, damit dir nichts Ärgeres widerfährt.“
Ich weiß nicht, ob ihr diesen Vers auch irgendwie merkwürdig findet. Würde man von dem Messias nach allem, was wir wissen, nicht eine andere Ansprache erwarten? Geht es beim Christsein nicht darum, dass wir glauben? „Sündige nicht mehr, damit dir nichts Ärgeres widerfährt“ – was ist das denn für eine Theologie? Das hätte doch jeder Pharisäer so sagen können. Was meint Jesus damit?
Die Antwort ist gar nicht so schwer. Für Jesus gehören nämlich zwei Dinge untrennbar zusammen: Buße und Glaube. Oder mit den Worten des Hebräerbriefes: Es geht um die Buße von toten Werken und den Glauben an Gott. Die toten Werke sind die Sünden, die für mich als Heide normal waren. Bevor ich an Gott glauben kann, muss ich die Entscheidung treffen, mein altes Leben hinter mir zu lassen.
Genau das meint Jesus, wenn er sagt: „Sündige nicht mehr.“ Der Mann war geheilt worden, aber er hatte sich noch nicht bekehrt. Das heißt, er wurde nicht wegen seines Glaubens geheilt, sondern einfach nur so – banal formuliert: Gott brauchte eine Heilung am Sabbat, und er war das Opfer.
Jetzt geht es Jesus darum, ihn zu warnen. Es gibt nämlich Schlimmeres als eine unheilbare Krankheit, die mich jahrzehntelang ans Bett fesselt. Es gibt die ewige Verlorenheit. Es gibt den Moment beim letzten, dem jüngsten Gericht, wenn ich schuldig gesprochen und zu ewiger Pein verurteilt werde. Krankheit ist schlimm, aber verloren zu gehen ist viel schlimmer.
Für den Herrn Jesus scheint es total wichtig zu sein, dass der Geheilte nach seiner Heilung nicht denkt, dass jetzt alles gut ist – im Sinne von: „Wow, 38 Jahre krank, jetzt bin ich gesund, das Leben kann beginnen, ich habe so viel nachzuholen.“ Versteht ihr? Genau das wäre jetzt ein fataler Fehler.
Es ist schön, für ihn geheilt zu sein, aber viel wichtiger ist, dass er Buße tut. Deshalb sagt Jesus: „Sündige nicht mehr, damit dir nichts Ärgeres widerfährt.“
Die Ergänzung von Buße und Glauben in den Evangelien
Aber warum sagt Jesus nichts vom Glauben? Tja, gute Frage. Die Antwort lautet ungefähr so: Wir wissen nicht, was der Herr Jesus alles mit dem ehemals Gelähmten besprochen hat. Als Erzähler muss ich aber nicht in jeder Geschichte, die ich erzähle, schon alles vollständig darstellen.
Was wäre, wenn es im Johannesevangelium zwei Heilungen gäbe, die beide am Sabbat stattfinden? Beide führen dazu, dass der Geheilte heftige Konflikte mit den religiösen Autoritäten bekommt. Und dummerweise kann in beiden Fällen der Geheilte nicht sagen, wer ihn geheilt hat.
Was wäre, wenn im zweiten Fall das Thema Buße völlig fehlt, dafür aber der Glaube im Mittelpunkt steht? Wenn man so etwas in einem Text findet, spricht man von einem Chiasmus – also von Texten, die zusammengehören und sich inhaltlich ergänzen.
Als der Herr Jesus mit dem Predigen beginnt, sagt er: „Tut Buße und glaubt an das Evangelium.“ Beides ist also wichtig. Aber nicht jede Geschichte in den Evangelien muss beides explizit betonen. Vor allem deshalb nicht, weil Erzähltexte sich gegenseitig ergänzen wollen.
Das ist eine Eigenschaft von Erzähltexten. Deshalb finden wir hier, an dieser Stelle in Johannes 5, eine Betonung auf Buße: „Sündige nicht mehr!“ Während im Kapitel 9, bei der Heilung des Blindgeborenen, ganz offensichtlich der Glaube betont wird.
Der Glaube des Blindgeborenen als Ergänzung
Wenn wir Johannes 9, die Verse 35 bis 38 lesen, hören wir, dass Jesus erfuhr, dass der Blindgeborene hinausgeworfen worden war.
Als Jesus ihn fand, fragte er ihn: „Glaubst du an den Sohn des Menschen?“
Der Mann antwortete: „Wer ist es, Herr, damit ich an ihn glaube?“
Jesus sagte zu ihm: „Du hast ihn gesehen; der mit dir spricht, das ist er.“
Daraufhin antwortete der Mann: „Ich glaube, Herr!“ und warf sich vor ihm nieder.
Schlusswort und Segenswunsch
Bete weiterhin für die kleine Marie. Ein Bild von ihr findest du in der Frogwords App unter der Rubrik Gebet, Berlin News, Juni 2022.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.