Ich freue mich, wieder da zu sein. Wir setzen unsere Reihe zur Apostelgeschichte fort. Heute haben wir eine relativ kurze Episode, die, gelinde gesagt, wenig Überraschungen bereithält. Ich werde euch den Text gleich vorlesen.
Anschließend möchte ich diesen Text nutzen, um ein Thema anzusprechen, das meiner Meinung nach in Predigten bisher kaum beleuchtet wurde. Mit einigen von euch habe ich dieses Thema bereits behandelt. Das liegt daran, dass wir zusammen einmal eine Bibelwoche zum Buch Prediger veranstaltet haben. Dort ist es ein sehr prominentes Thema, besonders in Kapitel 5.
Vielleicht kennt ihr das Thema schon. Für Gäste oder diejenigen, die nach dieser Bibelwoche dazugestoßen sind, könnte es aber durchaus neu sein. Ihr werdet vielleicht denken: „Oh, das gibt es ja auch in der Bibel, das habe ich bisher noch nicht so wahrgenommen.“
Doch zunächst wollen wir gemeinsam den Text lesen: Apostelgeschichte Kapitel 18, Verse 18 bis 22.
Reisebericht und Ausgangslage
Nachdem Paulus noch viele Tage dort geblieben war, nahm er Abschied von den Brüdern und segelte nach Syrien ab. Mit ihm waren Priscilla und Aquila. Zuvor hatte er sich in Kenchreä das Haupt scheren lassen, denn er hielt ein Gelübde.
Sie kamen nach Ephesus, und Paulus ließ Priscilla und Aquila dort zurück. Er selbst ging in die Synagoge und unterredete sich mit den Juden. Als sie ihn baten, längere Zeit zu bleiben, willigte er nicht ein. Stattdessen nahm er Abschied von ihnen und sagte: „Ich werde, wenn Gott will, wieder zu euch zurückkehren.“ Danach segelte er nach Ephesus ab.
Als er in Caesarea landete, ging er hinauf und begrüßte die Gemeinde. Anschließend zog er hinab nach Antiochia.
Dies ist unser Text für heute. Ihr merkt schon: Ein Reisebericht – wie spannend! Wir befinden uns am Anfang in Korinth, am Ende in Antiochia. Paulus reist ab, nachdem die Anklage gegen ihn vor dem Prokonsul Gallio erfolglos geblieben war. Er verlässt Korinth jedoch erst, nachdem er dort noch eine Weile geblieben ist.
Irgendwann möchte er dann wieder nach Hause. So beginnt seine Reise, mit einer Zwischenstation in Ephesus, danach geht es weiter nach Caesarea und schließlich nach Antiochia. Auf dem Weg lässt er nur ein paar frustrierte Juden zurück, die gerne noch mehr mit ihm zu tun gehabt hätten. Paulus sagt ihnen jedoch: „Hey, ich komme ja wieder zurück, alles ist gut.“
Man merkt, dass dies ein sehr unscheinbarer, fast banaler Text ist. Paulus ist auf dem Weg – klar, eine Missionsreise. Was erwartet man denn anderes? Doch in Vers 18 steckt ein wichtiger Hinweis. Ich möchte ihn noch einmal vorlesen:
„Nachdem Paulus noch viele Tage dort geblieben war, nahm er Abschied von den Brüdern und segelte nach Syrien ab. Mit ihm waren Priscilla und Aquila, nachdem er sich in Kenchreä das Haupt hatte scheren lassen, denn er hielt ein Gelübde.“ (Apostelgeschichte 18,18)
Die Bedeutung des Gelübdes und die Frage nach dem Haarschnitt
Und vielleicht ging es euch vorhin so, als ich die Worte vorgelesen habe, dass ihr ein wenig gestutzt habt. Zumindest würde es mir so gehen, wenn ich den Text lese. Automatisch stellt sich die Frage: Was macht der hier?
Um das gleich zu Beginn zu sagen: Wir sind im Neuen Testament, und das, was wir hier lesen, klingt doch eher nach mosaischem Gesetz. Also, wenn man das schon mal gehört hat, dann ja, das ist lange zurück in der Bibel. Aber was macht der hier?
Deshalb möchte ich mir heute Zeit nehmen, mit euch ein wenig Gedanken darüber zu machen, warum Paulus sich hier das Haupt scheren lässt – und das meint, was es sagt.
Ich habe mal überlegt, ob ich das irgendwann vormache, habe aber kein Go von meiner Frau bekommen. Ja, es wäre wie Miep, Miep, Miep – ja, das ist Hauptscheren, das heißt, das Haar glatt zu schneiden.
Frage: Warum macht er das?
Antwort: Er erhielt ein Gelübde, mehr steht nicht da.
Wir haben eine ähnliche Geschichte in Apostelgeschichte 21. Dort kommt Paulus nach Jerusalem und bekommt von den Gemeindeleitern einen Auftrag. In Apostelgeschichte 21,23-24 heißt es: „Tu nun dies, was wir dir sagen“, das sind die Gemeindeleiter an Paulus, „wir haben vier Männer, die ein Gelübde auf sich genommen haben. Diese nimm zu dir und reinige dich mit ihnen und trage die Kosten für sie, damit sie das Haupt scheren lassen.“
Also wieder dieser komische Gedanke, dass irgendjemand einem anderen eine Glatze schneidet.
Einführung in das Thema Gelübde
Frage Gelübde: Was ist ein Gelübde?
Fangen wir ganz einfach an. Ein Gelübde ist ein Versprechen. Wir schauen uns das am Anfang der Bibel an. Dort ist Jakob einer, der vor seinem Bruder Esau flieht und dann Gott begegnet. Dieser Moment, in dem er Gott begegnet, ist gleichzeitig der Moment, in dem er Gott ein Gelübde ablegt. Das möchte ich euch zeigen.
Es lohnt sich, bei solchen Themen immer am Anfang der Bibel nachzuschauen, um eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, worum es geht. Also hier fängt das an: 1. Mose 28,20-21.
Und Jakob legte ein Gelübde ab und sagte: „Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf diesem Weg, den ich gehe, und mir Brot zu essen und Kleidung anzuziehen gibt, und ich in Frieden zurückkehre zum Haus meines Vaters, dann soll der Herr mein Gott sein.“
Das ist ein Gelübde. Jakob verspricht Gott seine Loyalität und Anbetung, wenn Gott ihn behütet und er in Frieden zurückkehren darf. So einfach das klingt – ein Gelübde ist in etwa so etwas wie ein Deal. Ich mache einen Deal mit Gott, einen Deal, der dazu da ist, ernsthaftes Gebet zu unterstreichen.
Um das ganz am Anfang zu sagen: Es gibt nicht viele Möglichkeiten, ein Gebet wirklich ernsthaft zu machen. Wir können eigentlich nur drei Dinge tun, wenn wir ein Gebet ernster vor Gott bringen wollen.
Erstens: Du kannst häufiger und intensiver beten – das ist das Thema Pflegen.
Zweitens: Du kannst Ernsthaftigkeit durch Verzicht unterstreichen, das sind die Themen Wachen und Fasten. Dabei verzichtest du auf Essen, Trinken oder Schlaf.
Drittens: Du hast Gelübde. Du bietest Gott an: Wenn du an der Stelle auf mein Gebet eingehst, dann werde ich dafür etwas tun.
Nochmal, damit wir das vor Augen haben: 1. Mose 28,20-21.
Jakob legte ein Gelübde ab und sagte: „Wenn Gott mit mir ist und mich behütet auf diesem Weg, den ich gehe, und mir Brot zu essen und Kleidung anzuziehen gibt, und ich in Frieden zurückkehre zum Haus meines Vaters, dann soll der Herr mein Gott sein.“
Gottes Reaktion auf Gelübde und deren Bedeutung
Jetzt könnte man denken: Lässt Gott sich auf so einen Deal eigentlich ein? Das klingt ein bisschen nach: Wenn du das tust, dann mache ich das. So eine Hand-wäscht-die-andere-Mentalität. Das erscheint ziemlich ungeistlich. Doch wir lesen in 1. Mose 31,13: „Ich bin der Gott von Bethel.“ Bethel war der Ort, an dem Jakob das Gelübde abgelegt hatte. „Ich bin der Gott von Bethel, wo du einen Gedenkstein gesalbt und mir ein Gelübde abgelegt hast. Mache dich jetzt auf, ziehe aus diesem Land und kehre zurück in das Land deiner Verwandtschaft.“
Dieser Vers ist beeindruckend. Merkt ihr, wie der kleine Jakob irgendwo in der Wüste betet und Gott zuhört? „Wo du mir ein Gelübde abgelegt hast.“ Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir verstehen müssen: Gott hört die Versprechen, die wir ihm geben.
Vorher hatte ich die Frage gestellt: Was ist ein Gelübde? Die Antwort lautet: Ein Gelübde ist ein Versprechen. Die nächste Frage ist: Wofür darfst du ein Gelübde ablegen? Die Antwort lautet: Für alles, was dir wichtig ist. Es ist sehr wichtig, dass wir das verstehen. Du darfst für alles, was dir am Herzen liegt, ein Gelübde ablegen.
Dir muss nur eine Sache heutzutage klar sein: Gelübde sind total out. Ja, das muss man einfach mal so sagen. Wahrscheinlich findest du noch Leute, die öfter und flehentlicher für eine Sache beten. Wir haben das vorhin gehört: Ihr betet für die Ukraine und den Krieg. Ja, wir machen das auch abends um 21:30 Uhr auf Zoom. Da fangen Leute an, jetzt öfter und auch flehentlicher zu beten.
Wenn man dann eine Weile dabei ist, betet man auch ein bisschen flehentlicher, weil man merkt, der Konflikt nimmt langsam Züge an, bei denen der Spaßfaktor wirklich vorbei ist. Man denkt sich: Wenn da noch zwei, drei Dominosteine fallen, kann das richtig böse werden.
Ich weiß nicht, wer Geschichte mag, aber mich erinnert das ein bisschen an den Beginn des Ersten Weltkriegs. Dort fiel nämlich auch ein Dominostein nach dem anderen. Das macht mir schon ein bisschen Sorge.
Man merkt, dass Leute darauf reagieren, indem sie häufiger und flehentlicher beten. Das kennen wir. Vielleicht kennst du auch Leute, die nicht nur weinen und schluchzen beim Beten, sondern auch schon mal fasten und wachen. Das ist noch halbwegs bei uns auf dem Schirm.
Ich weiß nicht, ob ihr das tut, aber ich kann euch das nur empfehlen. Es ist total gut, sich mal zu überlegen, welche Gebetsanliegen einem so wichtig sind, dass man noch einen Tick mehr zum Ausdruck bringt – vor Gott –, dass sie einem wirklich wichtig sind. Als Ausdruck des Glaubens.
Aber beim Thema Gelübde: Vielleicht hast du selbst noch nie darüber nachgedacht. Vielleicht hast du noch nie eine Predigt darüber gehört. Vielleicht ist es ein komplett fremdes Thema. Dann triffst du auf einen Apostel des Herrn Jesus, der fast wie selbstverständlich mitten im Text sagt, dass er ein Gelübde gehalten hat. Und du denkst dir: Hä, wo kommst du denn her?
Deshalb diese Predigt: Wir haben eine kritische Situation, in der Gebet wichtig ist. Und ich wünsche mir einfach, dass wir auch wissen, wie man mit Gott ernsthaft betet in solchen Situationen. Gelübde gehören wahrscheinlich mehr dazu, als es uns in unserer deutschen Wohlstandsgesellschaft lieb ist.
Grundregeln für Gelübde
Gelübde sind Versprechen: „Gott, wenn du mir diesen Wunsch erfüllst, dann will ich Folgendes tun.“ Wer ein Gelübde ablegt, muss sich an zwei wichtige Regeln halten. Diese möchte ich euch vorstellen.
Regel Nummer eins: Ein Gelübde muss wertvoll sein. Wenn du Gott etwas versprichst, dann sollte es ihm auch etwas bedeuten. Bitte nicht den Schrott für Gott opfern. Nach dem Motto: „Ich habe noch ein altes Fahrrad im Keller. Gott, wenn du mir das und das schenkst, dass der Ukraine-Krieg aufhört, dann spende ich mein altes Fahrrad.“ Das wäre nicht im Sinne Gottes.
Das können wir auch in der Bibel nachlesen. In 3. Mose 22 gibt es eine Stelle, die zeigt, dass Gelübde uns auch etwas kosten dürfen und wertvoll sein sollen. Dort heißt es: „Rede zu Aaron und zu seinen Söhnen und zu allen Söhnen Israels und sage zu ihnen: Jeder Mann vom Haus Israel und von den Fremden in Israel, der seine Opfergabe darbringt nach all ihren Gelübden und nach all ihren freiwilligen Gaben, die sie dem Herrn als Brandopfer darbringen – merkt ihr, da steht ‚nach all ihren Gelübden‘. Da steckt der Begriff ‚zum Wohlgefallen Gottes für euch soll er sie darbringen‘. Und jetzt kommt die Beschreibung: ‚Ohne Fehler, männlich, von den Rindern, von den Schafen oder von den Ziegen. Alles, woran ein Makel ist, dürft ihr nicht darbringen, denn es wird nicht zum Wohlgefallen für euch sein.‘“
Dieser letzte Vers ist entscheidend: Alles, woran ein Makel ist, darfst du Gott nicht als Gelübde oder Opfer bringen. Es muss wertvoll sein, es darf dich etwas kosten, und es darf keine Sünde daran sein.
Hierzu ein zweiter Punkt: In 5. Mose 23 wird gesagt, dass kein „Hundegeld“ und kein „Hurenlohn“ in das Haus des Herrn gebracht werden darf. „Denn auch diese beiden sind ein Gräuel für den Herrn, deinen Gott.“ Hundegeld und Hurenlohn beziehen sich auf Geld, das durch Prostitution verdient wurde.
Wenn du also Geld durch eine Art verdient hast, die Gott ablehnt – wie zum Beispiel Prostitution, Betrug, Erpressung oder Ausbeutung – und damit Geld hast, brauchst du Gott das nicht als Gelübde versprechen. Er will es nicht haben. Er will es auch nicht als Spende, auch nicht am Sonntag.
Wir haben es hier mit einem kasuistischen Rechtssystem zu tun, das Prinzipien anwendet. Jeglicher Gewinn, der durch Sünde erwirtschaftet wurde, ist für Gott nicht annehmbar.
Fassen wir Regel Nummer eins zusammen: Was du Gott versprichst, soll wertvoll sein. Gelobe Gott keine Dinge, die er nicht haben will.
Regel Nummer zwei lautet: Gelobe nicht vorschnell. Gelübde sollten nicht aus einer Laune heraus oder aus Schuldgefühlen abgelegt werden. Das ist sogar noch schlimmer. Statt zum Kreuz zu gehen, versuchst du dann, Gott irgendwie zu beweisen, dass du beim nächsten Mal etwas tust.
Denk nach, bevor du ein Gelübde ablegst. Überlege, bevor du Gott etwas versprichst, was du im Nachhinein vielleicht bereust. Du könntest denken: „Hm, das mag ich dir eigentlich gar nicht geben. Jetzt, wo ich noch mal in Ruhe darüber nachdenke, habe ich dir wirklich mein Auto versprochen? Ich weiß nicht, ich brauche es eigentlich selbst. Gott, können wir das noch mal ändern?“ Nein, kannst du nicht.
In 5. Mose 23, Verse 22 bis 24 heißt es: „Wenn du für den Herrn, deinen Gott, ein Gelübde ablegst, sollst du nicht zögern, es zu erfüllen. So einfach ist es. Du sollst nicht zögern, es zu erfüllen. Denn der Herr, dein Gott, wird es unbedingt von dir fordern, und Sünde würde an dir sein. Wenn du es aber unterlässt, etwas zu geloben, wird keine Sünde an dir sein.“
Das heißt, du musst nichts geloben. Es ist freiwillig. Wenn du nichts sagst, hast du auch keine Sünde.
Vers 24 sagt weiter: „Was über deine Lippen gegangen ist, sollst du halten und ausführen, wie du dem Herrn, deinem Gott, freiwillig gelobt hast, was du mit deinem Mund geredet hast.“
Ganz wichtig: Es ist freiwillig. Bitte gelobe nichts aus einer Laune heraus. Noch einmal Vers 23: „Wenn du es aber unterlässt, etwas zu geloben, wird keine Sünde an dir sein.“
Ich hatte eingangs erwähnt, dass wir uns zusammen schon einmal Mühe gemacht haben, das Buch Prediger in einer Bibelwoche zu studieren. Dort gibt es Prediger 5, und dieser Abschnitt bringt genau diesen Aspekt auf den Punkt: Denk nach, bevor du ein Gelübde ablegst.
Prediger 5, ab Vers 3 sagt: „Wenn du Gott ein Gelübde ablegst, zögere nicht, es zu erfüllen.“ Das ist eine Wiederholung aus 5. Mose 23.
Denn Gott hat kein Gefallen an den Toren. Für Gott ist jemand, der ein Gelübde gelobt und dann im Nachhinein feststellt: „Das wollte ich gar nicht“, einfach ein Dummkopf, der zu spät darüber nachgedacht hat.
Er hat kein Gefallen an den Toren. Es ist besser, nichts zu geloben, als zu geloben und es nicht zu erfüllen.
„Gestatte deinem Mund nicht, dass er dein Fleisch, dein Leben, in Sünde bringt, und sprich nicht vor dem Boten Gottes.“ Damit ist gemeint, dass jemand ein Gelübde ablegt, zum Beispiel: „Wenn das und das passiert, schenke ich Gott die Hälfte meiner Ziegen.“ Und dann kommt der Bote Gottes, der Abgesandte vom Tempel, und sagt: „So, ich hätte gern die Hälfte der Ziegen.“
Dann sagt der Gelobende: „So habe ich das nicht gemeint.“ Lass es nicht erst so weit kommen.
„Wozu soll Gott über deine Stimme zürnen und das Werk deiner Hände verderben?“ Also denke nach, bevor du ein Gelübde ablegst, und halte es dann auch ein.
Zusammenfassung der Gelübde-Regeln
Was wissen wir jetzt? Ein Gelübde ist ein Versprechen. Ich verspreche Gott etwas, weil ich damit ein bestimmtes Anliegen unterstreichen will, das mir besonders wichtig ist. Ein Gelübde macht einen Unterschied vor Gott. Es macht auch einen Unterschied in meinem Leben, weil es etwas mit mir verändert.
Es ist ein Unterschied, ob ich etwas nur mit Worten bete oder ob ich sage: An dieser Stelle ist mir das mehr wert.
Regel Nummer eins: Das, was ich Gott verspreche, muss wertvoll sein. Es darf keine Sünde enthalten.
Regel Nummer zwei: Versprich nicht leichtfertig etwas, das du nicht halten willst.
Das Nazireergelübde als besondere Form der Weihe
Und jetzt möchte ich euch etwas dazu sagen, denn wir kommen ja eigentlich von der Frage: Warum schneidet man Glatze? Nun müssen wir uns langsam in Richtung dieses Themas bewegen.
Es gibt nämlich beim Thema Gelübde nicht nur die Möglichkeit, dass ich Gott irgendetwas schenke. Ich kann auch mein eigenes Leben Gott schenken. Quasi kann ich mein Leben als Weihe für Gott einsetzen.
Im Alten Testament gibt es dazu in 4. Mose 6 eine Passage, die ich euch gerne vorlesen möchte. Dort geht es um den Naziräer. Das ist eine besondere Person, die bewusst auf bestimmte Dinge verzichtet, um für eine bestimmte Zeit Gott mit ihrem Leben ein Weiheopfer zu bringen. Die Dauer bestimmt er selbst. Mit diesem Gelübde möchte er Gott grundsätzlich gefallen.
4. Mose 6: Und der Herr redete zu Mose, Rede zu den Söhnen Israel, und spricht zu ihnen: Wenn jemand, ein Mann oder eine Frau, etwas Besonderes tut, indem er das Gelübde eines Naziräers gelobt, um für den Herrn geweiht zu sein, dann soll er sich des Weins und des Rauschtranks enthalten. Essig von Wein und Essig von Rauschtrank soll er nicht trinken, ebenso keinen Traubensaft. Auch Trauben, frisch und getrocknet, soll er nicht essen. Alle Tage seiner Weihe soll er von allem, was vom Weinstock bereitet wird, von den Kernen bis zu den Schalen, nichts essen.
Alle Tage des Gelübdes seiner Weihe soll kein Schermesser über sein Haupt kommen. Bis die Tage erfüllt sind, die er sich für den Herrn geweiht hat, soll er heilig sein.
Wichtig: Er soll das Haar seines Hauptes frei wachsen lassen. Alle Tage, die er sich für den Herrn geweiht hat, soll er sich keiner Leiche nähern – weder wegen seines Vaters noch wegen seiner Mutter, weder wegen seines Bruders noch wegen seiner Schwester. Auch ihnen gegenüber soll er sich nicht unrein machen, wenn sie sterben. Denn die Weihe seines Gottes ist auf seinem Haupt, und alle Tage seiner Weihe ist er dem Herrn heilig.
Das ist das Besondere aus dem Alten Testament über den Naziräer. Drei Dinge hat er gelobt: Erstens, kein Alkohol beziehungsweise nichts vom Weinstock – kein Traubensaft, kein Weinessig, nicht einmal Trauben oder Rosinen, nicht einmal die Kerne. Zweitens, er darf sich die Haare nicht schneiden lassen. Drittens, er darf sich keiner Leiche nähern.
Die Länge dieser Weihe ist nicht festgelegt. Aber wenn die Weihe vorbei ist, muss er eine ganze Menge Opfer bringen. Dann wird ihm tatsächlich das Haar geschoren.
In 4. Mose 6, Vers 21 heißt es: Das ist das Gesetz des Naziräers, der aufgrund seiner Weihe dem Herrn seine Gabe gelobt hat. Abgesehen von dem, was seine Hand sonst noch aufzubringen vermag, soll er tun, was seinem Gelübde entspricht, das er abgelegt hat, und zwar nach dem Gesetz seiner Weihe.
Am Ende wird ihm also das Haar abgeschoren, und er soll alles bis zum Schluss einhalten.
Verbindung zum Neuen Testament und Paulus
Okay, warum beschäftigen wir uns mit dem Nazireer? Nun, wir kommen aus Apostelgeschichte 18, Vers 18, und aus Apostelgeschichte 21. Jedes Mal ging es darum, dass Leute sich das Haupt scheren ließen.
Nochmal Apostelgeschichte 21: Die Gemeindeleiter sagen zu Paulus: „Tu nun dies, was wir dir sagen. Wir haben vier Männer, die ein Gelübde auf sich genommen haben.“ Was für ein Gelübde war das? Das war das Nazirea-Gelübde. Diese nimm zu dir, reinige dich mit ihnen und trage die Kosten für sie, damit sie das Haupt scheren lassen.
Also sagen die Gemeindeleiter zu Paulus: „Hier sind vier Leute, bezahl mal deren Opfer!“ Und das war gar nicht so wenig. Ihr müsst verstehen, für jeden Naziräer, der mit seiner Weihe fertig war, betrugen die Opfer zwei Lämmer, ein Widder, ein Korb mit ungesäuerten Broten und noch Wein für das Trankopfer. Paulus wird gebeten, diese Opfer für vier Leute zu bezahlen. Das ist schon eine Menge.
Wenn wir jetzt Apostelgeschichte 18, Vers 18 noch einmal lesen, wissen wir, dass es im Alten Testament die Möglichkeit eines Nazirea-Gelübdes gibt. Ich weihe mich dem Herrn und bringe das äußerlich zum Ausdruck, indem ich mir die Haare wachsen lasse. Wenn ich fertig bin, werden sie abgeschnitten.
Übrigens muss das für Frauen ein unglaubliches Opfer gewesen sein. Stellt euch das mal vor: Da geht eine Frau da rein und wenn das Gelübde vorbei ist, dann „miaaam“ – Wahnsinn! Das ist schon etwas, wo man erst einmal sagt: Wow!
Noch einmal Apostelgeschichte 18, Vers 18: „Nachdem Paulus noch viele Tage dort geblieben war, nahm er Abschied von den Brüdern und segelte nach Syrien ab, und mit ihm Priscilla und Aquila, nachdem er sich in Kenchreä das Haupt hatte scheren lassen, denn er hielt ein Gelübde.“
Das ist ein total spannender Punkt. Warum? Weil das hier tatsächlich an das Nazireer-Gelübde erinnert. Es steht nicht ausdrücklich da, aber es erinnert daran. Natürlich fehlt hier etwas. Was fehlt, ist, dass Paulus die für das alttestamentliche Nazireer-Gelübde zwingend vorgeschriebenen Opfer bringt. Das kann er nicht tun, einfach deshalb, weil die Opfer nur im Jerusalemer Tempel dargebracht werden konnten.
Trotzdem wird klar: Paulus, ein Christ, der im neuen Bund lebt – der uns ganz klar sagt, dass das mosaische Gesetz ein Ablaufdatum hat (vgl. Galater 3) –, hält sich irgendwie an diese alte Nazirea-Praxis. Ich will jetzt mal sagen: Wie auch immer, er kommt aus diesem Hintergrund und benutzt dieses Gelübde, dieses mosaische Format, um sich selbst Gott zu weihen.
Natürlich kann man sagen: Darfst du tun! Da war ja nichts dabei. Du darfst jede Form, auch eine alte jüdische Form, nutzen, um in dein christliches Leben integriert Gott etwas zum Ausdruck zu bringen, was in deinem Herzen ist. Das darfst du.
Ich sage nicht, ein Christ muss das Nazirea-Gelübde halten. Ich sage einfach nur: Du darfst mit den Möglichkeiten, die dir zur Verfügung stehen, Gott zeigen, wie sehr du ihn schätzt. Wenn du aus dem Judentum kommst und für dich das Nazirea-Gelübde das Größte war, dann bleib bei dieser Form. Wenn du eine andere Form hast, die dir näher liegt, dann nimm die.
Wichtig ist, dass wir eine Sache mitnehmen: Es gibt in der Bibel Gelübde, und Gelübde dienen dazu, Ernsthaftigkeit in meinem geistlichen Leben, gerade im Blick auf das Gebet, zum Ausdruck zu bringen. Gelübde stehen auf einer Stufe mit Flehen, Fasten und Wachen.
Ich muss ehrlich sagen, dass mich das Thema Gelübde immer wieder herausfordert, wenn ich an diesen Versen vorbeikomme. Es gibt nicht viele Verse dazu in der Bibel, aber das Thema Gelübde fordert mich persönlich immer ein Stückchen heraus.
Die Bedeutung von Gebet und Gelübden für den Glauben
Herausfordernd ist es, darüber nachzudenken, ob mein Gebet noch Ausdruck meines Glaubens ist. Und damit meine ich Folgendes: In meinem Gebetsleben wird die Echtheit und die Reife meines Glaubens sichtbar.
So wie ich bete – also wie ich vor Gott erscheine, mit welchen Worten und auf welche Weise ich Gott begegne – das ist eigentlich ein tiefer Blick in mein Herz. Wenn ich oberflächlich bete, dann kann ich das nur tun, weil ich oberflächlich vertraue.
Wenn ich aber jemand bin, der weiß, dass mein Leben wirklich ist und dass das Leben dieser Welt, die Geschichte dieser Welt, wirklich in den Händen Gottes liegt, dann werde ich den Thron Gottes als den einzigen Ort sehen, von dem ich mir Gnade und Hilfe verspreche. Ich werde nicht nur ab und zu mal vorbeischauen, sondern ich werde den Thron bestürmen.
Das tue ich, wenn ich begriffen habe, dass ich hier bin, um dem dämonisch Bösen in dieser Welt mit Gebet zu wehren. Dass es tatsächlich auf mich ankommt, dass in letzter Konsequenz alles am Gebet hängt. Ansonsten wüsste ich nichts.
Ich glaube, das Gebet ist wirklich der Punkt, an dem wir den Arm Gottes bewegen und alles vorbereiten. Der Rest ist dann nur ein Ausfluss davon, wie wir gebetet haben. Wenn ich glaube, dass es eigentlich um Gott geht, dann werde ich auch ernsthaft beten. Einfach weil ich dann sage: Ich möchte, dass meine Gebete unbedingt erhört werden.
Deshalb kann man das auch am Ukraine-Konflikt gut sehen. Wie sehr du mit diesem Thema beschäftigt bist und wie sehr dein Glaube sich da reinhängt, siehst du daran, wie du für diesen Konflikt betest. Du kannst quasi sehen, was dieser Konflikt für dich ist, anhand deines Gebets.
Wenn du bereit bist, da einzusteigen und zu sagen: Ich möchte tatsächlich etwas bewegen. Mich betrifft wirklich das Leid der Leute, die geflüchtet sind. Mich betrifft die Not derer, die eingeschlossen sind. Das wird man nicht an den Dingen sehen, die du tust, außer am Gebet. Davon bin ich fest überzeugt.
Denn das Gebet ist das Einzige, was an dieser Stelle wirklich etwas bewegen kann. Und deswegen geht es um Gelübde. Es geht um Ernsthaftigkeit.
Ich weiß nicht, ob du an dieser Stelle jetzt sagst: Huh, damit kann ich gar nichts anfangen. Aber ich wünsche mir, dass wir uns jetzt in dieser Zeit, was die europäische Geschichte angeht, auf einen Moment entwickeln, der sich sehr, sehr unschön anfühlt.
Selbst ich, der ich der Ehe entspannt gegenüberstehe, denke: Hoffentlich geht das gut vorbei. Ich wünsche euch nur, dass ihr nicht nur fleißig und viel an dieser Stelle betet, dass ihr nicht nur fleht und selbstverständlich fastet dafür, dass dieser Konflikt an euch, euren Kindern und euren Enkeln vorbeigeht.
Sondern dass wir auch überlegen, ob wir Gott an dieser Stelle im Gelübde begegnen und sagen: Vater im Himmel, wenn du uns dieses Ding, wenn diesen Kelch an uns vorbeigehen lässt, dann wäre mir das wertvoll.
Soweit diese Predigt. Amen.
