Einführung: Predigtpraxis und heutiges Thema
Ja, heute Morgen möchte ich zwei Anliegen miteinander verbinden.
Vor kurzem habe ich eine Statistik erhalten, bei der sich jemand sehr viel Mühe gemacht hat. Diese Statistik wertet aus, was eigentlich in den Gemeinden gepredigt wird, und zwar nach biblischen Büchern geordnet. Es gibt ja 66 verschiedene Bücher in der Bibel, vom Ersten Mose bis zur Offenbarung. Dabei kam heraus, dass das Neue Testament ganz weit oben steht, während das Alte Testament eher hinten rangiert. Wenn überhaupt aus dem Alten Testament gepredigt wird, dann meist aus den Psalmen. Ansonsten kommt das Alte Testament in den Predigten fast nicht vor.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich selbst auch mehr Predigtordner über das Neue Testament habe als über das Alte. Trotzdem wollen wir heute und nächste Woche zwei Abschnitte aus dem Alten Testament betrachten.
Das zweite Anliegen ist, dass ich gehört habe, dass heute Morgen auch Kinder im Gottesdienst sind. Ich hoffe, dass sie gut folgen können bei dem, was wir zusammen betrachten. Es geht heute Morgen um Simson, einen der Richter. Die Jungen lieben ihn besonders, weil er so stark war.
Lasst uns aufschlagen im Richterbuch, Kapitel 13. Ich möchte dazu noch ein paar einleitende Sätze sagen.
Die gefallene Welt und ihre Herausforderungen für Christen
Richter 13.
Wir alle leben in einer gefallenen Welt. Es ist eine von Gott geliebte Welt. Die Bibel sagt: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab. Aber es ist auch eine gefallene Welt. Diese Welt liegt im Argen, im Bösen. Sie wird vom Teufel regiert.
Wer das nicht glaubt, muss nur einmal die Zeitungen aufschlagen oder Nachrichtensendungen anschauen. In dieser Welt herrscht die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens. So hat Johannes einmal das Wesen dieser Welt in seinem ersten Brief zusammengefasst.
Die Bibel sagt ganz klar: Diese Welt wird samt all ihrer Lust eines Tages vergehen. Gleichzeitig ist aber noch so viel Schönes in dieser Welt, so viel Attraktives und Verlockendes. Sie ist gefallen, aber diese Welt hat immer noch ihre Anziehungskraft – auch für Christen. Nicht nur für Weltmenschen, sondern auch für Christen.
Vielleicht sollten wir es gleich zu Beginn zugeben: In jedem Christen, auch in jedem von uns, steckt noch ein Stück Weltlichkeit. Weltlichkeit meint die Liebe zu dieser gefallenen Welt – vielleicht in dem einen mehr, in dem anderen weniger.
Die Frage ist nun heute Morgen: Wie gehen wir damit um? Wie können wir als Christen in dieser Welt leben, ohne von dieser Welt zu sein? Wie können wir in dieser Welt bestehen, ohne auf- oder unterzugehen? Wie sieht dieser schmale Weg aus zwischen Anpassung auf der einen Seite und Abgrenzung auf der anderen Seite aus? Wie finden wir ein ausgewogenes, biblisch gesundes Verhältnis zur Welt, in der wir leben?
Darum soll es also gehen.
Die Ankündigung von Simsons Geburt und seine Weihe
Wir haben das Richterbuch aufgeschlagen und lesen die ersten fünf Verse in Richter 13.
Die Söhne Israel taten weiter, was böse war in den Augen des Herrn. Die Richterzeit war keine gute Zeit in Israel. Jeder tat, was er wollte, und sie handelten böse vor dem Herrn. Deshalb gab der Herr sie vierzig Jahre lang in die Hand der Philister – das waren die damaligen Feinde Israels.
Nun gab es einen Mann aus Zora, aus einer Sippe der Daniter, aus dem Stamm Dan. Sein Name war Manoach. Seine Frau war jedoch unfruchtbar und konnte keine Kinder bekommen.
Der Engel des Herrn erschien der Frau und sprach zu ihr: „Sieh doch, du bist unfruchtbar und gebierst nicht. Aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Nun hüte dich, trinke weder Wein noch Rauschtrank und iss nichts Unreines. Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Ein Schermesser soll nicht auf sein Haupt kommen, denn der Junge soll ein Naziräer Gottes sein von Mutterleib an. Er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu erretten.“
Der Engel des Herrn kündigte der Frau Manoachs die Geburt eines Sohnes an. Wir wissen, um wen es sich handelt: Es ging um Simson. Simson heißt auf Deutsch „der Sonnenmann“. Man könnte sagen „Sonny Boy“, so wie ein Junge mit einer Sonnenbrille.
Gleichzeitig sollte dieser Junge von Geburt an, von Mutterleib an, ein Abgesonderter sein, ein Gottgeweihter. Als äußeres Zeichen seiner Weihe sollte kein Schermesser auf sein Haupt kommen. Das bedeutete, dass die Friseure arbeitslos werden sollten, denn Simson sollte seine Haare nicht schneiden lassen.
Normalerweise gehört es zur Körperpflege eines Menschen, dass er sich wäscht, ab und zu seine Nägel schneidet und auch seine Haare kürzt. Simson sollte das nicht tun. Warum? Darüber rätseln die Ausleger schon seit Jahrhunderten.
Eine mögliche Erklärung ist: Jeder sollte sehen, dass dieser Mann so mit der Sache Gottes beschäftigt ist, so gottgeweiht, dass er keine Zeit hat, sich die Haare schneiden zu lassen. Er ist ganz Gott geweiht. Das sollte das äußere, sichtbare Zeichen seiner Absonderung für Gott sein.
Dabei darf man nicht falsch verstehen: Die Kraft Simsons lag nicht in seinem Haar. Seine Kraft lag in seinem Gottgeweihtsein. Das lange Haar war lediglich ein Zeichen dieser Hingabe an den Herrn, seinen Gott.
Lesen wir noch zwei Verse in Kapitel 13, Verse 24 und 25: Nicht, dass jemand von uns meint, er müsse heute die Kraft, die er hat, auch dadurch zeigen, dass er sich als Mann langes Haar wachsen lässt. Das ist nicht unbedingt nötig.
In den Versen 24 und 25 heißt es: „Und die Frau gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Simson. Der Junge wuchs heran, und der Herr segnete ihn. Der Geist des Herrn fing an, ihn zu treiben in Machane Dan, zwischen Zora und Eshtaol.“
Hier steht, der Geist des Herrn fing an, ihn zu treiben. Im Alten Testament kam der Heilige Geist nicht bleibend über einen Menschen oder in einen Menschen hinein, sondern nur vorübergehend zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe.
Im Neuen Testament, in der Zeit, in der wir leben, ist das anders: Da kommt der Heilige Geist bleibend in einen Gläubigen hinein, in einen Menschen, der Jesus Christus als seinen Herrn und Retter aufnimmt.
In Römer 8,14 heißt es: „Denn welche der Geist Gottes leitet oder treibt oder führt, die sind seine Kinder, die sind Gotteskinder.“
Da steht also nicht, wer einmal eine gläubige Großmutter hatte, zu einer christlichen Gemeinde geht oder ab und zu das Vaterunser betet, ist automatisch ein Kind Gottes. Sondern wer vom Geist Gottes getrieben wird, wer vom Geist Gottes geführt werden kann, ist ein Kind Gottes.
Im Alltag treibt uns der Geist Gottes – oder manchmal auch noch ganz andere Geister.
Simsons Fehlentscheidungen und die Gefahr der Weltlichkeit
Nun sehen wir in Kapitel 14 sehr deutlich, dass Simsons Kraft nicht in seinen Haaren lag. Er hatte die ganze Zeit über lange Haare, doch wenn ihn nicht der Geist Gottes trieb, dann regierte ihn das Fleisch.
Genau das sehen wir jetzt in Kapitel 14. Dort lesen wir die ersten vier Verse:
„Und Simson ging nach Timna hinab, das lag im Land der Philister, und er sah in Timna eine Frau von den Töchtern der Philister, der Feinde Gottes. Er ging wieder hinauf und berichtete es seinem Vater und seiner Mutter und sagte: ‚Ich habe in Timna eine Frau von den Töchtern der Philister gesehen. Nun nehmt sie mir doch zur Frau.‘ Da sagte sein Vater zu ihm, und auch seine Mutter: ‚Gibt es denn unter den Töchtern deiner Brüder und unter meinem ganzen Volk keine Frau, dass du hingehst, eine Frau von den Philistern, von den Unbeschnittenen, zu nehmen?‘ Simson aber sagte zu seinem Vater: ‚Diese nimm mir, denn sie ist in meinen Augen die Richtige.‘“
Seine Eltern erkannten jedoch nicht, dass dies vom Herrn kam. Simson suchte einen Anlass bei den Philistern, denn zu jener Zeit herrschten die Philister über Israel.
Simson ging nach Timna hinab. Dort wohnten die Philister. Vielleicht hatte er gehört, dass es dort hübsche Mädchen gäbe, und so ging er hinab und sah prompt eine von den Töchtern der Philister.
Darf ich an dieser Stelle ein paar Worte an die jungen Leute richten, die hier unter uns sind? Es sind ja einige da. Simson suchte eine Partnerin. Das ist ganz normal. Wenn Menschen in einem bestimmten Alter sind, erwacht das in ihnen. Sie wünschen sich jemanden, mit dem sie ihr Leben teilen können.
Er ging also zu den Philistern, um sich dort eine Frau auszusuchen. Er wusste genau, dass sie nicht zum Volk Israel gehörten, nicht zum Volk Gottes. Sie waren sogar Feinde Gottes, Ungläubige.
Wenn heute junge gläubige Mädchen einen Partner suchen, sollten sie es nicht machen wie Simson und in das Land der Philister gehen. Wenn du unbedingt meinst, deinen zukünftigen Ehemann im Fitnessstudio finden zu müssen, dann wirst du vielleicht auch so jemanden bekommen wie Simson – mit großer Kraft und langem Haar – oder auch nicht. Aber ob dieser dann wirklich geistgeleitet ist, bleibt fraglich.
Nicht falsch verstehen: Es ist keine Sünde, ins Fitnessstudio zu gehen. Aber ich muss ja mal ein Beispiel gebrauchen. Oder wenn junge Männer denken, ihre zukünftige Partnerin unbedingt in der Diskothek finden zu müssen – vielleicht findet man dort jemanden. Aber ob das wirklich jemand ist, mit dem du von ganzem Herzen den Herrn dienen kannst, ist eine andere Frage.
Ich gebe euch einen Tipp: Geht lieber auf christliche Freizeiten. Nicht nur, um einen Partner zu suchen, sondern generell, denn es ist eine gute Sache, an solchen Freizeiten teilzunehmen. Manche Freizeiten funktionieren fast wie Schuhfabriken: Einzelne kommen rein, Paare gehen raus. Das ist doch ganz gut.
Wo liegt bei Simson der Fehler? Wo zeigt sich der Hochmut des Lebens? Das sehen wir in Vers 3. Seine Eltern warnen ihn. Sie sagen: Gibt es denn im Volk Gottes keine Mädchen? Gibt es keine jungen Männer, die den Herrn fürchten und wirklich mit ihm ihr Leben gehen wollen?
Sie warnen ihn, doch Simson schlägt die Ermahnung seiner Eltern hochmütig in den Wind und setzt sich darüber hinweg. Das war Hochmut des Lebens bei Simson.
Ich kann hier nur immer wieder jungen Leuten sagen: Wenn eure Eltern, die euch lieb haben, euch vor einer Verbindung warnen, die nicht gut ist; wenn eure Jugendleiter euch warnen oder verantwortliche Brüder in der Gemeinde abraten – dann seid nicht so töricht wie Simson und schlagt das alles in den Wind, um gerade das zu tun, was ihr wollt.
Ihr seht, Simson wählte nur nach den Augen: „Die gefällt mir, die will ich.“ Oder: „Der gefällt mir, den will ich.“ Vielleicht auch: „Der hat eine gute Stellung im Beruf, den will ich.“ Das ist nicht die Motivation, die Gott gefällt.
Am besten ist es, ihr lasst es gar nicht so weit kommen, dass ihr ermahnt werden müsst. Aber wenn es geschieht, hört bitte auf die Ermahnungen eurer gläubigen Eltern und Leiter.
Was fällt in dieser Geschichte besonders auf, als Simson sich eine Partnerin wählt? Wir lesen kein einziges Mal, dass Simson gebetet hätte. Gebet kommt in Richter 14 überhaupt nicht vor. Es ist ihm offenbar gar nicht eingefallen, Gott zu bitten, ihn in dieser wichtigen Frage zu führen.
Die Bibel ist sehr genau eingegeben vom Geist Gottes. Bei David lesen wir oft, dass er den Herrn befragte. Das ist eine gute Haltung. Bei Simson lesen wir das nicht.
Es gibt junge Leute, die gehen in einen Jugendkreis und regelmäßig in Gottesdienste. Aber wenn es um die Partnerwahl geht, kommen sie nicht auf die Idee, den Herrn zu fragen und zu beten. Dann heißt es: „Die gefällt mir, die nehm ich“ oder „Den will ich.“
Und wenn sie beten, dann vielleicht so: „Herr, segne unsere Verbindung.“ Oder manchmal auch: „Herr, rate mir, aber rate mir nicht ab.“ Das ist kein ehrliches Gebet.
Wenn wir wirklich Gott vertrauen und glauben, dass er uns liebt und es gut mit uns meint, dann legen wir uns auch in der Partnerfrage betend in seine Hände.
Darf ich noch einen letzten ernsten Gedanken dazu sagen? Wir sehen deutlich: Simson hat nur nach den Augen gewählt. Versteht das nicht falsch. Der andere darf einem auch gefallen, das ist ganz natürlich. Er soll einem auch gefallen.
Aber Simson wählte nur nach den Augen. Wisst ihr, was später mit Simsons Augen geschah? Sie wurden ausgestochen. Das war das Ergebnis. Am Ende wurden seine Augen ausgestochen. Das spricht eine deutliche Sprache.
Die Begegnung mit dem Löwen als Bild für die Welt
Und jetzt lesen wir die Verse fünf bis neun, um die es mir heute Morgen eigentlich geht, Vers fünf bis neun.
Simson ging mit seinem Vater und seiner Mutter nach Timna hinab. Als sie an die Weinberge von Timna kamen, sprang plötzlich ein Junglöwe brüllend ihm entgegen. Da kam der Geist des Herrn über ihn. Hier lesen wir es ja: Plötzlich kommt der Geist des Herrn, der Heilige Geist, über ihn. Er zerriss den Löwen, wie man ein Böckchen zerreißt. Dabei hatte er gar nichts in seiner Hand, keine Hilfsmittel.
Seinem Vater und seiner Mutter erzählte er nicht, was er getan hatte. Er ging hinab und redete zu der Frau. War sie die Richtige in den Augen Simpsons? Nur nach einiger Zeit kehrte er zurück, um sie zu nehmen. Dabei bog er vom Weg ab, um nach dem Kadaver des Löwen zu sehen. Siehe, da war ein Bienenschwarm in dem Körper des Löwen und Honig.
Das ist eine seltsame Sache: Da liegt der Kadaver des toten Löwen, und ein Bienenschwarm hat sich hineingewirrt, und Honig ist darin. Den löste er heraus, nahm ihn in seine Hände und ging weiter, wobei er im Gehen aß. Er ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen auch etwas von dem Honig. Doch er erzählte ihnen nicht, dass er den Honig aus dem Körper des Löwen herausgelöst hatte.
Das Alte Testament spricht oft in Bildern. Unsere Väter haben gesagt, das Alte Testament sei das Bilderbuch des Neuen. Viele Wahrheiten, die wir im Neuen Testament finden, sind im Alten Testament in Form von Geschichten angedeutet, so wie hier in der Simpsons-Geschichte.
Wenn wir das jetzt deuten – das nennt man Allegorie, eine bildhafte Deutung der Bibel, vor allem des Alten Testaments – muss man vorsichtig sein. Man darf nicht jede Aussage im Alten Testament geistlich deuten wollen, denn das kann man übertreiben.
Ich halte es da mit Spurgeon. Er sagte, die Wahrheiten, die wir im Neuen Testament finden, sind oft im Alten Testament in Bildern angedeutet. Wenn das im Neuen Testament aufgegriffen wird und damit übereinstimmt, dürfen wir auch das Alte bildlich deuten.
Ich will das hier jetzt mal versuchen. Schaut: Hier ist von einem Löwen die Rede. Das fällt uns nicht schwer. Der Löwe ist in der Bibel auch ein Bild für den Teufel, der umhergeht wie ein brüllender Löwe, sagt die Bibel.
Ich glaube, der brüllende Löwe ist hier ein Bild für die vom Teufel regierte Welt. Aber schaut: Der Löwe ist tot. Der Teufel ist von Jesus Christus besiegt, und die Welt ist durch Jesus Christus überwunden. Er hat sie besiegt.
Doch in dem toten Löwen war Honig drin, den Simson herausnahm und aß. Hier liegt das Problem: Die gefallene Welt hat immer noch ihre Reize. Sie lockt mit bestimmten Dingen, die so süß sind wie Honig.
Die Welt ist von Christus überwunden, sie ist eigentlich besiegt, und doch hat sie noch eine Anziehungskraft. Da ist Honig drin in dieser toten Welt, und er schmeckt ganz gut – so ein gewisser Honig.
Simson holte sich das Süße aus der gefallenen Welt. Der Fortgang des Kapitels zeigt uns aber, dass sein Tun nicht Gottes Wohlgefallen hatte.
Die Unterscheidung von gottgefälliger und weltlicher Freude
Hier sind wir an einem ganz entscheidenden Punkt: Was ist der Honig aus dem toten Löwen? Ohne Bild gesprochen: Was sind rein weltliche Freuden, und was sind Freuden, an denen auch Gott Gefallen hat?
Jetzt wird es schwierig. Ich muss auf jedes Wort achten, das ich sage. Wie kann man das unterscheiden? Was sind Freuden, die Gott gefallen, und was sind Freuden, die ihm nicht gefallen?
Schaut, ihr Lieben, wir dürfen uns an den guten und schönen Dingen in dieser Welt freuen. Wir dürfen uns freuen, wir dürfen uns freuen an einem guten Essen. So in ein, zwei Stunden, ja, ist es wieder so weit, dürfen wir uns an einem guten Essen erfreuen.
Wir dürfen uns freuen an einem guten Glas Wein. An einem Glas, habe ich gesagt. Manche trinken auch zwei. Also, wir dürfen uns freuen an gutem Wein, an schöner, harmonischer Musik. Das ist auch eine Gabe Gottes. Oder an schönen Bildern, die gemalt sind.
Wir dürfen uns freuen an der guten Gabe der Sexualität, die Gott innerhalb der Ehe geschaffen hat. Und wir dürfen uns auch freuen an einer Arbeit, die gelungen ist. Das sind alles Dinge, an denen wir uns freuen dürfen.
Wisst ihr, was das Geheimnis ist? Wenn wir etwas mit Gott tun können, dann dürfen wir uns daran freuen. Wenn wir mit Gott essen, mit Gott ein Glas Wein trinken, mit Gott schöne Musik hören, mit Gott in der Ehe leben oder mit Gott an der Arbeit sind und etwas Gutes daraus werden lassen – daran dürfen wir uns freuen.
Vielleicht sind wir uns bis hierhin alle einig. Aber dann gibt es Dinge, die zwar vordergründig auch Freude machen, doch es ist eine andere Freude, eine fleischliche Freude, die nur Lust befriedigen soll. Und die vor allem nicht mit Gott genossen werden kann.
Es ist im Grunde eine gestohlene Freude, die man heimlich aus dem Bauch des toten Löwen nimmt, wie Simson. Das ist das Problem: Wenn wir Freude stehlen, wenn wir Freude genießen wollen ohne Gott, wo Gott ausgeklammert werden muss, wo wir Gott auf Urlaub schicken und sagen: „Das muss ich jetzt mal genießen!“ – und dabei kann ich Gott nicht gebrauchen.
Ich hörte einmal eine Geschichte, wie in Indien Getreide von einem Schiff an einem Hafen ausgeladen wurde. Da beobachtete ein Mann, wie sich ein paar Arbeiter an den Getreidesäcken zu schaffen machten. Das ging den ganzen Tag lang.
Am Abend ging der Mann hin und sah, wie diese Hafenarbeiter in diesem indischen Hafen die Aufschrift auf den Weizensäcken überpinselt hatten. Dort hatte gestanden: „Freundschaftliches Geschenk der USA.“ Und jetzt stand dort: „Geschenk der UdSSR.“
Seht ihr, und das ist genau das, was der Teufel tut. Er nimmt die guten Gaben Gottes – die nicht nur aus Amerika kommen, manchmal auch – er nimmt die guten Gaben Gottes und verleumdet Gott. Er verspricht ein erfülltes Leben durch die Gaben Gottes, aber getrennt von dem Geber.
Das heißt, man soll die Gaben genießen, aber in der Finsternis, außerhalb der Gemeinschaft mit Gott – gestohlen, so wie hier der Weizen gestohlen war oder der Honig aus dem Körper des toten Löwen genommen wurde, heimlich.
Habt ihr gesehen? Simson hat es nicht einmal seinen Eltern gesagt. Er wusste genau, dass er etwas Verbotenes macht. Er war ein Gottgeweihter, er hätte keinen Leichnam berühren dürfen, das wusste er – und er machte es trotzdem.
Die Herausforderung der Weltlichkeit für Christen heute
Und wir, wir sind auch Gottgeweihte im neutestamentlichen Sinn. Jeder von uns, der sein Leben dem Herrn Jesus Christus gegeben hat, ist ein Gottgeweihter. Er muss nicht langes Haar haben – Männer jetzt in dem Fall ja als äußeres Zeichen. Er muss auch nicht irgendwelche Dinge nicht berühren dürfen usw. Das war im Alten Testament so.
Aber Gottgeweihte wollen wir doch auch sein.
Darf ich euch jetzt an dieser Stelle ganz ehrlich fragen? Ich bitte euch, wirklich ganz ehrlich zu sein in eurem Herzen: Kannst du mit dem Herrn Jesus im Herzen im Kino oder im Fernsehen bestimmte Filme anschauen, in denen Gewalt, freier Sex und weltliches Leben verherrlicht werden? Kannst du das mit dem Herrn Jesus im Herzen? Oder nimmst du, wenn du das tust, Honig aus dem Körper des toten Löwen?
Kannst du mit dem Herrn Jesus im Herzen zu Tanzveranstaltungen gehen, ganz gleich ob es bei einem gesellschaftlichen Ball ist oder in der Diskothek? Kannst du das wirklich tun mit dem Heiligen Geist im Herzen, mit dem Herrn Jesus im Herzen? Oder nimmst du wie Simson Honig aus dem Bauch des toten Löwen?
Ich stelle noch eine dritte Frage: Kannst du wie die Weltmenschen Reichtümer anhäufen, zehntausende, hunderttausende auf irgendwelche Konten oder in Wertpapieren, weil du reich werden willst, weil du irgendwelche Ziele verfolgen willst? Oder nimmst du dabei nicht genauso Honig aus dem Bauch des toten Löwen?
Und ich könnte jetzt die Reihe der Beispiele beliebig verändern. Das ist immer das Entscheidende: Kann ich es mit Gott tun? Kann ich Gott dafür danken? Oder muss ich es ohne ihn tun? Heimlich Honig nehmen aus dem Bauch des toten Löwen.
Ich spüre förmlich, dass einige von euch denken: Wilfried, sei doch nicht so extrem. Bin ich das wirklich? Oder haben wir gar nicht bemerkt, wie weit uns vielleicht schon der weltliche, materialistische Lebensstil verändert und geprägt hat?
Vielleicht denken auch manche: Das ist doch gesetzlich. Wir sollten vorsichtig sein mit dem Wort gesetzlich. Wir gebrauchen das vielleicht viel zu schnell. Wir sollten Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes nie Gesetzlichkeit nennen. Gesetzlichkeit ist etwas anderes. Das ist, wenn man Dinge tut, um damit bei Gott angenehm zu werden, um sich das Heil zu verdienen. Dann ist man gesetzlich.
Aber wenn man Dinge tut, die man in der Schrift erkannt hat, und man möchte Gott gehorsam sein, ist man nicht gesetzlich.
Es wäre jammerschade, wenn wir an dieser Stelle aufhören müssten, denn wir haben noch eine ganz wichtige Frage zu stellen.
Die Frage nach dem Überwinden der Weltlichkeit
Wie überwinden wir die Weltlichkeit in unseren Herzen, die bei dem einen dieses sein mag, bei dem anderen das? Wie überwinden wir das?
Ich stelle die Frage mit dem Richterbuch. Im Richterbuch heißt die Frage in Kapitel 14, Vers 18: „Was ist süßer als Honig und was ist stärker als der Löwe?“ So fragt hier Simson in Kapitel 14, Vers 18. „Was ist süßer als Honig und was ist stärker als der Löwe?“
Ich muss euch sagen, das Richterbuch lässt diese Frage offen. Im Richterbuch wird diese Frage nicht beantwortet. Gibt es etwas noch Süßeres als Honig? Das ist doch der Inbegriff vom Süßen: Honig. Heute haben wir vielleicht noch süßere Sachen, aber damals, zur Zeit der Richter, gab es nichts Süßeres als Honig. Gibt es noch etwas Süßeres?
Und es gab nichts Stärkeres als einen Löwen, den König der Tiere. Gibt es noch etwas Stärkeres als einen Löwen? Das Richterbuch beantwortet die Frage nicht.
Aber das Neue Testament beantwortet diese Frage. Wenn wir fragen, was ist süßer als der Honig der gefallenen Welt mit all ihrer Anziehungskraft, und wer ist stärker als der Fürst dieser Welt, der dahinter steht, dann muss ich zunächst sagen: Wir können Weltlichkeit natürlich auf verschiedene Weisen bekämpfen.
Wir könnten zum Beispiel Regeln aufstellen gegen Weltlichkeit. Aber Regeln gegen Weltlichkeit sind sehr problematisch. Es gilt nämlich der Grundsatz: Leute brechen Regeln. Wenn man Regeln aufstellt, wird es immer Leute geben, die sie brechen. Oder sie machen es heimlich, halten öffentlich die Regel ein, aber im Verborgenen brechen sie die Regeln.
Leute brechen Regeln – oder Regeln brechen Leute, das gibt es auch. Es gibt manche Christen, die haben so viele Regeln aufgestellt bekommen, von Kindesbeinen an, dass sie von den Regeln gebrochen wurden.
Ich habe gehört von einer sehr konservativen Gemeinde irgendwo, nicht in Europa, irgendwo auf dieser Welt. Da hat die Gemeinde einen Katalog von Regeln aufgestellt. Um zu dieser Gemeinde zu gehören, musste man viele, viele Regeln unterschreiben: kein Fernsehen, kein Kino, immer eine gewisse Haartracht, immer Kopfbedeckung für die Frau, keine Hose, kein Schmuck, immer lange Röcke, keine Krawatte für Männer usw. Eine lange Liste von Regeln musste unterschrieben werden, um zu dieser Gemeinde zu gehören.
Die haben das vielleicht sehr aufrichtig gemeint. Ich verachte sie deswegen nicht. Aber mit diesen Regeln kann man Weltlichkeit nicht ausrotten. Man kann sie irgendwie verdrängen, sodass sie dann woanders gelebt wird und während des Gottesdienstes vielleicht nicht, aber man kann sie nicht wirklich bekämpfen.
Und manchmal werden auch Neubekehrte mit solchen Regeln zurück in die Welt getrieben.
Ich bitte euch: Lasst uns Weltlichkeit nicht mit Regeln bekämpfen. Es gibt einen anderen Weg, und für den möchte ich plädieren.
Die Überwindung der Welt durch die Liebe Jesu Christi
Bitte stell mir den Herrn Jesus vor die Augen und zeige mir, warum ich anders leben soll. Stell mir den Herrn Jesus vor Augen!
Gottes Mittel, um Menschen aus dem Griff dieser Welt zu entreißen, ist, uns die Herrlichkeit des Gekreuzigten und Auferstandenen vor Augen zu stellen. Schaut: Da steht auf der einen Seite der Fürst dieser Welt, der Teufel, mit seinen Gaben. Er lockt uns und zieht uns damit in die Finsternis hinein. Er ist es, der das so macht.
Galgen, ein Tötungsinstrument, und da ist einer angenagelt. Er trägt die Dornenkrone, seine Lippen sind aufgeplatzt, Speichel läuft in seinem Bart, seine Wunden bluten. Welche Anziehungskraft hat dieser? Welche Anziehungskraft geht von ihm aus?
Und ich frage dich heute Morgen trotzdem: Was hat dich mehr angezogen? Was hat dich mehr bereit gemacht, nach dem Willen Gottes zu leben, als dieser, der für dich und mich an ein Kreuz geheftet wurde?
Das ist Gottes Mittel gegen Weltlichkeit: uns Jesus Christus vor Augen zu stellen, der diese Welt überwunden hat. Seine Liebe ist süßer als Honig, und seine Erlösung am Kreuz ist stärker als der Löwe. Er hat den Feind besiegt. Das ist Gottes Mittel.
Die Liebe Jesu am Kreuz ist süßer als der beste Honig, und sein Sieg am Auferstehungsmorgen ist stärker als der Löwe. Er hat ihn besiegt, und wir haben auch diesen Sieg im Glauben. Darum schreibt Johannes: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1. Johannes 5,4).
Es gilt ein Grundsatz: Wenn das Christentum innerlich die Welt überwindet, kann es äußerlich von der Welt nicht überwunden werden. Wenn wir innerlich die Welt überwinden, indem wir Christus lieben, ihn anschauen und nahe bei ihm sind, kann auch das Christentum und wir mit ihm nicht von außen überwunden werden.
Wie überwinden wir Weltlichkeit in unseren Herzen? Indem wir auf Christus schauen und erkennen, dass er diese Welt überwunden hat. Wenn mir die Augen geöffnet sind für die Liebe Jesu am Kreuz, dann erkenne ich, dass diese Welt, die den Sohn Gottes gekreuzigt hat, die ihn dorthin genagelt hat, die kann ich nicht mehr lieben.
Dann kann ich sogar mit Paulus sagen: Ich bin der Welt gekreuzigt, und die Welt ist mir gekreuzigt (Galater 6,14). Welt und Christentum schließen sich in gewisser Weise wie Feuer und Wasser aus. Das sind entgegengesetzte Pole, die man nicht miteinander vereinen kann, wenn man Welt so versteht, wie wir es eben definiert haben – die Dinge, die wir ohne Gott genießen wollen. Das geht nicht.
Abschließende Gedanken: Leben aus Dankbarkeit und Hingabe
Damit komme ich zum Schluss. Wir wollen aber noch einen letzten Gedanken mitnehmen: Es ist nicht genug, nur gegen das weltliche Leben zu sein und zu sagen, dass wir dieses und jenes bekämpfen.
Wir brauchen einen besseren Lebensinhalt, als nur gegen die Welt zu sein. Es reicht nicht, sich nur von diesem fernzuhalten, jenes nicht zu tun, dort nicht hinzugehen und das nicht zu machen. Das ist zu wenig.
Wir brauchen einen größeren, umfassenderen Lebensinhalt. Wir wollen aus Dankbarkeit und Liebe dem dienen, der diese Welt überwunden hat. Der niemals heimlich Honig aus dem Bauch des toten Löwen genommen hat, sondern alles mit Gott, seinem Vater, hier auf dieser Erde gelebt und auch genossen hat.
Lasst uns nicht in irgendeiner apostolischen Liege schlafen und meinen, wir könnten dort die frommen Däumchen drehen. Lasst uns selbst auch aus Liebe und Dankbarkeit unserem Herrn dienen. Damit überwinden wir die Welt noch mehr und freuen uns, dass wir ihm dienen können.
Lass mich am Schluss noch einmal die Frage stellen: Kann jeder von uns, der heute Morgen in diesem Gottesdienst hier ist, wirklich schon sagen, dass er aus der Welt errettet ist? Hast du das so erlebt, wie Paulus sagt, dass er aus der Welt herausgerissen wurde? Diesen Ausdruck benutzt Paulus im Galaterbrief Kapitel 1. Man muss uns ja förmlich aus dieser Welt herausreißen, so weltverliebt sind wir von Natur aus.
Kannst du sagen: Ich bin auch einer, der herausgerettet ist aus dieser Welt, die mit ihrer Lust vergeht? Und wenn du das bist, wenn du ein Bruder oder eine Schwester bist: Hast du diese gefallene Welt immer noch lieb, oder ist sie dir wieder lieb geworden? Bist du in Gefahr, ein Demas zu werden, der diese Welt liebgewonnen hat?
Dann erkenne, dass es gefährlich ist, Honig aus dem Bauch des toten Löwen zu nehmen. Genieße dein Leben mit Gott, tue alles, was du tust, mit ihm und für ihn. Dann brauchen wir nicht, Honig aus dem Bauch des toten Löwen zu nehmen.
Was ist süßer als Honig? Die Liebe Jesu am Kreuz, durch die mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Ich habe einen neuen Lebensinhalt: Ich möchte aus Liebe und Dankbarkeit nach dem Reich Gottes trachten. Du auch? Das wäre großartig.
Gebet zum Abschluss
Wollen wir aufstehen zum Gebet? Wir danken dir, dass du uns kennst.
Ich möchte dir danken, Herr, dass viele von uns, auch ich, bezeugen können, dass du uns aus der Welt errettet hast. Du hast uns wirklich herausgerissen aus dem Schlamm der Sünde, aus dieser Weltverliebtheit. Herr, wir wollten alles genießen und haben dabei oft deine Gebote gebrochen, ohne dich.
Herr, ich danke dir, dass du auch jeden kennst, der diese Erfahrung noch nicht gemacht hat. Lass ihn heute Morgen erkennen, dass er herausgerettet werden muss aus dieser vergehenden Welt.
Ich bitte dich, Herr, für uns, die wir Christus kennen und lieben: Lass uns ehrlich sein, wo Weltlichkeit uns noch anfechtet, wo sie uns vielleicht noch in Beschlag hat und wir manchmal Dinge ohne dich genießen.
Schenk uns, dass wir innerlich nicht zerrissen sind, sondern alles zu dir bringen zum Kreuz. Die Liebe Jesu, dieser wunderbare Herr, der uns so teuer erkauft hat, ist stärker und süßer als der süßeste Honig dieser Welt.
Lass uns durch diese Liebe überwinden und ganz eins werden mit dir. Hilf uns, nicht zerrissen oder geteilt im Herzen zu sein, nicht doppelbödig. Nimm jede Heuchelei von uns und schenke uns, dass wir immer mehr ganz den Weg mit dir gehen.
Lass uns die Dinge dieser Welt mit dir genießen, für dich leben und dir dienen mit großer Freude. Darum bitten wir dich von ganzem Herzen. Amen.