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Drei ganz primitive Fragen

04.10.1959Psalm 50,12-14

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Wir wollen mit unserem Plan weitermachen. Dabei besprechen wir auffallende und seltsame Psalmstellen. So lese ich in Psalm 50 ein Wort, das ebenso auffallend ist wie passend zum Erntedankfest.

Da sagt der lebendige Gott: „Wo mich Hunger quält, wollte ich dir nicht davon sagen? Denn der Erdboden ist mein und alles, was darin ist. Meinst du, dass ich Ochsenfleisch essen wollte oder Bockblut trinken?“

Opfer Gott Dank! Heilige uns in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist die Wahrheit! Amen!

Seien Sie bitte freundlicher und machen Sie auf der Galerie, wenn es so klein ist, die Fenster da oben ein bisschen auf. Danke!

Die Herausforderung der Erntedankfestpredigt und ihre Freude

Meine Freunde, ich muss ein persönliches Wort sagen. Wahrscheinlich sage ich es jedes Jahr am Erntedankfest ähnlich. Jedes Jahr, wenn ich mich anschicke, eine Erntedankfestpredigt vorzubereiten, empfinde ich eine gewisse Verlegenheit, es auszusprechen. Denn das Erntedankfest hat nun einmal tatsächlich mit der Landwirtschaft zu tun.

Und was verstehen wir Großstadttypen schon von Landwirtschaft? Ja, ja, wir sind froh, wenn wir in den Ferien ein bisschen davon mitbekommen. Das ist schön, nicht wahr? Zum Beispiel der Sonnenglanz über reifenden Kornfeldern oder wenn schwankende Heuwagen einfahren. Oder wenn die nächtliche Stille eines Dorfes durch das Summen der Dreschmaschine unterbrochen wird. Ich denke, das haben Sie alle schon irgendwie erlebt, und das ist schön.

Aber was haben wir für eine Ahnung von Not, Mühe und harter Arbeit bei der Ernte? So steht man zuerst diesem Bierrostlitter gegenüber. Manche haben einen kleinen Garten oder ein paar Obstbäume, und die verstehen schon ein bisschen mehr. Aber ich gehöre nicht zu ihnen. Mein bisschen Obst fressen die Vögel und die kleinen Kinder, die vorbeikommen.

So bin ich erst ein bisschen bang, wenn ich mich anschicke, eine Erntedankfestpredigt vorzubereiten. Und dann geschieht jedes Mal dasselbe: Plötzlich bekomme ich eine ganz große Freude. Ich freue mich auf die schöne Szene, wenn das junge und auch ältere Volk unserer Bibelstunde hier die Gaben hinlegt.

Und denken Sie, diesmal haben wir also zwei Tische, oben ist auch noch einer, nicht wahr? Die haben es für sich gemacht. Es ist schön, wenn unser Gesang erklingt: „Alle gute Gabe kommt, Herr, von Gott dem Herrn.“ Da sieht man Männer hier mitsingen, die das ganze Jahr noch nicht haben singen können. Das ist wundervoll.

Aber meine Freunde, das Schönste ist mir doch jedes Jahr die Entdeckung, dass dieses Erntedankfest uns ein paar ganz einfache göttliche Wahrheiten bringt. Sehen Sie, wir sind so komplizierte Leute. Das kleinste Kind muss heute eigentlich schon einen Privatpsychiater haben, nicht wahr?

Wir leben in einer anstrengenden Welt. Sie ist eine Strapaze, in der Wirtschaftsfragen, Politik und Technik das Leben so schwierig machen. Und da ist es so wundervoll, dass immer wieder das Erntedankfest in unser kompliziertes Leben hinein einfache, helle, klare und tröstliche Wahrheiten bringt.

Und nun helfe mir unser Heiland, dass ich Ihnen diese einfachen, hellen und wahren Wahrheiten weitergeben kann.

Drei grundlegende Fragen zur Ernte und Gottes Wirken

Wir wollen so vorgehen, dass ich drei Fragen stelle, die der Text gleichsam aufwirft und auch beantwortet. Ich werde diese Fragen als Grundlage nehmen.

Ich überschreibe meine Predigten mit drei ganz einfachen Fragen. Drei ganz primitive Fragen.

Wer ist der größte Landwirt?

Erste Frage: Wer ist der größte Landwirt?

Neulich las ich einen Artikel über die kanadische Musterfarm. Nicht als Kruzchefter, denn das war ja nur gerade für alle Zeitungen gefundenes Fressen. Dort stand ein schöner Satz: Der Besitzer dieser Musterfarm sei, in Gänsefüßchen, der größte Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder einer der größten Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Ich finde das eine schöne Bezeichnung für Bauern, nicht? Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse – das klingt auch nach etwas.

Da musste ich an meine Freunde denken, an die Bauern auf der Schwäbischen Alb. Sie würden staunen, wenn ich Ihnen sage, dass sie Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind. Aber sie sind es nicht! Sie müssen sich allerdings schwer schinden. Ich denke, sie feiern dieses Erntedankfest mit einem viel bewegteren Herzen als wir Großstädter.

Aber wenn diese schwäbischen Bäuerlein ausfallen würden, würden wir hier noch nicht verhungern, und die Leute in Stuttgart auch nicht. Die zwanzig Morgen fallen nicht ins Gewicht.

Und da taucht einem ganz schön die Frage auf: Wer ist denn eigentlich der größte Landwirt? Gibt es einen Landwirt, der so ein großer Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist, dass uns Hungersnot drohen würde, wenn er ausfiele, wenn er streikte?

Ja, sagt die Bibel, so einen gibt es. Dieses Psalmwort sagt: Der größte Landwirt ist der bändigende Gott. Er hat den umfassendsten Grundbesitz. Er sagt hier in unserem Text: "Der Erdboden ist mein." Das schmeißt alle Grundbücher von Haufen. "Der Erdboden ist mein und alles, was darin ist." Von ihm ist die Ernährung der ganzen Welt abhängig.

Wir können so klug sein und so wichtig tun, wir können Atheisten sein – es bleibt dabei: Von ihm ist die Ernährung der ganzen Welt abhängig.

Nun sagte ich vorhin, das Erntedankfest bringt uns ganz schlichte Wahrheiten. Hier ist so eine: Was haben die Theologen und Philosophen sich den Kopf zerbrochen über Gott, über Gottes Wesen, über Gottes Eigenart, wie weit seine Macht geht! Was haben sie diskutiert und nachgedacht über Gott!

Ich komme aus der DDR, wo die Kinder in der Schule schon gesagt kriegen, das letzte Produkt all ihrer Weisheit sei, dass dieser Gott gar nicht existiert. Und in all dies Geschwätz, Gerede und Nachdenken hinein kommt unser Bibelwort.

Es kommt daher wie ein Bauer, wie ein Bauer, der das Felseste so gewichtig und doch so ganz einfach hat. Er hat keine Lackschuhe an. So kommt dieses Wort daher und sagt: "Aber seid ihr dumm! Während ihr nachgedacht habt über Gott und wie er sein könnte und ob er existiert, hat dieser Gott euch inzwischen euer Frühstück gegeben, euer Mittagessen, euer Abendessen, sogar Kaffee, der doch Luxus ist, und Bratkartoffeln – alle hat er euch gegeben."

Denkt mal weiter über ihn nach. Versteht, das ist unerhört einfach: "Der Erdboden ist mein und alles, was darin ist." Während ihr euch den Kopf zerbrecht, wie man die Ernährung der Welt sicherstellen könnte, hat er die Saat wachsen lassen.

Der Apostel Paulus hat das einmal so wundervoll ausgedrückt. Da wurde er in Lystra beinahe zuerst angebetet als Gott, weil er ein Wunder getan hatte. Und da springen diese Heiden auf und sagen: "Ihr seid so blind und dumm, das ist gar nicht auszusprechen, wisst ihr nicht, dass Gott lebt?"

Und dann kommt es: Gott hat sich nicht unbezeugt gelassen, man könnte ihn kennen. Er hat uns viel Gutes getan, er hat uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben. Und nun kommt: "Und unsere Herzen erfüllt mit Speise und Freude." Wir würden sagen: Unsere Mägen erfüllt mit Speise.

Und Paulus dachte: Ihr habt noch gar nicht ganz begriffen, wie das Gott wollte. Eure Herzen erfüllt mit Speise und Freude – das sollte Freude sein, wenn ihr euren Tisch seht, hat das Gott gedacht.

Wer ist der größte Landwirt? Der lebendige Gott sei es!

Nun könnte ich mir denken, dass vielleicht einer hier ist und sagt: Ja, Pastor Busch, das ist eine schöne, tröstliche und einfache Wahrheit, dass Gott uns ernährt. Aber so einfach ist es doch nicht. Ihr Pfarrer macht euch das zu leicht.

Weißt du nicht?, würde vielleicht einer fragen, dass die Hälfte der Menschheit Hunger hat oder jedenfalls nicht satt wird, unterernährt ist? Und was sagst du zu den Hungersnöten da und doch? So fragt mich vielleicht einer.

Und darauf kann ich nur antworten: Dass Menschen nicht satt werden und dass es Hungersnöte gibt, das liegt an uns. Das geht auf unser menschliches Schuldkonto. Gott lässt genug wachsen. Aber solange in der einen Hälfte der Welt um irgendwelche Ideologien willkürliche Experimente gemacht werden, sodass die Menschen hungern müssen, und in der anderen Welt Getreide ins Meer geschüttet wird, damit die Preise stabil bleiben, solange kommen die Hungersnöte auf unser Schuldkonto und nicht auf Gottes Konto.

Ehrlich: Es wächst genug. Und ich finde es erschütternd, dass an diesem Erntedankfest davon geredet werden muss, dass Menschen hungern.

Kann Gott hungern? Eine biblische Klärung

Aber damit komme ich zur zweiten, scheinbar einfachen Frage: Kann Gott auch hungern?

Diese Frage ist wirklich wichtig. Vielleicht sind Sie jetzt schon ein bisschen müde, hier ist wenig Sauerstoff, das stimmt, und vielleicht sind Sie von der schönen Zeremonie schon erschöpft. Aber was meinen Sie: Kann Gott hungern? Wahrscheinlich schauen Sie mich etwas entgeistert an, weil Sie denken, das sei eine ziemlich, wie man in Essen sagt, doofe Frage.

Liebe Freunde, ich habe diese Frage nicht erfunden. Sie wird hier in der Bibel aufgeworfen – ernsthaft! Stellen Sie sich vor, Gott selbst stellt diese Frage. Er sagt hier: „Wo mich hungerte, wollte ich nicht davon reden.“ Gott wirft also die Frage auf, ob er hungern könnte. Indem er sie ironisch beantwortet, gibt er gleich die Antwort mit: Nein, Gott kennt Hunger nicht.

Gott kennt Hunger nicht. Hunger gehört zum Menschsein, zu Fleisch und Blut. Gott ist Geist. Deshalb kennt Gott keinen Hunger.

Nun sagt vielleicht jemand: Dann kann Gott unseren Kampf ums tägliche Brot gar nicht verstehen. Doch, das kann er sehr wohl. Denn Gott ist Mensch geworden. Der Sohn Gottes nahm Fleisch und Blut an und wurde uns in allen Stücken gleich. Er wurde uns auch darin gleich. Gott kam in Jesus und wurde uns darin gleich, dass er den Hunger kennengelernt hat. Das heißt in der Bibel ausdrücklich: Jesus hat gehungert.

Auch in dem Stück heißt es von unserem Heiland, was im Hebräerbrief steht: Er musste in allen Stücken seinen Brüdern gleich werden, damit er warmherzig würde.

Aber nun kehren wir zum Text zurück. Wie kommt es zu der merkwürdigen Frage, ob Gott hungern kann? Die nächsten fünf Minuten sind nicht ganz einfach, aber Gott gebe uns Verständnis!

Wie kam es zu dieser Frage? Sehen Sie, Gott spricht hier mit seinem Volk Israel. Sie wissen, dass in Israel ein Tempel stand. Im Vorhof des Tempels stand der Brandopferaltar, und dort wurden unablässig Opfer dargebracht: Stiere, Schafe, Ziegen, Widder.

Wenn ich weitermache, bitte ich Sie: Sie haben alle Fenster oben zugemacht. Bitte machen Sie sie auf, sonst ersticken wir hier unten. Das wäre gefährlich. Wer nach oben geht, muss riskieren, dass er ein bisschen friert. Das kann ich nicht ändern. Danke. Das ist sehr hart.

Sehen Sie, das gehört auch zu den guten Gaben: frische Luft. Das ist unser tägliches Brot. Das sollen sie uns da oben nicht entziehen.

Also, wie kommt es zu der Frage, ob Gott hungern könnte? Gott spricht zu seinem Volk Israel, und dort wurden ständig Tieropfer gebracht. Allmählich hatte sich in den Köpfen der Leute die Vorstellung festgesetzt, Gott würde von diesen Opfern leben. Wenn ein Stier oder ein Ochse geopfert wurde, glaubten sie, Gott ernähre sich davon. Heute bekommt er also Ochsenbraten.

Das ist die Vorstellung der Heiden, wenn sie in Homer lesen. Es ist eigentlich immer die Vorstellung, dass die Götter vom Menschen durch Opfer ernährt werden. Und diese Vorstellung hatte Israel allmählich übernommen: Wir geben Gott zu essen.

Nun spricht Gott hier und wischt diese Vorstellung weg. Er sagt: Wenn ich hungerte, wollte ich nichts davon sagen. Meint ihr ernsthaft, ich wollte Ochsenfleisch essen? So stehen die Dinge nicht! Ich brauche eure Opfer nicht.

Und die Kehrseite ist: Aber ihr braucht mich!

Hier sind wir nun, meine Freunde, an dem Punkt, der uns Menschen aus dem Jahr 1959 ganz nah angeht. Gott braucht uns nicht. Ihr könnt ihm nichts geben. Wenn die Welt ihn lästert, würde kein Staubkorn von seiner Majestät abgebrochen.

Er braucht uns nicht. Aber Sie und ich, wir brauchen ihn. Das ist die Kehrseite. Man sagt immer: Wir brauchen ihn bitter nötig.

Die Bedeutung der Opfer im Alten Testament und ihre Erfüllung in Christus

Nun sind wir beim allerwichtigsten Punkt angekommen. Werde ich Gott sei Dank, ich brauche euch und eure Opfer nicht, aber ihr braucht mich und mein Opfer.

Gott sagt den Menschen hier: Ihr bringt Opfer und wollt mich damit ernähren? Wohl, ich habe euch die Opfer befohlen, sagt Gott, aber nicht um meines Willens – ich brauche sie nicht –, sondern um eures Willens, damit ihr Versöhnung mit Gott habt und Vergebung eurer Sünden erlangt. Darum habe ich die Opfer eingerichtet und befohlen – um eures Willens.

Alle Opfer des Alten Testaments sind keine Gaben des Menschen für Gott gewesen, auch diese Opfer hiermit nicht. Alle blutigen Opfer im Alten Testament sind keine Gaben für Gott gewesen, sondern Gottes Gabe an den Menschen. Gott hat den Menschen die Möglichkeit des Opfers gegeben, um deutlich zu machen: Ich möchte gern, dass ihr Sünder nicht verloren geht. Das Opfer ist eine Erinnerung daran: Du, deine Sünde ist Sünde!

Wo sitzen hier Menschen, die in schmutzigen Sünden gebunden sind? In Lüge, Unkeuschheit, in Leblosigkeit, in Streitigkeiten, in Selbstsucht? Deine Sünde ist Sünde, und Gott schließt keinen Frieden damit.

Darum hat Gott das Opfer gegeben, das stirbt an deiner Stelle. Und das sagt jedes Mal: Eigentlich bist du des Todes schuldig. Jedes Opfer ist eine Erinnerung daran, dass Gott versöhnen will – und nur Blut kann dich reinigen und dich verändern.

Jedes Opfer im Alten Testament war ein Hinweis auf das allergrößte, gewaltigste Opfer der Weltgeschichte, auf das Kreuz Jesu von Golgatha.

Meine Freunde, warum bringen wir keine blutigen Opfer mehr? Weil Jesus, unser großer Hoherpriester, das letzte große Opfer gebracht hat. Danach braucht man keine Opfer mehr.

Da schreitet er hinauf nach Golgatha, der große Hohepriester Jesus, und dort opfert er sich selbst. Er ist das Lamm, der Hohepriester, der sich selbst als das Lamm opfert. Man möchte das Kreuz vor sich sehen und sagen: Siehe da, ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt trägt.

Wollt ihr leben, ohne unter Jesu Kreuz gefunden worden zu sein?

Nun sind wir am Erntedankfest von einem Text, der wirklich von der Ernte spricht, wieder unter Jesu Kreuz geführt worden. Jedes Wort der Bibel führt dahin, und es ist gut, dass wir am Erntedankfest dorthin geführt worden sind.

Denn, meine Freunde, der Mensch lebt nicht vom Brot allein, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wir brauchen Lebensbrot, Seelenbrot. Und Jesus sagt, dieser Mann, der am Kreuz hängt, sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Wer davon isst, wird ewig leben.

Zusammenfassung der drei Fragen

So, noch ein drittes: Wir wollten drei einfache Fragen stellen.

Wer ist der größte Landwirt? Gott selbst ist der größte Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Kann Gott hungern? Nein, er braucht nicht von uns ernährt zu werden. Er gibt uns Brot für den Leib und das Brot des Lebens.

Die Bedeutung von Schuld und Dankbarkeit im Glaubensleben

So, noch eine dritte Frage – und diese ist nicht mehr ganz so einfach. Ob dein Vater oder dein Pastor richtig oder falsch handelt, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Wenn du mit dem Finger auf andere zeigst, zeigen drei Finger auf dich zurück. Mea culpa – sagt der katholische Christ völlig zu Recht. Wenn diese Worte nicht nur eine fromme Phrase, eine Tradition oder Gewohnheit sind, sondern wirklich ernst gemeint, dann ist das der erste Schritt zu dem Jesus, der deine Schuld dir abnimmt. Er übernimmt deine Schuld, als wäre sie seine eigene, und damit bist du sie los.

Du bist gewissermaßen selbst erlöst, denn das Wesen des Menschen ohne Gott ist Schuld, ist Sünde, ist Trennung von Gott. Opfer Gottdank! Das klingt so furchtbar einfach, dass der kleinste Konfirmand sagen würde: „Das habe ich verstanden, fertig.“

Und jetzt muss ich Ihnen sagen, dass ich an dieser Stelle innerlich fast verzweifle, weil ich fürchte, dass das alles nur leere Worte sind. Hier und im Anschlusssaal sind zusammen etwa 1200 Menschen. Ich möchte gern wissen, wie viele von Ihnen überhaupt beten können. Ich meine nicht, in der Kirche den Kopf zu senken, sondern ein persönliches Gebetsleben zu führen. Das sind sehr wenige. Der Mensch von heute kann es oft nicht mehr.

Und denjenigen, die beten können, geht es vielleicht so wie mir: Man bittet, man bittet Gott um unendlich viel, man schreit förmlich zu ihm. Aber wer kann danken? Wir können nicht wirklich beten. Wenn wir beten, dann können wir meist nur bitten. Aber wer kann danken? Wer kann vor Gott niederfallen, ihn anbeten und danken in einem persönlichen Gebetsleben?

Wer von uns kann eigentlich danken für das tägliche Brot und für alle guten Gaben? Und wer kann noch weitergehen? Wer von Ihnen kann danken für das Brot des Lebens, für Jesus, für Gottes Heil, für die Vergebung der Sünden, für das Blut, das für Sie und mich geflossen ist? Wer kann danken für das Kreuz Jesu?

Und doch, meine Freunde, wird unser Leben erst recht gesegnet, wenn wir unserem Herrn danken können, dass ein Heiland gekommen ist, der uns zum Kind Gottes gemacht und erlöst hat. Vorher ist alles nur Murks. Wer kann dafür danken? Das kann nur der, der zuvor den Zorn Gottes im Gewissen erfahren hat. Wer einmal erlebt hat, wie schrecklich unsere Sünde ist, wie verloren unser Herz ist, wer von Angst vor der Hölle gepeitscht zum Kreuz Jesu kam – der lernt danken.

„Ich danke dir, du wahre Sonne, dass mir dein Glanz Licht gebracht hat! Ich danke dir, du Lebensbrot!“ Meine Freunde, ich spreche hier vielleicht etwas pessimistisch. Ich sagte, ich könnte verzweifeln: Wer kommt da hin? Wer schafft das?

Mir sagte einmal ein sehr gelehrter katholischer Mönch, mit dem ich einige Tage zusammenlebte: „Ihr Protestanten macht es zu hart.“ Er sagte: „Ein Mensch muss zur Erkenntnis seines verlorenen Zustandes kommen, dann findet er Jesus und darf sich ihm ergeben. Für den hat er eine Botschaft. Und wer das nicht tut, für den hat er nichts.“

Sollte man es der großen Masse nicht leichter machen? Ich antwortete: Nein, das können wir nicht. Ich kann es nicht leichter machen. Das Leben bleibt verloren, solange Menschen nicht als gebrochene Menschen unter das Kreuz Jesu kommen und lernen, anzubeten, dass Jesus, der Sohn Gottes, das Opfer für sie wurde, der Versöhner, das Brot des Lebens und ihr Heiland.

Aber ich sehe nicht nur schwarz. Denn ich weiß, dass Gottes Geist solches Lob und solche Anbetung unter uns wirken will und wirken kann. Und damit rechne ich. Es geht hier nicht um ein bisschen religiöses Grieseln oder ein kleines Erntedankfest, sondern um Gottes Geist, der alles völlig neu schafft.

Abschließende Gedanken und Gebet

Ich muss schließen, denn es dauert zu lange. Im Alten Testament, im Alten Bund in Jerusalem, stieg Tag und Nacht der Rauch der Opfer in die Höhe.

Dies ist nicht mehr nötig, seitdem Jesus mit einem Opfer alles für uns getan hat. Und doch wünsche ich, dass aus unseren Herzen der Rauch der Anbetung und der Dankopfer zum Thron Gottes aufsteigt.

Ich wünsche, dass aus unseren Herzen Dank aufsteigt, ein Dankgebet vor Gott. Dank für seine Wohltaten, dafür, dass wir zu essen und zu trinken haben, für Gesundheit, für liebe Menschen und Nachbarn und ja, auch für den Sauerstoff und alles, was uns umgibt.

Vor allem danken wir für das Lebensbrot. Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart. Ich gebe mich hin dem freien Triebe, mit dem ich warm geliebt war.

Wir wollen beten: O Herr, wir bitten dich, habe doch dein Gnadenwerk in unseren Herzen. Wir wollen dir danken, Herr, dass du nicht willst, dass Menschen verloren gehen, sondern dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Nun danken wir für deinen Liebeswillen, der alle Gaben offenbart. Wir danken dir für deinen Liebeswillen in Jesus. Wir danken dir für deinen Liebeswillen, der durch den Heiligen Geist jeden von uns sucht und sieht. Amen.