Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir wollen mit unserem Plan weitermachen und auffallende, seltsame Psalmstellen besprechen. Dabei lese ich im Psalm 50 ein Wort, das ebenso auffällig ist wie passend zum Erntedankfest.
Da sagt der lebendige Gott: „Wo mich? Wer hungerte, wollte ich dir nicht davon sagen, denn der Erdboden ist mein und alles, was darinnen ist. Meinst du, dass ich Ochsenfleisch essen wollte oder Bockblut trinken?“
Opfere Gott Dank! Verheilige uns in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Seien Sie freundlich und machen Sie, wenn es so klein ist, auf der Galerie die Fenster da oben ein bisschen auf. Danke!
Die Herausforderung des Erntedankfests für Stadtmenschen
Meine Freunde, ich muss ein persönliches Wort sagen. Wahrscheinlich sage ich jedes Jahr am Erntedankfest etwas Ähnliches. Jedes Mal, wenn ich mich daran mache, eine Predigt für das Erntedankfest vorzubereiten, empfinde ich zunächst eine gewisse Verlegenheit, dies auszusprechen.
Das Erntedankfest hat tatsächlich mit der Landwirtschaft zu tun. Und was verstehen wir Großstadttypen schon von Landwirtschaft? Ja, wir sind froh, wenn wir in den Ferien ein bisschen davon mitbekommen. Das ist schön, nicht wahr? Zum Beispiel der Sonnenglanz über reifenden Kornfeldern oder wenn schwankende Heuwagen einfahren. Oder wenn die nächtliche Stille eines Dorfes vom Summen der Dreschmaschine unterbrochen wird. Ich denke, das haben Sie alle schon irgendwie erlebt, und das ist schön.
Aber was wissen wir wirklich über Not, Mühe und die Arbeit bei der Ernte? So steht man zuerst diesem Wirrwarr gegenüber. Manche haben einen kleinen Garten, und dort wächst Obst. Das sind Einheimische, die verstehen schon ein bisschen mehr. Aber ich gehöre nicht zu denen. Mein bisschen Obst fressen die Vögel und die kleinen Kinder, die hineinkommen.
Also ist es immer erst ein bisschen Bangen da, wenn ich mich an die Vorbereitung der Erntedankfestpredigt mache. Und dann geschieht jedes Mal dasselbe: Plötzlich empfinde ich eine große Freude. Ich freue mich auf die schöne Szene, wenn das junge und auch das ältere Volk unserer Bibelstunde hier die Gaben hinlegt.
Und denken Sie daran, diesmal haben wir also zwei Tische, oben ist auch noch einer, nicht wahr? Sie haben es für sich gemacht. Es ist schön, wenn unser Gesang erklingt: „Alle gute Gabe kommt von Gott dem Herrn.“ Da sieht man Männer hier mitsingen, die das ganze Jahr noch nicht singen konnten. Das ist wundervoll.
Einfache göttliche Wahrheiten im Erntedankfest
Aber meine Freunde, das Schönste für mich ist jedes Jahr die Entdeckung, dass uns dieses Erntedankfest einige ganz einfache göttliche Wahrheiten bringt.
Sehen Sie, wir sind sehr komplizierte Menschen. Das kleinste Kind braucht heute eigentlich schon einen Privatpsychiater, nicht wahr? Wir leben in einer anstrengenden Welt, die eine Strapaze ist. Wirtschaftsfragen, Politik und Technik machen das Leben oft sehr schwierig.
Umso wundervoller ist es, wie das Erntedankfest in unser kompliziertes Leben hinein einige ganz einfache, helle, klare und tröstliche Wahrheiten bringt. Nun möge uns unser Heiland helfen, dass ich Ihnen diese einfachen, hellen und klaren Wahrheiten weitergeben kann.
Wir wollen so vorgehen, dass ich drei Fragen, die der Text gewissermaßen aufwirft und auch beantwortet, tief vor Sie hinstelle. Ich überschreibe meine Predigt mit drei ganz primitiven Fragen. Drei ganz primitive Fragen.
Erste Frage: Wer ist der größte Landwirt?
Wer ist der grösste Landwirt?
Ich las neulich einen Artikel über die kanadische Musterfarm. Nicht als Kreuzchef war da, aber gerade für alle Zeitungen war das gefundenes Fressen. Dort stand ein schöner Satz: Der Besitzer dieser Musterfarm sei, sehen Sie, der größte Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder einer der größten Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Ich finde, das ist eine schöne Bezeichnung für Bauern, nicht? Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse – das klingt doch noch etwas. Dabei musste ich an meine Freunde denken, an die Bauern auf der Schwäbischen Alb. Sie würden staunen, wenn ich ihnen sage, dass sie Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse sind. Aber sie sind es nicht. Sie müssen sich allerdings schwer schinden, und ich denke, sie feiern dieses Erntedankfest mit viel bewegterem Herzen als wir Großstädter.
Doch wenn diese schwäbischen Bäuerleien ausfallen würden, würden wir hier noch nicht verhungern – und die Leute in Stuttgart auch nicht. Die zwanzig Morgen fallen nicht ins Gewicht. Da taucht bei einem schon die Frage auf: Wer ist denn eigentlich der größte Landwirt? Gibt es einen Landwirt, der so ein großer Produzent landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist, dass uns Hungersnot drohen würde, wenn er ausfiele oder streiken würde?
Ja, sagt die Bibel, so einen gibt es. Die Psalmworte sagen: Der größte Landwirt ist der lebendige Gott. Er hat den umfassendsten Grundbesitz. In unserem Text heißt es: „Der Erdboden ist mein“ – das schmeißt alle Grundbücher über Bord. „Der Erdboden ist mein und alles, was darin ist.“ Von ihm ist die Ernährung der ganzen Welt abhängig.
Wir können so klug sein und uns so wichtig tun, wir können Atheisten sein – es bleibt dabei: Von ihm ist die Ernährung der ganzen Welt abhängig. Nun sagte ich vorhin, das Erntedankfest bringt uns ganz schlichte Wahrheiten. Hier ist so eine.
Theologen und Philosophen haben sich den Kopf zerbrochen über Gott, über Gottes Wesen, über Gottes Eigenart und wie weit seine Macht reicht. Sie haben diskutiert und nachgedacht über Gott. Ich komme aus der DDR, wo die Kinder in der Schule schon gesagt bekommen, das letzte Produkt aller ihrer Weisheit sei, dass dieser Gott gar nicht existiert.
Und in all dieses Geschwätz, Gerede und Nachdenken hinein kommt unser Bibelwort. Es kommt daher wie ein Bauer, wissen Sie, wie ein Bauer, der aufs Feld geht – so gewichtig und doch so ganz einfach. Das hat keine Lackschuhe an, so kommt dieses Wort daher und sagt: „Aber seid ihr dumm! Während ihr nachgedacht habt über Gott und wie er sein könnte und ob er existiert, hat dieser Gott euch inzwischen euer Frühstück gegeben, euer Mittagessen, euer Abendessen, sogar Kaffee, der doch Luxus ist, nicht, und Bratkartoffeln – all das hat er euch gegeben.“
Denkt mal weiter über ihn nach. Versteht ihr, das ist unerhört einfach: „Der Erdboden ist mein und alles, was da drinnen ist.“ Während ihr euch den Kopf zerbrecht, wie man die Ernährung der Welt sicherstellen könnte, hat er die Saat wachsen lassen.
Der Apostel Paulus hat das einmal so wundervoll ausgedrückt. Er wurde in Lystra beinahe als Gott angebetet, weil er ein Wunder getan hatte. Da springen diese Heiden auf und sagen: „Ihr seid so blind und dumm, das ist gar nicht auszusprechen. Wisst ihr nicht, dass Gott lebt?“ Und dann kommt es: Gott hat sich nicht unbezeugt gelassen, man könnte ihn kennen.
Er hat uns viel Gutes getan, er hat uns vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben. Und nun kommt’s: Unsere Herzen sind erfüllt mit Speise und Freude. Schaut mich jedes Mal um – wir würden sagen: Unsere Mägen sind erfüllt mit Speise. Und da sagt Paulus: Ihr habt noch gar nicht ganz begriffen, wie Gott das wollte – eure Herzen sollen erfüllt sein mit Speise und Freude. Das sollte Freude sein, wenn ihr euren Tisch setzt, hat das Gott gedacht.
Wer ist der größte Landwirt? Der lebendige Gott selber.
Die Verantwortung der Menschen bei Hungersnöten
Nun könnte jemand sagen: „Ja, Pastor Wusch, das ist eine schöne, tröstliche und einfache Wahrheit, dass Gott uns ernährt.“ Aber so einfach ist es nicht.
Vielleicht fragt jemand: „Wisst ihr nicht, dass die Hälfte der Menschheit hungert oder zumindest nicht satt wird und unterernährt ist? Und was sagst du zu den Hungersnöten da draußen?“
Darauf kann ich nur antworten: Dass Menschen nicht satt werden und es Hungersnöte gibt, liegt an uns. Das geht auf unser menschliches Schuldkonto. Gott lässt genug wachsen.
Aber solange in der einen Hälfte der Welt aus irgendwelchen ideologischen Gründen Experimente gemacht werden, sodass Menschen hungern müssen, und in der anderen Hälfte Getreide ins Meer geschüttet wird, damit die Preise stabil bleiben, solange kommen die Hungersnöte auf unser Schuldkonto und nicht auf Gottes Konto.
Er lässt genug wachsen. Es ist erschütternd, dass an diesem Erntedankfest überhaupt davon gesprochen werden muss, dass Menschen hungern.
Die Frage nach Gottes Hunger
Aber damit komme ich zur zweiten einfachen Frage: Kann Gott auch hungern?
Zweitens, kann Gott hungern? Sie schauen mich vielleicht ein wenig müde an. Hier ist tatsächlich recht wenig Sauerstoff, das stimmt, und vielleicht sind Sie schon erschöpft von dieser schönen Zeremonie. Aber was denken Sie: Kann Gott hungern? Wahrscheinlich schauen Sie mich etwas entgeistert an, weil Sie denken, das sei eine ziemlich, wie man in Essen sagt, doofe Frage.
Liebe Freunde, ich habe diese Frage nicht erfunden. Sie wird hier in der Bibel ernsthaft aufgeworfen. Stellen Sie sich das vor: Gott selbst stellt diese Frage. Er sagt hier: „Wo mich hungerte, wollte ich nicht davon reden.“ Gott fragt also, ob er hungern könnte. Indem er die Frage ironisch beantwortet, gibt er gleich die Antwort: Nein, Gott kennt Hunger nicht.
Gott kennt Hunger nicht. Hunger gehört zum Menschsein, zu Fleisch und Blut. Gott ist Geist und kennt keinen Hunger.
Nun sagt vielleicht jemand: „Ja, dann kann Gott unseren Kampf ums tägliche Brot gar nicht verstehen.“ Darauf muss ich antworten: Doch, den kann er verstehen. Denn Gott ist darum auch Mensch geworden, der Sohn. Gott nahm Fleisch und Blut an und wurde uns in allen Stücken gleich. Er wurde uns auch darin gleich.
Gott kam in Jesus und wurde uns darin gleich, dass er den Hunger kennengelernt hat. Das heißt, in der Bibel steht ausdrücklich, dass es Jesus hungerte. Auch in dem Abschnitt über unseren Heiland, der im Hebräerbrief steht, heißt es, er musste in allen Stücken seinen Brüdern gleich werden. Gleich werden, damit er barmherzig würde.
Die Bedeutung der Opfer im Alten Testament
Aber nun kehren wir zum Text zurück. Wie kommt es zu der merkwürdigen Frage, ob Gott hungern kann? Die nächsten fünf Minuten sind nicht ganz einfach, aber Gott gebe, dass Sie es verstehen.
Gott spricht hier zu seinem Volk Israel. Sie wissen, dass in Israel ein Tempel stand. Im Vorhof des Tempels befand sich der Brandopferaltar, an dem unablässig Opfer dargebracht wurden – Stiere, Schafe, Ziegen, Widder.
Bevor ich weitermache, bitte ich Sie: Sie haben alle Fenster oben zugemacht. Ich hatte gebeten, sie zu öffnen, damit Sie nicht ersticken. Es fahren bereits Autos vorbei, das könnte gefährlich werden. Wer oben hingeht, muss riskieren, ein wenig zu frieren. Das kann ich Ihnen nicht ersparen, sonst wären es sechszehn Minuten her. Vielen Dank, das ist sehr angenehm.
Sehen Sie, das gehört auch zu den guten Gaben – frische Luft. Das ist unser tägliches Brot, und das soll uns oben nicht entzogen werden.
Also, wie kommt die Frage auf, ob Gott hungern könnte? Fassen Sie zusammen: Gott spricht zu seinem Volk Israel, und dort wurden beständig Tieropfer gebracht. In den Köpfen der Leute hatte sich allmählich die Vorstellung festgesetzt, Gott würde davon leben, wenn ein Pfarr, ein Stier oder ein Ochse geopfert wurde. Sie glaubten, Gott bekomme dadurch zu essen, heute also Ochsenbraten.
Das ist die Vorstellung der Heiden, wenn sie Homer lesen. Es ist eigentlich immer die Vorstellung, dass die Götter vom Menschen durch die Opfer ernährt werden. Diese Vorstellung hatte Israel allmählich übernommen: Wir geben Gott zu essen.
Nun spricht Gott hier und wischt diese Vorstellung weg. Er sagt: Wenn ich hungerte, würde ich nichts davon sagen. Aber meint ihr ernsthaft, ich wollte Ochsenfleisch essen? So stehen die Dinge nicht!
Er spricht ganz offen: Ich brauche eure Opfer nicht. Die Kehrseite ist jedoch: Ihr braucht mich!
Die Notwendigkeit der Opfer für den Menschen
Hier sind wir nun, meine Freunde, an dem Punkt, an dem uns Menschen aus dem Jahr 1959 die Sache ganz nah angeht: Gott braucht sie nicht! Sie können ihm nichts geben!
Und wenn Westdeutschland in dieser Gleichgültigkeit fortfährt und wir Pfarrer schließlich vor leeren Bänken sitzen! Ja, wenn die ganze Welt ihn lästert, dann wäre nicht ein Stäublein von seiner Majestät abgebrochen. Er braucht uns nicht. Aber Sie und ich, wir brauchen ihn – das ist die Kehrseite. Man sagt also, wir brauchen ihn bitter nötig.
Nun sind wir am allerwichtigsten Punkt. Hören Sie: Gott sagt, ich brauche euch und eure Opfer nicht, aber ihr braucht mich und mein Opfer. Gott sagt den Leuten hier: Ihr bringt Opfer und wollt mich ernähren? Wohl, ich habe euch die Opfer befohlen, sagt Gott, aber nicht um meines Willens – ich brauche sie nicht –, sondern um eures Willens.
Damit ihr eine Versöhnung mit Gott habt und Vergebung eurer Sünden bekommt, darum habe ich die Opfer eingerichtet und befohlen – um eures Willens. Alle Opfer des Alten Testaments sind nicht Gaben des Menschen für Gott, auch diese Opfer hier nicht.
Alle Opfer im Alten Testament, diese blutigen Opfer, sind nicht Gaben für Gott gewesen, sondern Gottes Gabe an den Menschen. Gott hat dem Menschen die Möglichkeit des Opfers gegeben, um deutlich zu machen: Ich möchte gern, dass ihr Sünder nicht verloren geht.
Jedes Opfer war eine Erinnerung daran: Du, deine Sünde ist Sünde. Wo sitzen Menschen hier, die in bunten, in schmutzigen Sünden, in Lügen, in Unkeuschheit, in Lieblosigkeit, in Streitgeschichten, in Selbstsucht leben? Deine Sünde ist Sünde, und Gott schließt keinen Frieden mit ihr.
Darum hat Gott das Opfer gegeben, das stirbt so in dir, und das sagt jedes Mal: Eigentlich bist du des Todes schuldig. Und jedes Opfer ist eine Erinnerung daran, Gott will versöhnen – und nur Blut kann dich reinmachen, um dich zu ändern.
Jedes Opfer im Alten Testament war ein Hinweis auf das allergrößte, gewaltigste Opfer der Weltgeschichte, auf das Kreuz Jesu von Golgatha.
Meine Freunde, warum bringen wir keine blutigen Opfer mehr? Weil Jesus, unser großer hoher Priester, das letzte große Opfer gebracht hat. Nun braucht man keine Opfer mehr. Da schreitet er zum Hügel Golgatha, der große hohe Priester Jesus, und da opfert er sich selbst. Er ist das Lamm, der hohe Priester, der sich selbst als das Lamm opfert.
Ich möchte das Kreuz vor sich stellen: Siehe, da ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt. Wollen Sie leben, ohne das Jesu Kreuz gefunden zu haben?
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein
Nun sind wir am Erntedankfest, von einem Text, der wirklich von der Ernte spricht, wieder unter Jesu Kreuz geführt worden. Jedes Wort der Bibel führt dahin.
Es ist gut, dass wir am Erntedankfest dahin geführt worden sind, denn, meine Freunde, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wir brauchen Lebensbrot, Seelenbrot. Jesus sagt: Dieser Mann, der am Kreuz hängt, sagt: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer davon essen wird, der wird leben in Ewigkeit.“
So noch ein drittes: Wir wollten drei primitive Fragen stellen. Wer ist der größte Landwirt? Gott selbst ist der größte Produzent, der größte Landwirt. Er erzeugt die Schöpfung.
Kann Gott hungern? Nein, er braucht nicht von uns ernährt zu werden. Er braucht nicht von uns ernährt zu werden. Er gibt uns Brot für den Leib und das Brot des Lebens.
Die Bedeutung der persönlichen Schuld und Vergebung
Und noch ein drittes: Diese Frage, die dritte Frage, ist nicht mehr so ganz primitiv. Dein Vater oder dein Pastor mag verklärt sein, wie er will oder richtig, das spielt überhaupt gar keine Rolle.
Bedenke: Wenn du mit dem Finger auf andere zeigst, zeigen drei Finger auf dich zurück. „Mea culpa“, sagt der katholische Christ vollkommen richtig, wenn es nicht nur eine Formel, nicht nur eine Floskel, eine Tradition oder eine Gewohnheit ist, diese Formel zu sagen. „Mea culpa“ – dann steht hier der erste Schritt hin zu dem Jesus, der diese deine Schuld dir wegnimmt, zur seiner Macht.
So tue, als wäre es seine Schuld, und damit bist du sie los, bist dich gewissermaßen selbst los. Denn das Wesen des Menschen ohne Gott ist Schuld, ist Sünde, ist Trennung von Gott.
Das klingt so furchtbar einfach, dass der kleinste Konfirmand sagt: „Das habe ich begriffen, fertig.“ Und jetzt muss ich Ihnen sagen, dass ich gerade an dieser Stelle innerlich fast verzweifle, weil ich fürchte, dass das nur in den Wind geredet ist.
Offre Gott Dank! Hier und im Anschlusssaal zusammen sind etwa 1200 Menschen. Ich möchte gern wissen, wie viele von Ihnen überhaupt beten können. Ich meine nicht, in der Kirche den Kopf zu senken, sondern ein persönliches Gebetsleben zu führen.
Das werden sehr wenige sein. Der Mensch von heute kann es nicht mehr. Und die unter Ihnen, die beten können: Geht es Ihnen nicht so, wie es mir immer geht? Man bittet, man bittet von Gott Unendliches, als ob man gar nicht zu ihm schreien könnte.
Aber wer kann danken? Wir können nicht beten. Wenn wir beten können, dann können wir nur bitten. Aber wer kann danken? Opfert Gott Dank, will in einem persönlichen Gebetsleben vor ihm niederfallen, anbeten und danken?
Wer von uns kann eigentlich danken für das tägliche Brot und für alle seine guten Gaben? Und wer das noch kann – vielleicht sind es eine ganze Reihe – wer von Ihnen kann danken für das Brot des Lebens, für Jesus, für Gottes Heil, für die Vergebung der Sünden, für das Blut, das geflossen ist für Sie und für mich?
Wer kann danken für das Kreuz Jesu? Und doch, meine Freunde, da wird unser Leben erst recht gesegnet, wenn unser Herr danken kann, dass ein Heiland gekommen ist, der mich zum Kind Gottes gemacht hat und die Erlösung gebracht hat.
Vorher ist noch alles Murks.
Die Herausforderung des Glaubens und der Dankbarkeit
Wer kann dafür danken? Danken kann nur, wer zuvor den Zorn Gottes im Gewissen erfahren hat. Wer einmal erlebt hat, wie schrecklich unsere Sünde ist, wie verloren unser Herz ist, und wer, gepeitscht von Angst vor der Hölle, zu Jesu Kreuz kam.
Aber dort lernt man danken. Ich danke dir, du wahre Sonne, dass mir dein Glanz Licht gebracht hat. Ich danke dir, du Lebensbrot. Meine Freunde, ich sprach ein wenig pessimistisch. Ich sagte, ich könnte verzweifeln: Wer kommt denn dahin? Wer kommt denn dahin?
Mir sagte einmal ein sehr gelehrter katholischer Mönch, mit dem ich einige Tage zusammenlebte: „Ihr Protestanten macht es zu hart.“ Er sagte, ein Mensch müsse zur Erkenntnis seines verlorenen Zustandes kommen, dann finde er Jesus und dürfe sich ihm ergeben. Für diesen Menschen habe man eine Botschaft. Und wer das nicht tut, für den habe man nichts.
Sollte man es der großen Masse nicht leichter machen? Darauf antwortete ich: Nein, das können wir nicht. Ich kann es nicht leichter machen. Ihr Leben bleibt verloren und ohne Hoffnung, solange sie nicht als gebrochene Menschen unter Jesu Kreuz gelandet sind. Dort müssen sie anbeten lernen, dass Jesus, der Sohn Gottes, das Opfer für sie wurde, ihr Versöhner, das Brot des Lebens und ihr Heiland.
Aber ich sehe doch nicht so schwarz, denn ich weiß, dass Gottes Geist solches Lob und solche Anbetung unter uns wirken will und wirken kann. Und damit rechne ich.
Es geht hier nicht um ein bisschen religiöses Grieseln oder eine kleine Erhebung beim Erntedankfest. Nein, es geht darum, dass der Geist Gottes erst völlig neu schafft. Nicht wahr?
Abschluss und Gebet
Ich muss schließen, denn heute ist es zu lang geworden.
Sehen Sie, im Alten Testament, im Alten Bund, in Jerusalem stieg Tag und Nacht der Rauch der Opfer in die Höhe. Das ist seitdem nicht mehr nötig, weil Jesus mit einem Opfer alles für uns getan hat.
Und doch wünsche ich mir, dass aus unser aller Herzen der Rauch der Anbetung und der Dankopfer zum Thron Gottes aufsteigt. Ich wünsche, dass der Rauch seines Dankgebetes, Opfer Gottes, zu ihm aufsteigt.
Dank für seine Wohltaten, nicht wahr? Dank dafür, dass wir zu essen und zu trinken haben, für Gesundheit, für liebe Menschen und Nachbarn und ja, für den Sauerstoff und alles. Und vor allem Dank für das Lebensbrot.
Wie singt Herr Stegen? Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart. Ich gebe mich hin dem freien Triebe, mit dem ich warm geliebt war.
Wir wollen beten: O Herr, wir bitten Dich, habe doch Dein Gnadenwerk in unseren Herzen. Wir wollen Dir danken, Herr, dass Du nicht willst, dass Menschen verloren gehen, sondern dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Nun danken wir für Deinen Liebeswillen, der sich in allen Gaben offenbart. Wir danken Dir für Deinen Liebeswillen in Jesus. Wir danken Dir für Deinen Liebeswillen, der durch den Heiligen Geist jeden von uns sucht und sieht. Amen.
