Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.
Episode 53: „Gottes Sohn in Ägypten“
Joseph als treuer Gehorsamer in der Flucht nach Ägypten
Für mich ist Joseph in den Ereignissen, die Matthäus uns beschreibt, der Held. Er sagt nicht viel, aber er ist im entscheidenden Moment immer da. Er ist stets bereit, auf Gott zu hören, wenn er gebraucht wird. So auch jetzt.
Matthäus 2,13: „Als die Weisen aus dem Morgenland hingezogen waren, siehe, da erscheint ein Engel des Herrn dem Joseph im Traum und spricht: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Ägypten. Bleibe dort, bis ich es dir sage, denn Herodes wird das Kind suchen, um es umzubringen.“
In solchen Momenten ist Joseph genau der Richtige. Matthäus 2,14: „Er aber stand auf, nahm das Kind und seine Mutter des Nachts zu sich und zog hin nach Ägypten.“ Wie es scheint, verschwinden Joseph, Maria und Jesus heimlich, still und leise aus Bethlehem.
Einmal mehr müssen sie ihre eigenen Vorstellungen vom Leben opfern, um dem Sohn Gottes zu dienen. Es ist womöglich gerade der Moment, in dem sie anfangen, wieder etwas Boden unter die Füße zu bekommen: ein Haus, wahrscheinlich Arbeit, so etwas wie Familienleben und Normalität.
Kaum haben sie diesen Punkt erreicht, müssen sie schon wieder ins Ungewisse aufbrechen. Und warum? Vordergründig, weil Herodes ihr Kind suchen und umbringen will. Das ist der offensichtliche Auslöser für ihre Flucht.
Aber im Hintergrund steht ein anderes Phänomen. Es hat damit zu tun, dass die Geschichte des Volkes Israel eine große Prophetie auf das Leben des Messias ist.
Die prophetische Bedeutung der Flucht nach Ägypten
Lasst mich den nächsten Vers vorlesen: Matthäus 2,15. Dort heißt es: „Und er“, gemeint ist Joseph, „war dort bis zum Tod des Herodes, damit erfüllt wurde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten, der spricht: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“
Werfen wir zuerst einen Blick auf das Zitat: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Dieses Zitat stammt aus Hosea 11,1. Dort heißt es: „Als Israel jung war, gewann ich es lieb, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“
Der Text ist einfach zu verstehen. Es handelt sich um eine poetische Beschreibung der jüdischen Geschichte. Genauer gesagt geht es um den Auszug aus Ägypten. „Als Israel jung war“, also am Anfang seiner Geschichte, „gewann ich es lieb“ – gemeint ist Gott. Er beschreibt seine Gefühle für ein kleines, unbedeutendes Volk. Diese Gefühle bewegen ihn dazu, dieses Volk aus Ägypten zu rufen.
Das Volk lebt in Sklaverei in Ägypten, und Gott nimmt sich vor, es zu befreien.
Israel als Sohn Gottes – Bedeutung und Beziehung
Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. Warum wird Israel hier als „Sohn“ bezeichnet? Es gibt zwei Gründe.
Erstens vermittelt der Begriff eine Beziehung. Er zeigt die Nähe Gottes zu diesem Volk.
Zweitens gebraucht Gott selbst diese Formulierung im Zweiten Buch Mose, kurz vor dem Auszug aus Ägypten. Mose spricht dort mit dem Pharao, noch bevor die zehn Plagen beginnen. Wir lesen in 2. Mose 4,22-23:
„Und du sollst zum Pharao sagen: So spricht der Herr: Mein erstgeborener Sohn ist Israel. Ich sage dir, lass meinen Sohn ziehen, damit er mir dient. Wenn du dich aber weigerst, ihn ziehen zu lassen, siehe, dann werde ich deinen erstgeborenen Sohn umbringen.“
Seht ihr das Bildhafte in dieser Formulierung? Israel wird als erstgeborener Sohn bezeichnet. Das Bild des Erstgeborenen betont Status und Beziehung. Gott ist diesem Volk auf besondere Weise zugetan.
Das ist von außen betrachtet völlig merkwürdig. Es wirkt ungewöhnlich, weil es sich um ein Volk von Sklaven handelt. Niemand in der Antike hatte ein Herz für Sklaven. Sie galten in den Augen des Pharao nur als billige Arbeitskräfte, mehr nicht.
Und jetzt kommt Mose und fordert den Pharao auf, dieses Volk ziehen zu lassen. Gott wird sehr ernst, falls der Pharao sich weigert. Es wird dich deinen erstgeborenen Sohn kosten, wenn du meinen nicht ziehen lässt.
Gottes Erwählung des unbedeutenden Volkes Israel
Frage: Warum benutzt Gott gerade Israel?
Antwort: Gott erwählt Israel gerade wegen seiner scheinbaren Unbedeutsamkeit. Er nutzt für seinen Heilsplan zur Rettung der Welt ein Volk, das so schwach ist, dass man auf den ersten Blick erkennt, hier ist Gott am Werk.
In 5. Mose 7,6-7 heißt es: „Dich hat der Herr, dein Gott, erwählt, dass du ihm zum Volk seines Eigentums wirst aus allen Völkern, die auf dem Erdboden sind. Nicht weil ihr mehr wäret als alle Völker, hat der Herr sich euch zugeneigt und euch erwählt; ihr seid ja das Geringste unter allen Völkern.“
Gott hat ein Herz für das Schwache, das Verlorene und das Hilflose. Genau das wird von Anfang an deutlich.
Doch noch etwas ist wichtig: Dieses Volk wird nicht nur errettet, um frei zu sein. Es wird auch errettet, um mit seiner Geschichte als Sohn auf den Sohn Gottes, auf den Messias, hinzuweisen. Die Geschichte Israels ist eine komplexe Vorausschau auf das Leben des Messias.
Die prophetische Perspektive des Apostels Matthäus
Zurück zu Hosea 11,1. Dort heißt es: „Als Israel jung war, gewann ich es lieb, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“
Das ist eigentlich keine Prophetie im klassischen Sinn, die auf eine zukünftige Erfüllung wartet. Gott beschreibt hier seinen Umgang mit Israel in der Vergangenheit. Dennoch formuliert Matthäus: „Damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten.“
Der Apostel sieht also die Geschichte Israels als prophetischen Ausblick auf das Leben des Messias. So wie Israel aus Ägypten gerufen wurde, musste auch der Messias diesen Aspekt des Gerufenwerdens durchleiden.
Deshalb soll Josef mit Maria und dem Kind nach Ägypten fliehen.
Ich hoffe, dass ich euch jetzt nicht abhänge, aber wir müssen hier noch etwas verstehen: Die Flucht des Babymessias nach Ägypten ist die Voraussetzung dafür, dass Gott ihn mit seinen Eltern von dort zurückrufen kann.
Das Zusammenspiel von Geschichte Israels und Leben Jesu
Wie hängen die Geschichte Israels und die Erfüllung dieser Geschichte durch Jesus zusammen?
Muss Jesus als Baby nach Ägypten, weil Israel als Sohn Gottes auch in Ägypten war? Nein. Das klingt vielleicht ungewöhnlich, aber wir dürfen nicht Henne und Ei verwechseln. Die Erfüllung einer Prophetie ist das Wesentliche, und die Prophetie selbst weist immer nur auf diese Erfüllung hin.
Jesus muss als Baby nicht deshalb nach Ägypten, weil Israel als Volk aus Ägypten berufen wurde. Es ist genau umgekehrt: Gott sieht voraus, dass es im Leben des Messias eine Flucht nach Ägypten geben wird. Deshalb arrangiert er die Geschichte Israels so, dass auch dort als prophetische Vorausschau ein Aufenthalt in Ägypten vorgesehen ist.
Wenn man sich einmal vor Augen hält, wie kompliziert es ist, Geschichte so ineinander zu verweben, dann können wir über Gottes Weisheit wirklich nur staunen.
Parallelen zwischen Jesu Leben und der Geschichte Israels
Und das, was wir jetzt über die Zeit in Ägypten gesagt haben, können wir natürlich auch auf andere Ereignisse übertragen, die uns Matthäus berichtet. Dabei schreibt er nicht ständig, dass sich hier etwas erfüllt.
So wie Jesus von Johannes dem Täufer getauft wurde, so ging das Volk Israel durch das Rote Meer. Paulus verwendet diese Formulierung im ersten Korintherbrief: Das Volk wurde auf Mose getauft.
Ebenso wie Jesus vierzig Tage in der Wüste erprobt wurde und sich gegen den Teufel mit Bibelzitaten aus dem fünften Mose wehrte, so wurde das Volk Israel vierzig Jahre in der Wüste erprobt. Es durfte zeigen, wie viel Liebe und Hingabe an Gott, der es errettet hatte, in ihm steckt.
Immer ist Jesus mit seinem Leben die Erfüllung, und Israel mit seiner Geschichte die Verheißung. Deshalb kann Matthäus, der offenbar eine stark jüdisch geprägte Leserschaft vor Augen hat, einen Bezug herstellen zwischen der Flucht Jesu und dem Aufenthalt des Volkes Israel in Ägypten.
Einladung zum Staunen über Gottes Heilsplan
Was könntest du jetzt tun? Du könntest ein wenig darüber staunen, wie Gott es geschafft hat, die Geschichte des Volkes Israel mit der Geschichte des Messias zu verknüpfen. Gott möchte wirklich, dass wir seinen Christus erkennen.
War das schon alles für heute? Wenn du ihn noch nicht kennst, dann schau doch mal auf meinem YouTube-Kanal vorbei.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.
