Andreas Decker, ganz kurze Frage: Sind die Predigtfolien da oder nicht? Ja, alles klar, danke.
Bevor ich zur Predigt komme, vielleicht drei ganz kurze Dinge zu Gemeindemitgliedern.
Zum einen Jenny und Max: Ich habe gesehen, viele haben euch nicht erkannt, weil ihr nur so kurz gestanden habt. Steht noch einmal auf! Ihr seid heute extra im Morgengottesdienst dabei, damit alle wissen, wer ihr seid. Also, Max Joseph Schütt und Jennifer Berger, schön, dass ihr hier seid. Dann dürft ihr euch wieder hinsetzen.
Zum anderen möchte ich euch kurz bitten, zu beten. Irene Mangold wollte eigentlich heute nicht hier sein, weil sie im Urlaub sein wollte. Aber sie ist am Flughafen gestürzt und liegt im Krankenhaus. Es geht ihr wohl entsprechend ganz gut. Gerda Kegel war gestern bei ihr und sagt, es sieht alles gar nicht so schlimm aus. Trotzdem ist es natürlich erst einmal enttäuschend. Und in dem Alter ist es auch nicht ganz so einfach, wenn man stürzt und verletzt ist.
Bitte betet für Irene. Vielleicht hört sie uns per Telefon zu – ich weiß es nicht. Dann grüße ich sie ganz herzlich von dieser Stelle. Ebenso alle anderen, die per Livestream und Telefon an diesem Gottesdienst teilnehmen.
Einführung und Gemeindemitgliederinformationen
Jetzt kommen wir zur Predigt. Eine Quizfrage zu Beginn: Wie lautet das zehnte Gebot?
Letzte Woche hätte man diese Frage stellen müssen, oder? Den BU-Kindern ist das immer praktischer, denn so können wir Fragen, die wir selbst nicht beantworten können, an die Jüngeren weitergeben.
Mal kurz nachdenken: Wie lautet das zehnte Gebot? Einige schauen schon sehr wissend und selbstsicher, andere hoffen darauf, dass die Antwort schnell kommt.
Fabio Martin hat die zehn Gebote verinnerlicht. Er sagt: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.“
Du sollst nicht begehren – Begierde, Gier – davor warnt uns die Bibel. Das sollen wir nicht tun, und doch kennen wir das alle, nicht wahr? Die Begierde ist uns nicht fremd. Ich befürchte, nicht in unseren eigenen Herzen und ganz sicher nicht bei der Begierde anderer.
Die Begierde anderer wird vor allem dann problematisch, wenn diese Menschen auch noch die Macht haben, entsprechend zu handeln.
Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere unter uns schon einmal Opfer von Menschen geworden ist, die ihren Begierden freien Lauf gelassen haben, weil sie es konnten. Vielleicht ein Vermieter, der Mietwucher betrieben hat, oder ein Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter so richtig ausgenutzt hat. Vielleicht ein vorgeblicher Helfer in einer Notsituation, der scheinbar großzügig hilft, nur um danach eine unverschämte Rechnung zu stellen.
Und wir alle kennen das: Man ist dann diesen gierigen, mächtigen Menschen ausgeliefert. Es gibt kein Mittel dagegen, ihnen scheint kein Kraut gewachsen zu sein.
Die Herausforderung der Begierde und Machtmissbrauch
Nun, das war die Situation: Solche Menschen trieben ihr Unwesen zur Zeit des Propheten Micha in Juda.
Wir haben vor zwei Wochen zu Beginn der Predigtserie gesehen, dass es im Südreich Juda wechselnde Zeiten gab – mal bessere, mal schlechtere. Ein Charakteristikum jener Zeit war, dass Menschen, die viel hatten, immer noch mehr auf Kosten anderer haben wollten.
Micha spricht genau in diese Situation hinein. Er hat eine Botschaft voller Hoffnung, besonders für die Leidtragenden. Micha sagt diesen Menschen, dass Gott sich das nicht für alle Zeit ansehen wird. Er wird eingreifen und diesem bösen Treiben ein Ende machen.
Grundsätzlich enthalten alle kleinen Propheten eine Doppelbotschaft. Sie alle verkünden eine Botschaft des Gerichts. Deshalb lesen wir sie vielleicht nicht so gerne – eine Botschaft des Gerichts. Doch sie haben auch eine Botschaft, die alle Propheten eint: eine Botschaft von zukünftiger, kommender Gnade.
Diese beiden Aspekte gehören eng zusammen. Die Herrlichkeit der Gnade Gottes wird für uns gerade dadurch sichtbar und so herrlich, weil wir wissen, dass wir sie nicht verdient hätten. Gericht wäre eigentlich das, was über die Menschen kommen würde, wenn Gott nur gerecht und nicht gnädig wäre.
So wollen wir uns heute Micha Kapitel 2 zuwenden, einem Kapitel, in dem wir beides sehen: Gericht und Gnade. Wir werden sehen, wie diese beiden Dinge zusammengehören.
Historischer Hintergrund und prophetische Botschaft
Ich möchte noch einmal ganz kurz den historischen Rahmen zeigen, da vielleicht nicht alle anwesend waren oder sich nicht mehr daran erinnern.
Nach der Landnahme Israels gab es eine Zeit, in der ein vereinigtes Königreich existierte. Dieses große Königreich vereinte die zwölf Stämme unter König David und Salomo. Im Jahr 931 v. Chr. kam es jedoch zur Reichsteilung. Es entstanden das Nordreich, das Israel genannt wird und manchmal auch Samaria, nach der Hauptstadt, die dort entstand, sowie das Südreich Judah.
Das Buch Micha entstand in einer Zeit, in der zumindest anfänglich diese beiden Reiche noch bestanden. Micha macht sich zeitlich an den Königen von Juda fest, nämlich Jotham, Ahas und bis hinein in die Zeit von König Hiskia.
Als Nächstes betrachten wir, was historisch in dieser Zeit geschah. Die Prophetien von Micha stammen vorwiegend aus der Zeit von etwa 740 bis 720 v. Chr., einige auch noch nach 715 v. Chr. Im Jahr 722 v. Chr. zog das assyrische Reich vom Norden her gen Süden und besiegte das Nordreich Israel vollständig. Die Hauptstadt Samaria wurde komplett zerstört. Dies wird auch im Buch Micha prophezeit. Bereits letzte Woche hörten wir in Kapitel 1, Vers 6 und 7, eine Ankündigung darüber.
Am Ende von Kapitel 1 heißt es, dass die assyrischen Truppen später noch weiterziehen und sich Jerusalem nähern würden. Die Hauptroute führte in Richtung Ägypten, und von dort kamen sie hinein. Viele kleine Städte wurden zerstört, und sie kamen bis vor die Tore Jerusalems.
In diese Situation hinein, wahrscheinlich noch vor dem Jahr 722 v. Chr., spricht der Prophet Micha. In Kapitel 1 hat er ganz allgemein über den Götzendienst gesprochen, vor allem im Nordreich, aber auch im Südreich. Das bedeutet, dass Gott nicht von ganzem Herzen angebetet wurde. Stattdessen gab es eine Vermischung dessen, was Gott gefällt, mit dem, was eigentlich Götzendienst ist.
Zu Beginn von Kapitel 2 wird die Anklage konkreter. Sie richtet sich gegen die Oberschicht, gegen Menschen, die ihre Gier ausleben. Wir wollen den Text in Micha 2 in zwei Abschnitten betrachten.
Zum einen sehen wir Gottes Worte des Gerichts, der Ermahnung und der Anklage gegen die gierigen Machthaber. Das ist der Großteil des Kapitels, die Verse 1 bis 11. Zum anderen schauen wir auf die Rettung, die Gott in den Versen 12 und 13 verheißt – die Rettung durch einen großzügigen, gnädigen Machthaber, einen Hirtenkönig.
Das sind die zwei Teile der Predigt. Die erste Hälfte ist ziemlich trüb und schwer, aber seid gewiss: Es gibt Hoffnung. Genau darauf will uns Micha hinführen.
Gericht über die gierigen Machthaber
Kommen wir zu den ersten beiden Versen. Wenn ihr mitlesen wollt, empfehle ich die Bibel auf Seite 885 im hinteren Teil. Ich werde den Text nicht komplett vorlesen, sondern immer einzelne Abschnitte.
Vers 1 und 2 aus Micha 2 lauten:
„Wehe denen, die Schaden zu tun trachten und mit bösen Gedanken auf ihrem Lager liegen, dass sie es früh vollbringen, wenn es Tag wird, weil sie die Macht haben. Sie reißen Äcker an sich und nehmen Häuser, wie es ihnen gefällt. So treiben sie Gewalt mit eines jeden Haus und mit eines jeden Erbe.“
Micha beginnt hier gleich mit Drohworten: „Wehe denen!“ Er nennt die Leute nicht namentlich, sondern beschreibt, was für Menschen sie sind. Es sind solche, deren ganzes Denken von Gier bestimmt wird. Diese Menschen liegen nachts auf ihren Betten und schmieden Pläne, wie sie sich bereichern können. Das zeigt, dass ihr Handeln nicht spontan ist, sondern planvolles, böses Handeln.
Sie planen im Verborgenen und setzen ihre Vorhaben am nächsten Tag um, weil sie die Macht dazu haben. Dabei ist Macht an sich nicht das Problem. Die Bibel kennt auch gute Macht. Gerade in Johannes 10 hören wir von der Macht, die Jesus hat. Macht ist nicht grundsätzlich schlecht, aber sie muss gut eingesetzt werden.
Diese Menschen aber haben Macht und nutzen sie böse. Das ist ein großes Problem. Wir sehen hier Machtmissbrauch, der anderen Menschen Schaden zufügt. Sie reißen Äcker an sich und nehmen Häuser, wie es ihnen gefällt. So treiben sie Gewalt mit jedem Haus und nehmen selbst das Erbe der Menschen weg.
In Vers 8 und 9 lesen wir noch mehr über diese Anklage, wie diese bösen Menschen den Schwächsten in ihrem Volk Schaden zufügen:
„Aber ihr steht wieder meinem Volk wie ein Feind gegenüber, denn wie Leute, die aus dem Krieg kommen, raubt ihr Rock und Mantel denen, die sicher dahergehen. Ihr treibt die Frauen meines Volkes aus ihren lieben Häusern und nehmt von ihren Kindern meinen Schmuck auf immer.“
Das ist die Situation, in die Gott jetzt spricht. Er ermahnt diese Menschen und droht ihnen, den bösen, gierigen Machthabern. Schon in Vers 1 hören wir das erste Drohwort: „Wehe denen!“ Das lässt nichts Gutes erwarten.
Ab Vers 3 verkündet Gott sein Urteil. Interessant ist, dass das, was Gott in Versen 3 bis 5 sagt, genau das Gegenteil dessen ist, was in Versen 1 und 2 über die bösen Machthaber beschrieben wird.
Vers 3 lautet:
„Darum spricht der Herr: Siehe, ich ersinne wieder dieses böse Geschlecht, aus dem ihr euren Hals nicht ziehen könnt und unter dem ihr nicht stolz dahergehen sollt, denn es wird eine böse Zeit sein. Zur selben Zeit wird man einen Spruch über euch machen und klagen: ‚Es ist aus!‘ so wird man sagen. ‚Wir sind vernichtet! Mein Volk, das Land, bekommt einen fremden Herrn. Wann wird er uns die Äcker wieder zuteilen, die er uns genommen hat?‘“
„Jawohl, ihr werdet keinen Anteil behalten in der Gemeinde des Herrn.“ Das ist das Gericht Gottes über diese gierigen Machthaber.
Der Apostel Paulus beschreibt das später mit den Worten: „Gott lässt sich nicht spotten. Was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Genau das sehen wir hier. Die bösen Machthaber schmieden nachts Pläne, wie sie Äcker an sich bringen können.
Gott hingegen schmiedet einen Plan, wie es heißt: „Ich ersinne wieder dieses böse Geschlecht.“ Sie reißen Äcker an sich, wie es ihnen gefällt, doch Gott verkündet durch Micha, dass er ihnen die Äcker wegnehmen und sie einem fremden Herrn übergeben wird. Sie werden keinen Anteil mehr haben.
Wir sehen also, dass Gott deutlich macht, dass diese gierigen Machthaber letztlich mit leeren Händen dastehen werden – wegen oder trotz ihrer Gier. Ihnen wird nichts bleiben.
Gott kündigt hier an, was später geschah. Erst kamen die Assyrer, und zumindest die Städte im Umfeld Jerusalems wurden besiegt. Wahrscheinlich deutet Micha sogar auf Ereignisse hin, die noch weiter in der Zukunft liegen.
Im Jahr 586 v. Chr., also etwa 135 Jahre später, kamen die Babylonier. Sie besiegten Juda und die Hauptstadt Jerusalem vollständig. Das Land wurde Juda genommen, und das Volk wurde ins babylonische Exil geführt.
Das scheint hier im Blick zu sein, vor allem in Vers 10, wo Micha sagt:
„Darum macht euch auf, ihr müsst von dort wegziehen, ihr sollt an dieser Stätte nicht bleiben. Wegen der Unreinheit muss sie unsanft zerstört werden.“
Das sind die Drohworte, die Gott durch den Propheten Micha in diese schlimme Situation spricht – eine Situation, in der viele von wenigen gierigen Machthabern unterdrückt werden.
Micha spricht diese Drohworte, doch die gierigen Machthaber missachten sie vollständig. Sie lehnen sie ab. Das sehen wir in Vers 6 und 7:
„Geifert nicht!“ so geifern sie. „Solches soll man nicht predigen. Wir werden nicht so zu Schanden werden. Ist denn das Haus Jakob verflucht? Meinst du, der Herr sei schnell zum Zorn? Sollte er so etwas tun wollen?“
Diese Machthaber sagen zu Micha im Grunde: „Halt die Klappe, red nicht so etwas! Pack deine Predigt ein und geh nach Hause!“ Sie werfen ihm vor, seine Theologie sei falsch. Gott würde niemals richten, niemals sein eigenes Volk bestrafen. Gott würde niemals zornig werden. Sie glauben, sie könnten machen, was sie wollen, denn Gott sei immer auf ihrer Seite.
Das ist die tragische Reaktion dieser Machthaber. Immer wieder kommen Propheten, die Israel warnen, das Volk zurück zu Gott rufen und zur Umkehr auffordern. Doch das Volk lehnt die Propheten ab.
Einige hundert Jahre später steht der Diakon Stephanus vor der jüdischen religiösen Elite und stellt rhetorisch die Frage: „Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?“ (Apostelgeschichte 7). Die Antwort ist klar. Stephanus bringt eine prophetische Botschaft und wird kurz darauf gesteinigt, weil man auch seine Worte nicht hören will.
Micha weiß um dieses Problem. Er weiß, dass die bösen Machthaber nicht bereit sind, sich belehren zu lassen oder Buße zu tun. In Vers 11 sagt er, was für Propheten diese Leute wollen:
„Ihr würdet mich lieber mögen, wenn ich ein Irrgeist und ein Lügenprediger wäre und predigte, wie sie saufen und schwelgen sollen.“
Das wäre ein Prediger nach ihrem Geschmack. Dieses Phänomen kennen wir bis heute. Paulus warnt in seinem zweiten Brief an Timotheus, dass sich Menschen immer wieder Prediger suchen, die ihnen das sagen, was sie hören wollen.
Was die Leute damals wollten, beschreibt Micha so: Sie wollten einen „Weihnachtsmann-Gott“, der ihre Gier befriedigt und bei ihren Festen auch noch die Getränke liefert. „Herr, gib uns das gute Zeug, damit wir saufen und schwelgen können. Wir haben etwas zu feiern, immerhin haben wir neue Ländereien.“
Das ist die Tragik der ganzen Situation: Ein Volk, das sich von Gott abgewandt hat, Menschen, die sein Wort ignorieren und nicht in der herzlichen Liebe miteinander leben, zu der sie berufen sind. Ein Volk, das unter sich zerstritten ist und in dem die Mächtigen die Schwachen ausbeuten.
Machtmissbrauch damals und heute
Wir sehen das immer wieder: Da, wo die Sünde freien Lauf hat, ist kein Platz mehr für einen gerecht richtenden Gott. Das falsche Leben fördert die falsche Lehre – ein Prinzip, das wir immer wieder beobachten. Plötzlich ändert sich die Theologie, wenn das Leben nicht mehr mit dem übereinstimmt, was Gott eigentlich sagt.
Wir sehen das bis heute. Es gibt Menschen, die in ihrer Gier ihre Macht missbrauchen, um sich selbst zu bereichern und anderen Schaden zuzufügen. Am Anfang habe ich erwähnt, dass vielleicht einige von uns Erfahrungen mit gierigen Mietern, ausbeutenden Arbeitgebern oder Menschen gemacht haben, die sich an unseren Notsituationen bereichern.
Dieses Problem zeigt sich auch auf größerer Ebene: Politiker, die ihre Macht missbrauchen und die Staatskassen zu Selbstbedienungsläden machen. Topmanager, die Waren mit Dumpinglöhnen produzieren lassen – Löhnen, von denen niemand richtig leben kann – um sich dann Millionengehälter und Bonuszahlungen zu sichern für den Profit, den sie erwirtschaftet haben.
Im globalen Kontext sind wir wahrscheinlich nicht frei von Schuld daran, dass reiche Staaten im christlichen Westen auf Kosten der Armen leben, die nichts haben. Diejenigen, die keine Lobby und keine Macht besitzen, die vielleicht nicht einmal wählen können, werden im politischen System missachtet.
Wir sehen das auch bei Abtreibung, wo ungeborene Kinder keine Stimme haben. Immer wieder zeigt sich: Wo Macht ist, kann auch Machtmissbrauch geschehen. Deshalb sollten wir für unsere Politiker beten, für diejenigen, die Autorität über uns haben. Wir sollten beten, dass Gott sie recht führt, damit sie nicht aus Gier handeln, sondern mit Großzügigkeit, Liebe und wahrer Sorge für die Menschen, für die sie da sind.
Das Problem damals und auch heute ist immer wieder, dass Gier und ihr Zwillingsbruder, der Geiz, Raum einnehmen. Micha verkündet jedoch, dass Gott dies nicht auf alle Zeit tolerieren wird. Die Gier der Menschen wird ein Ende finden, weil Gott eingreifen wird.
Ihr Lieben, ich hoffe, dass wir Trost und Zuversicht darin finden, wenn wir selbst unterdrückt werden. Wenn wir erleben müssen, dass Menschen mit ihrer Gier uns unterdrücken und uns in schwierige Situationen bringen, in denen Geiz und Gier herrschen, dann dürfen wir wissen: Gott wird eingreifen.
Eines Tages wird das Unrecht dieser Welt ein Ende haben. So wie Micha es über Gott zur Zeit von Jotham und Ahas verkündigt hat, so handelt Gott bis heute. Er hat uns zugesagt, dass er ein gerecht richtender Gott ist, der sich nicht spotten lässt und eingreifen wird, um Gerechtigkeit wiederherzustellen.
Hoffnung auf Rettung und Befreiung
Und so wollen wir uns jetzt dem zweiten Teil dieses Textes zuwenden. Dabei konzentrieren wir uns nicht mehr auf das kommende Gericht über die gierigen Machthaber, sondern auf die Worte des Propheten Micha. Diese Worte kommen ganz unvermittelt, passen aber genau zu diesem Thema. Sie sind voller Hoffnung und voller Gnade.
In den Versen zwölf und dreizehn lesen wir von einem Allmächtigen, der in seiner Macht großzügig und gütig zum Wohl seines Volkes handeln wird.
Micha 4,12-13:
"Ich will dich, Jakob, sammeln, ganz und gar, und was übrig ist von Israel, zusammenbringen. Ich will sie wie Schafe miteinander in einen festen Stall tun, wie eine Herde in ihre Hürden, dass es von Menschen dröhnen soll. Er wird als ein Durchbrecher vor ihnen heraufziehen, sie werden durchbrechen und durchs Tor hinausziehen, und ihr König wird vor ihnen hergehen und der Herr an ihrer Spitze."
Das sind Worte voller Hoffnung, nicht wahr? Es wird jemand kommen, der Gottes Volk sammeln, zusammenbringen und in eine Herde führen wird. Dann wird er sie in die Freiheit führen.
Derjenige, der das tun wird, wird hier einerseits als Hirte und andererseits als König beschrieben. Doch wovon spricht Micha hier genau? Was verkündet er den Menschen zur Zeit, wahrscheinlich von König Ahas?
Man könnte vermuten, dass er vielleicht das gnädige Eingreifen Gottes um das Jahr 701 v. Chr. im Blick hat. Damals standen die Assyrer vor den Toren Jerusalems, und plötzlich geschah ein Wunder: Ein Engel ging in das Lager der Assyrer und tötete 185 Mann. Die Assyrer, die nicht wussten, wie ihnen geschah, zogen voller Angst ab, sodass Jerusalem zumindest für einige Zeit verschont blieb.
Doch diese Deutung passt nicht ganz, denn die Verse scheinen eher auf das kommende babylonische Exil hinzuweisen. Deshalb könnte man auch annehmen, dass es um die Rückkehr aus dem Exil geht. Allerdings gibt es auch hier einige Probleme: Die Zeit des Exils ist kaum als eine Zeit der Sammlung Israels zu sehen, in der die Herde zusammengebracht wird. Außerdem zog kein König voran, als die Menschen aus dem babylonischen Exil zurückkehrten.
Ich denke, diese beiden Ereignisse waren in gewisser Weise teilweise Erfüllungen dieser prophetischen Worte. Doch letztendlich hat Micha hier offenbar etwas viel Größeres im Blick: eine größere Rettung.
Der Prophet Micha spricht immer wieder von einer noch größeren Rettung. Er spricht immer wieder von einem kommenden Hirtenkönig. Ganz bekannt sind die Verse zu Beginn von Kapitel 5, in Micha 5, wo er verkündet, dass dieser Hirtenkönig in dem kleinen Städtchen Bethlehem geboren werden wird.
Das Neue Testament erklärt uns, um wen es hier geht: Der Hirtenkönig, von dem in Micha 5 die Rede ist, ist eindeutig kein anderer als Jesus.
Jesus als der gute Hirtenkönig
Der Hirtenkönig, der die Schafe sammelt, die Herde zusammenführt und sie in die Freiheit führt – das ist der gute Hirte. Micha beschreibt uns genau das. Diese Worte sollten dem Volk damals große Hoffnung geben. Gott wird sich seines Volkes erbarmen und eingreifen.
Kann man sich vorstellen, wie diese Worte für die Menschen klangen, die damals unterdrückt wurden? Wie nicht nur das kommende Gericht, sondern vor allem die Botschaft von Sammlung und Befreiung für Frauen klang, denen ihre Häuser genommen wurden, für Kinder, denen das Erbe geraubt wurde, und für diejenigen, denen selbst die Kleidung vom Leib genommen wurde? Worte voller Hoffnung: Alles Unrecht, alle Ausbeutung und alle Gewalt werden ein Ende haben. Das Böse wird gerichtet werden. Ein Herr wird kommen, ein Hirte wird kommen, der die Schafe sammelt. Es wird eine große Herde sein, und es wird ein Dröhnen geben.
Gott ist treu und steht den Seinen bei. Auch wenn den Menschen damals vielleicht nicht ganz klar war, wie genau das aussehen würde, und auch wenn wir anerkennen, dass dies in gewisser Weise im Jahr 701 und später um das Jahr 538 geschah, als Israel aus dem babylonischen Exil zurückkehrte, dürfen wir wissen, dass die größte aller Befreiungen erst einige hundert Jahre später kam.
In der Schriftlesung hörten wir den Text aus Johannes 10. Interessanterweise finden wir in Kapitel 3 fast identische Worte. Dort beschreibt Jesus: „Ich bin der gute Hirte, ich tue, was notwendig ist, ich kenne die Meinen und werde sie sammeln.“ Mehr noch: „Ich bin nicht wie diese gierigen Machthaber, die ihre Macht ausnutzen, um sich selbst zu bereichern. Nein, ich habe Macht, aber ich werde sie großzügig einsetzen, um mein Leben für meine Schafe zu geben. Und ich habe die Macht, es wieder aufzurichten.“
Das ist die Botschaft, die Jesus verkündet. Er ist der großzügige Machthaber, ganz anders als die gierigen Herrscher zur Zeit Michas. So gibt uns Micha hier eine Perspektive auf einen Machthaber, der mächtiger ist als alle anderen: Gott, der die Pläne der Bösen durchkreuzen und in seiner Macht Gutes tun wird. Er kommt als Hirte, König und Retter seines Volkes.
So kam er dann auch: Er wurde geboren, wie von Micha prophezeit, in Bethlehem. Er rief Menschen in seine Nachfolge. Als der gute Hirte ging er ans Kreuz. In seiner Großzügigkeit und Gnade gab er sein Leben für seine Schafe. Und er richtete es wieder auf.
Nach seinem Tod am Kreuz, wo er stellvertretend nicht für Schafe, sondern für Wölfe starb – die er dann zu Schafen machte –, nahm er sein Leben wieder auf. Denn eines ist klar: Jesus macht deutlich, dass von Natur aus niemand ein Schaf ist. Manchmal mag unsere Intelligenz schafähnlich sein. Mir geht es oft so, dass ich Dinge nicht sofort verstehe und vielleicht erst mal „mäh“ mache. Aber wir sollten uns nicht täuschen: Von Natur aus sind wir keine Schafe. Wir sind nicht von Natur aus reinherzig, frei von Geiz und Gier.
Doch Jesus kommt, sammelt solche Menschen ein, verändert sie grundlegend und macht aus Wölfen Schafe. Diesen Schafen hat er zugesagt, dass er als lebendiger Gott bei ihnen ist. Er hat seine Schafe gesammelt und führt sie selbst durch dunkle Täler hindurch. Er ist bei uns, durch seinen Geist begleitet er uns und führt uns durch dieses Leben.
Eines Tages wird er wiederkommen. Er wird in die Herde hineinkommen, vorangehen und uns herausführen – hinein in eine wahre Freiheit, genau wie Micha prophezeit hat. Wir werden frei sein von allem Leid und aller Unterdrückung. Wir werden Fülle haben, die wir uns nicht durch Gier und Geiz erkämpfen müssen, sondern die wir aus Gottes Großzügigkeit einfach empfangen.
Einladung zur Nachfolge und Großzügigkeit
Wir sehen hier einen starken Kontrast. Die gierigen Machthaber haben den Menschen ihr Erbe genommen, wie wir in Vers 2 gesehen haben. Doch wenn dieser Machthaber kommt, wird er uns ein Erbe geben, das gar nicht unser war. Er wird uns zu Miterben eines großartigen Erbes machen.
Wir haben gesehen, dass diese Menschen die Äcker und das Land genommen haben. Doch einer wird kommen – er ist schon gekommen und wird wiederkommen. Er wird uns Teilhaber an einem Reich machen, das uns nicht gehört. Er wird uns auf weites Land stellen.
Ich möchte dich fragen: Kennst du diesen Hirtenkönig? Hast du erlebt, wie er dich gesammelt und in seine Herde hineingebracht hat? Hast du erlebt, wie er in seiner Großzügigkeit dein Leben verändert hat und wie er jetzt mit dir durch dein Leben geht?
Lieber Freund, wenn du das noch nicht von dir sagen kannst und heute hier bist, möchte ich dir sagen: Ich freue mich, dass du heute hier bist. Ich möchte dir etwas erzählen von der Großzügigkeit Gottes – von seiner Liebe und seiner Gnade. Ja, er warnt uns vor dem kommenden Gericht, aber er zeigt uns auch, dass es etwas Großartiges gibt. Das wird jeder empfangen, der nicht gierig danach greift, sondern der zu ihm kommt und sich beschenken lässt.
Ich möchte dir Mut machen: Lerne Jesus kennen als deinen Retter und König. Folge ihm nach und erlebe, wie er dich dahin führt, wo es wirklich gut ist – anstatt deine eigenen Pläne zu machen, die Gott frustrieren werden.
Wir alle, die wir hier sind und uns Schafe seiner Herde nennen, weil wir erlebt haben, dass Jesus unser guter Hirte ist, möchte ich ermutigen: Folgt unserem Hirten immer mehr nach und werdet so wie Jesus. Wir sollten uns von seiner Großzügigkeit anstecken lassen. Ebenso sollten wir großzügig sein mit dem größten Schatz, den wir bekommen haben – dem Evangelium, der guten Nachricht.
Doch wir sollten auch in allen anderen Dingen großzügig sein. Das zehnte Gebot gilt heute noch – nicht, um dadurch vor Gott gerecht zu werden, sondern als ein Weg, unter seinem Segen zu leben. Es gibt nur einen guten Weg, Geiz und Gier in unserem Leben zu bekämpfen: nämlich großzügig zu sein und einfach zu geben.
Ich preise Gott für diese Gemeinde. Ich preise Gott dafür, dass wir eine großzügige Gemeinde sind und keine Budgetprobleme haben. Ich preise Gott dafür, dass wir als Gemeinde großzügig sein können und einen Großteil dessen, was wir hier zusammenlegen, als Spenden weitergeben können – in die Weltmission, in die Evangelisation und zu anderen Gemeinden.
Ich preise Gott für Menschen, die großzügig sind und sich mit ihren Gaben einbringen, damit dieses Haus gut in Schuss ist, damit die Gottesdienste stattfinden können und wir füreinander sorgen können. Ich preise Gott für die Großzügigkeit vieler, die mit ihren Worten einander erbauen und nicht begierig darauf sind, selbst gut dazustehen. Ebenso danke ich denen, die im Hintergrund arbeiten.
Ich möchte uns ermutigen, immer mehr in diese Richtung zu wachsen. Zum Schluss hatte ich noch eine ganze Seite mit konkreten Anwendungen vorbereitet, aber eigentlich brauchen wir die nicht. Es reicht doch, auf die Großzügigkeit Gottes zu schauen und zu hören, wie er uns zusagt, dass er die segnen will, die geben und großzügig sind mit dem, was Gott uns gegeben hat. Er will sie froh machen und mit einer Fülle beschenken, die wir uns hier niemals selbst erarbeiten oder erkämpfen können.
Daher möchte ich dich ganz allgemein auffordern: Schmiede Pläne – nachts auf deinem Bett und tagsüber –, großzügig zu sein. Überlege dir konkret Wege, wie du großzügig sein kannst – mit deinen Gaben und Fähigkeiten, mit deinem Geld, deiner Zeit und deinen Worten. Überlege, wie du den Schwachen und Armen helfen kannst, die von anderen unterdrückt und ausgebeutet werden.
Und tue das nicht aus Zwang, weil du musst, sondern als Ausdruck deiner Dankbarkeit dem Herrn gegenüber und in deinem Vertrauen darauf, dass Geben seliger ist denn Nehmen.
Schlusswort mit Ermutigung zur Großzügigkeit
Und so möchte ich mit Worten des Apostels Paulus aus dem zweiten Korintherbrief Kapitel neun enden.
Lasst diese Worte zu euch kommen. Lasst uns alle diese Worte hören, damit sie zu uns sprechen: Wer da kirchlich sät, der wird auch kirchlich ernten, und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er es sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang. Denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.
Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk. Wie geschrieben steht: „Er hat ausgestreut und den Armen gegeben, seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.“ Wer aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.
So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott.
Ja, großer Gott, wir wollen dir Dank sagen, Dank sagen, weil du ein Gott voller Gnade bist, ein Gott, der so großzügig ist, ein Gott, der sich selbst für uns dahingegeben hat. Du hast dich nicht verschont, du hast nichts zurückgehalten. Du hast dich voll und ganz gegeben und hast am Kreuz unsere Schuld auf dich genommen und sie bezahlt. Du hast uns beschenkt mit deiner Gerechtigkeit und mit allen guten Dingen.
Herr, wir bekennen dir, dass alles, was wir haben, von dir kommt. Herr, wir wollen dich bitten, dass du uns alle Gier und allen Geiz nimmst, der auf das sieht, was wir nicht haben. Stattdessen bitten wir dich, uns Dankbarkeit zu schenken für das, was du uns gegeben hast.
Herr, wir wollen dich bitten, dass du uns immer mehr zu Menschen machst, die freizügig mit diesen Gaben umgehen. Denn wir wissen, dass du ein Gott bist, der Freude daran hat, wenn wir immer mehr so sind wie du. Und weil du uns darin segnen wirst, wollen wir dich darum bitten – in Jesu Namen. Amen.