Abschluss und Ausblick auf die Fortsetzung der Bibelwoche
Bibelwoche 2012 Abschluss. Obwohl wir mit dem Buch eigentlich noch nicht fertig sind, handelt es sich nur um eine Unterbrechung. Ich bin gespannt, ob ihr es schafft, nächstes Jahr wieder in diesen Schwung hineinzukommen, wenn wir fortsetzen.
Wahrscheinlich werde ich dann sagen: Hört euch noch einmal die Vorträge an, die ihr jetzt gehört habt. Ich möchte versuchen, einen Überblick über das zu geben, was wir schon miteinander erarbeitet haben.
Nach dem Gebet muss ich noch etwas sagen. Ich stehe in großer Schuld bei vielen Bibellehrern, die vor mir gelebt haben oder noch leben. Deren Bücher und Vorträge ich lesen oder hören durfte. Ich sage das, weil mich begeistert, wie Gott Menschen begabt, Bücher zu schreiben und Predigten zu halten.
Manchmal fühle ich mich ein wenig fehl am Platz, wenn ich das weitergebe, was ich selbst gelernt, gehört und gelesen habe. Es ist oft nicht so sehr mein eigenes Gedankengut.
Ich wünsche mir, dass ihr das auch so seht und nicht denkt, Jürgen habe sich das alles ausgedacht. Nein, das meiste, was ich hier wiedergebe, haben andere vor mir schon gedacht, aufgeschrieben und gepredigt.
Ja, ich habe auch ein wenig selbst nachgedacht, aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Mir geht es darum, dass die Ehre denen gebührt, die vor mir in den Ring gestiegen sind.
Die Botschaft des Apostels Paulus in Korinth
Natürlich freue ich mich auch über das, was wir uns gemeinsam angeschaut haben – über den Text. Ich versuche mal einen Einstieg.
Letzten Sonntag ging es um einen ganz allgemeinen Einstieg in den Ersten Korintherbrief. Korinth war eine Metropole in Griechenland, eine Stadt, die vor Geld, Selbstbewusstsein und Bedeutung nur so strotzte. Die Einwohner kannten einfach alles, es gab für sie kaum noch Überraschungen.
Und dann kam eine Überraschung: Paulus. Er kam wirklich unerwartet. Mit einer Botschaft, die sie nicht kannten, und auf eine Weise, die ihnen fremd war. Er brachte eine Botschaft vom Kreuz. Er erzählte davon, dass in einiger Entfernung, am Rand des Römischen Reiches, in einer unbedeutenden römischen Kolonie, ein Mann gestorben war – auf eine grausame, erschreckende Weise, nämlich am Kreuz.
Das Wort „Kreuz“ sprach man damals nicht aus. Es war ein perverses, abartiges Wort, das man nicht in den Mund nahm. Man wusste, dass es existierte, aber man befasste sich nicht damit. Und jetzt kam dieser seltsame Apostel, der überhaupt nicht darauf aus war, in der Stadt Eindruck zu machen. Er tat alles, damit er hinter der Botschaft zurücktrat. Er wollte, dass Menschen aller Schichten und Gruppierungen durch ihn diese Botschaft hören konnten – von diesem Mann, dem Wanderprediger aus Galiläa, der am Kreuz starb.
Dieser Tod am Kreuz war in den Schriften der Juden vorhergesagt. Mit diesem Tod begann eine Wende. Es gibt ein „vor“ und ein „nach“ dem Kreuz. Der alte Bund, den Gott mit dem Haus Israel geschlossen hatte, lief aus. Alle Vorbereitungen auf das Kreuz fanden ihr Ende. Gott investierte sich auf eine Weise, wie es zuvor und danach in keiner Religion oder im Denken der Menschen möglich gewesen wäre.
Auf einem kleinen Hügel bei Jerusalem, auf Golgatha, erniedrigte sich Gott und wurde Mensch. Gott starb für die Schuld der Menschen. Am Kreuz machte Gott deutlich, worum es ihm geht: Menschen zu retten. Jesus heißt übersetzt „Gott rettet“. In Jesus wird Gott zum Immanuel, zum „Gott mit uns“.
Am Kreuz wird alles entschieden: Es wird entweder alles gewonnen oder alles verloren. Gott gewinnt. Am Kreuz hängt Gott schwach, weil er schwach sein muss, um unsere Schuld zu bezahlen. Doch am Kreuz gewinnt Gott alles gegen die Mächte der Finsternis.
Mit dieser Botschaft kommt dieser Apostel in die Stadt und predigt: Du kannst frei werden, deine Schuld wird getilgt, es gibt einen Neuanfang für dich. Gemeinschaft mit Gott ist möglich, Frieden ist möglich, eine neue Perspektive für die Ewigkeit ist möglich. Es gibt Hoffnung, die sich auch im Moment des Todes nicht als nichtig herausstellt.
Menschen hören diese Botschaft, sind in ihrem Innersten berührt und sagen: „Wenn es in diesem Leben so eine Hoffnung gibt, wenn es wirklich sein kann, dass meine Schuld vergeben ist, dann möchte ich das haben.“ Sie bekehren sich zu diesem jüdischen Mann, dem jüdischen Messias. Sie treten in seine Fußstapfen, folgen ihm und werden seine Jünger. So entsteht Gemeinde.
Man trifft sich zum Gottesdienst, verkündet das Evangelium in der Nachbarschaft, spricht mit Kindern darüber, mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Man beginnt, gemeinsam Brot zu brechen und das Abendmahl zu feiern. Es herrscht Begeisterung.
Paulus ist der Erste, der kommt. In der Folge kommen andere in die Gemeinde. Was ganz klein angefangen hat, wächst an. Da kommt Apollos, ein junger, dynamischer und guter Bibellehrer, der noch eins draufsetzt. Er nimmt die Leute weiter mit und sagt: „Hey, ich erkläre dir, wie das funktioniert. Lass uns die Bibel lesen!“ Damals war das natürlich noch das Alte Testament.
Er erklärt, wie das funktioniert, wie man sein Leben immer weiter aus dem Heidentum heraus in eine echte Christusnachfolge entwickeln kann.
Die Herausforderungen und Konflikte in der jungen Gemeinde
Aber von Anfang an ist bei den Korinthern klar, dass etwas nicht stimmt, etwas hängt schief. Sie sind ein Stück kindischer, ein bisschen störrisch – im Englischen gibt es das Wort „stubborn“. Das beschreibt jemanden, der nicht will, der sich nicht weiterziehen lässt, der wie ein Esel ist, bei dem man sagt: „Komm jetzt endlich!“, und der sich dann wehrt.
Apollos hat das gemerkt, Paulus hat das gemerkt. Kephas, ein anderes Wort für Petrus, der ebenfalls kommt, hat es auch bemerkt. Diese junge Gemeinde entwickelt sich Stück für Stück weiter, obwohl sie gute Vorbilder hat, das Evangelium eigentlich verstanden hat und gute Lehre hört. Trotzdem gerät sie in eine Schieflage.
Diese Schieflage entsteht, weil sie versucht, zwei Dinge zusammenzubringen, die man eigentlich nicht zusammenbringen sollte und auch nicht zusammenbringen kann: Das eigene Sein in der Gesellschaft und die Nachfolge Christi.
Man stellt in der Gesellschaft etwas dar, ist ein anerkanntes Mitglied der korinthischen Gemeinschaft und möchte das auch bleiben. Man will nicht, dass andere schlecht über einen reden. Doch wenn man sich das Kreuz anschaut, stellt man fest: Mit dieser Botschaft gewinnt man keinen Blumentopf. Man kann das predigen, aber alle lachen einen aus.
Die Juden lachen, weil sie sagen: „Das soll unser Messias sein? Hast du dir das mal überlegt? Wenn das unser Messias wäre, dann möchte ich ein bisschen Zeichen sehen. Da muss doch was passieren!“ Die Heiden lachen, weil sie sagen: „Das soll klug sein? Ha! Wenn du Klugheit lesen willst, schnapp dir einen guten alten griechischen Philosophen. Ein bisschen Platon hier, ein bisschen Aristoteles da – das ist Klugheit, aber doch nicht das Kreuz!“
Die Gemeinde merkt, dass sie mit dieser Botschaft in der Gesellschaft nicht ankommt. Das ist ein ganz tragischer Moment. Denn nun beginnt sie, die Botschaft leicht zu verändern oder sich anders zu präsentieren.
Man nimmt sich in der Christusnachfolge zurück, um in der Gesellschaft anerkannt zu bleiben. Man lässt sich auf die Denkweisen der Gesellschaft ein. Was in der Gesellschaft als weise gilt, wird plötzlich auch in der Gemeinde akzeptiert.
Dabei hat Paulus gesagt, dass das, was bei den Menschen weise ist, bei Gott töricht ist. Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott, wie wir gelesen haben. Doch der Wunsch, etwas zu sein und darzustellen, ist so stark, dass viele Fehler passieren.
Es beginnt damit, dass sich Grüppchen in der Gemeinde bilden. Der eine sagt: „Ich gehöre zu dem“, der andere: „Ich gehöre zu dem.“ Wenn man sich nicht mehr um das Kreuz versammelt, braucht man Menschen, menschliche Ideen, menschliche Aushängeschilder, hinter die man sich verstecken kann. Diese werden zu Labeln.
Und es geht weiter: Die Verantwortung für die Gemeinde wird immer weniger wahrgenommen. Die Gemeinde selbst versteht ihren Wert nicht mehr. Sie sieht sich als eines von vielen Vereinen in der Stadt, als bloßen Verein.
Paulus muss sagen: Stopp! Ihr seid kein Verein. Ihr seid der heilige Tempel Gottes. Diesen Tempel zu bauen – oder nicht zu bauen – ist eine heilige Verpflichtung. Wenn du es nicht tust oder es falsch machst, wenn dein Leben dazu beiträgt, dass die Gemeinde Gottes schwierig wird, dann sei vorsichtig. Du hast Gott gegen dich.
Denn Gott liebt Gemeinde. Er ist ein absoluter Gemeindeliebhaber. Ich weiß nicht, ob ihr das glauben könnt, aber Gott liebt Gemeinde. Er liebt Gemeinde, in der Menschen zusammenbleiben und miteinander Gemeinde bauen.
Paulus muss sagen: Euer ganzes Denken ist grundlegend falsch. Ihr denkt, ihr stellt in dieser Welt schon etwas dar. Ihr denkt, ihr seid am Ziel, ihr habt alles schon. Aber das ist falsch.
Wir leben in einer kaputten Welt, geprägt von Sünde. Ja, wir haben als Gläubige ewiges Leben, aber dieses ewige Leben ist für eine Zeit danach. Wir leben auf Hoffnung hin, wir leben nach vorne.
Deshalb ist es fatal, wenn die Korinther sagen: „Wir haben es!“ Paulus muss sagen: „Und ich?“ Ist euch mal aufgefallen, wie groß der Unterschied zwischen eurem Leben und Denken und meinem Leben und Denken ist?
Wenn die Apostel Jesu Christi in dieser Gesellschaft nichts gelten, wenn sie verfolgt und abgelehnt werden, meint ihr wirklich, dass es den Christen in dieser Welt viel besser geht? Das ist doch absurd!
Er führt sie zurück – und das ist spannend – zurück nicht zuerst zu sich selbst. Paulus ist ganz entspannt, wenn es darum geht, seine eigene Person zu verteidigen. Er macht sich Mühe, aber er ist nicht darauf aus, sich anzupreisen.
Er sagt irgendwann im zweiten Korintherbrief: Es ist zwar Blödsinn, sich mit dem zu rühmen, was man kann, aber wenn es unbedingt sein muss, dann mache ich das mal.
Hier aber führt er sie immer wieder zurück zum Kreuz. Er sagt: Wenn ihr euch darauf einlasst, schaut doch mal, wohin euch dieses falsche Denken geführt hat.
Wir haben uns das im 1. Korinther 5 angesehen. Es geht um den Umgang mit Sünde.
Die Herausforderung der Ethik und der Umgang mit Sünde
Es ist ganz spannend: Wenn ich erst einmal stark sein will und in der Gesellschaft etwas darstellen möchte, dann bleibt meine Ethik oft auf der Strecke. Ich kann nicht gleichzeitig Gott und dieser Welt gefallen – das funktioniert einfach nicht. An bestimmten Punkten werde ich Position beziehen müssen, auch für Werte, die in der Gesellschaft momentan nicht akzeptiert sind.
Wenn du mir nicht glaubst: Am kommenden Samstag findet in Berlin eine Demonstration statt, der „Marsch für das Leben“. Wenn du noch nie dabei warst, lade ich dich herzlich ein, wenigstens an dem halbstündigen Marsch teilzunehmen. Die Kundgebung vorneweg interessiert mich selbst nicht, und auch den ökumenischen Gottesdienst danach lasse ich aus. Aber geh mal diese halbe Stunde mit. Dort kannst du zeigen, dass du damit nicht einverstanden bist, wie bei uns im Fernsehen Sendungen über den Zustand in Legebatterien laufen und wie grausam wir mit unseren Hühnern umgehen – während sich niemand für die 500 bis 800 Kinder interessiert, die jeden Tag in Deutschland im Mutterleib sterben.
Es ist heute keine akzeptierte Position mehr, so etwas zu sagen, keine Frage. Wir sind doch tolerant, oder? So etwas darf man nicht mehr äußern. Mach das mal: Trau dich, dich hinzustellen und zu sagen: Ich bin für das Leben. Ich bin dafür, dass Kinder geboren werden. Ich bin dafür, dass dieser Staat – und wir leben in einer Demokratie, in der wir demonstrieren dürfen – alles daran setzt, Mütter und Väter zu unterstützen, wenn Kinder unter schwierigen Umständen zur Welt kommen. Denn es gibt nichts Wertvolleres als Leben.
Wenn wir anfangen, die Kleinen „wegzumachen“, die Behinderten gar nicht erst zuzulassen, wenn wir das Leben vorher testen und dann entscheiden, was wir noch leben lassen, und am Ende über Sterbehilfe nachdenken – das ist eine erschreckende Entwicklung. Es gibt Philosophen, die ernsthaft darüber nachdenken, ob das Lebensrecht von Kindern überhaupt definiert werden muss. Und wenn du für deine Kinder zu anstrengend wirst, dann bekommst du eine Pille, die endgültig Schluss macht. Das ist wirklich beängstigend.
Wenn du das nicht glaubst und nicht möchtest, dann wäre es gut, wenn du einfach mal Position beziehst. Die Korinther standen in einer ähnlichen Spannung. Sie wollten keine klare Haltung einnehmen, weil sie befürchteten, als Fundamentalisten oder Ewiggestrige gebrandmarkt zu werden. Sie wollten ihr Ansehen in der Gesellschaft nicht verlieren. Sie wollten nicht schmäht oder verleumdet werden. Genau das hatte Jesus vorausgesagt: „Glückselig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.“ Das wollten sie nicht erleben.
Wenn du das nicht willst, musst du Kompromisse eingehen. Die Korinther haben Kompromisse gemacht. In ihrer Gemeinde gab es grobe Sünden, unter anderem Unzucht – eine Form unerlaubter Sexualität, bei der ein junger Mann mit seiner Mutter oder Stiefmutter zusammen war. Die Gemeinde hat weggeschaut, weil sie „so tolerant“ sein wollte. Doch irgendwann darf man nicht mehr wegsehen. Es gibt Sünden, die in der Gemeinde gerichtet werden müssen: Lästerei, Trunksucht, Raub, Götzendienst, Habsucht – das sind Dinge, die man nicht einfach durchlaufen lassen kann.
Die Korinther stritten sich sogar vor weltlichen Gerichten und betrogen einander. Ihr Denken war verkehrt. Männer gingen zu Prostituierten, und Ehe wurde auf ein asketisches Niveau gehoben: „Wenn wir Christen sind, läuft im Bett nicht mehr viel.“ Es war alles sehr verquer, und Paulus musste all das regeln, damit die Gemeinde wieder ins Lot kommt. Das ist der erste Korintherbrief.
Im Zentrum der Gemeinde stand ein Problem: „Ich weiß es besser.“ Paulus bringt das am Anfang des achten Kapitels zum Ausdruck. Alle haben Erkenntnis und wollen mitreden, meinen aber wirklich, alles besser zu wissen. Doch sie verstehen nicht, wohin Wissen führen muss. Wissen soll dazu dienen, einander zu erbauen, voranzubringen und gemeinsam den schwierigen Weg der Nachfolge zu gehen.
Jesus sagt, der Weg der Nachfolge ist schmal, eng und angefochten. Es ist keine breite Straße, auf der man ohne anzuecken mit Vollgas fahren kann. Es ist eher wie ein Tunnel, durch den man sich durchzwängen muss. Man braucht manchmal jemanden, der einen von hinten schiebt, oder jemanden, der einen von vorne zieht. Das ist Nachfolge.
Wenn du glaubst, du weißt es besser, wirst du irgendwann persönlich werden. Und als Gemeinde landet ihr dort, wo die Korinther gelandet sind: in einem selbstgefälligen Gottesdienst, der mit dem, was Gott wirklich will, nichts mehr zu tun hat. Dann passiert es, wie in 1. Korinther 8 beschrieben: Menschen glauben, ein Recht zu haben, sich so zu verhalten, dass der Glaube anderer zerstört wird.
Wenn du denkst, das passiert heute nicht mehr, kann ich aus jahrelanger Erfahrung mit Outdoor-Bibelschulen sagen: Es ist ein großes Problem für junge Leute, ihren Glauben zu bewahren. Das liegt oft nicht an den Jungen, wenn Jugendgruppen in Gemeinden wegbrechen. Ich bin sehr gespannt, wie Gott das irgendwann beurteilen wird und wem er die Verantwortung gibt.
Ich bin mir sicher, dass manche ältere Christen sich fragen müssen, ob sie auf ihr Recht verzichtet haben, um jungen Glaubenden den Weg in die Gemeinde zu erleichtern. Oder ob sie stur auf Positionen beharrt haben, die in der Ewigkeit keine Rolle spielen, aber dazu führen, dass junge Menschen Schiffbruch erleiden. Das bereitet mir Sorgen – wirklich Sorgen.
Paulus sagt: Schaut euch an, wie ich gelebt habe. Ich gebe alles, mein Leben ganz für das Evangelium. Ich investiere mich so, dass mir meine eigenen Rechte völlig egal sind. Es ist mir wirklich egal. Ich investiere mein ganzes Leben wie ein Athlet. Ich weiß, dass ich nur dieses eine Leben habe, um Gott dankbar zurückzugeben, was er in mich investiert hat.
Ich laufe nicht ins Ungewisse, ich kämpfe nicht wie einer, der in die Luft schlägt. Ich zerschlage meinen Leib und knechte ihn, damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt habe, selbst verwerflich werde. Paulus sagt: Nehmt mich bitte zum Vorbild. Schaut euch an, was in meinem Leben im Zentrum steht: Es sind Menschen! Es geht darum, dass Menschen zum Glauben finden und im Glauben weiterkommen. Das ist mein Zentrum.
Rückblick auf das Alte Testament als Warnung
Kapitel 10, Vers 1
Jetzt macht er einen Punkt und sagt: Schaut euch doch noch einmal an, wie das im Alten Testament war! Denn ich will nicht, dass ihr in Unkenntnis darüber seid, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer hindurchgegangen sind.
Einen Blick zurück
Wenn ihr, Korinther, wirklich glaubt, dass euer Lebensstil richtig ist, wollen wir uns kurz ein alttestamentliches Beispiel anschauen. Dort wurde auch eine Gruppe als Volk Gottes bezeichnet, die dennoch in ihrem Leben Schiffbruch erlitt. Lasst uns das einmal gemeinsam betrachten.
Was war denn da im Alten Testament? Gibt es nicht einige sehr hässliche Beispiele von Menschen, die versagt haben? Ich will nicht, dass ihr in Unkenntnis darüber seid, dass unsere Väter – damit sind die Israeliten im Alten Testament gemeint – in der Zeit der Wüstenwanderung lebten. Gott befreite sein Volk Israel aus Ägypten, dann folgte die Wüstenwanderung und schließlich der Einzug ins verheißene Land.
Die Situation der Israeliten in der Wüste ist der Situation ähnlich, in der wir heute leben. Es sind Leute, die auf der einen Seite schon eine Form von Befreiung erlebt haben, aber noch darauf warten, dass sich die Hoffnung völlig realisiert – so wie bei uns. Wir sind erlöst durch das Kreuz, aber wir warten noch auf die vollständige Erlösung, mindestens auf die Erlösung des Leibes, mindestens auf den Anbruch eines neuen Himmels und einer neuen Erde sowie einer Gemeinschaft mit Gott, die jetzt noch nicht existiert. Wir stehen also auch in dieser Zwischenphase.
Paulus greift das auf und sagt: Schaut euch diese Typen bitte ganz genau an! Was Paulus hier aufbaut, ist eine Spannung, das ist mir auch klar. Er sagt, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren. Es war eine göttliche Wolke, die vor den Israeliten herzog und sich zwischen sie und ihre Feinde stellte. Diese Wolke steht für die Gegenwart Gottes, für göttlichen Schutz und Führung. Sie haben das erlebt.
Alle sind durch das Meer hindurchgegangen. Das ist der Auszug aus Ägypten: Alle wurden gerettet, sie wurden aus der Sklaverei in die Freiheit geführt. Und alle wurden in der Wolke und im Meer auf Mose getauft. Im Neuen Testament ist die Taufe ein Symbol für die Rettung, die im Leben eines Menschen geschieht. Man wird im Wasser begraben und kommt wieder heraus, um auszudrücken, dass das Alte tot ist und etwas Neues im Leben begonnen hat.
Wenn jemand auf jemanden getauft wird, bedeutet das, dass man seine Erfahrung und seinen Status teilt. Wenn Paulus sagt, dass sie auf Mose getauft wurden, heißt das, Mose hat eine Berufung von Gott bekommen und das Volk teilt diese Berufung. Es ist eng an Mose gebunden; das Leben verläuft nicht ziellos und ohne Auftrag.
Und mehr noch als eine Berufung und eine Befreiung:
Vers 3: „Und alle aßen dieselbe geistliche Speise.“ Alle wurden in der Wüste versorgt durch das, was Gott ihnen zur Verfügung stellte, und alle tranken denselben geistlichen Trank. Das Wasser in der Wüste war nicht immer vorhanden. Es gab es, weil Gott sich darum kümmerte, dass es dieses Wasser gibt.
Gott hat sie gerettet, Gott hat sie berufen, Gott hat sie versorgt. Wenn ihr die Geschichte im Alten Testament lest, wisst ihr, dass Mose oft auf einen Felsen schlug, und dann kam Wasser heraus. Darauf nimmt Paulus hier Bezug und sagt: „Denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete.“
Ich weiß nicht genau, was er mit „begleitete“ meint. Es gibt jüdische Geschichten, weil die Juden sich auch die Frage stellten, wie das funktionieren kann. Es gibt Mythen, wonach der Fels immer mitgelaufen sei. Vielleicht stimmt das, vielleicht auch nicht. Es ist interessant, dass im Alten Testament Gott als der Fels bezeichnet wird. Das ist ein Bezug.
Es könnte aber auch einfach bedeuten, dass überall dort, wo die Lager machten, ein Fels zur Verfügung stand, auf dem man schlagen konnte, und aus dem Wasser kam. Wie das genau funktioniert, spielt keine Rolle. Es ist nie wichtig, wie Gott es einrichtet, dass du das bekommst, was du brauchst. Das kann übernatürlich sein oder ganz profan.
Wichtig ist, dass du verstehst, dass Gott dich versorgt. Hier tut er das: „Denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der sie begleitete.“
Jetzt beantwortet Paulus die Frage: Wer steckt denn hinter dem Felsen? Wer steckt hinter der Idee, dass in einer Wüste jemand leben kann? Darf ich das schon übertragen? Wer steckt hinter der Idee, dass in einer Welt, die verloren geht, deren Gott der Teufel ist, die von Sünde geprägt ist und in der Ungerechtigkeit herrscht, ein kleines Grüppchen von Leuten überlebt, die eigentlich keine Chance haben dürften? Die eigentlich nicht leben dürften mit ihrem Ansatz?
Der, der dahinter steckt, ist Jesus. Er sagt: „Ich will dir in diesem Leben das geben, was du brauchst. Ich will dein Fels sein.“ Nicht nur der Fels, auf dem du stehst – so könnte man das verstehen –, sondern ich bin der Fels, aus dem Nahrung, Hilfe und Unterstützung kommen, die du brauchst.
Der Fels aber war Christus. Wenn die Israeliten in der Wüste Wasser aus dem Felsen erleben, erleben sie das Handeln Jesu. Wenn du in deinem Leben erlebst, dass du mitten in Schwierigkeiten, Not, Trauer, Unverständnis und Hilflosigkeit anfängst zu beten und Gott dir seinen übernatürlichen Frieden schenkt, Gott dir seine Rettung schenkt, Gott dir Ideen gibt, so dass du dich fragst, wo das herkommt, Gott dich mit einem Bibelwort erquickt oder jemand anruft und sagt: „Hey, ich habe den Eindruck, ich soll dir das sagen“ – egal, was du an Stärkung erfährst – wenn du das erlebst, erlebst du Jesus.
Die Israeliten haben dasselbe in der Wüste erfahren, in dem Moment, als Wasser aus dem Felsen kam.
Warnung vor dem Abfall trotz göttlicher Versorgung
So, jetzt hast du eine Gruppe von Menschen, die gerettet und berufen sind und Jesus erleben. Man könnte denken, da kann ja nichts mehr passieren, wenn man erst einmal so unterwegs ist. Du wachst jeden Morgen auf und sagst: „Ich hätte gerne…“ Ja, wir müssen einfach Männer sammeln gehen. Du erlebst jeden Morgen ganz greifbar, dass Gott dich versorgt. Wenn du Durst hast, gehst du zu Mose, und Mose sagt: „Kümmere ich mich darum.“ Mose betet und sagt: „Ich weiß, was ich tun soll.“ Wow!
Dann heißt es ganz dramatisch in Vers 5: „An den meisten von ihnen aber hatte Gott kein Wohlgefallen.“ Ist das dramatisch? Ich weiß nicht, ob du beim Bibellesen weinen kannst, aber das ist wirklich dramatisch. Du führst Hunderttausende aus Ägypten heraus und denkst dir: Boah, was für eine Zukunft muss dieses Volk haben, was für eine Zukunft muss diese Gemeinde haben, wenn ich mir das Potenzial anschaue, das hier steckt! Zweihundert Leute mit kreativem, finanziellem und zeitlichem Potenzial – das lässt sich kaum in Worte fassen, wenn man die Zahlen aufschreibt. Und dann schaust du dir das an, und an den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen.
Das sage ich nicht über euch. Was Paulus hier macht, ist eine Warnung: Sei vorsichtig, wenn du dich darüber freust, wie toll Gott in deiner Mitte ist. Geh nicht einfach davon aus, dass es ganz logisch ist, dass alle, die Gott erleben, auch Gott in ihrem Leben zurücklieben. Die Bibel ist an dieser Stelle leider nicht so nett, wie ich sie mir wünschen würde. Sie spricht davon, dass Menschen Gott erleben, erfahren und doch mit diesem Gott, der sie berufen, gesegnet und in ihr Leben hineingewirkt hat, nichts anfangen wollen.
Es gibt verschiedene Stellen, zum Beispiel am Ende der Bergpredigt, Hebräer 6, hier Hebräer 10, wo sehr kritische Töne in der Bibel stehen. Ich wünsche mir, dass wir uns auf der einen Seite nicht von Angst leiten lassen, nicht ständig denken: „Hoch komme ich denn in den Himmel?“ Wir brauchen die Heilsicherheit. Wenn ich weiß, dass ich zu Jesus gehöre, dann weiß ich, dass er mich ankommen lässt und sich darum kümmert.
Aber ich muss auch, und das ist die andere Seite, schauen: Wie sieht mein Herz wirklich aus? Bin ich jemand, der nur vorgibt, Jesus zu folgen, der nur vorgibt, ein Schaf des guten Hirten zu sein? Manchmal ist ein ehrlicher Blick ins Leben die einfachste Möglichkeit, herauszufinden, wo du stehst. Bitte verstehe mich nicht als jemanden, der immer mit erhobenem Zeigefinger vorne steht. Das ist wirklich blöd.
Wenn du völlig bedrückt nach Hause gehst, dann geh auf meine Homepage und hör dir die Predigt an, die ich heute Nachmittag in Spandau halte. Dort falle ich nämlich ganz bewusst mal vom Pferd runter, weil ich auch diese Angst habe, dass wir Gott immer nur als den mit der Peitsche erleben, der wie bei Asterix und Obelix auf dem Leeren Schiff erscheint. Wenn du jetzt bedrückt bist, hör dir die Predigt an. Dort zeige ich, wie sehr Gott seine Kinder liebt, wie begeistert er ist, wie egal Leistung für ihn ist und wie wir uns einfach zurückfallen lassen können in seine Liebe.
Aber das ist nicht mein Text hier, und deshalb muss ich wieder auf diesen Text zurückkommen. Paulus hat eine Gemeinde vor Augen, die völlig durcheinander ist. Man weiß nicht mehr, ob sie Fisch oder Fleisch sind. Deshalb sagt er: Vorsicht! Im Alten Testament gibt es ein Beispiel: Leute sind in der Wüste hingestreckt worden, weil sie nicht ins verheißene Land gekommen sind. Ihr Leben hat die Idee, die Gott für sie hatte, durchgestrichen. Ein Stück weit wollten sie nicht. Und Gott sagt: „Ich werde dich nicht zwingen.“
Vers 6: „Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen, damit wir nicht nach bösen Dingen gelüsten.“ Das ist die Gefahr. Wenn du den Weg der Korinther anschaust, dann ist dieser Weg geprägt davon, dass sie sagen: „Ich weiß es besser.“ Sie blasen sich auf, tun so, als hätten sie die Weisheit mit Löffeln gefressen.
Das Problem ist: Wenn du diesen Weg gehst, wirst du irgendwann anfangen, Gut und Böse zu vermischen. Warum? Weil in dir ganz natürlich etwas steckt, das das Böse will. Jakobus schreibt in Jakobus 1,14: „Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird.“ Du musst dich nicht anstrengen, blöde Gedanken, Gefühle und Ideen zu haben – die kommen von ganz allein.
Wenn du glaubst, du weißt alles besser, fehlt dir der Maßstab, um das Negative in dir zu erkennen und in Schranken zu weisen. Dann hörst du irgendwann auf, gegen diese negativen Impulse zu kämpfen. Du kannst Dinge tun, für die du dich später schämst, und nach bösen Dingen lüsten, wie es jene taten.
Vielleicht sagst du, die Beispiele, die Paulus bringt, treffen mein Leben nicht. Aber ich glaube, jeder kennt, wie böse Lust in sein Leben kriecht. Vielleicht ist es die Lust, etwas zu haben, was ein anderer hat, oder etwas zu sein, was man nicht ist. Vielleicht sind es simple Sünden wie Faulheit oder Disziplinlosigkeit. Eine der größten Sünden, die unter jungen Leuten verbreitet ist, ist, dass sie nicht begreifen, wer sie sind und welche Verantwortung sie in Gesellschaft und Schule haben.
Vielleicht ist es ein falsches Streben nach Karriere und Geld, ein falscher Umgang mit Eltern oder etwas anderes. Egal, woran du gerade denkst: Die bösen Dinge werden kommen. Du brauchst den Maßstab Gottes, um zu sagen: Wenn ich Faulheit in meinem Leben merke, werde ich fleißig. Wenn ich Habgier merke, werde ich spendabel. Wenn ich an irgendeiner Stelle einen Bruch sehe, werde ich das sein lassen.
Warum? Weil ich zu Jesus gehöre, bereit bin, das Kreuz auf mich zu nehmen und ihm nachzufolgen. Jesus, der Heilige Gottes, ist mein Vorbild, und deshalb folge ich ihm nach.
Paulus bringt hier vier Beispiele aus dem Leben der Israeliten. Vielleicht sagst du, das sind nicht deine Beispiele. Dann nimm deine eigenen. Überlege, wo du dich bewusst dafür entscheidest, das Wort Gottes in deinem Leben zu durchstreichen, und setze diese Beispiele ein. Aber behalte die Dramatik bei: Du kannst über jede beliebige Sünde fallen.
Das Problem der Korinther in Vers 12 wird Paulus so zusammenfassen: „Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle.“ Wenn du dich auf dein Wissen verlässt und glaubst: „Ich bin wer, ich habe es geschafft“, dann bist du schon auf dem Weg nach unten. Du hast deine Verteidigungslinien gegen Lust, Versuchung, Teufel, Sünde und Welt schon heruntergefahren.
Was haben die Korinther und die Israeliten falsch gemacht? Vers 7: „Werdet auch nicht Götzendiener!“ Mose bekommt die Zehn Gebote, kommt ins Lager, und dort ist ein Fest im Gange. Ich weiß nicht, was Mose zuerst dachte, aber es stellt sich schnell heraus: Das Volk konnte keine vierzig Tage auf Mose warten. Es fing an, sich handfeste Götzenbilder zu machen. Sie sagten: „Das sind unsere Götter, die uns aus Ägypten herausgerufen haben.“
Ist das irre? Anderthalb Monate, nachdem Gott sie befreit hat, fangen sie an, um ein goldenes Kalb herumzutanzen! Genauso irre ist, dass Aaron das Ganze ein Fest für den Herrn nennt. Es war überhaupt kein Fest für den Herrn, sondern blanker Götzendienst. Ich schreibe mein Leben und meinen Erfolg einem anderen Gott zu. Ich erwarte und feiere einen anderen Gott in meinem Leben. Ob das ein goldenes Kalb ist oder etwas anderes, womit ich sage: „Das hat mich gerettet, meine Sinnlosigkeit und Bedeutungslosigkeit aufgehoben.“ Das kann eine Frau sein, ein technisches Gadget, ein Kurs – seitdem bin ich frei! Vorsicht!
Vers 8: „Wie einige von ihnen, so steht geschrieben, setzte sich das Volk nieder, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um zu spielen.“ Hier steht nicht, dass man keine Gesellschaftsspiele spielen darf. Ich will das nur klarstellen. Es geht hier nicht um Spiele wie Dominion. Das Spielen hat hier einen sexuellen Unterton. Es geht um Gottesdienstfeiern, bei denen man um ein Götzenbild herumtanzt.
Heute sagen wir im Deutschen manchmal, jemand „spielt mit einem Mädchen“. Das bedeutet nicht nur, dass man Spiele spielt, sondern dass man mehr im Sinn hat. Das ist hier gemeint. Dieses Volk zeigte durch Festfreude, wie sehr es an seinen Götzen hing.
Der nächste Punkt: „Auch lasst uns nicht Unzucht treiben.“ In einer Hafenstadt mit viel Prostitution war das ein leichtes Thema. Paulus sagt: „Lass das!“ Schau, was in Israel passiert ist. Nachdem Bileam kam und wieder ging, gab er den Moabitern den Rat, die Israeliten durch Einladung zu ihren Gottesdiensten zu Fall zu bringen. Diese Gottesdienste waren sehr freizügig. Man sang nicht nur miteinander, sondern schlief auch miteinander.
Die Israeliten waren begeistert von den jungen, hübschen Mädchen, die bereitwillig alles mit ihnen machten, was sie sich wünschten. Die Folge: Wie einige von ihnen Unzucht trieben, und an einem Tag fielen 23. Das ist das Gericht.
Vers 9: „Lasst uns auch den Christus nicht versuchen.“ Ich versuche Christus, wenn ich etwas haben möchte, was mir nicht zusteht, wo Gott sagt: „Nee, das ist jetzt nicht dran“, und ich trotzdem sage: „Doch!“ An der Stelle fange ich an, Christus zu versuchen, weil ich es besser weiß, was für mich gut ist.
Bei den Israeliten ging es meistens um Fleischessen, Essen und Trinken, Genuss. Dann kam die Geschichte mit den Schlangen, und viele wurden von ihnen getötet.
Vers 10: „Murrt auch nicht.“ Wisst ihr, was Murren ist? Murren heißt meckern. Es bedeutet, an dem, was Gott mit mir tut, zu nörgeln: „Murr, murr, murr.“ Jemand hat mal gezählt – ich nicht – aber ich glaube, zehnmal steht da, dass die Israeliten murrten.
Murren heißt nicht, dass man Gott nicht sagen darf, wenn einem schlecht geht. Das ist völlig okay. Murren bedeutet permanentes Unzufriedensein, niemals Gott zu vertrauen, immer zu glauben, dass Gott gerade mich vergessen hat. Das ist Murren.
Paulus sagt: „Murrt nicht, damit ihr nicht wie einige von ihnen murrtet und vom Verderber umgebracht wurdet.“ Der Verderber ist hier der Vollstrecker des göttlichen Strafgerichts. Am Ende sind wieder einige tot.
Es lohnt sich, das Alte Testament zu lesen. Wenn du die ersten fünf Bücher Mose noch nicht gelesen hast, dann gib dir das. Vielleicht sparst du das dritte Buch Mose aus, da ist nicht so viel drin, aber drumherum. Überleg mal, was die eigentlich alles falsch gemacht haben.
Bevor du also auf die Runterblickst, denk kurz nach: Findet sich das eigentlich auch in meinem Leben? Bin ich manchmal genauso unzufrieden? Bin ich auch ein Nörgler, dem Gott einfach nicht recht machen kann, der nicht begreift, dass das hier noch nicht alles ist? Dass wir auf eine Zukunft warten, in der Hoffnung in einem Maß erfüllt wird, wie wir es uns nicht vorstellen können? Aber dass wir heute hier leben und die Realität manchmal unbefriedigender ist, als wir uns vorstellen?
Vers 11: „Alles dies aber widerfuhr jenen als Vorbild.“ Es sind Vorbilder für uns. Gott hat das im Leben der Israeliten zugelassen, damit wir ein Vorbild haben. Es ist geschrieben worden zur Ermahnung für uns, über die das Ende der Zeitalter gekommen ist. Wörtlich: die Enden der Zeitalter.
Ihr müsst euch vorstellen: Das sind wie zwei Zeitalter und jeweils das Ende. Das alte Zeitalter, in dem wir leben, und das neue Zeitalter. Diese beiden Enden berühren sich. Das ist eine Art Überlappung.
Auf der einen Seite gehören wir schon zur Ewigkeit, und auf der anderen Seite leben wir noch in der Zeit. Wir haben ewiges Leben und sind doch noch ziemlich irdisch – hier mit Kopfschmerzen, Migräne und allem, was dazugehört, geerdet.
Die beiden Dinge gehören zusammen. Wir sind in einer Mittelposition. Deshalb ist es so wichtig, dass wir nicht leben, als würden wir hierher gehören, und gleichzeitig nicht so tun, als wären wir schon im Himmel angekommen.
Wir müssen begreifen, dass wir aus der Perspektive der Ewigkeit ein Leben in der Zeit leben. Wir setzen hier so viel wie möglich von dem um, was kommen wird. Wir werden einmal vollkommen gerecht sein, deshalb leben wir hier gerecht. Wir werden Jesus einmal sehen, wie er ist, und deshalb fangen wir hier schon an, Gemeinschaft mit ihm zu haben.
Ich könnte das groß ausführen. Diese Spannung gilt es auszuhalten, sie lässt sich nicht auflösen.
Daher das Fazit: „Wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle.“ Wenn du glaubst, so wie die Korinther geglaubt haben: „Mir kann das eh nicht passieren. Was der da vorne auf der Kanzel erzählt, das wird mir nie passieren. Ich und böse Lust? Na ja, bestimmt mein Nachbar, aber ich nicht!“ – Vorsicht!
Wenn du dir deiner persönlichen Gefährdung nicht mehr bewusst bist, wenn du glaubst, angekommen zu sein, wenn du denkst, so lange dabei zu sein, dass dir nie wieder etwas passieren kann, vergiss es. Das ist schon die erste Lüge, die du glaubst. Wenn du denkst, du hast es geschafft, dann tu Buße.
Daher: „Wer zu stehen meint, wer sich auf sein eigenes Wissen verlässt, sehe zu, dass er nicht falle.“ Vorsicht!
Dann macht Paulus ihnen Mut. Er greift zurück in ihr Problem, in 1. Korinther 8: Leute gehen in den Götzentempel und essen dort Götzenopferfleisch, obwohl sie es von ihrem Gewissen her eigentlich nicht wollen. Unter dem Druck von Menschen machen Gläubige Dinge, die falsch sind.
Zu diesen Leuten spricht Paulus hier. Er sagt: „Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche.“ Das, was euch passiert, ist menschliche Versuchung. Bitte kommt nicht mit der Ausrede: „Ich kann nicht anders.“ Denn das, was euch passiert ist, sind menschliche Versuchungen.
Ich sage das so deutlich, weil der Text gerne zitiert wird und oft gesagt wird, jede Art von Versuchung sei gemeint. Das steht aber nicht da. Es geht um menschliche Versuchungen – Versuche, die durch andere Menschen in mein Leben hineinkommen.
Jemand sagt: „Komm doch mit, ich gehe da jetzt hin“, und du lässt dich darauf ein. Jemand will dich dazu bringen, etwas zu tun, was du nicht tun willst, weil er es für richtig hält.
Paulus sagt im Hinblick auf diese menschlichen Versuchungen – und ich will das abgrenzen, weil ich glaube, es gibt auch andere Versuchungen – dass wir in Bezug auf menschliche Versuchungen sicher sein können, dass es immer einen Ausweg gibt.
Ganz einfach deshalb, weil wir an dieser Stelle nur auf Gott vertrauen müssen. Wir müssen glauben, dass Gott es besser mit uns meint als der Mensch, der uns auf seine Seite ziehen will.
Ich sage nicht, dass das für jede Form von Versuchung gilt. Ich muss vorsichtig formulieren: Bitte versteht mich richtig. Christen müssen aufpassen, dass sie das Evangelium von der Gemeinschaft mit dem Gott, der sie liebt, nicht in ein Evangelium der Sündenminimierung verkehren.
Ich erlebe begeisterte Christen, die an einer Sünde kämpfen und deren ganzes Leben um diese eine Sünde kreist, die sie nicht in den Griff kriegen oder die immer wieder durchbricht. Sie sind verzweifelt und entsetzt über sich, dass sie das nicht schaffen.
Wenn das dein Evangelium ist – wenn du sagst: „Ich bin Christ, um immer weniger zu sündigen. Ich bin nur dann ein guter Christ, wenn ich mein Leben gut im Griff habe, wenn ich nie sündige, wenn ich jedes Problem in überschaubarer Zeit gepackt habe“ – dann möchte ich dich an dieser Stelle freisprechen: Das ist nicht das Evangelium.
Das ist hoffentlich eine Folge des Evangeliums und wird irgendwie auch in der Ewigkeit realisiert. Aber in dieser Zeit ist das Evangelium etwas anderes.
Das Evangelium heißt: Du bist ein Kind Gottes, du bist geliebt, Gott ist treu und kümmert sich um dich.
Hier hast du eine Zusage: Wenn Menschen dich verführen wollen, wird Gott einen Ausweg schaffen. Der Ausweg ist bereit.
Aber ich möchte dir auch sagen, dass ich in meinem Leben Versuchungen kenne, die so dramatisch sind, dass ich davorstehe wie das Volk Juda im Buch Richter, wo es darum geht, ein Land einzunehmen, und dann kommen die Philister mit den eisernen Streitwagen. Sie sind waffentechnologisch so überlegen, dass man den Eindruck hat: Das schaffe ich nie.
Wenn du solche Momente hast, in denen du denkst, du schaffst es nicht, dann möchte ich dir sagen: Es kann sein, dass du es jetzt nicht schaffst, aber das ist nicht der Punkt, um den sich deine Beziehung zu Gott dreht.
Du bist geliebt, du bist gewollt, du bist berufen, Gott ist treu – egal, ob du es schaffst oder nicht.
Ich hoffe, ich habe mir mit diesem Schluss nicht die Karten gelegt, aber ich möchte das gerne an anderer Stelle noch erweitern.
Ich bin dafür, dass wir Heiligung leben, Paulus ist dafür. Aber wir müssen auch die Texte stehen lassen, wie sie da sind.
Hier in 1. Korinther 10,13 geht es nicht um jede Art von Versuchung, sondern um menschliche Versuchungen. Im Blick auf diese können wir das sagen.
Bevor wir das auf alle Versuchungen anwenden, müssen wir sicher sein, dass es gilt. Ich weiß nicht, ob das seelsorgerlich klug ist, das wollte ich sagen.
An dieser Stelle machen wir Schluss. Haltet das fest. Wir stecken mitten in 1. Korinther 10 und werden in Kapitel 10, Vers 14 nächstes Jahr weitermachen. Ich hoffe, das klappt.
Nochmals die Idee: Nehmt bitte irgendetwas Gutes mit. Das ist wichtig, damit die Woche für euch nicht umsonst war.
Amen.