Ein Abschied, der Freude auslöst - Gedanken zu Himmelfahrt

Jürg Birnstiel
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Lukas-Evangelium 24,50-53

Einleitende Gedanken

Es ist nicht einfach, sich von Menschen zu verabschieden, die man liebt. Besonders traurig machen uns Abschiede, wenn sie endgültig sind. Heute beschäftigen wir uns mit einem ganz besonderen Abschied. Ein Abschied, der auf den ersten Blick endgültig ist. Es ist der Abschied von Jesus, als er die Erde für immer verlassen hat und zu seinem Vater zurückgekehrte. Das Erstaunliche bei diesem Abschied ist jedoch, dass er nicht Trauer, sondern Freude auslöst. Dieses historische Ereignis ist der Grund für den Feiertag, den wir Auffahrt nennen und der in Deutschland vielleicht passender als Himmelfahrt bezeichnet wird. Jesus führte seine Jünger zur Stadt hinaus und verabschiedete sich von ihnen. „Dort erhob er die Hände, um sie zu segnen.“ Lk.24,50. Und während Jesus sie segnete geschah etwas Sonderbares. „Während er sie segnete, wurde er von ihnen weggenommen und zum Himmel emporgehoben.“ Lk.24,51. Für uns eine schwierige Vorstellung, dass jemand, der mit uns spricht, plötzlich vom Boden abhebt und Richtung Himmel schwebt. Lukas beschreibt in der Apostelgeschichte diesen Moment noch etwas detaillierter: „Jesus wurde vor ihren Augen emporgehoben. Dann hüllte ihn eine Wolke ein, und sie sahen ihn nicht mehr.“ Apg.1,9. Eine Wolke nahm Jesus auf und entzog ihn den Blicken der Jünger. Damit zeigte Gott den Jüngern, dass Jesus die Erde nun endgültig verlassen hat. Er wird nicht mehr erscheinen wie in den letzten 40 Tagen nach seiner Auferstehung. Was für ein heiliger Moment muss das gewesen sein! „Die Jünger warfen sich nieder und beteten ihn an.“ Lk.24,52. Sie verehrten ihren Herrn. Keiner rief bleib bitte hier, sondern sie beteten ihn an.

Erstaunlicherweise waren sie nicht traurig, wie wir das erwarten würden. Ich finde, sie hätten genügend Gründe gehabt traurig zu sein. Sie wussten, dass sie jetzt Jesus nicht mehr persönlich begegnen werden. Sie werden ihre Fragen mit ihm nicht mehr besprechen können. Wir würden so etwas wie Abschiedsschmerz erwarten. So wie später, als sich die Ältesten von der Gemeinde in Ephesus von Paulus verabschieden mussten. Da weinten alle inklusive Paulus, denn sie waren davon überzeugt, dass sie sich auf dieser Erde nie mehr sehen werden. „Alle brachen in lautes Weinen aus, fielen Paulus um den Hals und küssten ihn wieder und wieder.“ Apg.20,37. Aber beim Abschied von Jesus gab es keine Tränen. Die Jünger waren nicht traurig, wie nach der Kreuzigung von Jesu. Dieser Abschied ist ganz anders, als wir das erwarten würden. Statt Trauer macht sich grosse Freude breit. „Die Jünger kehrten nach Jerusalem zurück, von grosser Freude erfüllt.“ Lk.24,52. Die Freude war bestimmt nicht deshalb so gross, weil sie Jesus nun los waren. Denn wenn sich jemand verabschiedet, den man nicht sonderlich mag oder der uns unangenehm ist, kann es durchaus sein, dass wir uns freuen. Aber die Freude der Jünger hatte ganz andere Gründe. Sie liebten Jesus über alles. Die Freude war gross, weil sie die Bedeutung des Abschieds verstanden hatten. Es war noch nicht lange her, da sagte ihnen Jesus: „Wenn ihr mich wirklich lieben würdet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist grösser als ich.“ Joh.14,28. Damals konnte sie der Gedanke, dass Jesus sie verlassen würde nicht erfreuen. Doch jetzt haben sie begriffen, was Jesus damals meinte und die Freude war gross! „Sie waren von da an ständig im Tempel und priesen Gott.“ Lk.24,53. Heute wollen wir sehen, warum sich die Jünger so freuten. Drei Gründe will ich nennen, die vermutlich zu dieser Freude beigetragen haben. Natürlich hoffe ich, dass diese Freude auf uns rüber springt.

I. Freut euch – Jesus ist tatsächlich der Sohn Gottes!

Die Freude ist gross, weil sie verstanden haben, dass Jesus zu seinem Vater geht, weil er der Sohn Gottes ist. Den Jüngern war lange nicht klar wer Jesus ist. Wenn wir die Evangelien sorgfältig lesen, fällt uns auf, dass die Jünger sich nie wirklich sicher waren, wer Jesus ist. Sie waren von ihm angezogen und fasziniert, aber doch immer wieder etwas verunsichert. Es gab sehr wenig helle Momente, in denen den Jüngern alles klar schien. Doch einmal sagte Petrus zu Jesus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Mt.16,16. Dieses klare Bekenntnis war wie eine momentane Erleuchtung von oben, denn Jesus antwortet Petrus: „Glücklich bist du zu preisen, Simon, Sohn des Jona; denn nicht menschliche Klugheit hat dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Mt.16,17. Später, als Jesus verhört wurde, behauptete Petrus sogar, Jesus nicht zu kennen. Und nach der Kreuzigung waren die Jünger völlig verwirrt. Doch jetzt, beim Abschied von Jesus, der sie auf übernatürliche Weise verlässt, sind alle Zweifel weg. Jetzt ist ihnen ganz klar, dass sie mit dem Messias, dem Sohn Gottes, dem König aller Könige, zusammen waren. Und dieser Sohn Gottes ist ihnen Freund und Bruder geworden! Er geht zurück zu seinem Vater und wird sich zur Rechten des Höchsten setzen. Diese Erkenntnis formuliert der Hebräer eindrücklich: „Jesus ist das vollkommene Abbild von Gottes Herrlichkeit, der unverfälschte Ausdruck seines Wesens. Durch die Kraft seines Wortes trägt er das ganze Universum. Und nachdem er das Opfer gebracht hat, das von den Sünden reinigt, hat er den Ehrenplatz im Himmel eingenommen, den Platz an der rechten Seite Gottes, der höchsten Majestät.“ Hebr.1,3. Wie überschwänglich muss die Freude sein, dass sie das Privileg hatten mit Jesus unterwegs zu sein. Ihr Jesus, der von den Menschen verspottet, geschlagen und hingerichtet wurde, er geht zurück zu seinem Vater. Dort wird er an der Seite des Vaters regieren. Somit ist klar, dass ihr Jesus über allen Mächten steht, wie Paulus schreibt: „Damit steht Christus jetzt hoch über allen Mächten und Gewalten, hoch über allem, was Autorität besitzt und Einfluss ausübt; er herrscht über alles, was Rang und Namen hat – nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.“ Eph.1,21. Den Jüngern war klar, Jesus ist alle Macht gegeben. Sie können sich darauf verlassen, dass Jesus alle Autoritäten beherrscht. Ihr Jesus sitzt jetzt auf dem Thron! Was für eine Freude! Freue Dich – Jesus ist tatsächlich der Sohn Gottes!

II. Freut euch – Jesus begleitet uns!

Die Freude ist gross, weil sie verstanden haben, dass Jesus sie weiterhin begleiten wird. Was sie früher nicht begreifen konnten, war ihnen in diesem Moment klar: Der Abschied von Jesus führt sie in eine neue Dimension in der Beziehung zu Gott. Jesus sagte ihnen früher: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht von euch wegginge, käme der Helfer nicht zu euch; wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ Joh.16,7. Jesus war der Meinung, dass es für die Jünger besser ist, wenn er weggeht. Sie würden an seiner Stelle einen Helfer bekommen, der sie begleiten wird. Das war ihnen nun plötzlich klar, so sagte Petrus in seiner Predigt an Pfingsten: „Jesus ist in den Himmel emporgehoben worden, um den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite einzunehmen, und hat von seinem Vater die versprochene Gabe erhalten, den Heiligen Geist. Diesen Geist hat er nun über uns ausgegossen, und das ist es, was ihr hier seht und hört.“ Apg.2,33. Mit anderen Worten heisst das, obwohl Jesus beim Vater ist, bleiben wir nicht verlassen zurück. Durch den Heiligen Geist bleiben wir mit Jesus eng verbunden und sind nicht mehr von seiner körperlichen Gegenwart abhängig. Jetzt kann uns Jesus sozusagen überall begleiten. Jetzt ist Jesus in der Lage, sein Versprechen an seine Jünger zu erfüllen: „Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt.“ Mt.28,20. Jesus begleitet seine Nachfolger und zwar nicht nur dann, wenn es ihnen gut geht und sie glücklich sind, sondern auch in schwierigen Situationen. Das erlebte Stephanus bei seiner Hinrichtung. Plötzlich rief er: „Ich sehe den Himmel offen stehen! Ich sehe den Menschensohn, wie er an der rechten Seite Gottes steht!“ Apg.7,56. Jesus erhob sich von seinem Thron an der Seite seines Vaters und begleitete Stephanus in dieser schwierigen und schmerzvollen Situation. Jesus ist jeden Tag bei uns und es ist ihm nicht egal, wie es uns geht. Ja – Jesus lebt durch den Heiligen Geist in uns! Jesus ist aber nicht nur mit dem einzelnen Christen unterwegs, sondern er ist auch der Herr der Kirche. Er, der Herrscher über Himmel und Erde hat die Verantwortung und Leitung der Gemeinde nicht an jemand anderen delegiert, sondern er kümmert sich selber um seine Gemeinde. Wie ein Jubel ist zu verstehen, was Paulus nach Ephesus schreibt: „Ja, Gott hat Jesus alles unter die Füsse gelegt, und er hat ihn, den Herrscher über das ganze Universum, zum Haupt der Gemeinde gemacht.“ Eph.1,22. Die Jünger und alle Christen, die Jesus lieben, haben dadurch eine ganz besondere Beziehung zu Jesus. Wir können mit unseren Freuden und Nöten direkt zum Höchsten und Mächtigsten gehen. Er kümmert sich um uns, selbst wenn wir gesündigt haben. Johannes schreibt: „Meine lieben Kinder, ich schreibe euch diese Dinge, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand doch eine Sünde begeht, haben wir einen Anwalt, der beim Vater für uns eintritt: Jesus Christus, den Gerechten. Er, der nie etwas Unrechtes getan hat.“ 1.Joh.2,1. Wenn wir mit Jesus verbunden sind, kann uns niemand verurteilen, denn wenn uns Jesus gerecht gesprochen hat, dann sind wir gerecht. Es gibt keine Macht im Himmel und auf Erden, die dieses Urteil rückgängig machen könnte. Paulus schreibt nach Rom: „Ist da noch jemand, der sie verurteilen könnte? Jesus Christus ist doch für sie gestorben, mehr noch: Er ist auferweckt worden, und er sitzt an Gottes rechter Seite und tritt für uns ein.“ Röm.8,34. Noch ein grosses Privileg haben wir als Christen. Wir haben direkten Zugang in den Thronsaal Gottes. Im Hebräer steht: „Wir wollen voll Zuversicht vor den Thron unseres gnädigen Gottes treten, damit er uns sein Erbarmen schenkt und uns seine Gnade erfahren lässt und wir zur rechten Zeit die Hilfe bekommen, die wir brauchen.“ Hebr.4,16. Wie Jesus gesagt hat. Es ist besser für uns, dass er zum Vater gegangen ist. Das hatten die Jünger nun verstanden und deshalb war ihre Freude riesig. Freue Dich – Jesus begleitet uns!

III. Freut euch – Jesus wird uns nach Hause holen!

Die Freude ist gross, weil sie wissen, dass Jesus sie nach Hause holen wird. Jesus hatte die Jünger nämlich mit dem Versprechen verlassen, dass er wiederkommen wird und sie in die Stadt holen, die er in der Zwischenzeit für sie vorbereitet. Er sagt den Jüngern: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich dann etwa zu euch gesagt, dass ich dorthin gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ Joh.14,2. Bestimmt hätte Jesus das nicht gesagt, wenn er das nicht auch tun würde, denn Jesus macht nie leere Versprechungen. Er fährt fort: „Und wenn ich einen Platz für euch vorbereitet habe, werde ich wieder kommen und euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“ Joh.14,3. Der Abschied von Jesus ist also kein endgültiger Abschied. Jesus wird wieder kommen und die Jünger wussten, dass sie dann in alle Ewigkeit mit Jesus zusammen bleiben werden. Übrigens ist das auch ein wichtiger Gedanke für uns, wenn wir uns von lieben Menschen verabschieden müssen und es für uns so endgültig scheint. Es ist nicht endgültig, deshalb schreibt Paulus den Christen: „Kommen wir nun zur Frage nach den Gläubigen, die schon gestorben sind. Es liegt uns sehr daran, Geschwister, dass ihr wisst, was mit ihnen geschehen wird, damit ihr nicht um sie trauert wie die Menschen, die keine Hoffnung haben.“ 1.Thess.4,13. Damit will Paulus nicht sagen, dass wir nicht traurig sein dürfen. Aber er macht die Christen darauf aufmerksam, dass die Trauer nicht bodenlos sein muss, sondern dass wir eine handfeste Hoffnung haben. Die Hoffnung, dass der Tag kommen wird, an dem wir uns mit und bei Jesus treffen werden. „Dann werden wir alle für immer bei Jesus sein.“ 1.Thess.4,17. Wir sollen wissen, dass Jesus uns nach Hause holen wird und alle Christen für immer bei Jesus sein werden. Es gibt also unter Christen keine endgültigen Abschiede. Jeder Abschied unter Christen ist immer nur vorläufig. Jesus wird wieder kommen und uns zu sich holen. Deshalb sagten Engelsgestalten den Jünger, als sie noch zum Himmel schauten, ob sie Jesus noch irgendwo sehen könnten: „Ihr Männer von Galiläa, warum steht ihr hier und starrt zum Himmel hinauf? Dieser Jesus, der aus eurer Mitte in den Himmel genommen worden ist, wird wiederkommen, und zwar auf dieselbe Weise, wie ihr ihn habt gehen sehen.“ Apg.1,11. Auf diesen einzigartigen Tag warten wir Christen, denn wenn Jesus kommt, haben wir unser Ziel endgültig erreicht. Dann wird sichtbar werden, dass wir Kinder Gottes sind. Johannes schreibt: „Ja, liebe Freunde, wir sind Gottes Kinder, wir sind es hier und heute. Und das ist erst der Anfang! Was darin alles eingeschlossen ist, ist uns vorläufig noch nicht enthüllt. Doch eines wissen wir: Wenn Jesus in seiner Herrlichkeit erscheint, werden wir ihm gleich sein; denn dann werden wir ihn so sehen, wie er wirklich ist.“ 1.Joh.3,2. Freue Dich – Jesus wird uns nach Hause holen!

Schlussgedanke

Der Abschied von Jesus löste bei den Jüngern grosse Freude aus. Wir können diese Freude mit den Jüngern teilen, denn das, worüber sie sich freuten, gilt heute wie damals. Und wir warten auf den Tag, da Jesus kommt. Paulus schreibt: „Wir sind Bürger des Himmels, und vom Himmel her erwarten wir auch unseren Retter – Jesus Christus, den Herrn. Er wird unseren unvollkommenen Körper umwandeln und wird ihn seinem eigenen Körper gleichmachen, der Gottes Herrlichkeit widerspiegelt. Er hat die Macht dazu, genauso, wie er auch die Macht hat, das ganze Universum seiner Herrschaft zu unterstellen.“ Phil.3,20-21