Einleitung: Die Zeit zwischen Ostern und Himmelfahrt und der Heilige Geist
Herr Präsident! Ja, wir befinden uns in einer Zeit zwischen Ostern und Himmelfahrt. Normalerweise predigen wir nicht jahreszeitlich, aber Jesus war in dieser Zeit nach seiner Auferstehung mit seinen Jüngern auf der Erde zusammen. Er hat viel mit ihnen über das Reich Gottes gesprochen, wie es zu Beginn der Apostelgeschichte steht. Unter anderem hat er auch noch einmal mit ihnen über den Heiligen Geist geredet.
Der Heilige Geist ist ein spannendes Thema. Wir sprechen nicht so häufig von ihm, wahrscheinlich weil wir von manchen Gemeinderichtungen, die sehr viel über ihn reden, ein wenig abgeschreckt sind. Aber ab und zu sollte man mal über den Heiligen Geist sprechen. Deshalb kommt der Heilige Geist heute in der Predigt vor.
Ich möchte mit Ihnen noch einmal ein letztes Mal zurückgehen nach Kreta, in den Titusbrief. Zur Erinnerung: In Kreta waren offensichtlich Menschen in verschiedenen Städten zum Glauben gekommen. Gemeinden waren entstanden, junge Gemeinden, die wahrscheinlich hauptsächlich aus jungen Gläubigen bestanden. Diese mussten viel lernen. Dabei ging es in vielen Punkten nicht so sehr um Theologie, sondern vor allem um praktisches Leben – wie man als Christ lebt.
Die kretische Gesellschaft funktionierte ganz anders, als Gott sich das Leben und den Umgang von Christen miteinander und mit anderen Leuten vorstellte. Das war ein ganz krasser Einschnitt für sie. Wahrscheinlich war es für viele von Ihnen ein noch krasserer Einschnitt, als Sie zum Herrn gekommen sind. Manche kommen aus einem gläubigen Elternhaus. Für sie war das familiäre Umfeld kein so großer Einschnitt. Andere kommen aus gutbürgerlichen Familien, und vielleicht ist es dann auch manchmal schwer zu sagen, was der Unterschied zwischen vorher und nachher ist.
Für manche von Ihnen war es natürlich auch ein krasser Einschnitt. Sie mussten viel überlegen und viel lernen, wie man jetzt eigentlich als Christ lebt. In Kreta war es für die meisten Menschen schon ein heftiger Einschnitt.
Die Herausforderung der kretischen Gesellschaft und die Forderung zu gutem Leben
Nochmal zurück zu Titus 1,12: Diesen Vers sollte man sich immer wieder vor Augen halten, wenn man den Brief liest und über die damalige Kultur nachdenkt. Paulus bestätigt hier die Aussage eines kretischen Philosophen und Propheten, der gesagt hat: "Kreter sind immer Lügner." Das bedeutet, dass man sich bei ihnen nie darauf verlassen kann, ob sie gerade die Wahrheit sagen. Sie neigen dazu, zu lügen, wenn es zu ihrem Vorteil ist.
Paulus verwendet ein Bild: Kreter sind wie böse Wildtiere. Das heißt, sie sind sehr impulsiv, manchmal brutal und einfach instinktgetrieben. Genau das möchte Paulus mit diesem Bild ausdrücken. Wenn du einen Kreter kritisierst, solltest du aufpassen, was als Nächstes passiert. Am besten hast du eine schusssichere Weste dabei. Sie handeln sehr instinktiv und impulsiv, was den Umgang mit ihnen in der Gemeinde erschwert. Und diese Verhaltensweisen legt man wahrscheinlich nicht von einem Moment auf den anderen ab.
Zusätzlich sagt Paulus noch, dass Kreter faule Bäuche sind. Das bedeutet, sie sind schwer zu motivieren, etwas zu tun, das nicht direkt zu ihrem eigenen Vorteil ist. Aus solchen Leuten soll, schreibt Titus, ein Eigentumsvolk Gottes werden (Titus 2). Sie sollen sich als das Volk verstehen, das Gott sich ausgewählt hat.
Im Titusbrief geht es viel um gute Werke. Wenn man den sozialen Hintergrund betrachtet, ist es beeindruckend, dass Paulus sagt, diese Menschen sollen lernen, gute Werke zu tun. Bisher waren sie faul und impulsgetrieben, jetzt sollen sie lernen, gute Werke zu tun. Paulus macht deutlich, dass gute Werke ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Lebens sind. Das geschieht nicht einfach so von selbst.
In diesem Brief schreibt Paulus ihnen sehr viel darüber, was sie tun sollen. Man denkt sich: "Ja, jetzt tut einfach mal." Es ist so einfach, anders zu leben, als man aufgewachsen ist, anders als die bisherigen Freunde leben, anders als es bequem oder gewohnt ist. Es ist wirklich so einfach.
Darum kommt jetzt der Höhepunkt des Titusbriefs.
Der Höhepunkt im Titusbrief: Rückblick und die Botschaft der Veränderung
In Kapitel 3 finden wir tatsächlich eines der beiden Höhepunkte im Titusbrief. Das erste hatten wir bereits am Ende von Kapitel 2 besprochen. Dort geht es darum, so zu leben, weil Gott sich ein Eigentumsvolk erwählt hat, das er vor sich stellen möchte und auf das er stolz sein will. Dieser Abschnitt ist eindrucksvoll, besonders Titus 2,11.
Allerdings ist dieser Teil eher ein Einschub. Paulus erklärt, was verschiedene Gruppen in der Gemeinde lernen sollen: alte Männer, alte Frauen, junge Frauen, junge Männer, Arbeitnehmer und grundsätzlich alle Christen in der Gesellschaft.
Das eigentliche Highlight hat Paulus sich bis fast zum Schluss aufgehoben. Es wird die letzte Predigt über den Titusbrief sein, da alles, was danach folgt, bereits in einer der vorherigen Predigten angesprochen wurde.
Zum Schluss kommt also der Höhepunkt in Titus 3, Vers 3. Heute betrachten wir insgesamt bis Vers 7. Paulus blickt in Titus 3 zurück und sagt: „Denn einst waren auch wir…“ Das ist ein verblüffender Anfang für diesen Abschnitt.
Man würde eigentlich erwarten, dass Paulus sagt: „Früher waren die Kreter so.“ Offiziell schreibt er an Titus, aber inoffiziell merkt man, dass er davon ausgeht, dass der Brief von der ganzen Gemeinde gelesen oder vorgelesen wird.
Deshalb hätte ich erwartet, dass Paulus sagt: „Gott erwartet von einem Christen viel, und das ist schwierig, weil ihr früher völlig anders wart.“ Stattdessen schreibt er: „Einst waren auch wir alle völlig anders.“
Natürlich ist dieses „wir“ ein allgemeines „wir“ und soll einfach nett klingen. Wir waren alle Sünder, und bei manchen – wie bei euch – merkt man es stärker als bei anderen – wie bei uns.
Doch ein bisschen ist es auch autobiographisch. Ich glaube, Paulus hat sich und Titus bewusst in dieses „Einst waren auch wir“ eingeschlossen. Er hat zurückgeschaut auf sein Leben und gesagt: „Ja, einst waren auch wir so – nicht nur ihr, nicht nur die Kreter, sondern wir.“
Die Beschreibung des alten Lebens: Ungehorsam und Irrweg
Am Anfang wollen wir über Vers drei sprechen. Lest ihn einfach einmal vor:
Denn einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend.
Wenn ihr jetzt gut zugehört habt, habt ihr vielleicht bemerkt, dass ich zwei kleine Pausen gemacht habe. Ich möchte diesen Vers in drei Blöcke aufteilen.
Was sagt Paulus über sich selbst? Was sagt er über uns alle? Der erste Block besteht aus drei Worten: „Denn einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam.“ Das ist die Wurzel, warum wir so waren. Letzten Endes heißt das, wir waren, in meiner Übersetzung, „irregehend“ – wir sind einfach in die falsche Richtung gelaufen.
Ich glaube, Paulus denkt dabei sehr stark auch an sich selbst. Ich möchte zwei Verse aus der Apostelgeschichte kurz mit euch lesen, in denen er über sich selbst spricht.
In Apostelgeschichte 22,4 spricht er über die Christen, die er verfolgt hat. Er sagt: „Diesen Weg, den diese Christen gegangen sind, habe ich verfolgt bis zum Tod. Ich habe sowohl Männer als auch Frauen gebunden und in Gefängnisse überliefert.“ Ich reiße das aus dem Zusammenhang, weil ich nicht zu lange in der Apostelgeschichte bleiben möchte.
Wenn er Jahrzehnte später auf diese Zeit zurückblickt, wundert es uns nicht, dass er sagt, wir waren irregehend. Er war so verbissen, dass er Christen verfolgte, sie verhaftete und ins Gefängnis brachte. Er verfolgte dieses Christentum bis zum Tod – nicht seinen eigenen Tod, sondern den der Christen.
Er sagt: „Wir alle waren irregehend“, und er konnte das wirklich von Herzen sagen. Er schloss sich selbst mit ein: „Ich bin persönlich auf einem völlig falschen Weg unterwegs gewesen.“
Eine andere Stelle dazu, sehr ähnlich, finden wir in Apostelgeschichte 26,9: „Ich meinte bei mir selbst, gegen den Namen Jesu des Nazareners viel Feindseliges tun zu müssen. Was ich auch in Jerusalem getan habe. Viele der Heiligen habe ich in Gefängnisse eingeschlossen, nachdem ich von den Hohenpriestern die Vollmacht empfangen hatte. Wenn sie umgebracht wurden, gab ich meine Stimme dazu. In allen Synagogen habe ich sie oftmals bestraft, gezwungen, zu lästern, und übermäßig gegen sie rasend, verfolgte ich sie sogar bis in ausländische Städte.“
Das ist krass, oder? Er hat die Christen verhaftet. Er sagt, wenn eine Verhandlung war, bei der sie zum Tode verurteilt werden sollten, dann hat er dafür gestimmt. Ihr kennt sicher die Geschichte mit Stephanus. Diese Szene saß tief in ihm. Das sehen wir oft in seinen Briefen. Es hat ihn nicht losgelassen, was er erlebt hat – wahrscheinlich auch viele andere ähnliche Szenen.
Er sagt außerdem, er habe die Christen dazu gezwungen, Jesus zu lästern. Das ist heftig.
Hier schreibt Paulus: „Auch wir waren irregehend“, und er kann das von Herzen sagen.
Aber was ist die Wurzel davon? Es ist spannend, die zwei Vokabeln davor anzuschauen. Lest sie mal in meiner Übersetzung: „Denn einst waren auch wir unverständlich, ungehorsam.“ Warum waren wir irregehend? Weil wir unverständlich und ungehorsam waren.
Darüber solltet ihr mal nachdenken. Eigentlich ist das Quatsch, oder? Entweder ich verstehe etwas nicht oder ich gehorche nicht. Ich kann nicht unverständlich sein. Entweder ich verstehe es nicht und mache Mist, oder ich habe verstanden, was Gott von mir will, und bin ihm ungehorsam.
Aber ich glaube, Paulus macht das ganz bewusst so, weil das die Realität ist. Zumindest bei ein bisschen religiösen Menschen, die überhaupt nach Gott fragen, und bei Leuten aus einem christlichen Hintergrund. Manchmal ist das auch bei Kindern gegenüber ihren Eltern so.
Manchmal ist man ungehorsam und stellt sich innerlich einfach auf den Standpunkt: „Das habe ich nicht verstanden.“ In Wirklichkeit heißt das aber: „Ich will es nicht verstehen.“ Man verdrängt, was man eigentlich verstanden hat, und tut so, als würde man nicht kapieren, was Gott von einem will und was richtig ist. Oder als Kinder, was die Eltern von einem wollen.
Man stellt sich also auf den Standpunkt: „Das habe ich nicht verstanden.“ Das ist genau die Realität. Es ist kein Entweder-oder, sondern ein Verdrängungsmechanismus. Eigentlich bin ich ungehorsam, aber ich stelle mich so, als hätte ich es nicht verstanden.
Das ist ganz typisch. Paulus sagt: So waren wir, so war ich. Ich habe es einfach verdrängt. Ich hätte es verstehen können, dass die Christen Recht hatten – jetzt als sein persönliches Beispiel.
Wahrscheinlich geht es euch in vielen Dingen auch so: unverständlich, aber eigentlich ungehorsam und irregehend. Das war unsere Vergangenheit.
Paulus sagt: Es war meine Vergangenheit, es war die Vergangenheit von Titus in seiner Geschichte, und es war die Vergangenheit der Geschwister auf Kreta, denen wir all diese Dinge beibringen, die wichtig sind.
Wir kommen aus dieser Vergangenheit.
Die Knechtschaft der Begierden und die zerstörerische Kraft von Neid und Hass
Der erste Punkt, den er über sein Leben und unser Leben schreibt, ist grundlegend. Der zweite Punkt ist, dass wir mancherlei Begierden und Vergnügungen dienten. Das bedeutet, wir hatten Lust auf Dinge, wollten Ziele erreichen und hatten Wünsche – all das prägte unser altes Leben.
Das ist besonders spannend, weil Paulus das ganz normale griechische Wort „dienen“ verwendet. Dieses Wort hat im Griechischen eine breite Bedeutungsspanne. Es kann einen Diener bezeichnen, der freiwillig dient, aber auch jemanden, der versklavt ist und etwas tun muss, das er vielleicht gar nicht freiwillig tut. Diese Bandbreite steckt in dem Wort.
Ich glaube, Paulus setzt es hier ganz bewusst ein: Wir dienten unseren Begierden und Vergnügungen. Manchmal taten wir das einfach, weil wir Lust darauf hatten. Manchmal aber fühlten wir uns so sehr davon gefangen, dass wir den Eindruck hatten, wir könnten gar nicht mehr anders. Wir waren versklavt von unseren sündigen Gewohnheiten.
Dir ist es wahrscheinlich ähnlich ergangen, den Kretern, denen Paulus etwas beibringen wollte, auch. So ging es mir selbst auch. Wir dienten – und manchmal waren wir versklavt – diesen Wünschen und Vergnügungen, diesen Begierden, die wir eigentlich wollten, auch wenn wir sie uns manchmal selbst nicht eingestanden haben.
Es gibt viele verschiedene Bereiche. Wenn man in die Welt schaut, spielt die Sehnsucht nach Freiheit und Verantwortungsfreiheit eine große Rolle. Der Wunsch, verantwortungslos zu leben, besonders im Umgang mit Sexualität. Viele wünschen sich, reich zu sein, um ihre Vergnügungen finanzieren zu können und sich um nichts kümmern zu müssen.
Wie viele Menschen träumen vom großen Lotteriegewinn, damit sie nie mehr arbeiten müssen! Wie viele träumen von einem neuen Partner, um sich nicht mehr um den alten oder die Kinder kümmern zu müssen? Es ist die Sehnsucht, keine Verantwortung zu haben, alles tun zu können, was man will, ohne Einschränkungen.
Ich weiß nicht, wie stark diese Sehnsucht Paulus beschäftigt hat. Immerhin sagt er im Römerbrief Kapitel sieben, dass er nichts von bestimmten Begierden gewusst hätte, wenn nicht die Zehn Gebote gesagt hätten: „Du sollst nicht begehren.“ Diese Sehnsucht, alles frei ausleben zu können, was die Instinkte einem vorgaukeln, war ein großes Thema, besonders bei den Kretern, bei denen die Instinkte so stark betont wurden.
Es gibt aber auch andere Bereiche und Menschen. Manche sehnen sich nicht nach Verantwortungsfreiheit, sondern nach Verantwortung – zum Beispiel im Beruf. Viele suchen ihre Erfüllung im Beruf, weil sie dort Anerkennung finden.
Ich finde es oft lustig, wie oft von Personalverantwortung gesprochen wird. Manchmal frage ich mich, wie viele Chefs wirklich diesen Posten wollen, aber nicht wirklich Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen – als Menschen, als Personen.
Manche träumen von Verantwortungsfreiheit, andere von Verantwortung. Dabei sind sie oft gar nicht bereit, wirklich Verantwortung zu tragen. Es geht um die Sehnsucht nach Macht und Anerkennung.
Was für Paulus persönlich wahrscheinlich das größte Problem war, was für ihn Begierden und Vergnügungen bedeutete, war seine tiefe Verwurzelung im Recht-haben-Wollen. Dieses Bedürfnis, am Ende derjenige zu sein, der Recht hat, diese Selbstbestätigung.
Ich glaube, genau das hat ihn dazu getrieben, mit solcher Vehemenz Christen zu verfolgen. Sie stellten ihn in Frage. Sie stellten in Frage, wie er mit Gott lebte. Irgendwie sah er bei ihnen Menschen, die wirklich eine Beziehung zu Gott hatten – auf eine Weise, die er nicht kannte.
Er hat den Stephanus gesehen, der im Vertrauen auf Gott in den Tod gehen konnte und dann auch noch sagte, er sehe den Himmel geöffnet und Jesus zur Rechten Gottes stehen. Für Paulus war das nicht nur Gotteslästerung. Es war etwas, das ihn zutiefst getroffen hat, weil es ihn in seiner ganzen bisherigen Religiosität infrage stellte.
Er sagt, dass ihn diese Sucht, Recht zu haben und bestätigt zu werden, angetrieben hat. Deshalb wollte er alles ausrotten, was ihn in Frage stellen konnte. Dieses Verhalten steckt, zumindest bei Männern, oft tief drin – bei mir zum Beispiel. Ich weiß nicht, wie es bei Frauen ist, aber da läuft es wahrscheinlich auf einer anderen Ebene ab.
Paulus sagt: Wir waren getrieben. Manchmal dienten wir freiwillig, manchmal nicht mehr ganz freiwillig, unseren Begierden. Bei manchen war es die Begierde nach Freiheit, alles ausleben zu können. Bei anderen die Sehnsucht nach Anerkennung. Und bei manchen die Begierde, Recht zu haben und bestätigt zu werden.
Das war ein wesentlicher Teil unseres Lebens und Denkens – egal, wie stark wir das nach außen zeigten oder nicht.
Der dritte Punkt, den Paulus nennt, ist, dass wir unser Leben in Bosheit und Neid führten. Wir waren verhasst untereinander und hassten einander. Bei mir persönlich führte das dazu, dass ich Bosheit gegenüber einer bestimmten Gruppe von Menschen lebte. Die Ursache war letztlich Neid, weil sie etwas hatten, das ich nicht hatte.
Das führte dazu, dass ich andere hasste, weil ich neidisch war. Und dass sie mich hassten? Vielleicht haben sie so geglaubt und so geliebt, dass sie mich nicht gehasst haben. Aber andere hätten mich gehasst.
Paulus sagt, das prägt unsere Gesellschaft. Neid ist oft die Wurzel für Bosheit, offen oder versteckt. Dann fangen wir an, Menschen zu hassen und ihnen Schlechtes zu wünschen. Wegen der Bosheiten, die wir ihnen antun, fangen sie an, uns zu hassen.
Wir erreichen unser Ziel nicht. Wir stecken in einer Sackgasse, weil die sozialen Beziehungen, die möglich wären, nicht funktionieren. Sie sind nicht locker, nicht offen und nicht von gegenseitiger Anerkennung und Wohlwollen geprägt, wie es eigentlich sein könnte.
So beschreibt Paulus die Gesellschaft, aus der wir kommen und in der wir leben. Er sagt, wir alle sind Menschen, die an vielen Stellen in die Irre gegangen sind, weil wir verdrängt und nicht gehorcht haben.
Wir alle haben ein Stück weit für unsere eigenen Bedürfnisse gelebt und versucht, uns auf Kosten anderer durchzusetzen. Wir alle waren in dem einen oder anderen Bereich neidgetrieben und haben dadurch Beziehungen oft offen, manchmal auch heimlich zerstört.
So sieht die Gesellschaft in den Augen Gottes aus. So beschreibt Paulus sie hier. Wir waren so. So sieht Gott die Gesellschaft – und zwar nicht nur die kretische, nicht nur Paulus persönlich.
Ich glaube, dieses „Wir“ steht hier, weil Gott sagt: Ein Stück weit ist die Gesellschaft so.
Gottes Reaktion: Zorn und zugleich Güte und Menschenliebe
Und was macht das mit Gott? Wie reagiert er darauf?
In Römer 1 heißt es: Der Zorn Gottes ist offenbart worden über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Ja, das macht ihn zornig, aber nicht nur. Das ist krass, oder? Gott ist zornig über das, was wir einander antun. Er sieht, dass ich jemandem etwas angetan habe, und es war böse. Deshalb ist er zornig. Aber was ernte ich dafür schon auf dieser Erde? Verhasst untereinander, Hass, dass Menschen mich ablehnen.
Dann kann Gott nicht mehr nur zornig sein, weil er sieht, in welche Sackgasse wir uns reinmanövriert haben. Und dann steht hier: „Als aber die Güte und Menschenliebe erschien.“ Wow, da sehen wir, wie Gott ist! Ein paar Worte weiter steht Vers 5: „Sondern nach seiner Barmherzigkeit, nach seinem Mitleid“ – so könnten wir es übersetzen – „hat er gehandelt.“ Die Güte Gottes, die Menschenliebe Gottes, das Mitleid Gottes, als er das alles gesehen hat, war stärker als sein Zorn und hat an vielen Stellen seinen Zorn überdeckt. Und das ist krass, oder?
Die Güte und Menschenliebe Gottes ist erschienen. Wo ist sie erschienen? Wir hatten das schon mal, glaube ich. Wo ist sie erschienen? Ja, sie ist natürlich erschienen, als er Jesus auf die Erde gesandt hat. Da hat man das gesehen. Natürlich ist sie erschienen, als Jesus ans Kreuz gegangen ist. Natürlich ist die Güte und Menschenliebe an verschiedenen Stellen in der Geschichte erschienen. Aber warum ist die Güte und Menschenliebe in deinem Leben erschienen? Wann hast du sie entdeckt? Vielleicht, als irgendein Christ in dein Umfeld gekommen ist. Vielleicht, als du zum ersten Mal mit dieser Botschaft konfrontiert wurdest. Vielleicht bei dem einen oder anderen auch, als er ganz für sich selbst zum ersten Mal irgendein christliches Buch oder sogar die Bibel aufgeschlagen hat.
Dass die Güte und Menschenliebe Gottes in deinem Leben erschienen und sichtbar geworden ist – nicht nur vor zweitausend Jahren, sondern in deiner Lebenszeit – ist etwas Besonderes. Und das ist cool, dass Gott nicht nur mit Zorn reagiert hat. Nicht nur auf die Gesellschaft, wie er uns persönlich einschätzt, tief in unserem Herzen, sondern dass er mit Güte und Menschenliebe reagiert hat. Und mit Mitleid.
Warum hat er so reagiert? Das steht hier auch. Als die Güte und Menschenliebe unseres Rettergottes erschien, rettete er uns. Zweimal steht hier dieses Wort. Er ist Gott der Retter, und er rettete uns. Das hat ihn getrieben.
Seine Güte, Menschenliebe und sein Mitleid sind tiefe Eigenschaften Gottes. Das führt dazu, dass ein Charakteristikum Gottes, das er mit seinem Namen verbindet, ist, dass er ein Gott ist, der Rettung ist und retten will.
Er will uns nicht nur irgendwann für den Himmel retten. Das will er auch. Er hat da einen Platz für uns, einen ganz besonderen Platz. Aber er hat gesehen, wie es in unserem Leben und in unserem sozialen Umfeld zugeht. Er hat es gesehen auf Kreta, er hat es gesehen im Leben von Paulus, und er hat es gesehen bei dir und bei mir. Und er wollte uns retten, auch schon von diesem Leben, wie wir es bisher geführt haben.
Die Rettung Gottes hat ganz verschiedene Dimensionen. Es ist nicht nur eine Rettung für die Ewigkeit. Es ist nicht nur eine Rettung, dass wir dann zu ihm gehören und vorher nicht, und dass wir jemanden haben, zu dem wir beten können. Sondern es ist auch eine Rettung, dass er möchte, dass wir anders leben können als vorher, weil er uns mit Mitleid begegnet ist, mit Güte und mit Menschenliebe.
Das ist die Botschaft des Titusbriefs: Wir können anders leben als in der Vergangenheit. Wir brauchen Gottes Barmherzigkeit und Gottes Mitgefühl.
Die Erneuerung durch den Heiligen Geist als Quelle der Rettung
Lassen wir die erste Hälfte von Vers 5 aus und lesen die zweite Hälfte: „Sondern nach seiner Barmherzigkeit rettet er uns durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes, den er reichlich über uns ausgegossen hat durch Jesus Christus, unseren Retter.“
Ja, Jesus hat uns juristisch gerettet. Natürlich, er ist für uns am Kreuz gestorben, hat für unsere Sünden bezahlt. Er hat unsere ganze Vergangenheit und auch die Sünden, die wir noch begehen werden, durchgestrichen. Er hat selbst die Strafe dafür getragen, und wir sind jetzt juristisch gerechtfertigt.
Wir werden in Vers 7 gleich noch einmal darauf zurückkommen. Jesus ist am Kreuz für uns gestorben. Irgendwann hat er Christen in unser Leben geschickt, und er hat uns gerettet. Wir gehören jetzt zu Gott, unsere Sünden sind bezahlt. Das ist die eine Seite der Rettung.
Aber wie hat er uns von unserem alten Leben gerettet? Wie hat er uns aus unseren Gewohnheiten befreit? Wie wird jemand gerettet aus dem sozialen Umfeld, in dem er immer gelebt hat? Wie will er die Kreter retten?
Hier steht es: Paulus schreibt das ganz am Höhepunkt seines Briefes – durch die Waschung der Wiedergeburt und die Erneuerung des Heiligen Geistes, den er reichlich über uns ausgegossen hat. Das ist der Grund, warum Gott uns seinen Heiligen Geist gegeben hat.
Wie er uns in dieser Beziehung retten will, das ist der Heilige Geist. Die vorrangige Aufgabe des Heiligen Geistes ist nicht, dass wir in anderen Sprachen reden. Ich hätte mir das vor zwei Wochen, also vor einer Woche, gewünscht. Dann wäre es nicht so kompliziert gewesen, und ich hätte einfach Arabisch predigen können. So muss ich Englisch predigen, was nicht meine Muttersprache ist, was extrem anstrengend ist. Und irgendjemand musste mich noch übersetzen, die Hälfte der Zeit war weg. Ihr wisst, es ist für mich schwierig, wenn die Hälfte der Zeit weg ist. Das hätte ich mir gewünscht.
Aber das ist nicht die vorrangige Aufgabe des Heiligen Geistes in unserem Leben. Seine Aufgabe ist es, uns ganz praktisch zu verändern – eine Waschung der Wiedergeburt, dass etwas neu wird, wie eine neue Geburt in unserem Leben.
Hier wird dieses Bild gebraucht: Erneuerung durch den Heiligen Geist, dass wirklich etwas neu wird, wiedergeboren und erneuert. Es ist eine Waschung, alte Dinge verschwinden, aber sie verschwinden hauptsächlich dadurch, dass etwas Neues entsteht. Das Neue, das der Heilige Geist bringt, verdrängt irgendwie die alten Gewohnheiten und Instinkte.
Das ist es, was der Heilige Geist in unserem Leben tut. Paulus sagt: Ihr habt euch viel geschrieben, was ihr tun sollt, wie ihr als Christen leben sollt. Und ihr wisst das nicht so einfach. Ihr könnt euch das vornehmen, und vielleicht schafft ihr es. Aber vielleicht habt ihr auch den Eindruck, dass ihr es nicht schafft.
Gott hat euch seinen Heiligen Geist gegeben, damit etwas Neues entsteht und das Alte verschwindet. Eine Wiedergeburt, neue Gewohnheiten – Dinge, die anders sind, und zwar nicht nur für einen Moment, sondern um anders zu bleiben. Altes wird weggespült. Eine neue Art, über andere zu denken, neue Prioritäten und Ziele verdrängen die alten Begierden und Sehnsüchte.
Paulus sagt, das tut der Heilige Geist, der reichlich über uns ausgegossen ist. Es ist ein Werk Jesu, dass er den Heiligen Geist über uns ausgegossen hat, um uns neu zu machen. Und das ist ein Bild, das Paulus hier gebraucht hat. Er schwelgt irgendwie in diesem Bild: die Wiedergeburt, die Erneuerung, reichlich ausgegossen.
Es ist das Bild vom Frühling. Wir kennen den Frühling hier nicht so, wie man ihn im Orient kennt. Natürlich kennen wir ihn auch. Bei uns ist es im Winter kalt, die Bäume verlieren ihre Blätter, alles wirkt ein bisschen trostlos, nichts blüht, die Natur bleibt sozusagen stehen.
Dann kommt der Frühling, und die Hauptsache beim Frühling bei uns ist, dass es wärmer wird. Die Bäume treiben wieder aus, das Gras wächst, die Blumen fangen an zu blühen – hauptsächlich ein Effekt des Temperaturunterschieds.
Im Orient ist es anders. Im Sommer verbrennt dort alles. Man kann die wunderbare Vielfalt der Brauntöne genießen. Das erholt sich auch im Herbst nicht wirklich, obwohl es kühler wird, aber es gibt immer noch zu wenig Wasser.
Der Haupteffekt des Frühlings im Orient ist, dass es im Winter anfängt zu regnen. Der wichtigste Unterschied ist nicht die Temperatur, sondern die Feuchtigkeit. Und das ist das Bild, das Paulus hier gebraucht, wenn er von Ausgießen redet.
Er sagt: Es ist, als wäre euer Leben zum Stillstand gekommen, alles tot in den Augen Gottes, alles irgendwie unschön, wenn ihr ehrlich zu euch selbst seid. Dann kommt Wasser, wie im Winter und am Anfang des Frühlings, Wasser auf die verbrannten Felder und Wiesen des Landes.
Dann gibt es eine Wiedergeburt der Natur in der Landschaft. Wir sagen das auch im Frühjahr bei uns, aber auch im Orient ist es so: Es gibt eine Wiedergeburt. Dort, wo nichts gewachsen ist, wächst plötzlich wieder etwas. Wo es trostlos war – ich sage das jetzt einfach mal aus meiner Sicht, weil es Wüstenliebhaber gibt – entsteht Leben.
Paulus verwendet genau dieses Bild. Er sagt: Jesus hat uns nicht nur juristisch gerettet und uns einen Platz im Himmel reserviert. Sondern dadurch, dass der Heilige Geist in unser Leben kommt, ist es wie Wasser auf dürres Land, und es entstehen wieder Dinge, die schön sind.
Wisst ihr, was so cool ist? Er sagt, Jesus, unser Retter, hat den Heiligen Geist reichlich über uns ausgegossen. Das ist, als wenn es monatelang trocken war und dann richtig regnet. Das ist das Bild, das er gebraucht hat. Und er sagt, da entsteht neues Leben.
Wir waren einst, sagt Paulus, und er zeichnet ein trostloses Bild. Zuvor hat er schon ein trostloses Bild im ersten Kapitel über die Kreter gezeichnet. Dann sagt er aber jetzt: Durch den Heiligen Geist, nicht durch eure Anstrengungen, nicht durch eure Verzweiflung oder Versuche, all das zu erfüllen, was ich euch schon gesagt habe, werdet ihr es letzten Endes schaffen.
Sondern der Heilige Geist kommt in euer Leben, und es gibt eine Wiedergeburt. Wiedergeburt heißt nicht nur, dass wir eine neue Natur haben, die einen Platz im Himmel hat. Wiedergeburt und Erneuerung durch den Heiligen Geist bedeutet auch, dass wir durch den Heiligen Geist ein anderes Leben führen können.
Neue Dinge entstehen in unserem Leben, die schön sind: Beziehungen, die schön sind, die nicht von Neid und Bosheit geprägt sind, Gedanken über andere, die schön sind – reichlich.
Die Zusammenarbeit mit dem Heiligen Geist im Alltag
Wie macht der Heilige Geist das? Irgendwann fällst du einfach um, und dann macht es bumm – und du bist neu. Oder so ähnlich. Einfach so ein plötzliches Erlebnis. Irgendwann bist du zu Hause, sitzt da, liest eine bestimmte Bibelstelle, es macht boing, und du bist ein anderer Mensch. Meistens nicht.
Der Heilige Geist versucht, mit uns zusammenzuarbeiten. Er versucht nicht einfach, Klick zu machen und bei uns einen Schalter umzulegen, sondern mit uns zu arbeiten und Stück für Stück Dinge zu verändern. Er versucht meistens eher, uns zu beeinflussen, als die Dinge für uns zu machen. Ich mache einfach ein paar Beispiele.
Wie macht er das? Zum Beispiel zeigt er uns unsere Zukunft. Er macht uns klar: Schau mal, du wirst irgendwann im Himmel sein. Du hast dort einen Platz, einen wichtigen Platz. Jetzt mach dir einfach mal klar, wie das sein wird, was das heißt und ob das nicht vielleicht Auswirkungen auf dein Denken jetzt haben könnte. Wo deine Prioritäten sind, was dir wichtig ist und was dann noch wichtig sein wird.
Der Heilige Geist versucht an dieser Stelle mit uns zu arbeiten, indem er uns an verschiedenen Stellen der Bibel unsere Zukunft vor Augen führt. Paulus betet im Epheserbrief am Anfang für die Epheser, dass Gott ihnen die Augen öffnet, damit sie sehen, was sie einmal sein werden.
Dann redet der Heilige Geist mit uns und versucht uns klarzumachen, was wir jetzt schon sind, nicht erst in der Zukunft: dass wir jetzt Kinder und Erben Gottes sind, dass wir jetzt Gott repräsentieren, dass er jetzt zu uns steht und sagt: Das ist mein Eigentumsvolk, das sind die Leute, die zu mir gehören.
Er möchte, dass das, was mit uns passiert, Einfluss hat auf unsere Sehnsüchte, auf unsere Gedanken, auf unseren Umgang miteinander. Das ist wieder etwas, womit der Heilige Geist mit uns arbeitet.
Natürlich korrigiert der Heilige Geist uns manchmal auch ganz spontan in unseren Gedanken. Wir finden den anderen gerade total blöd, weil wir ein bisschen neidisch sind, dass der im Mittelpunkt steht und wir nicht. Wenn wir ehrlich sind, ist das vielleicht Neid.
Und der Heilige Geist sagt dann einfach so im Kopf: Hast du einen Grund, neidisch zu sein? Schau mal, du würdest dir wünschen, dass ein paar Leute dich mehr wichtig nehmen. Warum gönnst du es deinem Bruder nicht? Er hat das nicht so oft, jetzt hat er es mal. Weißt du, so ein Korrektiv manchmal – das ist auch etwas, was der Heilige Geist tut, uns einfach ein bisschen die Perspektive zurechtrücken.
Dann zeigt er uns Stück für Stück, wie Gott ist. Das ist ja viel von dem, was er in der Bibel macht: Er zeigt uns, wie Gott ist, was für einen Charakter er hat, wie er denkt und wie er mit uns umgegangen ist oder jetzt umgeht.
Er möchte, dass uns das Stück für Stück verändert, dass wir merken, wie Gott ist, und dass das unser Denken beeinflusst. Das ist eine langfristige Prägung, die er bei uns versucht.
Aber wisst ihr, was das unterm Strich ist? Unterm Strich ist es kein Schlag, und wir sind ganz anders. Unterm Strich sind es ganz viele Kleinigkeiten. Und wisst ihr, wie man das nennt? Ganz viele Kleinigkeiten – das nennt man Leben.
Geh in die Natur und schau, was die Natur schön macht. Letzten Endes sind es ganz viele Kleinigkeiten: Hier eine Blume, da ein Vogel, der singt, dort ein Schmetterling. Einfach die Addition von ganz vielen Kleinigkeiten, die durch das Wasser ermöglicht werden.
Und das ist es, was der Heilige Geist tut: ganz, ganz viele kleine Dinge in unserem Leben, in unseren Gedanken, die er uns beibringt. Bei jedem anders, so wie jeder von uns anders lebt, anders ist und anders tickt. So tut es der Heilige Geist auch in jedem von uns ein Stück anders.
Und das nennt man Leben. Und das ist das, was Jesus uns gibt, indem er den Heiligen Geist reichlich über uns ausgegossen hat. Er gibt uns eine positive Entwicklung, er macht uns lebendig für Gott.
Die doppelte Dimension der Rettung durch Jesus Christus
Gott will uns nicht nur im Himmel haben. Ja, Jesus hat uns durch seine Gnade gerechtfertigt. In Vers 5 am Anfang wird deutlich, dass wir nicht durch unsere Werke errettet wurden, die wir in Gerechtigkeit vollbracht hätten. Es waren nicht unsere Werke, die uns retten konnten.
Paulus fasst das immer wieder zusammen. Er sieht diese juristische Errettung, wie wir vor Gott gerecht geworden sind. Gleichzeitig sieht er aber auch diese Errettung in unserem ganz praktischen Leben. Er bringt beides in diesem Abschnitt zusammen.
Wir konnten uns nicht selbst juristisch retten durch unsere Werke. Es wäre auch schade gewesen, wenn die Juden sich etwas darauf eingebildet hätten. Die Heiden hätten gesagt, wir hatten viel weniger Chancen, es war so schwierig, wir waren anders geprägt. Jesus hat es durch seinen Tod am Kreuz vollbracht, wie in Vers 7 beschrieben, damit wir gerechtfertigt durch seine Gnade sind. Er hat uns gerecht gemacht und zu Gott gebracht. Das ist die eine Seite.
Aber derselbe Jesus, der uns durch sein Werk am Kreuz gerechtfertigt hat und in den Augen Gottes gerecht gemacht hat – er hat gesagt, alle unsere Sünden sind bezahlt, wir sind jetzt gerecht – derselbe Jesus rettet uns auch von unserem alten Leben. Er tut das, indem er den Heiligen Geist reichlich über uns ausgegossen hat. Er rettet uns nicht nur für den Himmel, sondern auch aus der Sackgasse, in die wir uns selbst manövriert haben. Er macht uns rein, lebendig und fruchtbar.
Das sind zwei Seiten seiner Rettung. Noch einmal in Vers 7: Damit wir gerechtfertigt durch seine Gnade erben würden nach der Hoffnung des ewigen Lebens. Auch hier sind diese beiden Seiten erkennbar. Wir sind Erben in Ewigkeit, Erben Gottes. Wir besitzen etwas, was Gott besitzt. Das ist keine bloße theoretische Glaubenslehre, die man auswendig lernen kann.
Der Heilige Geist zeigt dir, was das bedeutet. Er macht dir klar, was es heißt, Erbe Gottes, Sohn oder Tochter Gottes zu sein. Er macht diese Hoffnung lebendig. Er gibt dir einen Blick für die Ewigkeit und motiviert dich dadurch.
Man merkt, diese zwei Aspekte laufen immer zusammen: das, was Jesus objektiv getan hat, und wie der Heilige Geist uns lebendig machen und unser Leben verändern will. Der Heilige Geist will das in deinem Leben tun. Wenn du wirklich schon Jesus angehörst und zum Kreuz gekommen bist, dann will der Heilige Geist das in deinem Leben bewirken. Er möchte, dass du mit ihm zusammenarbeitest.
Das ist das Thema des Titusbriefs: Wie stellt sich Gott sein Eigentumsvolk vor? Wie kommen wir dahin? Was macht der Heilige Geist? Wir müssen mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten. Es gibt viele Befehle im Titusbrief. Paulus und Gott möchten, dass wir mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten, damit wir immer mehr dazu kommen, diese Befehle zu erfüllen.
Der Heilige Geist tut das nicht für uns allein, sonst könnten wir uns die ganzen Befehle sparen. Er tut es mit uns zusammen. Das ist die Botschaft. Für die Kreter war das eine krasse Botschaft, weil sie vorher ganz anders lebten und sich fragten, wie sie das jemals leben sollen.
Paulus sagt ihnen: Jesus als Retter hat den Heiligen Geist reichlich über dich ausgegossen. Er wird mit dir zusammenarbeiten, so wie nach und nach Gras, Blumen und neue Blätter im Frühling wachsen. So wird er das mit dir tun, wenn du mit ihm zusammenarbeitest.
Das ist die Verheißung des Titusbriefs. Vielleicht lest ihr den Brief irgendwann noch einmal – er ist ein cooler Brief. Bald ist Pfingsten, dann könnt ihr darüber nachdenken, wozu der Heilige Geist eigentlich gekommen ist. Der Heilige Geist ist ein richtig gutes Thema, über das wir ab und zu mal reden sollten. Amen.
