Einführung: Julio als Bild für die Spannung im Christenleben
Julio ist neun Jahre alt. Er hat große, dunkle Augen, und wenn er lacht – was nicht allzu oft vorkommt – sieht man den traurigen Rest seiner gelbbraunen Zähne. Julio ist Straßenkind in São Paulo. Seinen Lebensunterhalt verdient er durch kleinere Diebstähle. Wenn er Glück hat, findet er einen Platz zum Schlafen unter seiner Lieblingsbrücke. Hat er noch mehr Glück, schenkt ihm der Budenbesitzer an der Ecke abends, wenn er Schluss macht, einen Teller Feijoada, das ist Bohneneintopf. Doch so viel Glück hat Julio nicht oft.
Julio wird sterben. Er weiß noch nicht wann, aber er weiß, dass er keine Chance hat. Erst kommt die Armut, dann der Drogenkonsum, danach die Gewaltkriminalität – und am Ende eine Kugel, jemand, der ihm in den Schädel schießt. Er weiß noch nicht wie, aber er weiß es. Julio kennt niemanden, der diesem Teufelskreis entkommen ist. Am Ende seines verkorksten Lebens wartet grinsend der Tod.
Der Tag, an dem die Polizei Julio aufgreift und in ein Erziehungsheim steckt, wird sein Leben verändern. Denn am Abend dieses Tages wird Julio adoptiert. Er wird noch lange die Frage der Betreuerin in seinem Ohr hören, als sie ihn fragt: „Julio, unten steht ein Ehepaar, das dich gern adoptieren würde. Möchtest du das?“ Und genauso lange wird er daran denken, wie er ängstlich „Ja“ gesagt hat. Er wird an den Moment denken, als er zum ersten Mal seine neuen Eltern sieht und darauf wartet, dass die Formulare ausgefüllt werden. Man teilt ihm dann mit, dass er von nun an Julio Antonio de Assis heißen wird und Sohn des Barons und der Baronin.
Von nun an lebt er in einem Haus mit 32 Zimmern, eigenem Schwimmbad und einer Gartenanlage, die so groß ist, dass er anfangs Angst hat, allein darin spazieren zu gehen. Natürlich hat er sein eigenes Zimmer, bekommt Taschengeld und einen Hund. Innerhalb von 24 Stunden ist sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Als er nach seinem ersten Bad in einer Badewanne in seinem ersten eigenen Bett einschläft, kann er es vor Glück kaum fassen. „Ich bin adoptiert. Ich habe eine Familie.“ Da sind Menschen, die ihn lieben – ihn, den Straßenjungen.
Am nächsten Morgen wird er vom Hausmädchen geweckt, um zum Frühstück zu kommen. Sie hilft ihm dabei, in einen flauschigen Bademantel zu schlüpfen, führt ihn ins Frühstückszimmer an seinen Platz. Mit einem Mal hat Julio Angst. Er gehört jetzt zur Familie, aber er hat noch nie mit Messer und Gabel gegessen. Gerade als er darüber nachdenkt, ob man ihn wohl wieder ins Heim zurückbringen wird, spricht ihn sein Vater lächelnd an und sagt: „Tja, Julio, dann wollen wir dir mal zeigen, wie das mit Messer und Gabel funktioniert. Ich weiß, dass du noch viel zu lernen hast, aber hab keine Angst, wir schaffen das gemeinsam. Du gehörst jetzt zu uns.“
Julio ist erfunden, aber Julio steht für dich und Julio steht für mich. Julio ist ein Bild für jeden Christen, der in einer Spannung lebt – in der Spannung zwischen dem, was ist, zwischen meinem Sein auf der einen Seite und dem tatsächlichen Zustand meines Lebens. Deshalb hat diese Predigt den etwas länglichen Titel: „Die Spannung zwischen der Stellung in Christus und dem aktuellen Zustand meines geistlichen Lebens“ – oder auch: „Warum Julio es lernen muss, mit Messer und Gabel zu essen.“
Heute Morgen hat mich Paul noch auf ein Buch aufmerksam gemacht für die Freaks, die mehr lesen wollen: „Das normale Christenleben“ von Watchman Nee, ein Klassiker, wahrscheinlich schon wieder sechzig Jahre alt. Dieses Buch bringt den Punkt, den ich heute beleuchten möchte, noch viel genauer auf den Punkt.
Ich möchte drei Punkte herausarbeiten: Der erste Punkt heißt, diese Spannung zwischen Stellung und Zustand – also zwischen dem, was ich in Christus bin, und meinem Leben – die ist irgendwie hausgemacht. Das heißt, sie steckt schon im ganzen Konzept Gottes von Errettung drin. Das ist mein erster Punkt.
Der zweite Punkt wird sein: Ein klares Verständnis der Zusammenhänge zwischen Stellung und Zustand, also zwischen Sein und Leben, setzt voraus, dass man darüber nachdenkt. Wir werden merken, dass gerade dieses Thema ein Angriffspunkt für viele Angriffe des Teufels ist. Er möchte uns mit unserem Gefühl aufs Glatteis führen.
Der dritte Punkt: Am Ende werden wir einen tiefen Blick in unsere Stellung werfen, in das, was wir in Christus sind. Ich sage es mit meinen Worten, um unser Herz aufgehen zu lassen, wenn wir sehen, wie reich wir sind, wie bevorzugt wir sind und wie sicher wir sind. Ich denke, dass wir das immer wieder brauchen.
Die Spannung zwischen Stellung und Zustand als Grundkonzept der Errettung
Kommen wir zu unserem ersten Punkt. Die Überschrift lautet: Die Spannung zwischen Stellung und Zustand, zwischen Sein und Leben, zwischen dem, was ich in Christus bin, und dem, was sich davon im Alltag zeigt.
Diese Spannung ist hausgemacht. Sie steckt eigentlich schon im Gottesbild von der Errettung, im Evangelium selbst. Was meine ich damit? Wie funktioniert Errettung?
Errettung funktioniert so, dass du dich nicht selbst erretten kannst. Egal, was du machst, egal wie sehr du dich einsetzt, egal wie viel Disziplin du aufwendest oder welche Strapazen du bereit bist zu ertragen – es wird nie ausreichen. Letztlich ist das Evangelium die radikale Absage an jede Form von Selbsterlösungsstrategie oder Selbsterlösungsversuch.
Da gibt es verschiedene Ansätze: Die einen sagen, man müsse es über gute Werke schaffen, andere setzen eher auf Meditation und Beruhigung. Wieder andere meinen, Erziehung, Bildung oder gesellschaftlicher Fortschritt seien der Weg. Wenn ich all diese Möglichkeiten durchgehe und dann sage: „Nein, das ist alles nicht der Weg“, dann komme ich ans Evangelium heran.
Es gibt, denke ich, nicht wenige, die sagen: Das Evangelium, wenn man es so erzählt – Gott möchte dir ewiges Leben schenken –, ist eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Das ist wie über den Markt zu laufen, und jemand sagt: „Ich habe hier den modernsten MP3-Player, und ich schenke ihn dir.“ Du denkst: „Nein, da ist doch ein Haken, irgendwo muss ich unterschreiben.“ Doch nein, du bekommst ihn einfach geschenkt. Und wenn du für deine Freundin auch noch einen willst, hier, zwei! Das kann nicht sein! So gut kann es nicht sein, dass Gott mir einfach so vergibt. Das kann nicht wahr sein.
Und das ist natürlich auch nicht wahr. Gott vergibt dir nicht einfach so. Was Gott tut, ist etwas anderes: Er vergibt dem, der zerbricht, also der sich seiner eigenen Unfähigkeit bewusst wird und mit dieser Unfähigkeit zu Gott kommt. Er vergibt dem, der seine Sünde nicht länger zudeckt. Gott will keine Scheinheiligkeit. Er will, dass wir unsere Sünden bekennen. Natürlich will er auch, dass wir sie lassen, aber zuerst einmal, dass wir sie sehen und sagen: „Ja, so bin ich.“ Dass wir aufhören, uns selbst und anderen etwas vorzumachen.
Gott vergibt denen, die ihre ganze Hoffnung allein auf ihn setzen. Die aufhören, sich etwas einzubilden auf das, was sie selbst geschafft haben oder meinen, geschafft zu haben. Die letztlich nur daran interessiert sind, das zu bekommen, was Gott ihnen schenken möchte. Gott hat ein Herz für Schmuddelkinder.
Vor kurzem habe ich ein Buch gelesen: Das Evangelium für Schmuddelkinder. Es hat mir sehr gut gefallen. Falls jemand das sucht, hier eine Geschichte. Können wir mal gemeinsam aufschlagen? Seite 154 im Lukasevangelium, Kapitel 18, macht das deutlich.
Seite 154, Lukas 18: Dann wandte sich Jesus einigen Leuten zu, Vers 9. Lukas 18, Vers 9: „Dann wandte sich Jesus einigen Leuten zu, die voller Selbstvertrauen meinten, in Gottes Augen gerecht zu sein, und deshalb für die anderen nur Verachtung übrig hatten. Er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: Zwei Männer, ein Pharisäer und ein Zolleinnehmer, gingen zum Gebet in den Tempel. Der Pharisäer stellte sich hin und betete für sich: ‚Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen – all diese Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder wie dieser Zolleinnehmer dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von all meinen Einkünften.‘
Der Zolleinnehmer jedoch blieb weit entfernt stehen und wagte nicht einmal, zum Himmel aufzublicken. Er schlug sich an die Brust und sagte: ‚Gott, sei mir gnädig, ich bin ein Sünder.‘ Ich sage euch: Dieser Mann wurde von Gott als gerecht angesehen, der andere nicht. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird von Gott erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird von Gott erhöht werden.“
Der Zöllner war in den Augen der Gesellschaft damals ein Volksverräter, Abschaum, jemand, mit dem man sich nicht abgab und den man aus der Synagoge hinauswarf. Trotzdem verließ er den Tempel gerechtfertigt. Gerechtfertigt heißt: mit einer intakten Beziehung zu Gott. Seine Sünden sind tatsächlich vergeben.
Und warum? Weil er zerbricht, weil er seine Sünde bekennt und weil er ganz auf Gott hofft – und zwar mit seinem ganzen Menschsein. Da ist kein Trick dabei, keine Laune. Das ist nicht der Versuch, einfach nur ein Ticket für den Himmel abzustauben, so wie man im Radio anruft, wenn ein Song läuft, und vielleicht noch die Robbie-Williams-Tickets bekommt, die schon alle weg sind. Hier ist jemand, der die Gnade Gottes bekommen möchte und bereit ist, dafür das zu investieren, was Gott sehen möchte: ein zerbrochenes Herz.
Hier ist jemand, der an der Pforte, an dieser schmalen Pforte zum ewigen Leben anklopft und sagt: „Ich möchte rein.“
Die entscheidende Frage, die wir heutzutage selbst klären müssen und auch jedem stellen müssen, ist: Glaubst du an Jesus von Nazaret? Tust du das, was hier der Zöllner getan hat?
Wenn ich mir das Leben Jesu anschaue, dann stelle ich fest: Das Leben Jesu ist in seiner Gesamtheit ein Angebot – ein Angebot an Verlorene, die Rettung suchen. In Jesus ist einer aus der Ewigkeit in die Zeit hineingekommen, hat am menschlichen Leben Anteil genommen und hat in Wort und Tat einen Gott, den man nicht sehen kann, sichtbar gemacht.
Er hat hier auf dieser Erde gelebt, inmitten von Sünde seine Heiligkeit bewahrt, ist dann für die Sünden der Welt gestorben, wurde begraben, ist um seiner Treue und Gerechtigkeit willen wieder auferweckt worden und in den Himmel aufgefahren. Dort hat er den Ehrenplatz eingenommen. Das kennen wir alles.
Aber dieses ganze Leben ist in seiner Gesamtheit das Angebot Gottes für dich. Wenn du sagst, ich glaube an das, was Jesus getan hat – und zwar an den Jesus, wie er in der Bibel verkündet wird –, wenn du das für dich annimmst und sagst: Er ist nicht für sich gestorben, sondern für mich, und er hat Recht mit seinem „Du bist ein Sünder“, dann erlebst du einen Moment, der nicht stärker und nicht intensiver zum Ausdruck bringen könnte, welchen Kontrast es gibt.
Einerseits zwischen meinem Leben und andererseits zwischen meinem Sein in Christus. Denn in dem Moment, in dem ich mich bekehre und sage: „Ich möchte umkehren zu Gott“, stehe ich mit dem Maximum an Unreinheit und Unheiligkeit vor Gott und sage: „Hier, ich nehme ein ganzes Leben voller Schmutz und Dreck, bitteschön, das ist alles, was ich habe.“
Ich bin in dem Moment komplett unwürdig, Gott zu begegnen. Und Gott sagt: „Wunderschön, in diesem Moment hast du nichts und bist Dreck. Du bist wirklich der Wurm. Aber weil du das erkennst und zugibst, nehme ich dich an als mein Kind. Und obwohl du praktisch gesehen der Verlierer schlechthin bist, wasche ich dich in diesem Moment rein. Du bist mein Kind. Alles, was an Dreck an dir klebt, ist weg, und ich sehe dich, wie ich meinen geliebten Sohn, den Herrn Jesus selbst sehe.“
Im Moment meiner Bekehrung könnten mein tatsächliches Leben und das, was Gott in mir sieht, nicht weiter auseinanderliegen.
Jetzt haben wir uns bekehrt und haben das im Moment der Bekehrung auch akzeptiert. Nun fangen wir an, als Kinder Gottes zu leben. Wir leben hoffentlich ein bisschen richtiger als vorher. Und was passiert? Wir lassen diese Unstimmigkeit, diese Diskrepanz zwischen dem, was ich lebe, und dem, was ich in Christus bin, ein Stückchen aufeinander zugehen.
Wir werden hoffentlich weniger sündigen. Darüber werden wir reden. Aber die Spannung, die wir eigentlich am Anfang spüren müssten, wird sich nur ein Stückchen verringern.
Wir werden diese Spannung nie ganz auflösen. Das heißt: Solange wir hier auf der Erde leben, bis Jesus wiederkommt, wird es immer wieder sein, dass wir sündigen. Es wird immer wieder so sein, dass mich die Sünde stechen wird und mir zeigt, dass ich im Alltag noch nicht am Ziel angekommen bin. Dass ich das, was Gott in mir sieht und wozu er mich gemacht hat, noch nicht lebe.
Das, womit meine Errettung beginnt – mit dieser unglaublichen Tat Gottes, einen, der dreckig ist, für rein zu erklären –, das muss man sich vorstellen. Ihr kennt diese Ariel-Werbung, in der ein Kind reingerannt kommt, völlig schmuddelig vom Bolzplatz, mit Ei, Blut, Kakao oder so. Die Mutter nimmt das Kind und sagt: „Alles kein Problem, hier ist Ariel.“
So tut Gott es in diesem Moment. Er sieht mich wie ein dreckiges Stück T-Shirt und sagt: „Du bist rein.“ Er erklärt: „Ja, du bist rein.“
Diese Diskrepanz wird unser gesamtes geistliches Leben durchziehen – bis zu dem Moment, in dem der Herr Jesus wiederkommt und diese Spannung zwischen dem, was ich schon bin in Christus, und dem, was ich noch bin oder lebe im Alltag, auflösen wird.
Also: Schon in dem Moment, in dem wir das Evangelium akzeptieren, haben wir diese Spannung.
Die Bedeutung von Verstand und Gefühl im geistlichen Leben
Der zweite Punkt heißt: Ein klares Verständnis der Zusammenhänge zwischen Stellung und Zustand setzt voraus, dass wir länger darüber nachdenken. Das, was wir hier machen, ist nicht so simpel. Wenn ihr sagt, das ist mir ein bisschen zu theoretisch, verstehe ich das gut. Deshalb auch die lange Geschichte am Anfang. Wenn ihr euch nichts davon merkt, werdet ihr zumindest das mit Giulio verstehen.
Gerade dieses Thema ist besonders anfällig dafür, dass wir für wahr halten, was wir fühlen, und nicht, was unser Verstand begriffen hat. Lasst uns dazu 2. Korinther 5,17 lesen, Seite 335, und die Frage beantworten: Wenn Jesus in mein Leben hineingetreten ist, wenn ich mich bekehrt habe, was ist eigentlich neu geworden?
In 2. Korinther 5,17 heißt es: Wenn daher jemand in Christus ist, also diese Beziehung zu Jesus hat, gläubig ist, bekehrt ist, dann ist er eine neue Schöpfung. Was er früher war, ist vergangen, etwas Neues ist entstanden. Vielleicht geht es euch wie mir: Man liest das und denkt sich „Hm, und weiter?“ Aber das ist die Antwort darauf, was denn bitteschön neu geworden ist in meinem Leben.
Ich bekehre mich, und dann stelle ich fest: Eine Sache, die ich auf alle Fälle noch habe, ist mein alter Körper. Das scheint sich nicht geändert zu haben, zumindest im Moment nicht. Mit meinem Körper verbunden sind alte Denkgewohnheiten, vielleicht die eine oder andere Sucht, die man noch hat, oder bestimmte Verhaltensmuster, vielleicht auch Ängste.
Auch ein paar gute Sachen sind damit verbunden. Ja, wir haben auch Tugenden. Wir sind ja nicht nur irgendwie schlecht drauf, sondern haben auch durchaus Dinge, von denen wir sagen, die können so bleiben, wie sie sind. Das heißt, obwohl das Wort Gottes sagt, alles ist neu, fühle ich mich im Moment meiner Bekehrung noch ziemlich alt.
Jetzt wirst du sagen: „Aber ich habe mich gut gefühlt. Ich habe das Gefühl, dass die Last der Sünde abgefallen ist.“ Und du schmunzelst oder stutzt schon ein bisschen. Manche fühlen das bei ihrer Bekehrung, dass sie sagen: „Ja, ich habe mich danach leichter und besser gefühlt.“ Aber wenn man ehrlich ist, das ist ja doch eher die Gefühlsebene.
Es kann sehr leicht passieren, dass man nach zwei, drei, fünf, zehn Monaten feststellt: „Na ja, jetzt fühle ich es nicht mehr. Und was ist denn jetzt mit meiner Bekehrung?“ Dann stellt man plötzlich fest: „Wir sündigen ja noch, ich sündige noch.“ Und manche sind dann ein Stück weit von Christen einfach enttäuscht.
Jetzt möchte ich sagen, was eigentlich Sache ist. Ich fange mit einem Punkt an, den man wahrscheinlich in jeder Predigt bringen könnte, weil er so wichtig ist, dass man ihn mit einem Satz in jede Predigt einbauen kann. Dieser Punkt lautet: Die Bibel legt sehr viel Wert auf den Verstand, auf das Verstehen. In geistlichen Fragen ist das Gefühl nur ganz gering hilfreich, wirklich. Es ist wechselhaft.
Die biblische Reihenfolge ist, dass der Verstand unseren Willen prägt und der Wille tut, was das Wort Gottes sagt. Kennt ihr diese kleinen Wackelenten, die Kinder hinter sich herziehen? Das ist so das Gefühl. Das Gefühl wackelt immer hinterher, was ich gerade tue. So funktioniert Gefühl.
Liebet eure Feinde! Du wartest darauf, bis du ein gutes Gefühl deinem Feind gegenüber hast? Das wird nicht passieren. Andersrum: Du fängst an, ihn zu lieben, ganz praktisch, und plötzlich stellst du fest, so schlimm ist er eigentlich gar nicht. Er muss ja nicht gleich der böseste Feind sein. Es reicht schon der Arbeitskollege, der dich sonst immer so ein bisschen mürrisch anschaut.
Und wenn du ihm den dritten Kaffee ausgegeben hast, hast du vielleicht ein gutes Gefühl ihm gegenüber. Verstand, Wille, Gefühl. Die Gefahr ist, dass wir glauben, was wir fühlen, und nicht, was im Wort Gottes steht. Das ist eine große Gefahr, die unser ganzes Leben durcheinanderwirbeln kann, gerade weil unsere Gefühle so empfänglich sind für alles Mögliche.
Moment: Rückenschmerzen und Verspannungen. Wenn ich morgens aufwache und mein Gefühl betrachte, weiß ich nicht, also mein Gefühl sagt: Ich möchte jetzt stille Zeit machen und aufstehen. Nein, ich möchte eigentlich gar nichts in dem Moment. Ja, ich möchte, dass diese blöden Schmerzen endlich weggehen. Das will ich. Und alles andere? Dafür fühle ich nichts.
Was heißt das jetzt? Kein Gefühl, keine stille Zeit? He, das ist wahrscheinlich nicht der Weg. Ihr versteht, worauf ich hinauswill: Der Verstand prägt den Willen, und der Wille tut, was richtig ist. Dann zottelt wie so die Klapperente hinterher auch irgendwann das Gefühl und sagt: Na ja, jetzt werde ich mich dem wohl doch mal anschließen, was die beiden da vorne beschlossen haben.
Denken wir kurz an Giulio. Giulio ist das Kind einer reichen Familie. Wenn wir seine Stellung in der Gesellschaft betrachten, dann ist er der – ja, wir würden sagen – der erbberechtigte Sohn eines Multimillionärs. Aber jetzt geht es darum, dass er das, was er ist, die Stellung, wie er sie hat, auch lebt.
Es reicht nicht, dass Giulio weiß, wer er ist, er muss es tatsächlich auch leben. Wenn er damit anfängt, wird es ihm passieren, dass ihm sein Gefühl oft einen Strich durch die Rechnung macht. Stellt euch Giulio vor, wie er morgens aufwacht und beim Öffnen der Augen das Gefühl hat: Das kann nicht wahr sein. Er schaut sich in seinem Zimmer um und sagt: Das muss ein Traum sein. Er zwickt sich immer mal wieder, ob das wirklich so ist.
Oder stellt euch vor, er geht mit seiner Mama einkaufen und begegnet einem Polizisten. Der Polizist war im Allgemeinen in seinem Leben nicht der Traum. Dem wollte man nicht begegnen, den wollte man nicht sehen. Jetzt sieht er ihn, und was passiert in dem Moment? Er spürt den Reflex, erstmal wegzulaufen, bis er dann feststellt: Halt, Halt, Halt, Halt, Halt. Immer mit der Ruhe! Hier ist Mama, da ist der Polizist, alles gut. Ich muss gar nicht weglaufen, ich habe ja nichts ausgefressen, es ist alles in Ordnung.
Oder stellen wir uns beim Essen vor, das mit Messer und Gabel hatten wir schon. Natürlich muss er lernen, dass es jeden Tag etwas Neues zu essen gibt. Er kommt an den Tisch und fängt vielleicht aus purer Gewohnheit wieder an, mit den Händen alles in sich hineinzuschaufeln, bis er merkt, das Gespräch wird ruhig, er schaut hoch, und dann lächeln ihn alle an und schweigen nur noch auf Messer und Gabel.
Er muss das lernen. Das Gefühl, diese alten Verhaltensweisen, werden immer wieder versuchen durchzubrechen. Und das Gleiche gilt auch für uns. Gott hat uns zu etwas ganz Neuem gemacht. Wie ein Blumentopf: Du bist ein Blumentopf, und Gott hat seinen Samen hineingesteckt – Leben, Potenz, Kraft, Kreativität. Da kann etwas rauskommen.
Jetzt ist es deine oder auch meine Aufgabe, hier, weil Gott Wachstum schenken möchte, weil Gott gießen möchte, weil Gott Licht sein will und Sonne, mich immer wieder so als Blumentopf ins Licht zu stellen. Ich soll es zulassen, dass ich begossen werde und einfach dafür sorgen, dass das, was an Potenz jetzt durch Gottes Handeln in mir drinsteckt, auch rauskommt.
Gott gibt mir seinen Heiligen Geist, und er gibt mir sein Wort. Er möchte jetzt, dass ich mein Denken auf der Grundlage von Gottes Wort neu prägen und verändern lasse. Er möchte, dass ich die Wahrheit, die ich erkenne, nicht nur leben will, sondern wirklich auch lebe. Und dass ich es ganz bewusst erlaube, dass mein Verstand meinen Willen prägt.
Wenn Gefühle kommen, die dem Wort Gottes widersprechen, dann soll ich sagen: Halt, ich weiß jetzt nicht, wo du herkommst, Gefühl, aber weißt du, lass uns Folgendes machen: Du gehst jetzt. Das ist nicht immer so einfach, aber man muss wirklich sagen: Halt, ich lasse nur die Gefühle zu, von denen ich weiß, sie sind wahr. Das ist mein Job.
Schlagen wir mal auf Römer 5,19, das steht hier in den kleinen Grünen, Seite 286. Dort heißt es: Genauso wie durch den Ungehorsam des einen Menschen alle zu Sündern wurden, so werden durch den Gehorsam des einen alle zu Gerechten.
Der eine Mensch ist Adam. Durch seinen Ungehorsam werden alle zu Sündern. Der andere ist Jesus. Er schafft die objektiven Voraussetzungen dafür, dass jeder gerechter werden kann, zu einem Gerechten werden kann.
Das heißt: Als ich geboren wurde, war ich ein Sünder. Ich habe nicht nur gesündigt, sondern ich hatte auch die Veranlagung dazu in mir. Ich war vielleicht kein richtig glücklicher Sünder. Ab und zu hat mich mein Gewissen so ein bisschen gezwickt und gezeigt, dass das so ganz richtig nicht sein kann.
Vielleicht warst du auch ein glücklicherer Sünder, keine Ahnung. Aber jeder hat so in seinem Leben seine persönlichen Dreckecken, da, wo man nicht so hingeschaut hat. Jetzt öffnet mir der Gehorsam Christi eine Tür. Durch den Gehorsam gibt es eine Chance, ein anderer zu werden, eine Tür für eine andere Existenz.
Vorher war ich Raupe, jetzt bin ich Schmetterling. Schluss mit Kohlblättern fressen, ich bin etwas anderes. In dem Moment, wo ich mein Leben mit Gott in Ordnung bringe, ändert sich alles ganz grundlegend. Ich gehöre jetzt zu Gottes Familie.
Wenn ich mein Menschsein betrachte, habe ich noch den alten Körper, das ist richtig. Aber mein Menschsein definiert sich nicht mehr von Adam her, sondern von Christus her. Ich gehöre jetzt familiär zu der Familie Gottes. Ich bin Schmetterling und nicht mehr Raupe.
Wenn ich ab und zu noch anfange, an Kohlblättern zu nagen, merke ich erstens, dass mir das gar nicht so schmeckt und dass irgendetwas faul ist. Es entspricht nicht mehr meiner Natur. Vorher war das normal, jetzt sind wir keine Sünder mehr. Ist das nicht toll?
Ich rede jetzt über unsere Stellung, nicht über das, was du lebst, sondern über das, was du bist. Gott sagt: Du bist kein Sünder mehr. Wenn du noch sündigst, tut mir das leid, aber du tust es nicht mehr aus Gewohnheit, aus der Natur heraus. Vielleicht noch aus Gewohnheit, aber nicht mehr aus der Natur heraus.
Du bist ein Gerechter, sagt Gott, jemand, der von Gott gerecht gemacht wurde. Wenn wir das einmal begriffen haben, dass Gott uns in der revidierten Elberfelder Bibel in die Stellung von Gerechten versetzt, dich mit deiner ganzen Ungerechtigkeit im Moment deiner Bekehrung annimmt und sagt: Von heute an bist du gerecht. Punkt.
Dann müssen wir zwei Dinge dabei lernen. Erstens: Du wirst niemals durch ein heiliges Leben irgendwie gerechter werden können, was deine Stellung betrifft. Egal wie heilig du lebst – dass du gerecht bist, dass du ein Gerechter bist, hängt in keinster Weise an dir.
Das hing nicht an dir, als du dich bekehrt hast, und es ist heute kein Stück anders. Du sollst gerecht leben, ich habe nichts dagegen. Aber denke keinen Millimeter oder keine Minute darüber nach, was du für ein toller Kerl oder eine tolle Kerlin bist.
Dass du gerecht bist, dass Gott sagt, du bist gerecht, hängt nicht an deinem Lebensstil, sondern daran, dass Gott dir die Gerechtigkeit Christi zurechnet. Es hängt, wie es im Text heißt, an dem Gehorsam des Einen. Er war gehorsam, und deswegen bist du ein Gerechter.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil viele neigen dazu, so nach dem Motto zu leben: „Okay, ich bin bekehrt, da hat Jesus viel mit zu tun, und jetzt bin ich gläubig, und jetzt muss ich alles selber tun.“ Unsinn! Du wirst niemals ein Gerechter dadurch, dass du gerecht lebst, sondern du bist ein Gerechter, weil Gott dich gerecht gemacht hat.
Zweitens: Weil Gott mich gerecht gemacht hat und die Macht der Sünde gebrochen hat – allein das wäre drei Predigten oder ein ganzes Wochenende wert, darüber nachzudenken, was das bedeutet –, fordert Gott dich jetzt auf und sagt: Erinnerst du dich noch an diese Dreckecken? Weißt du, lass uns doch mal reinschauen, wo da alles noch aufzuräumen ist.
Versteht ihr die Reihenfolge? Gott macht uns gerecht, und jetzt sollen wir unsere Dreckecken aufräumen. Im Bild des Schmetterlings: Aus der Raupe wird ein Schmetterling, und jetzt sagt man zu dem Schmetterling: Okay, Freund, jetzt kannst du fliegen lernen.
Ich habe noch nie in meinem Leben geflogen. Ja, das weiß ich. Schau mal, du hast ja diese großen Dinger am Rücken. Ja, die falten wir mal auf und lassen sie trocknen. Dann machen wir ganz vorsichtige kleine Flatterbewegungen. Wenn man das ein bisschen übt, kann man auch fliegen.
Ich schaffe das nie. Doch, komm, fang einfach mal an.
Im Alten Testament, ich lese das jetzt einfach mal vor, heißt es in Sprüche 4,18: Aber der Pfad der Gerechten ist wie das glänzende Morgenlicht; heller und heller erstrahlt es bis zur Tageshöhe.
Gott vergleicht hier den Gerechten mit der aufgehenden Sonne. Du sagst auch, wenn du morgens draußen bist – ich weiß nicht, wer von euch das manchmal macht –, wie die Sonne aufgeht. Jetzt muss man ja nicht mehr so früh aufstehen, bald geht es wieder.
Du hast dann so einen matten Schimmer und denkst dir: Na ja, noch nicht viel Sonne. So ist es in unserem Leben auch: Du bekehrst dich und siehst so einen matten Schimmer. Na ja, also viel Gerechtigkeit, praktische Gerechtigkeit, noch nicht.
Aber dahinter steckt eine Sonne. Gott hat dich zur Sonne gemacht. Jetzt geht es darum, dass du aufgehst und dass man das, was du bist, nämlich Sonne, sieht. Am Anfang ist es nur ein matter Glanz, und du denkst, das werde ich nie schaffen.
Nach ein paar Jahren sieht man vielleicht schon ein bisschen mehr. Wenn jemand zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre gläubig ist, wie sagt Volker das so schön? Fett schwimmt oben.
Wenn Gott dich zu einem Gerechten gemacht hat, wirst du gerecht leben. Es geht nicht anders. Es braucht seine Zeit. Aber es wird passieren, vielleicht nicht ohne Rückschläge, aber was viel wichtiger ist: definitiv auch nicht ohne Erfolge.
Die Sonne geht auf. Das ist das Bild für den Gerechten, Stück für Stück. Das ist der Unterschied. Wir strengen uns nicht an, aus dem Sünder irgendwie etwas Gutes herauszuholen, sondern wir lassen einfach das, was Gott an Potenzial in uns hineingesteckt hat, sich entwickeln. Stück für Stück folgen wir Gott.
Als ich das so aufgeschrieben habe, dachte ich mir: Wenn das das ganze Evangelium wäre, wenn Gott uns nur gerecht gemacht hätte vor ihm, dann würde es sich schon lohnen, dafür zu leben. Aber die Wahrheit ist noch eine ganz andere. Ich weiß nicht, ob ihr die Wahrheit fassen könnt. Ich weiß, dass ich sie noch nicht ganz gefasst habe.
Wer sitzt im Himmel? Jesus. Wer ist Jesus von seiner Natur her? Er ist Gott und Mensch. Jetzt schauen wir uns von Jesus die menschliche Seite an. Was für ein Mensch ist er?
Jesus ist der vollkommene verherrlichte Mensch, eigentlich Gottmensch. Ich lasse jetzt mal die göttliche Seite weg, weil die uns als Menschen nicht direkt betrifft. Er ist ein verherrlichter Mensch, der mit einem Auferstehungsleben, das nie wieder sterben wird, auf dem Ehrenplatz Gottes sitzt.
Jetzt sagt Gott Folgendes: Wenn du dich bekehrst, spreche ich dich nicht nur gerecht, sondern schenke dir das Auferstehungsleben Jesu Christi mit allen Segnungen, die dazugehören. Manches davon ist noch Verheißung, sprich Zukunft, weil wir hier auf der Erde leben und manches sich noch nicht realisieren lässt. Aber wir bekommen nicht weniger geschenkt, sagt die Schrift, als die Natur Jesu Christi.
Ich weiß nicht, ob ihr fassen könnt, was das bedeutet. Wir werden ein paar Punkte nachher noch ansprechen, wenn wir diesen näheren Blick machen. Du bekommst das Auferstehungsleben Jesu Christi in seiner umfassenden Form mit allen Segnungen geschenkt.
Gott hat es sich vorgenommen, dir so viel zu schenken, dass am Ende der Sohn im Himmel sitzt mit gleichgestalteten Brüdern und Schwestern. Das ist absolut Wahnsinn! Aus der Perspektive der Schöpfung heraus betrachtet, ist das der unschlagbare Hauptgewinn.
Im Moment ist das Einzige, was noch nicht verändert ist, unser Körper. Da warten wir noch auf die Erlösung, auf die Auferstehung. Das wird aber kommen. Solange das noch der Fall ist – auf der einen Seite unser Körper noch nicht verändert ist, auf der anderen Seite wir schon diese totale Fülle geschenkt bekommen haben – stecken wir noch in dieser Spannung, von der wir die ganze Zeit reden.
Hier bin ich mit alten Impulsen, dort das, was Gott sagt, dass ich bin. Die Bühne ist frei für einen Prozess, den wir Heiligung nennen. Heiligung heißt: Ich weiß, was richtig ist, und ich tue es. Manchmal tue ich es auch nicht, aber ich will versuchen, immer weniger das nicht zu tun.
Ich will versuchen, diese Spannung ein Stück weit aufzulösen, indem ich als Gerechter gerecht lebe, als Heiliger heilig lebe, als Geliebter liebe. Ich will einfach versuchen, das, was Gott in mich hineingelegt hat, in der Kraft des Heiligen Geistes unter der Leitung des Heiligen Geistes mit der Bibel in der Hand auszuleben.
Ich will kämpfen da, wo ich alte sündige Neigungen habe, wo diese Welt, in der ich lebe, mich versucht, wo der Teufel meine Gedankenwelt verdrehen will. Da werde ich mit der Bibel in der Hand kämpfen und sagen: Nein, das möchte ich nicht mehr.
Zum Schluss dieses Punktes möchte ich sagen: Wenn wir nach dem Gefühl leben, werden wir im Glaubensschiffbruch erleiden. Wenn du jemand bist, der nach dem Gefühl lebt, wirst du an der Stelle im Glaubensschiffbruch erleiden. Ich verspreche dir, dass dich jede einzelne Sünde runterzieht.
Immer wenn dich eine Sünde runterzieht und du niedergeschlagen bist über deinen Alltag, über deinen Lebensalltag, ist das ein Einfallstor für falsche Gedanken. Vor allem für Gedanken, die dir einreden wollen: Gott liebt mich nicht. Ich bin es nicht wert, mit Gott zu leben. Aus mir wird ja nie ein richtiger Christ. Was soll Gott mit mir schon anfangen?
Deshalb ist es so wichtig, dass wir verstehen, wer wir sind. Wenn wir es verstanden haben, sagen wir: Halleluja! Und wir leben es aus.
Die Fülle unserer Stellung in Christus: 20 Gründe zur Freude
Lasst uns abschließend als dritten Punkt einen tiefen Blick auf unsere Stellung in Christus werfen. Ich möchte zeigen, dass wir reich, bevorzugt und sicher sind. Dabei habe ich etwas völlig Verrücktes gemacht. Vielleicht haltet ihr mich wirklich für pläm pläm, wenn ihr das seht. Ich habe einfach mal meine Top 20 zusammengestellt – zwanzig Dinge, die mich begeistern.
Die Frage ist: Wer bin ich? Wie sieht unsere Stellung in Christus aus? Es sind Dinge, die mir niemand mehr nehmen kann, weil sie nicht an mir hängen, sondern an Jesus. Noch einmal: Diese Dinge kann mir niemand wegnehmen, weil sie an Jesus hängen und ich sie geschenkt bekommen habe, weil ich zu Jesus gehöre. Nicht, weil ich so klug, hübsch, intelligent, diszipliniert oder mutig bin, sondern weil diese Dinge Jesus gehören. Jesus hat gesagt: „Oh, du gehörst jetzt zu mir, das ist gut, dann schenke ich dir das.“
Meine Top 20 – die Reihenfolge ist nicht so wichtig. Ich habe sie nicht noch sortiert. Punkt eins und Punkt zwanzig sind also gleichwertig. Wenn ihr in eurer stillen Zeit mal nichts zu tun habt, lest das Neue Testament mit der Frage: Wer bin ich in Christus? Wenn du mit Minderwertigkeitskomplexen zu kämpfen hast und ständig denkst, du seist vor Gott nichts wert und er könne mit dir nichts anfangen, dann mach diese Studie. Lies die zwanzig Punkte jeden Tag durch und sag dir: „Boah, das bin ich alles in Gott.“
Ich kannte jeden einzelnen Punkt schon, habe sie aber am Freitagabend zusammengestellt und dann in meinen Rechner getippt: erstens, zweitens, drittens, viertens. Irgendwann musste ich aufstehen und rausgehen. Dabei hat es mich innerlich vor Begeisterung richtig geschüttelt. Ich dachte: „Wow, das war richtig gut!“ Und ich war noch lange nicht bei Punkt zwanzig, vielleicht bei Punkt fünfzehn. Es macht einfach Spaß zu sehen, wer wir in Christus sind. Diese Welt und unser Alltag zielen oft darauf ab, uns runterzuziehen, zu entmutigen und uns zu zeigen, was wir nicht schaffen, was wir nicht sind und wie groß der Unterschied zwischen Jesus und uns ist. Und jetzt komme ich und sage: Das bist du.
Erstens: Du bist ein Kind Gottes (Johannes 1,12). Im Himmel sitzt ein Vater, der dich liebt. Du bist Sohn oder Tochter Gottes. Wir gehören zu Gottes Familie. Das kannst du dir nicht erarbeiten. Du kannst überhaupt nichts tun. Gott sagt: „Ich will dich“ oder „Ich will dich nicht.“ Und Gott hat gesagt: „Wer glaubt, den will ich.“ Punkt.
Zweitens: Wir sind Freunde Jesu (Johannes 15,15). Das zeigt ein exklusives, intimes und persönliches Verhältnis zu ihm. Er vertraut uns Dinge und Gedanken an, die man nicht mit jedem teilt. An anderer Stelle heißt es sogar, dass wir ein Geist mit Gott sind. Das geht viel weiter, als Menschen normalerweise erwarten würden.
Drittens: Wir sind Erben Gottes und Miterben Christi (Römer 8,17). Diese Erde und das, was du hier hast, ist nur ein müder Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Ich kann dir nicht genau sagen, was Gott uns schenken wird. Ich schmunzle immer über den Koran an dieser Stelle. Dort sind die Vorstellungen vom Paradies oft auf Frauengeschichten, gutes Essen und vielleicht Faulenzen reduziert. Vergebt mir, das ist albern. Wenn Gott uns etwas schenkt, dann können wir sicher sein, dass es weit über das hinausgeht, was du dir heute vorstellen kannst. Du kannst ein bisschen träumen, aber wenn es Realität wird, ist dein Traum nicht einmal ein Prozent von dem, was kommt.
Viertens: Ich bin ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Korinther 6,19). Vielleicht denkt ihr: „Na sowas komisches, wer will denn schon im Tempel sein?“ Für uns klingt das Bild nicht prickelnd. Aber lasst mich es anders betrachten: Gott wohnt in dir. Du gehst durch Spandau, stehst in der Innenstadt und sagst: „Hier steht Gott.“ Nicht, dass du Gott bist, aber mit dir geht Gott mit. Du bist die Kontaktfläche zwischen Zeit und Ewigkeit. In dir kann diese Welt Gott sehen, hören und begegnen. Es gibt keinen Tempel in Jerusalem, zu dem man gehen könnte, um Gott zu sehen. Wenn jemand heute Gott begegnen möchte, muss er dir begegnen. Du bist der Tempel Gottes.
Und letztlich sind wir auch als Gemeinschaft ein Tempel Gottes, ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Korinther 3). Verstehst du, was das für eine Bestimmung ist? Ein Tempel ist etwas Wertvolles, Prunkvolles, wo Gott angebetet wird und man ihm begegnet. Und jetzt kommst du und sagst: „Bin ich das?“ Du hast dich nicht dazu gemacht, du bist es. Das ist deine Stellung in Christus.
Fünftens: Du bist ein Glied am Leib Christi (1. Korinther 12,27). Das heißt, du bist nicht nutzlos, du bist begabt und wirst gebraucht. Wir sind nur als Team unschlagbar.
Sechstens: Ich bin mit Gott versöhnt und sein Botschafter, Stichwort Salz und Licht. Du wirst nicht Salz und Licht, du bist Salz und Licht. Es ist mein absolutes Vorrecht, an der Verbreitung des Evangeliums Anteil zu haben. Ich habe das Evangelium in die Welt hinauszubringen. Es ist eine wunderbare Aufgabe, wenn du als Arzt Impfstoffe verteilst und Menschenleben rettest. Aber ihr habt etwas ganz anderes: den einen Impfstoff, der die eine Krankheit heilt, die alle Menschen befällt. Das Evangelium (2. Korinther 5,18-19). Du bist Botschafter Christi in einer verlorenen Welt. Keine Sünde, die du je begehst, kann das aufheben. Du bleibst es.
Siebtens: Ich bin ein Heiliger, ein Geheiligter (Epheser 1,1). Das ist ein Punkt, auf den ich heute noch einmal eingehen möchte. Du bist kein Heiliger, weil du so toll bist. Wenn du toll sein möchtest, wirst du das nicht schaffen. Praktische Heiligkeit deines Lebens wird dich niemals an den Punkt bringen, dass Gott zu dir sagt: „Du bist heilig.“ Du wirst immer zu kurz greifen, auch als Gläubiger. Aber Christus ist der Heilige, er hat alles richtig gemacht. Jetzt sagt Gott: „Diese Heiligkeit schenke ich dir. Lauf los und lebe heilig!“ Wir drehen das oft um und sagen: „Ich bin kein Heiliger, weil ich es nicht geschafft habe.“ Warum dieses blöde Denken? Du bist ein Heiliger, weil du die Heiligkeit Christi geschenkt bekommen hast.
Achtens: Nun das Ende aller Minderwertigkeitskomplexe und Versagensängste (Epheser 2,10). Hört euch das an: In Jesus Christus sind wir Gottes Meisterstück. Er hat uns geschaffen, damit wir gute Werke tun, die er für uns vorbereitet hat. Du bist Gottes Meisterstück. Gott hat dich gemacht, um gute Werke zu tun. Das wäre schon nett. Aber jetzt geht es weiter: Gott hat die Werke vorher vorbereitet. Wenn du sagst, „Ich schaffe das nicht, Gott will zu viel von mir“, halt, du brauchst nichts schaffen. Du musst nur die guten Werke finden, die Gott vorbereitet hat, und sie tun. Wenn du Angst hast und denkst, du bist nichts, dann: Du bist Gottes Meisterstück. Du brauchst nichts schaffen. Gott hat vorbereitet.
Neuntens: Ich bin Bürger des Himmels und habe auf der Erde nur einen Zweitwohnsitz (Philipper 3,20). Du gehörst nicht mehr hierher. Ist das nicht herrlich? Ich finde das toll, weil es die Perspektive meines Lebens darstellt. Leute, die von unten nach oben gucken, stehen auf der Erde, leben so. Aber wir können im Himmel leben. Du kannst sagen: „Ich bin hier nur zu Besuch, ein Fremdling auf der Durchreise.“ Das geht schnell vorbei und ist nicht wirklich wichtig. Ob ich hier alles mitnehme, was es gibt – selbst guten Rotwein – ist nicht der Punkt. Freu dich, wenn du guten Rotwein trinkst, genieße ihn. Aber wenn nicht, bleib cool. In 50 Jahren ist das vorbei, und dann wird es neue Rotweine geben. Natürlich, dann sind wir wieder bei Punkt drei, Erbe Gottes. Zweitwohnsitz, Perspektive: Du lebst schon im Himmel, du gehörst nicht mehr hierher, du bist Teil des Himmels. Diese Stellung kannst du dir nicht erarbeiten, du kannst sie nur geschenkt bekommen. Und warum? Weil Jesus im Himmel sitzt und sagt: „Du gehörst zu mir.“
Zehntens: Ich gehöre zu den Geliebten Gottes (Kolosser 3,12). Gott liebt mich. Das ist der Punkt, an dem in meinem Leben und wahrscheinlich in eurem Leben auch der Teufel am häufigsten ansetzt. Du sündigst und denkst: „Jetzt kann mich Gott nicht mehr lieben.“ Vielleicht hattest du einen Vater, bei dem das so war. Oft werden Menschen an dieser Stelle angefochten: „Ich habe gesündigt, jetzt kann mich Gott nicht mehr lieben.“ Wenn du dir heute eine Sache merken willst: Gott liebt dich nicht, weil du so liebevoll bist. Gott liebt dich nicht, weil du dich bekehrt hast. Gott liebt dich nicht, weil du etwas richtig oder falsch machst. Wenn du geliebter Gottes bist, bist du es nicht, weil du etwas tust, sondern weil es einen Geliebten gibt – den Messias, den Geliebten Gottes. Du gehörst zu diesem Geliebten und bist deswegen geliebter Gottes. Drehen wir das nie um! Wenn du die Liebe des Vaters an etwas in deinem Leben knüpfst, dann gute Nacht. Aber es stimmt nicht. Gott liebt dich, weil du in Christus die Liebe des Vaters zum Sohn teilst. Es ist die Liebe, die innertrinitarisch da ist, der Vater liebt den Sohn, und daran bekommst du exklusiv Anteil. Deshalb bist du geliebter Gottes.
Elftens: Noch ein Nachschlag zum Thema „Ich bin nichts wert“ (1. Petrus 2,9). Dort heißt es: Ihr seid ein ausgewähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, das Gott selbst gehört. Er hat euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen, damit ihr verkündet, wie unübertrefflich er ist. Das wäre eine eigene Predigt wert, aber es reicht, es vorzulesen.
Zwölftens: Wir werden Christus gleich sein (1. Johannes 3,1-2). Könnt ihr euch das vorstellen? Alles, was Jesus hat, was du an ihm bewunderst und gerne sein möchtest, wird dir geschenkt. Ist das nicht genial? Du willst sein wie Jesus? Kriegst du.
Dreizehntens: 1. Johannes 5,18 sagt, dass der Teufel dich nicht antasten darf. Interessanter Vers. Was bedeutet das? Ich denke, es heißt nicht, dass wir keine Versuchung oder Verfolgung erleiden werden. Das ist uns verheißen. Aber es bedeutet, dass der Teufel dich nicht so angreifen darf, dass du aus dem Glauben herausgerissen wirst, deinen Glauben aufgibst oder verloren gehst. Das ist definitiv nicht mehr drin.
Vierzehntens: Ich bin vor Gott gerecht und habe Frieden mit ihm (Römer 5,1). Das müsst ihr zuhause nachlesen. Wieder eine Beschreibung dessen, was du bist. Du hast Frieden mit Gott nicht, weil du so nett bist, und bist nicht gerecht, weil du so gerecht bist, sondern weil du glaubst. Alles nur geschenkt.
Fünfzehntens: Im Blick auf die Sünde und ihre Macht über mein Leben bin ich mit Christus gestorben und auferstanden (Römer 6,1-6). Das ganze Leben Jesu ist das Angebot: Er stirbt der Sünde, steht auf zu neuem Leben und sagt: „Jetzt nehme ich dich mit.“ Du glaubst an ihn und durchläufst die Prozedur. Du stirbst mit ihm am Kreuz der Sünde, zeigst das in der Taufe und bist jetzt im Auferstehungsleben dabei. Mein Verhältnis zur Sünde: Ich bin nicht mehr Sklave der Sünde, sondern Diener der Gerechtigkeit. Vielleicht fällt es dir am Anfang schwer, das auszuleben. Du brauchst das Wort Gottes und ein erneuertes Denken. Aber du bist schon Diener der Gerechtigkeit.
Selbst wenn du manchmal empfindest, die Sünde sei übermächtig und du kriegst sie nicht in den Griff – willkommen im Club, ich kenne das auch. Selbst dann bist du kein Sklave der Sünde. Du magst es so empfinden und sogar erleben, dass du die Sünde nicht unter die Füße bekommst. Vielleicht dauert es eine Weile, vielleicht schaffst du es in diesem Leben nicht, weil Gott dich in der Abhängigkeit halten will. Denk an Paulus, der bestimmte Versuchungen nie loswurde. Sei sicher: Wer an einer Stelle immer wieder versucht wird, fällt auch statistisch öfter an dieser Stelle. Es kann sein, dass Gott Sünde und Versuchung zulässt, damit du in der Abhängigkeit von ihm bleibst. Aber du wirst nicht wieder Sklave der Sünde. Das ist Vergangenheit. Wir sind mit Christus der Sünde gestorben. Sie hat kein Recht mehr. Wir gehören nicht mehr zur alten Linie von Menschen um Adam.
Sechzehntens: Römer 8,1: „Es gibt kein Verdammungsurteil mehr für die, die in Christus Jesus sind.“ Oder wie es dort heißt: für die, die mit Jesus Christus eins sind. Das gibt es nicht mehr. Es hängt kein Damoklesschwert über deinem Kopf. Du kommst nicht ins Gericht. Es ist bezahlt.
Siebzehntens: 2. Korinther 1,21-22 sagt, dass wir in Jesus ein Fundament haben, das nicht wackeln kann. Wir haben den Heiligen Geist als Anzahlung und Sicherheit dafür, dass das, was Gott uns geschenkt hat, auch wirklich eintrifft. Gott gibt uns den Heiligen Geist, wie wenn du zum Autohändler gehst und eine Anzahlung leistest. Du kannst den ganzen Segen noch nicht auf einmal bekommen. Die Erlösung des Leibes braucht noch Zeit. Aber damit ihr sicher seid, bekommt ihr den Heiligen Geist als Anzahlung, damit das hier auf der Erde schon losgeht.
Achtzehntens: Ich habe freien Zugang zu Gott (Epheser 2,18). Ich darf ihn jederzeit mit meinen Problemen ansprechen (Hebräer 4,16). Du bist nie zu unrein oder zu unwürdig, um mit Gott zu reden. Nicht, weil du so bist oder so lebst, sondern weil Gott dich dazu gemacht hat. Egal, was du tust, du darfst jederzeit zu Gott kommen.
Neunzehntens: Ich habe den Heiligen Geist. Dazu fällt mir viel ein. Der Heilige Geist wird beschrieben als Geist der Kraft, der Liebe und der Selbstbeherrschung. Er möchte in uns seine Frucht hervorbringen: Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung – lauter Dinge, von denen man sagt: „Boah, hätte ich gern mehr davon.“ Die gute Nachricht ist: Du wirst sie bekommen. Du kannst es nicht mehr vermeiden. Du kannst es vielleicht ein bisschen verzögern, aber im Himmel wirst du alles haben. Hier auf der Erde kannst du es schon haben. Das Einzige, was du tun musst, ist, deinen Blumentopf ins Licht zu stellen, den Wasserstrahl treffen zu lassen und zu warten. Das Wachstum wirkt Gott, du wirkst es nicht. Gott will, dass du wächst. Das ist deine Berufung, deine Stellung in Gott.
Der letzte Punkt: Philipper 1,6, ein kleiner unscheinbarer Vers, aber er reicht, um dich aus der tiefsten Krise zu ziehen, wenn du ihn verstehst. Paulus schreibt an die Philipper: „Ich bin ganz sicher, dass Gott das gute Werk, das er in euch angefangen hat, auch weiterführen und am Tag, an dem Christus wiederkommt, vollenden wird.“ Ist das nicht schön? Hast du manchmal Angst, nicht anzukommen? Dass deine Leistung nicht reicht? Nein, das ist nicht dein Problem. Gott wird uns ans Ende bringen.
Vielleicht denkt ihr: „Du hast leicht reden, Jürgen.“ Ich sage euch: Mein Leben ist bei weitem nicht so rein, sündlos und zielhaft, wie ihr vielleicht denkt. Ich kämpfe an einigen Stellen genauso. Vielleicht lasse ich es nicht so raushängen, vielleicht habe ich das eine oder andere schon unter die Füße gebracht. Aber der Kampf ist voll da. Und Philipper 1,6 ist ein Vers, wo ich wirklich Halleluja sage, lobe den Herrn. Wenn es an mir hinge, würde ich nicht ankommen, keiner würde ankommen. Aber das ist nicht der Punkt. Gott wirkt in uns. Das ist unsere Stellung. Er wirkt in uns.
Deshalb gilt: Diese zwanzig Punkte – das bist du. Das wirst du nicht erst noch, das bist du schon. Du bist der, in dem Gott wirkt. Du bist Erbe Gottes, Kind Gottes, gerecht, heilig – du bist es einfach. Wenn ein Gedanke kommt: „Nee, das glaube ich nicht“, dann kann ich dir nicht mehr helfen. Denn das ist ein Problem mit dem Verstand. Du musst verstehen. Wenn du dich nicht danach fühlst, ist das okay, das geht mir auch oft so. Aber wenn du sagst: „Ich glaube es nicht, obwohl ich es verstanden habe“, dann hast du ein Problem. Mehr als zu verstehen und zu sagen: „Okay, ich will meinen Willen dazu bringen, danach zu leben – ich bin gerecht, jetzt will ich auch so leben, und die Tat wird folgen“, geht nicht. Dann wird irgendwann das Gefühl kommen, dass du zurückblickst auf zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre Christsein und sagst: „Jo, wir sind weitergekommen.“ In diesem und jenem Punkt.
Ich kann sagen: In puncto Bitterkeit hoffe ich, heute Abend nicht wieder runterzufallen, aber ich bin ein Stückchen weitergekommen. Noch nicht lange, noch nicht da, wo andere anfangen, aber ein Stück. Mehr ist passiert. Paulus sagt auch nach fünf oder sieben Jahren: „Ich bin gelassener geworden.“ Ja, natürlich, Gott verändert mich Stück für Stück. Aber es fängt damit an, dass ich Dinge verstehe und sie annehme.
Was will ich sagen? Gott hat dich überreich beschenkt. Stellt euch den kleinen Giulio vor, der feststellt, was es alles an Spielzeugen gibt. Der vielleicht zum ersten Mal mit Mama nach New York fliegt und bei Harrods die Spielzeugabteilung entdeckt – anderthalb Stockwerke voll. Wow! Und Mama sagt: „Ich gehe mal zu den Damen, streune zwei Stunden rum, komme mit meiner goldenen Ja-Sowieso-Card zurück, und dann nehmen wir das mit, was du ausgesucht hast, wir müssen ja dein Zimmer einrichten.“ Oder stellt euch vor, wie er in einem Eisladen steht und fünfhundert Sorten Eis sieht. Er kennt vorher nur Bohnensuppe, jetzt: Boah! Oder er fährt mit seinem vollgefederten Mountainbike durch den Park. Giulio ist reich beschenkt.
Die Welt, die sich für ihn erschließt, aus der Großzügigkeit und Liebe seiner Eltern heraus, ist unüberschaubar. Genauso ist es bei uns. Wir erfassen zwanzig Tops, sagen: „Wir haben das verstanden.“ Vielleicht fangt ihr jetzt an, die nächsten zwanzig Tage jeden Punkt zu bedenken, die Bibelstelle nachzulesen und zu überlegen: Was heißt das genau? Wenn ihr das tut, geht euer Herz auf.
Das ist nur ein Bruchteil dessen, was Gott uns geschenkt hat. Das sind die Spitzen der Berge. Das Beste kommt noch. Wir können es noch gar nicht richtig fassen, was Gott uns alles geschenkt hat.
Lasst uns in der Zwischenzeit die Lücke schließen zwischen dem, was wir in Christus sind, und dem, was wir leben. Lasst uns versuchen, das, was wir jetzt verstanden haben – wer wir sind und wer wir sein sollen – zusammenzubringen. Schritt für Schritt folgen wir Gott als seine immer von ihm abhängigen Kinder nach. Wir werden diese Abhängigkeit nie verlieren.
In jedem Moment merken wir: Gott hat uns mit mehr beschenkt, als wir hier auf der Erde ausleben können. Lasst uns einfach in Treue Gott nachfolgen. Und da, wo du das Gefühl hast: „Ich schaffe es nicht mehr“, da sage ich dir heute: „Das weißt du. Du hast es nie geschafft, du merkst es nur jetzt mehr.“
Ganz am Ende steht, was am Ende von 1. Korinther 1 steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn. Wir werden vor Gott nie etwas haben, womit wir angeben können – überhaupt nichts.