Einführung in die prophetische Betrachtung der Kirchengeschichte
Heute Nachmittag beschäftigen wir uns mit dem Thema „Die Geschichte der Kirche im Licht der Prophetie des Neuen Testaments“. Das mag vielleicht etwas vermessen klingen, denn 2000 Jahre Kirchengeschichte an einem Nachmittag zu behandeln und dabei noch im Licht der Bibel zu interpretieren, ist schon eine große Aufgabe. Wenn man bedenkt, dass Kirchengeschichte an einer Hochschule etwa vier Semester lang studiert wird, wird das Ausmaß deutlich.
Trotzdem wollen wir es versuchen. Dabei sollte von Anfang an klar sein, was der Sinn des Ganzen ist. Im Neuen Testament gibt es eine ganze Reihe von Stellen, in denen der Herr Jesus sowie die Apostel und Propheten voraussagen, wie es mit dem christlichen Zeugnis weitergeht, wie es sich entwickelt und wohin es führen wird.
Wenn Kirchengeschichte an Hochschulen unterrichtet wird, geschieht das meist als reiner Geschichtsstoff. Die Interpretation im Licht dieser Prophezeiungen des Neuen Testaments wird dabei jedoch eher vernachlässigt oder ganz ausgelassen. Unser Ziel ist es daher, anhand des Neuen Testaments Blickpunkte auf die 2000 Jahre Kirchengeschichte zu werfen. Das kann auch eine Anregung sein, sich intensiver mit Kirchengeschichte auseinanderzusetzen – aber eben aus der Warte Gottes, so wie er sie sieht.
Geschichte kann man ja von ganz verschiedenen Standpunkten aus präsentieren. Manche stellen eine Erscheinung als etwas Positives dar, andere sehen das Gleiche als etwas Negatives. Es kommt immer auf den Standpunkt an.
Wozu ich Mut machen möchte, ist, die Geschichte der Kirche aus dem Blickwinkel des Neuen Testaments zu betrachten. Dadurch wird deutlich, dass all das Chaos, das es im Laufe der zweitausend Jahre Kirchengeschichte tatsächlich gegeben hat, kein Grund ist, am Christentum und am Evangelium zu zweifeln. Denn der Herr hat es schon längst vorausgesagt. Es ist also keine Überraschung.
Wenn zum Beispiel für Muslime die Entwicklung der Kirche, die Kreuzzüge und Ähnliches Argumente sind, um die Unglaubwürdigkeit des Christentums darzustellen, können wir sagen: Vergiss das! Diese Entwicklungen hat das Neue Testament vorausgesagt. Sie bestätigen gerade die Richtigkeit des Neuen Testaments.
Dabei müssen wir ohnehin unterscheiden zwischen dem, was unser Herr in seinem Wort gesagt hat, und dem, was die Menschen daraus gemacht haben. Das sind zwei ganz verschiedene Dinge.
Das Fundament der Gemeinde und seine Bedeutung
Ich habe das Thema auf dem Blatt so vorgestellt: Der Sohn Gottes verheißen seiner Gemeinde in Matthäus 16, dass die Pforten des Hades sie nicht überwältigen werden. Zweitausend Jahre sind vergangen, und noch immer gibt es ein leuchtendes Zeugnis für das Evangelium in dieser Welt – und zwar unter allen Nationen der Erde.
Schrecklichste Stürme sind über die Gemeinde hereingebrochen. Massive Verfolgungen mit Folter und Totschlag, Fluten von Irrlehren und Verführungen sollten das Licht erlöschen lassen. Doch es ist nicht gelungen. „Gottes Wort ist wahr.“ Eben: Die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.
Die Bibel hat klar und deutlich vorausgesagt, was kommen sollte. Zusammen wollen wir solchen Weissagungen in den Schriften des Neuen Testaments nachspüren. Wir wollen den spannenden Reiseverlauf des Schiffes, das sich Gemeinde nennt, nachvollziehen – von der Zeit der Apostel bis zur Wiederkunft Christi.
Schlagen wir auf, Matthäus 16. In den Evangelien verwendete Herr Jesus nur zweimal den Ausdruck Gemeinde oder Kirche. Es ist das griechische Wort Ekklesia, das man mit Gemeinde, Kirche oder Versammlung übersetzen kann. Für mich ist es eigentlich gleich, wie man es übersetzt, man muss nur das Richtige meinen.
Matthäus 16, Vers 16: Das war in Caesarea Philippi, ganz oben in Galiläa. Simon machte dort dieses große Bekenntnis. Simon Petrus sagt: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Und Jesus antwortete ihm: „Glückselig bist du, Simon, Barjonah, denn Fleisch und Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.
Aber auch ich sage dir, dass du Petrus bist, und auf diesen Felsen will ich meine Versammlung oder Kirche oder Gemeinde, Ekklesia, bauen. Und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“
Also bis dahin. Wer ist schon in Caesarea Philippi gewesen? Das ist da bei der Jordanquelle Banias. Dort sieht man ein Felsmassiv, und ursprünglich kam die Quelle direkt aus dem Felsmassiv hervor. Heute ist die Quelle ein bisschen verschoben – das kam durch Erdbeben in der Vergangenheit. Aber damals kam das Wasser direkt aus dem Felsen unten heraus. Wasser aus dem Felsen – ein interessantes Symbol.
Dort hat Petrus dieses Bekenntnis abgelegt: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Der Herr Jesus sagte dann zu Petrus: „Du bist Petrus.“ Petrus heißt im Griechischen Petros, was Stein bedeutet. Fels heißt Petra, das ist die weibliche Form. Also mit dem Felsen ist nicht Petrus gemeint, sonst würde der Herr sagen: „Du bist Petros, und auf diesen Petros werde ich meine Gemeinde bauen.“
Er sagt aber: „Du bist Petros, und auf diese Petra werde ich meine Gemeinde bauen.“ Du bist ein Baustein. Und auf diesen Felsen – wer ist der Fels? Im Alten Testament wird Gott häufig der Fels genannt: „Vollkommen ist sein Tun, denn alle seine Wege sind recht“ (5. Mose 32). Gott wird auch genannt „der Fels meines Heils“ (Psalm 89). Gott ist der Fels – immer wieder.
Nun sagt Petrus: „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes, der Christus.“ Das ist der Fels. Jesus sagt also: „Du bist ein Baustein, Petrus, und auf diesen Felsen, nämlich den Sohn des lebendigen Gottes, den du genannt hast, werde ich meine Gemeinde, meine Kirche bauen.“
Glücklicherweise ist die wahre Kirche Gottes nicht auf einen Menschen wie Petrus aufgebaut, der auch seine Fehler hatte, sondern auf den Sohn Gottes. So sagt auch der Apostel Paulus in 1. Korinther 3,11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“
Im Tempel in Jerusalem, dem Vorbild der Gemeinde, sieht man auf dem höchsten Punkt des Tempelbergs den Felsen. In der Al-Aqsa-Moschee sieht man noch heute, wo die Südmauer des Tempels auf dem Felsen auflag. Auf diesem Felsen war das Allerheiligste gebaut. Man sieht die Spur noch heute, man muss nur wissen, wo man schauen muss.
Auf diesen Felsen, der Bergspitze des Tempelbergs, wurde die Gemeinde gebaut. Petrus sollte also ein Stein, einer der ersten Steine, auf diesem Felsen Christus sein.
Aus dem Alten Testament ist bereits bekannt: Der Fels, aus dem das Wasser kommt (2. Mose 17), so beginnt die Geschichte Israels. Und die Geschichte Israels endet in Ezechiel 47, wo aus dem zukünftigen Tempel wieder Wasser herauskommt – Wasser aus dem Felsen.
Diese Symbolik, das Wasser des Lebens aus dem Felsen, kennen wir also schon aus dem Alten Testament. Und im Neuen Testament sehen wir genau dasselbe Bild in Caesarea Philippi, diesem Felsmassiv, aus dem Wasser kommt.
„Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ Wer schon in Banias, Caesarea Philippi, gewesen ist, der weiß, dort gibt es eine Höhle. Das war in der Antike ein Ort des Götzendienstes – massiver Götzendienst. Der Pan-Kult wurde dort ganz besonders gepflegt, also die Verehrung gefallener Engel, von Dämonen, wie Paulus sagt (2. Korinther 10).
Und genau da sagte Herr Jesus: „Und die Pforten des Hades, also die Macht der Finsternis, wird sie nicht überwältigen.“ Das ist also alles aus der Situation dort genommen.
Die Macht der Finsternis wird es zwar versuchen, aber sie wird die Kirche, gebaut auf dem Felsen Christus, nicht zerstören können. Und 2000 Jahre Kirchengeschichte haben diesem prophetischen Wort des Herrn Recht gegeben.
Die drei Phasen des Reiches Gottes und die Zeit der Kirche
Jetzt können wir das Blatt zur Hand nehmen. Zuerst wollen wir definieren, was die Periode der christlichen Kirche ist. Im Neuen Testament wird über das Reich Gottes gesprochen. Herr Jesus erklärte, dass das Reich Gottes drei Phasen hat.
Phase A: Der Herr Jesus als König auf Erden.
Phase A: Der Herr Jesus der König auf Erden
Lukas 17,21: Der Herr Jesus sagt: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Er war tatsächlich mitten unter den Menschen, denn er ist der König. Er verkörpert das Reich Gottes in seiner Person.
Wenn schon Ludwig XIV. sagen konnte „L'état, c'est moi“ – „Der Staat bin ich“ –, dann gilt das umso mehr für das Reich Gottes und für den Sohn Gottes.
Doch der Herr Jesus wurde von der Masse seines Volkes verworfen. Er wurde gekreuzigt, ist am dritten Tag auferstanden und vierzig Tage später in den Himmel aufgefahren.
Phase B: Der Herr Jesus im Himmel
Nun, das Reich Gottes hat nicht aufgehört, sondern es geht weiter. Der König ist jetzt im Himmel – das ist die Phase B, in der der Herr Jesus im Himmel ist.
Das hat der Herr Jesus in den Gleichnissen von den Talenten und den Pfunden angedeutet. Er sagt, das Reich der Himmel oder das Reich Gottes sei wie ein edler Mann, der seine Knechte herbeirief, ihnen Aufträge gab, damit sie handeln, und dann weit weg in ein anderes Land ging, um später wiederzukommen.
Dieser edle Mann würde also wiederkommen und nach der Zeit seiner Abwesenheit mit seinen Knechten abrechnen. Was ist in der Zeit geschehen, in der er nicht da war? Genau das ist die Zeit der Kirche jetzt. Der König ist im Himmel, aber auf der Erde sind Menschen, die für ihn arbeiten. Einige arbeiten gut, andere schlecht.
Diese Zeit wird jedoch ein Ende haben. Denn der edle Mann, der Herr Jesus, wird zurückkommen und Abrechnung halten. Zugleich wird dann die dritte Phase des Reiches Gottes in Erscheinung treten.
Phase C: Die Wiederkunft Christi in Herrlichkeit
Das ist hier Phase C. Der Herr Jesus erscheint in Herrlichkeit. Ich lese Matthäus 24, Vers 30: „Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen im Himmel erscheinen, und dann werden wehklagen alle Stämme des Landes, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels, mit Macht und großer Herrlichkeit.“
Dann wird der Herr Jesus das Tausendjährige Reich aufrichten. Nun können wir sagen: Die Zeit der Christenheit ist die Phase B. Der Messias, der König, ist im Himmel; das Reich Gottes besteht in dieser Form. Das war im Alten Testament nicht bekannt, und darum werden diese Gleichnisse, die über diese Zeit sprechen, schon in Matthäus 13 und über die Entwicklung des Reiches Gottes in der Abwesenheit des Königs, als Geheimnisse bezeichnet.
Ein Geheimnis im Neuen Testament meint eine biblische Offenbarung, die im Alten Testament verborgen war, jetzt aber im Neuen Testament mitgeteilt ist. Also interessiert uns die Phase B besonders, und es ist ein ganz spezielles neutestamentliches Thema. Heute Morgen haben wir uns mit einem alttestamentlichen Thema beschäftigt, besonders Sprüche, und heute Nachmittag ein ganz besonders neutestamentliches Thema.
Man kann auch sagen: Die Zeit der Kirche ist insbesondere die Zeit des Heiligen Geistes auf Erden. Dabei müsste man hinzufügen, dass die Kirche die Zeit des Heiligen Geistes auf Erden ist, wobei der Heilige Geist ewig und allgegenwärtig ist. Aber insofern war er ja auch in der Zeit des Alten Testaments auf Erden allgegenwärtig. In der Zeit der Kirche wird gesagt, dass er hier wohnt, in der Gemeinde.
Und „wohnen“ heißt, dass er sich auf ganz besondere Art offenbart. So kann man das Wohnen umschreiben. Die Zeit der Kirche, der Gemeinde, ist speziell die Zeit von Pfingsten in Apostelgeschichte 2, als der Heilige Geist auf Erden kam, um hier zu wohnen, bis zur Entrückung der Gemeinde (1. Thessalonicher 4,13 und folgende; beziehungsweise 2. Thessalonicher 2,6), wo gesagt wird, dass der, welcher das Böse zurückhält, weggehen wird, und dann der Antichrist die volle Entfaltung des Bösen bringen kann.
Also: Der Heilige Geist ist am Pfingsten gekommen und will bei der Entrückung weggehen, in dem Sinn, dass er dann nicht mehr wohnt und dadurch sein spezielles Wirken im Zurückdrängen des Bösen aufhört.
Weiter fällt hier vielleicht jetzt auf: Wenn ich über die Zeit der Christenheit als Phase B des Reiches Gottes gesprochen habe, dann ist es die Zeit, in der der Herr Jesus nach der Himmelfahrt bis zu seiner Wiederkunft in Herrlichkeit am gleichen Ort, dem Ölberg, weggegangen ist. Aber die Zeit des Heiligen Geistes ist ein bisschen kürzer.
Denn erst zehn Tage nach der Himmelfahrt ist der Heilige Geist auf Erden gekommen, und die Entrückung wird wenigstens einige Jahre vor dem sichtbaren Kommen des Herrn Jesus auf dem Ölberg stattfinden. Also sind diese zwei Perioden weitgehend deckungsgleich, aber am Anfang nicht ganz auf den Tag genau und am Schluss nicht ganz auf das Jahr genau.
Es wird deutlich aus dem Neuen Testament, dass diese Periode lange dauern sollte, nämlich in Matthäus 25, im Gleichnis mit den Talenten. Dort wird erzählt, dass ein edler Mann weggeht und seinen Knechten Aufgaben verteilt. Wann kommt er zurück? Matthäus 25, Vers 19: „Nach langer Zeit aber kommt der Herr jener Knechte und hält Rechnung mit ihnen.“
Sogar das Gleichnis sagt, dass er nicht einfach schnell wiederkommt, sondern erst nach langer Zeit. Also diese Periode der Abwesenheit Christi auf Erden sollte jedenfalls lang dauern.
Übrigens deckt sich diese Periode weitgehend mit der Zeit der Zerstreuung des jüdischen Volkes unter den Völkern. Im Jahr 70, gut ein paar Jahre nach Pfingsten, wurde der jüdische Staat zerstört. In einem jahrhundertelangen Prozess wurde das jüdische Volk in alle Welt zerstreut. Diese Zeit war gekennzeichnet dadurch, dass sie keinen Staat mehr hatten, keinen König, keine Fürsten, keinen Tempel und keine Opfer.
Das Alte Testament sagt schon, dass vor der Herrlichkeit des Messias die Kinder Israel zurückkehren werden in ihr Land, in das Land der Väter, um dann nie mehr daraus herausgerissen zu werden.
Wie lange sollte das dauern? Hosea drückt sich so aus, Hosea 3, Vers 4: „Denn die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule und ohne Ephod und Teraphim. Danach werden die Kinder Israel umkehren und den Herrn, ihren Gott, und David, ihren König, das ist der Messias nach jüdischer Auffassung, suchen. Und sie werden sich zitternd wenden zu dem Herrn und zu seiner Güte am Ende der Tage.“
Also in der Endzeit gibt es eine Wende, aber die Zeit ist eine Zeit vieler Tage, in denen kein Staat besteht, kein König, keine Fürsten, kein Tempel und keine Schlachtopfer. Nicht ewig, aber viele Tage, also eine lange Zeit. Alttestamentlich wird hier nicht über die Gemeinde gesprochen, aber weitestgehend über die gleiche Periode, nämlich die Zeit der Staatenlosigkeit Israels. Das ist weitgehend die Zeit der Kirche.
Jetzt sehen wir, wie in Wellen ab 1882 mehrere Millionen von Juden aus aller Welt in das Land der Väter zurückgekehrt sind. Nun wissen wir, dass die Zeitperiode gekommen ist – ich sage nicht das Jahr, ich sage nicht den Tag – in der der Messias in Herrlichkeit kommen wird, um Phase drei des Reiches Gottes aufzurichten.
Aber deutlich entnehmen wir: Viele Tage. Die Staatenlosigkeit hat gedauert von 70 bis 1948, die Tempellosigkeit dauert immer noch von 70 bis 1989. Und wer weiß, ob morgen schon der Altar gebaut wird – das lassen wir mal offen.
Gut, jetzt eine weitere Stelle: 2. Petrus 3. Der Apostel Petrus schreibt kurz vor seinem Tod, vor seinem Martyrium, noch einen Brief. Es ist das Testament des Petrus. Kann man einen Katholiken fragen, ob er das Testament des heiligen Petrus kennt? „Oh, das ist interessant, nie gehört!“
2. Petrus 3, Vers 1: „Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch bereits, in welchem ich durch Erinnerung eure lautere Gesinnung aufwecke, damit ihr gedenkt der von den heiligen Propheten zuvorgesprochenen Worte und des Gebotes des Herrn und Heilandes durch eure Apostel.“
Dann erklärt er, dass in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: „Wo ist die Verheißung seiner Ankunft? Denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so von Anfang der Schöpfung an.“
Also Petrus sagte um 66/67: Es wird eine Zeit kommen, eine Endzeit, da werden die Menschen sagen: „Oh, das geht schon so lang, ihr sprecht immer davon, es gibt eine Wiederkunft Christi, und es ist nichts geschehen.“ Das deutet schon an, dass die Periode länger dauert, als man im Allgemeinen erwartet hätte.
Das deutet auch auf die lange Periode hin. Wir kommen auf diese Stelle dann nochmals zurück. In Matthäus 24, Vers 48, in der Endzeitrede des Herrn Jesus auf dem Ölberg, sagt er selbst: „Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr über sein Gesinde gesetzt hat, um ihnen die Speise zu geben zur rechten Zeit?“
Glückselig ist jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, tuend finden wird; denn er wird ihn über seine ganze Habe setzen. Aber wenn jener böse Knecht in seinem Herzen sagt: „Mein Herr verzieht zu kommen“ und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen und isst und trinkt mit den Trunkenen, so wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an welchem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß.
Er wird ihnen zuteilen und ihm seinen Teil setzen mit den Heuchlern; dort wird sein Weinen und Zähneknirschen sein. Also der böse Knecht sagt sich plötzlich: „Es geht zu lange, mein Herr verzieht zu kommen.“
Auch das ist ein indirekter Hinweis, dass diese Periode so lange dauert, dass manche Leute denken: „Ja, der kommt doch nie mehr.“
Sind bis dahin Fragen? Hätte doch die Schreiber des Neuen Testaments nicht gesagt, dass sie das auch aufbringen? Die Antwort auf meine Sorge ist „nein“.
Ich wiederhole die Frage: Oft wird gesagt, die Christen zur Zeit des Neuen Testaments hatten eine Naherwartung, und das hätte sich dann eben nicht erfüllt. Wie kann man dem antworten?
Herr Jesus sagt: „Es dauert damit, bis ich zurückkomme“, und er hat in den Gleichnissen gesehen, dass er auch so etwas schreiben würde. Das ist eine Frage, die uns oft gestellt wird.
Matthäus hat das Matthäusevangelium geschrieben. Gerade er hat geschrieben: „Nach langer Zeit kommt jener Herr zurück.“ Petrus hat den zweiten Petrusbrief geschrieben, und er sagt, es werden später kommen und sagen: „Wo ist nun diese Verheißung? Es geht ja so lange quasi.“
Nein, man kann sagen, sie haben den Herrn jeden Tag erwartet, und trotzdem wussten sie, dass der Herr darüber gesprochen hat, es geht lange. Petrus sagt kurz vor seinem Tod: „Passt auf, es wird noch so weit kommen, dass man sagen wird: ‚Ja, wo ist jetzt endlich diese Wiederkunft Christi?‘“
Man kann also nicht sagen, die Schreiber des Neuen Testaments hätten ganz klar gerechnet, dass die Wiederkunft Christi noch in ihrer Generation stattfinden würde und sich dann geirrt hätten.
Paulus schreibt: „Wir, die Lebenden, werden mit ihnen entrückt.“ Er unterscheidet diejenigen, die schon entschlafen sind. Wie das bei der Entrückung gehen wird, erklärt er. Dann stellt er gegenüber den Entschlafenen die Generation der Lebenden und schließt sich ein, weil er damals zu der Generation der Lebenden gehörte.
Er sagt also: Die Entschlafenen und dann wir, die Generation der Lebenden. Da identifiziert er sich. Das ist ein Sprachgebrauch, der üblich ist in der Bibel.
Ich will ein anderes Beispiel nennen: Das fünfte Buch Mose. Bevor das Volk Israel in das Land Kanaan einzog, spricht Mose die Generation an und sagt: „Wenn ihr nicht auf Gottes Wort hören werdet, wird der Herr dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen, und ihr werdet keine Ruhe finden.“
Das sagt Mose der Generation damals. Der Herr wird dich zerstreuen, aber das ist erst geschehen mit der Generation ab dem Jahr 70 nach Christus, also über 1500 Jahre später. Das Volk Gottes wird als eine Einheit gesehen, sodass die damalige Generation Israels angesprochen werden kann, obwohl sich die Erfüllung viel später zeigt.
So werden auch die Generationen, die zur Kirche gehören, zur Gemeinde, als eine Einheit gesehen. Es gibt die, die entschlafen sind, und dann die Lebenden. So kann sich Paulus quasi mit den Lebenden identifizieren. Man kann diesen Sprachgebrauch noch mehr in der Bibel zeigen. Hilft das?
Gut. Weitere Fragen?
Bruno? Der Herr hat gesagt: „Siehe, ich komme bald.“ Das kann man natürlich so zusammenrücken, „Siehe, ich komme bald“, dreimal in der Offenbarung (Offenbarung 3 und Offenbarung 22). Eigentlich ist es ein Adverb. In der alten Elberfelder gibt es dort eine Fußnote zu Offenbarung 3, Vers 11, wo der Herr sagt: „Ich komme bald.“ Die Fußnote erklärt: „Eigentlich schnell, eilends.“ Das ist ein Adverb.
Mein älterer Sohn muss Grammatik büffeln, und ich muss ihm erklären, was ein Adverb ist. Auch Erwachsene haben manchmal Mühe damit. Ein Adverb ist ein Wort, das erklärt, wie die Handlung ist. Zum Beispiel: „Ein schönes Auto.“ Das ist ein Adjektiv, das erklärt, wie ein Nomen ist, nämlich das Auto. Aber „etwas schnell tun“ – das „schnell“ zeigt, wie etwas getan wird.
„Ich komme bald“ oder „Ich komme schnell“ heißt, wie das Kommen aussieht: Es wird schnell, eilends, plötzlich, überraschend sein. Also sagt dieser Vers eigentlich nichts darüber aus, wie lange die Zeit dauern wird. Es wird plötzlich da sein.
Dennoch könnte man noch andere Stellen herbeibringen. Außerdem ist zu beachten, dass Gott einen etwas anderen Zeitbegriff hat als wir. Das sagt Petrus in 2. Petrus 3.
Er sagt: „Es gibt manche, die achten das für einen Verzug.“ Schlagen wir das auf, denn das haben wir nämlich nicht gelesen. 2. Petrus 3, Vers 9:
„Dies eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzieht nicht die Verheißung, wie es etliche für einen Verzug achten, sondern er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.“
Hier wird gezeigt: Für Gott sind tausend Jahre wie ein Tag. Er hat ein anderes Zeitempfinden. Tausend Jahre sind für ihn wie ein Tag. Gott ist überhaupt nicht der Zeit unterworfen, wie das Geschöpfte.
Darum gibt es Stellen, die aus der Sicht Gottes beschrieben sind, da sind zweitausend Jahre wie ein Nichts, und andere Stellen sind aus unserer Sicht geschrieben, da sind zweitausend Jahre eine lange Zeit.
In 2. Petrus 3, Vers 9 wird auch erklärt, warum es so lange gehen sollte: Gott wollte das Gericht über die Menschheit, das stattfindet, wenn Phase C des Reiches Gottes beginnt, hinausschieben, um so viel wie möglich Gnade und die Möglichkeit zur Umkehr, zur Bekehrung zum lebendigen Gott, Sündenvergebung und ewiges Leben zu schenken.
Noch etwas: Ich wiederhole die Frage: Kommt vielleicht die Naherwartung daher, dass es nur zehn Tage nach der Himmelfahrt bis zu Pfingsten dauerte, und man dann projiziert, dass es auch mit der Wiederkunft Christi nicht sehr lange dauern wird?
Beim Kommen des Heiligen Geistes sagt der Herr Jesus bei der Auffahrt in Apostelgeschichte 1: „Ihr werdet nun nach nicht mehr vielen Tagen mit Heiligem Geist getauft werden.“ Also wussten sie, dass es nicht viele Tage sein würden.
Aber Hosea 3 sagt „viele Tage“ ohne Fürsten, ohne König und so weiter. Eins ist sicher: Der Herr hat keine Berechnungsgrundlagen gegeben. Darum sagt er auch gerade in Apostelgeschichte 1, als die Apostel ihn fragen: „Stellst du Israel das Reich in dieser Zeit wieder her?“ Und der Herr sagt: „Es ist euch nicht gegeben, dies zu erkennen.“ Ich übersetze sogar so stark, wie es im Griechischen ist: „Es ist euch nicht gegeben, zu dieser Erkenntnis zu gelangen.“
Sie hatten keine Berechtigungsgrundlage, und das führte dazu, dass sie berechtigterweise dauernd warten konnten. Es war also einerseits eine Naherwartung, andererseits aber auch eine ganz nüchterne Belehrung. So finden wir es in Matthäus, 2. Petrus usw.
Das ist auch für uns wichtig. Wir können nicht sagen, dieses Jahr oder nächstes Jahr ist die Entrückung, aber wir sagen, jeden Tag müssen wir bereit sein und können damit rechnen – mit vollem Recht. Die gleiche Haltung dürfen wir heute haben, nur mit dem Mehrwissen, dass wir bereits sehen, was die Zeichen der Zeit nach zweitausend Jahren gebracht haben.
Ja, da war noch mehr.
Wie geht das, dass der Herr wartet, weil er so viele Menschen wie möglich retten möchte (2. Petrus 3), aber auf der anderen Seite sieht man, wie es immer schlimmer wird moralisch?
Nun müssen wir vielleicht unterscheiden, wir werden das noch sehen bei den weiteren Prophetien. Das Neue Testament zeigt, dass es speziell mit der Christenheit moralisch abwärtsgehen wird. Speziell in den Gebieten der Welt, die lange dem Evangelium und dem Einfluss des Evangeliums ausgesetzt waren.
Auf der anderen Seite muss man sagen, dass heute so viele Menschen zum Glauben kommen. Ich habe vor kurzem die Schätzung erfahren, dass man in China mit etwa zehn Bekehrungen pro Tag rechnet.
Wir können nur träumen in Europa oder von großer Erweckung sprechen, aber das haben wir in Europa nicht. An anderen Orten, ohne große Manifestationen, kommen Menschen. Es gibt eine halbe Million vollzeitliche Evangelisten in China, die mit einer Tasche Bibeln zu Fuß von Ort zu Ort gehen. Das ist gewaltig!
Es gibt eine gute Biografie von einem Chinesen, der vor einigen Jahren sehr gelitten hat für Christus. Er hatte zweitausend Gemeinden gegründet in China. Das ist ein Niedergang in den altchristlichen Ländern, aber andererseits sehen wir ein Werk Gottes weltweit, das wirklich nur zum Staunen ist.
So wartet der Herr, weil er so viele wie möglich noch retten möchte. Aber die Zeit der Gnade wird ein Ende nehmen.
Manuela, du hattest noch eine Frage.
Ja, das hat es aber durch alle Jahrhunderte hindurch gegeben, also der Hinweis auf den Knecht, der seine Mitknechte schlägt (Matthäus 24).
Jawohl, es gibt das im zwanzigsten Jahrhundert, dass Christen ihre Mitchristen schlagen. Aber es hat in den vergangenen Jahrhunderten, wie wir noch darauf kommen werden, Abertausende gegeben, die nicht nur geschlagen wurden, dass sie ein blaues Auge hatten, geistlich gesehen, sondern die auch zu Tode gefoltert worden sind.
Also dieses Thema des Schlagens der Mitknechte ist ein prophetischer Hinweis von gewaltiger Dimension für die Kirchengeschichte.
Gut, ich glaube, wir gehen weiter.
Jetzt kommen wir zu prophetischen Gleichnissen. Matthäus 13 enthält sieben Gleichnisse. Dieses Kapitel beschäftigt sich ganz besonders mit dem Reich der Himmel – oder wie Luther sagt: „mit dem Himmelreich“.
Damit ist nicht der Himmel oben gemeint, sondern es geht um Dinge hier auf Erden.
Ich erkläre: In Matthäus kommt 32 Mal und nur hier der Ausdruck „das Reich der Himmel“ vor. In den anderen Evangelien heißt es bei den parallelen Stellen immer „das Reich Gottes“.
Himmel war bei den Rabbinen ein Ersatzname für den unaussprechlichen Namen Gottes, Yahweh. Weil die Zehn Gebote sagen: Du sollst den Namen deines Gottes nicht zum Eitlen aussprechen, hat man schon in vorchristlicher Zeit begonnen, das Aussprechen des Eigennamens Gottes, Yahweh, zu vermeiden.
Man hat ersetzt durch Adonai, Herr. Darum übersetzen auch viele, wenn Yahweh steht, im Alten Testament mit Herr.
Man hat auch andere Ersatznamen gehabt, wie Memra Adonai, das Wort des Herrn. Das kommt wieder in Johannes 1: „Am Anfang war das Wort.“ Das heißt nichts anderes, als dass am Anfang Yahweh, der Sohn Gottes, war.
Majestät haben sie ihn genannt, darum sagt der Hebräerbrief: „Er hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe.“ Das ist zu Rechten Yahwes, oder Kraft, die Kraft, Gwura.
Darum sagte er Jesus: „Ihr werdet den Sohn des Menschen zu Rechten der Kraft sehen“, das ist zu Rechten Yahwes.
Der Sanhedrin sagte Gwura.
Dann haben sie auch „Schamayim“, Himmel, gebraucht, um Yahwe zu sagen.
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn überlegt er sich: „Ich gehe zum Vater und sage, ich habe gesündigt vor dem Himmel und vor dir, vor Yahweh und vor dir.“
Also das Reich der Himmel ist das Reich Yahwes, das Reich Gottes, das Reich des Herrn.
Sieben Gleichnisse beschreiben das.
Auf dem Blatt haben wir das erste Gleichnis, das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Der Same wird ausgestreut. Der Herr Jesus erklärt, der Same bedeutet das Wort Gottes, so ausdrücklich in Lukas 8.
Das Wort Gottes wird ausgestreut, der Acker bedeutet symbolisch das, was auch in Matthäus 13,38 gesagt wird: „Der Acker aber ist die Welt.“
Das Gleiche sagt, dass der Acker symbolisch das ist, was in Matthäus 13,38 gesagt wird: Das Wort Gottes wird in der ganzen Welt verkündigt werden.
Das ist also speziell für die Zeit, in der der König abwesend ist. Da wird das Wort Gottes in der ganzen Welt verkündigt werden.
Pause. Ja, wir machen Pause.
Gut, wir sind stehen geblieben beim vierfachen Ackerfeld. Wir haben gesehen, das Wort Gottes wird in der ganzen Welt verwendet werden.
Jetzt, nach 2000 Jahren, können wir sagen, dass das Wort Gottes in alle Nationen, in alle Länder der Welt gekommen ist.
Einen guten Dienst tut hier insbesondere die Radioverbreitung.
Aber wenn man sich das überlegt: Um 1800 war die Bibel in etwa siebzig Sprachen übersetzt.
Dann, in der großen Erweckungszeit des neunzehnten Jahrhunderts, ist ein gewaltiger Aufbruch geschehen, auch die Sicht für Weltmission und den Missionsauftrag des Herrn Jesus (Matthäus 28, Markus 16, Lukas 24).
1830 war die Bibel in etwa 137 Sprachen übersetzt. In 30 Jahren sind mehr neue Sprachen dazugekommen als in den 1800 Jahren davor. Das ist gewaltig!
Heute, 1998, ist die Bibel in etwa 2200 Sprachen übersetzt, wenigstens Teile davon. Es gibt auf Kassetten Evangeliumsbotschaften in über 4600 Sprachen und Dialekten.
Diese Arbeit hat besonders seit den Dreißigerjahren dieses Jahrhunderts begonnen.
Wenn man nur Niedergang im christlichen Zeugnis sieht, hat man die Augen vor solchen Entwicklungen verschlossen. Natürlich wirkt das vielleicht nicht so aufsehenerregend und für manche nicht so vom Stuhl werfend, aber das sind die wesentlichen Dinge, bei denen die Botschaft ausgestreut worden ist und viel Frucht gebracht hat.
Der Herr Jesus erklärt, es gibt vier Typen von Boden, vier verschiedene Arten, wie das Wort aufgenommen wird, und nur eine Art ist wirklich gut, nur eine Art bringt wirklich Frucht.
Es gibt das Steinige, das sind solche, die das Wort ganz enthusiastisch aufnehmen, aber nur für eine Zeit. Denn sie haben keine Wurzeln. Sobald unangenehme Dinge kommen, gehen sie weg. Aber sie waren nicht wiedergeboren. Sie haben ausgesehen wie wiedergeboren, aber sie waren es nicht.
Nur die in der guten Erde sind die Wiedergeborenen.
Es ist natürlich klar, dass wenn das Wort Gottes auf so verschiedene Reaktionen stößt, neben echten Gläubigen auch Scheingläubige dazukommen.
Das führt uns zum nächsten Gleichnis, dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Matthäus 13,24-30).
Ein Mensch hat guten Samen auf seinen Acker gestreut. In der Nacht kam ein böser Feind und streute Unkraut, das griechische Wort bezeichnet „Lolch“, unter den Weizen.
Der Lolch sieht ganz ähnlich aus wie Weizen und man kann ihn erst sicher vom Weizen unterscheiden, wenn die Frucht kommt. Scheinbar ist er wie Weizen, aber keiner.
Am anderen Tag kommen die Knechte zu ihrem Herrn und sagen: „Herr, schau mal, was da geschehen ist. Sollen wir gehen und diesen Lolch ausreißen?“
Nein, sagt er, lasst es wachsen bis zur Zeit der Ernte. Dann wird es offenbar werden, ganz am Schluss, und man wird das Unkraut trennen. Aber wenn ihr jetzt geht, könnte es sein, dass ihr auch Weizen ausreißt, und das geht nicht.
Dieses Gleichnis macht deutlich, dass es durch die Wirksamkeit des Teufels zu einer Entwicklung kommen wird, dass viele Menschen in die Christenheit hineinkommen, die äußerlich wie Christen aussehen oder sich so geben, aber es nicht sind.
Jetzt soll man keine Radikalkur machen mit Ausreißen, sprich Ketzer, Verfolgung, Scheiterhaufen und so weiter. Nein, sagt der Herr, denn dann könnte man auch wahre Gläubige treffen, das geht auf keinen Fall.
Aber das wird so sein bis ans Ende. Diese Prophetie zeigt, es ist nicht verwunderlich, dass es zu einer totalen Vermischung von wahren und falschen Christen gekommen ist. Das hat der Herr deutlich vorausgesagt, und diese Entwicklung soll bleiben bis ans Ende der Phase B des Reiches Gottes.
Das dritte Gleichnis ist das Gleichnis vom Senfkorn. Herr Jesus sagt: Das Reich Gottes, das Reich der Himmel, ist wie ein Senfkorn.
Senfkorn, der gute Senf, ist nicht der, der einfach aus der Tube spritzt, sondern da, wo die Körnchen noch zu sehen sind, wenigstens nach meinem Geschmack.
Da sieht man, wie klein die Senfkörner sind, so kleine Körner. Das Christentum soll ganz klein beginnen.
Aber dann sagt der Herr im Gleichnis, dass es aufwachsen wird und zu einem Baum wird, und die Vögel des Himmels werden darin Nester machen.
Das heißt: Aus dem ganz kleinen Anfang des Christentums am Pfingsttag (Apostelgeschichte 2, da waren 120 beieinander) soll etwas ganz Großes und Mächtiges werden, ein Baum, ein Machtfaktor in dieser Welt.
Dann sollen Vögel darin nisten.
Wenn man an Offenbarung 18 denkt, da wird Babylon, die falsche Kirche am Ende der Zeit beschrieben.
Ich lese Offenbarung 18, Vers 2: „Und er rief mit starker Stimme und sprach: Gefallen, gefallen ist Babylon, die Große, und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes und ein Gewahrsam jedes unreinen und gehassten Vogels.“
Da werden die Vögel mit Dämonen in Verbindung gebracht.
Das heißt: Aus dem Christentum soll aus dem kleinen Anfang ein Machtfaktor werden, wo Dämonen ihr Zuhause finden.
Das ist nicht gerade sehr löblich, diese Prophetie, eine Entartung.
Man könnte denken, dass der Herr genau das als Beispiel nimmt. Der Vergleich mit Offenbarung 18 zeigt den Entartungsfaktor, dass da wirklich alles Platz finden kann.
In britischen Ländern wächst der Senf zu einem so großen Strauch, dass man fast von einem Baum sprechen könnte.
Das nächste Gleichnis ist das Gleichnis vom Sauerteig. Eine Frau nimmt Mehl, macht einen Teig, und bringt Sauerteig darunter.
Sauerteig ist alter Teig mit Gärungsprozess. Wenn man ihn unter neuen Teig bringt, der keine Gärung hat, durchsäuert er den ganzen Teig.
Sauerteig ist in der Bibel durchweg negativ. Es gibt keine Stelle, wo Sauerteig positiv wäre.
Ich habe zwei Stellen aufgeführt: Matthäus 16,12, wo der Herr über den Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer spricht.
Pharisäer waren diejenigen, die dem Wort Gottes durch Gesetzlichkeit hinzufügten, und Sadduzäer waren die, die durch Liberalismus dem Wort Gottes wegnahmen.
Der Apostel Paulus spricht in 1. Korinther 5,6-8 vom Sauerteig in Verbindung mit Unmoral in der Gemeinde, besonders Unzucht, gegen die Gemeindezucht wirken muss.
Sauerteig steht also für Irrlehre und Unmoral.
Nach Matthäus 13 soll das Christentum so davon durchsetzt werden, dass der ganze Teig betroffen ist.
Diese Durchsetzung von Irrlehre und Unmoral begann schon massiv im ersten Jahrhundert. Das zweite Jahrhundert ist schon durch eine starke Verdrehung der Grundwahrheiten des Evangeliums gekennzeichnet.
Leute, die die Apostel noch kannten, erzählten den unglaublichsten Unsinn.
Beispiel Ignatius, der 117 nach Christus als Märtyrer starb, hatte schon die Rechtfertigungslehre des Römerbriefes verdreht. Er freute sich auf das Märtyrium, weil er dachte, dass durch das Sterben für Christus die volle Rechtfertigung zur Geltung kommt.
Der Gedanke von Leistung und das Heil durch eigene Werke kam schon im frühen zweiten Jahrhundert auf.
Gut, also schlecht.
Dann kommen die Gleichnisse vom verborgenen Schatz und von der Perle.
Der Herr Jesus will zeigen, dass er innerhalb der ganzen Vermischung und Entartung nach wie vor den Wert, die Schönheit, die Pracht und die Herrlichkeit der wahren Gemeinde sieht.
Die echten, wirklichen Gläubigen sind für ihn dieser verborgene Schatz, die kostbare Perle.
Wer ein Kaufmann ist, gibt alles her, um nur diese eine Perle zu haben.
Die Perle bildet sich im Meer. Was kommt in eine Perlmuschel hinein? Ein kleines Sandkörnchen. Das bereitet der Perlmuschel Schmerzen. Dann sondert sie ein Sekret ab und umgibt das wertlose Korn, und das wird die Perle.
Also haben wir Christus, unseren Erlöser, Schmerzen zugefügt. In uns hatten wir keine Pracht und Schönheit, nur wie Staubkörner, aber er hat die ganze Herrlichkeit hinzugefügt.
Das Meer ist in der Bibel ein Bild der Völker, das zielt auf die Unmengen von wahren Gläubigen aus der Völkerwelt ab.
Dann kommen wir zum letzten Gleichnis, dem Gleichnis vom Fischfang.
Der Herr Jesus spricht dort über ein Fischernetz, ein spezielles. Man kann ein Bibellexikon nehmen und über verschiedene Fischernetze damals lesen.
Man lernt das Schleppnetz kennen, ein Netz, das vom Schiff hergezogen wird und alles auffängt.
Der Herr erklärt, dass gute und schlechte Fische aufgenommen werden.
Das Gesetz unterschied, welche Fische rein sind zum Essen und welche unrein. Aber mit dem Schleppnetz kommt alles rein.
Dann bringen sie das Netz ans Ufer. Was machen sie? Die schlechten Fische werden wieder ins Meer hinausgeworfen, nicht getötet. Die guten werden in Gefäße gesammelt.
Das ist interessant.
Das ist nicht dasselbe, was der Herr verboten hat beim Unkraut, das man nicht ausreißen soll, sondern die Fische lässt man gehen.
Man soll sich bemühen, nur echte Gläubige in örtlichen Gemeinden um den Herrn zu versammeln. Alle Ungläubigen sollen zu den Gottesdiensten kommen, das Evangelium hören und überzeugt werden.
So sagt Paulus in 1. Korinther 14, wenn ein Ungläubiger zu euch kommt, wird er auf sein Angesicht fallen und sagen: „Gott ist wirklich mitten unter euch.“
Das ist die biblische Sicht von Gemeinde. Die Ungläubigen gehören nicht zur Gemeinde, sie gehören noch zum Meer, zum See.
Das Sammeln der guten Fische in Gefäße zeigt, dass mit der Vermischung nicht einfach Schicksal eingetreten ist, sondern dass im örtlichen Bereich die Scheidung zwischen echtbekehrt und nichtbekehrt, zwischen gläubig und ungläubig, zwischen Kindern Gottes und Kindern des Teufels beibehalten werden muss.
Wenn man Kirchengeschichte liest, findet man Beispiele, wie man sich informieren kann. Zum Beispiel das Kompendium der Kirchengeschichte von Carl Heussi.
Ich mache das normalerweise nicht, denn er ist ein liberaler Theologe, aber die Kirchengeschichte ist so gut, dass man viel Material findet, das man sonst nirgends findet. Man kann das kritisch lesend sehr gut benutzen.
Es wird auch viel Literatur hingewiesen, wo man vertiefen kann, wenn man etwas Spezielles sucht.
Heussi schreibt zum Beispiel, dass im zweiten Jahrhundert die Gemeindezucht vorbei war. Die Vermischung von gläubig und ungläubig war so weit fortgeschritten, dass mit Kirchenzucht nichts mehr zu machen war.
Die Vermischung hat sehr früh eingesetzt, besonders in den Ruhezeiten zwischen den Verfolgungen. Von Nero im Jahr 64 bis zur Diokletianischen Verfolgung vor Konstantin 312 gab es Wellen von Verfolgungen.
In den Ruhezeiten strömten die Leute massenweise in die Kirchen. In den Ruhezeiten kam immer die Vermischung, und wenn die Verfolgung kam, hauten sie wieder ab.
Wenn wir schon bei Literatur sind: Das Buch von John Walton „Chronologische Tabellen und Hintergrundinformationen zur Kirchengeschichte“ ist zwar vergriffen, aber vielleicht hat es jemand in der Bibliothek. Es ist ein sehr nützliches Werk voller Tabellen, um die Kirchengeschichte zu lernen.
Auch die beiden Bände von Amin Serschin „Zweitausend Jahre Kirchengeschichte“ sind sehr empfehlenswert. Sie behandeln die ersten 1500 Jahre bis zur Reformation. Sie sind einfach geschrieben, obwohl Pflichtlektüre an der Theologischen Hochschule Basel.
Das war noch einmal, wie früh die Vermischung angefangen hat, aber es musste nicht so bleiben. Der Herr zeigt die schlechten Fische im Meer und die guten sammelt er in Gefäßen.
Sind bis dahin Fragen?
Ja, gut. Die Kirchengeschichte von Miller kann man auch sehr empfehlen. Es ist eine Kirchengeschichte, die besonders versucht, vom Neuen Testament her die Kirchengeschichte zu beurteilen.
Ich kenne sie selbst nicht. Es gibt noch viele weitere Werke, aber die von Miller ist sehr zu empfehlen. Ich würde aber nicht nur diese lesen, sondern auch eine andere dazu in Ergänzung.
Gut, das ist natürlich nur ein Ausschnitt aus der Kirchengeschichte. Wer sich einen Überblick verschaffen will, braucht mehr.
Ja, die sich einnisten, die Vögel!
Das ist sehr gut, vielen Dank für den Hinweis.
Psalm 84 spricht vom Sperling und von der Schwalbe, die ein Nest gefunden haben, und gerade in Verbindung mit dem Haus Gottes.
Wie kann man das mit dem vereinbaren, was ich gerade gesagt habe, nämlich dass die Menschen, die ein Nest gefunden haben – ich habe eigentlich nur die negative Seite betont?
In Matthäus 13 habe ich nur die negative Seite betont. Dort steht einfach „Vögel“, es steht nicht „rein“ und „unrein“.
In Offenbarung 18 steht von den unreinen Vögeln, die Bilder sind von Dämonen.
Die Schwalbe und der Sperling sind Singvögel, und die sind unter den unreinen Vögeln in 3. Mose 11 nicht erwähnt. Alle unrein erklärten Vögel können nicht singen.
Interessant: Wer wirklich die Freude des Heils kennt, der singt. Das ist eine Auswirkung des neuen Lebens, das Singen vom Heil.
Es gibt keine Religion der Welt, die Gemeindegesang kennt. Ist das schon mal aufgefallen? Keine Religion kennt Gemeindegesang. Das ist absolut christlich-biblisch, schon im Alten Testament, im Judentum, aber ganz typisch christlich: das neue Lied, das Lied der Erlösung.
Schwalbe und Sperling sind Singvögel, und sie werden in Verbindung mit dem Haus Gottes erwähnt. Das ist natürlich ganz positiv.
Die Schwalbe macht ihr Nest direkt am Tempelhaus.
Darum geht es: Der Psalmist sagt, er möchte so gerne im Tempel sein, aber kann nur selten dort sein. Die Schwalbe kann dauernd dort sein, sie hat ihr Nest an das Haus Gottes gebaut.
Das ist ein schöner Hinweis für Erziehung, Kindererziehung, Familie, dass wir die ganze Familie mit dem Haus Gottes, der Gemeinde Gottes verbinden, so dass sie sich wirklich da zu Hause fühlen wie Schwalben – Nest, Wärme, Nähe, unmittelbare Nähe zum Herrn.
Danke für den Hinweis.
Noch etwas: Gibt es ein Opfer mit Sauerteig? Ja, ein einziges, aber dieses Opfer mit Sauerteig in 3. Mose 23 erwähnt, das Opfer der Erstlinge. Es wurde aber nicht auf den Altar gebracht. Dieses Opfer ist, ich kann das nicht beweisen, ein Hinweis auf die Gemeinde.
Zwei Brote am Pfingsttag mussten Gott im Tempel gebracht werden, und Paulus sagt, dass die Gemeinde, wir die Vielen, ein Leib, ein Brot sind, und wir haben den Sauerteig drin. Aber die Brote waren gebacken, und durch das Backen wird der Sauerteig neutralisiert, er geht nicht mehr weiter. Da hat alles seine Bedeutung.
Da hinten kam noch eine Frage.
Wie ist das mit den Nationen, einschließlich heute, etwas mehr Details und Unterteilung der ethnischen Volksgruppen?
Ich meine nicht die ethnischen Volksgruppen, sondern Nationen im Sinne von Ländern, wie die Schweiz. Dort gibt es verschiedene ethnische Gruppen. Ich meine China, Indien, das ist voll ethnischer Gruppen.
Ich sage, es sind nicht alle Stämme durch das Evangelium erreicht worden, aber alle Länder haben mindestens Radiobotschaften des Evangeliums bekommen, und die sind erfolgreicher, als man denkt, in Breitenwirkung und Tiefenwirkung.
Dann gehen wir zu Matthäus 25, dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen. Es ist wieder ein Gleichnis, das das Reich der Himmel, das Reich Gottes bezeichnet.
Nur fünf sind klug, die anderen sind töricht. Die Zahl zehn in der Bibel ist die Zahl der Verantwortung. Die Zusammenfassung des Gesetzes besteht aus zehn Worten, den Zehn Geboten. Das ist es, was Gott von Menschen fordert, darum ist zehn die Zahl der Verantwortung.
Wir haben gesehen, die Christenheit sollte eine Vermischung werden von wahren und falschen Christen (Matthäus 13), und mit Matthäus 25 können wir sagen: mit klugen und mit törichten.
Alle sind eingeschlafen. Es ist eine orientalische Sitte, die hier beschrieben wird: Alle sollten dem Bräutigam entgegengehen, wann er irgendwann in der Nacht kommen wird.
Aber es dauerte länger, als man dachte. Wieder sehen wir die Verzögerung, die scheinbare Verzögerung.
Alle werden schläfrig und schlafen ein.
Kirchengeschichtlich kann man sagen, dass die Hoffnung und Erwartung der Wiederkunft Christi wirklich etwas ist, womit man konkret rechnen soll. Das ist sehr früh verloren gegangen, besonders damit, dass das Christentum ein Machtfaktor im römischen Reich wurde, nämlich mit der konstantinischen Wende.
Dann haben sich die Christen sehr damit beschäftigt, was sie für ein Machtfaktor auf Erden sind. Das Wissen um den himmlischen Aspekt ging verloren.
Das Wissen um die Entrückung ging sehr früh verloren. Man findet es im zweiten Jahrhundert bei Irenäus, aber sehr früh ging es verloren.
Besonders in der Erweckungsbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts wurde vielen Christen wieder bewusst: Jesus Christus kommt wieder, und zwar in zwei Phasen: zuerst in der Entrückung für seine Gemeinde und danach mit seiner Gemeinde in Herrlichkeit.
Man begann, dieses Thema wieder zu verkündigen. Das hat die Erweckungsbewegung im letzten Jahrhundert sehr stark geprägt.
Diese Erwartung der Wiederkunft Christi entspricht dem aufweckenden Mitternachtsruf in Matthäus 25, Vers 6: „Um Mitternacht entstand ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen!“
Da sind alle wach geworden, die wahren Gläubigen sehr wach, aber auch die Bibelkritiker sind im letzten Jahrhundert sehr wach und aktiv geworden und haben durch ihre Tätigkeit eine gewaltige Wirkung bis ins 20. Jahrhundert ausgeübt.
Alle sind erwacht, aber die einen waren bereit, als der Bräutigam kam, und die anderen nicht.
Das macht deutlich: Es gibt ein „zu spät“. Es gibt einen Moment, wo die Tür geschlossen wird und man nicht mehr kommen kann.
Das zeigt die Entwicklung der Kirchengeschichte in einem großen Bogen und zeigt, wie es für scheinbare Christen ein „zu spät“ geben kann.
Dann haben wir das Gleichnis von den zehn Talenten, das haben wir schon ein bisschen besprochen. Dort sehen wir, wie Erlöste und Verlorene dem Herrn dienen oder dienen sollten. Sie werden als Knechte bezeichnet.
Aber einer ist ein frecher Mensch. Er hat sein Talent, mit dem er hätte handeln sollen, vergraben.
Der Herr sagt zu ihm in Vers 24: „Es trat aber auch er zu, der das eine Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist, du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast. Ich fürchte mich vor dir und ging hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.“
Sein Herr antwortete: „Böser und fauler Knecht! Du wusstest, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammele, wo ich nicht ausgestreut habe.“
Dann kommt das Urteil der Verdammnis über ihn.
Ein Mensch, der so Christus entehrend und böse über die Person des Herrn Jesus spricht.
Wir sehen: Es gibt gute und böse Knechte, aber am Ende wird es eine Abrechnung geben. Der Herr kommt zurück.
Bis dahin Fragen?
Ja, Tim.
Ist Öl und Talente gleichzusetzen mit dem Heiligen Geist?
Öl wird in der Bibel als Symbol für den Heiligen Geist gebraucht, denn mit Öl wurden Propheten, Priester und Könige gesalbt.
Im Neuen Testament wird die Salbung mit dem Heiligen Geist verbunden.
Also sehen wir das Symbol Öl als Heiligen Geist.
Bei den zehn Jungfrauen hatten alle Lampen, die brannten, aber nur fünf hatten Reserveöl, die anderen nicht.
Man spekuliert oft: „Ja, alle hatten Öl.“ Natürlich, sonst hätte die Lampe nicht gebrannt.
Der Hauptpunkt ist, dass die einen bereit waren und wirklich Kraft hatten, bis zum Schluss zu leuchten, und die anderen nicht.
Der Heilige Geist spielt eine Rolle nicht nur bei den wahren Gläubigen. Bei den wahren Erlösten wohnt der Heilige Geist in ihnen (Römer 8: Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein).
Im Hebräer 6 wird über solche gesprochen, die verloren gehen, die teilhaftig Heiligen Geistes sind – nicht wörtlich teilhaftig des Heiligen Geistes, ohne Artikel, sondern sie haben Anteil am Wirken des Heiligen Geistes.
Wenn jemand unter dem Einfluss des Wortes Gottes in einer Evangelisation ist, wo er das Evangelium tief trifft, ist er noch lange nicht bekehrt. Aber er ist teilhaftig Heiligen Geistes, der Wirkung des Heiligen Geistes. Dann muss er sich bekehren. Erst dann bekommt er den Heiligen Geist in der Wohnung.
So haben die zehn Jungfrauen alle Lampen, und bei allen spielt das Wirken des Heiligen Geistes eine Rolle.
Es ist schon geschehen, dass ein ungläubiger liberaler Pfarrer gepredigt hat und jemand zum Glauben kam, durch seine Predigt. Er war nicht bekehrt, aber der Heilige Geist wirkte durch sein Wort in seiner Souveränität.
Der Heilige Geist spielt überall eine Rolle, wo man sich mit Gottes Wort auseinandersetzt. Die Frage der Innewohnung geht zunächst einmal gar nicht.
Bei den Talenten wird erklärt, dass die Talente, diese Wertstücke, ausgeteilt werden nach der eigenen Fähigkeit (Vers 15). Das heißt, jeder Mensch hat Begabungen, nicht gleich verteilt. Die Begabten haben größere Verantwortung, andere kleinere, aber alle haben Verantwortung bekommen.
Jeder Christ, ob wiedergeboren oder nicht, hat Begabungen, Möglichkeiten, Einflussmöglichkeiten.
Der Herr beurteilt unterschiedlich nach Verantwortung, aber jeder wird zur Rechenschaft gezogen.
Die Talente symbolisieren die Verantwortung entsprechend der natürlichen Begabung im weitesten Sinn.
Wir müssen immer mit der Gemeinde vergleichen, aber die Gemeinde ist doch die Braut, und die zehn Jungfrauen gehen dem Bräutigam entgegen. Die Sehnsucht verpflichtet doch die Braut.
Die Frage ist: Wie können die zehn Jungfrauen die Gemeinde darstellen, wenn die Gemeinde nach anderen Stellen die Braut sein soll?
Die zehn Jungfrauen stehen nicht für die Gemeinde, sondern für die Christenheit. Man muss unterscheiden zwischen Christentum und Christenheit.
Das Christentum ist die Gesamtheit der christlichen Lehre. Die Christenheit ist die Gesamtheit der Menschen, die sich Christen nennen, sich zum Christentum zählen, aber echte und unechte.
Die zehn Jungfrauen sind also nicht die Gemeinde, sondern diese Vermischten im Reich Gottes. Darum geht es hier um einen ganz anderen Aspekt: Jungfrauen, die dem Bräutigam entgegengehen.
Die Braut wird nicht einmal genannt im Gleichnis. Das ist interessant. Bei einer Hochzeit gibt es normalerweise zwei.
Man sagt immer den jungen Leuten: Alleine kann man nicht heiraten, es müssen zwei sein und nur zwei.
Gut, es geht um einen ganz anderen Blickwinkel, der hier gezeigt wird.
Jetzt weiter zu prophetischen Texten in den Briefen.
1. Timotheus 4, Vers 1: „Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen werden, achtend auf Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden und ihr Gewissen wie mit einem Brenneisen gehärtet haben, verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat zur Annahme mit Danksagung für die, die Glauben und Wahrheit erkennen.“
Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird, denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet.
Wenn du das den Brüdern vorstellst, wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein, auferzogen durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre, denen du genau gefolgt bist.
Der Schlüssel hier ist der Ausdruck „in späteren Zeiten“.
Es würde mich nicht wundern, wenn in der Bibel „in den letzten Zeiten“ steht. Aber der Ausdruck hier ist ein deutlich anderer als in 2. Timotheus 3, wo es um die letzten Tage geht.
Der Ausdruck hier im Griechischen meint „spätere, nächstfolgende Zeiten“. Wenn man es mit „letzten Zeiten“ übersetzt, geht man meines Erachtens über die Kraft dieses Wortes hinaus.
In nachfolgenden Zeiten, auf die Zeit des Apostels, sollte das kommen, dass viele das Glaubensgut aufgeben, indem sie auf Dämonen achten, mit Lehren, die verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten.
Wir können das Zölibat, gebotene Ehelosigkeit und Askese nennen – Dinge, die über das Wort Gottes hinausgehen.
Das kam schon früh auf. Askese kam im ersten Jahrhundert, verstärkte sich im zweiten. Im dritten Jahrhundert begann das Eremitentum, das heißt, dass einer aus der Gesellschaft ausstieg und allein in der Wüste lebte, um im Glauben weiterzukommen.
Diese Eremiten hatten eine gewaltige Ausstrahlung. Viele kamen zu ihnen, betrachteten sie als besonders weise Christen und gründeten in ihrer Nähe Eremitentum. Das löste eine Bewegung aus, in der Zehntausende Aussteiger wurden.
Das dritte Jahrhundert war eine totale Aussteigergesellschaft.
Wieso? Das römische Reich war innerlich zerfallen, Steuerdruck usw. Was macht man dann? Man steigt aus.
Diese Aussteiger hatten keine Blumen in den Haaren, aber sie taten das Gleiche: Aussteigertum war total in.
Dann wurden Klöster gebildet, das machte Furore. Dieser Lebensstil hatte eine starke Sogwirkung.
Das wird hier in „späteren Zeiten“ bezeichnet.
Viele haben darauf gehört, auf solche Lehren. Der Apostel Paulus nennt das betrügerische Geister und Lehren von Dämonen.
Das steht auch in der lateinischen Bibel sehr klar.
Jedes Geschöpf Gottes ist gut. Wie kam es, dass man das Materielle begann zu verachten?
Das kommt aus der griechischen Philosophie.
Vorchristlich beschäftigten sich die Griechen sehr mit der Frage: Wie kann ich etwas erkennen?
Sie bewerteten den Geist des Menschen sehr hoch und das Körperliche sehr niedrig.
So entstand das Denken, dass das Körperliche minderwertig und das Geistliche höher ist.
Im ersten Jahrhundert entstand die Gnosis, eine christliche Lehre, die sagt: Der Gott im Alten Testament ist ein böser Gegengott zum wahren Gott der Liebe.
Dieser böse Gegengott hat die Materie geschaffen, diese schlechte Materie.
Geister der Menschen gab es schon früher, bevor wir existierten. Sie sind durch einen Sündenfall gefallen und in der Materie dieses Gegengottes gefangen.
Man muss aus dieser Gefangenschaft herauskommen, sich befreien, und zwar durch höhere Erkenntnis.
Nicht einfach intellektuell, sondern durch ekstatische Erlebnisse, geistliches Ausflippen.
Dann kommt man zur eigentlichen Erkenntnis.
Die Gnostiker unterschieden Gläubige und solche mit Erkenntnissen, die höher sind und ekstatische Erfahrungen gemacht haben.
So entstand die Verachtung der Materie.
Die Gnostiker sagten, Christus sei gar nicht Mensch geworden. Das geht nicht, denn wenn er einen menschlichen Körper gehabt hätte, hätte er an der schlechten Schöpfung teil gehabt. Er sei nur in einem Scheinleib gekommen.
Der Apostel Johannes schrieb kurz vor seinem Tod (1. Johannes 4): „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind. Viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen. Hieran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott. Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Das ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er schon in der Welt.“
Die Gnosis war einer der schlimmsten Angriffe auf die frühe Christenheit. Viele fielen ihr zum Opfer, weil sie höhere Erkenntnis und ekstatische Erlebnisse suchten.
Der Apostel Paulus schrieb in 1. Timotheus 6, Vers 20: „O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du dich von den ungöttlichen, eitlen Reden und Widersprüchen der fälschlich so genannten Gnosis (Kenntnis) abwendest, zu welcher sich etliche vom Glauben abgeirrt haben. Die Gnade sei mit dir.“
So entstand die Verachtung des Körperlichen und damit die Verachtung von Speise, Ehe und Sexualität.
Die Sexualität ist gut von Gott gegeben, aber nur im geschützten, gottgegebenen Rahmen der Ehe.
Der Bischof nach 1. Timotheus 3 muss „eines Weibes Mann“ sein, also verheiratet.
Timotheus 4 verbietet zu heiraten – eine Lehre von Dämonen, die sehr früh und sukzessiv kam.
Man kann das mit dem Froschprinzip vergleichen: Ein Frosch springt aus kochendem Wasser sofort weg, aber wenn man ihn ins kalte Wasser tut und langsam erhitzt, bleibt er drin, bis er tot ist.
Das ist die Taktik Satans: Stück für Stück, nicht plötzlich.
Sind noch Fragen? Zwei Minuten haben wir noch Zeit.
Ja.
Wir sind in einem stark mystischen Zeitalter, besonders seit den Sechzigerjahren.
Das kam als Reaktion auf die materielle Nachkriegsgesellschaft, deren Motto war: „Wer was sein will, muss was haben“ – schönes Auto, schönes Haus, viel arbeiten bis zum Herzinfarkt.
Die Jugend der Sechzigerjahre sagte: „Mit diesem Unsinn wollen wir nichts mehr zu tun haben, wir wollen mehr.“
Es kam zu einer Jagd nach Ekstase, dann entstand die Rockmusik mit den ersten Konzerten, bei denen die Massen völlig ausflippten.
Dann kam die Drogenwelle und auch die charismatische Welle, genau im gleichen Jahrzehnt.
Das ist im Zeitgeist drin: der Drang nach ekstatischen Erlebnissen.
Das gibt es immer wieder in der Kirchengeschichte: Erstes bis drittes Jahrhundert, dann im Mittelalter bei den Mystikern, dann im Pietismus und jetzt am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wieder.
Immer ist es eine Reaktion auf übertriebenen Intellektualismus.
Auch im Mittelalter war es eine Gegenreaktion auf die intellektuelle Beschäftigung der Scholastiker, die ins andere Extrem ging.
Reicht das als Antwort?
Ja, das meine ich: Christliche Mystik in allen Schattierungen.
Darum gibt es in allen Buchläden Bücher von Hildegard von Bingen, einer Mystikerin aus dem Mittelalter, die eine Geistesverwandtschaft mit heutigen Bewegungen zeigt.
Gut, wir müssen Pause machen, sonst halten wir es nicht mehr durch.
Die Erwartung der Wiederkunft Christi und die Herausforderung der langen Wartezeit
Gut, jetzt eine weitere Stelle: Zweiter Petrus 3. Der Apostel Petrus schreibt kurz vor seinem Tod, vor seinem Martyrium, noch einen Brief. Es ist das Testament des Petrus.
Kann man einen Katholiken fragen, ob er das Testament des heiligen Petrus kennt? Oh, das ist interessant, nie gehört!
Im Zweiten Petrusbrief, Kapitel 3, Vers 1 schreibt er:
„Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch bereits, in welchem ich, also in Erster und Zweiter Petrus, durch Erinnerung eure lautere Gesinnung aufwecke, damit ihr gedenkt der von den heiligen Propheten zuvorgesprochenen Worte und des Gebotes des Herrn und Heilandes durch eure Apostel.“
Zuerst wissend, dass in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden, die nach ihren eigenen Lüsten wandeln und sagen: „Wo ist die Verheißung seiner Ankunft? Denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so von Anfang der Schöpfung an.“
Also sagte Petrus um 66/67 n.Chr.: Es wird eine Zeit kommen, eine Endzeit, da werden die Menschen sagen: „Oh, das geht schon so lang, ihr sprecht immer davon, es gibt eine Wiederkunft Christi, und es ist nichts geschehen.“
Das deutet schon an, dass die Periode länger dauert, als man im Allgemeinen erwartet hätte. Es weist auch auf die lange Dauer hin.
Wir kommen auf diese Stelle dann nochmals zurück. In Matthäus 24, Vers 48, in der Endzeitrede des Herrn Jesus auf dem Ölberg, sagt er selbst:
„Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr über sein Gesinde gesetzt hat, um ihnen die Speise zur rechten Zeit zu geben? Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, so tuend finden wird; denn ich sage euch, er wird ihn über seine ganze Habe setzen. Wenn aber jener böse Knecht in seinem Herzen sagt: ‚Mein Herr verzögert zu kommen‘ und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen und isst und trinkt mit den Trunkenen, so wird der Herr jenes Knechtes kommen an einem Tag, an welchem er es nicht erwartet, und in einer Stunde, die er nicht weiß. Er wird ihn in zwei Teile schneiden und ihm seinen Teil mit den Heuchlern setzen; dort wird sein Weinen und Zähneknirschen sein.“
Also sagt der böse Knecht plötzlich: „Es geht zu lange, mein Herr verzögert zu kommen.“ Auch das ist ein indirekter Hinweis darauf, dass diese Periode so lange dauert, dass manche Leute denken: „Ja, der kommt doch nie mehr.“
Bis dahin eine Frage: Hätten die Schreiber des Neuen Testaments nicht darüber gesprochen, wenn sie das auch so gesehen hätten? Die Antwort auf diese Sorge suche ich.
Ich wiederhole die Frage: Oft wird gesagt, die Christen zur Zeit des Neuen Testaments hätten eine Naherwartung gehabt, und diese hätte sich dann eben nicht erfüllt. Wie kann man darauf antworten?
Herr Jesus sagt, es dauert, bis er zurückkommt. Dass er das so gesehen hat, zeigt sich auch darin, dass er darüber schreibt. Das ist eine Frage, die uns oft gestellt wird. Ja, Matthäus hat ja das Matthäusevangelium geschrieben. Gerade er schreibt, dass der Herr nach langer Zeit zurückkommt.
Petrus hat den Zweiten Petrusbrief geschrieben, und er sagt, es werden später Spötter kommen und sagen: „Wo ist nun diese Verheißung? Es dauert ja so lange.“
Man kann also sagen: Sie haben den Herrn jeden Tag erwartet und trotzdem wussten sie, dass der Herr gesagt hat, es dauert lange. Petrus sagt noch kurz vor seinem Tod: „Passt auf, es wird noch so weit kommen, dass man sagen wird: ‚Wo ist jetzt endlich diese Wiederkunft Christi?‘“
Man kann also nicht sagen, die Schreiber des Neuen Testaments hätten ganz klar gerechnet, dass die Wiederkunft Christi noch in ihrer Generation stattfinden würde und sich dann geirrt hätten.
Paulus schreibt, dass wir, die Lebenden, mit ihnen entrückt werden. Damit unterscheidet er diejenigen, die schon entschlafen sind. Wie das bei der Entrückung geschehen wird, bleibt offen. Aber er stellt den Entschlafenen die Generation der Lebenden gegenüber und schließt sich selbst mit ein, weil er damals zur Generation der Lebenden gehörte.
Das ist ein Sprachgebrauch, der in der Bibel üblich ist. Ein anderes Beispiel ist das fünfte Buch Mose: Bevor das Volk Israel ins Land Kanaan einzog, spricht Moses die Generation an und sagt: „Wenn ihr nicht auf Gottes Wort hört, wird der Herr dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen, und ihr werdet keine Ruhe finden.“
Das sagt Moses der damaligen Generation. Aber das ist erst mit der Generation ab dem Jahr 70 nach Christus geschehen, also über 1500 Jahre später. Das Volk Gottes wird als eine Einheit gesehen, sodass die damalige Generation Israels angesprochen werden kann, obwohl sich die Verheißung viel später erfüllt hat.
So werden auch die Generationen, die zur Kirche gehören, als eine Einheit gesehen. Es gibt die Entschlafenen und dann die Lebenden. Paulus identifiziert sich mit den Lebenden.
Man kann diesen Sprachgebrauch noch an weiteren Stellen in der Bibel zeigen.
Hilft das? Ja, gut.
Die Bedeutung des Ausdrucks "Ich komme bald" und Gottes Zeitverständnis
Weitere Fragen? Bruno? Der Herr hat gesagt: „Siehe, ich komme bald.“ Diesen Satz findet man dreimal in der Offenbarung, zum Beispiel in Offenbarung 3 und Offenbarung 22. Eigentlich ist „bald“ ein Adverb. In der alten Elberfelder Bibel gibt es bei Offenbarung 3, Vers 11 eine Fußnote, die erklärt: „Der Herr sagt ‚Ich komme bald‘. Eigentlich bedeutet das ‚schnell‘ oder ‚eilends‘.“ Das ist ein Adverb.
Mein älterer Sohn muss Grammatik lernen, und ich muss ihm erklären, was ein Adverb ist. Auch Erwachsene haben manchmal Schwierigkeiten damit. Ein Adverb beschreibt, wie eine Handlung ausgeführt wird. Zum Beispiel: „ein schöner Wagen“ – hier ist „schön“ ein Adjektiv, das erklärt, wie das Nomen „Wagen“ ist. Aber wenn man sagt „etwas schnell tun“, dann zeigt „schnell“ an, wie die Handlung getan wird.
„Ich komme bald“ oder besser „Ich komme schnell“ beschreibt, wie das Kommen aussieht. Es wird schnell, eilends, plötzlich und überraschend sein. Dieser Vers sagt also nichts darüber aus, wie lange die Zeit dauern wird. Es wird einfach plötzlich da sein.
Dennoch kann man noch andere Stellen heranziehen, um zu verstehen, dass Gott einen anderen Zeitbegriff hat als wir Menschen. Das erklärt Petrus im zweiten Petrusbrief, Kapitel 3. Dort heißt es: Manche halten das Kommen des Herrn für eine Verzögerung. Schauen wir das genauer an, in 2. Petrus 3, Vers 9.
Dort steht: „Sei euch aber nicht verborgen, Geliebte, dass ein Tag beim Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es manche für eine Verzögerung halten, sondern er ist langmütig gegen euch, weil er nicht will, dass jemand verloren geht, sondern dass alle zur Buße kommen.“
Hier wird deutlich: Für Gott sind tausend Jahre wie ein Tag. Er hat ein anderes Zeitempfinden als wir Menschen. Gott ist nicht der Zeit unterworfen, wie wir es sind. Für ihn sind zweitausend Jahre wie nichts.
Deshalb gibt es Stellen in der Bibel, die aus der Sicht Gottes geschrieben sind. Dort erscheinen Zeiträume wie zweitausend Jahre als sehr kurz. Andere Stellen sind aus unserer menschlichen Perspektive geschrieben, und dort erscheinen dieselben Zeiträume als lang.
In 2. Petrus 3, Vers 9 wird auch erklärt, warum es so lange dauert: Gott will das Gericht über die Menschheit hinauszögern. Dieses Gericht wird stattfinden, wenn die Phase C des Reiches Gottes beginnt. Gott möchte so viel wie möglich Gnade zeigen und den Menschen die Möglichkeit zur Umkehr, zur Bekehrung zum lebendigen Gott, zur Sündenvergebung und zum ewigen Leben schenken.
Die Spannung zwischen Naherwartung und langer Wartezeit
Noch etwas: Ich wiederhole die Frage. Kommt die Naherwartung vielleicht daher, dass zwischen Himmelfahrt und Pfingsten nur etwa zehn Tage vergangen sind? Man projiziert dann, dass es auch nach der Wiederkunft Christi nicht sehr lange dauern wird.
Beim Kommen des Heiligen Geistes sagt der Herr Jesus bei der Himmelfahrt in Apostelgeschichte 1: „Ihr werdet nun nach nicht mehr vielen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden.“ Die Apostel wussten also, dass es nicht viele Tage sein würden.
Andererseits sagt Hosea 3 von „vielen Tagen“ ohne Fürsten, ohne König und so weiter. Aber eines ist sicher: Der Herr hat keine Berechnungsgrundlagen gegeben. Deshalb sagt er auch in Apostelgeschichte 1, als die Apostel ihn fragen: „Stellst du Israel das Reich in dieser Zeit wieder her?“ Er antwortet: „Es ist nicht euch gegeben, dies zu erkennen.“ Ich übersetze sogar so stark, wie es im Griechischen steht: „Es ist euch nicht gegeben, zu dieser Erkenntnis zu gelangen.“
Die Apostel hatten also keine Berechtigungsgrundlage, um den Zeitpunkt genau zu wissen. Das führte dazu, dass sie berechtigterweise dauernd warten konnten. Es war also einerseits eine Naherwartung, andererseits aber auch eine nüchterne Belehrung, wie wir das auch in Matthäus und 2. Petrus finden.
Das ist auch für uns wichtig: Wir können nicht sagen, dass die Entrückung dieses oder nächstes Jahr sein wird. Aber wir können sagen, dass wir jeden Tag bereit sein müssen. Wir dürfen mit vollem Recht damit rechnen. Die gleiche Haltung dürfen wir heute haben, nur mit dem Mehrwissen, das wir heute besitzen. Wir sehen, welche Zeichen der Zeit nach zweitausend Jahren eingetreten sind.
Ja, es gibt noch mehr. Wie geht das zusammen? Der Herr wartet, weil er so viele Menschen wie möglich retten möchte (2. Petrus 3). Auf der anderen Seite sieht man, wie es moralisch immer schlimmer wird.
Hier müssen wir vielleicht unterscheiden, was wir noch bei weiteren Prophetien sehen werden. Das Neue Testament zeigt, dass es speziell mit der Christenheit moralisch abwärtsgehen wird. Das betrifft besonders die Gebiete der Welt, die lange vom Evangelium und seinem Einfluss geprägt waren.
Aber auf der anderen Seite muss man sagen, dass heute viele Menschen zum Glauben kommen. Ich habe vor kurzem eine Schätzung gehört, dass man in China mit etwa zehn Bekehrungen pro Tag rechnet. In Europa können wir davon nur träumen oder von großer Erweckung sprechen, die es hier nicht gibt.
An anderen Orten, ohne große Manifestationen, kommen dennoch Menschen zum Glauben. Es gibt etwa eine halbe Million vollzeitliche Evangelisten in China, die mit einer Tasche voller Bibeln von Ort zu Ort zu Fuß gehen. Das ist gewaltig!
Es gibt auch eine gute Biografie von einem Chinesen, der vor einigen Jahren in der jüngeren Vergangenheit sehr für Christus gelitten hat. Sein Vergehen war, dass er zweitausend Gemeinden in China gegründet hat. Das zeigt den Niedergang in den altchristlichen Ländern, aber andererseits sehen wir ein Werk Gottes weltweit, das wirklich nur zum Staunen ist.
So wartet der Herr, weil er so viele wie möglich noch retten möchte. Aber die Zeit der Gnade wird ein Ende nehmen.
Frühe Herausforderungen und Entwicklungen in der Christenheit
Manuela, du hattest noch eine Frage. Ja, und das hat es tatsächlich gegeben, durch alle Jahrhunderte hindurch – also der Hinweis auf den Knecht, den Matthäusknecht, der seine Mitknechte schlägt.
Jawohl, es gibt das auch im zwanzigsten Jahrhundert, dass Christen ihre Mitchristen schlagen. Aber es hat in den vergangenen Jahrhunderten, wie wir noch darauf kommen werden, hoffe ich, Abertausende gegeben, die nicht nur geschlagen wurden, also geistlich gesehen ein blaues Auge hatten, sondern die auch zu Tode gefoltert worden sind.
Dieses Thema des Schlagens der Mitknechte ist ein prophetischer Hinweis von gewaltiger Dimension für die Kirchengeschichte.
Gut, ich glaube, wir gehen weiter. Jetzt kommen wir zu prophetischen Gleichnissen. In Matthäus 13 finden wir sieben Gleichnisse. Dieses Kapitel beschäftigt sich ganz besonders mit dem Reich der Himmel – oder wie Luther sagt, „mit dem Himmelreich“. Aber damit ist nicht der Himmel oben gemeint, sondern es geht um Dinge hier auf Erden.
Ich erkläre: In Matthäus kommt der Ausdruck „das Reich der Himmel“ 32 Mal vor – und nur hier. In den anderen Evangelien heißt es bei den parallelen Stellen immer „das Reich Gottes“.
„Himmel“ war bei den Rabbinen ein Ersatzname für den unaussprechlichen Namen Gottes, Yahweh. Die Zehn Gebote sagen: Du sollst den Namen deines Gottes nicht zum Eitlen aussprechen. Deshalb hat man schon in vorchristlicher Zeit begonnen, das Aussprechen des Eigennamens Gottes, Yahweh, zu vermeiden.
Man hat ihn durch „Adonai“, Herr, ersetzt. Darum übersetzen auch viele, wenn Yahweh steht, im Alten Testament mit „Herr“. Aber es gab auch andere Ersatznamen, wie zum Beispiel „Memra Adonai“, das Wort des Herrn.
Das kommt wieder in Johannes 1 vor: „Am Anfang war das Wort“ – das heißt nichts anderes als „Am Anfang war Yahweh, der Sohn Gottes“. Majestät haben sie ihn genannt, darum sagt der Hebräerbrief: Er hat sich gesetzt zu Rechten der Majestät in der Höhe. Das ist zu Rechten Jachwes, oder der Kraft, „Gwura“.
Darum sagte Jesus: „Ihr werdet den Sohn des Menschen zu Rechten der Kraft sehen“ – das ist zu Rechten Jachwes. Vom Sanhedrin wurde diese Kraft „Gwura“ genannt.
Man hat auch „Schamayim“, Himmel, gebraucht, um Jachwe zu sagen. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn überlegt dieser: „Ich gehe zum Vater und sage, ich habe gesündigt vor dem Himmel und vor dir“ – also vor Yahweh und vor dir.
Das Reich der Himmel ist also das Reich Yahwehs, das Reich Gottes, das Reich des Herrn.
Sieben Gleichnisse beschreiben dieses Reich. Auf dem Blatt haben wir das erste Gleichnis, das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld. Der Same wird ausgestreut. Der Herr Jesus erklärt, dass der Same das Wort Gottes bedeutet – so ausdrücklich in Lukas 8.
Das Wort Gottes wird ausgestreut, der Acker bedeutet symbolisch das, was auch in Matthäus 13,38 gesagt wird: „Der Acker aber ist die Welt.“
Nun, das Gleiche sagt, dass der Acker symbolisch das Wort Gottes bedeutet, dass der Acker symbolisch das ist, was in Matthäus 13,38 gesagt wird: Das Wort Gottes wird in der ganzen Welt verkündigt werden.
Das ist also speziell für die Zeit, in der der König abwesend ist. Da wird das Wort Gottes in der ganzen Welt verkündigt werden.
Pause. Ja, wir machen Pause.
Die weltweite Verbreitung des Wortes Gottes und die Reaktionen darauf
Gut, wir sind stehen geblieben beim vierfachen Ackerfeld. Wir haben gesehen, dass das Wort Gottes in der ganzen Welt verwendet werden wird. Nach 2000 Jahren können wir sagen, dass das Wort Gottes in alle Nationen und Länder der Welt gekommen ist. Einen guten Dienst leistet dabei insbesondere die Verbreitung über das Radio.
Wenn man darüber nachdenkt: Um 1800 war die Bibel in etwa siebzig Sprachen übersetzt. In der großen Erweckungszeit des 19. Jahrhunderts gab es einen gewaltigen Aufbruch, auch in der Sicht für Weltmission und den Missionsauftrag des Herrn Jesus (Matthäus 28, Markus 16, Lukas 24).
1830 war die Bibel in etwa 137 Sprachen übersetzt. In 30 Jahren kamen mehr neue Sprachen hinzu als in den 1800 Jahren davor. Das ist gewaltig! Heute, im Jahr 1998, ist die Bibel in etwa 2200 Sprachen übersetzt, zumindest teilweise. Es gibt auf Kassetten Botschaften und Evangeliumsbotschaften in über 4600 Sprachen und Dialekten. Diese Arbeit begann besonders in den 1930er Jahren dieses Jahrhunderts.
Wenn man nur Niedergang im christlichen Zeugnis sieht, hat man die Augen vor solchen Entwicklungen verschlossen. Natürlich wirkt das vielleicht nicht so aufsehenerregend oder für manche nicht so beeindruckend. Aber das sind die wesentlichen Dinge, bei denen die Botschaft ausgestreut wurde und große Frucht gebracht hat.
Der Herr Jesus erklärt, dass es vier Typen von Boden gibt, vier verschiedene Arten, wie das Wort aufgenommen wird. Nur eine Art ist wirklich gut und bringt Frucht. Es gibt den steinigen Boden. Das sind Menschen, die das Wort ganz enthusiastisch aufnehmen, aber nur für eine Zeit. Sie haben keine Wurzeln. Sobald unangenehme Dinge kommen, fallen sie weg. Diese Menschen sind jedoch nicht wiedergeboren. Sie sehen zwar so aus, als seien sie wiedergeboren, sind es aber nicht.
Nur die in der guten Erde sind die Wiedergeborenen. Es ist natürlich klar, dass das Wort Gottes auf verschiedene Reaktionen stößt. Neben echten Gläubigen gibt es auch Scheingläubige. Das führt uns zum nächsten Gleichnis, dem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Matthäus 13,24-30).
Ein Mensch hat guten Samen auf seinen Acker gestreut. In der Nacht kam ein böser Feind und streute Unkraut, das griechische Wort dafür ist "lolch", unter den Weizen. Der Lolch sieht dem Weizen sehr ähnlich. Man kann ihn sicher erst unterscheiden, wenn die Frucht kommt. Scheinbar ist er wie Weizen, aber tatsächlich ist er keiner.
Am nächsten Tag kommen die Knechte zu ihrem Herrn und sagen: „Herr, schau mal, was da geschehen ist. Sollen wir den Lolch ausreißen?“ Der Herr antwortet: „Nein, lasst beides wachsen bis zur Ernte. Dann wird es offenbar werden, und am Ende wird man das Unkraut vom Weizen trennen. Wenn ihr jetzt ausreißt, könnte es sein, dass ihr auch Weizen ausreißt, und das darf nicht geschehen.“
Dieses Gleichnis macht deutlich, dass durch die Wirksamkeit des Teufels viele Menschen in die Christenheit kommen, die äußerlich wie Christen aussehen oder sich so geben, aber es nicht sind. Jetzt radikal auszusortieren – zum Beispiel durch Ketzerverfolgung oder Scheiterhaufen – ist nicht der Weg. Der Herr sagt, dass dies bis ans Ende so bleiben wird.
Diese Prophetie zeigt, dass es nicht verwunderlich ist, dass es zu einer totalen Vermischung von wahren und falschen Christen gekommen ist. Der Herr hat dies deutlich vorausgesagt. Diese Entwicklung wird bis ans Ende der Phase B des Reiches Gottes bestehen bleiben.
Das Wachstum und die Entartung des Reiches Gottes
Dann das dritte Gleichnis, das Gleichnis vom Senfkorn. Herr Jesus sagt: Das Reich Gottes, das Reich der Himmel, ist wie ein Senfkorn. Das Senfkorn, der gute Senf, ist nicht der, der einfach so aus der Tube spritzt, sondern der, bei dem die Körnchen noch zu sehen sind – zumindest nach meinem Geschmack. Aber darüber lässt sich streiten.
Man sieht, wie klein die Senfkörner sind, so kleine Körner. Das Christentum soll ganz klein beginnen. Aber dann sagt der Herr in diesem Gleichnis, dass es aufwachsen wird und zu einem Baum wird, in dem die Vögel des Himmels Nester machen. Das heißt: Aus einem ganz kleinen Anfang des Christentums, wie in Apostelgeschichte 2 am Pfingsttag, als hundertzwanzig beieinander waren, soll etwas ganz Großes werden. Es soll ein mächtiger Baum werden, ein Machtfaktor in dieser Welt. Und dann sollen Vögel darin nisten.
Wenn man an Offenbarung 18 denkt, da wird Babylon, wie wir noch sehen werden, die falsche Kirche am Ende der Zeit beschrieben. Dort lese ich Offenbarung 18, Vers 2: „Und er rief mit starker Stimme und sprach: Gefallen, gefallen ist Babylon, die Große, und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes und ein Gewahrsam jedes unreinen und gehassten Vogels.“ Hier werden die Vögel, die unreinen Vögel, mit Dämonen in Verbindung gebracht. Das heißt, aus dem Christentum soll, aus dem kleinen Anfang, ein Machtfaktor werden, in dem Dämonen ihr Zuhause finden. Es ist keine besonders lobenswerte Prophetie – man könnte von einer Entartung sprechen.
Die Frage ist, ob es in britischen Ländern tatsächlich schon so ist, dass das Senfkorn zu einer so großen Staude wird, dass man fast von einem Baum sprechen könnte, also von mehreren Metern Höhe. Man könnte aber auch denken, dass der Herr tatsächlich auf die Entartung hinaus will, indem er gerade dieses Beispiel nimmt. Der Vergleich mit Offenbarung 18 zeigt ja schon den Entartungsfaktor, dass dort wirklich alles Platz finden kann.
Dann kommt das nächste Gleichnis, das Gleichnis vom Sauerteig. Eine Frau nimmt Mehl, also macht sie einen Teig, und unter diesen Teig bringt sie Sauerteig. Sauerteig ist alter Teig, der einen Gärungsprozess in sich hat. Wenn man ihn unter einen neuen Teig bringt, der keine Gärung hat, durchsäuert er den ganzen Teig. Sauerteig ist – man kann das mit einer Konkordanz untersuchen – durchweg in der Bibel negativ. Es gibt keine Stelle, in der Sauerteig positiv dargestellt wird.
Ich habe zwei Stellen hier aufgeführt: Matthäus 16. Nur ein paar Kapitel weiter spricht der Herr in Vers 12 über den Sauerteig als Symbol für die Lehre der Pharisäer und der Sadduzäer. Die Pharisäer waren diejenigen, die dem Wort Gottes durch Gesetzlichkeit etwas hinzufügten. Die Sadduzäer hingegen nahmen durch Liberalismus etwas vom Wort Gottes weg.
Der Apostel Paulus spricht in 1. Korinther 5,6-8 vom Sauerteig in Verbindung mit Unmoral in der Gemeinde. Dort geht es insbesondere um Unzucht, gegen die Gemeindezucht wirken muss. Sauerteig steht also einerseits für Irrlehre und andererseits für Unmoral.
Nach Matthäus 13 soll das Christentum so stark von diesem Sauerteig durchsetzt werden, dass der ganze Teig betroffen ist. Diese Durchsetzung von Irrlehre und Unmoral war absolut zu erwarten. Sie begann sehr früh in der Kirchengeschichte, schon im ersten Jahrhundert massiv. Das zweite Jahrhundert ist durch eine starke Verdrehung der Grundwahrheiten des Evangeliums gekennzeichnet.
Es ist erstaunlich, dass Leute, die noch die Apostel kannten und persönlichen Kontakt mit dem Apostel Johannes hatten, schon den unglaublichsten Unsinn erzählten. Ein Beispiel ist Ignatius, der 117 nach Christus als Märtyrer für Christus starb. Er hatte die Rechtfertigungslehre des Römerbriefes so sehr verdreht, dass er sich auf das Märtyrium in Rom freute, weil er dachte, dass gerade durch das Sterben für Christus die volle Rechtfertigung zur Geltung kommt.
Der Gedanke, dass man das Heil durch eigene Werke erwerben kann, also durch Leistung, taucht also schon sehr früh im zweiten Jahrhundert auf. Das ist ein schlechter Trend.
Dann kommen die Gleichnisse vom verborgenen Schatz und von der Perle. Damit will Herr Jesus zeigen, dass er trotz der ganzen Vermischung und Entartung den Wert, die Schönheit, die Pracht und die Herrlichkeit der wahren Gemeinde sieht. All die echten, wirklichen Gläubigen sind für ihn dieser verborgene Schatz, sie sind die kostbare Perle. Ein Kaufmann gibt alles her, um nur diese eine Perle zu besitzen.
Es ist auch schön zu sehen, dass die Perle sich im Meer bildet. Was kommt in eine Perlmuschel hinein? Ein kleines Sandkörnchen. Das bereitet der Perlmuschel Schmerzen, woraufhin sie ein Sekret absondert, um das wertlose Korn zu umgeben – und daraus entsteht die Perle. So haben wir Christus, unserem Erlöser, Schmerzen bereitet. In uns war keine Pracht und Schönheit, nur Staubkörner. Aber er hat die ganze Herrlichkeit hinzugefügt.
Das Meer ist in der Bibel ein Bild für die Völker. Das zielt also besonders auf die vielen wahren Gläubigen aus der Völkerwelt ab.
Dann kommen wir zum letzten Gleichnis, das Gleichnis vom Fischfang. Herr Jesus spricht dort über ein Fischernetz, aber ein spezielles. Wenn man ein Bibellexikon nimmt und etwas über verschiedene Fischernetze damals liest, lernt man das Schleppnetz kennen. Dieses Netz wird einfach vom Schiff hergezogen und fängt alles ein.
Der Herr Jesus erklärt, dass in diesem Netz gute und schlechte Fische aufgenommen werden. Das Gesetz unterschied zwar, welche Fische rein sind zum Essen und welche unrein, aber beim Schleppnetz kommt alles hinein. Dann bringen sie das Netz ans Ufer. Was machen sie dann? Die schlechten Fische werden wieder ins Meer hinausgeworfen, nicht getötet. Die guten Fische werden in Gefäße gesammelt.
Das ist interessant. Es ist nicht dasselbe, was der Herr verboten hat, denn Unkraut durfte man nicht ausreißen, sondern wachsen lassen. Aber die Fische einfach wieder gehen lassen, natürlich. Man soll sich bemühen, nur echte Gläubige in örtlichen Gemeinden um den Herrn zu versammeln.
Alle Ungläubigen sollen zu den Gottesdiensten kommen, das Evangelium hören und dadurch überzeugt werden. So sagt Paulus in 1. Korinther 14, wenn ein Ungläubiger zu euch hereinkommt, wird er auf sein Angesicht fallen und sagen: „Gott ist wirklich mitten unter euch.“ Das ist die biblische Sicht von Gemeinde. Aber diese Ungläubigen gehören nicht zur Gemeinde. Sie gehören immer noch zum Meer, zum See.
Das Sammeln der guten Fische in Gefäße ist also ein ganz interessanter Aspekt in Matthäus 13. Es zeigt, dass die Vermischung nicht einfach Schicksal ist und man nichts dagegen tun kann. Im örtlichen Bereich muss die Scheidung zwischen echt bekehrt und nicht bekehrt, zwischen gläubig und ungläubig, zwischen Kindern Gottes und Kindern des Teufels beibehalten werden.
Wenn man zum Beispiel die Kirchengeschichte liest – ich habe da ein paar Beispiele, wie man sich informieren kann – zum Beispiel „Kompendium der Kirchengeschichte“ von Carl Heussi. Das lese ich normalerweise nicht, weil er ein liberaler Theologe ist. Aber die Kirchengeschichte ist dort sehr gut dargestellt. Man findet Material, das man sonst kaum findet. Man kann das kritisch lesend sehr gut benutzen, und es werden viele Literaturhinweise gegeben, um sich bei speziellen Themen zu vertiefen.
Heussi schreibt zum Beispiel, dass im zweiten Jahrhundert die Gemeindezucht vorbei war. Die Vermischung von Gläubigen und Ungläubigen war so weit fortgeschritten, dass man mit Kirchenzucht nichts mehr ausrichten konnte. Die Vermischung setzte sehr früh ein, besonders in den Ruhezeiten zwischen den Verfolgungen. Von Nero im Jahr 64 bis Diokletian, der letzten Verfolgung vor Konstantin im Jahr 312, gab es viele Wellen von Verfolgungen. Doch in den Ruhezeiten strömten die Leute massenweise in die Kirchen. In diesen Ruhezeiten kam immer die Vermischung, und wenn die Verfolgung begann, flohen viele wieder.
Wenn wir schon bei Literatur sind: Das Buch von John Walton „Chronologische Tabellen und Hintergrundinformationen zur Kirchengeschichte“ ist zwar vergriffen, aber vielleicht hat es jemand in der Bibliothek. Es ist ein sehr nützliches Werk voller Tabellen zur Kirchengeschichte, um das Wichtigste auswendig zu lernen und zu memorieren. Gerade zum Lernen der Kirchengeschichte ist es ausgezeichnet. Vielleicht findet man es auch antiquarisch noch.
Dann gibt es die beiden Bände von Amin Serschin „Zweitausend Jahre Kirchengeschichte“. Diese werden weitergehen und behandeln die ersten 1500 Jahre bis zur Reformation. Sie sind sehr einfach geschrieben, obwohl sie Pflichtlektüre an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule in Basel sind. Sie sind trotzdem leicht zu lesen.
So sieht man, wie früh die Vermischung begann. Aber es hätte nicht so bleiben müssen, denn der Herr zeigt: Die schlechten Fische kommen ins Meer zurück, und die guten werden in Gefäße gesammelt.
Gibt es bis dahin Fragen?
Die Kirchengeschichte von Miller kann man natürlich auch sehr empfehlen. Sie versucht besonders, die Kirchengeschichte vom Neuen Testament her zu beurteilen. Ich kenne sie selbst nicht, aber es gibt natürlich noch viele weitere Werke. Die von Miller ist sehr zu empfehlen, aber ich würde nicht nur diese lesen, sondern vielleicht auch eine andere dazu ergänzend.
Das war nur ein Ausschnitt aus der Kirchengeschichte. Wer sich einen Überblick verschaffen will, braucht mehrere Quellen. Die Vögel, die sich einnisten, ja!
Das ist sehr gut, vielen Dank für diesen Hinweis.
Die Bedeutung von Vögeln und Nestern in biblischer Symbolik
In Psalm 84 wird vom Sperling und von der Schwalbe gesprochen, die ein Nest gefunden haben, und zwar in Verbindung mit dem Haus Gottes. Wie lässt sich das mit dem vereinbaren, was ich gerade gesagt habe? Ich habe bisher vor allem die negative Seite betont.
In Matthäus 13 wird einfach von Vögeln gesprochen, es steht dort nicht „rein“ oder „unrein“. In Offenbarung 18 hingegen wird von den unreinen Vögeln gesprochen, deren Bilder Dämonen darstellen. Die Schwalbe und der Sperling sind Singvögel, und diese Singvögel werden unter den unreinen Vögeln in 3. Mose 11 nicht erwähnt. Alle Vögel, die in 3. Mose 11 als unrein gelten, können nicht singen.
Interessant ist, dass diejenigen, die wirklich die Freude des Heils kennen, singen. Das ist eine Auswirkung des neuen Lebens: das Singen vom Heil. Übrigens gibt es keine Religion der Welt, die Gemeindegesang kennt. Ist das schon einmal aufgefallen? Keine Religion kennt Gemeindegesang. Das ist absolut christlich-biblisch. Es beginnt schon im Alten Testament, im Judentum, aber es ist ganz typisch christlich: das neue Lied, das Lied der Erlösung.
Nun sind Schwalbe und Sperling Singvögel, und sie werden in Verbindung mit dem Haus Gottes erwähnt. Das ist natürlich ganz positiv. Gerade die Schwalbe baut ihr Nest direkt an das Tempelhaus. Darum geht es nämlich: Der Psalmist sagt, er möchte so gerne im Tempel sein, doch er kann nur selten im Jahr dort sein. Die Schwalbe aber kann ständig dort sein und hat sogar ihr Nest an das Haus Gottes gebaut.
Das ist ein schöner Hinweis für Erziehung, Kindererziehung und Familie. Wir sollten die ganze Familie gewissermaßen so mit dem Haus Gottes, der Gemeinde Gottes, verbinden, dass sie sich wirklich dort zu Hause fühlen wie die Schwalben. Nest, Wärme – also keine eiskalten Gemeinden –, Nest, Wärme und unmittelbare Nähe zum Herrn.
Danke für den Hinweis.
Noch etwas: Gibt es ein Opfer mit Sauerteig? Ja, ein einziges. Dieses Opfer mit Sauerteig wird in 3. Mose 23 erwähnt, das Opfer der Erstlinge. Es wurde aber nicht auf den Altar gebracht. Dieses Opfer ist, ich kann es nicht beweisen, ein Hinweis auf die Gemeinde. Zwei Brote am Pfingsttag mussten Gott im Tempel gebracht werden.
Paulus sagt doch, dass die Gemeinde, wir, die vielen, ein Leib sind, ein Brot ein Leib. Und wir haben den Sauerteig drin. Doch die Brote waren gebacken, und durch das Backen wird der Sauerteig neutralisiert, er wirkt nicht mehr weiter. Da hat alles seine Bedeutung.
Zum Schluss kam noch eine Frage: Wie sieht es mit dem Nutzen der Nationen aus, einschließlich heute? Etwas mehr Details und Erläuterungen zu den ethnischen Volksgruppen, aber nichts, was man in der Offenbarung findet.
Ethische Volksgruppen bezeichne ich nicht als Nationen. Mit Nationen meine ich Länder, zum Beispiel die Schweiz. Dort gibt es verschiedene ethnische Gruppen. Ich meine China, ich meine Indien, das viele ethnische Gruppen hat.
Ich sage: Es sind nicht alle Stämme durch das Evangelium erreicht worden, aber alle Länder haben mindestens Radiobotschaften des Evangeliums empfangen. Diese Botschaften sind erfolgreicher, als man vielleicht denkt, sowohl in der Breitenwirkung als auch in der Tiefenwirkung.
Die zehn Jungfrauen – Ein Gleichnis über Wachsamkeit und Vorbereitung
Dann wenden wir uns Matthäus 25 zu, dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen. Es ist erneut ein Gleichnis, das das Reich der Himmel, das Reich Gottes, beschreibt. Nur fünf von ihnen sind klug, die anderen fünf sind töricht.
Die Zahl zehn steht in der Bibel für Verantwortung. Die Zusammenfassung des Gesetzes besteht aus zehn Worten, den zehn Geboten. Das ist es, was Gott von den Menschen fordert. Deshalb ist die Zahl zehn auch die Zahl der Verantwortung.
Wir haben gesehen, dass die Christenheit eine Mischung aus wahren und falschen Christen sein sollte, wie in Matthäus 13 beschrieben. Mit Matthäus 25 können wir sagen, dass es kluge und törichte Jungfrauen gibt. Alle sind eingeschlafen, obwohl sie eigentlich wach sein sollten. Die Darstellung basiert auf einer orientalischen Sitte: Alle sollten dem Bräutigam entgegengehen, wann immer er in der Nacht kommen würde.
Doch es dauert länger als erwartet. Hier sehen wir wieder die Verzögerung, die scheinbar eintritt. Alle werden schläfrig und schließlich schlafen sie alle ein. Kirchengeschichtlich kann man sagen, dass die Hoffnung und Erwartung der Wiederkunft Christi sehr früh verloren ging. Besonders deutlich wurde das mit der konstantinischen Wende, als das Christentum zu einem Machtfaktor im römischen Reich wurde.
Die Christen begannen sich nun mehr darauf zu konzentrieren, welche Macht sie auf Erden hatten. Der himmlische Aspekt und das Wissen um die Entrückung gerieten in den Hintergrund und gingen unter die Räder. Das Bewusstsein für die Entrückung war zwar noch im zweiten Jahrhundert bei Irenäus vorhanden, ging aber sehr früh verloren.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurde vielen Christen dieses Thema wieder neu bewusst. Jesus Christus kommt wieder, und zwar in zwei Phasen: Zuerst in der Entrückung für seine Gemeinde und danach mit seiner Gemeinde in Herrlichkeit. Man begann, dieses Thema erneut zu verkündigen, und diese Erwartung der Wiederkunft Christi prägte auch die Erweckungsbewegung des letzten Jahrhunderts stark.
Das entspricht dem aufweckenden Mitternachtsruf in Matthäus 25, Vers 6: „Um Mitternacht aber entstand ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt, geht ihm entgegen!“ Daraufhin wurden alle wach – wirklich alle! Die wahren Gläubigen wurden sehr wach, aber auch die Bibelkritiker wurden im letzten Jahrhundert wach und aktiv. Durch ihre Aktivität haben sie ein Werk mit großer, tiefer Wirkung ins 20. Jahrhundert hinein ausgeübt.
Alle wurden wach, aber nur die einen waren bereit, als der Bräutigam kam, die anderen nicht. Das macht deutlich: Es gibt ein Zu-spät. Es gibt einen Moment, an dem die Tür geschlossen wird und niemand mehr eintreten kann.
Diese Entwicklung der Kirchengeschichte zeigt sich in einem großen Bogen. Sie verdeutlicht, dass es für die scheinbaren Christen ein Zu-spät geben kann.
Anschließend haben wir das Gleichnis von den zehn Talenten, das wir schon ein wenig besprochen haben. Dort sehen wir, wie Erlöste und Verlorene dem Herrn dienen oder dienen sollten. Sie werden als Knechte bezeichnet. Einer von ihnen ist jedoch besonders frech. Er hat sein Talent, mit dem er hätte handeln sollen, vergraben.
In Vers 24 heißt es: „Es trat aber auch er zu, der das eine Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast. Und ich fürchtete mich vor dir und ging hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe, da hast du das Deine.“
Sein Herr antwortete ihm: „Böser und fauler Knecht, du wusstest, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammele, wo ich nicht ausgestreut habe.“ Danach folgt das Urteil der Verdammnis über ihn.
Ein Mensch, der so Christus entehrend und böse über seine Person spricht – „Ich wusste, du bist ein harter Mann“ –, wird damit sehr anschaulich dargestellt. Diese Szene ist auch eine Illustration für viele Theologen und Nicht-Theologen, die so böse über die Person des Herrn Jesus gesprochen und gelehrt haben.
Wir sehen also: Es gibt gute und böse Knechte, aber am Ende wird es eine Abrechnung geben. Der Herr kommt zurück.
Die Symbole von Öl und Talenten im Zusammenhang mit dem Heiligen Geist
Also, dann bis dahin Fragen. Ja, Tim. Öl und Talente sind gleichzusetzen mit dem Heiligen Geist, also mit dem Geist. Öl wird in der Bibel als Symbol für den Heiligen Geist verwendet, denn mit Öl wurden Propheten, Priester und Könige gesalbt.
Im Neuen Testament ist das Salben, die Salbung, mit dem Heiligen Geist verbunden. So sehen wir das Symbol Öl für den Heiligen Geist auch bei den zehn Jungfrauen. Alle hatten Lampen, die brannten, aber nur fünf hatten noch Reserveöl dabei, die anderen nicht. Oft wird darüber spekuliert, dass ja alle Öl gehabt hätten. Natürlich hatten alle Öl, sonst hätte die Lampe nicht gebrannt.
Aber das, was hier ausgesagt wird, ist: Die einen waren bereit und hatten wirklich Kraft, bis zum Schluss zu leuchten, die anderen nicht. Das ist der Hauptpunkt.
Der Heilige Geist spielt eine Rolle nicht nur bei den Gläubigen, bei den wahren Erlösten. Bei den wahren Erlösten wohnt der Heilige Geist in ihnen. In Römer 8 heißt es: Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. Das bedeutet, jemand, der Christus angehört, der wiedergeboren ist, hat den Heiligen Geist.
Im Hebräerbrief 6 wird aber auch über solche gesprochen, die verloren gehen. Sie waren teilhaftig Heiligen Geistes. Das heißt nicht wörtlich, dass sie den Heiligen Geist hatten, sondern ohne Artikel: teilhaftig Heiligen Geistes. Sie hatten Anteil an dem Wirken des Heiligen Geistes.
Wenn jemand unter dem Einfluss des Wortes Gottes bei einer Evangelisation steht und tief getroffen wird, ist er noch lange nicht bekehrt. Aber er ist teilhaftig Heiligen Geistes, der Wirkung des Heiligen Geistes. Dann muss er sich bekehren. Erst dann bekommt er den Heiligen Geist zur Wohnung.
So hatten diese zehn Jungfrauen alle Lampen, und bei allen spielt das Wirken des Heiligen Geistes eine Rolle. Es ist schon vorgekommen, dass ein ungläubiger, liberaler Pfarrer gepredigt hat und jemand durch seine Predigt zum Glauben gekommen ist, sich bekehrt hat. Er war nicht bekehrt, aber der Heilige Geist hat durch sein Wort gewirkt, in seiner Souveränität.
Der Heilige Geist spielt also überall eine Rolle, wo man sich mit Gottes Wort auseinandersetzt. Die Frage der Innewohnung geht zunächst einmal gar nicht darum.
Bei den Talenten wird erklärt, dass diese Wertstücke verteilt werden, in Vers 15, nach der eigenen Fähigkeit, jedem nach seiner eigenen Fähigkeit. Das heißt, jeder Mensch hat Begabungen, jeder. Die Begabungen sind nicht gleich verteilt. Die Begabten, also die Knechte, haben eine größere Verantwortung bekommen, die anderen eine kleinere. Aber alle haben Verantwortung bekommen.
So hat jeder Christ, ob er wiedergeboren ist oder nicht, Begabungen, Möglichkeiten, Einflussmöglichkeiten und so weiter. Der Herr beurteilt unterschiedlich nach Verantwortung, aber jeder wird zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Talente symbolisieren also die Verantwortung entsprechend der natürlichen Begabung im weitesten Sinn. Wir müssen immer mit der Gemeinde vergleichen, aber die Gemeinde ist doch die Braut. Die zehn Jungfrauen gehen doch dahin, wo die Braut geholt wird.
Die Sendung verpflichtet doch gar nicht die Braut. Also stellt sich die Frage: Wie können die zehn Jungfrauen die Gemeinde darstellen, wenn doch die Gemeinde nach anderen Stellen die Braut sein soll?
Die zehn Jungfrauen stehen nicht für die Gemeinde, sondern für die Christenheit. Man muss zwischen Christentum und Christenheit unterscheiden. Das Christentum ist die Gesamtheit der christlichen Lehre. Die Christenheit ist die Gesamtheit der Menschen, die sich Christen nennen, die sich zum Christentum zählen. Darunter sind echte und unechte.
Die zehn Jungfrauen sind also nicht die Gemeinde, sondern die Vermischten im Reich Gottes. Darum geht es hier um einen ganz anderen Aspekt: Es sind Jungfrauen, die dem Bräutigam entgegengehen.
Die Braut wird im Gleichnis nicht einmal genannt, was interessant ist. Bei jeder Hochzeit gibt es normalerweise zwei. Man sagt doch immer auch den jungen Leuten: Alleine kann man nicht heiraten, es müssen zwei sein und nur zwei.
Es geht also um einen ganz anderen Blickwinkel, der hier gezeigt wird.
Frühchristliche Herausforderungen durch Irrlehren und Asketismus
Jetzt weiter prophetische Texte in den Briefen.
1. Timotheus 4,1: Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen werden, achtend auf Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden und ihr eigenes Gewissen wie mit einem Brenneisen gehärtet haben. Sie verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, welche Gott geschaffen hat zur Annehmung mit Danksagung für die, welche Glauben und die Wahrheit erkennen.
Denn jedes Geschöpf Gottes ist gut und nichtsverwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet. Wenn du dies den Brüdern vorstellst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein, auferzogen durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre, welcher du genau gefolgt bist.
Der Schlüssel hier ist der Ausdruck „in späteren Zeiten“. Es würde mich nicht verwundern, wenn in manchen Bibeln steht „in den letzten Zeiten“. Aber der Ausdruck hier ist ein deutlich anderer als im 2. Timotheus 3, wo es um die letzten Tage geht. Im Griechischen meint der Ausdruck „spätere, nächstfolgende Zeiten“. Wenn man ihn mit „letzten Zeiten“ übersetzt, geht man meines Erachtens deutlich über die Wirkung und Kraft dieses Wortes hinaus.
In den nachfolgenden Zeiten, also zur Zeit des Apostels, sollte es kommen, dass viele das Glaubensgut aufgeben, indem sie auf Dämonen achten und Lehren folgen, die verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten. Wir können das also Zölibat, gebotene Ehelosigkeit und Askese nennen – Dinge, die über das Wort Gottes hinausgehen.
Dieses Phänomen kam sehr früh auf. Askese entstand schon im ersten Jahrhundert, verstärkte sich im zweiten, und im dritten Jahrhundert begann das Eremitentum. Das bedeutet, dass Menschen aus der Gesellschaft ausstiegen und ganz allein irgendwo in der Wüste lebten. Sie dachten, so kämen sie im Glauben weiter und könnten sich besser entwickeln.
Diese Eremiten hatten eine derart gewaltige Ausstrahlung, dass unzählige Menschen zu ihnen in die Wüste kamen, sie befragten und als besonders weise Christen betrachteten. Viele begannen, in ihrer Nähe ebenfalls ein Eremitentum zu gründen. Das löste eine gewaltige Bewegung aus, sodass Zehntausende Aussteiger wurden.
Das dritte Jahrhundert war eine regelrechte Aussteigergesellschaft. Warum? Das Römische Reich war innerlich zerfallen, von Dekadenz geprägt und unter starkem Steuerdruck. Was macht man dann? Man steigt aus. Diese Menschen trugen zwar keine Blumen im Haar, aber sie taten genau das Gleiche: Aussteigertum war total in.
Bald bildeten sich Klöster, die Furore machten. Dieser Lebensstil sprach viele Menschen stark an und hatte eine enorme Sogwirkung. Das wird hier mit „in späteren Zeiten“ bezeichnet. Es kam tatsächlich schon zur Zeit der Apostel auf, und viele hörten auf solche Lehren. Doch der Apostel Paulus nennt sie betrügerische Geister und Lehren von Dämonen. Das steht auch in der lateinischen Bibel, unglaublich klar formuliert.
Paulus sagt weiter: Jedes Geschöpf Gottes ist gut. An der Materie, an den Geschöpfen, die Gott geschaffen hat, ist nichts schlecht. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass man das Materielle zu verachten begann?
Das kommt aus der griechischen Philosophie. Schon vorchristlich beschäftigten sich die Griechen intensiv mit der Frage, wie man etwas erkennen kann. Sie bewerteten den Geist des Menschen sehr hoch und das Körperliche sehr niedrig. Daraus entstand die Vorstellung, dass das Körperliche minderwertig und das Geistliche höherwertig sei.
Im ersten Jahrhundert entstand die Gnosis, eine christliche Lehre, die sagte, der Gott des Alten Testaments sei ein böser Gegengott zum wahren Gott der Liebe. Dieser böse Gott habe die Materie geschaffen, die schlechte Materie. Die Geister der Menschen hätten schon früher existiert, seien durch einen Sündenfall gefallen und in der Materie dieses Gegengottes gefangen worden.
Man müsse sich aus dieser Gefangenschaft befreien, und zwar durch höhere Erkenntnis. Dabei ging es nicht nur um intellektuelles Studium, sondern um ekstatische Erlebnisse, geistliche Ausflipperei, um zur eigentlichen Erkenntnis zu gelangen. Man unterschied zwischen einfachen Gläubigen und denen, die solche Erkenntnisse und ekstatische Erfahrungen hatten.
So entstand die Verachtung der Materie. Die Gnostiker behaupteten sogar, Christus sei gar nicht wirklich Mensch geworden. Das sei unmöglich, denn ein menschlicher Körper wäre Teil der schlechten Schöpfung. Er sei nur in einem Scheinleib gekommen.
Der Apostel Johannes schrieb dem entgegen um 95 bis 100 nach Christus, kurz vor seinem Tod, im 1. Johannes 4: Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen. Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott. Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch nicht bekennt, ist nicht aus Gott. Dies ist der Geist des Antichristen, von dem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er schon in der Welt.
So ist ganz klar auf diese abscheuliche Gnosis Bezug genommen. Die Gnosis wird auch ausdrücklich in 1. Timotheus 6 erwähnt. Dort heißt es in Vers 20: O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du dich von den ungöttlichen, eitlen Reden und Widersprüchen der fälschlich so genannten Gnosis – das heißt Erkenntnis – abwendest, zu welcher sich bekennend etliche vom Glauben abgeirrt haben. Die Gnade sei mit dir.
Die Gnosis war einer der schlimmsten und schrecklichsten Angriffe auf die frühe Christenheit, und viele verfielen dieser Verführung, einfach weil sie nach höherer Erkenntnis und ekstatischen Erlebnissen strebten.
So entstand die Verachtung des Körperlichen, daher auch die Verachtung von Speise, Ehe und Sexualität. Die Ehe verbindet Geist, Seele und Leib in einer Einheit. Wie kam es, dass man die Sexualität verachtete? Das hängt mit der Vorstellung von einer bösen Schöpfung zusammen. Alles, was mit dem Körper zu tun hat, galt als schlecht. Deshalb sollte man sich in der Ehe enthalten oder gar nicht heiraten.
Solche Gedanken traten früh auf. Schon im zweiten Jahrhundert gab es Älteste und Aufseher in den Gemeinden. Aufseher heißt auf Griechisch Episkopos, also Bischof. Im Neuen Testament sind Älteste und Bischöfe dasselbe, immer in der Mehrzahl.
Im zweiten Jahrhundert wurde die Abendmahlsfeier von den Bischöfen, die normalerweise verheiratet waren, am Sonntag ausgeteilt. Dann wurde gesagt: Am Samstag darf man keine eheliche Gemeinschaft haben vor dem Austeilen des Abendmahls. Das passte nicht zusammen. Später wurde die Abendmahlsfeier auf die ganze Woche ausgedehnt.
Dann kam die Forderung nach platonischer Ehe, was viel Empörung hervorrief. Man hielt das für widerlich und unnatürlich. Schließlich wurde gesagt, am besten heiratet man gar nicht. Der Priester sollte am besten zölibatär leben. So entstand das Zölibat.
Das kommt aus dem tiefsten Heidentum, aus der Verachtung der Materie. Der Apostel Paulus nennt das eine Lehre von Dämonen. Die Sexualität ist gut und von Gott gegeben, aber natürlich nur im geschützten, gottgegebenen Rahmen der Ehe.
Zum Bischof sagt 1. Timotheus 3,1: Das Wort ist gewiss: Wenn jemand nach einem Bischofsdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk. Dort wird erklärt, wie er sein muss. Der Bischof muss untadelig sein, eines Weibes Mann, und in Vers 4 heißt es, er soll seinem eigenen Haus gut vorstehen und seine Kinder in Unterwürfigkeit halten mit allem würdigen Ernst. Wenn aber jemand seiner eigenen Familie nicht vorzustehen weiß, wie wird er die Gemeinde Gottes besorgen?
Der Bischof muss also gut für seine Kinder sorgen. Das ist biblische Lehre und steht auch in der katholischen Bibel.
Das Verbot zu heiraten ist eine Lehre von Dämonen, aber sie kam sehr früh und sukzessiv, also in Schritten, nach dem Froschprinzip. Wenn man einen Frosch in kochendes Wasser wirft, springt er sofort weg. Wenn man ihn aber in kaltes Wasser tut und es langsam erhitzt, bleibt er drin, bis er stirbt. So arbeitet Satan immer wieder, Stück für Stück, nicht plötzlich.
Sind noch Fragen? Zwei Minuten haben wir noch Zeit.
Ja, natürlich sind wir in einem sehr stark mystischen Zeitalter, besonders seit den Sechzigerjahren. Das kam als Reaktion auf die materielle Nachkriegsgesellschaft, deren Motto war: Wer etwas sein will, muss etwas haben – ein schönes Auto, ein schönes Haus, viel arbeiten bis zum Herzinfarkt oder kurz davor.
Die Jugend der Sechzigerjahre sagte: Mit diesem Unsinn wollen wir nichts mehr zu tun haben, wir wollen mehr. Es entstand eine Jagd nach Ekstase. Die Rockmusik mit den ersten Konzerten, bei denen die Massen völlig ausflippten, kam auf. Dann die Drogenwelle und auch die charismatische Bewegung, alle im gleichen Jahrzehnt.
Dieser Drang nach ekstatischen Erlebnissen ist Teil unseres Zeitgeistes. Solche Phasen gab es immer wieder in der Kirchengeschichte: in der frühen Christenheit im ersten bis dritten Jahrhundert, im Mittelalter mit der Mystikerbewegung, im Pietismus und jetzt am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wieder.
Immer ist es eine Reaktion auf übertriebenen Intellektualismus. Auch im Mittelalter war die Mystik eine Gegenreaktion auf die übertriebene intellektuelle Beschäftigung der Scholastiker, die ins andere Extrem führte.
Das reicht als Antwort. Christliche Mystik gibt es in allen Schattierungen. In allen Buchläden kann man Bücher von Hildegard von Bingen kaufen, einer Mystikerin aus dem Mittelalter. Man merkt die Geistesverwandtschaft.
Gut, wir müssen eine Pause machen, sonst halten wir es nicht mehr durch.
