Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Wir hatten in der Epiphanias-Zeit begonnen, die Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel zu besprechen. Als seine Eltern ihn verloren hatten, fanden sie ihn im Tempel, mitten unter den Lehrern. Er hörte ihnen zu und stellte ihnen Fragen.
Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten (Lukas 2).
Nun kommt der Text für heute:
Und da sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Seine Mutter sprach zu ihm: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“
Jesus antwortete ihnen: „Was ist, dass ihr mich gesucht habt? Wisst ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“
Herr Heiliger, hilf uns in deiner Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Begegnung mit Jesus im Tempel: Ein unerwarteter Fund
In der letzten Woche musste ich nach Frankfurt reisen – ja, genau die Stadt, die nach meiner Meinung die schönste Stadt ist. Im Zug kam ich ins Gespräch mit einem Mann, der das rote Bandolier trug. Er war Zugführer oder hatte einen ähnlichen Titel, den ich nicht genau kenne. Offenbar erweckte ich Vertrauen bei ihm, denn er erzählte mir viel aus seinem Leben.
Unter anderem sagte er: „Wissen Sie, ich bin natürlich aus der Kirche ausgetreten.“ Das ist in solchen Fällen ja immer eine interessante Aussage, nicht wahr? Und natürlich sei seine Frau noch in der Kirche, ebenso seine Kinder.
„Ja, warum denn?“, fragte ich. „Warum sind Sie ausgetreten?“ Seine Antwort brachte mich zum Schmunzeln. Er meinte: „Ach wissen Sie, in der Kirche ist so viel Drum und Dran.“ Er erklärte das nicht weiter.
Daraufhin sagte ich zu ihm: „Vielleicht haben Sie Recht, dass in der Kirche viel Drum und Dran ist. Aber an Ihrer Stelle wäre ich nicht weggelaufen. Ich hätte versucht herauszufinden, was hinter dem Drum und Dran wirklich steckt.“ Ich versuchte es so auszudrücken: Ob in dem Packpapier des Drum und Dran etwas drin ist.
Er schaute mich ganz erstaunt an und fragte: „Ist denn da etwas drin?“ „Ja“, antwortete ich, „Jesus!“
„Sehen Sie, in unserer Textgeschichte sehen wir zwei Personen, Maria und Joseph, die auch durch das Drum und Dran eines religiösen Betriebs irren. Sie laufen durch den Tempel in Jerusalem – das war ein weitläufiges Drum und Dran, das die Hauptsache zu verdecken schien – und suchen ihren zwölfjährigen Sohn Jesus. Sie hatten ihn im Trubel des Passahfestes verloren.“
„Ich glaube, dass im Tempel in Jerusalem unheimlich viel Drum und Dran war. Dann geschieht es: Die beiden finden ihn, entdecken Jesus. Sie suchten ihr Kind und stellen plötzlich fest, dass er da sitzt, unter den deutenden Lehrern, Ältesten, Schriftgelehrten und Theologen Israels. Und er redet und spricht eben so, wie der Sohn Gottes redet und spricht.“
„Der Augenblick, in dem die Eltern Jesu langsam begreifen, dass dies nicht irgendein Kind ist, sondern – um es so zu sagen – Jesus, der Sohn Gottes, den sie entdecken, ist entscheidend. Meine Freunde, es ist belanglos, ob er als Zwölfjähriger im Gewand eines Menschen auftritt oder ob wir ihn als den Herrn aller Herren kennen. Es ist immer ähnlich, wenn ein Mensch Jesus entdeckt.“
Die Reaktion auf die Begegnung mit Jesus: Schock und Bestürzung
Predigt: Wenn man Jesus findet
Ich lese noch einmal: „Und da sie ihn sahen, entsetzten sie sich, und seine Mutter sprach: ‚Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.‘ Und er sprach zu ihnen: ‚Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, das meines Vaters ist?‘“
Ich will mal sehen, was hier darüber gesagt wird.
Zunächst wird deutlich, dass das erstens einen ungeheuren Schock bedeutet, eine Bestürzung. Sie entsetzten sich. Ich kann verstehen, dass sie sich entsetzten. Versetzen Sie sich einmal hinein: Eltern suchen ihren Jungen, der weggelaufen ist. Da mögen sie ihn tausendmal ausgeschimpft haben, den „Lausbuben“ und so weiter. Ich kenne das als Jugendpfarrer, wenn Jungs weglaufen, ausreißen und nicht nach Hause wollen, vielleicht nach Amerika. Dann kommen sie irgendwann hungrig zurück, und die Polizei sucht sie auch. Eine uralte Geschichte.
Ich kann mir die Eltern gut vorstellen. Am dritten Tag ihres Suchens kommen sie in eine abgelegene Halle des Tempels. Dort sehen sie eine Menge Menschen stehen. Das ist doch nicht möglich! Ich sehe sie förmlich, wie sie herantreten, wie sie kaum sehen können, wie sie sich durch die Menschenmenge drängen. Immer wieder und dann sind sie durch. Und was sehen sie da? Die Ältesten Israels, die Gelehrten, die Geistlichen, prominent im Kreis. Und in ihrer Mitte der zwölfjährige Jesus.
Dann heißt es hier: „Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten.“ Ich begreife, wie auf einmal Maria und Joseph eins werden mit den Menschen, die da herumstehen. Denn jetzt spricht dieser Knabe, und die Leute, die ihm zuhören, fühlen auf einmal: Das ist nicht ein frühreifer Junge, der pathologische Meinungen von sich gibt. Sondern wenn er spricht, dann ist es, als sei Gott ganz nah, und der Weg zu ihm leuchtet vor uns auf.
Wenn dieser Knabe spricht, so empfinden die Leute – ich versuche mal die Qualität zu verstehen – wenn dieser Knabe spricht, dann spricht er nicht in frühreifer, bellreligiöser Meinung, wie die gelehrten Männer religiöse und dogmatische Meinungen sagen, von denen am Ende kein Mensch etwas hat. Sondern wenn er spricht, dann ist auf einmal Wahrheit da. Man merkt: Wahrheit, Kristallklarheit.
Ich kann mir vorstellen, wie ein Mann sagt: „Der gehört nicht zu uns. Wenn der redet, dann höre ich die Quellen des Lebens rauschen.“ Die Leute haben das ganz begriffen und verstanden, so dunkel ein Wort, das Jesus später von sich selbst gesagt hat: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“
Nun stehen die Eltern da und sind mit der Menge, die da herumsteht, eins geworden und mitgepackt. Und da steht: „Sie entsetzten sich.“ Es war herrlich, was dieser Knabe sagte, der aus sich selbst sprach, wenn er vom himmlischen Vater redete. Aber es kam etwas so Neues über sie, dass sie bestürzt waren. Sie entsetzten sich.
Hören Sie: Ich habe in dieser Woche nachgezählt, dass in den vier Evangelien – Sie können mich auf einen kleinen Fehler ertappen, vielleicht – etwa 35 Mal steht, dass die Menschen entsetzten sich, wenn sie mit Jesus zu tun bekamen. 35 Mal! Luther übersetzt es manchmal mit „sie verwunderten sich“. Aber im griechischen Text steht immer ein Wort, das „Bestürzung“, „Fassungslosigkeit“ bedeutet.
35 Mal steht das im Neuen Testament in den vier Evangelien, dass die Menschen fassungslos und bestürzt waren, wenn sie Jesus begegneten. Schon beim Zwölfjährigen.
Da wird erzählt, dass Jesus als Mann eine Rede hält auf einem Berg, in der sogenannten Bergpredigt. Und als er zu Ende ist, sitzen die Leute entsetzt da – es heißt: bestürzt –, denn er redete in Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten. Ein Wort, das uns Pastoren wie ein Holzklotz auf den Kopf trifft, nicht wahr? Er redet in Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten.
Ja, das verstehe ich. Lesen Sie die Bergpredigt mal nach, Matthäus 5-7. Da wird man förmlich ausgezogen. „Wenn eine Frau ihren Nächsten ansieht, um ihn zu begehren, hat sie schon die Ehe in ihrem Herzen gebrochen.“ „Liebe deine Feinde.“ „Selig sind, die geistlich arm sind.“ Ach, meine Freunde, da geht ja alle Gerechtigkeit hin, die du ganz klein gemacht hast, und du merkst, wie Gott dich haben will – so, wie du nicht bist.
Und während dieser Jesus so redete, spürte man doch, dass jetzt Gott die Tore der Gnade auftun will. Ich verstehe, die Leute waren entsetzt, ergriffen von der Gewalt seiner Worte. Und es steht wieder da: Sie waren entsetzt, als er einmal einem Ehebrecher oder einer Dirne das Wort sagte, das gewaltige Wort: „Dir sind deine Sünden vergeben.“
Sie waren bestürzt. Dachte einer: So reden? Gibt es das, dass ein Mensch das erfährt und weiß: Mir sind meine Sünden vergeben? Ist das möglich? Leute waren bestürzt. Muss man denn nicht jeden Tag suchen, wie das Heil, dass man erfährt: Dir sind deine Sünden vergeben? Und ich kann jauchzen, weil ich gerechtfertigt bin vor Gott? Gibt es denn das?
Es wird erzählt, wie Jesus Dämonen austrieb, und sie entsetzten sich. Heute lacht der Mensch und sagt: Dämonen gibt es ja gar nicht, das ist Mythos. Das ist das Unheimliche. In dem Augenblick, wo sie mit Jesus zu tun bekamen, entdeckten sie, dass es unheimlich dämonische Mächte gibt, in deren Gewalt man geraten kann. Und mit geradezu freudiger Bestürztheit entdeckten sie: Jesus ist noch mächtiger.
Sie begriffen vorher nicht, dass sie so vordergründig gelebt hatten und gar nicht wussten, was eigentlich los war. Verstehen Sie, wenn sie bestürzt wurden, wenn sie die Wirklichkeit, die Undichtbare, in der Gegenwart Jesu entdeckten.
Es wird erzählt, dass die Jünger Jesu mal im Sturm in Seenot waren, so verlassen, wissen Sie, so verlassen, wie man sein kann. Kennen Sie solche Stunden? So verlassene Stunden, so preisgegeben. Es heißt, der Wind war ihnen entgegen, und dann kommt Jesus über die Wogen. „Seid getrost, ich bin’s, fürchtet euch nicht!“ Und sie entsetzten sich.
Ich verstehe, dass sie entsetzten. Hat er so seine Jünger im Auge? Sie entsetzten sich, wenn er Tote aufweckte. Sie entsetzten sich, wenn er einen Aussätzigen, der doch so ansteckend krank war, anrührte. Sie entsetzten sich, als er am Kreuz starb und die Sonne ihren Schein verlor und die Erde bebte.
Und die Frauen am Ostermorgen entsetzten sich, als sie zum Grab kamen und es leer fanden. Stattdessen fanden sie Engel, die ihnen sagten: „Er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“
35 Mal steht geschrieben: „Sie entsetzten sich.“ Sie waren bestürzt, sie waren fassungslos.
Die Bedeutung der Bestürzung bei der Begegnung mit Jesus
So, meine Freunde, nun schauen wir uns heute einmal unseren kirchlichen Betrieb an. Betrachten wir unseren Gottesdienst und auch unser eigenes Christenleben. Ist dort auch nur von Ferne etwas davon zu sehen und zu spüren?
Sie waren bestürzt, als Sie dem Sohne Gottes begegneten. Als ich im Text an diese Stelle kam, war ich erschüttert und fragte mich: Haben wir Gemeinden, Pfarrer und alle miteinander uns in Jesus zurechtgemacht? Jesus, der der Vernunft glatt eingeht, der so harmlos ist, dass man ihn in die abendländische Kultur nicht einfach mit ein bisschen Kultus, Religion und Kirche einbauen konnte?
Haben wir vielleicht den Kirchenherrn Jesus überhaupt noch gar nicht kennengelernt? Oder kennen Sie dieses Gefühl der Bestürzung?
Ich muss noch etwas zu diesem Bestürztsein erklären, das hier steht. Sehen Sie: „Sie waren entsetzt“, steht hier, „Sie entsetzten sich“. Das ist nicht das Entsetzen, das in dieser Welt üblich ist.
Als neulich im Saargebiet das Unglück in Völklingen geschah und die Nachricht von Hunderten Toten die Runde machte, war die Stadt im Augenblick entsetzt. Ich las in dieser Woche die Tragödie, die der große Sophokles im fünften Jahrhundert vor Christus geschrieben hat und die uns immer noch bewegt: die Antigone.
Dort lernt man das Entsetzen dieser Welt kennen, wenn der König Kreon am Schluss sagt: „Voll Entsetzen, auf mich brach das Schicksal grauenvoll herein. Entschuldigungen wollte es nicht.“ Das ist das Entsetzen dieser Welt.
Wenn im Neuen Testament 35 Mal steht, dass die Menschen sich bei Jesus entsetzten, dann ist das nicht dieses gewöhnliche Entsetzen. Es ist, darf ich sagen, zu dreißig Prozent das Entsetzen über sich selbst, weil man auf einem falschen Weg steht.
Und zu siebzig Prozent, Verzeihen Sie mir, nicht so zu sagen, ist es eine Freude, mit der man nicht fertig wird. Denn das ganze Heil Gottes bricht auf einmal in ein elendes Sünderleben in Jesus herein.
Wer sollte das fassen? Wie sollte man da nicht bestürzt sein? Wenn man Jesus begegnet, ist es ein Schock, steht hier.
Die Frage nach dem Warum: Maria sucht Antworten
Und nun kommt das Zweite, was hier steht. Ich trage Ihnen vor, was hier geschrieben steht. Dann prüfen Sie, ob Sie Jesus überhaupt schon einmal begegnet sind.
Das Zweite, was hier steht, heißt: Wenn man Jesus begegnet, drängt sich eine Frage auf die Lippen. Zweitens drängt sich diese Frage auf die Lippen: Mein Sohn, sagt Maria, warum hast du uns das getan?
Maria wirkt im Augenblick wie ein Mensch, der ein schreckliches Erdbeben erlebt hat. Der Boden wankt, und sie sucht nach irgendetwas Festem, damit sie wieder stehen kann. Sie hat ihr Kind gesucht und begegnet dem, der in der Vollmacht des Sohnes Gottes spricht. Wo ist etwas Festes? Sie entsetzt sich. Das Einzige, was sie greifen kann, ist, den alten Zustand wiederherzustellen, in dem sie die Mutter ist und Jesus der weggelaufene Junge.
So versucht sie, diesen Zustand wiederherzustellen: „Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Auf diese Frage bekommt sie keine befriedigende Antwort. Maria muss hier lernen – und das ist sehr wichtig für alle, die Jesus kennen und ihm gehören wollen – dass Jesus mit seinen Leuten manchmal wunderlich umgeht.
Maria fängt hier an zu lernen, was alle lernen müssen, die Jesus gehören. Er geht mit seinen Leuten auf eine Weise um, die manchmal schwer zu verstehen ist. „Warum hast du mir das getan?“ Das habe ich in meinem Leben oft gefragt, seit ich Jesus angehöre. Ich habe das gefragt, wenn er mich in Nöte stürzte. Ich sage ja, du weißt, ich kann so wenig ertragen, und meine Nerven sind schwach. „Warum hast du mir das getan?“ habe ich gefragt, wenn er mich in Kämpfe führte, um unsere Kirche. Und wie man manchmal merkte, wie allein man steht und wie verkehrt man es vielleicht macht: „Herr, warum hast du mir das getan?“
Konnte ich nicht in einer kleinen Gemeinde friedlicher Pastor bleiben? Warum führst du denn Leute so wunderlich entgegen ihren Begabungen und Wünschen? Verzeihen Sie, ich kann das nur persönlich sagen. Übertragen Sie es auf Ihr Leben: „Warum hast du mir das getan?“ habe ich Jesus fragen müssen, wenn er mich geradezu fallen ließ, sodass die Sünde mächtig wurde. Wollte erlöst sein, und dann kam die alte Natur. „Herr, warum hast du mir das getan?“ hat Petrus gefragt, als er den Heiland verleugnete. „Warum hast du mich fallen lassen?“
„Warum hast du mir das getan?“ habe ich oft gefragt, wenn ich sein Wort verkündigte und seine Siege erleben wollte. Sah nun Niederlage und Kreuz, Herr, warum hast du mir das getan? Machen Sie sich keine falschen Vorstellungen: Jesus geht mit denen, die ihm gehören, so um, dass er sie hinter sich herführt, über Golgatha ans Kreuz.
Das Kreuz hat einen Querstrich. Es ist der Querstrich durch unsere Wünsche, unsere Ideen und unsere Religion – alles durch den Querstrich.
„Warum hast du mir das getan?“ hat Maria noch öfter gefragt, ganz still in ihrem Leben. Dieser Jesus, da wird mir erzählt, war ein Mann, der öffentlich auftrat. Da hat Maria einmal die jüngeren Brüder Jesu genommen, um ihn nach Hause zu holen. Das Ganze war ein Skandal. Sie kommt hin, und Jesus ist umgeben von einer Schar von Menschen. Sie kommt nicht durch und lässt ihm sagen: „Deine Mutter und deine Brüder sind hier und wollen dich sprechen.“
Da antwortet Jesus: „Meine Anverwandten sind die, die das Wort Gottes hören und tun.“ Damit lässt er Maria gehen, die nach Hause ging. „Mein Sohn, warum hast du mir das getan?“ Und ich sehe sie auf Golgatha unterm Kreuz stehen. Sie sieht ihren Sohn, dessen Sonnenblut da oben verschmachtet ins Gesicht.
So muss es kommen: „Mein Sohn, warum hast du mir das getan?“ Das wurde die Frage, die das Leben der Maria durchzog.
Jetzt möchte ich mich mit Ihnen allen neben Maria stellen, an Golgatha und ans Kreuz, und möchte mit Ihnen allen auch fragen: „Warum hast du uns das getan, Herr Jesus? In der Bibel steht, dass du für mich gestorben bist. Was soll das? Warum hast du mir das getan?“
Und dann antwortet der Mann mit der Dornenkrone: „Ich habe gesehen, wie du unter Gottes Zorn stehst um deines bösen Wesens willen! Und ich habe dich lieb und möchte nicht, dass du verloren gehst. Darum habe ich an deiner Statt den Zorn Gottes und das Gericht und deine Schuld und Sünde auf mich genommen.“
Und noch einmal sagt er: „Ich habe es getan, weil ich dich liebe und retten will.“
Und meine Freunde, wer diese Antwort gehört hat, der fragt nicht mehr. Er kann nur noch niederfallen, anbeten und danken, dass er einen Heiland hat.
Die klare Selbstoffenbarung Jesu: Wer er ist und woher er kommt
Lassen Sie mich noch kurz ein Drittes sagen. Wenn man Jesus begegnet, ist das ein Schock. Da drängt sich die Frage auf die Lippen: Warum hast du uns das getan?
Und das Dritte: Dann muss eine Frage geklärt werden. Drittens, dann muss eine Frage geklärt werden.
Meine Freunde, es ist mir in dieser Geschichte von dem zwölfjährigen Jesus geradezu ergreifend, mit welcher harten Klarheit Jesus die Frage klären will, wer er ist und woher er kommt. Es kommt alles darauf an, dass wir über das Christentum nicht sentimentale Vorstellungen haben, sondern Licht, Licht!
Darum dringt schon der zwölfjährige Knabe darauf, festzustellen, wer er ist und wo er herkommt. Da steht Maria vor ihm und sagt: „Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Und Maria meint mit dem Vater natürlich Joseph.
Dann antwortet dieser Knabe: „Nein, mein Vater hat dich nicht gesucht, bei dem war ich die ganze Zeit. Mein Vater ist Gott, und ich war in seinem Hause, das ihm geweiht ist. Der hat mich nicht gesucht. Mit dem war ich verbunden. Muss ich nicht sein in dem, was meines Vaters ist?“ Er erklärt hier geradezu, ganz so kommt es mir vor, mit klirrender Härte: „Ich bin der Sohn Gottes.“
Es ist, als wenn dieser zwölfjährige Jesus schon wüsste, dass zweitausend Jahre lang Pöbel und Gelehrte, Laien und Theologen ihm die Gottessohnschaft absprechen werden. Wer das tut, der solle auch die Konsequenz ziehen und sagen: Dieser Jesus war ein Irrer oder ein ganz großer Schwindler.
Denn vom zwölften Lebensjahr bis zur Auferstehung hat er erklärt, dass er von oben und wir von unten sind, dass er aus einer anderen Dimension stammt, dass er der Sohn des lebendigen Gottes ist. Es ist niemals möglich, Jesus zum zweiten halben Jahr Schweizer zu machen oder zum ersten. Das ist nie möglich.
Entweder ist er der, der aus der anderen Welt gekommen ist, oder vom zwölften Lebensjahr an verrückt. Mit aller Klarheit sagte er hier: „Ich bin bei meinem Vater gewesen.“
Meine Freunde, ich bin dem Herrn Jesus offen gestanden so dankbar, dass er mit solcher Klarheit erklärt hat, schon von Anfang seiner Laufbahn, wer er ist und wo er herkommt. „Muss ich nicht sein dem, das meines Vaters ist.“ Der Tempel ist das Haus meines Vaters, hier bin ich bei ihm.
Und als er am Kreuz hängt, da sagt er noch: „Vater, in deine Hände verfehle ich meinen Geist.“ Da sagte mir neulich einer: „Nun, wir Menschen sind alle Kinder Gottes.“ Da habe ich gesagt: „Warten Sie mal ab, ob Gott das anerkennt, wenn Sie in seinem Gericht stehen und Ihre Sünden auf den Tisch gelegt werden. Sagen Sie dann: ‚Vater‘?“ Der Richter sagt willig: „Schweig still!“
Ja, ich kann durch Jesus Kind Gottes werden, möchte ich Ihnen sagen. Aber das ist eine große Sache, und ich wünsche Ihnen, dass Sie es werden.
Zunächst steht er hier, der sagt: „Ich bin von oben, ihr seid von unten.“ Ich sage, ich bin dem Herrn Jesus sehr dankbar, dass er das mit solcher Klarheit ausgesprochen hat. Denn nun weiß man, woran man ist und kann nicht täuschen.
Nun weiß ich, dass er wirklich der ist, der den dunklen, verborgenen Gott offenbart. Gott ist verborgen. Jesus ist die Offenbarung Gottes.
Nun weiß ich, dass er wirklich der von Gott legitimierte Hohepriester ist, der mich versöhnen kann, indem er sich selbst zum Lamm macht und Opfer doch mal Gottes Kreuz. Nun weiß ich, dass er wirklich der gute Hirte ist, der in Vollmacht uns ruft. Nun weiß ich, dass er wirklich der Erlöser meines unerlösten Lebens ist, wirklich.
Schlusswort: Jesus als Leben und Gewinn
Ich muss schließen. Ich möchte, dass für Sie all das gilt, was im Wort steht: Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben!
Ich wünsche mir, dass Sie mit uns, die wir im Weichelhaus viel und gern singen, diesen Vers von Herzensgrund mitsprechen können: Jesus ist mein Leben, mein Teil und mein Gewinn. Drum will ich ihn erheben, weil ich im Leben bin.
Wir wollen beten: Herr, du hast gesagt, das sei das ewige Leben, dass man dich, den von Gott Gesandten, erkenne. Gib uns in Essen doch Christen, die dich in Klarheit erkennen und durch diese Erkenntnis wiedergeboren werden zu Kindern Gottes.