Gestern hat mir jemand einen Artikel gezeigt, der in einem Kirchenblatt außerhalb von Württemberg erschienen war. Wieder einmal handelte es sich um einen dieser lästerlichen Artikel über den Frieden auf Erden und die Täuschung der Engel.
Es scheint, als hätten sich diese Autoren doch geirrt, denn in dieser Welt gibt es keinen Frieden. Man sieht deutlich, wie naiv manche Leute sind, die kaum die Bibel gelesen haben.
Am zweiten Feiertag wurde dieses Thema ganz klar in den Mittelpunkt gerückt: Wie die Geburt Jesu geschieht. Dabei wird der rote Drache aus Offenbarung 12 erwähnt, der das Kindlein fressen will. Mit der Geburt Jesu entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod.
Es ist erstaunlich, wie schläfrig die Christenheit ist und gar nicht merkt, dass man keinen Tag bestehen kann, ohne fortwährend von finsteren Mächten versucht und bekämpft zu werden. Überhaupt gibt es keinen Frieden. Im Gegenteil: Der Kampf auf dieser Welt ist umso mächtiger entbrannt.
Schon um die Krippe von Bethlehem herum tobt dieser unheimliche Kampf dämonischer Mächte.
Die Geburt Jesu im Kontext eines geistlichen Kampfes
Ich lese heute den Predigttext unserer Kirche: Matthäus 2,13-23. Am Sonntag nach Christi Fest.
Als die Weisen aus dem Morgenland fortgezogen waren, siehe da, erschien der Engel des Herrn Josef im Traum und sagte: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir etwas sage. Denn Herodes hat vor, das Kind suchen zu lassen, um es umzubringen.“
Josef verstand und nahm das Kind und seine Mutter bei Nacht mit. Er entwich nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes. Damit erfüllte sich, was der Herr durch den Propheten gesagt hatte: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen“ (Hosea 11,1).
Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen worden war, wurde er sehr zornig. Er ließ alle kleinen Jungen in Bethlehem und in der ganzen Gegend töten, die zwei Jahre und jünger waren – nach der Zeit, die er von den Weisen erfragt hatte.
Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt worden ist: „In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Jammern und Wehklagen. Rachel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen“ (Jeremia 31,15).
Als aber Herodes gestorben war, siehe da, erschien der Engel des Herrn im Traum Josef in Ägypten und sagte: „Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und kehre zurück ins Land Israel. Sie sind gestorben, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben.“
Da stand Josef auf, nahm das Kind und seine Mutter und kam ins Land Israel. Als er aber hörte, dass Archelaos in Judäa König war anstatt seines Vaters Herodes, fürchtete er sich, dorthin zu gehen.
Im Traum empfing er Weisungen von Gott und zog ins galiläische Land. Dort ließ er sich in einer Stadt mit Namen Nazareth nieder. Damit erfüllte sich, was durch die Propheten gesagt worden ist: „Er soll Nazarener heißen.“
Die Flucht nach Ägypten als göttliche Führung und Schutz
Vergib uns deine Erkenntnis, Armin. Das Flüchtlingselend prägt unser Jahrhundert wie kaum ein anderes zuvor. Ich weiß nicht, wie viele Millionen Menschen unterwegs sind, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie bleiben können. Für viele ist die Rückkehr in ihre Heimat versperrt.
Bei Hausbesuchen habe ich immer wieder Flüchtlingsfamilien getroffen. Ich habe gerne lange zugehört. Und ich habe dabei auch an manche von uns hier im Gottesdienst gedacht. Das sind Wunden, die man in die Ewigkeit mitnimmt. Wunden, die niemand wirklich versteht. Wo andere gar nicht wissen, was mitschwingt – eine verlorene Heimat. Und das Gefühl, irgendwohin geschoben zu sein, in eine fremde Umgebung, in der man unwillkommen ist, überzählig.
Ob wir nun an die Flüchtlinge im Südchinesischen Meer denken, die dort treiben, oder an Afghanen, die irgendwo in den Bergen Pakistans eine neue Bleibe suchen. Ob wir an Afrikaner denken, die sich durch den Busch schlagen mussten, ihre Heimat zurücklassen – nur um ihr Leben vor einem grausamen Diktator zu retten. Oder daran, wie Menschen ihr Leben an der deutsch-deutschen Grenze riskieren und dabei die Selbstschussanlagen nicht fürchten, aus Angst um ihr Leben.
Das sind Bilder, die zu unserem Jahrhundert gehören. So wie jene Bilder, die niemand wirklich beschreiben kann: Im Winter 1945 wagten Menschen das Eis des Kurischen Haffs, um zu entkommen. Viele haben mir immer wieder erzählt, wie Kinder und Eltern ihre gefrorenen Säuglinge nur in den Straßengraben betteten, weil sie nicht einmal mehr ein Grab für ihre Kinder hatten.
Jesus als Flüchtling und das Mitgefühl Gottes
Diese Leiden dieser Welt hat Jesus erlitten, und ich will heute darüber predigen: Jesus als Flüchtling.
Erstens beginnen die Leiden Jesu mit seiner Geburt. Im Glaubensbekenntnis heißt es für die gesamte Wirksamkeit Jesu: „Jesus hat gelitten unter Pontius Pilatus.“ Sein ganzes Wirken war von Leiden geprägt. Der Prophet hat hier richtig erkannt, dass Jesus unser Fleisch und Blut annahm, um mitfühlen zu können, was Menschen durchmachen müssen.
Wenn jemand denkt: „Mich versteht keiner mit meinem Lebensschicksal“, dann versteht Jesus dich wie niemand sonst. Schon als kleiner Säugling hatte er keinen Raum mehr. Wie passt das überhaupt zu den Flüchtlingsströmen unserer Welt? Das steht in der Bibel ganz am Anfang: „Bei keinem.“
Unstet und flüchtig sollst du sein – so heißt es. Heute tun wir oft so, als wären die Flüchtlingsbewegungen unserer Zeit ein von Gott geschicktes Schicksal. Doch das ist unsinnig. Wir sehen bei den Flüchtlingsströmen unserer Zeit sehr deutlich, dass menschliche Schuld dahintersteht.
Wenn wir Flüchtlingen Heimat geben und sie aufnehmen, dann kurieren wir nur die Symptome. Ich bin so froh, dass das Evangelium Schuld beim Namen nennt. Wir sollten heute in der Welt viel mehr für die Verbreitung des Evangeliums wirken, damit die Flüchtlingsströme an ihrer Wurzel geheilt werden.
Dort, wo verrückte Diktatoren herrschen – brutal –, dort, wo Menschen sich über andere erheben und sich von der Ordnung Gottes entfernen: Wenn die Welt heil werden soll, dann braucht sie das Evangelium und die Menschen, die es verkünden.
Damit diese furchtbaren Flüchtlingsbewegungen aufhören, muss niemand mehr seinen Bruder totschlagen. In diesem Brudermord zerbrechen die menschlichen Beziehungen zum Nächsten. Und Gott sagt es ganz hart zu keinem: Über deiner Untat kriegst du nie mehr eine Beziehung zu deinem Nächsten. Du musst unstet und flüchtig sein, weil dein eigenes Gewissen dich unruhig macht. Du kannst nie mehr einem anderen Menschen trauen und hast immer Angst vor der Rache, die über dein Leben hereinbrechen kann.
Die Welt im biblischen Blick und Jesu Heimatlosigkeit
Was ist diese Welt, so wie die Bibel sie schildert? Und ist Jesus Teil dieses Schicksals, obwohl er gar keine Schuld daran hat?
Ägypten war für Israel immer eine Unterkunft, ein Zufluchtsort. Während der Hungersnot sind die Brüder Josef hinuntergezogen. Jakob hat seinen Alterssitz im Lande Gosen genommen. Wir wissen immer wieder, wie Israel nach Ägypten geschaut hat – dieses Land der Fleischtöpfe, der reichen Versorgung.
Aber Jesus blieb ja nicht dort. Er zog wieder zurück. Und dann? Er hatte nie eine Heimat. Bethlehem war seine Vaterstadt, seine Geburtsstadt, aber er soll ja Nazarenus heißen. Auch Nazareth wurde nicht seine Stadt.
Kapernaum war seine Stadt. Doch in seiner Stadt wurde er nicht gelitten. Sie haben ihn nicht angenommen. In keiner anderen Stadt hat er so viele Wunder getan wie dort. Und Jesus musste von Kapernaum sagen: „Wehe dir, du wirst bis in die Hölle hinabgestoßen werden.“
Darum hat Jesus selbst davon gesprochen, dass er kein Dach hat, wo er sein Haupt hinlegen kann. Dass er sich nicht betten kann, weil er keine Heimat hat.
Und die Freunde, die er sich gesammelt hat, waren auch keine treuen Freunde. Schon in der entscheidenden Stunde haben sie ihn verlassen und waren nicht belastbar.
Josef als Vorbild des Glaubens und der Verantwortung
Was zeigt uns nun diese Geschichte von der Flucht Jesu nach Ägypten? Mir wird Josef in dieser Geschichte so groß. Gott redet mit Josef.
Und das möchte ich all denen zurufen, die mit ihrem Leben unstet und flüchtig sind, die nicht wissen, wohin es geht und woher sie kommen: Gott redet mit ihnen. Sie dürfen Worte der Schrift so persönlich auf sich beziehen. Sie dürfen das machen wie Josef: hinhören, was Gott mir zu sagen hat.
Dann wird auf einmal deutlich: Wir sind gar nicht die Heimatlosen in dieser Welt. Wir haben eine Heimat im Wort Gottes und in seiner Nähe. Ganz gleich, ob der Herr uns nach Ägypten führt oder nach Galiläa oder nach Bethlehem – wo er uns braucht, da führt er uns. Wir sind nicht allein, sondern stehen unter seiner Leitung.
Auch wenn man durch die finstere Nacht wandert, führt man kein Unglück. Du bist ja da mit deinem Stecken und mit deinem Stab. Man sieht hier auch etwas wie Glauben: Die Menschen ruhen in Gott und wissen, es kann gar nichts geschehen, als was Gott jetzt zulässt. Er wird mich auch durch das Graue hindurchführen. Er wird mich bewahren, so wie viele es von ihm erfahren haben, auch in dunklen Stunden der Vertreibung und der Flucht.
Dieser Josef ist mir ein Mann des Glaubens. Das heißt in diesem Abschnitt dreimal: „Da stand Josef auf.“ Das ist wie ein Soldat, der das Kommando hört. Das war ihm wichtig: ob er irgendwo eine Weisung Gottes vernimmt.
Ich bin froh, dass Gott bei mir nicht mehr durch Träume reden muss. Meine Träume sind so wirr, dass ich die Orientierung Gottes darin nicht finden könnte. Ich bin so froh, dass Gott uns sein Wort hier in der Bibel hinterlassen hat. Dort kann ich immer wieder fragen: Herr, hast du hier eine Weisung für mich heute, damit ich meinen Weg erkennen kann?
„Da stand Josef auf.“ Das heißt: zuerst noch in der Nacht. Das duldet keinen Aufschub. Er muss unverzüglich handeln. Er will nur die Spur Gottes in seinem Leben gehen, egal wie dunkel es um ihn her ist, ganz gleich, was auch sonst um ihn sein mag. Darum ist er ein Geführter und kein Heimatloser.
Über dieser Flucht Jesu steht gar nicht das Unstetige und Flüchtige, sondern das Geborgensein in Gott und das Ruhen unter seiner mächtigen Hand. Keiner muss in dieser Welt unstet und flüchtig sein, weil Gott Menschen leiten und führen will nach seinem Rat.
Wir haben das Bild des Guten Hirten: des Guten Hirten, der seine Schafe führt und sie nicht loslässt. Dann werden unheimliche und dunkle Wege plötzlich zu Wegen des Segens, zu Wegen, auf denen man von Gott wunderbar bewahrt wird und nichts entbehren muss, nichts einem vorenthalten bleibt.
Wenn ich Josef anschaue, von dem wir sonst in der Bibel nicht viel wissen, dann möchte ich das festhalten: ein Mann des Glaubens, der Gottes Wort gehorchen kann. Und da ist schon wieder ein Vorbild. Da will ich von Josef lernen: Ich will gehorchen wie Josef. Ich will mich aufmachen, wenn der Herr mich ruft, wenn ich seine Weisung höre. Und ich will nur schauen, dass meine Wege mit den Weisungen Gottes übereinstimmen.
Und dann ist mir ein Bild eines Familienoberhauptes. Ich darf das als Vater einmal sagen: wie er für das Kind und für die Frau eintritt. Er steht auf, plant, er denkt. Das ist das biblische Bild einer Verantwortung, die wahrgenommen wird.
Mögen andere das verächtlich als eine Vormundschaft bezeichnen – ich finde das groß, wie in dieser Welt einer da ist, der mitten in der Not sagt: Das ist meine Verantwortung, und das muss ich jetzt planen vor Gott.
Die christliche Erziehung unserer Familie ist ganz bestimmt nicht Mythos-Sache, sondern Vätersache. So wie Josef danach fragen muss, was des Herrn Wille ist.
Josef ist ein Bild für uns, ein Vorbild, dem wir nachstreben sollen.
Die Ohnmacht der Mächtigen dieser Welt
Zweitens: Muss ich jetzt von der Ohnmacht der Mächtigen dieser Welt sprechen? Wie ohnmächtig sind doch die Mächtigen dieser Welt!
Herodes war der Große, zumindest in den Augen seiner Zeitgenossen. Man weiß heute, dass wir die Geburt Jesu sehr genau und exakt lokalisieren können – zumindest nach der Zeitrechnung. Mit der Keplerschen Sternenkonstellation kämen wir auf das Jahr 7 vor Christus. Herodes ist im Jahr 4 vor Christus gestorben. Genau das würde zu dem passen, was die Bibel hier schildert.
Dieser Herodes war ein Diplomat ohnegleichen. Er verstand es, durch seine schmeichlerische Art die römischen Besatzer für sich zu gewinnen. Er konnte die verschiedensten Richtungen unterstützen und schaffte es, immer an der Macht zu bleiben, selbst wenn in Rom die Kaiser gewechselt wurden. Er war von Haus aus kein Jude, sondern ein Jordanier. Heute würde man ihn einen Palästinenser nennen. Man kann sich die Spannung vorstellen, die darin lag, wegen seiner Herkunft und seiner Volkszugehörigkeit.
Augustus, der größte Kaiser, sagte von ihm: „Lieber des Herodes Schwein sein als sein Sohn.“ Denn Herodes hat alle seine Söhne umbringen lassen. Auch seine Lieblingsfrau Marianne ließ er töten. Insgesamt hatte er zehn Frauen umgebracht, weil er sowohl seinen Söhnen als auch seiner Frau unterstellte, sie würden gegen ihn intrigieren und einen Aufstand planen. Bis zu seiner Todesstunde litt er unter maßlosem Verfolgungswahn.
Es wird erzählt, dass er immer wieder die Stimmen der Ermordeten hörte und Angst hatte, sie kämen aus dem Totenreich zu ihm. Er ließ 300 Palästinenser, darunter 300 Pharisäer, auf einmal töten. Er ließ Hunderte Offiziere umbringen. Junge Leute in Jerusalem verbrannte er im Hippodrom – in der Pferderennbahn –, nur weil diese den römischen Adler vom Tempel entfernt hatten. Das war ein Skandal und ein Ärgernis für die Juden. Herodes rächte sich an ihnen und ließ sie bei lebendigem Leib verbrennen.
Und dieser Herodes, der wirklich große, uneingeschränkte Herrscher, der letzte große König über Israel, wenn auch von den Römern abhängig, hatte die syrische Legion nahe der Grenze. Er konnte sie jederzeit holen.
Dieser Herodes setzt gegen das Kind in der Krippe an. Das muss doch ein Leichtes sein, dieses Kind zu vernichten. Um sicherzugehen, dass das Kind umkommt, gibt er den Befehl, alle Kinder in Bethlehem bis zum Alter von zwei Jahren umzubringen. So erzählt es die Bibel.
Groß Herodes der Große zittert vor dem Kind in der Krippe. Die Mächtigen der Welt haben Angst. Hast du nicht mehr die Legion in Syrien hinter dir? Hast du nicht deine Gala, deine große Leibwache, vor der die Leute Israels damals so Angst hatten?
Wir denken immer wieder, Gott müsse die Mächtigen entthronen. Wir wollen, dass das Reich Gottes sichtbar wird in dieser Welt. Aber das macht Gott nie. Er lässt den finsteren Gewalten sogar viel Raum in der Welt. Doch an entscheidenden Punkten, nämlich an der Königsherrschaft Jesu, lässt er sich schänden. Herodes wird dort nur zuschanden, vor dem Kind in der Krippe. Dort war er machtlos – und das ist bis heute so geblieben.
Was auch geschehen mag, diese finsteren Gewalten können nichts ausrichten, wo Jesu Gegenwart ist. Sie gibt uns Sicherheit, nichts anderes als die Nähe Jesu, der seine Hand über unser Leben breitet.
Ich erinnere an den zweiten Christfeiertag: Vor der kommunistischen Machtübernahme gab es in China 800.000 evangelische Christen. Heute wird die Zahl auf 4.000.000 geschätzt. Das ist das Wirken Jesu, auch in den Wirren einer Kulturrevolution.
Egal, was in ihrem Leben an dunklen und unheimlichen Mächten wüten kann, an Versuchungen und Anfechtungen: Wenn Sie unter dem Schutz Jesu stehen, kann Ihnen nichts geschehen.
Jesus selbst war von mächtigen Tyrannen umgeben, stand aber unter dem mächtigen Schutz Gottes. Die grausame Hand des Herodes griff ins Leere. Sie fasste ihn nicht.
Und es ging so weiter: Als sie Jesus ans Kreuz nagelten und triumphierten, dachten sie: „Nun haben wir ihn gemacht. Jetzt ist es aus mit diesem Jesus.“ Sie versiegelten das Grab und brachten offizielle Stempel an. Doch Jesus stand vom Grab auf und machte sichtbar, dass ihm alle Gewalt im Himmel und auf Erden gehört.
Wir sehen den Sieg nur dort, in seiner Königsherrschaft, direkt dort, wo Jesus sein Reich aufrichtet: dieses verborgene Reich unter seinen Gläubigen.
Der Herr macht die Ratschläge der Mächtigen dieser Welt zunichte und schändet sie. Wer ihm in den Weg treten will, wird untergehen. Diese großen und mächtigen Gewalten der Welt haben sich oft gegen Jesus ausgesprochen und gegen ihn gekämpft. Sie haben ihm seine Gottessohnschaft abgesprochen, seine Worte nicht gelten lassen, ihm widerstanden und nicht gehorcht.
Doch Jesus hat sein Reich dennoch gebaut und immer wieder seine Gemeinde gesammelt. So machtlos sind die Mächtigen.
Gottes Heilsplan trotz menschlicher Bosheit
Drittens muss alles zum Besten dienen. Alles, was Flucht bedeutet, wissen einige von uns aus eigener Erfahrung. Vertreibung aus der Heimat – auch Jesus hatte keinen Platz mehr in Galiläa oder Judäa, wo er wohnen konnte. Er musste ins Ausland gehen.
Sie wissen, was Ägypten für die Israeliten bedeutete. Ägypten war gleichbedeutend mit Feindschaft gegen Gott. Dort wurde der Gott Israels nicht verehrt und ihm nicht gedient. Die Bibel erwähnt dies nur ganz knapp mit den Worten: "Das geschah, damit erfüllt würde." Damit wird jedoch nicht das, was Herodes getan hat, entschuldigt.
Immer wieder treffe ich Christen, die dieses Missverständnis haben und sagen: "Dann ist es doch von Gott geschehen." Nein, das ist nicht von Gott geschehen. Es war Menschenwillkür und Menschenbosheit. Aber Gott kann aus dem Bösen der Menschen dennoch seine Heilspläne durchführen. Gott kann sogar einen Herodes austricksen.
Es ist immer ein kleines Wunder. Je mehr Dunkelheit in unserem Leben geschieht, desto mehr ist es für Jesus ein Leichtes, daraus seine Segenspläne zu machen. Wenn über unserem Leben viel Schweres liegt, das niemand mehr aufheben kann, kann Jesus dennoch seine Segenspläne daraus machen.
Es ist sehr merkwürdig, wenn heute in gewissen theologischen Kreisen behauptet wird, die Flucht nach Ägypten sei nur konstruiert worden, um einen Schriftbeweis zu haben. So absurd kann man nur denken, wenn man nicht an die Führung Gottes glaubt.
Gott handelt nach einer altbewährten Art, so wie er mit den Vätern gehandelt hat, hat er auch mit seinem Sohn gehandelt. Das, was einst in Israel geschehen ist, ist typisch für Gottes Handeln. So hat er mit Jesus wieder gehandelt, und das ist typisch für die Führung Gottes mit seinem Volk.
Darum liegt mir daran, dass dies geschehen ist, weil ich dann weiß: Er holt Jesus aus Ägypten zurück. Selbst aus so einem wirren Weg wie dem nach Ägypten kann Gott noch etwas Großes für sein Reich machen und darin sogar seine Verheißungen bestätigen.
Das Martyrium der unschuldigen Kinder und ihre Bedeutung
Aber wenn wir sagen, dass doch alles zum Besten dienen muss, dann haben wir ganz vergessen, dass in Bethlehem Babys ums Leben kamen. Darüber muss ich jetzt sprechen. Es hat doch nicht alles zum Besten gedient, wenn diese Kinder umgebracht wurden. Und jetzt muss ich das ausmalen.
Wie war das, als diese galaktische Leibwache des Herodes – wohl seine gefürchtete Geheimpolizei – die Kinder aus den Laufställen holte? Wenn Babys aus der Wiege genommen und dann vor den Augen der Mütter abgeschlachtet wurden? Was ist denn wahr daran, dass alles zum Besten dienen muss? Wer ein mütterliches Herz hat, kann das mitempfinden.
Hier muss ich das sagen, was die Väter des Glaubens am heutigen 28. Dezember, am Tag der Unschuldigen Kindlein, so stark betont haben: Diese Kinder sind ins Martyrium für Jesus hineingerissen worden. Sie haben Anteil am Sieg Jesu. Das ist keine billige Vertröstung, aber es macht deutlich, was es kostet, bei Jesus zu sein.
Jesus hat nicht den Kampf eröffnet – das war Herodes. Aber wir müssen wissen, dass der Weg der Nachfolge nicht billig ist. Und dann müssen wir uns doch überlegen, ob wir mit Jesus gehen wollen. Denken Sie an diese unschuldigen Kinder! Wie viel es kosten kann, mit Jesus zu gehen.
Jesus hat nie versprochen, dass er irdisches Glück und irdisches Heil gibt – alle Tage herrlich und in Freuden –, sondern dass wir mitleiden müssen und mit ihm das Kreuz tragen. Diese Kinder haben schon das Kreuz Jesu mitgetragen und sind seine Passionfreunde geworden.
Paulus hat ja das Joch Jesu gerne getragen und sagt dann: In allem überwinden wir weit, nämlich dass wir Schlachtschafe sind, die hingetrieben werden, damit man sie auch zusammenschlägt. Wir überwinden weit um desentwillen, der uns geliebt hat.
Und das will ich hier ganz ungeschmälert sagen: Diese Kinder hatten Anteil am Segen Jesu. So sehr das mütterliche Herz in uns entbrennt – und das darf entbrennen –, denn die Tränen werden erst in der Ewigkeit abgewischt. Gibt es hier für uns einen Ansporn? Für Jesus große Opfer zu wagen.
Ein Opfer kostet vieles, ist aber nur vergleichbar mit dem großen Opfer Jesu, der sein eigenes Leben für uns hingab. Diese Kinder sind schon in ihrer Jugend auf den Weg des Kreuzes gestellt worden.
Ich will an dieser Stelle nur erwähnen, bevor ich noch einen vierten Punkt sage: Wenn wir von den unschuldigen Kindern reden, dann brauchen wir nicht zurückzugehen. Diese Kinder sind beim Herrn.
Unsere Generation sollte sich am Tag der Unschuldigen Kindlein tief beugen – unter die vielen Zehntausenden, die heute in unserer Mitte im Mutterleib ermordet werden. Grundlos. Weil angeblich das Geld oder der Wohnraum fehle.
Damals waren diese Kinder auf den Leidensweg Jesu hineingerissen worden und hatten Anteil am Leidensweg Jesu. Sie haben Teil an seinem Segen.
Und diese bethlehemschen Kinder fragen uns, ob wir bereit sind, für Jesus alles einzusetzen. Ob uns die Liebe zu ihnen treibt, dass wir sagen: Du hast uns mehr gegeben, als wir je mit unserem Leben erstatten können.
Der Weg der Demut Jesu und die Bedeutung von Nazareth
Noch ein letztes Thema: Ich muss viertens noch vom Weg der Demut sprechen. Jesus ging mit seinen Eltern nach Ägypten; Joseph nahm die ganze Familie mit. Diese Führung Jesu wirkt zunächst verworren. Wohin soll er gehen? Es scheint ratlos. Schließlich ließ er sich in Nazareth nieder. Und dann? Da sagt Gott ja: „Das ist mein Weg.“ Aber warum gerade Nazareth? Wir wissen, dass sich später viele daran gestoßen haben. Was kann von diesem ländlichen Gebiet denn überhaupt Gutes kommen? Da kann doch nichts sein. Was soll von Nazareth Gutes kommen?
Jesus geht den Weg der Niedrigkeit. Wieder zeigt sich ein Grundmuster der Führung Gottes: Wenn Menschen für Gott groß und reich werden wollen, werden sie in die Irre gehen. Gott segnet diejenigen, die sich demütigen. Das gefällt ihm an seinem Sohn: dass er im Gehorsam nichts für sich will, sondern sagt: „Herr, und wenn Ägypten ist, das ist nicht einmal das verheißene Land – du wirst daraus einen Segensweg machen. Ich kann mit dir sogar in die finstersten Plätze gehen.“ Es muss nicht bedeutsam sein für dich und nicht groß, aber Gott will mit dir gehen.
Jetzt merken Sie, was das Wort Gottes Ihnen heute sagen will: Dass Sie bei der Lebensführung Gottes folgen sollen, aufs Wort hin. Nicht sagen: „Ich will mehr für ihn, ich will mehr für Gott gewinnen.“ Das brauchen Sie nicht. Gott will Sie nur ganz haben. Sie sollen seinen Befehlen Gehorsam werden.
Jesus ging nach Nazareth und besuchte keine Bibelschule. Sie dürfen gerne eine Bibelschule besuchen, aber das Normale eines Christenlebens ist nicht, dass man eine Bibelschule besucht. Das Normale ist, dass man einen Beruf lernt und diesem treu dient. Jesus war auch nicht vollamtlich für den geistlichen Dienst bezahlt. Er hat eine Handwerkerlehre gemacht. Er ging den niedrigen Weg. Das ist von Gott gesegnet. Und das hat Jesus geheiligt. Er zeigt uns, wie groß es ist, wenn man sich ganz in Gott ergibt und ihm ganz gehorsam wird.
Bethlehem wird fortan in der Bibel nicht mehr erwähnt. Was war mit Bethlehem los? Vier Tage nach dem Heiligen Abend sprechen wir darüber, dreieinhalb Tage später. Eine Tür fiel ins Schloss, und sie war fortan verschlossen. Die Leute von Bethlehem hatten durch die Hirten die Botschaft gehört: Jesus ist geboren. Doch sie öffneten sich nicht für ihn.
Der Ruf zum Gehorsam und zur Nachfolge
Sein Ruf an uns: Werden wir uns an den Willen Gottes binden, der uns ganz haben will? Er möchte uns führen, so wie er Josef, Maria und Jesus selbst geführt hat.
Heute sollen wir seine Stimme hören: Verstockt eure Herzen nicht! Gott will segnen, er will uns in die Weite führen und seine Verheißungen wahr machen. Deshalb ruft er uns heute zum Gehorsam.
Armin.
