Einführung: Warum Beten wichtig ist
Unser Thema heute Abend: Warum beten hilft.
Flutkatastrophe in Somalia – tausend Tote. Hilft beten?
Leere Kassen im Bund, in den Ländern und Gemeinden – hilft beten?
Deutschland im Reformstau – hilft beten?
Ich habe Angst, meinen Job zu verlieren – hilft beten?
Meine Frau liebt einen anderen – hilft beten?
Unser Kind ist krank – hilft beten?
Was hilft, wenn nichts mehr hilft?
Unsere Antwort heute Abend: Beten!
Beten gibt Lebenskraft und Glaubensmut. Beten verändert mich und die Welt. Beten verändert meine Perspektive. Beten tut gut.
Beten ist der Ausdruck der zärtlichsten und intimsten Beziehung zwischen Gott und Menschen. Die kleine Anna sagte in dem Buch „Hallo, Mr. Gott, hier spricht Anna“:
Weißt du, was der Unterschied ist zwischen einem Menschen und Mr. Gott? Ein Mensch kann nur von außen küssen, Mr. Gott kann von innen küssen.
Lassen Sie sich heute Abend küssen – auch musikalisch.
Ich freue mich über Bettina Soriat. Sie kommt aus Linz. Die Linzer ProChrist-Veranstaltungsorte grüßen sie ganz besonders herzlich. Sie wohnt seit ein paar Jahren in Wien. Sie ist Musicalsängerin. Sie hat den österreichischen Beitrag zum Grand Prix Eurovision de la chanson gesungen. Leider landete sie genauso weit unten wie unser deutscher Beitrag. Verdient hat sie es nicht, und an ihr hat es auch gar nicht gelegen.
Hier ist Bettina Soriat.
Organisatorisches und Grußworte
Eine kurze Information für unsere Gäste hier in der Frankenhalle: Wir sind so rappelvoll, dass der Frankenhalle die Stühle ausgegangen sind. Einige Gäste müssen deshalb stehen. Bitte haben Sie Verständnis. Morgen dürfen Sie wieder sitzen.
Insgesamt rechnen wir heute mit etwa 150 Besuchern an den vielen Veranstaltungsorten von Pro Christ. Sicher werden noch einmal rund 150 Personen das Programm live über den Evangeliumshandfunk empfangen können.
Viele Orte würden sehr gerne erwähnt werden. Ich bekomme manchmal flehentliche Bitten, zumindest den eigenen Ort einmal zu nennen, zum Beispiel Nümbrecht. Doch ich kann nicht alle 664 Orte einzeln erwähnen. Deshalb grüßen wir jetzt einmal pauschal alle 664 Orte mit einem kräftigen Nürnberger Applaus.
Vielen Dank! Mehr wird hier auch nicht applaudiert, außer wenn der Club wieder aufsteigt.
Es gibt große Veranstaltungen und ganz kleine. In Selow-Friedersdorf in Brandenburg hat eine Familie ihr Wohnzimmer zum Bistro umfunktioniert. Dort sind jeden Abend 15 Leute, meist junge Menschen, zusammen.
Das Vorprogramm ist in so einem Wohnzimmer natürlich etwas anders. Es gibt Spiele, zum Beispiel Brettspiele. Man hat auch Mogeln gespielt – ich weiß nicht, ob am besten der Satz „Der Ehrliche ist der Dumme“ am Abend gepasst hätte.
Jedes Mal gibt es eine besondere Leckerei. Am Abend zum Thema Liebe gab es gebackene Herzen.
Das einzige Problem: Nach vorne zu kommen fällt etwas schwer, weil es im kleinen Wohnzimmer in Brandenburg ein bisschen eng ist.
Persönliche Geschichten und Zeugnisse
Szenenwechsel. Eine Frau wird zu ProChrist eingeladen. Sie hat viele Probleme, lebt in Scheidung und ist bereits von ihrem Mann getrennt.
Am dritten Abend geht sie nach vorne und entscheidet sich, Christ zu werden. Am nächsten Tag sagt sie: „Das muss ich meinem Mann erzählen.“ Sie versucht, ihn anzurufen, mit klopfendem Herzen, doch bringt es dann doch nicht über die Lippen.
Am selben Tag findet sie einen Brief im Briefkasten von ihrem Mann. Er ist an einem anderen Ort zum Glauben gekommen, bei einer ProChrist-Veranstaltung.
Menschen dort haben gebetet, und Menschen hier haben gebetet. Warum? Beten hilft. Weil Beten hilft, wollen wir das auch heute wieder gemeinsam tun.
Das ist sicherlich die größte Gebetsgemeinschaft in ganz Europa. Für uns und mit uns betet Hermann Sorgl, der Präsident des CVJM-Gesamtverbandes in Deutschland.
Wir stehen auf zum Beten, damit deutlich wird: Dieses Gespräch ist anders als die anderen Gespräche, die wir am Tag führen. Wir sprechen mit Gott.
Gemeinsames Gebet und Einladung zum Beten
Ich lade ein, mit mir zu beten:
Herr Jesus Christus, Du kennst die Menschen, die heute Abend hier in der Frankenhalle und an den vielen Übertragungsorten zusammengekommen sind. Herr, danke, dass kein Mensch dabei ist, den Du nicht kennst und den Du nicht liebst. Du weißt um die persönliche Lebenssituation jedes Einzelnen von uns.
Du kennst auch die unter uns, die traurig sind und keine Hoffnung mehr haben. Danke, dass wir bei Dir alles abladen dürfen, was uns belastet. Jesus Christus, Du möchtest unser Leben nicht nur bereichern. Du bietest uns an, unsere Vergangenheit durchzustreichen und unser Leben von Grund auf zu erneuern. Du möchtest unserem Leben eine Perspektive und ein Ziel geben.
Herr, schenke uns, dass wir das zulassen, dass wir uns Dir an diesem Abend ganz öffnen. Segne Du unser Reden und unser Hören! Amen!
Es ist wirklich bewegend, was wir in diesen Tagen erleben: Wie Menschen auf einen neuen Weg gehen, wie Menschen aufatmen, wie Menschen sagen: „Ich sehe plötzlich die Welt mit ganz anderen Augen.“
Lasst uns das heute Abend an den Orten und hier einander zusingen: Kommt, atmet auf, ihr sollt, ihr dürft leben! Latzmann in der Gebärdensprache der Gehörlosen.
Theaterszene: Die Suche nach dem Glück
Gestern erzählte Ulrich Barzani von einem Unternehmer, der für eine große deutsche Tageszeitung einen Fragebogen ausfüllte. Auf die Frage nach dem größten möglichen Unglück antwortete er, nicht mehr arbeiten zu können.
Die Szene, die wir gleich sehen, zeigt einen ähnlichen Menschen: einen Mann, der mit seiner Frau unterwegs zu einer Firmenfeier ist. Dort soll er ausgezeichnet werden, doch er ist alles andere als glücklich. Trotz seines Erfolgs hat er im Grunde sein Glück verloren. Er hat die Freude am Leben verloren und droht, auch seine Frau zu verlieren – ein Getriebener.
Das Theaterstück stammt aus Wien und wird mit Eva Maria Admiral und Erik Werlin aufgeführt.
„In welcher Richtung liegt es?“
„Das steht hier nicht.“
„Was heißt das?“
„Hier steht nur Hauptstraße 218.“
„Ja, aber welche Richtung?“
„Ja, hier steht nur Hauptstraße 218.“
„Egal, ich werde es finden. Wir hätten wenigstens eine vernünftige Wegbeschreibung mitgeben können.“
„Hausnummern haben in dieser Stadt überhaupt nichts zu sagen.“
„Warum halten wir nicht an der Tankstelle und fragen?“
„Nein, ich werde es finden.“
„Wir könnten uns helfen lassen.“
„Sind wir nicht schon einmal bei dieser Leichenhalle vorbeigefahren?“
„Nein.“
„Komisch, ich hätte schwören können, ich erinnere mich an die große schwarze Fahne. Ich dachte, das sei ein Zeichen für eine Leichenhalle.“
„Nadine, ich weiß, wohin ich fahre.“
„Versuchst du damit anzudeuten, dass ich im Kreis herumfahre?“
„Nein, ich versuche gar nichts anzudeuten. Außerdem gibt es in dieser Stadt viele Leichenhallen, du irrst dich, wie immer.“
„Ich will mich nicht streiten. Könntest du vielleicht etwas freundlicher sein? Ich meine, wir fahren zu deiner Firmenfeier, wo du für deine Verdienste ausgezeichnet wirst. Das sollte dich etwas fröhlicher machen.“
„Ich bin fröhlich. Ich habe hart dafür gearbeitet, und ich bin sehr fröhlich. Ich wünschte mir, dass das auch von den anderen Mitgliedern dieser Familie gesagt werden könnte.“
„Wie bitte?“
„Ach, du weißt genau, was ich meine. Ich werde in meiner Firma bereits das dritte Jahr als bester Verkäufer ausgezeichnet. Und die Leute in meiner Firma freuen sich darüber mehr als meine eigene Familie.“
„Das stimmt nicht.“
„Aber du tust so, als ob es anstrengend wäre.“
„Wenn du keine Lust darauf hast, warum sagst du es nicht einfach?“
„Was ist denn mit dieser Ampel, das dauert ja ewig.“
„Weil ich Angst vor dir habe.“
„Weil ich Angst vor dir habe.“
„Bitte, wovon sprichst du eigentlich?“
„Ich habe dir nicht gesagt, dass ich auf diesen Abend keine Lust habe, weil ich Angst davor hatte. Genauso wie ich jetzt Angst davor habe, dir zu sagen, dass wir schon wieder an der Leichenhalle mit der großen schwarzen Fahne vorbeigefahren sind. Ich habe Angst davor, dir etwas zu sagen, was du nicht hören willst. Ich habe Angst vor dir, vor dem Menschen, zu dem du geworden bist.“
„Bitte bleib stehen, ich möchte aussteigen.“
„Nadine, beruhige dich!“
„Nein, ich beruhige mich nicht. Bitte bleib stehen, oder ich springe aus dem fahrenden Auto!“
„Mach sofort die Tür auf.“
„Nadine, was ist denn los mit dir?“
„Mach die Tür auf, oder ich schreie.“
„Du schreist jetzt schon.“
„Ich stelle eine einfache Frage, und du wirst total hysterisch.“
„Ist das nicht etwas, das man normalerweise in den Wechseljahren bekommt?“
„Ich glaube, du bist noch etwas zu jung dafür.“
„Ja, der Wechsel im Laufe der Jahre. Aber nicht mein Wechsel, David, sondern deiner.“
„Früher, vor zehn Jahren, wenn ich Kopfschmerzen hatte, dann hast du mich auf die Stirn geküsst. Und wenn wir ein Problem hatten, dann haben wir sogar gemeinsam gebetet. Ich habe das geliebt, weil es mir gezeigt hat, dass du dich um mich kümmerst.“
„Ich habe mich also nicht genug um dich gekümmert, das ist es also.“
„Hör dir doch zu, dieser Sarkasmus, dieser Zorn, es hört nicht auf. Du bist zu dieser kalten Maschine geworden. Nur vom Erfolg getrieben. Es geht dir nur darum, zu beweisen, dass du von niemandem Hilfe brauchst. Es geht dir nur darum, zu verkaufen, egal um welchen Preis, zu gewinnen, egal um welchen Preis. Wen willst du damit imponieren? Sicher nicht mir, deinen Vater?“
„Nadine ist tot.“
„Aber er ist derjenige, der dich davon überzeugt hat, dass du Erfolg haben musst, dass Lehrer kein einträglicher Beruf ist, dass du diesen Beruf aufgeben sollst. Dabei warst du ein guter Lehrer und hast gerne unterrichtet.“
„Warum sprichst du jetzt davon?“
„Weil wir damals glücklicher waren. Wir waren arm, aber wir waren glücklich.“
„Nadine, tu nicht so, als ob damals alles so toll gewesen wäre. Du hättest kein Auto und kein Haus, wenn ich nicht dafür gearbeitet hätte. Erinnerst du dich nicht?“
„Nein, damals waren wir bestimmt nicht auf Rosen gebettet. Ich erinnere mich an einen Mann, dessen Augen leuchteten, wenn er von seinen Schülern sprach. Wir hatten nicht viel Geld, aber wir hatten einander.“
„Dein Timing ist perfekt. Ich bin auf dem Weg zu meiner Auszeichnung, und du reißt mich in Fetzen.“
„Könnten wir nicht wenigstens zu dieser Firmenfeier fahren und so tun, als ob wir glücklich wären? Über die Vergangenheit reden wir später.“
„Es geht nicht um die Vergangenheit, David, es geht darum, wie du heute bist. Du willst dich immer noch von deinem Vater beweisen, und du reißt dich dabei selbst in Fetzen. Dein ständiges Beweisen, dass du von niemandem Hilfe brauchst. Ich kann mir das nicht mehr länger ansehen, das, was aus uns geworden ist. Ich kann es nicht mehr länger ertragen.“
„Nadine!“
„Nein, David! Ich kann den David von früher nicht zurückholen. Leb wohl!“
Das tut weh. Es ist fast etwas zu nah im Leben. Diese Hupe als der unfreiwillige Hilfeschrei, als das Gebet, das er nicht über die Lippen bringt. Und Männer fragen nicht, auch wenn sie zum dritten Mal an der gleichen Stelle vorbeifahren. Sie riskieren lieber, in der Sackgasse ihre Verzweiflung zu enden.
Reflexion über Beten und gesellschaftliche Einstellungen
Ich muss gestehen, Eva Maria und Erik haben mir die Kassette von ihren Proben zugeschickt, damit ich mich darauf vorbereiten konnte. Dann saß ich mit meiner Frau zu Hause im Wohnzimmer, und wir haben uns das angeguckt. Es ist sonst nicht ihre Art, aber ich schaute zur Seite, und sie grinste an der Stelle für meine Begriffe etwas zu provokativ.
Sie ist uns wirklich lieb, aber ja, so ist es ja: Sie bringt einen nicht in Verlegenheit. Aber dazu hat man Frauen, dazu hat man sie, dass man manchmal auch der Wahrheit ausgeliefert wird, der man nicht begegnen möchte. Männer müssen beweisen – wem eigentlich? –, dass sie von niemandem Hilfe brauchen. Und Beten ist ein Zeichen von Schwäche. Ein uralter, kerniger Satz lautet doch: „Das Kind betet, der Mann will.“ Auch so eine Form von Hochstapelei.
Sie kennen das, wie das oft in Gesprächen so geht: Wenn man am Ende ist und irgendwo nicht mehr so richtig weiterweiß, dann sagt man, da hilft nur noch Beten. Aber irgendwie ist bei dieser Redensart auch ein Augenzwinkern drin, um sich gegenseitig zu signalisieren, dass es natürlich auch nichts Vernünftiges ist. Es hilft nicht, aber wenn man schon gar nicht mehr weiterweiß, dann kann man ja auch etwas tun. Auch wenn es nichts hilft, schadet es nichts, und man macht es mal sicherheitshalber.
Wir leben ja in einer Zeit, in der wir von der Überzeugung genährt sind, dass alles irgendwie machbar ist – technisch machbar, organisatorisch machbar. Für irgendwas gibt es ganz bestimmt Spezialisten und Experten. Und da das in letzter Zeit, weil die Welt unübersichtlicher und viel komplizierter geworden ist, immer weniger funktioniert, haben wir den Kasten des Instrumentariums etwas erweitert.
Also greift man auch in die okkulte Kiste, die spiritistische Kiste und immer öfter auch in die religiöse Kiste. Warum nicht auch mal beten? Wenn es funktioniert, alles nach Bedarf. Ich meine: Die Telefonauskunft ruft man an – neuerdings so teuer geworden bei uns in Deutschland –, nicht an, wenn man sie nicht unbedingt braucht. Die Feuerwehr ruft man möglichst selten, aber wenn man sie braucht, ruft man sie. Warum soll man nicht auch mal beten, wenn man es braucht? Und vielleicht funktioniert es ja.
Wann spricht man mit einem Freund oder einer Freundin? Neu in Notfällen? Ich denke mir, in Notfällen wird man gerne zuerst mit dem besten Freund oder der besten Freundin sprechen, nicht wahr? Aber man tut es ja doch nicht nur in Notfällen. Das macht doch Freundschaft aus: dass man sich gegenseitig nicht wie einen Feuerlöscher behandelt, der da hängt und nur in Notfällen in Anspruch genommen wird. Sondern es ist doch so, dass Freundschaftsbeziehungen wirklich vom Gespräch leben, dass man sich gegenseitig mitteilt, sich offenbart. Das ist doch der Ausdruck von Liebe, Vertrauen und Freundschaft.
Umgekehrt: Wenn in solchen Beziehungen das Gespräch stirbt, dann stirbt auch die Beziehung. Dann blafft man sich erst an, dann redet man nicht mehr miteinander, dann wendet man sich ab. Er flucht noch mal, dann werden die Blicke giftig, verletzt. Dann knallen die Türen, Messer und Gabeln. Und das ist das Ende.
Wenn das Gespräch abreißt – manchmal auf eine zornige, wütende Weise verletzt, manchmal auch in Beziehungen so langsam, so unmerklich –, man hat sich einfach nichts mehr zu sagen. Es passiert einfach nichts mehr, Funkstille, Langeweile, Öde, als wäre der andere gar nicht da, sondern nur ein Möbelstück. Dann stirbt die Beziehung.
Die Beziehung zwischen Mensch und Gott als Gespräch
Nun sagt die Bibel, dass wir als Menschen geschaffen sind als Ebenbilder Gottes. Ebenbild heißt hier „gegenüber“, so wie ein Spiegelbild mir gegenübersteht.
Gegenüber bedeutet in diesem Fall, dass Gott zu uns sprechen will. Er redet zu uns, spricht sein Wort und lädt uns ein, ihm eine Antwort zu geben. Das ist unsere einzigartige Würde als Geschöpfe.
Diese Würde unterscheidet uns auch von allen anderen Geschöpfen, die Gott gemacht hat und die er liebt. Der Mensch ist das Geschöpf Gottes, das er dazu berufen und ausgewählt hat, ein Gegenüber Gottes zu sein – wie ein Du zu einem Ich. Wir dürfen auf das Wort der Liebe antworten, das zu uns gesprochen ist.
Das ist unsere einzigartige Würde! Es ist unsere Lebensbestimmung, die uns von allen anderen Geschöpfen als Menschen heraushebt. Das bringt uns Erfüllung im Leben, Tiefe, Weite und Schönheit. Gott redet, und ich darf antworten.
Nur das Problem ist – und das ist unsere tiefste Lebensnot, ob wir es schon wahrgenommen haben oder nicht – es ist fast schlimmer, wenn wir diese Not noch nicht als solche erkannt haben: Die Beziehung ist gestört.
Das Gespräch ist bei so vielen abgebrochen. Viele empfinden gar nicht mehr, dass da jemand ist, vor dem sie reden sollten. Sie finden es ganz merkwürdig, wenn jemand aufsteht und sagt, man solle zu Gott reden. Was heißt das? Wo soll das sein?
Da ist eine Blockierung, eine Beziehung ist gestorben. Wie oft habe ich Menschen sagen hören: „Beten nützt nichts. Ich habe gebetet, da war nichts, es hat sich auch nichts geändert. Was soll ich das tun?“
Gut, psychologisch gesehen, wer meint, er müsste seinem Herzen mal Luft machen, der kann das ja tun. Wenn es ihm hilft, dieser Illusion zu folgen, als wäre da jemand, der zuhört, dann soll er es machen. Sagen Sie es doch: „Beten nützt nichts, oder?“
Es ist so, wir behandeln Gott wie irgendeine Ware, wie ein Instrument. Wir probieren es aus, und wenn es nicht funktioniert, dann rangieren wir es aus, werfen es weg – wie jemand mit seinem Handy.
Damit telefoniert man bekanntlich. Dafür ist es schließlich da, und man hofft, jemanden zu erreichen. Wenn sich aber niemand meldet, schmeißt derjenige das Handy auf den Boden und haut es kaputt. Das ist doch Blödsinn!
Woran liegt es, dass sich keiner meldet? Es kann eine Störung im Telefonapparat sein. Es kann auch daran liegen, dass der andere nicht da ist, oder dass er nicht abheben will – oder was auch immer.
Aber so zu reagieren, dass man, weil sich der andere nicht meldet, das Instrument wegwirft und kaputtmacht, ist doch ein bisschen schwachsinnig.
Wir sagen: „Leute, Beten nützt nichts“, anstatt der Frage nachzugehen: Wo liegt eigentlich die Störung? Warum ist da kein Kontakt? Warum antwortet Gott nicht?
Die Ursache der Störung in der Beziehung zu Gott
Ich lese in diesen Tagen in meiner persönlichen täglichen Bibel den Propheten Jesaja. Im ersten Kapitel steht ein Satz, den ich weitergeben möchte. Er ist sehr, sehr schmerzhaft und gibt eine Antwort darauf, warum es eine Störung geben kann, wenn wir beten und nichts passiert.
Gott sagt: Das kann sein, das ist vielleicht ganz normal. Im Propheten Jesaja heißt es: „Wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht.“ So spricht Gott durch den Propheten zu dem Volk Israel damals. „Wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht, denn eure Hände sind voll Blut. Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Weisen Recht, führt der Witwen Sache.“
Da beten sie viel, feiern Gottesdienste, herrliche Gottesdienste, zu denen sogar viele kommen. Sie beten auch persönlich. Aber Gott lässt ihnen ausrichten: „Könnt euch das sparen, ich höre euch nicht.“ Die Beziehung ist abgebrochen. Man fragt sich, warum. Ich sage Ihnen: Weil Gott kein Hampelmann ist. Man kann ihn nicht behandeln wie ein Stück Dreck, sich mit ihm herumdrehen, religiös mit ihm plaudern und ihn als Notlöser-Automaten benutzen, während man seine Gebote mit Füßen tritt, seine Heiligkeit ins Gesicht spuckt und seine Liebe verachtet.
Dann drehen sich die Menschen um und sagen, wenn man mit dem Fingerschnipsen betet, müsste Gott funktionieren. Wenn er nicht funktioniert, wie wir es erwarten, machen sie eine Faust. „Der Kunde ist schließlich König.“ Und wenn Gott nicht tut, was wir erbitten, dann soll er doch sehen, wer an ihn glaubt, oder? Das ist doch ein Witz, oder? Das ist doch ein Witz!
Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Erfahrung machen, dass Beten nichts hilft und dass da nichts ist, dann ist das der Normalfall. Das ist unser menschlicher Normalfall. Die Bibel sagt, das ist unser Problem: dass uns die Bezüge gerissen sind, dass unsere Hände, so sagt der Prophet Jesaja im Auftrag Gottes, voll Blut sind, dass wir einen Alltag der Ungerechtigkeit, der Rücksichtslosigkeit, der Verlogenheit und des Ehebruchs leben.
Wir halten das für in Ordnung, meinen, das sei okay und könnten die Politik unseres Lebens machen, wie wir wollen. Das hätte nichts mit Gott zu tun. Gott wäre dann nur dazu da, uns aus der Patsche zu helfen, wenn wir Probleme haben. Er ist nicht der Lückenbüßer-Gott, nicht die Krücke, nach der wir greifen, wenn es uns ausnahmsweise schlecht geht.
Wenn wir stark sind, wenn wir selbst wissen, wo es langgeht, wenn wir die Politik machen, dann soll Gott gefälligst verschwinden. Er soll uns nicht stören in unserem Berufsleben, in unseren Finanzen, in unserem Eheleben, in unseren Erziehungsfragen oder wo auch immer. Dann wollen wir es selbst machen.
Meinen Sie, Gott könnte dabei mitspielen? Ich bitte Sie: Lesen Sie die Bibel. In Deutschland hat man zu lange von dem sogenannten lieben Gott geredet, mit dem man machen kann, was man will. Der nach unserer Pfeife tanzen soll, dem man Vorwürfe macht und anklagt und meint, ihn mit Recht anklagen zu können, wenn er nicht funktioniert, wie wir wollen.
Gott sagt uns deshalb, dass es ein Schweigen gibt und ein Beten, bei dem die Gebete gegen die Decke gehen. Weil eure Hände voll Blut sind, voll Unrecht. Weil ihr das eine Thema, das die Trennung zwischen Gott und uns ausmacht, ausklammert aus euren Gesprächen mit Gott. Über alles wollt ihr reden, plaudern, da wollt ihr Hilfe. Aber über dieses Kernproblem eures Lebens wollt ihr nicht reden.
Gottes Versöhnungsangebot durch Jesus Christus
Das Unerhörte ist, dass Gott längst, längst weiter ist als wir. Er hat mit großer Intensität daran gearbeitet, diese Störung zu überwinden – diese Trennung.
Sie fragen: Wie hat er das gemacht? Wo kann ich das sehen? Er hat es getan, indem er sich selbst hinein in diese Zerrissenheit, in diese Blockierung, in diese Trennung und Gottesferne gestürzt hat. Das geschieht, als Jesus Mensch wird. In ihm wird der Schöpfer des Himmels und der Erde Mensch.
Er geht in diese Zerrissenheit hinein. Am Kreuz hängt er und schreit im Sterben: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dann schweigt Gott. Das ist die Hölle, die Gottesferne, der Schrei der Verzweiflung unter dem Schweigen Gottes.
Da geht der heilige, gerechte Sohn an unserer Stelle in diese letzte, tiefe Zerrissenheit und Trennung. Er tut das, um sie auszufüllen, zu überbrücken und uns mit Gott zu verbinden. Er versöhnt uns, macht aus Feinden Freunde und Kinder.
Nur er, Gott selbst, kann das tun. Wer sonst sollte es tun? Er gibt sich hinein, indem er alle seine Ehre und Majestät verlässt und sich diese Trennung selbst anzieht. Am Kreuz wird die Kluft überbrückt. Seitdem streckt er die Hände aus.
Es gibt nur einen einzigen Ruf in der Bibel: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Er möchte, dass die Verbindung wiederhergestellt wird. Das ist nicht von selbst gegeben. Die Normalsituation unseres Lebens ist Trennung. Wir leben so, wie wir leben, und dadurch ist die Beziehung zu Gott unterbrochen, das Gespräch abgerissen.
Jetzt wartet Gott darauf, dass wir die Verbindung neu aufnehmen und die Versöhnung neu annehmen. Dabei geht es um das eigentliche, lebensstiftende Thema: dass diese Trennung vergeben wird. Das geht nicht anders.
Wenn Sie sagen: „Bei mir ist alles okay, ich bin in Ordnung, ich weiß gar nicht, was du willst“, dann kann ich Ihnen nicht helfen. Dann sind Sie hier auf der falschen Party. Dann kann auch Gott mit seinem Versöhnungsangebot nicht helfen.
Versöhnung, die ausgestreckte Hand der Versöhnung, braucht eine zweite Hand, die sie annimmt. „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Das ist die ausgestreckte Hand Gottes in der Hand des gekreuzigten Jesus. Jetzt wartet Gott darauf, dass wir kommen und sagen: „Ja! Das brauche ich.“
Ich rechtfertige das nicht mehr. Ich rede mich nicht mehr heraus. Ich entschuldige das nicht mehr. Ich bekenne die Sünde meines Lebens, die Trennung. Und nenne sie beim Namen. Es ist ja nicht etwas Allgemeines, nicht etwas Philosophisches oder Theologisches. Es sind immer ganz handfeste, schmerzhafte Dinge: die Betrügereien unseres Lebens, die Rücksichtslosigkeit, wie wir einander verletzen – so schmerzhaft, wie wir das in der Theaterszene auf erschütternde Weise vor Ihnen gesehen haben.
Sie werden in Ihrem Gewissen genau spüren, wo die Dinge sind, die so blockierend zwischen Gott und uns stehen. Wo Gott sagt: „Deine Hände sind voll Blut.“ Und dass Sie kommen und sagen: „Ich komme. Ich bekenne dir das und bitte dich um Vergebung.“
Nennen Sie es beim Namen, sprechen Sie aus, was Ihnen bewusst ist. Sagen Sie: „Nimm mein ganzes Leben, das von dir abgewandt war, das ich selbstherrlich und selbstgerecht gelebt habe. Vergib mir meine Schuld.“
Ich danke dir, dass du am Kreuz für mich gestorben bist, dass du in die Trennung gegangen bist, dass du mein Schicksal zu Ende gelebt hast – bis in die bitterste Konsequenz des Todes, des Gerichts Gottes. Damit ich aufatmen kann, damit ich frei sein kann. Und du lässt es mir schenken.
Das ist das Wesentlichste. Es gibt eigentlich nur eine einzige Sache in unserem Leben, die uns wirklich endgültig von Gott abschneidet: unsere Selbstgerechtigkeit.
Nichts, was in Ihrem Leben gewesen ist – und wenn Ihre Schuld noch so schwer ist, und wenn Sie noch so böse in Gedanken, Worten und Taten waren und das auch spüren – nichts, nichts, nichts kann Sie letzten Endes von Gott trennen. Für all das ist Christus ans Kreuz gegangen.
Das Einzige, was Sie letzten Endes kaputt machen kann, ist Ihre Selbstgerechtigkeit. Wenn Sie sagen: „Ich tue recht und scheue niemanden. Man bemüht sich, wir haben alle Fehler, aber wir werden schon mit Gott klarkommen, falls es ihn gibt“, dann habe ich Ihnen an diesem Abend nichts mehr zu sagen.
Die Schule des Betens: Gespräch mit Gott
Das Kernproblem unseres Lebens ist die Heilung dieser Entfremdung, dieser kaputten, zerbrochenen Beziehung. Diese Heilung ist die Voraussetzung dafür, dass das Gespräch der Liebe und des Vertrauens zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf wechselseitig in Gang kommt.
Dieses Gespräch der Liebes- und Vertrauensbeziehung – wenn es passiert ist, wenn diese Versöhnung geschehen ist – dann dürfen wir das Beten lernen. Ja, wir nennen dieses Gespräch mit Gott Beten, weil wir es hervorheben wollen aus all den Gesprächen, die wir führen. Alle Ich-Du-Beziehungen leben vom Gespräch, auch zwischen Menschen.
Es gibt viel Gemeinsames zwischen den Ich-Du-Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Gott, dem großen Ich des Schöpfers, und dem Du und dem Wir, das wir sein dürfen als seine Partner. So hat er uns berufen. Aber es gibt natürlich auch Einzigartigkeiten und Unterschiede. Deshalb nennen wir dieses Reden mit Gott, wenn Gott zu uns redet und wir zu ihm sprechen dürfen, Gebet.
Die Vergebung der Schuld bringt uns nicht auf Null. Es ist nicht so, dass jemand unsere Schulden irgendwo begleicht und das Konto dann auf Null steht. Vielmehr ist es eine Heilung der Beziehung. Die Bibel sagt sogar, dass durch die Vergebung der Schuld und die Überwindung der Trennung Gott selbst in unser Leben hineinkommt, in unserem Leben einzieht und wohnt.
Lesen Sie das einmal im Römerbrief Kapitel 8, wie Paulus das dort beschreibt. Er sagt, Gottes Schöpfergeist kommt in uns als kleine Menschen hinein. Das ist unerhört, dass Gott sich nicht zu schade ist, so Gemeinschaft mit uns zu haben.
Dieser Schöpfergeist, sagt Paulus, weckt in uns ein Verlangen, er lehrt uns. Er ist ein Geist, der uns zu Kindern Gottes macht und in uns eine Beziehung zu Gott schafft – eine Beziehung wie von Kindern voller Vertrauen zum himmlischen Vater, der voller Fürsorge ist.
Diese Vertrauensbeziehung äußert sich – und jetzt riskiert die Bibel, so wie Jesus es getan hat, einen Ausdruck, der fast an der Grenze dessen ist, was ich mich traue auszusprechen. Er sagt, dieser Schöpfergeist Gottes bewirkt in uns das Verlangen, zu Gott „Papa“ zu sagen.
Das steht in der Bibel auf Aramäisch. Die Babys in Israel damals fingen anders an als die Babys in Deutschland oder in anderen Nachbarländern. Sie begannen nicht mit dem „A“ wie „Abc“, sondern sie sagten „Abba“. „Abba“ heißt Vater, und man kann es mit „Papa“ übersetzen.
So hat Jesus gebetet: „Abba“. Die Leute waren erschrocken und fragten sich: Darf man das? Ist das nicht ehrfurchtslos? Ist es nicht zu vertraulich? Ist er nicht der ewige, große, höhere Wesen? Darf man überhaupt so mit ihm reden?
In der deutschen Sprache wird das immer umschrieben mit „Lieber Vater“, weil uns das fast kitschig vorkommt. Aber in der Bibel, in der Originalsprache, in der Muttersprache Jesu, hat er gesagt, was wir auf Deutsch mit „Papa“ übersetzen würden.
Das soll nicht ausdrücken, dass wir uns kitschig äußern, sondern es soll zeigen, dass es von Herzen, von innen heraus ein herzliches Vertrauen ist, mit dem ich so zu Gott reden darf. Das schafft der Heilige Geist.
Kann man Beten lernen?
Und wenn Sie sich vielleicht fragen: Kann man Beten eigentlich lernen? Dann antworte ich: Ja und Nein. Es ist wie mit dem Sprechen. Kann man Sprechen lernen? Normalerweise ja. Wir haben viele Freunde unter uns, die es schwer mit dem Sprechen haben, weil sie auch nicht hören können.
Ich freue mich, dass es so tolle Dinge wie die Gebärdensprache gibt und dass wir so wunderbar kommunizieren können. Ich grüße euch ganz besonders und staune, wie ihr innerlich dabei seid und das voller Spannung miterlebt. Ich bewundere immer, wie man das macht. Ich möchte das eigentlich auch gerne lernen. Vielleicht fange ich nach Pro Christ damit an, die Gebärdensprache zu lernen.
Ich habe das im Orient erlebt, als ich dort gelebt habe. Da hatte ich einen Freund, der in Beirut mit Gehörlosen gearbeitet hat. In dem Café, in dem er war, hat er mich vorgestellt. Dann machte er immer so eine Geste, und ich dachte: Was heißt das denn? Jetzt geht es mir an den Kragen! Da hat er mir erklärt, dass das das Zeichen für Pfarrer wäre. Das lag an dem Stehkragen, den katholische und manche lutherische Pfarrer tragen.
Also, das ist eine tolle, phantasievolle Sprache. Wenn wir alle Funktionen haben, dann lernen wir dadurch Sprechen – auf der Grundlage, dass wir geboren werden. Man muss das Leben geschenkt bekommen und die Voraussetzungen dafür. Und dann dauert es lange, bis ein Mensch sprechen lernt.
Durch den Kontakt mit anderen hört man, was andere sagen. Eltern sprechen mit ihren kleinen Babys beim Baden und Wickeln, pudern sie mit Worten ein. Das klingt manchmal albern, was Mama und Papa da in diesem komischen Chinesisch mit ihren Babys besprechen. Aber das ist Liebe, und das ist notwendig. Man kann nicht einfach sagen: Rede doch vernünftig mit dem Kind oder lass es doch! Nein, dieses „in Lauten gebadet werden“ entwickelt die Fähigkeit, zu antworten.
Dann formen die kleinen Kinder Laute. Zunächst versteht man nichts, aber nach langen Monaten kommt vielleicht das erste Wort. Man streitet sich dann immer, ob es zuerst „Papa“ oder „Mama“ war. Ich habe immer gedacht, dass das erste Wort unserer Tochter „Elektrizitätswerk“ sein würde. Insofern war sie ganz normal. Sie sagte auch „Mama“, und das war dann der Absturz meiner Eitelkeit.
Gut, also man lernt es unterwegs, das Sprechen. So ist es mit dem Beten auch. Die Voraussetzung ist ein Geschenk. Die Voraussetzung ist ein Geschenk, das ich nicht lernen kann. Ich kann Sprüche aufsagen oder ähnliches, aber die Beziehung zu Gott, dem Vater, habe ich durch Jesus. Das schenkt er mir durch die Vergebung der Sünden. Das kann ich mir nicht antrainieren, und ich muss es auch nicht. Das wäre albern.
Aber wenn ich dieses Geschenk angenommen habe und angenommen bin, wenn mir die Vergebung geschenkt wird, dann darf ich in diesen Lebensbeziehungsprozess eintreten. Ich darf auf Gottes Wort hören, und er badet mich sozusagen in seinen Worten. Ich lerne, ihm zu antworten, indem ich selbst Worte formuliere und das Sprechen lerne.
Ich möchte mit Ihnen ein Stück dieses Weges gehen und Ihnen sagen, dass es für viele von Ihnen vielleicht jetzt wie ein Prospekt ist, den ich aufblättere – eine Vorschau auf das, was kommt. Vergessen Sie nicht: Es geht nicht darum, einfach nur Beten zu lernen oder sich das Beten äußerlich anzutrainieren. Sondern Sie sollen immer wissen, dass die Grundlage das Geschenk des neuen Lebens ist, das Geschenk der Vertrauensbeziehung zu Gott, dem Vater.
Diese Beziehung kann ich nicht lernen oder erzogen werden. Ich kann sie meinen Kindern nicht anerziehen, bei allen guten Bemühungen. Ich kann sie mir nur schenken lassen, indem Jesus mir Vergebung gibt. Und jetzt darf ich anfangen, sprechen zu lernen. Es fängt vielleicht mit der Bitte an.
Als Erstes dürfen wir bitten lernen. Wir dürfen unsere Anliegen, unsere Sorgen und unseren Kummer zu Gott bringen. Wir dürfen eine Bitte formulieren, um Hilfe etwa. Vielleicht sagen Sie jetzt: Hat das überhaupt Sinn? Da will ich ganz offen sein: Ich habe daran immer meine größten Zweifel gehabt.
Man fängt an nachzudenken – sollte man ja tun, wenn Gott einem ein Gehirn gegeben hat, das funktioniert. Es ist übrigens eine ärztliche Weisheit, die sich herumsprechen sollte: Der Kopf ist nicht nur zum Frisieren da, sondern auch zum Denken. Das ist eine Erkenntnis, die immer häufiger beachtet wird.
Also fängt man an, darüber nachzudenken, und kommt in ganz schwierige Fragen und Zweifel. Die Fragezeichen sind wichtig. Ich habe mich dann gefragt: Hat das eigentlich Sinn, zu bitten? Ist das nicht ein bisschen töricht? Muss ich Gott über meine Not informieren? Gott weiß das doch besser als ich.
Und muss ich ihm einen Vorschlag machen, wie er diese Not abhelfen soll? Wenn er Gott ist, dann kennt er erstens meine Not besser und zweitens weiß er auch am besten, wie mir geholfen werden kann. Was soll ich ihn dann bitten? Ist das nicht unangemessen? Ist das nicht vielmehr eine Art Luftmachen für die eigene Seele?
Jesus hat das auch mal gesagt. In der Bergpredigt sagte er sehr schroff und kritisch: Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden. Sie meinen, sie würden erhört, weil sie viele Worte machen. Sie spulen Rituale ab und denken, jetzt hätten sie Gott günstig gestimmt und er müsste zuhören.
Da sagt Jesus: Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden. Euer Vater im Himmel weiß, was ihr braucht, bevor ihr ihn bittet. Das sagt Jesus selbst. Dann frage ich mich: Warum soll ich bitten?
Aber wenige Sätze weiter, in der gleichen Bergpredigt, sagt er: Bittet, so wird euch gegeben. Er fordert ausdrücklich auf, zu bitten. Sehen Sie, wenn wir philosophisch über Gott nachdenken, entsteht ein allgemeines Gedankengebäude. Diesem philosophischen Gott kann man nicht bitten. Das macht keinen Sinn.
Nun aber kommt Gott in Jesus und offenbart sich ganz anders, als wir ihn uns vorgestellt hatten. Wir hatten das in diesen Tagen, als wir Plakate für Pro Christ in den Straßen geklebt haben. Vielleicht haben Sie es auch in Ihrer Stadt gesehen. Einer der Sätze lautete: Gott hört uns zu.
Er lädt uns ein: Bittet, so wird euch gegeben. Wir haben es nicht mit einem philosophischen Begriff zu tun, sondern mit einem Gott, der sich zu erkennen gibt. Der einzige Grund, warum ich ein Bittgebet spreche, ist, dass Gott es ausdrücklich gesagt hat, dass er gebeten werden will.
Ich darf das tun – kindlich, voll Vertrauen. Er ist kein himmlischer Automat, der einfach funktioniert, sondern unser Vater, der uns zuhört und mit dem wir reden dürfen. Nichts ist ihm zu klein.
Deshalb bittet er uns und lädt uns ein, dass wir voller Liebe und Vertrauen mit unseren Bitten zu ihm kommen dürfen. Wenn das schon Kinder in den besten Beziehungen zu ihren Eltern dürfen, wie viel mehr dürfen wir das bei Gott, der in einer einzigartigen, unvergleichlichen Weise Vater ist, wie wir uns das menschlich gar nicht vorstellen können.
Er ist der, der uns einlädt und bittet. Das Bittgebet ist das Besondere in dieser Vertrauensbeziehung. Sie müssen nicht religiös darüberstehen. Manche wollen frommer sein als Gott, und das ist wirklich albern. Sie meinen, es wäre minderwertig, zu bitten, weil das selbstsüchtig sei.
Würden Sie Ihren Kindern sagen: Ihr seid selbstsüchtig, ihr solltet uns nicht dauernd bitten, sondern uns mehr loben und danken? Das wäre doch verkrampft! Aber so sind wir mit Gott.
Gott sagt: Bittet, so wird es gegeben. Ich darf voll Vertrauen sagen: Er wird schon sortieren. Eltern müssen in Fürsorge für ihre Kinder auch sortieren, was gut und hilfreich ist. Das versteht sich von selbst, dass nicht alle Bitten der Weisheit letzter Schluss sind.
Aber gut, dass ich das nicht vorsortieren muss. Ich muss nicht Gott sein, ich bin sein Kind. Ich komme mit meinem Kummer und manchmal mit meinen törichten Dingen. Aber sie kommen aus meinem Herzen, und ich heule ihm meine Sorgen hin – Rotz und Wasser. Dann wird er sich kümmern.
Er hat es doch gesagt, dass er sich darum kümmern will. Es steht in seinem Wort. Also komme ich. So dürfen wir lernen, ihn zu bitten. In dieser Liebesbeziehung darf ich schwach sein. Ich darf wirklich meinen Kummer sagen und ohne Angst mein Gesicht verlieren.
Die Bedeutung des Dankens im Gebet
Unter den Plakaten, die wir bei Pro Christi geklebt haben, war eines, das ich mir wünsche, dass es wochenlang in unseren Städten hängen würde. Darauf stand der Satz: „Gott ist stark“ und klein darunter: „Warum sollen wir dann bei ihm nicht schwach sein dürfen?“
Gott ist stark – warum sollen wir dann bei ihm nicht schwach sein dürfen? Schluss mit dem Krampf! Männer müssten nicht mehr beweisen, dass sie von niemandem Hilfe brauchen. Wir leben in einer Zeit, in der Frauen immer mehr wie Männer werden und Männer wie Frauen. Insofern ist dieser geschlechtsspezifische Unterschied im Moment vielleicht aufgehoben.
Wir begehen alle die gleiche Torheit, wenn wir meinen, wir wären es unserem Ansehen schuldig, zu zeigen, dass wir uns nichts schenken lassen, keine Hilfe brauchen und uns selbst durchbeißen müssen – oder eben an den Dingen kaputtgehen, bei denen wir uns nicht durchbeißen können.
Was für eine Wohltat ist es da zu wissen: Hier ist ein Gott, der stark ist, bei dem ich schwach sein darf. Seine Liebe lädt mich ein. Wir dürfen bitten lernen – das ist das Erste in dieser Schule des Betens.
Das Zweite ist, wir dürfen das Danken lernen. Das Danken ist für mich die wichtigste Geste. Wenn ich gefragt würde, mach mal eine Handbewegung, die typisch für das Christsein ist, dann würde ich die leeren Hände ausstrecken. Denn das ist die Geste des Vertrauens: Ich lasse mich beschenken, Jesus, und ich erwarte von dir alle Hilfe. Ich habe nichts anzubieten, sieh meine leeren Hände, aber ich bin empfangsbereit. Das ist Glaube: Ich bin empfangsbereit.
Wissen Sie, danken ist eigentlich das Lebenszeichen Nummer eins. Wenn ein Mensch seine leeren Hände endlich ausstreckt und nicht mehr die Fäuste ballt – all den Krempel, den er vorher festhalten wollte, seinen Besitz, worauf er stolz war, und den ganzen Mist, den wir gebaut haben, verteidigt – wenn er das endlich aufgibt, preisgibt, zugibt, bekennt und sagt: „Herr, vergib mir, nimm mir ab, was mich bisher gefüllt hat“, dann sind das seine leeren Hände.
Er sagt: „Ich danke dir für deine Vergebung, ich danke dir für deine Zuwendung, für deine Liebe.“ Der Dank ist die ausgestreckte Hand des Vertrauens, mit der ich annehme, was Gott mir schenkt – dass er sich selbst schenkt, wenn Jesus sich mir selbst schenkt. Deshalb sage ich: Danken ist das Lebenszeichen Nummer eins.
Wenn Sie sagen: „Kann man beten lernen?“ – dann sage ich: Ja, das kann man üben. Man kann diese verkrampften Haltungen ablegen und sagen: „Meine Haltung ist, ich möchte dir danken.“
Hier in Nürnberg haben viele große Menschen gelebt, unter anderem Albrecht Dürer, ein großer Maler des 16. Jahrhunderts. Viele kennen seine berühmten betenden Hände. Die zusammengelegten Hände sagen: „Ich kann nichts mehr tun, ich will nicht mehr kämpfen, ich kann nichts mehr festhalten. Ich lege diese Hände zusammen, richte sie auf dich und erwarte von dir, dass du sie füllst.“
So sind Gebetshaltungen – es gibt ganz verschiedene, immer als Ausdruck innerer Einstellungen. Ich weiß auch, dass Gebetshaltungen zu Äußerlichkeiten werden können, zu hohlen, leeren Äußerlichkeiten, die dann gar nichts mehr sagen. Aber ursprünglich sind sie so gemeint.
Die gefalteten Hände sagen auch: „Meine Hände, die aktiv geschafft haben und Probleme selbst lösen wollten, lege ich zusammen. Ich halte sie dir hin, lieber Vater, und bitte dich und danke dir.“
Wenn Sie die Bibel lesen, werden Sie feststellen, dass in der alten Zeit des Volkes Israel und auch in der Zeit von Jesus die Menschen mit erhobenen leeren Händen gebetet haben. Sie hoben ihre Hände zu Gott im Gebet. Diese Geste sollte zeigen: „Das bin ich, Vater, mit leeren Händen und empfangsbereit zu dir gerichtet.“ Eine sehr sprechende Geste.
Ich sage noch einmal: Die Äußerlichkeiten können Nebensächlichkeiten sein. Missverstehen Sie mich bitte nicht so, als würde ich für irgendetwas plädieren. Das müssen Sie selbst entscheiden und jeder darf es machen, wie er will. Ich wollte nur sagen, dass das, was wir äußerlich zeigen, etwas ausdrücken kann.
Was Dank ausdrückt, ist einmal, dass ich leere Hände ausbreite und dankbar empfange. Glaube heißt nicht, dass ich mich anstrenge, etwas für wahr zu halten oder mich bemühe, etwas zu tun. Glaube heißt, dass ich vertraue und bereit bin, mich beschenken zu lassen.
Deshalb ist das so etwas Entspannendes, so etwas Vormachendes, so etwas Gewissmachendes: Wenn es darauf ankäme, was ich kann, was ich schaffe, ob ich mich bemühe, ob ich fromm sein muss oder ob ich die Gebote Gottes halten kann – dann wüsste ich doch nie, ob es reicht.
Es ist doch diese elende Plackerei und Schinderei, die auf aller Religion lastet. Weithin sage ich Ihnen: Weithin ist das Christentum in Westeuropa zu einer solchen Plackerei und religiösen Schinderei verkommen. Die Menschen sind ungewiss, verkrampft, ohne Freude, weil sie immer meinen, sie müssten sich bemühen, ein guter Christ zu sein.
Wenn ich jemanden frage: „Bist du Christ?“ – das kann man doch gar nicht wissen. „Ich bemühe mich, einer zu sein“ – und schon schauen sie so angestrengt. Das erschreckt mich immer. Ich denke: Um Himmels willen, haben die nie etwas von der Bibel gehört? Haben die nie etwas von Jesus gehört? Immer nur diese religiöse und moralische Plackerei.
Es geht doch ganz anders. Ich hätte ihre Hände ausstrecken sollen. Jesus hat alles am Kreuz getan. Es war eine schwere Schinderei. Gott hat sich alle Mühe gegeben, um die Trennung zu überwinden. Es war nicht leicht. Es hat Blut, Schweiß und die Ehre Gottes gekostet.
Aber ich kann es doch nicht tun. Ich kann jetzt nur leere Hände ausbreiten und sagen: „Ich lasse mich beschenken. Danke, Herr!“ Deshalb heißt beten lernen: Das kann ich trainieren gegen den Trend meines Stolzes.
Man lässt sich nicht helfen, man fragt nicht um Hilfe. Diese Verbogenheit in unseren Persönlichkeiten ist nahezu zum Erziehungsziel geworden. Kinder lassen sich noch etwas schenken. Bald kommt ja wieder das Fest der Bescherung an Weihnachten, wo man plus/minus fünfzig Pfennig oder fünfzig Rappen oder was Sie sonst für eine Währung haben, Geschenke austauscht.
Aber wehe dem, der sich beschenken lassen muss, ohne vergelten zu können, ohne sich „rächen“ zu können. Der fühlt sich gedemütigt und meint, er müsse Almosen annehmen. Wir lassen uns nicht beschenken – und das macht uns kaputt.
Danken! Schule des Gebetes: Wir sagten, erstens dürfen wir bitten lernen, und zweitens dürfen wir danken lernen.
Nach Gottes Willen fragen und Gott loben
Und jetzt möchte ich Ihnen drittens noch sagen: Wir dürfen lernen, nach seinem Willen, nach Gottes Willen, im Gebet zu fragen. Das ist ein Ausdruck unserer Dankbarkeit, dass wir das Gespräch anfangen und sagen: Herr, was willst du? Zeig mir deinen Willen.
Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf diesen Satz, der auf einem der Pro Christ Plakate stand: Gott antwortet uns. Ja, er redet zu uns. Er gibt uns eine Antwort darauf, wenn wir ihn fragen: Herr, was willst du, dass ich tun soll?
Sie fragen vielleicht: Wie redet Gott denn? Nun, er ist der Schöpfer. Er hat die gesamte Schöpfung zur Verfügung, um sich dadurch uns verständlich zu machen. Ich kann ja nur Menschliches verstehen. Also redet er oft durch Menschen zu uns oder durch Ereignisse, manchmal auch durch Gedanken oder durch Gefühle, die wir haben.
Damit wir in diesen vielen Stimmen, die wir hören, die oft ein Stimmengewirr sind, unterscheiden können, was Gottes Stimme ist, hat er uns einen Liebesbrief geschrieben. Der Liebesbrief ist die Bibel, in der schwarz auf weiß steht, was Gott von uns will und wie er sich das Leben denkt.
Indem Sie die Bibel lesen, lernen Sie kennen, was Gott will. Und indem Sie das tun, merken Sie, wie Gott Ihr Leben umgestalten wird. Lesen Sie die Bibel, bitte Sie darum, nehmen Sie sich Zeit dafür. Es gibt viel Gesprächschaft mit Gott.
Wenn der Karrieretyp in unserer Szene darauf zeitverwandert hätte, hätte er gesagt: „Gott, was willst du mit meinen Gaben, in meiner Situation, in meiner Familie? Was ist der richtige Platz?“ Anstatt zu sagen: „Mein Geld und Erfolg, das ist es, und das ist außer Frage, das ist der Orient.“ Wäre das Leben anders gelaufen?
Aber auch wenn die Katastrophe eingetreten ist, wenn man sich verfahren hat und eigenmächtig falsche Wege gegangen ist, dann darf man zurückkommen und neu anfangen zu fragen: Herr, zeige mir, was soll ich tun? Das ist doch ganz selbstverständlich.
Also, wir dürfen bitten, wir dürfen danken, und wir dürfen nach seinem Willen fragen.
Und jetzt möchte ich Ihnen noch ein Viertes sagen: Wir dürfen es lernen, Gott zu loben. Gott zu loben heißt, Gott nochmal in Erinnerung zu bringen, damit Sie es sich einprägen.
Das ist die Schule des Gebetes: Wir dürfen bitten lernen, wir dürfen danken lernen, wir dürfen lernen, nach seinem Willen zu fragen, und jetzt möchte ich Ihnen noch sagen: Wir dürfen das Lob Gottes lernen.
Was heißt das? Beim Lob Gottes geht es darum, dass ich ihm nicht nur für etwas danke, was er mir gegeben hat, sondern dass ich ihn selbst lobe. Wer er ist – in seiner Güte und Barmherzigkeit, in seiner Fürsorge, in seiner Zuwendung.
Beim Loben passiert es, dass ich Gott die Mitte meines Lebens sein lasse. Ich begreife: Er ist die Mitte des Universums, er ist Anfang und Ende, Zentrum. Im Lob richte ich mein Leben jetzt richtig aus und sage: Es geht gar nicht darum, ich möchte Gott nicht gebrauchen als Mittel, als Hilfsmittel zur Erreichung meiner Zwecke und Ziele, sondern du bist Zweck und Ziel meines Lebens.
Du bist Anfang und Ende, du bist Mitte und tragender Grund. Dir gehöre ich, deine Ehre soll das erste Thema meines Lebens sein.
Das ist eine Erneuerung unseres Lebens, auch unserer ganzen Lebenseinstellung. Denn da muss man aufpassen, dass man Gott nicht missbraucht. Man kann auch noch Gott als Instrument gebrauchen und sagen: Ich bin der Mittelpunkt, ich mache die Politik in meinem Leben, und Gott soll mir helfen.
Und wenn er mir hilft, dann danke ich ihm auch dafür. Aber erst wenn ich anfange, ihn zu loben, dann begreife ich selbst mehr: Er ist die Mitte, und er ist Sinn und Zweck meines Lebens. Aus ihm fließt alle Kraft und Herrlichkeit, Liebe und Wegweisung für ein gelingendes Leben.
Die Notwendigkeit von Zeit zum Gebet
Ich möchte, dass Sie sich Zeit zum Gebet nehmen. Wir brauchen das. Das ist das, was ich Ihnen als Fünftes noch sagen möchte: Ja, wir brauchen wirklich Zeit zum Beten.
Man kann überall beten. Das finde ich so toll, dass man, wo man auch immer ist, in Gedanken ein Gebet sprechen kann. Oft, in Gesprächen, wenn ich in Schwierigkeiten komme, sage ich innerlich, ohne ein Wort zu formulieren: Herr, ich bitte dich, segne diesen Menschen. Ich danke dir, dass du ihn liebst. Du bist für ihn gestorben. Hilf mir, dass ich ihn so ansehen kann, wie du ihn ansiehst! Das verändert meine Einstellung zu ihm.
Oder ich kann ihm sagen: Ich danke dir, Herr, für die Bewahrung, für die Hilfe, für diesen schönen Herbsttag, für dieses wunderbare Essen, für dieses gute Gespräch. Also diese spontanen Dinge. Gott ist mir näher als meine Haut, er ist überall da.
Aber ich bin froh, dass ich meinen Freunden, die sich zwar wunderbar mit der Gebärdensprache verständigen, aber doch beeinträchtigt sind, weil sie nicht sprechen und nicht hören können, sagen kann, dass Gott die Stimme eures Herzens hört. Und wenn die Sprache eures Herzens betet, dann hört er euch ganz stark.
Ich sehe Sie mit dem Kopfnicken. So ist es. Und ich weiß, dass es gehörlose Menschen gibt, die Gottes Stimme besser hören als Leute, die zwei ganz gesunde Ohren haben. Und es gibt stumme Menschen, deren Herz mit Gott mehr spricht als Menschen, die sehr, sehr bewandert mit den Lippen sind.
Was ist das für eine Sache? Dass wir überall mit ihm reden dürfen.
Aber ich möchte Ihnen auch Mut machen, an jedem Tag eine gewisse Zeit festzulegen und Stille zum Gebet zu haben. Morgens, bevor der Tag anfängt, oder wann auch immer am Tag Sie Ruhe finden können – 15 oder 20 Minuten.
Lesen Sie einen Abschnitt der Bibel. Gerne geben wir Ihnen dazu Hilfe, nachher auch Material, damit Sie Unterstützung beim Bibellesen haben und anfangen können, mit Gott zu sprechen.
Nehmen Sie sich 15 Minuten am Tag frei von allen anderen Dingen. Radio abstellen und so, um einfach Stille mit Gott zu haben – Zeit zum Beten.
Seien Sie nicht traurig, wenn Sie Schwierigkeiten haben, diese 15 Minuten zu füllen. Sie werden merken, dass man das Beten erst langsam lernt, wenn man das neue Leben empfangen hat. Das ist nicht so einfach.
Und Gott liebt das Stammeln seiner Kinder. Sie dürfen kommen.
Sie können alleine beten, nehmen Sie diese Stille, aber beten Sie auch mit anderen gemeinsam in den Gottesdiensten, wo wir Gebete gemeinsam sprechen. Ganz ähnlich wie ich Sie zum Schluss dieser Veranstaltung einlade, im Gebet gemeinsam zu sprechen. Das kann helfen, das stützt uns.
Aber man betet ja nicht immer nur im Chor. Treffen Sie sich auch mit anderen, die Jesus nachfolgen, zu einer Runde, in der Sie Ihre Nöte austauschen, Ihre Freuden besprechen und die Fragen des Alltags bereden.
Dann machen Sie doch eine Runde sozusagen um Gottes Familientisch als seine Kinder und reden Sie gemeinsam mit ihm. Jeder drückt es so aus, wie er es formuliert.
Wer sich scheut und zu schüchtern ist, betet in der Stille, während er dabei ist. Aber das ist etwas Wohltuendes, so selbstverständlich auch in der Gemeinschaft mit Gott das Sprechen zu lernen.
Nehmen Sie sich Zeit zum Beten.
Einladung zur Versöhnung und zum Gebet
Ach, ich habe weit vorgegriffen, außerdem ist die Zeit fortgeschritten. Deshalb schließe ich hier und sage: Das war der Prospekt, das war so eine Vorschau darauf, wie die Schule des Betens, des Gesprächs mit Gott, sein könnte.
Aber ich bitte Sie herzlich: Übersehen Sie nicht, am Anfang steht das Geschenk. Deshalb wende ich mich jetzt in diesem Augenblick denen hier und an den Übertragungsorten zu, die genau wissen, dass sie erst einmal das Geschenk der neuen Beziehung brauchen. Die Beziehung ist abgebrochen, es läuft zwischen Gott und mir nichts. Entweder haben Sie überhaupt nicht gebetet und gar keine Beziehung, oder Sie haben immer wieder gemerkt, dass das alles an die Decke fällt und wieder runterkommt. Das ist ein Ritual, es ist gar keine Beziehung.
Dann bitte ich Sie: Nehmen Sie heute die Vergebung an, die Versöhnung des Gekreuzigten, die er Ihnen schenkt. Lasst euch versöhnen mit Gott!
Ich möchte Ihnen eine ganz praktische Hilfe geben, ein Antwortgebet auch auszudrücken. Deshalb bitte ich Sie jetzt aufzustehen, wenn Sie das möchten, und hier nach vorne zu kommen. Das gilt auch für Sie an den Übertragungsorten: Stehen Sie auf, damit diese äußere Haltung Ihren inneren Entschluss sichtbar macht und unterstützt. Ja, ich möchte die Beziehung zu Gott erneuern.
Vielleicht sind hier auch Menschen, die sagen: Das, was du gesagt hast, kenne ich. Das war vor 25 Jahren so, aber dann ist der Faden gerissen, ich habe mich von Gott entfremdet. Dann sollen Sie wissen: Sie dürfen wiederkommen, Sie dürfen wiederkommen. Ich lade Sie ausdrücklich ein, stehen Sie auf und kommen Sie nach vorne. Ich möchte Ihnen dann ein Gebet vorsprechen, das Sie nachsprechen können.
Wir danken Gott für seine Liebe und sagen ihm, dass wir ihm unser Leben öffnen. Wir bitten um Vergebung der Sünden und sprechen laut aus, was in unserem Gewissen brennt, was uns von Gott trennt – die Schuld, die verborgene, brennende Schuld unseres Lebens. Wir danken ihm, dass er am Kreuz gestorben ist und alle Sünde vergeben hat.
Wir wollen ihm ausdrücklich sagen: „Herr, mein ganzes Leben soll dir gehören.“ Und wir danken ihm, dass er uns annimmt. Das ist ein Kontaktgebet, ein Anfangsgebet als erste Antwort, damit das Gespräch, die Vertrauensbeziehung in Gang kommt und sich entwickeln kann.
Möchten Sie kommen? Manche fragen: Geht das denn so plötzlich und unvermittelt? Ich sage Ihnen: Alles ist Wachstum im Leben, und Gott hat mit Ihnen schon eine lange Geschichte gehabt. Es fängt ja nicht heute Abend an. Es wird Ihnen vielleicht erst viel später bewusst, was er alles schon in Ihrem Leben vorbereitet hat, was Ihnen gar nicht deutlich ist.
Aber es ist wie bei einer Geburt: Es ist auch nicht einfach aus heiterem Himmel. Da gibt es einen Prozess: Zwei Menschen lernen sich kennen und lieben, dann gibt es Zeugung, dann Monate der Schwangerschaft. Aber dann ist plötzlich der Augenblick der Geburt da – die Minuten und Stunden der Geburt. Das ist kein isoliertes Ereignis, aber ein besonderes, erkennbares Ereignis.
So denke ich, dass heute viele hier sind, bei denen das Wachstum dieser Prozesse lange in Gang war. Da waren Zweifel, Fragen und Gespräche. Aber jetzt haben Sie den Eindruck: Jetzt ist es so weit, dass ich Antwort geben möchte. Und dann lässt sich durch nichts abhalten. Steh auf! Jesus ruft, dann darfst du aufstehen. Er lädt dich ein und du kannst sagen: „Herr, hier bin ich, ich öffne dir mein Leben, ich kehre um und will neu mit dir anfangen.“
Ob Sie siebzig oder siebzehn sind, wo auch immer Sie sitzen – ich muss das in dieser Halle immer sagen, weil wir uns über die vielen freuen, die gekommen sind. Aber Sie sitzen da oben so hinter diesen Barrieren. Hoffentlich haben Sie nicht das Gefühl, Sie gehören nicht dazu. Kommen Sie durch die Treppenhäuser herunter, gehen Sie von der Empore durch die Türen. Dort stehen Mitarbeiter und zeigen Ihnen den Weg.
Hier vorne vor dem Podium ist ein freier Raum. Dort wollen wir uns still versammeln, bis viele gekommen sind, die kommen wollen. Dann wollen wir miteinander beten. Der Chor wird ein Lied singen, das Ihnen das noch einmal ausdrückt: „Jesus, zu dir kann ich so kommen, wie ich bin.“
Und ich sage Ihnen das noch einmal an den Übertragungsorten: Es gilt auch für Sie. Der Leiter der Versammlung wird Ihnen dort jetzt sagen, wie Sie Antwort geben können. Fühlen Sie sich nicht ausgeschlossen! Jesus ist ganz nah bei Ihnen, so wie er ganz nah bei uns ist, und er schafft den Freiraum.
Jetzt ist der Augenblick der Antwort. Gott bittet uns: Lasst euch versöhnen mit Gott! Steht auf und kommt jetzt!
Ist das richtig? Gott ist mir egal? Viele kommen noch. Wir wollen einen Augenblick Stille und Ruhe haben und einfach innerlich beten. Sie können kommen. Wir haben Zeit, Gott hat Zeit für uns. Dann dürfen wir uns die Zeit auch nehmen.
Vielleicht denkt jemand: Was werden meine Freunde sagen? In diesem Augenblick sollst du nur wichtig nehmen, dass Gott dich bei deinem Namen ruft. Gib ihm Antwort! Du gehörst ihm, du darfst mit ihm leben – voll Vertrauen. Komm!
Bitte den Chor, noch einmal die erste Strophe des Liedes zu singen. Wir wollen sie mitbeten. Jesus hat gesagt: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht wegstoßen. Die Zusage steht.
Jetzt lade ich euch ein, dass wir miteinander beten. Ich bitte euch, Satz für Satz laut als euer persönliches Gebet nachzusprechen:
Jesus, ich danke dir, dass du mich so sehr liebst.
Ich habe deine Einladung gehört und ich öffne dir mein Leben.
Ich bekenne dir meine Sünde und bitte dich um Vergebung.
Ich danke dir, dass du am Kreuz für mich gestorben bist
und dass du mir alle meine Sünden vergeben hast.
Von jetzt an soll mein ganzes Leben dir gehören.
Ich danke dir, dass du mich angenommen hast.
Ich möchte euch das Wort des barmherzigen und heiligen Gottes zusprechen. Er sagt: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Das gilt dir jetzt. Nimm es an, täglich mit der leeren Hand der Dankbarkeit. Das ist die Basis des Vertrauens, jeden Morgen, wenn du aufwachst. Sag ihm: Ich danke dir, dass du mich so sehr liebst, mir meine Sünden vergeben und mich angenommen hast. Das ist allein recht.
Dann lass das Gespräch wachsen und lerne das Beten. Fang heute Abend und morgen früh an, mit Gott zu reden im Gebet. Nimm dir Zeit fürs Bibellesen.
Deshalb möchten wir dir gerne gleich auch etwas Literatur geben. Vor allem bitte ich euch herzlich: Sucht die Gemeinschaft der anderen, die auch zu Jesus gehören, dieser Familie Gottes, damit wir uns gegenseitig stärken können. Allein geht man ein.
Wir möchten euch gerne, wenn ihr nicht wisst, wo ihr diese Gemeinschaft findet, auch an diesem Abend einen ersten Kontakt anbieten. Deshalb habt noch einen Augenblick, ein paar Minuten Zeit, auch vielleicht für ein kurzes Gespräch.
Es ist so wichtig, dass der Kontakt nicht reißt. Sonst ist der Anfang im Grunde wie eine Geburt, ohne dass ein Kind die Nahrung, den Schutz und die Gelegenheit zum Wachstum und zur Reife des Lebens bekommt.
Eine Geburt ist eine wunderbare Sache, aber nur der Beginn eines Wachstums. So ist dieses Anfangsgebet ein Geschenk, und wir können uns darüber freuen. Aber es ist ein ganz vorsichtiger, zarter und auch empfindsamer Beginn, der sich entwickeln und geschützt werden soll.
Deshalb brauchen wir Gemeinschaft mit anderen Christen, und wir bieten euch diese an.
Jetzt wird diese Versammlung gleich von Hans Martin Stapler mit einem kurzen Schlusswort und einem Segensgebet geschlossen. Auch an den Übertragungsorten ist das so. Die Leiter und Leiterinnen werden Ihnen sagen, was bei Ihnen noch sein wird.
Ich lade Sie noch einmal herzlich ein, ob ich hier in Nürnberg sagen darf: Bringen Sie viele Freunde mit! Wir schaffen irgendwoher die Stühle hier, und Platz gibt es. Im Zweifelsfall steht man auch gemütlich und kommt.
Morgen Abend ist der letzte Abend. Es geht um die Zukunft – ein wichtiges Thema für uns persönlich und für die Welt. Ganz segensreich.