Heute Abend heiße ich Sie ganz herzlich willkommen. Schön, dass Sie den Weg zum ersten Pro Christ Abend in Frankenberg gefunden haben.
Pro Christ ist eine Live-Übertragung aus Leipzig, die an 350 Orten in Europa stattfindet. Die Veranstaltungsorte reichen von Schleswig-Holstein bis Südtirol und von Luxemburg bis Polen.
Viele Veranstaltungsorte erleben heute bereits ihren dritten Abend. Nur Frankenberg feiert heute seinen ersten Abend. Das ist sicherlich ein Zeichen dafür, dass Frankenberg etwas ganz Besonderes ist oder sein möchte. Herzlich willkommen!
Der späte Beginn liegt jedoch nicht an einer langen Leitung der Frankenberger, sondern daran, dass wir diese Halle leider nicht früher bekommen konnten.
Aufbau und Programm des Abends
Pro Christ, wie sieht ein Veranstaltungsabend aus? Auch heute Abend wird das Programm aus zwei großen Blöcken bestehen.
Zunächst gibt es ein örtliches Vorprogramm von 25 Minuten mit Livemusik und einem Interview. Danach wird live nach Leipzig zugeschaltet, wo wir die Predigt und einen weiteren Teil des Programms aus Leipzig hören werden.
Heute Abend wird Pastor Ulrich Parzany über ein sehr interessantes Thema sprechen: Warum lässt Gott das Leid zu? Gerade im Hinblick auf das, was vor 50 Jahren geschehen ist, ist das ein sehr heikles und zugleich spannendes Thema. Wo ist Gott? Warum lässt Gott so viel Leid zu?
Wie bereits erwähnt, gibt es jeden Abend Livemusik. Heute Abend wird ein Chor aus Frankenberg singen. In diesem Chor sind Sängerinnen und Sänger aus verschiedenen Gemeinden aus Frankenberg und der Umgebung vertreten.
Ihr erstes Lied, das sie singen werden – ich muss kurz nachsehen, damit ich es nicht vergesse – ist ein Bekenntnis zu Jesus Christus. Es drückt aus, dass man Jesus Christus im Alltag, im Beruf und in der Familie erleben kann. Das Lied heißt „Wir leben mit Christus“.
Ich darf nun den Chor bitten.
Persönlicher Glaube im Alltag
Wer von Ihnen hat so ein Buch bekommen als Einladung zu ProChrist Profit fürs Leben? Das heißt oder vermittelt ja: Glaube ist etwas für den Alltag. Mit Christsein kann ich im Alltag etwas anfangen.
Wir wollen jeden Abend eine Persönlichkeit aus Frankenberg oder in diesem Fall aus Sachsenberg fragen, wie sie mit ihrem Glauben lebt und zurechtkommt.
Bernd, mach mal eine ganz typische Handbewegung für deinen Beruf. Brauche ich kein Mikrofon für. Stimmt. Werde ich ihn erraten? Keiner? Ich weiß ihn: Bernd Kutting ist Zahnarzt in Sachsenberg.
Bernd, was hat dich damals bewogen, Zahnarzt zu werden?
Ich hatte damals schon einen handwerklichen Beruf, das liegt mir. Ich wollte beim Handwerk bleiben, aber auch gerne Kontakt zu Menschen haben. Außerdem suchte ich eine solide finanzielle und materielle Basis. Da bin ich auf den Beruf Zahnarzt gekommen.
Kennst du noch den Titel deiner Doktorarbeit?
Also, als ich merkte, dass es für den Nobelpreis nicht reicht, habe ich den Titel vergessen. So wichtig ist eine Doktorarbeit.
Wenn man den Beruf Zahnarzt hört, denkt man sicherlich zunächst an Schmerzen, danach an Gesundheitsreformen. Aber dann doch auch schon daran, dass man sich als Zahnarzt ziemlich viel leisten kann und sich viele Wünsche erfüllen kann.
Was war denn der Ausschlag für dich, dich mit Glauben zu beschäftigen?
Ich habe plötzlich gemerkt, dass man auf materieller Basis kein Leben aufbauen kann, dass da mehr dazugehört – insbesondere wenn man auch den Tod mitbedenkt. Ich suchte eine Basis fürs Leben, die auch über den Tod hinaus Tragfähigkeit hat, und bin so ein Suchender geworden.
Seit wann würdest du dich denn als Christ bezeichnen?
Das war genau im Jahr 1988, als ich zum Glauben gefunden habe. Ich habe damals ein Seminar belegt. Das Thema war: Wer ist Jesus Christus, was bedeutet er für mein Leben? Anhand der Bibel wurde mir klar, dass das das Fundament war, das ich gesucht habe.
Und du versuchst jetzt, mit Jesus im Alltag zu leben. Hat man als Christ noch Probleme?
Die Probleme bleiben, sie sind dadurch nicht weg.
Was sind für dich die größten Herausforderungen?
Eine große Herausforderung ist, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Da kämpft man jeden Tag darum.
Jetzt werde ich einen Satz beginnen und möchte dich bitten, ihn möglichst kurz zu beenden.
Wenn ich noch einmal einen Beruf wählen könnte, würde ich wahrscheinlich …
Ja, wieder Zahnarzt.
Meinen Kindern wünsche ich vor allem …
Deine eine Tochter ist ja hier – eine glückliche Kindheit. Ich hoffe, dass sie auch irgendwann die Basis im Leben finden, die trägt.
Wenn meine Kinder mal meine Zeugnisse lesen, dann muss ich …
Die Wichtigkeit von Schulnoten relativieren. Hoffentlich gelingt mir das.
Morgens am Spiegel denke ich oft …
Hoffentlich schneide ich mich jetzt nicht beim Rasieren.
Meinen Patienten wünsche ich vor allem …
Gute Zähne.
Schön, vielen Dank, Bernd.
Ein tragisches Ereignis und die Frage nach dem Leid
Wir wollen jetzt noch bis zum Übertrag um sieben Uhr heute Abend eine Nachricht weitergeben, die ich Ihnen vorlesen muss.
Warum lässt Gott das zu? Bestürzung machte sich breit, als der ProChrist-Gemeinde in Lippstadt, das ist in Westfalen, gestern Abend mitgeteilt werden musste, dass der 17-jährige Viktor Quadritzus auf der Rückfahrt von ProChrist am Sonntagabend tödlich verunglückte. Die Fahrerin des Autos überlebte schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt.
Besondere Tragik erhält das Geschehen dadurch, dass die Familie Quadritzus bereits 1994 einen Sohn durch einen Autounfall verloren hat. Ihr zwanzigjähriger Sohn verbrannte nach einem Unglück im Auto. Viktor Quadritzus hat noch Ende April in der Jugendgruppe der russlanddeutschen Gemeinde ein schriftliches Zeugnis, also seinen Lebensbericht, verfasst. Darin bekannte er, zu wissen, dass er durch Jesus einen Fürsprecher beim Vater, bei Gott, habe.
So schlimm es aktuell ist, wollte ich es heute Abend nicht haben. Lassen Sie uns beten: Herr, was du zulässt, macht uns stumm. Und wenn du schon eine so harte Sprache mit uns sprichst, dann pflegen wir dich an, dass du dich jetzt auch als der Auferstandene, als der gute Hirte, der auch in toddunklen Schluchten tröstet, erweist. Dass du dich so zeigst an den Eltern und an allen, die Viktor gestanden haben.
Wir befehlen dir alle an, die in unserer großen Gemeinschaft heute Abend bei ProChrist sind und ähnliches Leid jetzt erfahren haben, das wir nicht nennen, weil wir es nicht wissen. Erbarme dich über uns! Amen!
Als letzter Satz steht in diesem Brief, dass Viktor einen Leitvers aus der Bibel hatte. Dieser steht in einem der Briefe des Neuen Testaments, das hat er in seinem Lebensbericht geschrieben: Im Hebräerbrief Kapitel zwölf Vers drei. Ich habe ihn vorhin gelesen und dachte, das ist das Wort, das ich für mich und für diese Tage nehmen möchte:
„Denkt an den, an Jesus, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.“
Ein Vermächtnis von einem 17-jährigen Jungen.
Begegnung mit Leid und die Suche nach Antworten
Es ist genau zehn Jahre her, da führte mich mein Dienst in der weltweiten Jugendarbeit des CVJM in den Sudan. Dort, an der Grenze, sind wir von Khartum aus mit einem Freund zehn Stunden lang durch die Wüste gefahren bis an die äthiopische Grenze. Dort, so hatten wir gehört, entstand gerade ein Flüchtlingslager für Flüchtlinge aus Äthiopien, aus Tigray, aus diesem Bereich Äthiopiens.
Als wir dort ankamen, existierte dieses Lager erst seit wenigen Tagen. Es waren etwa 50 Flüchtlinge dort. Es gab keine Toiletten, keine sanitären Einrichtungen, keinen Arzt und keine Versorgung. Es war ein Wassertümpel vorhanden, aus dem ich gestorben wäre, wenn ich daraus getrunken hätte. Aber es war das Einzige, was es gab.
Der CVJM begann gerade damit, die am schlimmsten von Unterernährung bedrohten kleinen Kinder herauszufinden, um ihnen mit einer Ergänzungsspeisung das Schlimmste zu ersparen. Ich ging am späten Nachmittag durch dieses schier endlose Lager. Als Europäer fiel man dort natürlich auf. Plötzlich fasste mich eine Frau bei der Hand und zog mich durch die Lagerstätten. Dort hatten die Familien ihre Plätze notdürftig vorbereitet.
Sie zog mich zu der Stelle, an der sie mit ihren Angehörigen war. Wir konnten uns nicht verständigen, da ich nur Deutsch und Englisch sprach. Ihre Sprache war mir unbekannt, aber ihre Gesten waren eindeutig. Sie führte mich zu der Stelle, wo auf dem Lehmboden ihr sterbendes Kind lag.
Aus den tief liegenden Augen, die sich kaum noch bewegten, schaute es mich an. Die Mutter zeigte darauf und sagte, wenn so ein Europäer hier herumläuft, muss er doch Arzt sein. Irgendwie müsse er doch helfen können. Warum sonst sei er denn hier?
Ich dachte mir auch: Warum ist man eigentlich hier, wenn man nicht helfen kann? Ich musste mich losreißen und weggehen. Es gab keinen Arzt, und es war zu spät für dieses Kind. Ich sah in diese sterbenden Augen und dachte an meine drei Kinder zu Hause. Nie mehr konnte ich sterbende, verhungernde Kinder als statistisches Material betrachten.
Warum lässt Gott das zu? Warum? Ich habe keine Erklärung. Eins habe ich inzwischen begriffen: Durch philosophische oder theologische Erklärungen wird keinem Leidenden geholfen. Warum also suche ich Erklärungen? Warum will ich das Warum beantwortet haben? Vielleicht, um mich beruhigt zurücklehnen zu können in meinen Stuhl, in mein Sofa, und sagen zu können, dass das Elend in dieser Welt irgendwie doch seine größere Ordnung hat. Dass ich mich nicht weiter aufzuregen brauche.
Warum brauche ich eine Antwort auf das Warum? Vielleicht brauchen wir diese brennenden Wunden, diese offenen Fragen, die uns nicht ruhen lassen. Manchmal können sie den Panzer unseres verhärteten Gewissens durchbrechen und uns noch einmal an den Nerv unseres Lebens rankommen. Sie können uns wach machen und fühlen lassen, was in dieser Welt gelitten wird.
Aber man sagt: Wenn Gott leben sollte und die Liebe ist, dann kann es doch keinen Gott geben, wenn so etwas passiert. Ja, eins ist klar: Der sogenannte Liebesgott, der hierzulande heutzutage immer so zitiert wird – dieser jenseitige Trottel, der die Welt nicht versteht, den wir nicht ernst nehmen und um den wir uns nicht kümmern –, der lässt sich nicht in Zusammenhang bringen.
Er lässt sich nicht in Übereinstimmung bringen. Er platzt wie eine Seifenblase an den schrecklichen Realitäten dieser Welt. Dieser eingebildete, selbstgemachte, verharmloste Gott.
Das Kreuz als Zeichen der Liebe und Wahrheit
Damals, in dem Flüchtlingslager Bad Kauli an der äthiopischen Grenze, habe ich eine wichtige Lektion gelernt.
Als ich durch das Lager ging, sah ich plötzlich vor mir, wie eine Frau auf einem Feuer einige Steine zusammengelegt hatte. Zwischen den Steinen lag eine Eisenplatte, auf der sie einen flachen Brotfladen buk. Als das Brot fast fertig war, sah ich, wie sie mit dem Finger ein Kreuz in den Teig zeichnete.
Ein Freund, der dazugekommen war und bemerkte, wie ich das betrachtete, sagte: „Sie sind Christen, das Kreuzzeichen auf dem Brot ist das Brot der Hoffnung.“
Dann wurde es dunkel über dem Lager, und die Feuer wurden angezündet. Ich traute meinen Ohren kaum: Irgendwo im Lager begannen plötzlich einige Leute zu singen, und andere stimmten ein. Ich konnte die Sprache nicht verstehen. Die Freunde erklärten, dass es Christen seien, die Lieder der Hoffnung sangen.
In dieser Nacht, in diesem schrecklichen Lager, habe ich eine Lektion gelernt. Auf tausend Warum-Fragen habe ich keine Antwort. Aber in diesem Lager habe ich gesehen, dass inmitten dieser oft so grauenhaften und unverständlichen Welt das Kreuz Jesu Christi, die Liebe Gottes, in einer Klarheit und Eindeutigkeit sichtbar wird.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab – hingab ans Kreuz –, damit er für uns starb. Damit alle, die sich ihm anvertrauen, nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben. So sehr hat Gott die Welt geliebt.
Manchmal gibt es schöne Tage in dieser Welt, an denen es leicht erscheint zu glauben, dass es die Liebe und Güte Gottes gibt. Aber kein noch so schöner Urlaubstag gleicht dem unsäglichen Leiden, den Tränen und der Not in diesem Durcheinander. Wer will sich da noch auskennen? Da wird man doch verrückt, wenn man das Denken nicht abschaltet.
Und dann ist da, mitten in diesem Grauen, dieses Kreuz Jesu – die Liebe Gottes in Person. Das große Ja Gottes zu uns, gesprochen, wo alles in unserer Welt sagt: „Auf dich kommt es doch nicht an“ oder „Du bist doch Nebensache.“ Gott sagt Ja. Er richtet seine Liebe auf uns.
Ich sage noch einmal: Ich kann Ihnen und mir selbst nur sagen, dass ich damit leben muss, vielleicht unbefriedigend, dass ich auf viele Warum-Fragen keine erklärende Antwort weiß. Aber eine Frage möchte ich erklären: Warum Gott das zulässt. Warum er zulässt, dass dieser Gerechte, dieser einzig Unschuldige Jesus auf so grässliche und grauenhafte Weise hingerichtet wird. Bis zu dem Punkt, dass er ruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Und Gott schweigt. Der Himmel ist verschlossen. Am helllichten Tag herrscht Dunkelheit. Und Jesus stirbt. Warum lässt Gott das zu? Ist das gerecht? Ist das Liebe Gottes?
Es ist unbegreiflich. Ich buchstabiere das mein Leben lang. Ich bin vor 14 Jahren Christ geworden, habe bewusst angefangen, Christus nachzufolgen. Seit 40 Jahren buchstabiere ich an diesem Geheimnis herum. Ich begreife es nicht vollständig, aber ich lebe jeden Tag davon.
Ich lebe jeden Tag davon, dass das Unerhörte in meinen kleinen Schädel und mein einfaches Hirn nicht hineingehen will: Dass der allmächtige Gott sich so klein macht und Mensch wird. Dass er auf unser Niveau kommt, in unser Elend, in unsere Kümmerlichkeit, in unsere Tränen hineinkommt. Dass er in unser Leiden, unser Sterben, unser Stöhnen hineinkommt – Mensch wird.
Gott fällt unter die Wölfe. Das ist wahr. All das Grauen – wir schieben ja das Unrecht dieser Welt gerne Gott in die Schuhe. Aber für einen großen Teil sind wir Menschen selbst verantwortlich.
Wo wir uns selbst als die letzte Instanz und als Gott aufspielen, da erleben wir auch, dass der Mensch für den Menschen zum Wolf wird. So fällt Gott unter die Wölfe. Jesus, der nur Gutes und Liebe geübt hat, der Menschen auf die Beine gebracht, getröstet und aufgerichtet hat, fällt unter die Wölfe.
Sie machen ihm den Prozess, verbiegen das Recht, spucken ihn an, foltern ihn, verhöhnen ihn in seiner Schwachheit. Sie drücken ihm Dornen ins Gesicht, bis Blut fließt, und sagen: „So, jetzt bist du als König dekoriert, siehst wunderbar aus.“ Dann hängen sie ihn auf.
Gott fällt unter die Wölfe. Die ganze Gewalt und Lüge, zu der wir Menschen fähig sind, tobt sich an ihm aus.
Die Kreuzigung Jesu Christi entlarvt – entlarvt, wer wir Menschen wirklich sind.
Die dunkle Wahrheit über den Menschen
Ich habe mich immer gefragt, warum man als denkender Mensch in Deutschland nach Auschwitz und den Grauen des Zweiten Weltkrieges, die wir verursacht haben, immer noch an den guten Kern des Menschen glauben kann. Ich bin fassungslos, wie viele Leute ich treffe, die sagen: Im Kern sind wir doch gut. Na ja, die Verhältnisse lassen es nicht zu, dass wir so richtig toll sind, aber im Kern ist jeder gut.
Ich liebe die Bibel, weil sie mir eine ungeschminkte Wahrheit sagt und nicht das, was ich hören möchte. Jesus hat gesagt, dass aus dem Herzen des Menschen, also aus seinem Personenzentrum, aus seinem Kern, böse Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Missgunst, Lästerung, Hochmut und Unvernunft kommen. Alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus. Das gilt für jeden von uns.
Mich wundert es nicht, dass viele Leute mit der Bibel nichts zu tun haben. Wir lieben ja die Literatur, die uns nach dem Munde schreibt. Wir lieben Aussagen, die uns bestätigen. Damit kann ich nicht dienen. Ich bin nicht gekommen, um zu unterhalten, sondern um die Wahrheit zuzumuten. Nicht, um jemandem wehzutun, sondern in der Überzeugung, dass dies eine Wahrheit der Liebe ist.
Nur derjenige, der am Kreuz den letzten Blutstropfen für uns gegeben hat und damit bewiesen hat, dass er nicht auf uns verzichten will, dass wir ihm so kostbar sind, kann uns eine ungeschminkte Wahrheit sagen, ohne dass sie uns kaputt macht oder zerstört. Sie soll eine Diagnose bringen, die uns heilt. Von Kern her ist da etwas kaputt in uns. Das wird am Kreuz Jesu Christi deutlich.
Der Mensch wird entlarvt, und Gott vollzieht das Urteil stellvertretend an dem einzig Gerechten. So beurteilt er mein Leben. Es ist des Todesurteils würdig, ein Nein Gottes, des heiligen Gottes, zu der Art und Weise, wie ich gelebt habe. Es ist eine einzige Beleidigung Gottes, seine Liebe mit der kalten Schulter abzuweisen, so zu tun, als wäre er ein feuchter Kehricht. Einfach zu leben, die Welt großkotzig nach der eigenen Melodie zu gestalten und sich dann, wenn es schiefgeht, zu beschweren: Wie kann Gott so etwas zulassen?
Wer hat denn Atombomben erfunden? Wer macht denn Giftgas? Wer hat all das angerichtet, sodass Millionen Menschen heute leiden? Es sind doch wir, die wir alles das tun, was kurzfristig Erfolg verspricht. Für Risiken und Nebenwirkungen machen wir unsere Kinder verantwortlich. Wie lassen wir sie das ausbaden? Und dann machen wir den Faust und sagen: Wie kann Gott so etwas zulassen?
Am Kreuz wird deutlich, wer wir Menschen wirklich sind. Es ist nicht bequem, in diesen Spiegel des Wortes Gottes zu schauen. Aber ich sage Ihnen: Ihr Leben wird keine Erneuerung finden. Sie werden keinen Neuanfang machen können, wenn Sie es nicht wagen, in diesen Spiegel der Wahrheit zu blicken.
Ich sage Ihnen: Es ist nicht das Folterlicht der Geheimpolizei, die einen fertig machen will. Es ist das Licht der Liebe Gottes, in dem unser Leben aufblühen soll. Er mutet es uns zu, und es schmerzt uns, ehrlich zu werden. Es schmerzt uns unter diesem Kreuz, aber es kann, muss und darf so sein.
Das doppelte Bild des Kreuzes: Gericht und Liebe
Dieses Kreuz zeigt zum einen, wie Gott über uns denkt, wie unser Leben beurteilt wird und wer der Mensch wirklich ist – im Kern böse. Und jetzt kommt das Eigentliche: Dieses Kreuz ist zu gleicher Zeit scheinbar paradox. Es scheint völlig widersprüchlich zu sein. Geht das zugleich? Ja, zu gleicher Zeit wird an diesem Kreuz deutlich: So sehr hat Gott die Welt geliebt.
Gott will nicht auf uns verzichten. Er kennt mich, so wie ich bin. Er kennt meine geheimsten Gedanken und auch meine Worte und Taten, zu denen ich fähig gewesen bin. Und ich scheue mich nicht, offen zu sagen, dass Sie vermutlich nicht sehr sympathisch von mir denken würden, wenn Sie wüssten, wozu ich in meinen Gedanken, Worten und Werken in meinem Leben schon fähig war.
Ich bin mal so unhöflich zu sagen: Wenn jeder hier von seinen Nachbarinnen oder Nachbarn wüsste, was wir in unserem Leben schon gesagt, getan, gedacht und getan haben, dann würden wir nicht so nett einfach hier miteinander sitzen. Es ist eine Barmherzigkeit, dass wir das nicht alle voneinander wissen. Nicht wahr, es ist leicht, Menschen zu lieben, solange man nur ihre Schokoladenseite kennt. Und wenn die dann abgelutscht ist und das Bittere herauskommt, dann wird es mit der Liebe etwas kühler.
Zu denken, dass Gott mich kennt bis in die letzte Wurzel meiner miesen Motive, die so oft da sind, und dass er sich nicht angewidert abwendet, sondern die Arme am Kreuz ausbreitet und sagt: „Glaubst du mir doch, ich lasse mich annageln für dich, ich habe dich lieb, hörst du das?“ Er hat dich lieb. Du bist ihm wichtig, du bist keine Nummer.
So wie du bist – mit all den schönen Dingen in deinem Leben, mit deinen tollen Begabungen, mit deinen Träumen und Sehnsüchten und mit den bösen Dingen in deinem Leben – wendet er sich deshalb nicht ab. Er liebt nicht nur das Schöne in deinem Leben, sondern er liebt dich brutto. Das ist doch das Wunder! So sehr hat Gott die Welt geliebt.
Warum lässt Gott das zu? Das ist das Unbegreifliche, das alles sprengt, was wir religiös erfinden könnten. Übrigens haben sich die Religiösen und die Moralischen immer so schwer mit Jesus getan. Er hat sich nie in Schubladen stecken lassen. Gott stellen wir uns anders vor, aber so nicht – als einen Gekreuzigten, das ist doch unappetitlich.
Bis zur heutigen Zeit können Sie unter Intellektuellen unserer Gegenwart viele Texte lesen, die sich empört darüber äußern, dass Christen sich herausnehmen, so ein schreckliches, grauenhaftes Symbol wie das Kreuz als ihr Lebenssymbol zu haben. Wie kann man nur? Bis heute hat sich nichts geändert seit der Zeit Jesu Christi. Schon damals gab es Empörung: „Doch so nicht! So kann Gott doch nicht sein!“
Wir möchten uns Gott immer so vorstellen, wie wir ihn uns wünschen. Aber er wird Mensch und kommt herab, ganz tief in die Not, ins Sterben. Warum eigentlich so? Könnte er es nicht etwas schöner machen, etwas erhabener, philosophischer, ästhetischer?
Ach, wissen Sie, die Klugen und die Guten und die Großen haben in dieser Welt schon jede Schnitte abbekommen, denen wird ja sowieso der Hof gemacht. Aber die Kaputten, die in den Staub Getretenen, die Erniedrigten, die immer nur nahegebracht sind – für dich gibt es keine Chance mehr, auf dich kommt es ja doch nicht an, du bist ausgezählt.
Damit niemand sagen kann, er sei zu tief unten, ist Gott noch tiefer unten. So tief, wie Jesus gegangen ist, kann keiner mehr gehen. Er will nicht, dass auch nur einer sagt, es sei ein aussichtsloser Fall. Und in seinem Leben sei zu viel kaputt, zu viel Lüge, zu viel Böses gewesen, das sich verkrampfen muss in sich.
Er möchte, dass du dich öffnest, ehrlich wirst, wagst, ehrlich zu werden in der Sonne und Wärme dieser Barmherzigkeit Gottes im Kreuz. Darum lässt er das zu.
Dieses Kreuz stellt Gott mitten hinein in unsere grauenhafte Welt – oft genug grauenhaft, in der wir so ratlos sind, in der wir Unrecht anrichten und Unrecht leiden, Täter und Opfer sind und so oft nicht wissen warum. Und so sehr sagt es: Gott hat die Welt geliebt, dass es einen einzigen Sohn gab, damit alle, die sich ihm anvertrauen, nicht vor die Hunde gehen, sondern Gemeinschaft mit ihm haben – ewiges Leben, stabiles, festes, tragfähiges Leben.
Dieses Leben ist jetzt stark und schöpferisch und in Geborgenheit. Es ist so stark, dass der Tod es auch nicht kaputt machen kann.
Nach diesem Zeugnis vertrauen wir, dass Viktor mit seinen siebzehn Jahren nicht aus dieser Gemeinschaft mit Jesus, zu der er sich bekannt hat, herausgerissen ist. In der Heiligen Schrift steht ein herausfordernder Satz: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Hohes noch Tiefes, keine Macht mich scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8,38-39)
Das ist die Zusage, das ist die Geborgenheit, das Warum. Es bleibt ein Rätsel, genauso wie ich rätsle an dem Geheimnis des Kreuzes. Ich versuche es zu erklären, ich versuche es schon die ganzen Abende zu erklären, aber ich sage Ihnen: Mein Leben ist zu klein, um es zu begreifen. Aber ich lebe davon, und Sie dürfen davon leben.
Gottes Liebe ist so reich, sie ist unerschöpflich, sie geht in die Tiefe unserer Not. Dies ist kein Schönwetterangebot! Und ich flehe Sie an: Öffnen Sie sich dieser Liebe!
Über Theologie kann man diskutieren, über Ideologie und Philosophie auch, über Moral auch, da kann man streiten. Aber Liebe – Liebe sehnt sich nach Antwort. Stellen Sie sich vor, da sagt ein Junge einem Mädchen: „Ich liebe dich!“ Und das Mädchen, intellektuell geschult, sagt: „Das ist so ein schönes Thema, lass uns mal darüber diskutieren.“ Der Junge wird sie putzig finden.
Meine Güte, Liebe hungert nach Antwort. Da verbrennt sich Gott in der Liebe zu uns und sagt: „Ihr müsst nicht vor die Hunde gehen.“ Nicht: „Interessant, da sollten wir mal darüber diskutieren, können wir mal ein Seminar machen, lasst uns tausend Seminare machen.“ Ich bin ja nicht dagegen, aber lassen Sie uns nicht begreifen, lassen Sie uns nicht vergessen: Bei Liebe geht es um eine Art, die sich nach Antwort sehnt.
Und dazu lade ich Sie heute Abend ein: dass Sie, wenn auch noch so zögernd, noch so unsicher, noch so schüchtern, noch so leise, Ja sagen zu diesem großen, eindeutigen, klaren Ja der Liebe Gottes, das am Kreuz für uns gesprochen hat und das in der Auferweckung dieses Jesus bestätigt ist.
Denn am Kreuz ist ja nicht irgendein Idealist gescheitert, und wir verwalten sein Erbe in Form des Christentums. Sondern Gott hat ihn auferweckt, der Tod ist besiegt.
Deshalb ist die Liebe dieses Jesus die einzige, die stärker ist als der Tod. Deshalb ist sie unsere Zuflucht, deshalb kann er uns die Wärme und Geborgenheit geben, und deshalb kann der Tod uns nicht von ihm scheiden – weil er auferstanden ist.
Einladung zum Glaubensentscheid
Ich werde Sie am Ende dieses Abends einladen – ich sage das jetzt schon – und herzlich bitten, Ihr Ja und Ihre Antwort auf diese Liebe wirklich ganz deutlich und persönlich zu geben. Ich werde Sie einladen, hier nach vorne zu kommen als äußeres Zeichen dafür, dass Sie diese Liebe Gottes in Ihr Leben aufnehmen möchten. Dass Sie sich hier öffnen und anfangen möchten, mit diesem Jesus unter seiner Führung zu leben.
Das ist das, was angemessen ist, so klar, wie Gott in seiner Liebeserklärung gewesen ist. Da ist überhaupt nichts undeutlich. Er bittet darum, dass wir eine deutliche Antwort geben, ein klares Echo.
Bevor ich das tue, möchte ich Ihnen noch etwas erklären: Wie soll dieses Leben, das Gott uns schenkt und ermöglicht, aussehen – auch in einer Welt voller Leiden?
Im Neuen Testament gibt es eine Beispielgeschichte. Ich erzähle Ihnen in diesen Tagen viele Geschichten, weil das Leben ja nicht aus blassen Gedanken besteht, sondern aus gelebtem Leben. Und das passiert eben. Deshalb ist die Bibel voller Geschichten, Lebensberichte und Ereignisse, in denen Gott in das Leben von Menschen eingreift.
Jesus geht mit seinen Freunden in Jerusalem die Straße entlang. An der Straßenecke sehen sie einen blinden Bettler. Das war damals im Orient ein schlimmes Schicksal: Blinde hatten eigentlich keine Lebensgrundlage außer dem Betteln.
Als sie vorbeigehen, fangen die Freunde von Jesus an zu diskutieren. Sie fragen: Wer ist denn schuld an solchem Leid? Das berührt sie. Wer ist schuld hier? Dann weiß einer, dass der Mann schon blind geboren ist. Er sagt: Das macht es ja alles noch schlimmer. Dann muss es ja irgendwie eine Strafe sein.
„Leiden muss doch irgendwie eine Strafe sein“, sagen sie. Das ist eine merkwürdige Vorstellung. Mir ist es oft begegnet, dass Angehörige von Schwerkranken zu mir kamen und fragten: „Herr Pfarrer, was hat er denn Schlimmes getan, dass er so leiden muss?“ Das heißt, wir gehen immer davon aus, dass Leiden eine Strafe sein muss. Und umgekehrt, wenn es uns gut geht, nehmen wir das als Bestätigung dafür, dass wir auch gut sind.
Aber diese Rechnung stimmt doch hinten und vorne nicht. In der Hauptrede von Jesus, der sogenannten Bergpredigt, können Sie nachlesen: Gott lässt die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte und lässt regnen über Böse und Gute. Wenn Gott uns geben würde, was wir verdient hätten, würden wir längst nicht mehr atmen. Wir hätten heute kein Frühstück gehabt, keinen Sonnenschein genossen und könnten nicht arbeiten oder unseren Zielen nachgehen.
Es ist unverdiente Geduld und Güte Gottes, dass er nicht kleinlich ist, sondern uns mit schier endloser Geduld Raum gibt. Er riskiert seinen guten Ruf mit der Geduld, mit der er uns noch Spielraum lässt.
In der Bibel steht einmal der Satz: „Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Umkehr ruft, zur Umkehr leitet?“ Warum müssen wir erst aufwachen, wenn die Dinge für uns notfallmäßig, schwierig und schmerzhaft werden? Warum nehmen wir nicht dort, wo Gott mit uns freundlich ist, wo wir Essen und Trinken haben, Urlaub machen können, eine Arbeitsstelle haben und es wirtschaftliches Wachstum gibt – und wir nicht gerade im Kriegsgebiet leben – warum nehmen wir das nicht als Ruf der Güte und Freundlichkeit Gottes?
Warum sagen wir nicht: „Wir haben das nicht verdient, so wie wir gelebt haben. Wir wollen umkehren und von jetzt an fragen: Herr, was willst du, dass wir tun sollen? Wir wollen uns hinwenden, uns deiner Liebe öffnen und dir folgen.“
Weißt du nicht, dass sich Gottes Güte zur Umkehr ruft?
Nun, der Mann war blind geboren. Die Freunde von Jesus diskutieren also und sagen: „Vielleicht waren seine Eltern schuld.“ Es ist also eine Strafe, die sich vererbt.
Jesus hört das und wischt alles weg. Er sagt: Weder der Mann noch seine Eltern haben gesündigt. Das ist eine starke Behauptung. Sondern die Werke Gottes sollen an ihm deutlich erkennbar werden. „Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat“, sagt Jesus – er redet von Gott.
„Solange es Tag ist, können wir wirken. Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.“ Jesus erlaubt sich hier einmal die Warum-Frage. Die Jünger fragten: Warum? Wo kommt das her? Wie kann man das erklären? Ist das eine Strafe für ein Unrecht, das Leiden?
So fragen wir immer. Wir versuchen es zu erklären und meinen, damit eine Lösung gefunden zu haben. Jesus wischt in dieser Situation diese Warum-Frage sehr forsch vom Tisch und sagt: Ganz anders muss die Frage lauten.
Wir sollen nicht nach hinten fragen, sondern nach vorne. Warum fragt man nach hinten? Und dort gibt es oft keine Antwort.
Jesus sagt: Richte den Blick nach vorne. Es geht darum, dass Gott in dem Leben dieses Menschen handeln will. Er hat etwas mit ihm vor. Die Werke Gottes sollen deutlich erkennbar werden.
Ja, ich sage Ihnen: Das ist der Punkt. Wenn wir endlich aufhören, nach hinten zu fragen – sei es durch die harte Sprache des Leidens oder durch die zarte Sprache der Freundlichkeiten Gottes, die uns locken – dann können wir umkehren und sagen: Herr, was hast du mit uns vor? Was willst du uns sagen?
Einladung zur Begegnung mit Gottes Wort
Komm und erlebe Gottes Wort! Mit diesem Satz haben wir Sie zu Pro Christ 95 eingeladen. Darum geht es hier: Komm und erlebe Gottes Wort! Lass es in dein Leben hineinwirken, lass es praktisch werden und wende es an. Es geht nicht nur darum, darüber zu diskutieren, sondern das, was Jesus sagt, im Alltag anzuwenden und dann zu erleben, was es bewirkt und ob es Wahrheit ist. Komm und erlebe Gottes Wort.
Jesus möchte uns selbst auf die Beine stellen. Er heilt diesen Blinden auf eine sehr merkwürdige Weise. Er spuckt auf den Boden, macht so einen Brei und schmiert ihn dem Blinden ins Gesicht. Dann schickt er ihn an einen Teich, lässt ihn sich waschen, und danach kommt der Mann zurück – und er kann sehen. Eine sehr eigenwillige, merkwürdige Prozedur.
Wenn Sie die Bibel lesen, werden Sie merken, dass die Wege Gottes, wenn er einem Menschen hilft, immer ganz verschieden sind. Man kann das nicht nach einem festen Schema machen. Gott hat mit jedem seinen besonderen Weg. Aber er möchte in jedem Leben auf irgendeine Weise wirken, wenn wir uns dafür öffnen und uns nicht verbarrikadieren. Die Liebe bricht nicht ein, Liebe kann nicht vergewaltigen. Dann ist sie keine Liebe mehr. Liebe zwingt nicht, sie wirbt, sie bittet, sie sagt: „Tu das, mich einzulassen.“
Wenn sie aber einen Korb bekommt, wenn die Tür vor der Nase zugeschlagen wird, steht sie draußen. Warten Sie nicht darauf, dass der allmächtige Gott mit der Brechstange bei Ihnen reinkommt. Er wirkt leidenschaftlich im Kreuz des Jesus Christus um Sie und wartet darauf, dass Sie öffnen.
Er möchte Sie zurechtbringen, damit Sie Gemeinschaft mit ihm finden. Plötzlich sehen Sie das Kreuz und sagen: „So sehr bin ich geliebt, ich bin geborgen in ihm.“ Und dann möchte er Sie gebrauchen – auch, und gerade wenn Sie Leiderfahrungen haben – um Sie für andere zu einem Werkzeug des Friedens zu machen.
Zeugnis eines Lebenswandels durch Gottes Liebe
Ich denke an einen Mann, der Alkoholiker war und eine schreckliche Abwärtskarriere durchgemacht hatte. Seine Familie war ruiniert, sein berufliches Leben zerstört, und auch seine Gesundheit war stark angeschlagen. Er war wirklich bis in den Dreck abgerutscht.
Dann bekam er Hilfe und durch viele Rehabilitationsmaßnahmen begriff er schließlich: Gott sagt Ja zu mir. Von diesem Moment an begann er, einen aufrechten Gang zu lernen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Er erkannte: Ich bin jemand, ich muss nicht mehr vor meiner eigenen Verantwortung und vor mir selbst fliehen. Ich bin geliebt und darf verantwortlich sein. Ich darf auch zu meiner Schuld stehen. Ich muss mich nicht mehr herauslügen, denn das ist ja die Tragik des Alkoholismus: dass man ständig in der Lüge untertaucht.
Dieser Wandel bewirkte einen Heilungsprozess in seinem Leben. Er wurde ein Mensch, der aus Dankbarkeit für die Liebe Gottes lebte. Tag für Tag wurde er ehrlicher. Er brauchte Freunde, die ihn stützten – denn wir sollen ja nicht allein für uns leben.
Einmal sagte er mir etwas, das mich tief beeindruckte: Er arbeitet jetzt für Menschen, die selbst vom Alkoholismus bedroht, gefährdet und ruiniert sind. Dabei erfährt er, dass er mit seiner Lebensgeschichte vielen Menschen eine große Hilfe sein kann. Andere würden diesen Menschen nie glauben, was er sagt. Aber weil sie wissen, dass er alles selbst durchgemacht hat, hat er für sie ein helfendes Wort, das ein Gesunder oder Unbetroffener im Bereich Alkoholismus überhaupt nicht geben kann.
Dann sagte er mir – und da stockte mir fast der Atem: „Jetzt kann ich Gott manchmal sogar danken für alles Schreckliche, was ich durchgemacht habe. Er hat die ganzen schlechten Dinge meines Lebens in ein Kapital der Hilfe verwandelt. Ich darf jetzt anderen dienen.“ Das ist wirklich etwas Extremes.
Ich erlebe das immer wieder, so auch heute Abend: Besonders Menschen, die durch schweres Leid gegangen sind oder gehen müssen, haben auf eine Weise ein helfendes Wort, wie es Gesunde oder wenig Leid Betroffene niemals hätten.
Lassen Sie mich das als Zeichen dafür geben, dass Gott jeden Menschen auf besondere Weise gebrauchen will. Er möchte uns zurechtbringen, damit wir geborgen sind und Halt haben – trotz tausend ungeklärter und oft schrecklich quälender Fragen. Es werden uns die Tränen in die Augen getrieben, noch in viel, viel Not, bis eines Tages Jesus kommt, der Vollender der Weltgeschichte, der Auferstandene, der alle Tränen abwischen wird.
Bis dahin wird noch manches geweint in dieser Welt. Aber unterwegs wird auch getröstet, geholfen und aufgerichtet. Das Brot der Hoffnung wird ausgeteilt zur Stärkung, auch auf schweren Wegen, im Zeichen des Kreuzes, des gekreuzigten Jesus.
Dafür sind wir auf dieser Welt: einander das Brot der Hoffnung zu reichen, das Jesus heißt. In Wort und Tat die Liebe Gottes weiterzugeben.
Und wenn Sie Ihr Leben schon nicht mit Gott in Ordnung bringen – nur für sich selbst –, dann tun Sie es doch um der Menschen und um Gottes Willen. Denn andere brauchen so dringend Ihre Hilfe: in Ihrer Familie, in Ihrem Kollegenkreis, in Ihrer Nachbarschaft, in dieser unbarmherzigen Welt.
Es hilft doch niemandem, dass wir nur klagen. Es braucht Menschen, die Kostproben der Barmherzigkeit Gottes für andere sind, damit wir schmecken können, dass Gott die Welt nicht aufgegeben hat. Dass er sich um uns sorgt und uns in Jesus nachgeht.
Gott will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Aufruf zur Umkehr und Annahme der Liebe Gottes
Ich lade Sie herzlich ein, heute – ganz gleich, ob Sie selbst vom Leid betroffen sind oder vom Leid anderer, oder auch wenn Sie sagen: „Ich habe das in meinem Leben im Augenblick nicht so im Blick“ – Gott dankbar zu sein. Lassen Sie sich durch die Güte, die Sie erfahren, zur Umkehr leiten. Hören Sie die freundlichen Töne, denn es ist schwer genug, die harte Sprache Gottes zu verstehen.
Ich möchte Sie jetzt einladen: So konkret, wie Gott sich auf das Wort seiner Liebe hat festnageln lassen, so bitte ich Sie, an diesem Abend von sich aus ganz deutlich zu sagen: Ja, Jesus, ich nehme diese Liebe für mich an. Ich lasse mir gefallen, dass du am Kreuz für mich gestorben bist. Ich danke dir und gebe dir Recht: Das ist mein Leben, ich habe das verdient, dass du für mich sterben musstest. Vergib mir meine Sünde. Von jetzt an will ich dir gehören und mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens für andere.
Ich bitte Sie darum, als ein äußeres Zeichen für diesen inneren Entschluss aufzustehen und hier nach vorne zu kommen. Stellen Sie sich einfach still hier hin. Ich möchte gerne mit denen, die kommen möchten, ein Gebet gemeinsam sprechen. Ich werde Satz für Satz vorsprechen und Sie einladen, es mit mir zu beten: Dank, Annahme dieser Liebe und eine Erklärung: Jesus, von jetzt an will ich zu dir gehören.
Gott hat zu Ihnen gesprochen. Verschließen Sie sich bitte nicht. Die Liebe Gottes wartet auf die Antwort, auf das Ja-Wort der Gegenliebe. Sie können dieses Ja zaghaft geben und mit allen Zweifeln kommen. Vielleicht sind Sie heute Abend zum ersten Mal hier, und das alles ist Ihnen völlig fremd. Gott hat lange auf Sie gewartet.
Sie sagen: „Ich bin ja seit Jahrzehnten in keiner Kirche gewesen.“ Gott hat lange auf Sie gewartet. Kommen Sie! Vielleicht gehören Sie schon lange zu Kirchen und Gemeinden, aber es war für Sie eine Religion, Weltanschauung oder Theologie. Nie in Ihrem Leben haben Sie mal ein Ja zu der Liebe Gottes gesagt: „Ich will dir gehören, danke dir, Jesus.“ Dann tun Sie es heute.
Diese Einladung gilt auch für Sie an den Übertragungsorten. Das ist das Große in unserer Gemeinschaft: Wir können Hunderte Kilometer voneinander entfernt sein, und doch ist Jesus, der Auferstandene, an Ihrem Ort, in Ihrer Versammlung genau der gleiche. Er erkennt die Sehnsucht Ihres Herzens, das Schreien Ihrer Not, Ihre Trauer.
Hören Sie die Einladung der Liebe Gottes, ob Sie achtzig Jahre alt sind oder acht. Kinder dürfen kommen. Jesus hat ausdrücklich gesagt, dass jeder herzlich willkommen ist. Er ist ganz offen.
Auch für unsere ausländischen Freunde gilt: Kommen Sie! Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden mit Ihnen kommen. Wir möchten Ihnen später etwas Literatur geben und Ihnen ein Gespräch anbieten. Für die ausländischen Freunde wird es so sein, dass ihre Übersetzer in den Sprachen für Sie da sein werden. Sie sollen Hilfe bekommen.
Nehmen Sie die Einladung Gottes an.
Der Chor wird jetzt gleich ein Lied singen, sein Gebet. Während er dieses Gebet singt, bitte ich Sie, zu kommen. Sie dürfen jetzt schon kommen. Stellen Sie sich einfach hierhin. Ihre Freunde, mit denen Sie gekommen sind, werden sicherlich auf Sie warten. Im Notfall bringen wir Sie auch nach Hause. Nachbarn werden Sie durchlassen. Vielleicht bringen Sie Ihren Freund, Ihre Freundin, Ihre Bekannten oder Ihren Ehepartner mit.
Kommen Sie doch gemeinsam! Es ist gut, auch das Leben mit Jesus gemeinsam zu leben.