Einführung in die Bedeutung des Stammbaums Jesu
Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode siebzehn: Thronerbe und letzter Adam.
Gestern habe ich behauptet, dass wir im Lukasevangelium den Stammbaum von Maria finden. Das ist vielleicht wichtiger, als wir denken.
Es könnte ja jemand sagen, es sei schön und gut, dass Jesus rechtlich über Joseph von David abstammt und somit mit David und Abraham verwandt ist. Aber es wäre schon interessant zu wissen, ob das auch im biologischen Sinn gilt.
Immerhin verspricht Gott David einen konkreten Nachkommen, der ewig auf dem Thron Davids sitzen wird.
Die Verheißung an David und ihre tiefere Bedeutung
2. Samuel 7,12-14
Da sagt Gott zu David: „Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, werde ich deinen Nachwuchs, der aus deinem Leib kommt, nach dir aufstehen lassen und sein Königtum festigen. Er wird meinem Namen ein Haus bauen, und ich werde den Thron seines Königtums für ewig festigen. Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein.“
Das ist interessant, weil man die Prophezeiung auf Salomo verstehen könnte. Doch David versteht hier nicht nur eine Prophezeiung auf Salomo, sondern weit darüber hinaus. Man merkt das daran, wie er kurz darauf betet.
2. Samuel 7,18-19
„Wer bin ich, Herr, Herr, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher gebracht hast? Und das war noch zu gering in deinen Augen, Herr. Du hast sogar über das Haus deines Knechtes auf ferne Zukunft gesprochen und dies als Weisung für Menschenherrn gegeben.“
Oder mit Psalm 132,11:
„Der Herr hat David einen Treueid geschworen, er wird nicht davon abweichen: Von der Frucht deines Leibes will ich deinen Thron besetzen.“
„Von der Frucht deines Leibes“ bedeutet mehr als nur ein Adoptivsohn. Wenn uns Lukas nicht den Stammbaum Marias präsentiert hätte, hätten wir keinen Anhaltspunkt, ob Jesus ein leiblicher Nachfahre von König David ist. Doch genau das wird hier prophezeit. Erst der Stammbaum Marias zeigt uns, dass der Herr Jesus mütterlicherseits im streng biologischen Sinn ebenfalls mit David verwandt ist.
Die Bedeutung der unterschiedlichen Stammlinien von Maria und Joseph
Nathan selbst wurde nie König, was bei neunzehn Söhnen Davids auch nicht sonderlich verwunderlich ist. Es kann schließlich nur einen König geben, und Nathan war eben nicht dieser eine.
Auf Marias Seite war David selbst der letzte Vorfahr auf dem Thron Israels. Auf Josephs Seite hingegen sah die Sache ganz anders aus. Sein Stammbaum enthält die komplette Königslinie von David bis Joachim.
Als Nachfahre von Joseph scheint Jesus somit perfekt als Anwärter auf den Thron Davids qualifiziert zu sein. Doch es gibt ein Problem.
Der Fluch auf der Linie Joachims und seine Konsequenzen
Es gibt das Problem, dass Joachim, der König, den Matthäus in seinem Stammbaum zweimal erwähnt, durch Jeremia prophezeit wird, dass keiner seiner Nachkommen auf dem Thron Davids sitzen wird.
In Jeremia 22,30 heißt es: „So spricht der Herr: Schreibt diesen Mann auf, gemeint ist Joachim, der im Text davor Conja genannt wird, als kinderlos, als einen Mann, dem nichts gelingt in seinen Tagen. Denn von seinen Nachkommen wird es keinem gelingen, auf dem Thron Davids zu sitzen und weiterhin über Juda zu herrschen.“
Joachim war jedoch nicht wirklich kinderlos. Bei Ausgrabungen in der Stadt Babylon wurden sogar Urkunden über die Lebensmittellieferungen gefunden, die er und seine Söhne in der Gefangenschaft erhielten.
Aber er ist kinderlos im übertragenen Sinn. Wenn es um den Thron Davids geht, ist er wie jemand ohne Kinder, weil keiner seiner Nachkommen herrschen wird. So ist es dann auch: Er ist der letzte König. Die Prophezeiung Jeremia erfüllt sich.
Nach Joachim gibt es keine jüdischen Könige mehr. Der nächste richtige „König“ in Jerusalem ist auf Beschluss des römischen Senats der Nichtjude Herodes der Große.
Die Herausforderung für den Anspruch Jesu auf den Thron Davids
Das heißt jedoch, dass Jeremia 22,30 für jeden ein Problem darstellt, der als Messias Anspruch auf den Thron Davids erhebt und gleichzeitig mit Joachim verwandt ist. Über Joachim wurde prophezeit, dass keiner seiner Nachkommen auf dem Thron Davids sitzen würde. Das war so etwas wie ein Familienfluch.
Jetzt wird deutlich, wie kompliziert die Prophezeiungen über den Messias sind. Einerseits soll er auf dem Thron Davids sitzen und König sein. Andererseits darf er im biologischen Sinn nicht von Joachim abstammen. Wie lässt sich das also zusammenbringen? Den Anspruch auf den Thron und die Nichtabstammung von Joachim?
Ganz einfach: Es gibt einen Adoptivvater mit einem Stammbaum, der die komplette Königslinie abdeckt. Und eine Mutter, die über eine Seitenlinie ohne Familienfluch mit David verwandt ist. Rechtlich, aus Sicht der Gesellschaft, ist man somit ein Sohn des Joseph und ein rechtmäßiger Erbe des Thrones Davids. Biologisch ist man nicht mit Joachim verwandt, sondern der Stammbaum läuft mütterlicherseits zurück auf Nathan und über ihn zu David.
Jesus kann als erstgeborener Sohn Josephs Anspruch auf den Thron Davids erheben, ohne unter dem Familienfluch zu stehen, der andere biologische Nachkommen Joachins von diesem Anspruch ausschloss. Es ist möglich, dass Jesus in seiner Generation der einzige Mann war, der nicht nur aufgrund seines übernatürlichen Ursprungs, sondern auch aufgrund seiner menschlichen Herkunft als König der Juden qualifiziert war.
Die theologische Bedeutung des Stammbaums bei Lukas
Werfen wir noch einen Blick auf Lukas 3. Gestern haben wir gesehen, dass Lukas den Stammbaum Jesu über Abraham hinaus bis auf Gott zurückverfolgt. Am Ende heißt es in Lukas 3,38: „des Ennosch, des Zed, des Adam, des Gottes.“
Nur hier wird Adam übrigens als Sohn Gottes bezeichnet. Man könnte sich fragen, was diese Formulierung bedeutet. War Adam der Sohn Gottes, weil es schlichtweg keinen anderen Vater gab? Warum hört Lukas nicht einfach mit Adam auf?
Ich stelle diese Frage, weil er doch bereits einen anderen Sohn Gottes in seinem Evangelium erwähnt hat. Erinnert ihr euch an den Vers, mit dem wir gestern aufgehört haben? Lukas 1,35: „Und der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“
Also, warum nennt Lukas, der ein enger Vertrauter des Apostels Paulus war, Adam den Sohn Gottes, wenn er bereits Jesus selbst als Sohn Gottes eingeführt hat?
Kann es sein, dass er dabei im Ohr hatte, dass Paulus den Herrn Jesus als den letzten Adam bezeichnete? Dass es zwischen Adam und Jesus mehr theologische Bezüge gibt, als wir auf den ersten Blick vielleicht erwarten?
Der letzte Adam als Quelle des neuen Lebens
Aber lasst uns vorne anfangen: 1. Korinther 15,20-21. Paulus schreibt: „Denn da ja durch einen Menschen der Tod kam, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.“ Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht.
Paulus vergleicht den ersten Menschen, Adam, mit Christus. Der eine bringt den Tod, der andere die Auferstehung, also das ewige Leben.
In 1. Korinther 15,45-48 heißt es weiter: „So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist. Aber das Geistliche ist nicht zuerst, sondern das Natürliche, danach das Geistliche. Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch, der zweite Mensch vom Himmel. Wie der irdische, so sind auch die irdischen; und wie der himmlische, so sind auch die himmlischen.“
Jesus ist der letzte Adam (Vers 45) und der zweite Mensch (Vers 47). Wir alle starten auf natürliche Weise als irdische Nachfahren eines gefallenen Menschen, hineingeboren in den Zug der Zombies – lebendig, aber geistlich tot.
Dann erscheint plötzlich ein zweiter Adam, eine neue Art von Mensch, einer vom Himmel. Ein Sohn Gottes, nicht nur aufgrund der übernatürlichen Zeugung, sondern wegen seines geistlichen Wesens. Ein lebendig machender Geist, der uns anbietet, die Seiten zu wechseln und Teil einer neuen Schöpfung, eines neuen Stammbaums zu werden.
Dieser Stammbaum hat mit Jesus, dem letzten Adam und wahren Sohn Gottes, seinen Anfang genommen. Er will aber nicht bei ihm stehenbleiben. Deshalb formuliert Paulus unsere Hoffnung so in 1. Korinther 15,49: „Wie wir das Bild des irdischen getragen haben, so werden wir auch das Bild des himmlischen tragen.“ Amen.