Ich möchte Sie heute Morgen herzlich begrüßen und freue mich, dass Sie mit uns diesen Gottesdienst feiern. Wir sind in der Gegenwart Jesu versammelt, und er schenkt uns Ermutigung: „Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan.“
Gemeinsam wollen wir das Lied „Sonne der Gerechtigkeit“ singen, Nummer 218. Wir singen das ganze Lied, Nummer 218.
Dank und Bitte um Erneuerung
Du, unser lieber Gott und Herr, an diesem Morgen wollen wir dir danken, weil wir uns an diesem neuen Tag freuen, der doch dein Tag ist. Wir freuen uns an dem Sonnenschein und an dem Leben, das du gibst.
Wir sind auch bewegt über all das, was wir in unseren Tagen erleben und erfahren. Du kannst festgefügte Mauern aufstoßen und die Geschicke wenden. Darum bitten wir dich heute an diesem Tag, dass du mehr wirkst in unserem Volk als nur äußere Veränderungen.
Du kannst durch Gerechtigkeit handeln und Frieden schaffen – in unserem Herzen, in unserer Stadt und in unserem Land. Wir bitten dich um eine Erneuerung, die von dir kommt. Wir bitten dich um Veränderungen, die dein Geist bewirkt.
Gib uns jetzt das Hören auf deine Stimme, auf dein Wort, damit du uns gebrauchen kannst zu deinem Dienst und zu deinem Lob. Wir danken dir, dass du Gebet erhörst und dass wir dir sagen dürfen, was uns bedrängt und bewegt.
Auch jetzt, in der Stille, wenn wir zu dir rufen, beten wir weiter. Danke, Herr, dass du hörst. Das gerechte Gebet vermag viel, wenn es ernsthaft ist. Amen.
Berufung zum Fruchtbringen
Ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und reiche Frucht bringt. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr Frucht bringt, die besteht.
Und was ihr in meinem Namen bittet, wird euch gegeben werden. Ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr reiche Frucht bringt, die bleibt. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr Frucht bringt, die besteht.
Psalm 85 als Thema des Gottesdienstes
Wir lesen den Psalm 85. Der Chor hat das Thema dieses Gottesdienstes wieder aufgenommen. Es geht heute um die Erhörung des Gebets. Was wir in seinem Namen bitten, will Gott hören und tun.
Psalm 85 handelt von den Nöten des Volkes Israel und von der neuen Zuwendung Gottes. Das gilt auch für uns und unser Volk.
Herr, du bist vormals gnädig gewesen deinem Land und hast die Gefangenen Jakobs erlöst. Du hast die Missetat vormals vergeben deinem Volk und alle seine Sünde bedeckt. Du hast vormals deinen ganzen Zorn fahren lassen und dich abgewandt von der Glut deines Zornes.
Hilf uns, Gott, unser Heiland, und lass ab von deiner Ungnade über uns! Willst du denn ewiglich über uns zürnen und deinen Zorn walten lassen immerfort? Willst du uns nicht wieder erquicken, damit dein Volk sich über dich freuen kann? Herr, erweise uns deine Gnade und gib uns dein Heil!
Könnte ich doch hören, was Gott sagt, dass er Frieden zusagt seinem Volk und seinen Heiligen, damit sie nicht in Torheit geraten! Doch seine Hilfe ist ja nahe denen, die ihn fürchten, damit in unserem Land Ehre wohne.
Güte und Treue begegnen einander, Gerechtigkeit und Frieden küssen sich. Treue wächst auf der Erde, und Gerechtigkeit schaut vom Himmel herab. Möge auch der Herr uns Gutes tun und unser Land seine Frucht geben, dass Gerechtigkeit vor ihm hergehe und seinen Schritten folge.
Lied und Ermutigung zum Vertrauen
Wenn die jungen Sänger das Lied so auswendig singen: „Ich will dir vertrauen“, dann sollte das bei uns die Antwort hervorrufen: „Ich will dir vertrauen.“ Wir wollen gemeinsam singen: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ (Lied 298).
Wir singen die ersten beiden Verse sowie die Verse fünf und sechs.
Viele von Ihnen tragen viele Sorgen mit sich herum. Mich bedrückt das auch immer wieder, wenn ich daran denke und es bewusst wahrnehme. Doch wenn wir dann so ein Lied singen, entsteht plötzlich wieder ein freier Raum. Man weiß, dass man seine Sorgen bei Gott ablegen darf. Gott kennt sie und Gott löst sie. Wie das geschieht? Darauf möchte ich gespannt warten.
Einführung in das Gleichnis vom Beten
Jetzt haben wir heute als Predigttext Lukas 18, ein Gleichnis, das Jesus erzählt, um uns etwas Wichtiges über das Beten zu verdeutlichen: Lukas 18,1-8.
Jesus sagte ihnen aber ein Gleichnis darüber, dass sie allezeit beten und nicht nachlassen sollten. Er sprach: Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen.
Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: „Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher.“ Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: „Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte und noch vor keinem Menschen scheue, will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage.“
Da sprach der Herr: „Hört, was der ungerechte Richter sagt! Sollte Gott nicht auch rechtschaffen seinen Auserwählten, die zu ihm Tag und Nacht rufen, Recht schaffen? Sollte er erst bei ihnen lange hinziehen? Ich sage euch, er wird ihnen rechtschaffen in Kürze. Doch wenn der Menschensohn kommen wird, meinst du, er werde Glauben finden auf Erden?“
Die Kraft und Bedeutung des Gebets
Liebe Gemeinde,
Sie können die Wirkung des Gebets niemals überschätzen. Das Gebet ist die Kraft, die die Welt bewegt. Gott hört das Gebet.
Immer wieder sagen Menschen in Gesprächen, dass sie den christlichen Glauben nicht verstehen und Schwierigkeiten mit dieser oder jener Lehre haben. Oft antworte ich dann: Verstehen kann ich das Gebet am allerwenigsten.
Sagen Sie mal im Ernst: Sie liegen zu Hause im Bett und legen Gott Ihre Sorgen vor. Sie müssen nicht einmal die Lippen bewegen. Glauben Sie, dass der ewige Gott das hören würde? Ja!
Gott hat uns so viele Bestätigungen und Versicherungen gegeben, dass er durch das Gebet wirken will, dass er auf das Gebet antwortet und dass wir durch das Gebet Einfluss nehmen können.
Es bewegt uns heute immer wieder, wie wir auch in den Abläufen der Weltgeschichte besser mitwirken können. Sollen wir unsere Stimme erheben? Sollen wir Resolutionen verfassen? Sollen wir uns zu Wort melden? Ja! Die Gemeinde hat die Möglichkeit, durch das Gebet Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen.
Sie können durch das Gebet Menschen bestimmen, Wirkungen hervorrufen und sogar durch verschlossene Mauern hindurch vordringen. Für Gott gibt es nichts Unmögliches, gar nichts!
Wir werden einmal in der Ewigkeit staunen, was in dieser Welt geschehen ist, nur weil Beter da waren. Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert über unseren Häuptern aufzuhalten.
Sie kennen diesen Vers von Reinhold Schneider: „Wir müssen mehr beten, weil Gott Dinge tun kann, die kein Mensch ahnt. Gott ist größer als alles, was auch sonst sein kann.“
Wir haben Verantwortung für die Menschen um uns herum, für diese Welt und für unser Land.
Beten als Kraftquelle für Wehrlose
Wir wollen beten, und ich möchte heute darüber sprechen und es am Beispiel Jesu verdeutlichen. Beten ist für Menschen, die sich wehrlos an die Wand gedrückt fühlen.
Es ist gut, wenn Sie in dieser Welt viele Möglichkeiten haben, mitzuwirken und Entscheidungen zu treffen. Dann sollten Sie diese Möglichkeiten nutzen, Ihren Namen und Ihre Stellung einsetzen, um für Gerechtigkeit und das Gute zu wirken.
Doch oft werden wir die Erfahrung machen, dass unsere Einflussmöglichkeiten sehr begrenzt sind. Deshalb spricht mich an, dass Jesus seine Jünger, den Gemeindekreis und die Christen mit einer rechtlosen Witwe vergleicht.
Wissen Sie, was es bedeutet, Witwe zu sein? Haben Sie jemals erzählt bekommen, wie sich Witwen vom Moment des Todes ihres Mannes an fühlen? Sie fühlen sich oft missbraucht und mit Ellbogen beiseitegeschoben. Man hört oft, dass Witwen sagen: „Ich bin wie ein Garten ohne Zaun. Jeder wirft seine Steine hinein, und ich werde gar nicht wahrgenommen.“
Sie sind noch da, aber wie Luft gehen die Menschen an ihnen vorbei. Sie haben ganz anders gelebt als ihr Mann, doch jetzt fragen sie sich: „Was kann ich noch tun?“ Vielleicht begegnet ihnen der eine oder andere noch mit ein paar Nettigkeiten, aber sie fühlen sich wehrlos. Sie können nichts mehr aufhalten, nichts mehr bewirken.
So vergleicht Jesus die Christen. Was können sie in der Welt tun? Sollen sie Politik machen, Intrigen spinnen oder diplomatisch Wege erschleichen? Sie werden nicht sehr weit kommen. Es ist noch nie gutgegangen, wenn Christen irdische Macht gebraucht haben, um für Gott einzutreten.
Darum erinnert Jesus an diese wehrlose Witwe. Diese Witwe hat eines entdeckt: Sie darf bitten. Es ging hier um eine ganz irdische Angelegenheit, die vor Gericht verhandelt wurde. Ein Widersacher war da.
Was war passiert? Hat jemand sie verklagt? Hat jemand versucht, sie aus der Wohnung zu drängen? Wollte jemand ihr Haus wegnehmen oder hat er die Kinder gegen sie aufgehetzt? Ging es um Unterhaltszahlungen oder etwas anderes? Dieser Widersacher hatte Ehre, Macht und Ruhm.
Doch diese Witwe bittet. Wir sollten ganz neu entdecken, was Jesus uns hier groß macht: das Beten. Damit könnt ihr viel mehr bewirken als all die Mächtigen dieser Welt.
Durch das Gebet könnt ihr wirken, durch das Gebet könnt ihr Großes tun. Es soll uns nie bedrücken, wenn wir meinen, wir seien an den Rand gedrängt und die anderen nähmen uns nicht ernst.
Es mag sogar so sein, dass die Gemeinde der Gläubigen eine stille Gruppe im Land ist, die nicht viel tut, nicht viel redet und nicht viel wirkt. Die anderen nehmen kaum Notiz von ihnen. Aber durch das Gebet nehmen sie Einfluss – wie diese bittende Witwe.
Beispiele großer Beter in der Bibel
Wenn man einmal in der Bibel nachschaut: Wo waren denn die großen Beter? Jakobus schreibt in seinem Brief, dass Elija ein Mensch wie wir war, ein schwacher, einfacher Mensch. Aber er betete, und es regnete nicht drei Jahre und drei Monate.
Dann stand er oben auf dem Karmel, beugte noch einmal seine Knie, und die Wolken zogen sich zusammen. Es regnete über das ausgedörrte Israel. Ein Mensch wie Sie, wie du und ich – nur betend war er. Durch das Gebet hat er die Welt bewegt, durch das Gebet hat er die Abläufe bestimmt.
Wir sollten auch, wenn wir in diesen Tagen Zeitungen lesen und Fernsehnachrichten verfolgen, beten, beten und Fürbitte tun.
Ich denke an Abraham, der als Beduine im Ausland lebt, von Gott in die Fremde geführt. Die Einheimischen nehmen nicht viel Kenntnis von ihm. Er sitzt vor seinem Zelt und blickt hinunter – und sieht dort unten die gottlose Stadt Sodom. Er spürt, wie das Gericht Gottes über dieser Stadt liegt.
Dann bittet er und sagt: Herr, lass doch dein Gericht jetzt noch nicht über Sodom anbrechen. Halte es zurück, du bist ein barmherziger und gnädiger Gott. Ich bitte dich für diese Stadt.
Was hatte Abraham in dieser Stadt Sodom? Er hatte kein Grundstück und kein Bankkonto dort. Er hatte gar kein persönliches Interesse daran, und doch konnte er für die Welt beten.
Es ist etwas Großes, wenn man Fürbitte tut. Weltverantwortung in der Fürbitte zu tragen, im Gebet – davon lesen wir auch bei den ersten Christen.
Petrus und Johannes waren im Gefängnis, und dann kam das Urteil: Diesen ersten Christen wurde sofort Redeverbot auferlegt. Es war ein heikler Punkt. Später sollten sogar schreckliche Hinrichtungen in Jerusalem folgen.
In dieser kritischen Stunde versammelte sich die Gemeinde. Dann heißt es, sie beteten und riefen einmütig zu Gott: „Gib deinen Knechten mit Freimut zu reden dein Wort!“
Als sie so beteten, bewegte sich die Stätte. Für diese Christen war das der Anfang: Wir wollen jetzt mutig weitergehen und wissen, dass es für Gott nichts Unmögliches gibt.
Gott wird auch in einer Welt voller Feindschaft und Widerstände seinem Evangelium Bahn brechen.
Die Weisheit der betenden Witwe
Jetzt etwas Zweites: Diese Frau weiß, wo die Fäden zusammenlaufen. Oder wir können jetzt sagen: Von unserem Gebet wissen wir, wo die Fäden zusammenlaufen.
Das Erste war mir wichtig: Es ist eine rechtlose, an die Wand gedrückte Frau gewesen, ein Bild für uns. Wehrlos, ohne großen Einfluss und doch mit allen Möglichkeiten.
Das Zweite: Sie weiß, wo die Fäden zusammenlaufen. Also Gott sei Dank gibt es heute andere Richter als die, die Jesus im Beispiel verwendet.
Es ist ja interessant, dass Jesus überhaupt so anstößig redet. Damit verletzt er doch. Das muss ja ein sehr korrupter Beamter gewesen sein, dieser Richter. Oder war er nur so verdrossen, dass er vor seinem Bierchen saß und sagte: „Mich soll keiner stören, wenn ich Feierabend habe, und ich kümmere mich nicht so drum. Hauptsache, mein Geschäft ist schnell abgewickelt, und dann ziehe ich mich von meinem Schreibtisch zurück.“
Er war auf jeden Fall ein ungerechter Mann, ein widerlicher Typ, ein komischer Kerl, über den man sich nur ärgern kann. Aber diese Witwe hat ganz klar kombiniert und gesagt: „Meine Lage ist aussichtslos, nur der eine kann es wenden, nur der eine kann es wenden.“
Da er ungerecht war, hat sie nicht gestört. Sie hat gesagt: „Ich will all meine Kraft darauf verwenden, dass ich den einen, der meine Sache in der Hand hat, umändere, seine Meinung verändere.“
Und wenn Jesus das Beispiel macht, dann will er ja immer bestimmte Dinge uns verdeutlichen. Im Vergleich ist es immer so, dass nicht alles passt. Ich kann doch nicht beim Beten jetzt den ungerechten Richter auf den gerechten Gott vergleichen.
Aber Jesus will sagen: Wenn schon irdische Menschen, die Halunken sind, so reagieren, wie viel mehr handelt dann der ewige Gott an dir? Du kannst ja noch viel, viel mehr bei Gott erwarten – bei dem gütigen Gott, der dich liebt, der dich sucht und der dir sein ganzes Erbarmen schenkt.
Die Frau weiß: Ich brauche nur das eine Ja. Und sie will diesem ungerechten Richter so lange auf der Glocke liegen, bei ihm schellen und sagen: „Ich weiche nicht von dir weg, bis du mir Recht schaffst. Ich brauche nur dein Ja.“
Und das hat ja Jesus im ersten Vers dieses Gleichnisses gesagt: Wir sollten nicht nachlassen, wir sollten anhalten, beten, wir sollten dabei bleiben.
Und so bietet diese Frau uns ein Vorbild, wie man beten sollte. Lass dich doch nicht abhalten bei deinem Gebet!
Ermutigung zum beharrlichen Gebet
Wie oft kommt es uns vor, dass wir über lange Wochen und manchmal auch Jahre der Krankheit hinweg sagen: „Ich habe zu Gott gebetet, aber ich habe nichts gehört, und es hat sich nichts verändert.“
Du darfst weiter beten. Jesus macht dir Mut und sagt: Lass dich nicht abweisen. Es geht um unsere ganz persönlichen Sorgen, Ängste und Nöte, die wir bei Gott vorbringen dürfen. Aber es geht auch um die Weltnöte.
Wenn Sie dieses Gleichnis im Zusammenhang betrachten, wissen Sie, dass Jesus im vorherigen Kapitel in Lukas vom anbrechenden Gottesreich spricht. Das bewegt uns doch, gerade in diesen Tagen, in denen so viel Unrecht und Leid geschieht – überall auf der Welt, wo Menschen leiden. Gottes Gerechtigkeit wird offenbar, wenn Menschen sein Heil erfahren. Betet mehr, leidet mit für diese Welt und ruft Gott an.
Ich habe in diesen Tagen darüber nachgedacht: Wenn Entwicklungen sich einleiten, an die vor einem halben Jahr niemand gedacht hat, wenn wir nie geglaubt hätten, dass wir in diesem Jahr keine inhaftierten Christen mehr in Russland haben und dass sich die Mauertore öffnen – dann waren das vielleicht Politiker. Doch Gott kann Menschenherzen lenken.
Es ist für Gott ein kleines Unmögliches, doch plötzlich kann er Menschen wach werden lassen.
Gebet für die Not der Welt
Jetzt möchte ich ganz anders beten – für die grauenhafte Not der Welt. Ich will beten gegen das massive Unrecht, das geschieht. Und ich will beten für alle, die in einem aussichtslosen Kampf stehen. Herr, stärke sie doch! Lass doch etwas aufgehen von deinem Wort.
Ich will beten für unsere Stadt. Ich will für die jungen Menschen unserer Stadt bitten, für die Menschen, die keinen Lebensinhalt mehr kennen. Ich will dafür beten, dass unser Volk wieder zurückfindet zur Quelle des Lebens, beim ewigen Gott.
Wir wissen doch, wo die Fäden zusammenlaufen. Wir wissen doch, was Weltgeschichte bestimmt. Darum liegt auf dem Gebet, auf der Fürbitte solch eine große Bedeutung.
Drüben in der Kinderkirche haben sie heute die Geschichte „Wie das Volk Israel mit Gott haderte am Haderwasser“ erzählt. Ich habe den Helfern bei der Vorbereitung eingeschärft: Macht das den Kindern in früher Jugend wichtig! Mit Gott hadern ist furchtbar. Dann kann Gott uns nicht mehr segnen. Mit Gott streiten, gegen Gott die Faust ballen, Gott anklagen und sagen: „Gott, wo bist du denn?“
Wir wissen doch, er ist nicht der ungerechte Richter. Er ist nicht ein Halunke und ein Kauz, sondern er ist der Vater, der mich liebt, der mich sucht, der mir nachgeht.
Aufruf, die eigenen Möglichkeiten zu nutzen
Darum mein letzter, dritter Punkt: Nutze deine Möglichkeiten! Jesus sagt, sollte Gott nicht vielmehr seine Auserwählten retten? Sie gehören zu den Auserwählten. Warum denn? Weil er für sie gestorben ist.
Jesus hat das mit seinem Opfertod für sie festgemacht und gesagt: „Für dich will ich eintreten.“ Die Sorgen, die sie niederdrücken, und die Ängste, die sie erzittern lassen, bewegen ihn doch. Sag es ihm, wisse es doch: Er kennt dich und weiß um deine Not.
Ich möchte das ganz neu lernen: für diese Welt fürbittend einzutreten. Sollte er sie nicht erretten? Vielleicht nicht sofort, aber Jesus sagt, wenn der Menschensohn kommen wird – und Jesus wird kommen –, so überraschend und unerwartet, noch viel unerwarteter als die Öffnung der Mauer, wird Jesus einmal wieder sichtbar sein und Gericht halten.
Meint ihr, fragt Jesus, ob er Glauben findet auf Erden? Ja, wie? Gab es Christen, die wach waren? Die wussten, dass er Herr und König ist und vor ihm sich alle Knie beugen werden? Das Ziel all der Weltgeschichte liegt nicht in diesem oder jenem Reich, nicht in Ost und West, nicht in diesem oder jenem System, nicht in dieser oder jener Freiheitsordnung.
Das Ziel liegt allein darin, dass ich Gott diene, dass ich für ihn lebe und auf sein Reich zugehe. Ich möchte doch für dieses Reich kämpfen und beten.
Eindrücke aus Südamerika und Gebetsanliegen
Ich war in den letzten Tagen in Südamerika unterwegs, in Paraguay, Uruguay, Buenos Aires und Argentinien. Am meisten beeindruckt hat mich, wie die Menschen in den Slums dieser riesigen Stadt Buenos Aires leben.
Buenos Aires ist über zwanzigmal so groß wie Stuttgart. Dort leben Millionen Kinder und Jugendliche, die ihren Lebensunterhalt nur dadurch bestreiten, dass sie den Müll abholen. Es gibt keine reguläre Müllabfuhr. Sie sammeln den Müll in Plastiksäcken, sortieren das Papier und verkaufen es. Was sonst noch brauchbar ist, wie Büchsen, wird als Eisen verkauft. Das ist ihr Einkommen.
Christen nahmen mich mit hinaus in diese Viertel, wo die Menschen ihre Hütten auf fremdem Gelände bauen. Unübersehbar sind die Mückenschwärme, die um die Müllsäcke herumkreisen. Dann sitzen sie da und sortieren den Müll. Einige junge Prediger gingen mit mir dorthin. Sie sammeln dort immer wieder die Kinder, bieten ihnen Suppe an, helfen ihnen bei den Schulaufgaben, um sie zur Bildung zu führen, und erzählen ihnen Geschichten von Jesus, um zu evangelisieren.
Das schönste Bild war, wie diese Prediger die schmutzigen, verdreckten Gesichter der Kinder, so wie es in Südamerika üblich ist, an ihr eigenes Gesicht drücken und ihnen rechts und links einen Kuss geben. Sie machen Liebe spürbar, eine Liebe, die alles überwindet. Diese Liebe leuchtet hinein bis in die Traurigkeit und das Dunkel dieser Welt.
Ich möchte ganz anders dafür beten: Herr, lass dein Licht anbrechen! Nicht nur ein Kuss rechts und links, sondern noch viel mehr sollen Menschen deine Liebe erfahren und durch dein Wesen verändert werden. Denn das ist das Größte, was wir in diesen Tagen sagen können: dass Jesus siegt und ewig offen ist für die ganze Welt. Amen.
Abschlusslied und Gebet
Der Herr ist gut, in dessen Dienst wir stehen (Psalm 100,5). Die Verse drei bis sechs.
Du, unser ewiger barmherziger Vater, wir wollen dir danken, dass deine Liebe so groß ist. Du stößt niemanden hinaus, auch nicht dort, wo wir so oft dein Gebot übertreten haben und unsere Lippen unrein sind, unsere Hände schuldig geworden sind.
Du bist ein gütiger, barmherziger Gott, und deine Geduld ist so groß. Du willst hören, was wir von dir erbitten. Wir dürfen es dir sagen. Unsere kleinen und alltäglichen Sorgen und Nöte sind dir nicht unwichtig. Wir dürfen sie vor dich bringen, und du hörst uns. Du wirst Antwort geben und Rettung schenken.
Aber wir dürfen dich auch bitten um das Anbrechen deines Reiches in unseren Tagen. Du kannst auch durch Menschen wirken. Die Völker sind wie ein Tropfen am Eimer vor dir – so klein und so leicht zu lenken.
Wir möchten dich bitten, dass du in diesen großen Veränderungen wieder wirken kannst. Dass Menschen eine Sehnsucht nach dir, der Quelle des Lebens, bekommen. Dass Menschen sich umgestalten lassen von deiner Gerechtigkeit und nicht nur äußere Freiheit suchen, sondern die Freiheit, die du schenkst. Dass wir befreit werden von allen dunklen Bindungen und erneuerte Menschen werden.
Wir möchten dich in diesen Tagen bitten, dass du auch die Staatsmänner und die Verantwortlichen lenkst. Dass Lösungen gefunden werden für die Menschen.
Aber wir bitten dich auch für all die Gebiete dieser Welt, wo es dunkel ist, wo Leid herrscht, wo Menschen übervorteilt werden und wo Krieg herrscht. Erbarme dich doch der Notleidenden und gib all denen, die helfen wollen, Vollmacht, dass sie Zeichen setzen können deiner Liebe und deiner Güte.
Wir wollen dich an diesem Tag auch bitten für die Kirchenwahlen. Wir danken dir, dass du deine Kirche bis heute erhalten hast und auch unserer Gemeinde Frieden geschenkt hast. Wir möchten dich bitten, dass du deine Gemeinde immer wieder erneuerst aus dem Evangelium, damit wir an der Welt dienen und Licht und Salz sein können. Lass dies auch durch diese Wahlen heute geschehen.
Dann möchten wir bitten für all die, die jetzt nicht unter uns sein können. Du kennst die Kranken, die Einsamen und die Alten. Grüße sie, gib ihnen neue Kraft und erhalte in ihnen das Feuer des Glaubens. Lass es nicht verlöschen, sondern durchhalten. Lass die flackernde Flamme nicht vollends ausgelöscht werden – das kannst du geben.
So können sie in all dem Leiden auch fröhlich dir danken, dich loben und preisen.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Hinweise und Ankündigungen zum Gemeindeleben
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz. Im Anschluss an den Gottesdienst ist der Wahlraum im unteren Saal geöffnet, und zwar bis heute Abend um 18.00 Uhr. Sollte es jetzt einen kleinen Andrang geben, warten Sie doch bitte noch etwas im Sonnenschein draußen.
Wir sind sehr dankbar, dass die Helfer heute an diesem Tag diesen Dienst übernommen haben. Ich möchte auch den Kandidaten danken, die sich zur Verfügung gestellt haben. Es sind immer wieder neue Freunde unter uns, die wir herzlich begrüßen wollen. Ich hoffe, dass dies schon durch Ihren Nebenmann oder Ihre Nebenfrau geschehen ist.
Bitte haben Sie immer den Notizzettel dabei. Das ist der gelbe Zettel, auf dem alles Wichtige steht. Am Bustag haben wir zwei Gottesdienste. Das ist am Mittwoch in acht Tagen. Ich möchte das heute schon ankündigen, denn es ist ein wichtiger evangelischer Feiertag, den wir im Auge behalten sollten. An diesem Tag finden zwei Gottesdienste statt.
Am kommenden Dienstagabend, nach dem Bibeltraining, gibt es um 20 Uhr einen Vortrag von Rektor Otto Schaude über die evangelische Bekenntnisschule in Reutlingen. Es gibt Überlegungen, ob so etwas auch in Stuttgart entstehen soll. Alle, die sich dafür interessieren und dies mittragen oder voranbringen möchten, lade ich herzlich ein, am Dienstag um 20 Uhr zu kommen.
Nachher gehen Sie einfach an der Bank vorbei, wo die Gesangbücher liegen. Dort finden Sie verschiedene Zettel, unter anderem einen kleinen blauen Zettel, den Sie gerne mitnehmen können.
Ab nächsten Sonntag haben wir hier wieder den Weihnachtsbüchertisch aufgebaut. Uns ist es immer wieder wichtig, dass Sie auch andere Menschen aus Ihrem Bekanntenkreis mit einem Büchlein erfreuen können. Das hilft bei Krankheit, auf dem Weg zum Glauben oder in Zeiten des Zweifelns. Sie können diese Bücher weitergeben.
Ende November finden Vorträge von Johannes Hansen statt. Sie können sich die Termine noch merken. Wir machen damit noch ein Stück weiter. Es ist immer wieder wichtig, dass wir gut informiert sind. Die Einladungen sind noch auf Ihren Plätzen verteilt. Wenn Sie diese mitnehmen, ist es so gedacht, dass Sie auf der linken Seite auch etwas eintragen können, zum Beispiel: „Lieber Herr Mayer“. So können Sie jemanden einladen und ihm sagen, dass Sie ihn mit dem Wagen mitnehmen.
Die Vorträge von Johannes Hansen finden Ende des Monats in der Stiftskirche statt. Hinten liegen dann auch noch weitere Einladungen aus.
Einladung zum Theaterstück über Hiob
Stefan, jetzt bist du dran. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“, sagte Hiob vor einigen Tausend Jahren vor Christus. Die Person Hiob und sein bewegtes Leben waren die Grundlage für unser Theaterstück.
Dazu möchten wir Sie ganz herzlich einladen. Wir haben ein Plakat drucken lassen. Wenn Sie es irgendwo sehen, sprechen Sie bitte Freunde und Bekannte darauf an.
In diesem Theaterstück geht es um menschliche Tiefen und göttliche Höhen. Es behandelt das Thema Leid. Literaturkritiker sind sich einig, dass das Buch Hiob eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur ist.
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Hiob gelebt und gelitten hat und wie Gott ihm in diesem Leben begegnet ist, kommen Sie am Samstag, dem achtzehnten November, um neunzehn Uhr.
Ich freue mich sehr, dass sich eine ganze Reihe Erwachsener dieser Mühe unterzogen hat, um dieses Stück auf die Bühne zu bringen. Der Eintritt ist frei.
Bitte sagen Sie es weiter und machen Sie es bekannt. Solche Zettel haben oft wenig Sinn, aber wenn Sie es sich vornehmen und weitergeben, kann es eine Antwort auf Ihre Frage geben: Warum das Leid?
Information zur Arbeitshilfe für Brüder und Opferbitte
An Ihren Plätzen liegt das Dankblatt unserer Arbeitshilfe für Brüder. Es ist vorne bei den Gesangbüchern an Ihrem Platz eingelegt. Alle zwei Monate stellen wir darin eine Rückmeldung zusammen, wie die Menschen aus der Dritten Welt für die erhaltene Hilfe danken. Es ist für uns immer wieder bewegend zu sehen, wie die Unterstützung an den richtigen Ort gelangt ist. Dabei zeigt das Blatt nur eine kleine Auswahl von dem, was geschehen durfte.
Im Gottesdienst haben wir dieses Blatt nur selten ausgeteilt. Es erhalten immer diejenigen ein Exemplar, an die wir schreiben. Nehmen Sie es dennoch gerne mit und freuen Sie sich mit über das, was dadurch möglich geworden ist.
Wenn wir heute unser Opfer geben, wissen Sie, wie viele Aufgaben uns immer wieder wichtig sind. Am letzten Sonntag war Hugo Honegger im Gottesdienst, der seit Jahren mit seiner Frau in Nairobi wichtige Studentenwohnheime baut. Für eine andere Aufgabe möchte ich heute um Ihre Spende für die Hilfe an Brüder bitten.
Ich habe in diesem Jahr versucht, nach Angola zu reisen, doch das Visum wurde mir verweigert. Wir haben dort die Kirchenvertreterin Manila getroffen und von der großen Not gehört, die in Angola herrscht – gerade bei den evangelischen Christen. Ein Viertel der Bevölkerung Angolas lebt als Flüchtlinge in der Stadt.
Wir haben immer wieder gefragt, was man tun kann, um besser helfen zu können. Nun hat sich ergeben, dass ein Pastor, den ich gut kenne – Pastor Fuchs aus Curitiba in Brasilien –, für mehrere Jahre nach Angola gehen wird. Er spricht Portugiesisch, da Brasilianer Portugiesisch sprechen und in Angola ebenfalls Portugiesisch gesprochen wird.
Das einzige Problem war, dass sie mit ihrer schwachen brasilianischen Währung weder die Flugkarte noch den Transport für die Kisten bezahlen konnten. Dieses Projekt wird bei uns hinten in der Fürbitteinformation unter „Ferner liefen“ erwähnt. Es ist mir so wichtig, weil Pastor Fuchs deutscher Herkunft ist, aber nun ganz Brasilianer ist. Er hat seine Gemeinde aufgegeben und geht in die trostlosen Verhältnisse Angolas, wo kaum noch etwas zu kaufen ist und das Chaos regiert.
Dort möchte er den Gemeinden und Christen im Rahmen der Evangelischen Allianz helfen. Wenn Sie mit Ihrem Opfer heute die Flugkarte und den Transport für sein Gepäck finanzieren können, danken wir Ihnen herzlich dafür.
Trauer und Zuspruch aus der Bibel
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Walter Mayer, Mechaniker, 77 Jahre, wohnhaft in der Sonnenbergstraße 25, sowie Patricia Kraus, ein Kind im Alter von drei Monaten.
Die Beerdigung fand an der S-Bahn 50 in Stuttgart Bad Cannstatt statt. Dort hörten wir das Wort vom guten Hirten, ebenso das Wort aus Jesaja 40: „Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte, er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.“
Herr segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
