Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 259: Im Haus von Simon dem Pharisäer, Teil eins.
Einführung in die Erzählstruktur biblischer Texte und das Thema Errettung
Ich hatte euch vor einiger Zeit erklärt, wie Erzähltexte in der Bibel funktionieren. Erzähltexte nehmen historische Ereignisse auf und erzählen sie nacheinander. Dabei trägt jede einzelne Geschichte zu einem Oberthema bei und leistet jeweils einen theologischen Beitrag.
Dieses Prinzip lässt sich sehr gut in Lukas Kapitel 7 und 8 verfolgen, weil es dort um das Thema Errettung geht. Die Heilung des Knechtes eines Hauptmanns betont die Errettung durch Glauben. Die Auferweckung des Jünglings von Nain hebt die Errettung aus Gnade hervor.
Die Ereignisse rund um Johannes enthalten bei Lukas das sogenannte Sondergut, nämlich Berichte über die Pharisäer und Schriftgelehrten, die sich nicht von Johannes taufen lassen wollen. Sondergut ist ein theologischer Begriff, der beschreibt, dass ein Evangelienschreiber als einziger dieses Material verwendet. In einem Erzähltext deutet Sondergut häufig auf den Schwerpunkt des Textes hin.
Wenn wir nun Lukas 7,18-35 in Bezug auf das Thema Errettung betrachten, können wir sagen: Errettung findet nur dort statt, wo man sich auf Gottes Ratschluss, seinen Weg der Errettung, und damit auf seine Boten einlässt.
Jesus als Gast bei einem Pharisäer und die unerwartete Begegnung
Wenn wir weiterlesen, treffen wir bei Lukas auf Jesus als Gast bei einem Pharisäer. In Lukas 7,36 heißt es: „Es bat ihn aber einer der Pharisäer, dass er mit ihm essen möge, und er ging in das Haus des Pharisäers und legte sich zu Tisch.“
Zwei Dinge fallen hier auf: Erstens hat Jesus keinerlei Berührungsängste. Er ist der Freund von Zöllnern und Sündern, aber er lässt sich auch von einem Pharisäer einladen. Zweitens legte man damals beim Essen nicht auf Stühlen, sondern man legte sich hin. Die Vorstellung, auf Stühlen rund um einen Tisch zu sitzen, gab es so nicht.
Während Jesus also dort liegt, kommt eine Frau herein. In Lukas 7,37-38 steht: „Und siehe, da war eine Frau in der Stadt, die eine Sünderin war. Und als sie erfahren hatte, dass er in dem Haus des Pharisäers zu Tisch lag, brachte sie eine Alabasterflasche mit Salböl, trat von hinten an seine Füße heran, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen und trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes. Dann küsste sie seine Füße und salbte sie mit dem Salböl.“
Ich kann mir kaum vorstellen, wie peinlich und merkwürdig diese Situation für alle Beteiligten gewesen sein muss. Es ist unklar, warum diese Frau, immerhin eine stadtbekannte Sünderin, überhaupt ins Haus darf. Doch sie kommt herein, tritt von hinten an Jesus heran, weint hemmungslos, benetzt Jesu Füße mit ihren Tränen, trocknet sie mit ihren Haaren, küsst die Füße und salbt sie mit dem Salböl, das sie dabei hat.
Die Reaktion des Pharisäers und die innere Haltung
Und was jetzt passiert, ist spannend.
Lukas 7,39: Als aber der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, sprach er bei sich selbst und sagte: „Wenn dieser ein Prophet wäre, so würde er erkennen, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt, denn sie ist eine Sünderin.“
Soweit ich das sehe, hat der Pharisäer diese Worte nicht laut ausgesprochen. Was wir lesen, ist, was er zu sich selbst spricht. Wir würden sagen, was er für sich überlegt.
Und was denkt er? Für ihn war das Auftreten der Sünderin so etwas wie ein Test. „Wenn dieser ein Prophet wäre, so würde er erkennen, wer und was für eine Frau das ist, die ihn anrührt.“ Das sind seine Gedanken.
Hinter seinen Gedanken steckt die Idee: Kein Prophet Gottes würde sich von einer Sünderin berühren oder salben lassen. Wenn Jesus es also zulässt, dann ist ganz klar: Jesus ist nur ein Scharlatan, er ist kein echter Prophet Gottes.
Jesus stellt eine Frage, um den Pharisäer zum Nachdenken zu bringen
Lukas 7,40
Und Jesus antwortete ihm: „Simon, ich habe dir etwas zu sagen.“ Er aber entgegnete: „Lehrer, sprich!“
Jesus scheint zu wissen, was sein Gastgeber denkt, und möchte ihm helfen. Wie tut er das? Er stellt eine Frage.
Lukas 7,44-46
Ein Gläubiger hatte zwei Schuldner. Der eine schuldete fünfhundert Denare, der andere fünfzig. Da sie aber nicht zahlen konnten, schenkte er beiden die Schulden. Wer von ihnen wird ihn am meisten lieben?
Das ist eine ganz einfache Frage, oder? Zwei Leute haben Schulden, der eine viel, der andere wenig. Wenn man davon ausgeht, dass ein Denar etwa ein Tageslohn ist, dann reden wir hier von Schulden in der Größenordnung von zehntausend Euro und von hunderttausend Euro. Beide erhalten ihre Schulden einfach so erlassen, weil sie nicht zahlen können. Wer von ihnen wird den Gläubiger am meisten lieben?
Eine einfache Frage. Natürlich derjenige, der tiefer in seiner Schuld steht.
Lukas 7,43
Simon aber antwortete und sprach: „Ich nehme an, derjenige, dem er das meiste geschenkt hat.“
Jesus erwiderte: „Du hast richtig geurteilt.“
Man merkt, dass Simon, der Pharisäer, sich nur vorsichtig äußert. „Ich nehme an“ – da klingt eine gewisse Zurückhaltung mit. Er weiß noch nicht genau, auf was er sich da einlässt.
Die Lektion Jesu über wahre Gastfreundschaft und Herzenshaltung
Aber jetzt ist der Boden bereitet, um diesem Pharisäer eine ganz wichtige Lektion zu erteilen.
In Lukas 7,44-46 wendet sich Jesus zu Simon und sagt: „Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen, du hast mir kein Wasser für meine Füße gegeben, sie aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Kuss gegeben, sie aber hat, seitdem ich hereingekommen bin, nicht abgelassen, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt. Sie aber hat mit Salböl meine Füße gesalbt.“
Wir müssen verstehen, was der Herr Jesus hier tut und sagt. Zuerst wendet er sich der Frau zu. Wir können also davon ausgehen, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt ganz im Hintergrund gewirkt hat.
Dann beschreibt Jesus, was der Gastgeber nicht getan hat. Für Jesus gab es kein Wasser, um seine Füße zu waschen, keinen Kuss zur Begrüßung und kein Salböl, also kein Parfum, um sich frisch zu machen. Waren diese Dinge für einen Gastgeber Pflicht? Nein, das waren sie nicht.
Aber diese Dinge sind natürlich Ausdruck von etwas. Wenn ich einem Gast nur gerade so viel Aufmerksamkeit und Gastfreundschaft schenke, wie die Höflichkeit gebietet, aber kein bisschen mehr, was bringe ich damit zum Ausdruck? Das ist die Frage.
Was Jesus hier formuliert, ist weniger ein Vorwurf an Simon als mehr eine Beschreibung des Ist-Zustandes. Einem Ist-Zustand, aus dem sich aber etwas anderes ergibt. Das werden wir in der nächsten Episode noch klarer sehen.
Schon mal so viel an dieser Stelle: Mein Umgang mit Jesus offenbart mein Herz.
Abschlussgedanken zur persönlichen Beziehung mit Jesus
Und um hier für heute Schluss zu machen: Wir dürfen uns natürlich die Frage stellen, was mein Umgang mit Jesus über mein Herz offenbart.
Bekommt Jesus genau so viel von meinem Leben, dass man formal nichts sagen kann? Weil ich ja ein bisschen in der Bibel lese, ein bisschen bete, ein bisschen in der Gemeinde mitarbeite und auch sonst ein wenig ein christliches Leben führe? Oder spürt man meinen Umgang mit Jesus daran, dass ich ihm mit meinem Leben dienen, ihn in meinem Leben begrüßen und ihn durch meine Großzügigkeit feiern will?
Was könntest du jetzt tun? Frage dich, was dein ganz praktischer Umgang mit Jesus über dein Herz offenbart.
Das war's für heute. Gut zu wissen: Die Skripte befinden sich auf frogwords.de und in der App. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
