Es ist Ferienzeit, und ich habe für euch eine vierteilige Reihe zum Thema Gebet vorbereitet. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es ums Gebet. Daniel ist ein Beter, man kann es nicht anders sagen. Wenn du ein wunderschönes, wahrscheinlich das schönste Bußgebet lesen möchtest, das ich in der gesamten Bibel kenne, dann lies Daniel 9. Dort stellt sich jemand, der selbst eigentlich nichts mit der Sünde des Volkes zu tun hat, vor Gott. Er wird von Gott geachtet und gesegnet und in seinen Dienst eingesetzt. Trotzdem tut er Buße für ein Volk – einfach großartig.
Aber wir wollen uns heute nicht Daniel 9 anschauen, sondern Daniel 10.
Die Offenbarung an Daniel und die Wartezeit auf Verständnis
Daniel Kapitel zehn beginnt damit, dass Daniel Folgendes tut. Ich lese die ersten drei Verse vor:
Im dritten Jahr des Kyros, des Königs von Persien, wurde dem Daniel, der Belshazzar genannt wurde, ein Wort geoffenbart. Dieses Wort ist wahr und betrifft eine große Mühsal. Er verstand das Wort, und Verständnis wurde ihm im Gesicht zuteil.
Aber jetzt stellt sich die Frage: Wie wurde ihm das zuteil? In jenen Tagen trauerte Daniel drei volle Wochen. Er hörte das Wort und begann zu trauern. Köstliche Speise aß er nicht, weder Fleisch noch Wein kamen in seinen Mund, und er salbte sich nicht, bis die drei vollen Wochen vorüber waren.
Das bedeutet: Das Wort ist wahr und betrifft eine große Mühsal. Er verstand das Wort, und ihm wurde Verständnis im Gesicht zuteil. Doch wie geschieht das? Bekam er es sofort? Die Antwort lautet: Nein.
Daniel ist jemand, der etwas von Gott erhält und dann erst einmal warten muss. Er muss darauf warten, dass ihm das, was er empfangen hat, erklärt wird. Es gibt also eine Zeitspanne zwischen dem Moment, in dem die Offenbarung da ist, und dem Moment, in dem er die Erklärung erhält. Diese Zeitspanne beträgt einige Wochen.
Es kommt eine Zusage oder Offenbarung, doch bevor die Erklärung folgt, vergeht Zeit.
Die Erscheinung des Engels und Daniels Reaktion
Und dann kommt tatsächlich: Ich lese einfach mal weiter.
Am vierundzwanzigsten Tag des ersten Monats war ich am Ufer des großen Stroms, das ist der Hidekel. Ich erhob meine Augen und sah – siehe, da war ein Mann in Leinen gekleidet, und seine Hüften waren umgürtet mit Gold vom Ufers. Sein Leib war wie ein Türkis, sein Gesicht wie das Aussehen eines Blitzes. Seine Augen waren wie Feuerfackeln, und seine Arme und seine Füße wie der Anblick von glatter Bronze. Der Klang seiner Worte war wie der Klang einer Volksmenge.
Aber nur ich, Daniel allein, sah die Erscheinung. Die Männer, die bei mir waren, sahen sie nicht. Doch eine große Angst fiel auf sie, und sie flohen und versteckten sich. Ich blieb allein übrig und sah diese große Erscheinung.
Es blieb keine Kraft in mir. Meine Gesichtsfarbe veränderte sich an mir zur Entstellung, und ich behielt keine Kraft mehr. Ich hörte den Klang seiner Worte. Als ich den Klang seiner Worte hörte, lag ich wie betäubt auf meinem Gesicht, mit meinem Gesicht zur Erde.
Siehe, eine Hand rührte mich an und rüttelte mich auf, so dass ich wieder auf meine Knie und Handflächen kam. Er sprach zu mir: „Daniel, du vielgeliebter Mann, achte auf die Worte, die ich zu dir rede, und steh an deinem Platz, denn ich bin jetzt zu dir gesandt.“
Also, jetzt kommt das Wort: Drei Wochen gehen ins Land. Jetzt kommt der Engel. „Ich bin jetzt zu dir gesandt.“
Als er dieses Wort mit mir redete, stand ich zitternd auf. Er sprach zu mir: „Fürchte dich nicht, Daniel!“
Die Erhörung des Gebets und die kosmische Auseinandersetzung
Jetzt kommt das Entscheidende, worauf ich euch aufmerksam machen möchte. Denn vom ersten Tag an, als du dein Herz darauf gerichtet hast, Verständnis zu erlangen – also vor drei Wochen – sind deine Worte erhört worden.
Vom ersten Tag an, als du dein Herz darauf gerichtet hast, Verständnis zu erlangen und dich vor deinem Gott zu demütigen, wurden deine Worte erhört. Hallo, also vom ersten Tag an wird das Wort erhört. Das ist drei Wochen her, aber seit drei Wochen ist er dabei zu fasten.
Und jetzt kommt der Engel, und der Engel sagt: „Fürchte dich nicht! Vom ersten Tag an, wo du gebetet hast, sind deine Worte erhört worden.“ Ja, was wollte er denn? Er wollte Verständnis erlangen, er wollte wissen, worum es geht.
Aber jetzt, nach drei Wochen, kommt erst dieser Engel und sagt ihm: „Und um deiner Worte willen bin ich gekommen.“ Es ist in der Vergangenheit erhört worden, aber jetzt kommt die Erfüllung.
Merkt ihr, drei Wochen später gibt es die Erfüllung. Warum gibt es die Erfüllung erst später? Ganz einfach: „Aber der Fürst des Königreichs Persien stand mir einundzwanzig Tage entgegen, und siehe, Michael, einer der ersten Fürsten, kam, um mir zu helfen, und ich wurde dort entbehrlich. Dann bin ich zu dir gekommen.“
Das ist die Geschichte.
Die Bedeutung von Erhörung und Erfüllung im Gebet
Warum so ausführlich? Ganz einfach: Diese Geschichte zeigt uns, dass es im Blick auf das Gebet einen Unterschied macht, ob ich von Erhörung oder von Erfüllung spreche.
Gott verspricht mir, dass er mein Gebet erhört – und zwar in dem Moment, in dem ich bete. Wenn du erhörlich betest, wird dein Gebet genau in diesem Moment erhört. Es wird erhört, und du denkst jetzt vielleicht: „Ja, das muss dann aber auch gleich etwas passieren.“ Das ist jedoch der Fehler im System. Denn dass das Gebet erhört wird, bedeutet nicht, dass sich das, was du betest, sofort erfüllt.
Warum? Und jetzt wird es ganz wichtig: Dein Gebet – lass mich ein Bild bringen, mit dem ich es verstanden habe. Vielleicht versteht ihr es auch. Ich weiß nicht, ob es hier Leute gibt, die den Film „Herr der Ringe“ kennen, aber es gibt da eine Szene im letzten Teil, in der ein Olifant zur Strecke gebracht wird. Olifanten sind etwas zu groß geratene Elefanten. Man kann sich vorstellen, dass es mit Pfeil und Bogen etwas Zeit braucht, so einen Olifanten zu erlegen. Die ersten 500 Pfeile stecken einfach nur in ihm drin. Er wird dann auf legendäre Weise von Legolas tatsächlich zur Strecke gebracht – wer sich erinnert, weiß, was ich meine.
So, jetzt das Bild: Der Unterschied zwischen Erhörung von Gebeten und Erfüllung meines Gebets ist der Unterschied zwischen „Ich schieße einen Pfeil ab“ – das ist mein Gebet, von dem Gott mir verspricht, dass er trifft – bis zu dem Zeitpunkt, an dem der letzte Pfeil einschlägt und die Erfüllung bewirkt.
Und tatsächlich, in dem Konflikt, in den ich hineinbete, zeigt uns Daniel, dass es sich um einen kosmischen Konflikt handelt. Daniel betet hinein in diesen Konflikt. Und dieser Konflikt hat dazu geführt, dass der Engel, der ihm eigentlich die Erfüllung seines Gebetes bringen wollte, drei Wochen aufgehalten wurde. Das wusste Daniel nicht.
Daniel fastet nicht, weil er weiß, dass er fasten muss, sondern weil ihm das so dringend wichtig ist. Und tatsächlich, nach 21 Tagen ist dann die Möglichkeit da, dass aus der Erhörung vom ersten Tag an die Erfüllung kommt.
Das Bild vom Gebet als Pfeil im geistlichen Kampf
Stellt euch das einmal so vor: Immer wenn ihr betet, seid ihr wie jemand, der einen Pfeil abschießt. Ihr nehmt ein bestimmtes Thema ins Visier, zum Beispiel die Bekehrung von jemandem.
Bei einer Bekehrung gibt es immer noch das Problem, dass der Mensch einen freien Willen hat. Diesen können wir auch durch Gebet nicht ausschalten. Aber wir können dafür sorgen, dass jemand in gute Gelegenheiten kommt, das Evangelium auf eine Weise zu hören, dass er wirklich eine Chance hat, es zu verstehen.
Ihr schießt euren Pfeil ab, und Gott verspricht euch, dass euer Pfeil trifft. Dann schießt der Nächste seinen Pfeil ab, und der Dritte ebenfalls. Irgendwann kommt der Pfeil, der die Erfüllung eures Gebets bewirkt. Denn ihr betet in einen Konflikt hinein, bei dem nicht nur euer Gebet entscheidet, sondern die Summe aller Gebete, die Menschen in Gottes Namen aussprechen.
Wenn ihr diesen Gedanken habt, dass Gebete wie Pfeile sind, versteht ihr auch, dass es einen Unterschied zwischen erhörtem Gebet und erfülltem Gebet gibt. Gott verspricht uns, dass er unser Gebet erhört.
Wann es aber in dem Konflikt so weit ist, dass die Gegenseite niedergerungen wurde und es tatsächlich zu einer Erfüllung kommt, das haben wir nicht in der Hand. Das ist nicht unser Thema.
Deshalb lasst euch nicht verwirren, wenn ihr Erhörung und Erfüllung miteinander verbindet und denkt, es müsse dasselbe sein. Das ist es nicht, wenn man die Bibel betrachtet.
Euer Auftrag ist nicht, dass etwas sich erfüllt. Euer Auftrag ist, dass ihr betet, dass ihr euren Teil, euren Beitrag zu diesem Konflikt leistet.
Gebet als Teil eines geistlichen Kampfes
Und deswegen: Wenn du das nächste Mal betest, stell dir vor, du bist einer dieser Soldaten auf den Zinnen von Minas Tirith. Sie schießen ihre Pfeile ab. Sieh dein Gebet wie einen solchen Pfeil, und Gott verspricht dir, dass dieser Pfeil trifft.
Ob der Ork, den du getroffen hast, durch deinen Pfeil in die Knie geht oder erst fünf Pfeile später von jemand anderem besiegt wird, ist nicht dein Job. Du hast deinen Beitrag geleistet.
Mit diesem Bild – Achtung, es ist nur ein Bild, kein biblisches Bild, sondern ein modernes – wird klar: Ich bete nicht nur immer für die Erfüllung ein und derselben Sache. Stattdessen bete ich in einen Konflikt hinein, als Teil einer Armee.
Ich bin quasi ein Gebetskämpfer, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Mein Gebet ist Kampf. Mein Gebet ringt etwas nieder. Mein Gebet ist dazu da, dass Dinge passieren.
Ich habe die Verheißung, dass mein Gebet erhört wird. Auch wenn ich sagen muss, dass die Größe des Problems vielleicht so groß ist, dass noch ein paar weitere Gebete nötig sind, bis die Erfüllung tatsächlich kommt.
Aber mein Gebet hat seinen Beitrag geleistet.
Möglichkeiten, Gebeten mehr Durchschlagskraft zu verleihen
Und wenn wir bei diesem Bild bleiben, dann sagt die Bibel: Okay, wir wissen jetzt, wie man erhörlich betet. Wir wissen, dass Erhörung und Erfüllung zwei Paar Schuhe sind. Wir dürfen uns vorstellen, dass wir wie ein Bogen sind.
Und wenn du dich fragst: Kann ich meinem Pfeil noch mehr Durchschlagskraft verleihen? Also, ich habe etwas, das mir wirklich wichtig ist. Da würde ich mir wünschen, dass die Erfüllung vielleicht etwas schneller kommt. Gibt es da Möglichkeiten? Kann ich in diesem Bild meinen Pfeil in einen Armbrustbolzen verwandeln?
Für alle, die sich ein bisschen für Geschichte interessieren: Armbrustbolzen sind fiese kleine Dinge. Sie haben im Mittelalter die Kriegsführung revolutioniert. Das lag einfach daran, dass es vorher gepanzerte Rüstungen gab, an denen Pfeile abgeprallt sind. Dann kamen diese kleinen, fiesen Dinger, die einfach durchgingen. Damit hatte die Rüstung keinen Vorteil mehr.
Du hattest eine Armee von Landsknechten, die ihre Armbrüste hatten, und damit warst du waffentechnisch einfach überlegen.
Kann ich also mein Gebet als Pfeil in einen Armbrustbolzen verwandeln? Die Antwort lautet: Ja. Es gibt fünf Möglichkeiten in der Bibel, wie ich meinem Gebet – und es ist ein Bild, bitte vergesst das nicht – mehr Durchschlagskraft verleihen kann. Das Bild hilft einfach, Gebet besser zu verstehen.
Das war’s für heute. Die Predigt wird in der nächsten Episode fortgesetzt. Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.