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Die zehn Gebote

25.07.19952. Mose 20,1-26

Einführung und Zählweise der Gebote

Zweiten Mose 20. Wir mussten beim letzten Mal beim vierten Gebot aufhören – egal, wie man es zählt. Wir sagen, es sei das vierte Gebot. Die reformierten Kirchen, so wie ich es gehört habe, also die calvinistischen Kirchen, etwa in der Schweiz oder die rheinische Kirche in Deutschland, zählen die Gebote anders. Dort ist das, was wir als viertes Gebot ansehen, das fünfte Gebot.

Im Heidelberger Katechismus zum Beispiel wird das ebenfalls anders gezählt.

Wir haben beim letzten Mal auch über das Bildergebot gesprochen und darüber, warum Luther es im Katechismus gestrichen hat.

Das Sabbatgebot und seine Bedeutung

Jetzt lesen wir noch einmal ab Vers zwölf. Beim letzten Mal haben wir darüber gesprochen, wie? Auch Vers acht haben wir noch nicht behandelt, den Sabbat ebenfalls nicht.

Vers acht lautet: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun, aber am siebten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd oder dein Vieh. Auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht, das Meer und alles, was darin ist, und ruhte am siebten Tag. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn.“

Die weiteren Gebote im Überblick

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst in dem Land, das dir der Herr, dein Gott, geben wird.

Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.

Die Furcht vor Gott und die Begegnung am Sinai

Und das ganze Volk wurde Zeuge von dem donnernden Blitz, dem Ton der Posaune und dem Rauch, der vom Berg aufstieg. Als sie dies sahen, flohen sie und blieben in der Ferne stehen. Sie sprachen zu Mose: „Sprich du mit uns, wir wollen hören. Aber lasst Gott nicht mit uns reden, sonst könnten wir sterben.“

Mose aber sprach zum Volk: „Fürchtet euch nicht! Denn Gott ist gekommen, um euch zu prüfen. Damit ihr vor Augen habt, wie er zu fürchten ist, und damit ihr nicht sündigt.“

So blieb das Volk in der Ferne stehen, aber Mose näherte sich dem Dunkel, in dem Gott war.

Die Gebote als Zusage und Befreiung aus der Knechtschaft

Die Gebote empfinden wir oft als Kommandos, die uns gegeben werden. Im jüdischen Sprachgebrauch wird das Wort jedoch ganz anders verstanden. Es ist gleichzeitig eine Zusage und könnte ebenso übersetzt werden mit „Du wirst einer von den Deinen sein“. Es ist eine Richtung, die Gott vorgibt, eine Ordnung für unser Leben.

Stellen Sie sich noch einmal vor: Die Israeliten waren Sklaven in Ägypten. Sie wurden von Aufsehern kommandiert. Gott hat sie immer wieder daran erinnert und gesagt: Ihr wart in der Knechtschaft in Ägypten. Übrigens macht uns auch die Welt, in der wir leben, zu Sklaven. Gott macht keine Sklaven.

In der Welt ist man immer Sklave. Entweder wird man von Menschen herumkommandiert oder vom Teufel. Wer sündigt, ist der Sünde Sklave und Knecht. Man steht ständig unter Druck, muss etwas tun und wird nie glücklich mit dem, was man sucht. Das ist ein unbefriedigendes Sklavenleben.

Die Erfahrung Ägyptens war für die Israeliten immer ein Bild für das Dasein in der Welt. Jetzt sind sie am Sinai angekommen. Für sie bedeutet die Begegnung mit dem heiligen Gott Befreiung. Wir haben eine Würde, denn wir sind Kinder Gottes. Wir gehören dem Gott, der uns berufen hat, damit unser Leben geheiligt wird.

Die Würde als Kinder Gottes und die Berufung zur Heiligung

Der Apostel Petrus hat später der Gemeinde etwas Ähnliches zugerufen: Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das Volk des Eigentums. Ihr sollt die Wohltaten Gottes verkündigen, der euch berufen hat zu seinem wunderbaren Licht.

Gott gibt unserem Leben Würde und Schönheit. Er möchte nicht, dass wir ein Leben als Sklaven der Sünde führen, sondern dass unser Leben schön wird. Noch einmal, wie bei der Erschaffung des Menschen, dürfen wir Ebenbild Gottes sein. Das bedeutet, dass Gottes Wesen auf seine Kinder übertragen wird.

Wenn jemand glaubt, ihm werde etwas von der Lust genommen, ist das oft töricht. Besonders wenn man mit jungen Leuten darüber spricht, sagen sie oft: „Es ist doch schlimm, wenn ich meine Freiheit nicht ausleben darf.“ Aber was ist wirklich schön?

Im Fernsehen, besonders auf manchen Privatsendern, gibt es schreckliche Sendungen, zum Beispiel Pornosendungen von Frau Berger. Diese wurde kürzlich im westdeutschen Fernsehen, im dritten Programm, interviewt. Die Reporterin fragte sie, wo sie das alles gelernt habe. Frau Berger antwortete: „Ich habe ja nicht wie eine Nonne gelebt.“

Auf die Frage, wie das denn gewesen sei, sagte sie, dass alle ihre Erlebnisse, die sie der Welt als große Befreiung präsentiert hat, eigentlich Wunden in ihrem Leben waren. Diese Wunden hätten lange gebrannt, bis sie darüber hinwegkam. Das ist es, was heute als große neue Freiheit durch das Fernsehen verkündet wird. Aber das ist keine Freiheit.

Ganz offen gesagt: Wenn man genau hinhört, kann man nie hören, dass jemand durch Korruption oder Lügen glücklich geworden ist. In der Welt gab es so viel Unheimliches. Ich verstehe das nicht. Warten Sie nur ab, bis die letzten Enthüllungen aus dem Schubladenausschuss in Schleswig-Holstein zur Basel-Affäre bekannt werden.

Der Teufel ist so gemein, dass er am Ende immer wieder Leute an ihren eigenen Verfehlungen auffliegen lässt. Das ist schlimm, und darüber wächst kein Gras. Es ist furchtbar. In der Sünde wird man nicht glücklich.

Die Bedeutung von Gerechtigkeit und die wahre Freiheit in Gottes Ordnung

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. Das hat man früher im Religionsunterricht gelernt, und das wusste man noch. Man wusste, dass ein Volk nur leben kann, wenn es in der Ordnung lebt.

Heute ist es für viele junge Leute oft so, gerade durch Medien wie Fernsehen oder Zeitung, dass das flotte und schicke Leben irgendwo vielleicht jenseits der Ordnung Gottes liegt. Doch das gibt es nicht: Dort wird kein Mensch glücklich.

Darum sind die Gebote keine Lasten, die uns Gott auferlegt, sondern eine Gabe. Das zeigt sich zuerst am dritten Gebot, am Sabbat, wenn man das, was wir bisher gehört haben, betrachtet.

Der Sabbat als Tag der Freude und Ruhe

Warum feiern wir nicht den Sabbat, sondern den Sonntag? Das war den ersten Christen sehr wichtig. Die ersten Christen, die jüdischen Christen von Jerusalem, haben bereits den Auferstehungstag gefeiert – den Tag nach dem Sabbat. Sie wollten sich damit deutlich von der äußeren Zwangsherrschaft der jüdischen Sabbatgesetze befreien.

Wenn der Sabbat wirklich nur noch eine quälende Last ist, dann braucht man ihn nicht zu halten. Darum ist es schön, dass hier wieder ein Gottestag, ein Tag des Herrn, ins Zentrum rückt. Vielleicht wissen Sie, dass die Adventisten als Kirche den Samstag sehr genau als Sabbattag einhalten.

Die Kalenderreform hat jetzt den Sonntag zum siebten Tag gemacht. So steht es sogar in jedem Fahrplan der Bundesbahn: Der siebte Tag ist der Sonntag. Damit ist die Verwirrung komplett. Doch darauf kommt es gar nicht an. Viel wichtiger ist, dass man einen Tag in der Woche zum Tag der Ruhe macht, an dem man Gott Raum gibt.

Dieses Gebot soll nicht so verstanden werden, dass man sein Gewissen quälen muss: Was darf ich tun, und was nicht? Ein Ruhetag ist vielmehr ein Tag, an dem man Zeit für die Familie, für Gemeinschaft und für die Menschen um sich herum hat. Es ist auch ein Tag, an dem man Gottes Wort hören kann und Gott zu einem spricht.

Begründet wird das damit, dass Gott diesen siebten Tag von der Schöpfung an geheiligt hat. Man braucht den siebten Tag nicht, um mit der Arbeit fertig zu werden. Wer den Sonntag grundsätzlich nimmt, traut Gott nicht zu, dass er ihm das Gelingen schenkt. Viel schlimmer ist der Unglaube, der aus dem Missbrauch entsteht.

Wenn der Sonntag spricht, heißt das nicht, dass man am Sonntag keine Steuererklärung machen oder keine Gartenarbeit verrichten darf. Solche Dinge kann man den Heiden nicht vermitteln, aber man kann diese Ordnung praktizieren.

Heute sehen wir, wie solche Ordnungen sich schnell auflösen. Man muss auch wissen, dass es in vielen Teilen der Welt keinen Ruhetag gibt. Auch in Jerusalem gibt es das nicht überall. In jüdischen Vierteln wird der Sabbat gefeiert, während in arabischen Vierteln alle Geschäfte geöffnet sind. In den meisten Ländern der Welt gibt es keinen Ruhetag.

Umso wunderbarer ist es, dass wir diesen Ruhetag haben. Früher, als wir jünger waren, haben wir am Karfreitag erlebt, dass etwa das Radio eine Schweigezeit einlegte – ein Zeichen für den Kreuzestod Jesu. Solche Dinge sind heute kaum noch zu finden.

Wir dürfen uns freuen, dass unser Gesetz noch den Sabbat kennt. Allerdings können wir ihn beim Staat nicht einklagen. Der Ruhetag ist eine Segenssache. Es ist gut, dass Jesus deutlich gemacht hat, dass es nicht um eine äußere Zwangsvorstellung geht. Es geht nicht darum, seine Schritte zu zählen, um zu prüfen, was man am Sonntag tun darf.

Der Ruhetag soll ein Freudentag sein, ein Tag der Erwartung der Ewigkeitsruhe. So war es für die Juden immer: Es gibt eine Ruhe, die für das Volk Gottes noch vorhanden ist.

In einer Welt, die immer hektischer wird, gibt es einen Tag, an dem man sich ganz dem überlassen kann, was Gott geschaffen hat. Man weiß: Gott ist mit seiner Schöpfung ans Ende gekommen. Das ist großartig.

In der Evolution stellt man sich oft vor, die Welt sei zufällig entstanden. Man denkt, die Evolution gehe immer weiter. Doch die Schöpfung ist an ihr Ziel gekommen. Der Mensch wächst nicht mehr über sich hinaus. Künftige Generationen werden sich nicht weiterentwickeln als die jetzigen.

Gott hat seine Schöpfung angesehen, und sie ist fertig. Der Sabbat erinnert uns daran, dass wir nicht ständig in den hektischen Wettlauf einstimmen müssen: mehr, weiter, größer, wunderbarer. Stattdessen dürfen wir uns an dem freuen, was Gott uns gegeben hat.

Es gibt eine Grenze. Der Herr segnete den Sabbattag und heiligte ihn. Wer die Sabbatruhe hält, hat Anteil an diesem Segen. Es ist keine Pflicht, sondern ein wunderbares Geschenk.

Jeder, der einmal in seinem Leben den Sabbat wirklich einhält, merkt, dass man radikal umstellen und mit eigenen Vorstellungen brechen muss. Doch es lohnt sich.

Das Gebot der Ehrung der Eltern und die Bedeutung von Autorität

Jetzt kommt das nächste Gebot: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebst in dem Land, das dir dein Gott geben wird.

Warum soll man denn die Eltern ehren? Warum eigentlich? Heute ist das ja ganz umstritten. Das Elterngebot hat seine Wurzel darin, dass Gott Autorität will. Unser Leben kann nicht ohne Autorität gelingen.

Lassen Sie uns mal wieder ein Denkspiel machen und überlegen, wie es die antiautoritäre Revolte versucht hat. Sie sagt: Ihr seid ja schrecklich vergnöchert, erzkonservativ und so weiter mit eurer Vorstellung. Wenn der Mensch keine Autorität mehr über sich hat, nichts mehr außer sich selbst, wird er an diesem Stress kaputtgehen. Das ist eine wahnsinnige Spannung.

Ich behaupte, viele unserer jungen Leute werden krank, weil sie in allem das Oberste sein müssen. Ich merke, wie schön das ist. Wir hatten am Sonntag ein Familientreffen, und ich erlebe das jetzt natürlich aus der Perspektive schon der älteren Generation, wie die Kinder es genießen, eingebettet zu sein in eine Familie. Natürlich kracht es oft – das wissen wir ja von unseren Kindern, wenn sie ihre Freiheit entdecken. Doch es ist wieder etwas Wunderschönes, wenn sie in dieses soziale Gefüge einer Familie eingebettet sind.

Vergleichen Sie das heute einmal mit dem, was Völker der dritten Welt haben, wo eine Familie wenigstens aus tausend Gliedern besteht, mit Frauen, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel. Wenn einer ins Krankenhaus kommt, dann gibt die ganze Familie das letzte Hemd her. Und alle stehen dafür ein, dass dem Onkel die Rechnung bezahlt wird. Das ist etwas Herrliches in der Familie.

Natürlich kann eine Familie auch eine Last sein, aber wir übertreiben es heute, weil unseren jungen Leuten gerade das fehlt. Wir wissen auch um den Missbrauch der Familie und wollen das klar sagen: Es darf nicht so sein, dass wir zu Herrschern über unsere Kinder werden. Da müssen wir aufpassen. Sagen Sie es jedem Brautpaar: Kinder sind nie Eigentum der Eltern. Kinder gehören nicht den Eltern.

Wo sind die biblischen Beispiele? Wissen Sie, was das Bild der Vaterschaft ist? Das Bild vom verlorenen Sohn und dem Vater. Wo gibt es so einen Vater, der in Liebe und Güte den Sohn aufnimmt? Der brüllt ja gerade nicht dem Sohn hinterher. Es hat ja gar keinen Wert zu brüllen, sondern die Liebe ist entscheidend.

Wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten. Und es rächt sich heute ganz bitter, wenn man nicht mehr von Gott unser Vaterbild bezieht – der Vater ist über alles, was Kinder heißt, im Himmel und auf Erden. Von ihm kommt eigentlich alle Vaterschaft her. Wie Väter sein müssten, können Sie bei Gott nur ablesen.

Die enorme Güte Gottes ist das Bild für unsere Vaterschaft. Und da ist wieder, dass Gott auch will, dass wir etwas von seiner Vatergüte in der Welt repräsentieren – so wie wir den Sabbat in eine ungläubige Welt hineintragen sollen, als ein Angebot der Freude, nicht als Last.

So sollten wir den Menschen sagen: Wir haben wieder ein Bild für Familie. Aber nicht der Despot, der Kinder anbrüllt: „Hast du mir meine Hausschuhe nicht gebracht?“ oder seine Laune an ihnen auslässt. Das ist doch nicht gemein, sondern der Vater.

Was ist der biblische Vaterbegriff? Ich freue mich, dass ein paar Männer hier sind, das ist ganz wichtig. Das müssen wir einmal trainieren. Ja, ja, und der Hauspriester vor allem. Nicht nur, der im Auftrag Gottes die Verantwortung für die Familie wahrnimmt.

Ich weiß gar nicht, wer es erfunden hat, dass die Frau für das geistliche Leben der Familie zuständig sei. Ich bin froh, meine Frau hat das auch bei den Kindern gemacht, aber biblisch gesehen ist der Vater der verantwortliche Hauspriester für die ganze Familie.

Auch das betone ich gern bei Kindertaufen. Wir wissen um die Problematik der Kindertaufen, aber sie wird heute auch überbetont. Wenn ich eine Hausgemeinde habe und miteinander Hausandacht halte, hat es seinen herrlichen Sinn, dass die Kinder von früh an vollwertige Mitglieder sind, mitbeten dürfen und mit allem, was sie haben, dabei sind.

Ich habe Ihnen am Sonntag erzählt, dass die dreijährige Christiane gebetet hat um den Sonnenschein. Es ist doch schön am Morgen, so wie Kinder das machen. Und das bereichert uns, wenn man sieht, wie dieses Urvertrauen der Kinder schon da ist: Da ist eine Familie, in die man hineingestellt ist. Das ist herrlich, wenn man das so leben darf.

Ich möchte es denen nicht wehtun, die sagen, bei uns ist es gerade Wunde, der Vater zieht nicht mit und so. Aber die biblische Ordnung liegt da, und darum gehören Vater und Mutter geehrt. Natürlich gehören auch die ungläubigen Eltern geehrt, weil ja schon dadurch, dass Eltern uns gezeugt und geboren haben, sie an unserem Leben mitbeteiligt sind.

Ich mache mir an dieser Stelle einmal bewusst: Ich habe mir das Leben nicht selber gegeben. Das ist ein Wunder. Und da waren Menschen, die wollten, dass ich lebe.

Heute ist es ja ganz schlimm, wie unsere Psychologen – glücklicherweise nicht alle Psychologen, wie der Karatschitz, aber manche – immer bloß an der Wunde herummachen, was die Eltern falsch gemacht haben. Das gibt natürlich auch eine Überbetonung.

Ich muss mich auch mal lösen können und meine bitteren Erfahrungen weglegen. Ich bin aufgewachsen und habe gemeint, es sei Unrecht. Aber ich weiß doch gar nicht, ob es wahr war. Ich darf mich doch nicht ewig daran festhalten.

Im Religionsunterricht habe ich noch nie jemanden gefunden, der dort, wenn er Opfer bekommen hat, es mit Recht bekommen hat. Alle, die mir das erzählt haben, haben es zu Unrecht bekommen.

Also müssen wir uns mal lösen von diesen Kinderverwundungen und einfach sehen: Gott hat mir mit den Eltern eine Gabe gegeben. Und oft merkt man das erst, wenn sie weg sind. Da gibt es so schöne Sprüche: Solange du nur eine Mutter hast, danke Gott und sei zufrieden.

Aber es geht gar nicht bloß um das Äußere, sondern darum, dass Gott mich beschenkt hat mit dieser Gabe.

Und bei der Mutterliebe ist es doch ganz genau so. Es ist ja falsch, Gott zu sexualisieren – das gibt es in der Bibel gar nicht. Man kann genauso mit dem Mutterbild sprechen, wie im herrlichen Wort Jesaja 49.

Und zwar gerade vor dem Wort, das wir am Sonntag hatten. Nein, halt mal, das nächste Mal hat man es. Ich bin schon durcheinander. Am nächsten Sonntag ist es da: „Du wirst erfahren, dass ich der Herr bin.“ Am nächsten Sonntag kommt davor das Wort: „Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Kann eine Mutter ihr Kind vergessen? Das geht nicht. Aber wenn dies doch täte, will ich doch dein nicht vergessen.“

Sie in die Hände erbitten sein – Mutterliebe, das Bild des göttlichen mütterlichen Amtes. Gott ist Vater, wie sein Vater über Kinder. Psalm 103 ist das eine, und Jesaja 49 das andere.

Wunderbar die Bilder von Vater und Mutter. Und da gibt es in der Bibel eine ganze Reihe von diesen herrlichen Bildern, wie Gott uns hier beschenkt mit den Eltern und mein Leben davon den Segen hat: dass du lange lebst in dem Land, das dir der Herr, dein Gott, geben wird.

Die Gebote als Liebesgebote und die Bedeutung des Lebens

Es gibt in allen Völkern Gebote. Die biblischen Gebote sind jedoch ganz anders als alle anderen Gebote. Vielleicht gibt es in einzelnen Punkten Übereinstimmungen, doch sie sind alle auf den einen Gott zurückgeführt und sie sind Liebesgebote. Das muss man sich immer wieder vor Augen halten, denn sie geben das Leben.

Die Situation ist manchmal wie bei Adam und Eva. Gott sagt: „Ich gebe dir alles, nur eins nicht – die Sünde.“ Aber alles andere darfst du nehmen. In diesem großen Rahmen gibt Gott alles. Und wir Menschen sind oft problematisch. Wir machen uns Sorgen und sagen: „Ja, aber mit den Eltern habe ich Schwierigkeiten.“ Dabei sehen wir oft nicht einmal die Freude. Gott hat uns Menschen gegeben, die uns über alles lieben. Das ist ein Geheimnis.

Selbst bei Rabeneltern ist das so. Das wissen manche Richter oder andere Fachleute. Deshalb haben sie Schwierigkeiten, Kinder ins Heim einzuweisen. Die schlechteste Mutter ist immer noch eine Mutter. Das ist etwas Wunderbares, Großes, Einmaliges und Besonderes. Das muss man bewahren und erkennen: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.“ Das heißt, Respekt erweisen. Eltern stehen nicht auf derselben Ebene wie ihre Kinder.

Früher legte man in der Kindererziehung großen Wert darauf, den Kindern früh klarzumachen, dass die Eltern Achtung verdienen. Das ist etwas anderes als die heute oft falsch verstandene „Terrorerziehung“. Es geht darum, dass Eltern Achtung brauchen. Man könnte sagen, man soll Vater und Mutter ehren, weil sie vielleicht pflegebedürftig sind. Das ist auch ein wichtiger Punkt, der aus Liebe geschieht.

Aber es geht nicht nur um Pflegebedürftigkeit oder Schwäche. Es geht vor allem darum, dass sie die Geber deines Lebens sind. Das Geheimnis deines Lebens hängt an den Eltern. Wenn ein Mensch den Respekt vor seinen Eltern verliert, verliert er auch den Respekt vor sich selbst.

Ist Ihnen der Gedanke klar? Wenn Kinder aufwachsen und sich für Herrgötter halten, kennen sie keinen Gott mehr, vor dem sie Respekt haben. Solche Kinder können ihren Eltern nur noch auf der Nase herumtanzen und erleben so ihre Freizeit. Aber in den entscheidenden Momenten, wie oft im Leben, konnten sie zu ihren Eltern gehen, um sich auszuruhen und Ermutigung zu bekommen.

Ein Beispiel: Mein Bruder hat mir jetzt wieder ein paar Postkarten geschickt, die unsere Eltern aus dem Urlaub geschrieben haben. Das ist doch bewegend. Wenn ich daran denke, was mein Vater mir aus dem Krieg geschrieben hat, als ich vier Jahre alt war, war das schön. Die Liebe, die einen damals umgeben hat, ist ein Schatz.

Das ist großartig und gerade. Man könnte sich manchen Gang zum Grab später sparen, wenn man die Eltern erkennt. Meist sind viele Eltern schon nicht mehr da. Darum sollte man die Zeit nutzen, solange Gott sie einem gibt. Versündige dich nicht an deinen Eltern.

Es ist wunderbar, das immer wieder bei Familien zu erleben, wenn sie ihren Eltern viel Liebe schenken. Ich kenne Leute, die seit Jahren keinen Urlaub mehr machen können, weil sie ihre Eltern pflegen müssen. Darin liegt ein Segen.

Das Gebot „Du sollst nicht töten“ und der Schutz des Lebens

Du sollst nicht töten. Es ist wichtig, dass das Leben unter dem Schutz Gottes steht. Es ist gut, dass Luther in seiner Auslegung immer wieder deutlich gemacht hat, was dazugehört. Beim Elterngebot hat Luther auch die Lehrer und die Herren mit einbezogen. Wir sollten grundsätzlich die Autoritäten achten, die die Bibel als Obrigkeiten bezeichnet.

Es gibt keinen grundsätzlichen Freibrief zum Auflehnen gegen Obrigkeiten und Autoritäten. Sicher, es gibt unnütze Obrigkeiten, denen wir uns nicht unterwerfen müssen. Wir brauchen ihnen auch nicht falsch zu kuschen, aber wir sollten ihnen dennoch Respekt entgegenbringen.

Beim Töten gilt, dass das Leben ganz besonders unter einem Schutz steht – das Leben des Nächsten. Luther hat schön gesagt, dass wir unserem Nächsten an seinem Leib keinen Schaden oder Leid zufügen sollen. Stattdessen sollen wir ihm helfen und ihn in allen Leibesnöten fördern.

Es ist gut, dass Jesus in der Bergpredigt (Matthäus 5) gesagt hat, dass schon der Hass im Herzen beginnt. Es ist wichtig, dass genau dort hingesehen wird, wo ich meinen Nächsten nicht verstehen oder tragen kann. Der Schutz Gottes umfasst auch den Nächsten.

Wer ist mein Nächster? Jeder. Das kann der Nachbar sein, der Volksgenosse oder auch ein Berufskollege. Nicht nur der Gläubige steht unter dem besonderen Schutz Gottes. Gott lässt nicht zu, dass wir unseren Lebensraum auf Kosten anderer erweitern.

Es geht hier nicht darum, ob ich Tiere essen darf oder nicht. Das Töten betrifft den Schutz des Nächsten und seines Lebens. In der Bibel ist das Leben das höchste Gut. Das Leben ist so wunderbar, weil wir es uns nicht selbst geben können.

Sie kennen sicher die Stellen aus dem Noah-Bund: Wer Menschenblut vergießt, dem soll Blut vergossen werden. Deshalb kann ich die Todesstrafe nicht uneingeschränkt als Weisheit letzter Schluss verteidigen. Diese Regelung stammt aus einer Zeit, in der es noch keine sicheren Gefängnisse gab.

Mir genügt es heute, dass es gute Gefängnisse gibt. Die Todesstrafe ist nicht notwendig, zudem besteht immer die Gefahr eines Justizirrtums. Solche Kampagnen, die gerade wieder laufen, zeigen das deutlich.

Ich glaube, wir Christen sollten uns nicht zu sehr in solche feinen Fragen verstricken. Das ist eine Angelegenheit für Juristen. Sie sagen: „Ja, in der Bibel steht es.“ Doch Gott möchte eigentlich, dass die Todesstrafe die letzte Form der Bestrafung ist. Ein lebenslanges Gefängnis ist auch eine Strafe, die sicher nicht harmloser ist als die Todesstrafe.

Worum es hier geht, ist, dass Gott den Schutz über das Leben meines Nächsten stellt. In den anderen Gesetzen der Bibel ist genau festgelegt, was passiert, wenn jemand aus Versehen tötet oder wenn ein Stier wild wird und jemanden niedertrampelt. Auch Fragen wie: Bin ich haftbar, wenn mein Auto jemand anderen beschädigt oder wenn von meinem Haus ein Dachziegel herunterfällt, sind geregelt.

All das ist in der Bibel sehr genau gemacht, weil der Schutz des Lebens eine wichtige Sache ist.

Das Gebot gegen Ehebruch und die Bedeutung der Ehe

Aber jetzt müssen wir uns noch etwas Zeit zum Thema Ehebruch nehmen. Irgendwann werden wir das auch noch einmal besprechen, falls es Sie interessiert. Sie sind oft im Gespräch, und ich werde Ihnen die fünf Stellen aus den Mosebüchern zeigen, in denen klare biblische Weisungen zum vorehelichen Verhalten zu finden sind. Dort wird sogar gesagt, dass jemand sein Leben verwirkt hat, wenn er nicht in der vorehelichen Reinheit lebt.

Doch jetzt geht es um die Ehe, und das halte ich heute für viel wichtiger. Meine jungen Leute, in der Bibel ist gar nicht klar, ob man vor der Ehe viele Beziehungen haben darf. Die Frage ist vielmehr: Was gilt dann in der Ehe? Der Schutz der Ehe ist so gewaltig, dass man sich nicht herausreden kann, indem man sagt: „Ja, die hatten doch nicht viel Ehe.“

Im Schöpfungsbericht steht es klar: 1. Mose 1,27 – „Er schuf sie als Mann und Weib.“ Es ist eine Person, die in einer doppelten Ausprägung als Mann und Weib existiert, und diese beiden finden zueinander in einer herrlichen Gemeinschaft. Wenn man das in der Bibel betrachtet, erkennt man ein großes Geheimnis. Ich wollte gerade ein Büchlein darüber schreiben – es ist etwas wahnsinnig Schönes, ein großes Geheimnis, dass es eine solche Gemeinschaft nirgendwo sonst auf der Welt gibt wie zwischen Mann und Frau.

Es ist doch absurd, wenn Homosexuelle sagen, sie wollten nur eine Segnung. Das ist doch gar nicht vergleichbar mit der Ehe zwischen Mann und Frau. Diese ist so wunderbar, da braucht man mit niemandem zu streiten. Sie ist einmalig, und jeder spürt das irgendwo, hat es schon einmal geahnt.

Darum stellt Gott diese Gemeinschaft unter seinen besonderen Schutz. Jeder Mensch hat seine Wunden, und niemand ist frei von Sünde in Gedanken, Worten und Werken. Jesus hat gesagt, dass es bis in unsere Gedankenwelt und unsere Begehrenswelt hineinreicht. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir die Ordnung erkennen.

In 1. Mose 1,31 heißt es: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Und dann in Kapitel 2, Vers 18: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die um ihn sei.“ Damit beginnt eine Lebensgemeinschaft.

In Vers 24 steht: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.“ Jetzt fragt sich mancher: Was bedeutet das? Sicher, es ist das Erlebnis der Liebe, aber es geht noch viel weiter. Es geht um das Untereinanderliebende. Wunderbar ist, dass man zu einer gleichen Denkweise kommt, dass man sich versteht. Das wünschen wir uns doch alle: ein Herz und eine Seele zu sein, ein Fleisch zu sein.

So, dass man sagt: Es gibt in der ganzen Welt niemanden wie den Menschen, den mir Gott geschenkt hat. Das ist ein Geheimnis. Und dann geht es weiter durch viele biblische Beispiele, bis Jesus noch einmal sagt: So wie Jesus die Gemeinde liebt, so sollen die Männer ihre Frauen lieben. Und wir wissen, wie die Liebe Jesu zu seiner Gemeinde ist – eine wunderbare, reine und vollkommene Liebe.

Unter den vielen Bibelstellen zur Reinheit der Ehe findet sich auch Hosea. Gott hat von Hosea verlangt – man weiß nicht genau, ob das nur bildlich oder real war –, dass er eine Hure nehmen soll, eine Hure heiraten soll. Dadurch wird das Ganze noch einmal deutlich: So ist euer Wesen, Israel. An Hosea sieht man, wie rein die Liebe Gottes ist. So hat Gott sich erwählt und sich herausgegeben.

Wir können Hosea hier nicht vollständig durchnehmen, deshalb nehmen wir Malachi, den letzten Propheten im Alten Testament. Malachi 2,10 sagt: „Haben wir nicht alle einen Vater? Hat uns nicht ein Gott geschaffen? Warum entweihen wir dann den Bund unserer Väter?“

Judah ist treulos geworden, und in Israel und Jerusalem geschehen Gräuel. Denn Judah entweiht, was dem Herrn heilig ist und was er liebhat – die Freude eines fremden Gottes, die Tochter eines fremden Gottes. Aber der Herr wird den, der so handelt, ausrotten aus den Zelten Jakobs mit seinem ganzen Geschlecht, auch wenn er noch dem Herrn Zebaoth Opfer bringt.

In Vers 14 heißt es: „Denn der Herr ist Zeuge zwischen dir und der Frau deiner Jugend, der du treulos geworden bist, obwohl sie deine Gefährtin und die Frau ist, mit der du einen Bund geschlossen hast.“ Das bedeutet: Ehebruch ist ein Schlag ins Gesicht Gottes. Es ist nicht nur so, dass du deinem Ehegatten wehgetan hast, sondern du hast Gott auf die infamste Weise den Bund aufgekündigt. Kann man es noch härter ausdrücken?

Ich könnte Ihnen noch andere Stellen aus den Propheten zeigen. Es geht nicht mehr darum, ob es Spaß macht oder ob man sich versteht. Man könnte ja auch sagen: In der Gemeinde könnten wir manchen helfen, indem wir sagen: „Wir hatten auch Probleme, Schwierigkeiten und Zeiten, in denen wir uns nicht so verstanden haben.“ Wir könnten ein älteres Ehepaar zu Rate ziehen und fragen, wie man damit umgeht. Das Leben ist nicht immer problemlos.

In der Bibel gibt es keine Ehe, die ohne Schwierigkeiten war. Auch die Ehe von Jakob und Rebekka war schwierig. Bei Abraham war es auch nicht immer leicht. Das wird nirgendwo in der Bibel verklärt. Trotzdem ist die Ehe eine Gabe, die absolute Treue braucht. Schon das Wort „Treue“ wird in unserer Zeit oft nicht mehr ernst genommen.

Einfach: „Du sollst nicht ehebrechen.“ Früher gab es immer den Zusatz: „damit du lange lebst im Land, das dir dein Gott geben wird.“ Heute braucht es diesen Zusatz nicht mehr, denn damit steht und fällt dein Leben vor dem Herrn.

Ich kann jetzt nicht auf Ihre persönliche Lebenssituation eingehen. Manche sagen: „Bei mir ist das und das im Leben passiert, ich habe eine Ehescheidung hinter mir.“ Ich rede jetzt nicht über konkrete Fälle, sondern über die biblische Grundordnung. Darüber können wir gerne unter vier Augen sprechen. Ich stehe immer zur Verfügung.

Mir geht es darum, die Linie zu sehen: die Gabe der Ehe. Und das ist heute eine Tragik, dass die Ehe schlecht gemacht wird. Niemand weiß genau warum. Dabei ist sie das Allerschönste, weil sie ein Bund ist – und zwar nicht nur ein Bund, bei dem man sagt: „Solange du mir das gibst.“ Sondern auch wenn wir Monate getrennt sind, gilt der Bund: Ehren und Lieben bis der Tod euch scheidet. Das ist etwas Herrliches.

Das Gebot gegen Diebstahl und falsches Zeugnis

Es soll nicht gestohlen werden. Der Schutz des Eigentums betrifft auch das Begehren und das Reichsein – diese ewige Unerfülltheit. Man braucht nicht viel dazu zu sagen, dass wir unserem Nächsten weder sein Geld noch sein Gut wegnehmen sollen. Ebenso dürfen wir ihm keine falsche Ware verkaufen oder durch betrügerischen Handel etwas aneignen. Stattdessen sollen wir ihm bei seinem Gut und seiner Nahrung helfen, es verbessern und behüten.

Minderwertiger Handel umfasst all diese Dinge. Früher hatten wir noch stärker gelernt, dass bei uns nichts von Unrecht und Gut vermischt sein darf. Verlässlichkeit ist wichtig. Ebenso heißt es: Du sollst kein falsches Zeugnis reden gegen deinen Nächsten.

Besonders schön finde ich in Luthers Auslegung, dass wir unseren Nächsten nicht fälschlich belügen dürfen. Vielleicht kennen nicht alle die luthersche Auslegung. Dann müsste man sie ihnen mal wieder kopieren und mitgeben. Luther sagt klar, dass wir unseren Nächsten nicht verraten dürfen – auch wenn es wahr ist. Nachreden oder bösen Leumund zu verbreiten, ist ebenfalls verboten.

Ich darf also keine wahren Dinge weiterverbreiten, wenn sie den Nächsten schlechtmachen. Die einzige Ausnahme ist natürlich, wenn es um eine Bereinigung geht. Vor Gericht besteht eine Pflicht zur Aussage. Das Gericht bietet einen gewissen Schutz. So darf meine Frau mich als Zeuge nicht anklagen, und ich darf sie nicht anklagen. Das wäre in unserem Recht sehr wichtig.

Kinder müssen nie ihre Eltern beschuldigen und dürfen die Aussage verweigern. Ein Seelsorger darf das Amtsgeheimnis wahren, und der Richter darf nicht weiter nachforschen. Das finde ich großartig. Unser Strafgesetzbuch schützt diese Vertraulichkeit, und Angehörige müssen nie gegen ihre nächsten Angehörigen aussagen – auch wenn sie alles wissen. Das Zeugnisverweigerungsrecht bewahrt diese Beziehung.

Es gibt also eine Erinnerung daran, dass es Schutz gibt und dass Familienbeziehungen höher stehen als die Wahrheit. Andere Zeugen müssen dann herangezogen werden. Das ist jedenfalls die einzige Situation, in der ich ein Zeugnis geben kann.

Im Alltag jedoch, wenn man die Missetaten und Schwächen anderer ans Licht bringt, sollen wir das nicht tun. Die Wahrheit, die entlarvt, soll verborgen bleiben.

Heute gibt es einen Wahrheitsfanatismus, besonders in den Medien. Dort wird das Vertrauen oft gebrochen. Man fragt sich: Wie kommen solche Dokumente überhaupt an die Öffentlichkeit? Wahrscheinlich ist die Korruption in unseren Medien am schlimmsten. Ich möchte wissen, wie viel Geld fließt, um an diese Dokumente zu gelangen. Und wie viele Treueverhältnisse werden aufgebrochen, weil jemand hunderttausend Mark bekommt, wenn er das macht.

Ich wundere mich, wie manche große Persönlichkeiten sich da noch behaupten können. Wer wird da nicht schwach, wenn man sagt: „Gib mir ein paar Sachen raus.“ Da hat doch jeder etwas gegen seinen Kollegen oder so.

Du sollst kein falsches Zeugnis reden gegen deinen Nächsten. Aber auch wahre Dinge sollst du nicht weitertragen, wenn sie den anderen schädigen. Das hat Luther klar gemacht.

Was für eine herrliche Vorstellung, wenn man sagt: „Das ist bei mir ins Grab gesprochen.“ Stattdessen soll man Gutes von ihm reden und alles zum Besten wenden. Das ist eine wunderbare Formulierung von Luther: Gutes von ihm reden und alles zum Besten wenden.

Das Gebot gegen das Begehren und die innere Reinheit

Ich soll nicht lügen, aber ich kann sehen, wie ich Dinge so drehen kann, dass sie gut werden und dem Nächsten helfen.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hauses – das hat Luther als ein eigenes Gebot abgetrennt. Eigentlich gehörte es mit dem Nächsten zusammen: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weibes, Knecht oder Magd.

Hier wird auf einmal noch einmal deutlich: Das Böse kommt aus meinem Herzen. „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz.“ Das weiß auch Jesus in der Bergpredigt. Er sagt, dass meine Sinne wegziehen, wenn ich nicht auf Gott blicke, den Geber der Gebote. Erst dann verstehe ich die Gebote.

Er beschenkt mich und will mein Leben reich machen. Er hat mich geschaffen, damit ich glücklich und fröhlich werden kann. Er will mir hier alles geben. Aber ich brauche nicht neidisch zum Nächsten zu schielen oder zu denken: „Ach, wenn ich doch jemand anderes wäre.“

Gott hat uns so reich gemacht – mit allem, was ich habe. Und dann merke ich auf einmal wieder: Jetzt darf ich leben mit dem, was ich bin, und mich daran freuen.

Die Ehrfurcht vor Gott und die Bedeutung der Gebote

Und zum Schluss kommt noch einmal die Erschütterung vor dem heiligen Gott. Sie stehen erneut da, es donnert und blitzt vom Berg, und sie fliehen. Fürchtet euch vor Gott! Nicht, weil ich mich verstecken müsste, sondern um zu erkennen, dass ich als kleiner Mensch, wenn ich meine eigene neue Lebenswelt mit anderen Werten aufbaue, darin untergehen werde.

Wenn man das heute so liest, denke ich immer daran, wenn man in Essling am Dulkhäusle vorbeikommt. Den Dulk, haben Sie mal vom Dulk gelesen? Ja, das Dulkhäusle da oben in Essling, oben am Wald, wo er gewohnt hat. Er war ein Freigeist, der alles Mögliche umgestürzt hat. Damals war er schon der Kinderschreck, weil er alle göttlichen Gebote auf den Kopf gestellt hat. In diesem Dulkhäusle hat er ein ganz wildes Leben gefeiert.

Das war so am Anfang unseres Jahrhunderts. Heute ist es allgemein Mode geworden, dass jeder kommt und macht, was er will. Es ist mir immer so, wenn ich junge Leute erlebe: Gehen sie heute Abend durch den Stadtgarten und sehen sie, wie junge Leute Drogen nehmen, tut es einem bloß weh. Sie suchen viele Künste und entfernen sich immer weiter vom Ziel.

Es wäre eigentlich so einfach: Man kann keinem Menschen die Gebote lehren, man kann ihm nur die Liebe des Heilandes zeigen. Dann wird er die Gebote vielleicht auf diesem Weg verstehen können. Man kann keinem Menschen sagen: „Es hat gar keinen Wert, ach, warum tust du das?“ Aber man muss dem Menschen zuerst zeigen, was sein Leben in den Augen Gottes wert ist und dass Gott glücklicherweise eine Ordnung hat.

Es gibt keinen Weg, auf dem wir glücklich werden, wenn wir an diesen Geboten Gottes vorbeigehen. Der gibt es nicht. Es war schön, dass wir es gerade so vor den Sommerferien bis zu diesem Punkt gebracht haben. Das war noch einmal ein schöner Abschluss.

Sie erinnern sich auch noch an das schöne Kapitel 2. Mose 19, wo es heißt, dass das ein Höhepunkt im ganzen alten Bund ist.