Ja, wir feiern heute Morgen Gottesdienst, und ich möchte damit beginnen, euch einen Text aus der Bibel vorzulesen.
Wir wissen, die Bibel teilt sich auf in Altes und Neues Testament. Im Neuen Testament geht es in erster Linie um Jesus Christus, seine Schüler und wie diese den Glauben an Jesus Christus weiterverbreitet haben. Besonders sticht dabei eine Person heraus: Paulus.
Paulus war bereits sehr religiös, aber er war zu Beginn ganz gegen Jesus Christus eingestellt. Für ihn war Jesus etwas Neues, und dieses Neue hielt er für völlig falsch. Es konnte für ihn gar nicht wahr sein. Doch dann begegnete ihm Jesus, der bereits gestorben und auferstanden war, auf dem Weg nach Damaskus. Das führte zu einer radikalen Lebenswende.
Von da an war Paulus genauso begeistert von Jesus, wie er vorher gegen ihn gewesen war. Er zog durch den gesamten Mittelmeerraum, besuchte die großen Städte der damaligen Zeit und predigte dort offen von Jesus. Predigen bedeutet, dass er erklärte, wer Jesus ist, was er getan und gesagt hat und welche Bedeutung das für das Leben der Menschen damals hatte.
Aus dieser Bewegung entstanden verschiedene Gemeinden. Heute kennen wir diese Gemeinden vor allem durch die Briefe, die Paulus an sie schrieb. Häufig waren die Briefe Anlass, weil es Probleme in den Gemeinden gab.
Die meisten Gemeinden, denen es gut ging, bekamen von Paulus nur wenige Briefe. Man könnte sagen: Wenn alles gut gewesen wäre, hätte er einfach geschrieben, dass alles toll ist, alles super läuft und dass man sich bald wiedersehen wird.
Bei den meisten Briefen merken wir, dass Paulus so anfängt: Er sagt, es ist schön, dass Gott an euch wirkt, es ist alles gut. Doch dann fügt er hinzu, dass es auch einige Dinge gibt, die korrigiert werden müssen, etwas, das verändert werden sollte.
Die Gemeinde in Korinth und ihre Herausforderungen
Eine Gemeinde, zu der Paulus eine ganz besonders innige Beziehung hatte, war die Gemeinde in Korinth. Korinth, Griechenland, war damals eine bedeutende Hafenstadt, eine Stadt, in der das Leben pulsierte – so könnte man es ausdrücken. Paulus kam dorthin, und es entstand eine Gemeinde aus einer sehr vielfältigen Gruppe von Menschen.
Die Mitglieder der Gemeinde waren äußerst unterschiedlich: Einige waren Akademiker, andere hatten keine Schulbildung. Einige waren Sklaven, andere wohlhabend. Manche hatten einen jüdischen Hintergrund, andere einen griechischen. Diese breite Vielfalt führte sicherlich auch dazu, dass es in der Gemeinde gelegentlich zu Spannungen und Auseinandersetzungen kam.
Wir können Gott dankbar sein für diese Konflikte, denn durch sie hat Paulus uns einige wichtige Dinge überliefert, die bis heute relevant sind. Wir erkennen, dass diese Themen auch unser Leben betreffen – selbst wenn eure Gemeinde hier wesentlich friedlicher ist als die damalige in Korinth.
Beim Lesen der Briefe denke ich oft: Hier seid ihr alle so lieb, nett und freundlich. Ich möchte euch nicht zu sehr loben, aber dennoch möchte ich euch nun einen Abschnitt vorlesen. Es handelt sich um den ersten Brief, den Paulus an die Korinther geschrieben hat, den sogenannten 1. Korintherbrief.
Ich werde euch nicht den gesamten Brief vorlesen, was sicher auch spannend wäre. Da ich aber gehört habe, dass ihr den Gottesdienst nicht zu lang gestalten wollt, lese ich nur ein Kapitel vor – und zwar Kapitel zwölf aus dem 1. Korintherbrief. Wer möchte, kann gerne mitlesen, ich werde es aber für alle anderen vorlesen.
Die Vielfalt der Gnadengaben im Geist
1. Korinther 12,1-31 – Über die Geisteswirkungen
Ihr Brüder, ich will euch nicht in Unwissenheit lassen. Ihr wisst, dass ihr einst Heiden wart und euch zu den stummen Götzen hinreißen ließet, so wie ihr geführt wurdet.
Darum lasse ich euch wissen, dass niemand, der im Geist Gottes redet, Jesus verflucht nennt. Niemand, der verflucht nennen kann, tut das. Es kann aber auch niemand Jesus Herr nennen als nur im Heiligen Geist.
Es bestehen aber Unterschiede in den Gnadengaben, doch es ist derselbe Geist. Auch gibt es unterschiedliche Dienste, doch es ist derselbe Herr. Ebenso sind die Kraftwirkungen verschieden, doch es ist derselbe Gott, der alles in allen wirkt.
Jedem wird aber das offensichtliche Wirken des Geistes zum allgemeinen Nutzen verliehen. Dem einen nämlich wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben. Einem anderen aber ein Wort der Erkenntnis gemäß demselben Geist. Einem anderen wird Glauben gegeben in demselben Geist, einem anderen die Gnadengaben der Heilung in demselben Geist, einem anderen die Wirkung von Wunderkräften, einem anderen Weissagungen, einem anderen die Fähigkeit, Geister zu unterscheiden, einem anderen verschiedene Arten von Sprachen, und einem anderen die Auslegung der Sprachen. Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, dem er jeden persönlich zuteilt, wie er will.
Denn gleich wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl sie viele sind, als Leib eins sind, so auch Christus. Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hineingetauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, und wir sind alle mit einem Geist getränkt worden.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: „Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehört er deswegen etwa nicht zum Leib? Und wenn das Ohr spräche: „Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib“, gehört es deshalb etwa nicht zum Leib?
Und wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Und wenn er ganz Ohr wäre, wo bliebe der Geruchssinn? Nun aber hat Gott die Glieder jedes einzelne von ihnen so in den Leib eingefügt, wie er gewollt hat.
Wenn aber alles ein Glied wäre, wo bliebe der Leib? Nun aber gibt es zwar viele Glieder, doch nur einen Leib. Und das Auge kann nicht zur Hand sagen: „Ich brauche dich nicht“, oder das Haupt zu den Füßen: „Ich brauche euch nicht.“
Vielmehr sind gerade die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes notwendig. Und die Glieder am Leib, die wir für weniger ehrwürdig halten, umgeben wir mit desto größerer Ehre. Unsere weniger anständigen erhalten umso größere Anständigkeit, denn unsere anständigen brauchen es nicht.
Gott aber hat den Leib zusammengefügt, sodass er einem geringeren Glied umso größere Ehre gab, damit es keinen Zwiespalt im Leib gebe, sondern die Glieder gleichermassen füreinander sorgen.
Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit. Und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.
Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder ist ein Glied daran nach seinem Teil. Und Gott hat in der Gemeinde etliche eingesetzt, erstens als Apostel, zweitens als Propheten, drittens als Lehrer, dann Wunderkräfte, dann Gnadengaben der Heilungen, der Hilfeleistungen, der Leitung und verschiedener Sprachen.
Sind etwa alle Apostel? Sind etwa alle Propheten? Sind etwa alle Lehrer? Haben etwa alle Wunderkräfte? Haben alle Gnadengaben der Heilungen? Reden alle in Sprachen? Können alle auslegen?
Strebt aber eifrig nach den vorzüglicheren Gnadengaben, und ich will euch einen noch weit vortrefflicheren Weg zeigen.
Unterschiedliche Begabungen als Geschenk Gottes
Zunächst einmal für diejenigen, die mit dem Wortschatz der Bibel nicht so vertraut sind: Es gibt einige Begriffe, die nicht sofort verständlich sind. Zum Beispiel steht dort das Wort „Gnadengabe“.
Gnadengabe, auf Griechisch „Charis“, meint verschiedene Begabungen in unserem Leben. Wir haben natürliche Begabungen, mit denen wir geboren sind. Diese verdanken wir indirekt auch Gott, doch unsere Eltern sind ebenfalls daran beteiligt. Im Laufe der Zeit merken wir, dass wir oft die Begabungen unserer Eltern übernehmen. Sind unsere Eltern musikalisch, sind wir es vielleicht auch. Können sie gut handwerken, gelingt uns das vielleicht ebenfalls. Oder sind sie sportlich, haben wir vielleicht auch sportliche Fähigkeiten.
Diese natürlichen Begabungen sind uns genetisch vermittelt. Mit ihnen sollen wir umgehen und leben. Natürlich sind wir als Geschöpf Gottes letztlich auch ihm zu verdanken. Doch die Bibel kennt noch andere Eigenschaften, Begabungen und Talente. Diese gehen auf den Eingriff des Heiligen Geistes zurück.
In der Bibel wird gesagt, dass Gott in der Gegenwart besonders durch seinen Heiligen Geist in uns und bei uns gegenwärtig ist. Gott, der Vater und Schöpfer, ist im Himmel und regiert von dort aus. Jesus lebte 33 Jahre auf der Erde, ganz handfest und hautnah, so dass die Menschen ihn erfassen konnten. Danach ist er zum Vater im Himmel aufgefahren, also zu Gott, und hat den Heiligen Geist gesandt. Der Heilige Geist ist der Repräsentant Gottes in uns und bei uns in der Gegenwart.
Jeder Mensch, der Christ wird, also der sagt: „Ich will mein Leben mit Gott führen, ich will mein Leben von Gott aufräumen lassen, ich will Vergebung meiner Schuld“, der bekommt den Heiligen Geist.
Dieser Heilige Geist zeigt sich durch verschiedene Dinge im Leben eines Christen. Manche davon bezeichnet die Bibel als Frucht des Heiligen Geistes. Im Galaterbrief lesen wir darüber. Diese Frucht gilt für jeden Christen. Jeder Christ soll sie haben.
Man kann sich das so vorstellen: Wenn du einen Baum siehst, dann kannst du ihn charakterisieren. Damals wussten die Menschen noch nicht genau, wie genetische Vererbung funktioniert. Aber sie konnten den Stamm anschauen, die Blätter und vor allem die Früchte oder Blüten.
Ebenso wird gesagt: Wenn du im Bild ein Baum bist, der zu Gott gehört, also ein Mensch, der zu Gott gehört, dann wird man in deinem Leben bestimmte Dinge sehen können. Diese Dinge sind die Früchte, die Frucht des Heiligen Geistes.
Die Frucht des Heiligen Geistes steht im Galaterbrief, Kapitel 5. Dort heißt es, sie sind Friede, Freude, Geduld, Langmut, Freundlichkeit und so weiter. Diese Eigenschaften will der Heilige Geist in dir bewirken, wenn du mit Gott leben willst.
Übernatürliche Begabungen und ihre Bedeutung
Neben der Frucht des Heiligen Geistes gibt es auch ausserordentliche Begabungen, die durch den Heiligen Geist verliehen werden. Diese sind bei den Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Diese Begabungen entstehen dadurch, dass man in Kontakt mit Gott steht und Gott durch den Heiligen Geist in einem Wohnung nimmt. Dann bewirkt er Fähigkeiten, die man nicht von Natur aus oder von Geburt an besitzt.
Darüber berichtet dieser Brief. Allerdings geht es in diesem Brief nicht so sehr um die einzelnen Begabungen. Paulus bespricht diese auch nicht im Detail. Er erklärt nicht genau, was mit diesen Begabungen eigentlich gemeint ist. An dieser Stelle erläutert er auch nicht, wie man sie einsetzen soll. Es steht dort nur etwas von Wunderkräften oder von Leitung, doch es wird nicht genau definiert, was er darunter versteht.
In welchem Rahmen wurden diese Begabungen eingesetzt? Draußen auf der Straße, im Krankenhaus? Funktionierten sie immer? Solche Fragen werden im Brief nicht beantwortet. Paulus nennt diese Dinge lediglich als Beispiele. Wenn man das gesamte Neue Testament betrachtet, findet man für die sogenannten Charismata, die Gnadengaben Gottes, etwa dreißig verschiedene. Dazu gehören noch viele andere.
Am Anfang des ersten Korintherbriefs sagt Paulus beispielsweise, dass Heirat, also ein Ehepartner, ein Charismata Gottes, eine Gnadengabe Gottes ist. Das ist sehr spannend. Wenn jemand von euch in einer festen Partnerschaft oder Ehe lebt, dann besitzt er eine Gnadengabe Gottes.
Vielleicht hat man den Ehepartner noch nie als eine solche Gnadengabe betrachtet – das wäre doch einmal eine interessante Sichtweise. Man könnte beim Mittagessen dem Ehepartner sagen: „Du bist mein Charismata“, oder „Du bist meine Gnadengabe“, und dann gibt man ihm einen Kuss. Das ist doch schön. Also: Ein Ehepartner ist eine Gnadengabe Gottes.
Im Neuen Testament gibt es etwa dreißig verschiedene Gnadengaben. Paulus zählt an dieser Stelle exemplarisch einige dieser Gnadengaben auf und sagt: „Seht ihr, die habt ihr alle.“
Das Problem bei den Korinthern war an dieser Stelle nicht, dass ihnen erklärt werden musste, was diese Gnadengaben ausmacht. Das Problem war vielmehr, dass sie nicht richtig mit ihnen umgingen. Deshalb geht Paulus auf einige Punkte ein.
Die persönliche Begabung und ihre Anerkennung
Der erste Punkt, den ich euch gerne weitergeben möchte, ist sehr wichtig: Jeder von euch hat mindestens eine dieser übernatürlichen Gnadengaben Gottes, vielleicht sogar mehrere.
Jeder von euch besitzt mindestens eine dieser Gnadengaben. Das steht hier geschrieben, ich habe es euch vorgelesen, und zwar in Vers 7: „Jedem aber wird ein öffentliches Wirken des Geistes zum allgemeinen Nutzen verliehen.“ Das bedeutet, jedem in der Gemeinde wird eine Gabe gegeben.
Dieses Bild verwendet Paulus später auch für den Körper: Jeder ist ein Körperteil. Und dieses Körperteil bezieht er auf die Begabung. Jeder Körperteil hat seine Aufgabe. Die Hand kann greifen, das Auge kann sehen, das Ohr kann hören. Dieses Bild benutzt er, um die Gnadengaben Gottes, die Charismata, zu erklären. Gott hat jedem etwas hineingelegt.
Die erste gute Botschaft lautet also: Wenn du mit Jesus Christus lebst, wenn du dich geöffnet hast für ein Leben mit ihm und Vergebung deiner Schuld erfahren hast, dann kommt der Heilige Geist in dich hinein. Der Heilige Geist bewirkt in dir neue Fähigkeiten, die du bisher nicht hattest. Darüber kannst du dich freuen und sagen: Danke, Gott!
Vielleicht bist du jemand, der sagt: „Danke, Gott, dass du mir eine Gnadengabe gegeben hast, auch wenn ich noch nicht genau weiß, welche.“ Das ist auch in Ordnung. Manche dieser Gnadengaben sind wie natürliche Gaben.
Ich weiß nicht, wie es euch damit geht, aber meine Erfahrung ist, dass es eine Zeit lang braucht, bis wir unsere natürlichen Begabungen erkennen. Zumindest war das bei mir so. Meistens fiel mir eher auf, was andere gut konnten. Meine eigenen Begabungen hielt ich für selbstverständlich. Ich dachte: „Das, was ich kann, kann doch jeder. Das ist doch ganz einfach.“
Genau weil es mir leicht fiel, dachte ich, jeder könne das. Mit der Zeit merkte ich jedoch: Nein, das kann nicht jeder. So ist es oft, dass wir eher die Begabungen der anderen sehen als unsere eigenen.
Das ist übrigens eine wichtige Erkenntnis, die man im Kopf behalten sollte. Denn dann besteht deine Aufgabe darin, anderen ab und zu zu sagen, wo sie ihre Begabungen haben. Du siehst sie manchmal klarer als die Person selbst.
Manchmal passiert es so: Jemand macht schöne Musik, und du sagst zu der Person: „Du kannst aber gut Musik machen.“ Die Person antwortet: „Nein, gar nicht.“ Warum? Weil derjenige, der begabt ist, oft jemanden kennt, der noch begabter ist.
Nehmen wir die Musik als Beispiel: Es gibt eine Skala von 0 bis 100. Manche sind bei 0 und sagen zu jemandem, der bei 30 ist: „Wow, du kannst gut Musik machen.“ Aber der schaut immer nur auf den, der bei 100 ist. Dann sagt er vielleicht: „Nein, ich bin ganz schlecht, ich kann gar nicht Musik machen, ich habe zwei linke Hände.“ Das stimmt aber nicht.
Das ist ein Zeichen von Undankbarkeit gegenüber Gott. Gott hat dich von Geburt an mit Begabungen beschenkt. Er hat dich auch durch den Heiligen Geist beschenkt, als du Christ geworden bist. Dafür solltest du dankbar sein.
Deshalb müssen wir offen sein für die Dinge, die Gott uns gegeben hat. Wir sollen Gott dafür danken. Später sollen wir diese Gaben auch einsetzen. Statt immer nur zu denken: „Das ist doch gar nicht so wichtig, das ist nichts Besonderes, das kann doch jeder andere auch“, solltest du, wenn du so fühlst, zu Gott beten, dass er dir das zeigt. Nimm es an und diskutiere nicht lange mit dem Hinweis, dass es ja jemanden gibt, der es noch besser kann.
Ich kann dir ziemlich sicher sagen: Du wirst im Leben immer Leute finden, die noch besser sind als du. Aber das heißt nicht, dass du deshalb nicht begabt bist. Gott hat dir Gaben in deinem Leben gegeben – erkenne sie an.
Für den anderen bedeutet das: Wenn du jetzt mal für die Nachbarn schaust, mit denen du hier im Raum zusammensitzt, geh doch ab und zu mal auf jemanden zu, wenn dir etwas auffällt. Sag der Person, wo du Begabungen bei ihr siehst. Zum Beispiel: „Ich glaube, du bist da begabt. Gott hat dir eine Fähigkeit gegeben.“
Das hilft dem anderen oder der anderen, weil wir unsere Begabungen nicht immer selbst so deutlich wahrnehmen und sehen können.
Die Begabungen zum Wohl der Gemeinschaft einsetzen
Wenn ich mich jetzt nur auf diesen einen Bibelvers konzentriere, den ich gerade gelesen habe, aus dem ersten Korintherbrief, Kapitel zwölf, Vers sieben, dann gibt es da noch einen zweiten Punkt, der mir wichtig ist.
Der erste Punkt ist ja, dass du von Gott begabt bist – von Natur aus seit deiner Geburt und später zusätzlich durch den Heiligen Geist.
Aber hier steht auch ganz deutlich: zum allgemeinen Nutzen. Das ist für mich ganz wichtig. Gott hat dir alle Fähigkeiten, die er dir gegeben hat, zum allgemeinen Nutzen gegeben. Manche sagen vielleicht heute Morgen: Ist doch ganz selbstverständlich, wofür denn sonst?
Nun ja, ganz so selbstverständlich ist das nicht, denn wir Menschen neigen dazu, unsere Begabungen nicht unbedingt für andere einzusetzen. Vielmehr orientieren wir uns oft daran, was uns die Gesellschaft sagt, in der wir leben. Wir setzen unsere Fähigkeiten gerne für uns selbst ein.
Manche haben es richtig gelernt, ihre Fähigkeiten gut für finanzielle Vorteile zu nutzen. Du weißt, andere mögen das, andere schätzen das. Also versuchst du, mit deinen Fähigkeiten andere zu beeindrucken oder finanzielle Vorteile zu erlangen.
Was weiß ich, du kannst besonders gut reden und verdienst dein Geld als Vertreter. Das muss ja nicht schlecht sein, es kommt darauf an, was du vertrittst und verkaufst. Wenn das in Ordnung ist, ist das auch in Ordnung.
Aber wenn du deine Fähigkeiten benutzt, um in irgendeiner Telefonhotline den Leuten Dinge zu verkaufen, die sie gar nicht brauchen, dann könnte das problematisch sein. Das ist vielleicht nicht ganz so toll.
Wir sind also verantwortlich für die Begabungen, die wir von Gott erhalten haben. Und wir sollen sie zum Wohl anderer Menschen einsetzen und nicht in erster Linie für uns selbst.
Wenn du besonders gut singen kannst, dann kannst du natürlich zu Hause singen und deinen Spaß haben. Du kannst dich auch auf eine Bühne stellen, wenn du genügend Anhänger und Zujubler findest, die dir zujubeln. Das tut dem Ego gut.
Es gibt ja Menschen, die sind eher schüchtern und mögen das gar nicht. Aber viele mögen es, von anderen verehrt und beklatscht zu werden. Das ist nicht generell immer schlimm.
Nur Gott hat dir nicht deshalb seine Begabungen gegeben, damit du sie nur für dich selbst nutzt und es dir dadurch besser geht. Das spielt zwar am Rande eine Rolle, aber jede Gabe Gottes ist auch eine Aufgabe.
Und zwar eine Aufgabe, sie so einzusetzen, wie Paulus hier schreibt: zum Wohl der anderen, zum Wohl der Gemeinde, zum allgemeinen Nutzen.
Das heißt, wenn du Gott mal so richtig Danke gesagt hast – danke Gott, dass du mich begabt hast – musst du nicht gleich stolz werden oder Angst haben, stolz zu sein. Nein, sag erst mal richtig Danke und freu dich darüber.
Bleib aber nicht dabei stehen, sondern frage Gott gleich: „Wo kann ich das denn einsetzen? Zeig du mir einen Weg, es einzusetzen.“ Und dann tu es auch.
Das ist etwas, was Paulus an dieser Stelle ganz, ganz wichtig ist.
Gottes Auswahl der Begabungen und der Umgang damit
Eine Sache, die ihm auch noch wichtig ist – das habt ihr vielleicht gelesen, so ganz am Ende des Kapitels, wenn ihr mitgelesen habt – ist, dass er immer wieder fragt: Machen alle das? Machen alle das? Machen alle das? Und dann sagt er: Nein, nein, das machen nicht alle. Und er sagt auch, dass der Heilige Geist die Gaben austeilt, wem er will und wie er will.
Ich glaube, das ist eine gute Sache, muss ich sagen. Es ist gut, wenn ich den großen Überblick habe. Wenn ich es aber nur für mich sehe, finde ich das nicht so gut. Warum? Ich hätte gar nichts dagegen, wenn ich mir aus dem großen Arsenal der Gaben Gottes etwas aussuchen könnte. Also sagen wir, ich möchte gerne das und das und jenes. Meine Erfahrung ist jedoch, nach vielen Jahren in der Gemeindearbeit, dass bestimmte Gaben wahrscheinlich überrepräsentiert wären und andere gar nicht vorkämen.
Denn es gibt bestimmte Begabungen, auf die niemand so richtig Lust hat, und andere, die finden viele toll und würden sie gerne haben. Deshalb sagt Gott von vornherein: Keine Diskussion, ich suche aus. Natürlich kannst du Gott darum bitten, dass er dir irgendwelche Gaben gibt, aber nicht du entscheidest, sondern Gott entscheidet.
Klar, wir dürfen ihn bitten: Bitte gib mir mehr Liebe. Jetzt sagen einige: An die Liebe hätte ich ja gar nicht gedacht. Wenn du weiterliest im 1. Korinther 13, dann steht dort, dass die Liebe die allerwichtigste Gnadengabe Gottes ist. Wenn Gott in deinem Leben Liebe ausgeschüttet hat, so dass du mit anderen mitfühlst, eine Liebe für andere Menschen hast, ihnen helfen willst und sie verstehst, dann ist das eine der wichtigsten Gnadengaben überhaupt.
Paulus sagt: Glaube, Hoffnung, Liebe sind die wichtigsten geistlichen Gaben überhaupt. Darum sollten wir in jedem Fall bitten und danach streben. Dann gibt es noch ein paar andere Gaben, nach denen wir auch streben können – kein Problem. Aber akzeptiere, ob Gott sie dir gibt oder nicht.
Eine Zeit lang war ich in einer Gemeinde, in der eigentlich alle wild auf die Geistesgabe des Zungenredens waren. Die meisten meinten, sie könnten es auch. Ich müsste eher sagen, sie meinten, es zu können, denn bei manchen hatte ich Zweifel, ob das wirklich das ist, was in der Bibel beschrieben wird. Einige kamen dann immer wieder zu mir im Gottesdienst – ich war Mitglied der Gemeinde – und fragten alle paar Wochen: Michael, warum redest du noch nicht in Zungen? Komm, wir beten für dich, dann kannst du das auch.
Ich habe ja gar nichts gegen das Zungenreden, aber ich antwortete meistens: Wenn Gott mir das geben will, tut er das. Aber erst mal bitte ich noch um andere Gnadengaben, die für mein Leben viel wichtiger sind. Das habe ich getan und tue es bis heute: Darum bitten, dass Gott mir zeigt, welche Gnadengaben ich habe. Bisher bin ich ganz gut ohne das Zungenreden ausgekommen. Gott hat scheinbar gemeint, es gibt genügend andere, die das tun, und deshalb brauche ich das bisher nicht. Mein geistliches Leben funktioniert trotzdem.
Deshalb: Wir können uns natürlich nach bestimmten Gaben sehnen, aber sehne dich möglichst nach den wichtigsten. Wenn du dich nach bestimmten Gaben sehnst, überlasse Gott die Entscheidung, was er dir gibt. Versuch nicht, selbst nachzuhelfen.
Ich kenne nämlich auch Leute, die sich so sehr nach dem Zungenreden sehnten, dass sie anfingen, nachzuhelfen. Das geht. Ich habe schon viele Tipps gehört, wie man das Zungenreden erlangen kann. Der erste, den ich traf, sagte mir, sein Pastor habe ihm geraten: Du musst einfach nur eine halbe Stunde Halleluja beten, dann kannst du das. Also: Ihr könnt es probieren – Halleluja, Halleluja, Halleluja und so weiter.
Wenn Gott eine Gabe gibt, dann ist sie da – zack – und du kannst damit arbeiten und sie einsetzen. Aber nicht du suchst aus, sondern Gott sucht aus. Du kannst Gott deine Bitten vorlegen, kein Problem. Du kannst nach Gaben streben, auch kein Problem. Aber wenn Gott sie dir gibt, freu dich darüber und setze sie ein. Wenn Gott sie dir nicht gibt, dann schau, was er dir gegeben hat, mach die Augen dafür auf und bringe das ein.
Gott ist derjenige, der aussucht. Freu dich über die Begabungen, die er dir gegeben hat. Neben deinen natürlichen Begabungen hat Gott dir auch geistliche Gaben gegeben. Dank ihm dafür. Und sag anderen, wenn du Begabungen bei ihnen erkennst, damit sie diese entwickeln und weiterführen können.
Die Gemeinde als ein lebendiger Körper
Zweitens bei den Begabungen: Diese sind nicht für dich da, sondern sie sind dafür da, dass du sie für Gott und für andere Menschen einsetzt – nicht nur für dich selbst.
Der dritte Punkt dabei ist, dass du die Begabung nicht selbst aussuchst, auch wenn du dir einen Wunsch äußern kannst. Vielmehr sucht Gott aus, wem er welche Begabung gibt und wofür er sie gibt. Warum? Damit genau das in einer Gemeinde vorhanden ist, was gerade nötig ist und gebraucht wird. Auch im Umfeld ist es wichtig, dass der Dienst mit den passenden Begabungen ausgestattet ist. Wir Menschen haben dabei nicht den Überblick wie Gott.
Das Schönste an dieser Geschichte finde ich eigentlich das Bild der Gemeinde, das Paulus in diesem Kapitel beschreibt. Er stellt die Gemeinde ausführlich im Bild eines menschlichen Körpers dar. Das finde ich immer wieder herausfordernd an der Bibel: Sie ist an vielen Stellen nicht nur abstrakt, sondern häufig ganz konkret und anschaulich.
Dieses Bild eines Körpers kann sich jeder von uns gut vorstellen. Man muss nur nach rechts und links schauen, nach vorn und hinten oder sich selbst ansehen, dann erkennt man genau so einen menschlichen Körper.
Paulus bringt einige lustige Beschreibungen. Er sagt zum Beispiel, dass es Christen gibt, die meinen, sie könnten sich selbständig machen. Nach dem Motto: „Ich brauche die Gemeinde nicht. Gemeinde ist nichts für mich.“ Und dann sagt er ihnen: „Hey, du bist nicht der ganze Körper, du bist nur ein Teil des Körpers, ein Körperglied.“
Nehmen wir mal an, du bist hier der Zeigefinger. Du bist immer derjenige, der den Leuten gerne sagt: „Pass auf“, oder sie ermahnt. Du bist also der Zeigefinger. Jetzt stell dir vor, dein Zeigefinger würde sich selbständig machen. Plopp – plötzlich läuft er weg. Laufen kann er nicht, weil er keine Beine hat. Dann liegt er plötzlich auf dem Boden und kann nichts mehr machen. Das wäre ein Problem, denn mit der Zeit würde er absterben.
Oder Paulus nimmt das Beispiel des Auges: Das Auge sagt: „Nein, die anderen nerven mich immer so. Ich will alleine leben.“ Und dann plopp – geht das Auge weg und lebt alleine. Das funktioniert ja gar nicht.
Vielleicht gibt es auch Körperteile, die nicht so stark belastet sind, je nachdem. Die sagen: „Nein, ich will nicht immer für alle anderen arbeiten.“ Stellt euch vor, ihr wacht heute Morgen auf und eure Füße sind weg. Sie sagen: „Nee, immer laufen die auf mir herum, immer muss ich die ganze Last tragen. Das bin ich nicht mehr bereit. Ich gehe jetzt meinen eigenen Weg.“ Die Füße machen ihren eigenen Weg und laufen nur noch für sich selbst. Das wäre auch ein Problem, oder?
Genau dieses Bild gebraucht Paulus. Ich finde es sehr anschaulich, weil es uns vor Augen führt, wie dumm wir manchmal sein können. Wir meinen oft, dass wir als kleiner Teil des Körpers der ganze Körper sind – und das sind wir ja gar nicht.
Die Herausforderung des Individualismus
Insbesondere in unserer Gegenwart haben wir ein Problem, weil wir in einer Zeit in Westeuropa leben, in der der erste Maßstab für unsere Selbstwahrnehmung der Individualismus ist. Jeder kämpft für sich selbst.
Ich meine, das geht so weit, dass heute allgemein sogar Dinge hinterfragt werden, die man seit Jahrtausenden nie in Frage gestellt hat – zum Beispiel die Partnerschaft. Ihr kennt das ja: Man sagt, ne, also auch Partnerschaft, ne, ich bin doch nicht für den anderen da, solange der mir etwas bringt. Solange ich einen Vorteil davon habe, dann ist das okay. Aber wenn der andere mich nervt oder mir nichts mehr bringt, dann sage ich Tschüss, dann war es das. Also Individualismus pur.
Ab und zu, im letzten Herbst zum Beispiel, habe ich eine Ausgabe einer Zeitschrift gelesen, die ich ab und zu mal lese: Psychologie heute. Ich weiß nicht, ob ihr die kennt – das ist so eine populärwissenschaftliche Zeitschrift über Trends in der Psychologie. Und da war ein interessanter Artikel, beziehungsweise mehrere interessante Artikel. Einen fand ich schon allein vom Titel her spannend. Journalisten müssen ja immer interessante Titel finden, damit man das auch liest, was da steht.
Der Titel lautete, wenn ich mich noch richtig erinnere: „Besoffen von sich selbst“. Ich dachte, das ist gut formuliert, richtig griffig und spannend. Da habe ich mich gefragt, was wohl darin steht.
Und dann stand da: Nach Untersuchungen in der Psychologie gibt es keine Zeit, von der wir wissen, in der die Menschen so selbstverliebt waren wie heute. In der sich so sehr alles um sich selbst dreht: ich, ich, ich, ich und so weiter.
Der Artikel sagt, dass das zu vielen psychologischen Problemen bei den Menschen führt. Viele Menschen kommen damit gar nicht richtig zurecht. Trotzdem wird ihnen jeden Tag gesagt: Du bist so wichtig, du bist das Zentrum, wenn du willst und wenn du nicht willst, du, du, du. Also: Du bist wichtig.
In gewisser Weise haben wir uns daran gewöhnt und glauben das manchmal sogar selbst. Aber das führt immer dazu, dass wir irgendwann Probleme bekommen.
Und genau das, was Paulus hier aufführt, sagt er nämlich: „Hey, du bist ja eine Illusion, du bist ja gar nicht ganz alleine.“ Was er beschreibt, gilt ja selbst für Menschen, die keine Christen sind.
Ich möchte mal fragen: Wie wollt ihr denn leben, so als Robinson auf einer Insel ganz alleine? Eine Zeit lang wäre das vielleicht mal ganz romantisch und interessant. Manche würden aber schon nach einem halben Tag genervt sein, weil sie Kommunikation brauchen.
Nein, manche Leute brauchen jemanden zum Reden – das wäre schon ein Problem. Das hatte ja auch der Robinson. Manche sind eher die stilleren Typen, die würden mal ein paar Tage schweigen und das auch gut ertragen. Die sagen dann: Endlich mal Ruhe, keiner, der mich nervt und so. Aber nach ein paar Tagen wäre das dann selbst da zu viel.
Ich meine, jetzt geht zum Beispiel euer Handy kaputt – was macht ihr da? Oh, ihr habt ja schon früher ein Problem, denn weil ihr alleine seid, ist niemand da, der euch eine Stromleitung herlegt oder das Kraftwerk betreibt. Es ist auch kein Aldi da, an dem ihr einkaufen könnt. Es ist kein Bauer, der die Kühe melkt. Es ist niemand, der euch die Haare schneidet – vielleicht kriegt man das noch alleine hin, aber da merkt ihr: Wir alle brauchen uns ja untereinander. Schon mal ganz ohne Gott brauchen wir uns.
Und dann erst recht sagt Paulus in der Gemeinde: Ihr seid der Körper. Die Gemeinde ist der Körper. Wenn die einzelnen Glieder das nicht wahrnehmen, dann ist der Körper eben amputiert. Das schadet dem einzelnen Körperteil und auch dem gesamten Körper.
Die gegenseitige Abhängigkeit in der Gemeinde
Ich habe jetzt mal gesagt: Wenn mein Finger wegläuft, meine Füße weglaufen oder meine Augen weglaufen, dann ist das für diese Körperteile schlecht. Denn sie können alleine nicht überleben. Sie brauchen den Gesamtkörper – also Durchblutung, Ernährung und all das. Aber es ist auch für den Rest des Körpers schwierig.
Ohne Augen laufe ich ziemlich blind herum, muss tasten und mich orientieren. Ohne Füße muss ich im Rollstuhl sitzen und mich fortbewegen, aber irgendwann geht es gar nicht mehr.
Genau das ist das Problem, das in manchen Gemeinden geschehen kann. Wir sind so stark vom Trend des Individualismus geprägt, dass wir genau das tun, was Paulus vor zweitausend Jahren kritisiert hat. Er sagt: So geht das nicht. Du musst wahrnehmen, dass du Teil der Gemeinde bist.
Geistlich gesehen ist die Gemeinde der Körper, nicht du allein. Du hast einen Teil von Gott mitbekommen – nämlich geistliche Gaben. Diese Gaben sind nicht für dich selbst, sondern in erster Linie für andere in der Gemeinde gedacht. Und darüber hinaus auch für andere Menschen, die du erreichen willst.
Ich finde diese Perspektive sehr bereichernd und auch sehr augenöffnend. Sie ist logisch nachvollziehbar. Wir werden nämlich alle merken, dass wir immer wieder Hilfe von anderen brauchen. Und das ist jetzt schon der Ich-Gedanke: „Ich brauche Hilfe.“
Manche Leute in der Gemeinde fragen: „Was bringt die Gemeinde mir?“ Das ist ein konsumorientierter Blickwinkel. Aber es stimmt auch: Ich brauche die Gemeinde manchmal, so wie die Teile im Körper einander brauchen.
Wichtig ist aber auch der umgekehrte Blickwinkel: Die Gemeinde braucht dich. Wenn du wegläufst, wird die Gemeinde irgendwann zum Krüppel. Und ein Krüppel wird immer kränker. Dann hat man immer weniger Lust, und es bringt immer weniger.
Es sind beide Seiten wichtig. Es ist nicht nur so, dass du etwas durch die Gemeinde bekommst – manchmal mehr, manchmal weniger, je nach Lebensphase. Sondern es ist immer so, dass du auch etwas für die Gemeinde einbringst.
Das ist die Verpflichtung, die Gott dir gegeben hat, indem er dich Christ gemacht hat und dir Begabungen geschenkt hat, die für andere Menschen in der Gemeinde da sind. Und das gilt für alle möglichen Fähigkeiten, die du hast.
Die Bedeutung der Gemeinschaft im Glaubensleben
Gemeinde ist aus der Sicht Gottes wichtig und lebensnotwendig. Nach der Aussage von Paulus kann ein einzelner Christ, wenn nicht gerade eine Notlage für kurze Zeit besteht, auf Dauer nicht ohne den Körper überleben, in den Gott ihn eingefügt hat. Er braucht die anderen ebenfalls.
Manchmal merkt man das mehr, manchmal weniger, und manchmal merkt man gar nicht, wie man geistlich dahinsiecht und stirbt, weil die Gemeinschaft mit dem Körper fehlt. Wie das im Detail aussieht, ist unterschiedlich. Ich möchte nicht sagen, der Körper sei nur der Sonntagmorgengottesdienst – das steht ja so nicht da. Der Körper ist das ganze Leben.
Das heißt: Der Anruf am Mittwochnachmittag, wie es einem geht, oder der Vorschlag, am Donnerstagmorgen zusammen zu frühstücken, das gemeinsame Beten für den anderen in der Gemeinde am Freitag oder andere ähnliche Dinge – all das ist Ausdruck des Körpers.
Ich bin mir bewusst, dass ich mit den anderen zusammengehöre. Ich denke an sie, bete für sie, treffe mich mit ihnen, mache etwas mit ihnen und fördere das geistliche Leben. Auch eine Korrektur anzusprechen ist notwendig. All diese Dinge gehören dazu, um Teil dieses Körpers zu sein.
Gottes Erwählung und Veränderung als Christ ist nicht nur individuell, sondern immer auch in die Gruppe hinein. Die meisten von euch kennen wahrscheinlich das bekannteste Gebet Jesu, das Vaterunser. Dort steckt es genauso drin.
Wenn Jesus seinen Jüngern, seinen Schülern, das Beten beibringt, ist das kein individuelles Gebet, sondern ein gemeinschaftliches. Es heißt „Vater unser“ – wir gehören zusammen und stehen gemeinsam vor unserem himmlischen Vater, vor Gott. Immer wieder wird ganz stark betont: Wir gehören zusammen.
Die Herausforderung der Gemeinschaft trotz Konflikten
Und natürlich ist es so: Wenn man zusammengehört, kann man sich auch mal gegenseitig nerven.
Ich war zum Beispiel in Israel auf einer Studienreise. Wir hatten eine ziemlich lange Wanderung. Dabei habe ich nicht darauf geachtet, dass ich einen Stein im Schuh hatte. Manche sagen, das würde ich ja immer sofort merken. Meine Frau würde sagen, das würde ich sofort merken. Bei mir ist das manchmal anders. Ich laufe einfach weiter und denke: „Ach, der Stein, der muss weggehen. Der soll sich da mal nicht so anstellen.“
Am Ende des Tages hatte ich dann aber eine richtig fette Blase. Jetzt hätte ich ja sagen können: „Der Fuß tut weh, ich lasse den Fuß zurück.“ So ähnlich ist es manchmal auch in der Gemeinde.
Da triffst du jemanden, der dich nervt, und du sagst: „Nee, der nervt. Mit dem will ich mich nicht mehr treffen. Mit dem will ich nichts mehr zu tun haben. Der muss raus.“ Zack, Gemeinde weg. Und der andere nervt auch: Der redet zu viel oder zu wenig, ist zu fleißig oder zu faul, oder sonst irgendwas. Es gibt ja immer irgendetwas, worüber man genervt sein kann.
Warum? Weil die anderen anders sind als ich. Aber Gott will uns gerade helfen zu sehen, dass das ein Vorteil ist, eine Bereicherung. Manchmal ist es gerade gut, dass wir genervt sind. Es hilft und fördert das Nachdenken. Es fördert bei dir die geistlichen Tugenden wie Geduld, Liebe und Langmut.
Wow! Dann gehst du demnächst zu deinem Bruder in der Gemeinde hin und sagst: „Danke, dass du so nervig bist. Ich lerne so viel Geduld an dir.“ Ich weiß nicht, ob der dann froh ist. Wahrscheinlich ist er erst mal verblüfft, denn normalerweise hört man eher selten so etwas.
Man könnte dann eher sagen, das passiert innerlich oder äußerlich. Aber genau das soll ja nicht der Fall sein.
Deshalb: Manchmal nerven uns auch körperliche Dinge. Manche sind genervt von ihren fettigen Haaren und sagen: „Zack, Haare weg!“ Oder von fettigen Pickeln: „Zack, Gesicht weg!“ Oder von Magenschmerzen: „Zack, Magen weg!“ Und irgendwann merkst du, dass das nicht die Lösung ist.
Auch im Körper nerven uns manche Dinge, und trotzdem leben wir mit ihnen. Und trotzdem brauchen wir sie. Genauso ist es auch in der Gemeinde.
Es gibt Leute in der Gemeinde, die nerven. Den einen mehr, den anderen weniger, und das wird auch nie anders sein. Trotzdem brauchen wir sie. Oder vielleicht gerade deshalb brauchen wir sie, weil Gott sie auf diese Weise an uns gebraucht.
Die Einladung zur aktiven Gemeinschaft
Ich hoffe, dass ihr diese Perspektive mit in den Sonntag und die kommende Woche nehmen könnt. Ihr seid nicht nur als Christen einzelne Individuen – also ich und Gott, und das war es – sondern ihr seid Teil eines Körpers, Teil der Gemeinde, in der ihr lebt.
Für diese Gemeinde habt ihr eine ganz wichtige Funktion. Ohne eure Mitarbeit funktioniert der Rest nicht so gut. Deshalb erfüllt diese Funktion, seid euch dessen bewusst und bringt euch ein. Auch wenn das manchmal Mühe und Probleme in eurem Leben verursacht, ist es wichtig, dabei zu bleiben.
Zusammenfassung der Botschaft
Du bist von Gott begabt. Wenn du kein Christ bist, dann bist du von Natur aus begabt. Wenn du Christ bist, bist du ebenfalls von Geburt an begabt, und zusätzlich durch den Heiligen Geist, der in dich gekommen ist, als du Christ wurdest. Dafür kannst du Gott danken.
Außerdem kannst du anderen helfen, ihre Begabungen zu erkennen, wenn sie sie selbst nicht sehen. So können sie Gott noch dankbarer sein.
Zweitens: Du hast diese Begabung für die Gemeinschaft erhalten. Bringe sie ein, damit die Gemeinde richtig aufblüht und gut für die anderen funktioniert. Du wirst merken, dass du auch davon profitierst, wenn die anderen ihre Begabungen einbringen.
Drittens: Du kannst dir gerne Gaben aussuchen oder Gott darum bitten. Letztlich solltest du jedoch Gottes Entscheidung akzeptieren. Er hat die Entscheidungshoheit, weil er besser weiß, was wir, die Gemeinde und das Umfeld brauchen. Nimm also das, was er dir gibt, und sei nicht ständig unzufrieden damit.
Viertens: Denk immer daran, dass du ein Teil des Körpers bist, aber nicht der ganze Körper. Der Körper ist nicht nur für dich da, sondern du bist auch für den Körper da. Wenn du mal eine Phase hast, in der dir die Gemeinde nicht so viel bringt, kann das eine Zeit sein, in der du den anderen etwas geben und bewirken sollst.
Lass dir von Gott zeigen, was das ist, und bitte ihn darum. Du wirst merken, dass am Ende alle profitieren. Alle in der Gemeinde profitieren, wenn jeder seinen Platz einnimmt: wenn das Auge sieht, der Mund spricht und die Füße laufen.
Wenn die Hälfte der Gemeinde sich zurückzieht oder sagt, sie habe keine Lust, dann gibt es nur einen Krüppel. Ein Krüppel kann zwar leben, aber nicht ideal. Für alle wird es dann schwieriger.
Auch die Körperteile, die sich entfernen, geht es auf Dauer nicht gut. Sie haben dann andere Probleme, weil sie einseitig sind und keine Unterstützung oder Korrektur bekommen.
Das ist das, was ich euch heute Morgen weitergeben wollte.
Abschluss und Gebet
Im zwölften Kapitel des ersten Korintherbriefes gibt es noch viele weitere Aspekte. Doch ich glaube, es bringt nichts, wenn ich euch jetzt noch mehr davon erzähle. Denn ich vermute, dass ihr schon eine ganze Menge Dinge darin findet, über die ihr euch freuen könnt, über die ihr bitten könnt und über die ihr nachdenken könnt.
Das möchte ich jetzt am Ende meiner Auslegung dieses Textes auch noch tun: Gott darum bitten, dass er uns allen Weisheit gibt, richtig damit umzugehen und das mitzunehmen, was jeder von uns braucht.
Ich bete jetzt gerne, und wenn ihr möchtet, könnt ihr gerne mitbeten.
Vater im Himmel, vielen Dank dafür, dass du uns begabt hast. Begabt von Natur aus mit Eigenschaften, die uns guttun und die auch anderen guttun. Danke, dass du uns so geschaffen hast, mit diesen verschiedenen Begabungen.
Hilf uns, diese Begabungen zu erkennen, die du uns von Natur aus gegeben hast. Lass uns nicht neidisch auf andere werden, weil wir ihre Begabung lieber hätten als unsere eigene. Vielmehr wollen wir lernen, was unsere Begabung ist, wie wir sie einsetzen können und dafür dankbar sein.
Hilf uns auch, andere darauf aufmerksam zu machen, wenn sie ihre Begabungen nicht sehen. Lass uns ihnen helfen, die Augen zu öffnen, damit sie erkennen, was du in ihr Leben hineingelegt hast.
Danke für diejenigen, die heute Morgen hier sind, die mit dir leben, deine Kinder geworden sind und auch diese geistlichen Gaben haben. Danke, dass du sie uns gegeben hast, und dass wir wissen, dass sie von dir kommen.
Hilf uns, zu erkennen, wo wir diese Gaben am besten einsetzen können. Dass wir sie nicht nur für uns selbst gebrauchen, sondern für den Zweck, für den du sie uns gegeben hast – in unserem Umfeld, in unserer Gemeinde und bei den Menschen, mit denen wir zu tun haben.
Ich möchte dich bitten, dass du uns auch weiterhin begabst, dass der Heilige Geist in uns wirkt und neue Dinge hinzufügt, die wir für uns und für die Gemeinde gebrauchen können.
Hilf uns, das anzunehmen, was du uns gibst, und nicht nur auf das zu schielen, was vielleicht gar nicht für uns bestimmt ist.
Ich möchte dich auch bitten für alle meine Geschwister – auch für mich –, dass du uns immer wieder das Bild des Körpers vor Augen malst, dessen Teil wir sind.
Hilf uns in einer Zeit, die sehr von Individualismus geprägt ist, nicht nur an das zu denken, was uns selbst bringt oder wie jeder Einzelne sein Leben führt. Sondern lass uns diese Perspektive nicht verlieren: Dass wir Teil dieses Körpers sind, Teil einer größeren Gemeinschaft, die uns braucht und die wir brauchen.
Hilf uns zu erkennen, wo wir unseren Teil beitragen können und sollen. Und gib uns die Erfahrung, dass es den anderen gut tut. Lass uns die Bestätigung spüren, dass du uns gebrauchen willst.
Hilf uns, richtig damit umzugehen, das einzusetzen, was du uns gegeben hast, und zu sehen, wo unser Platz in deiner Gemeinde ist.
Danke, dass wir bei all dem nicht allein sind. Die Gaben kommen von dir, der Heilige Geist kommt von dir, die Glaubensgeschwister kommen von dir, mit denen wir zusammen sind, und auch die Möglichkeiten, die du in unserem Leben eröffnest.
Danke dafür. Amen.